Bibel-Kommentar: Das Evangelium des Matthäus
In diesem Evangelium wird die liebliche und holdselige Geschichte beschrieben, wie der Sohn Gottes um unseretwillen Mensch geworden ist. Was er auf Erden gelehrt, und wie er seine himmlische Lehre mit Wunderzeichen bestätigt hat. Zum Schluss auch, wie er für unsere Sünden gelitten und gestorben, den Tod überwunden, wiederauferstanden und den Jüngern und vielen anderen lebendig erschienen ist. Welches alles zusammen bezeugt, dass der Zorn Gottes versöhnt, wir erlöst und durch den Glauben Erben des ewigen Lebens geworden sind. Dieses Evangelium hat der Apostel und Evangelist Matthäus in Schriften verfasst und hinterlassen, welcher auch Levi genannt wurde und der Sohn von Alphei gewesen, aus Galiläa gebürtig. In welcher Stadt er aber geboren wurde, davon macht die Heilige Schrift keine Meldung. Er ist zuvor ein Zöllner gewesen, welche zu dieser Zeit wegen ihres Geizes, ihrer Träumerei und ihres Betruges und ihrer Ungerechtigkeit einen bösen Ruf hatten. Darum ist zu vermuten, dieser Matthäus hat es auch nicht besser gemacht als die anderen. So sagt Jesus selber ganz deutlich, als er bei ihm zu Gast gewesen ist, er sei gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen. Diese Worte hat er auf Matthäus und auch die anderen Gäste, die ebenfalls Zöllner und Sünder gewesen, bezogen. Aber Christus hat ihn vom Zoll abgesondert, dass er nun seine Predigten höre und Zuschauer und Zeuge seiner Wunderwerke wäre. Matthäus ist in die Zahl der zwölf Apostel aufgenommen und mit den wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes ausgestattet worden. So wurde er ein öffentlicher und unfehlbarer Zeuge des Leidens und Sterbens, der Auferstehung und Himmelfahrt Christi. Weil er neben den anderen Aposteln von Christus den Befehl empfangen, dass er das Evangelium in die ganze Welt predigen sollte, ist er ohne Zweifel dem Befehl des Herrn treu nachgekommen. Wenn auch seine Geschichte in der Apostelgeschichte nicht beschrieben ist, dass man wissen könnte, an welchen Orten er gepredigt und wie er sein Leben beendet hat, so gibt es doch keinen Zweifel, er hat das Evangelium Christi unter den Juden und Heiden mit viel Frucht und Nutzen ausgebreitet, darüber mancherlei schwere Verfolgungen ausgestanden. Dieses hat Christus seinen Aposteln zuvor verkündigt und geweissagt, dass es ihnen begegnen würde. Wir haben aber diesem Apostel viel zu danken, dass er die Predigten und Taten Christi in Schriften verzeichnet hat. Es sind zwar viele der Meinung, er habe sein Evangelium in hebräischer Sprache beschrieben, aber ein hebräisches Exemplar (das glaubwürdig wäre) ist nicht vorhanden. Darum hat die christliche Kirche den griechischen Text mit großer und stetiger Einhelligkeit angenommen und für richtig erkannt. So sollen wir uns dies auch gefallen lassen und als eine glaubwürdige, unfehlbare Schrift erkennen, da dies am sichersten ist. Die Bekehrung aber dieses Menschen zum Glauben an Christus und sein Beruf zum Apostelamt lehrt uns, dass Gott, was töricht ist vor der Welt (wie der Apostel Paulus redet) erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache, und erwähle das Schwache, Unedle und Verachtete, auf dass er zuschanden mache, was stark und vor der Welt etwas ist, damit sich vor ihm kein Fleisch rühme {1Kor}. So hat Christus mit der Wahl dieses Apostels öffentlich bezeugen wollen, dass er die bußfertigen Sünder nicht verstoße und dass das gepredigte Wort Gottes durch Mitwirkung des Heiligen Geistes solche Kraft habe, dass es aus Gottlosen, fromme; aus ungerechten und geizigen, gerechte und freigiebige Menschen mache.
Das 1. Kapitel
- Jetzt wird das Geschlechtsregister von Christus erzählt. Weiter seine Empfängnis und Geburt durch den Engel, dem Joseph verkündigt, welchem auch befohlen wird, dass er seine Meinung, seine Frau zu verlassen fahren lasse (Vers 18).
1. Dies ist das Buch von der Geburt Jesu Christi, der da ist ein Sohn Davids, des Sohnes Abrahams.
Das Buch: Es hat aber der Evangelist nicht allein die ganze Geschichte von der Menschwerdung des Sohnes Gottes erzählt, sondern auch beweisen wollen, dass dieser Jesus von Nazareth der Welt Heiland und Messias ist, welcher vor Zeiten im Alten Testament den Vätern verheißen wurde. Darum alles, was er von Christus erzählt, er ordentlich auf die Weissagungen der Propheten gerichtet, nämlich Christi Geschlecht und Herkunft, seine Geburt aus der Jungfrau, die Zeit und den Ort der Geburt, die Flucht nach Ägypten, die Schul- und Berufszeit in der Stadt Nazareth, den Vorläufer Johannes, das Predigtamt, welches Christus auf sich nahm, in Galiläer angefangen, seine Wunderwerke, seinen königlichen Einzug in die Stadt Jerusalem, sein Leiden, Kreuz, Tod und Auferstehung. Matthäus zeigt an, dass sich solches alles auf die Weissagungen des Alten Testamentes bezieht und sehr genau damit übereinstimmt. Darum ist nichts sicherer und gewisser, dass alle, die an diesen Jesus von Nazareth glauben die ewige Seligkeit erlangen werden. Welche ihn aber außer Acht lassen, werden ewig verdammt und verloren sein. Denn es ist in keinem anderen Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden.
Sohnes Abraham: Als wollte er sagen: Jetzt will ich das Geschlechtsregister unseres Heilandes nacheinander erzählen, welcher nach seiner Menschheit vom frommen König David herkommt, der seine Ankunft aus des Erzvaters Abrahams Geschlecht hat. Von diesen beiden vortrefflichen Männern ist Jesus Christus entsprungen. Es werden aber an diesem Ort die beiden vornehmsten Häupter des Alten Testamentes namhaft gemacht, weil diesen Christus besonders verheißen wurde, dass er aus ihrem Geschlecht geboren werden sollte. Und hat Gott des Abrahams und Davids Nachkommen unter mancherlei Trübsal wunderbar erhalten, darum, dass der Messias aus ihnen kommen sollte. So erhält Gott auch noch heute die Geschlechter und Königreiche um etlicher gottseliger frommer Personen willen, die entweder bereits geboren sind, oder noch geboren werden sollen. Darum lasst uns fromm sein, auf dass Gott auch anderer Leute um unseretwillen schone.
Abraham: (Luther) Abraham und David werden hier angezogen, darum, weil diesen Christus besonders verheißen war.
2. Abraham zeugte Isaak. Isaak zeugte Jakob. Jakob zeugte Juda und seine Brüder.
Abraham: Bevor Abraham von Gott aus Chaldäa berufen wurde, hat er mit seinen Eltern der Abgötterei gedient: wie Josua Kapitel 24 deutlich genug zu verstehen gibt. Als ihm aber der Herr erschienen war und sich ihm offenbart hatte, ihm auch gesagt, dass er aus seinem Vaterlande ziehen soll, ist er Gott, der ihn berufen, willig gehorsam gewesen. Er hat sein Vaterland verlassen und sich mit seinem Vater, Weib und Bruders Sohn Lot in ein freiwilliges Elend hinausbegeben, da ihm danach eine Verheißung von Christus geschehen ist, der aus seinem Geschlecht sollte, geboren werden. Dieser Verheißung hat Abraham geglaubt und ist durch solchen Glauben an den Messias gerechtfertigt worden. Die Beschneidung aber hat er als ein Siegel der Gerechtigkeit danach empfangen und hat Gott einen solchen Gehorsam geleistet, dass er auch seinen einzigen Sohn Isaak auf den Befehl Gottes zu schlachten und Opfern willig gewesen ist. Er hat auch mancherlei widerwärtige Zufälle dieser Welt ausgestanden. Wie er am Anfang eine unfruchtbare Ehe gehabt, mit Bewilligung der Sara, seiner Magd Hagar den Sohn Ismael gezeugt hat. Später, da er der göttlichen Verheißung, dass ich aus seiner alten Ehefrau Sara ein Sohn geboren werden sollte, fest geglaubt, hat er aus ihr den Isaak gezeugt, da sie beide schon ein hohes Alter hatten. Dieser Erzvater wird ein Vater aller Gläubigen genannt, weil ein jeder, der nach diesem Beispiel Abrahams an den Sohn Gottes glaubt, durch solchen Glauben vor Gott gerecht und mit Abraham ewig selig werden wird {Röm 4}. Darum lasst uns des Abrahams Glauben an Christus folgen und nach seinem Beispiel, was uns widerwärtiges geschieht, geduldig tragen, auch der göttlichen Güte in Hoffnung hoffen, wenn auch nach der menschlichen Vernunft nichts zu hoffen ist, wie auch Abraham auf Hoffnung geglaubt hat, da nichts zu hoffen gewesen ist {Röm 4}. Wir sollen bereit sein, unserem Herrn Gott Gehorsam zu leisten, wenngleich wir darüber alles verlieren sollten.
Isaak: Als dieser Patriarch nach dem Willen seines Vaters die Rebekka heiratet und auch viele Jahre eine unfruchtbare Ehe gehabt hat, sicherlich ohne Zweifel mit mancherlei Anfechtungen belastet gewesen, ob auch Christus aus seinem Geschlecht würde geboren werden, weil er in so vielen Jahren keine Kinder zeugte. Denn es war ihm die Verheißung von Christus wiederholt worden. So hat ihm endlich seine Ehefrau Zwillinge geboren, nämlich, den Esau und Jakob. Es ist zwar aus dem Jakob ein frommer gottseliger Mann geworden, Esau aber ein wilder Mensch gewesen, der seine Eltern betrübt und seinem Bruder nach Leib und Leben getrachtet, obwohl seine Gedanken ihm nicht gelungen sind. Es hat aber dieser Akt die ganze Zeit seines Lebens mit vielen Beschwerden streiten müssen, die er doch alle mit wahrem Glauben und in Hoffnung überwunden hat. Von diesem Patriarchen haben auch wir den Glauben an den Messias zu lernen, dass wir im bösen Zustand und Widerwärtigkeit gute Hoffnung haben sollen, auf dass wir einmal mit ihm im Reich Gottes mögen zu Tisch sitzen, wie Christus es verheißen hat.
Jakob: Als dieser noch ohne Frau war, musste er nach Mesopotamien ziehen, damit er nicht von seinem Bruder Esau ermordet würde. Wie er nun dem Laban seiner Mutter Bruders sieben ganze Jahre um seine Tochter Rahel treulich und mit großer Mühe gedient, hat ihn sein Schwager betrogen und ihm seine älteste Tochter Lea zur Frau gegeben, zu der er aber doch nie eine eheliche Liebe hatte, obwohl er ihm später auch die Rahel gegeben hat. Als aber Jakob aus seinen beiden Eheweibern, wie auch zwei Kebsweibern (die zwar auch rechte Eheweiber, aber der Standes wegen etwas geringer waren) zwölf Söhne und eine Tochter gezeugt, ist er mit mancherlei beschwerlichem Hauskreuz und weiteren Fremden widerwärtigen begegnet und überfallen worden. Denn sein erstgeborener Sohn Ruben hat seine Stiefmutter beschlafen, seine Tochter Dina ist entführt und geschändet worden, darauf ihre beiden Brüder Simon und Levi, gegen Treu und Glauben, die Bürger zu Sichem ohne Warnung überfallen und jämmerlich erwürgt haben. Juda hat mit seiner eigenen Verwandtschaft Blutschande getrieben. Fast alle seine Söhne haben sich miteinander gegen ihren eigenen Bruder Josef gestellt und wollten ihn umbringen, besannen sich jedoch eines anderen und verkauften ihn als Sklave nach Ägypten. Endlich geriet Jakob mit seinem ganzen Personal, das groß gewesen, in die schlimmste Hungersnot, sodass er Sorge haben musste, er möchte mit all den Seinen im Lande Kanaan des hungers sterben. Da nun von allen Seiten her das Unglück auf ihn kam, siehe, da wird er plötzlich wiederum froh. Denn er bekommt die Nachricht von seinem Sohn Joseph, den er inniglich liebte, und auch nichts anderes hoffte, denn er wäre längst von wilden Tieren zerrissen, noch am Leben wäre. Dazu ein Herr und Regent des ganzen Königreiches Ägypten. Darum ist er mit seinem ganzen Personal zu seinem Sohn Joseph nach Ägypten gezogen, wo er auch nach etlichen Jahren sanft im Herrn entschlafen ist. Diesem Patriarchen ist die Verheißung von Christus auch wiederum neu gegeben worden, darum ist er auch durch solchen Glauben an den Messias gerecht und selig geworden. Weil aber Christus sagt, Gott sei ein gnädiger und gütiger Gott, Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, und daher schließt, dass sie vor Gott leben, denn Gott sei kein Gott der Toten, sondern der Lebendigen, so sollen wir gewiss wissen, wenn wir eben diesen Glauben an Christus haben, dass wir auch vor Gott ewig leben werden, und werden unsere Leiber am Jüngsten Tage zur ewigen Seligkeit wieder auferweckt werden {Mt 22}. Es sollen auch gottselige fromme Eltern, denen ihre Kinder viel Kummer machen, vom Patriarchen Jakob Geduld lernen. Und wenn wir mit vielem Unglück auch überfallen werden, so sollen wir dennoch nicht zweifeln, unser Herr, Gott, werde uns einmal wiederum ergötzen, und endlich ganz erlösen.
3. Juda zeugte Pharez und Saram von der Thamar. Pharez zeugte Hezron. Hezron zeugte Ram.
Juda: Diesem ist auch die Verheißung von Christus geschehen und sein Geschlecht oder Stamm ist dazu genannt worden, dass aus diesem Christus geboren werden sollte. So hat er auch die Verheißung bekommen, dass in seinem Stamm das Königreich und die Herrschaft sein und bleiben sollten, bis der Messias käme. Solche Verheißung, wie auch den vorigen hat Juda geglaubt und ist durch den Glauben an Christus selig geworden, daneben aber werden auch seine schweren Fälle und groben Sünden beschrieben. Denn als er im Witwenstande gelebt, hat er mit seiner eigenen Verwandtschaft eine Blutschande begangen, obwohl unwissend, weil sie ihre Witwenkleider abgelegt und er sie für eine Hure angesehen hatte. Und weil er ihr sein Wort gegeben hatte, indem er ihr seinen jüngsten Sohn versprach und dieses nicht gehalten hatte. Nun erfuhr, dass sie von einem anderen schwanger geworden war, wollte er sie verbrennen lassen. Das war ein schnelles und hartes Urteil. Da er später erfuhr, dass er sie geschwängert hat, sagte er aber doch, dass sie viel besser wäre als er. Diese schrecklichen Missstände zeigen an, dass auch heilige Leute manchmal in schwere Sünden fallen. Darum sollen wir fleißig beten, dass uns Gott nicht in Versuchung führe und wir sollen in einem dunklen Leben vorsichtig wandeln, damit wir nicht durch des Teufels List in schreckliche Laster gestürzt werden. Da aber auch die Tamar im Geschlechtsregister Christi genannt wird, welche doch mit Blutschande sich befleckt hat, lernen wir, dass Christus in die Welt gekommen ist, die bußfertigen Sünder selig zu machen. Und wir werden zugleich erinnert, dass wir keiner unehrlichen Person, die in seinem Geschlecht ist, Böses nachsagen sollen, denn mit solch einer Weise wir auch unseren Erlöser Christus selber schmähen.
Pharez: Dieser ist einer von den Zwillingen gewesen, welche Tamar in der Blutschande empfangen und geboren hat. Dessen Bruder hieß Saram, welcher in der Geburt zuerst eine Hand herausgestreckt, als er aber diese wieder hineingezogen, ist Pharez zuerst aus dem Mutterleib auf die Welt gekommen und geboren worden (Mose 38). Es bedeutet aber Saram das jüdische Volk und Pharez die Heiden. Denn die Juden hatten das Ansehen, als würden sie die ersten sein im Reich Gottes, aber die Heiden werden ihnen vorgezogen, welche Christus mit großer Freudigkeit angenommen haben. Wir sollen uns aber heute auch vorsehen, damit nicht, wenn es das Ansehen hat, als wären wir die Ersten und vornehmsten in der Frömmigkeit, später für die Letzten geachtet werden.
Hezron: Von diesem und den zwei folgenden meldet die Heilige Schrift nichts, was zu bedenken ist. Denn es finden sich unter großen Geschlechtern etliche unachtsame Personen, davon nichts Rühmliches oder Besonderes gesagt werden kann.
4. Ram zeugte Aminadab. Aminadab zeugte Nahasson. Nahasson zeugte Salma.
Nahasson: Dieser ist einer von den israelitischen Fürsten gewesen, zu der Zeit, da die Israeliten mit der Moabiter Töchter Hurerei trieben. Von welchen Fürsten Gott dem Mose folgenden Befehl gibt: Nimm (spricht er) alle Obersten des Volkes und hänge sie dem Herrn an die Sonne (das ist, wie wir es nennen möchten an den Galgen) auf dass der grimmige Zorn des Herrn von Israel gewendet werde {4Mos}. Darum gibt es keinen Zweifel, dass dieser Nahasson auch aufgehängt worden ist. Weil aber diese im Geschlechtsregister unseres Heilandes gesetzt sind, so werden wir dadurch erinnert, dass wir es mit Geduld nehmen sollen, wenn es sich zuträgt, dass jemand aus unserem Geschlecht zu schlechten Nachrichten beiträgt und verurteilt wird. Wir aber sollen uns hüten, dass wir uns nicht auch schuldig machen.
5. Salma zeugte Boas von der Rahab. Boas zeugte Obed von der Ruth. Obed zeugte Jesse.
Rahab: Welche in der Stadt Jericho eine Wirtin oder Gastgeberin gewesen ist. Es pflegten aber solche Personen ein unzüchtiges Leben zu führen, darum sie auch im Buch Josua öffentlich als eine Hure ausgerufen wird. Nachdem sie aber von der Kinder Israel Zukunft gehört hatte, bekehrte sie sich. Durch die Nachrichten von den herrlichen Wunderzeichen, welche Gott durch den Auszug der Kinder Israels aus Ägypten durch die Wüste in das Land Kanaan getan hat, einen Glauben an den wahren und ewigen Gott unseres Herrn Jesu Christi geschöpft und aus solchem Glauben die Israeliten, welche gekommen waren, das Land zu erkunden, verborgen war in der Gefahr ihres Lebens. Wie der Apostel im Hebräer bezeugt (Kapitel 2). Darum ist sie auch mit dem ganzen Geschlecht von den Israeliten erhalten worden, da sie die Stadt Jericho mit Gewalt eroberten, und alles, was einen lebendigen Atem darin gehabt, erwürgten. Später hat der Fürst von Juda diese Rahab zur Ehe genommen, so kann man sagen, sie ist eine Erzmutter im Geschlecht unseres Herrn Jesu Christi geworden. So lehrt uns nun dieses Beispiel, dass Christus gekommen ist, die Sünder zur Buße zu rufen. Darum sollen wir nach dem Beispiel der Rahab Buße tun, wenn wir fremder Gefahren gewahr werden. Das Wort von Jesus bedenken: Wenn ihr euch nicht bessert, werdet ihr auch alle so umkommen {Lk 13}. So sollen wir auf unseren Wegen gute Hoffnung haben: Denn Gott kann uns wohl erhalten, wenngleich alles andere zugrunde geht {Ps 91}.
Ruht: Eine maobitische Frau. Für diese gottselige Frau, die im moabitischen Lande gelebt, aber die israelitische Religion angenommen, ist ein ganzes Buch in der Heiligen Schrift vorhanden. Darin sie nicht nur wegen der rechten Religion, sondern auch ihrer Freundlichkeit und Demut wegen gerühmt wird. Sie hatte ihre Schwiegermuttermutter, die Naemi, wie ihre eigene Mutter in Ehren gehalten. Dieses Beispiel der gottseligen Frau soll uns erinnern, dass wir auch viel lieber unser Vaterland als die rechte Religion verlassen. Wir sollen auch daraus lernen unsere Schwiegermuttereltern in Ehren zu halten, was allgemein selten und wenig geschieht. Da aber Ruth einen älteren Mann, den Boas bekommen hat, sollen die jungen Mädchen diesem Beispiel nicht folgen, damit sie nicht von den jungen Gesellen fallen und des Ehestandes beraubt und betrogen werden. Dieses geschieht zu heutiger Zeit leider häufig.
Obed: Von diesem wird nichts Gedenkwürdiges in der Schrift gefunden.
6. Jesse zeugte den König David. Der König David zeugte Salomo von dem Weibe des Uria {2Sam 12v24 1Kön 2v43}.
Jesse: Welcher, ob er wohl eines guten Geschlechtes und einer guten Abstammung gewesen, so hat er doch beim israelitischen Volk kein besonderes Ansehen gehabt, wie aus des Volkes Rede zu entnehmen ist, da sie sagen: Was haben wir Anteil an David oder am Erbe des Sohnes Isai? Im ersten Buch der Könige Kapitel zwölf. Dennoch hat Gott diesen Jesse oder Isai die sonderbare Belohnung erwiesen, dass er gesehen hat, wie sein Sohn David vom Propheten Samuel zum König über Israel gesalbt wurde. Später hat er aber eine Zeit lang mit seiner Frau, um des Tyrannen Saulus willen, aus dem Lande fliehen müssen. Darum hat er Gutes und Böses in dieser Welt bekommen. Es erhöht aber Gott die Demütigen und Verachteten und wenn er den Seinen eine Wohltat erzeigt, so mengt er immer etwas Traurigkeit mitunter, damit wir uns der Gaben Gottes nicht überheben.
Des Uria: Welche nämlich vorher des Uria Weib gewesen war. Es wird aber die Geschichte von David sehr deutlich in der Heiligen Schrift beschrieben und viel Gutes von ihm gemeldet. Denn er hat nicht allein einen großen Eifer in der richtigen Religion gehabt, sondern auch viele tapfere Heldentaten getan. Besonders aber ist er deshalb berühmt geworden, weil ihm die Verheißung von Christus neu gegeben wurde, von welchem der Prophet Nathan ihm zuvor geweissagt, dass er aus seinem Geschlecht sollte geboren werden. Und hat zwar David selbst voll prophetischen Geistes, viel, und der Kirche sehr nützliche Psalmen gemacht. Was mag es aber bedeuten, dass hier aller seiner herrlichen Taten und Tugenden geschwiegen wird, und allein seines schrecklichen Falles, des Ehebruchs, den er mit des Uria Weib begangen beschrieben wird? Denn er, dessen Eheweib die Bethseba verführt und danach ihren Ehemann umkommen lässt, zum Weibe genommen hat {2Sam 2}. Mit dieser Frau hat er später den Salomon bezeugt, dessen an diesem Ort im Geschlechtsregister Christi gedacht wird. Aber es hat Gott der Herr damit lehren wollen, dass die Wohltaten des Heilandes Christi nicht aus dem Verdienst unserer Werke, sondern aus lauter Gottes Gnade und Barmherzigkeit uns widerfahren. Dass Gott der Herr seine Verheißungen halte, wenn wir es auch nicht wert sind, dass wir der göttlichen Wohltaten teilhaftig würden. Dieses muss man aber von den bußfertigen Sündern verstehen, und nicht von denen, die in Sünden wider ihr Gewissen bleiben. Wenn aber sich jemand an dem Beispiel vom Ehebruch des Davids ärgert und von seinem Fleisch und vom Teufel zu gleicher Sünde und Laster gereizt wird, der muss sich auch die schwere und schreckliche Strafe zu Gemüte führen, die Gott dem David um seines begangenen Ehebruches willen über seinen Hals geschickt und auferlegt hat. Dann wird er ohne Zweifel eines anderen Sinnes werden und sich eines Besseren bedenken. Das aber Matthäus des Herrn Christi Geschlechtsregister durch den Salomon ausführt, welches Lukas durch den anderen Sohn Davids, Nathan genannt, abzielt, ist kein Widerspruch. Denn Matthäus rechnet das Geschlechtsregister Christi von Salomon bis nach Josef, der Jungfrau Maria versprochenen Ehemann, anzuzeigen, dass Joseph, und die ihm anvertraute Jungfrau Maria, aus einerlei, nämlich, des Königs Davids Geschlechts kommen. Aber Lukas zählt es von Nathan des Herrn Christi Großeltern bis auf die Jungfrau Maria, wie wir in der Erklärung des Evangelisten Lukas hören werden. Also bezeugen beide Geschlechtsregister, dass Jesus Christus, nach seiner Menschheit, Davids und Abrahams Sohn gewesen ist, der Welt Heiland, welcher dem Patriarchen versprochen wurde.
Salomon: An welchem dieses würdig und zu loben ist, dass er mit seiner Weisheit alle anderen Menschen übertroffen hat. Er hat aber diese durch sein Gebet von Gott bekommen, da er begehrt, dass ihm Weisheit möchte gegeben werden, damit er dem Königreich besser dienen könne. Zu solcher Gabe hat Gott noch andere und mehr hinzugetan, wie großen Reichtum, Gewalt, Majestät und Ehre, samt einem beständigen Frieden, solange er in der rechten Religion geblieben ist. Da er aber von seinen Weibern, denen er zu viel ergeben gewesen ist, sich bereden ließ, dass er der Abgötterei Platz gegeben {2Sam 2} hat, sind ihm die vorher gegebenen Gaben zum Teil wieder entzogen worden. Hier werden wir bei seinem Beispiel erinnert, dass wir solche Gaben von Gott erbitten sollen, die uns zur Verrichtung unseres Berufes nötig sind, so wird uns Gott durch seine Güte und Gnade auch das andere alles zufallen lassen. Wir sollen uns aber davor hüten, dass wir uns durch die Schmeichelworte der Weiber oder auch sonst durch der Welt Reizungen von der rechten Gottseligkeit niemals abführen oder abwendig machen lassen.
7. Salomo zeugte Roboam. Roboam zeugte Abia. Abia zeugte Assa.
Roboam: Dieser ist ein Gottloser unverständiger und träger Mensch gewesen, der ein gewaltiges und herrliches Königreich, welches ihm sein Vater hinterlassen hatte, aus Unvorsichtigkeit verwahrlosen lies und verloren hat. Denn als er aus dem Rat der Berater und seinem eigenen Denken seinen Bürgern eine härtere Antwort gegeben hatte, als nötig gewesen wäre, sind zehn israelitische Stämme vom Fürstentum abgefallen und haben einen anderen König (Jerobeam) erwählt {1Sam 12}. Darum sollen die Eltern ihre Kinder mit höchstem Fleiß zur wahren Gottseligkeit und christlichem Wandel erziehen, auf dass sie fromme und verständige Nachkommen hinterlassen, damit sie ihrer Verpflichtung wegen entschuldigt sind, wenn es anders mit den Kindern geht als sie gehofft hätten. Und wir sollen durch des Beispiels Reobeam gewarnt sein, dass wir uns vor böser und unverständiger Leute Gesellschaft hüten, damit wir nicht durch ihre verkehrten Anschläge in großes Unglück geraten. Weiter sehen wir hier, dass unverständige und ungeratene Nachkommen ihre Erbgüter nicht lange in ruhiger Besitzung behalten. Darum handeln die nicht richtig, welche durch falsche und ungebührliche Mittel Reichtum zusammenkratzen, nur damit sie ihren Kindern viel hinterlassen möchten.
Abia: Dieser ist zu Anfang seiner Regierung fromm gewesen {2Chr 13}, ist aber in der wahren Gottseligkeit nicht standhaft geblieben, sondern gottlos und abgöttisch geworden {1Sam 15}. Trotzdem hat ihn Gott regieren lassen, nicht, weil er an seiner Bosheit Gefallen hatte, sondern um des frommen Königs Davids willen, der längst gestorben war, aber dessen Nachkommen er das Königreich nicht bald entzogen hat, obwohl sie zum größten Teil gottlos waren. So wusste Gott, dass noch etliche fromme Könige aus diesem Stamm sollten geboren werden. Des Abia Beispiel aber soll uns erinnern, dass wir fleißig beten und Gott anrufen, damit wir in der wahren Gottseligkeit bis an unser Lebensende beständig bleiben mögen. Denn wer bis ans Ende beharrt, der wird selig werden.
Assa: (Nach Luther) Matthäus lässt etliche Glieder aus und führt Christi Geschlecht von Salomon nach dem Gesetz. Aber Lukas führt es nach der Natur von Nathan, Salomons Bruder. Denn das Gesetz nennt auch die Kinder, die von den Brüdern aus nachgelassenen Weibern geboren sind {5Mos 25v5 v6}.
8. Assa zeugte Josaphat. Josaphat zeugte Joram. Joram zeugte Osia.
Assa: Dieser hat wohl auch als König angefangen, aber ein böses Ende gemacht. Zuerst hat er sich fromm gehalten, aber danach ist er wieder abgefallen {2Kön 15 2Chr 14}. Als er um sein gottloses Wesen willen von dem Propheten des Herrn getadelt wurde, hat es ihn sehr übel verdrossen, den Propheten in das Gefängnis geworfen und viele aus seinem Volk umbringen lassen. Als er an seinen Füßen krank wurde, hat er nicht bei dem Herrn Hilfe und Zuflucht gesucht, sondern sich auf die Ärzte verlassen. Wir aber, wenn wir von den Kirchendienern getadelt werden, sollen wir nicht gegen sie, sondern wider unsere Sünden murren, dem Nächsten das Leben nicht in falscher Weise begehren zu nehmen, sondern ihm dasselbe viel mehr mit Fleiß helfen zu erhalten. Wenn wir in eine Krankheit kommen, sollen wir zuerst mit dem Gebet bei Gott Hilfe suchen, in dessen Hand unser Leben und Tod steht. Danach sollen wir der Ärzte Rat, doch ohne Aberglauben und gottlosen Wahn gebrauchen.
Josophat: Das ist ein sehr frommer und gottseliger König gewesen, der die Kirche mit großem Eifer reformiert und das Regiment gut verwaltet hat. Denn er selbst ist durch das Königreich Juda gezogen, hat die Abgötterei abgeschafft und neue Richter bestellt und die Gerechtigkeit aufgerichtet {2Chr 17 19}. Denn es gebührt der Obrigkeit und steht ihr Amt darum, dass sie Anordnungen treffen, damit die Untertanen in der Religion richtig unterwiesen werden, wenn irgendeine falsche Meinung sich bei den Leuten einwurzelt, diese ihnen wieder aus dem Herzen gerissen und so Gottes Ehre befördert werde. Weiter sollen sie gut acht darauf haben, dass den Untertanen recht geschafft werde, und mit gebührendem Ernst abwehren, damit man aus den Lastern kein Handwerk mache. Er hat auch wider die Moabiter und Ammoniter einen herrlichen Sieg bekommen, zwar nicht durch menschliche Macht und Waffen (ob er wohl mit einem Kriegsjahr gegen die Feinde zu Felde gezogen ist, sondern durch eine wunderbare göttliche Hilfe, die er mit seinen Priestern und dem ganzen Volk im gottseligen Gebet erlangte, indem er die Priester vorne an die Spitze gestellt hat, welche den Herrn mit Psalmen und Musik gelobt haben {2Chr 20}. Durch dieses Beispiel werden wir erinnert, wenn wir unversehens in Gefahr kommen, dass wir mit in brünstigem Gebet vor Gott treten, Hilfe von ihm begehren und auf seine Güte und Allmacht all unser Vertrauen setzen. Jedoch ist an diesem König, der sonst ein frommer Herr gewesen ist, dieses zu tadeln (wie denn nicht alles vollkommen auf Erden ist), dass er auf etliche Höhen abgöttische Kapellen, so an den hohen Orten gebaut waren, gebilligt hat und nicht abreißen ließ. Daran hat ihn das halsstarrige widerspenstige Volk gehindert, dass er in diesem Stück zu fahrlässig gewesen ist. So hat er auch mit den gottlosen Königen in Israel zu viel Gemeinschaft gehabt, darum ist ihm allerlei Gefahr über den Hals gekommen. Darum sollen wir uns hüten, dass wir nicht aus Unvorsichtigkeit uns mit dem Gottlosen zu sehr verbinden, und uns dadurch selber in unnötige Gefahr bringen.
Joram: Das ist ein von einem frommen Vater ungeratener Sohn gewesen. Denn er hat die Abgötterei, die von seinem Vater vernichtet wurde, wiederaufgerichtet. Dazu hat er seine Brüder und etliche von den Vornehmsten des Volkes erwürgen lassen. Weiter hat er des gottlosen Königs in Israel Tochter zur Ehe genommen, die ihn ohne Zweifel dazu gereizt hat, dass er viel Böses angestiftet hat. Wenn wir eine gute fromme Regierung bekommen, so haben wir viele Gründe, Gott dafür zu danken und ihn zu bitten, dass er ihnen fromme Nachkommen und Erben bescheren möchte. Denn es geschieht oft, dass frommer Leute Kinder sehr schnell aus der Art schlagen. Und soll man sich vor einer gottlosen Regierung so viel wie möglich hüten, weil viele fromme Männer durch gottlose Ehefrauen verführt werden. Dieser König ist von den Schriften Elias durch die Schriften bekannt geworden, dass er sollte Buße tun. Es ist aber vergebens gewesen, darum hat ihm Gott die Philister und Araber über den Hals geschickt, welche ihn heftig bedrängt und seine Weiber und Kinder gefangen weggeführt haben, allein den jüngsten Sohn ausgenommen. Er aber ist mit einer unheilbaren Krankheit des Leibes überfallen worden und daran auch gestorben {2Chr 21}. Durch diese Strafen sollen wir gewarnt sein, dass wir Gottes Wort, dadurch wir vom Bösen abgemahnt und zurechtgewiesen werden, nicht verachten, sondern Buße tun, auf dass wir nicht Jammer und Not und dazu ins ewige Verderben kommen. Es erzählt aber die Geschichte des Alten Testaments von etlichen Königen, welche in diesem Geschlechtsregister Christi von dem Evangelisten Matthäus mit Stillschweigen übergangen werden. Denn Jorams Sohn, wie die Bücher der Könige bezeugen, ist gewesen Uhasia, der sonst mit einem anderen Namen auch Joahas genannt wird. Auf diesen ist gefolgt Joas, welcher allein erhalten worden ist, als die gottlose Königin Athalia das ganze königliche Geschlecht zu vertilgen sich unterstanden hat. Joas hat einen Sohn gehabt, welcher Amasse hieß. Des Amasse Sohn aber wird Osia genannt, man dem der Evangelist hier redet. Er hat drei Könige ausgelassen, nicht aus einem Irrtum, sondern er hat sein sonderbares Bedenken darauf gehabt, auf dass die Zahl 14 erhalten bleibt. Denn man zählt von Abraham bis auf David 14 Glieder, und von David, den er zweimal zählt, bis auf die Babylonische Gefangenschaft auch 14 Glieder. Und wiederum von der Babylonischen Gefangenschaft auf Christus ebenso viel. Aus was für Gründen aber der Evangelist die drei Könige, so doch nicht so geringen Ansehens gewesen, hat auslassen wollen, statt die 14 auszulassen, ist unbewusst. Es ist jedoch kein Zweifel, er hat es aus besonderer Eingebung des Heiligen Geistes getan. Ob wir nun gleich dessen Ursache in diesem Leben nicht wissen, so werden wir es doch einmal im zukünftigen erfahren.
9. Osia zeugte Jotham. Jotham zeugte Achas. Achas zeugte Ezechia.
Osia: Dieser wird auch mit einem anderen Namen Asaria genannt {2Sam 15} und hat sich an die Frömmigkeit gehalten. Er ist auch ein glückseliger Regent gewesen. Wie seine Zeit daher glücklich zu achten ist, dass unter seiner Regierung in der Kirche Gottes gute Männer wie Jesaja, Hosea, Micha, Amos und etliche andere Propheten mehr gelebt und gelehrt haben. Denn Gott gibt häufig aus besonderen Gnaden der Kirche viel herrliche und nützliche Lehrer auf, dafür wir ihm danken. Und lässt es häufig auch mit dem Regiment eine Zeit lang Frieden und Ruhe haben. Zum Schluss aber hat sich Osia seines guten Glücks überhoben und ist aus seinem Amt gekommen. Er hat im Tempel des Herrn ein Rauchopfer angezündet, welches allein den Priestern zu tun gebührte. Weil er dieses ihm zustehende Amt trotz Mahnung der Priester durchgeführt hat, wurde er nicht nur aus dem Tempel, sondern aus der Leute Gemeinschaft verstoßen. Gott hat ihn mit Aussatz bestraft. Darum soll niemand mit seinen Gütern und Gaben protzen. Es soll auch keiner in ein fremdes Amt greifen, sondern mit seinem Stand, darin ihn Gott gesetzt hat, wenn er gleich gering ist, zufrieden sein.
Jotham: Dieser ist ein frommer König gewesen und hat gut regiert, den Tempel des Herrn mit einem herrlichen hohen Tor geziert. Und weil die benachbarten Feinde ins Königreich Juda anfingen einzuschreiten, hat ihn Gott vor solchem Unglück aus diesem Leben zeitlich abgeholt. Denn wenn Gott ein Land strafen will, so pflegt er fromme und gute Männer vorher hinwegzuraffen, damit sie nicht samt den Gottlosen zugrunde gehen {Jes 56}. Und dieser König ist lobenswert, da er den Tempel des Herrn mit einem neuen Gebäude geziert und ausgebessert hat. Denn obwohl man mehr auf die Lebendigen als steinerne Tempel Gottes achthaben soll, so tun jedoch diejenigen Übel, welche aus Unachtsamkeit oder Geiz Kirchen und Schulen verfallen lassen.
Achas: Welcher ein Gottloser und abgöttischer König gewesen, der sich mit allerlei heidnischem Aberglauben befleckt hat. Da er in seiner Regierung von den Königen in Syrien und Israel angefochten worden ist, ist er nicht mit seinem Gebet zu Gott geflohen, sondern hat den Tempel beraubt und diesen Schatz dem König in Assyrien übersendet, dass er Hilfe gegen die beiden anderen Könige bekäme. Er hat auch den Altar des Herrn weggetan und einen anderen dahin bauen lassen, nach dem Muster eines heidnischen Altars, welchen er in Damaskus gesehen hatte. Hier haben wir wieder ein Beispiel, wie leicht es geschehen kann, dass frommer Leute Kinder aus der Art schlagen. Man soll aber die Güter der Kirche nicht für gottlose Leute verwenden, und wenn es uns übel geht, sich nicht auf Menschen verlassen, sondern bei Gott Hilfe suchen. Obwohl nun dieser gottlose König es nicht wert gewesen, dass er etwas von Christus hören sollte, jedoch weil in seinem Königreich noch etliche Auserwählte waren, hat Gott, nach seiner unendlichen Güte zu dieses Königs Zeit, dazu im Beisein des Königs, die Verheißung von Christus wiederum erneuert. Denn Jesaja der Prophet hat folgende Weissagung vor dem König ausgesprochen: Siehe eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie heißen Immanuel {Jes 7}. Denn Gott hat auf seine Auserwählten acht und nimmt sich ihrer an, dass er um ihretwillen das Predigtamt seines Wortes erhält, obwohl sonst die Welt dessen nicht wert ist. Für diese unaussprechliche Guttat sollen wir Gott danken und das Wort Gottes mit Willen annehmen.
10. Ezechia zeugte Manasse. Manasse zeugte Amon. Amon zeugte Josia.
Ezechia: Welcher als ein frommer Sohn seinem gottlosen Vater im Regiment gefolgt ist. Darum soll man nicht von den Kindern nach der Eltern Art und Weise urteilen. Es hat aber der fromme König Ezechia die Kirche zu seiner Zeit reformiert und die abgöttischen Opfer, welche sein Vater angerichtet, abgestellt, auch die Mittel und Werkzeuge der Abgötterei, wie die Säulen, Haine, Kapellen, Altäre und anderes dergleichen, so zur Abgötterei gestiftet wurden, aus dem Wege geräumt, dass er auch die eherne Schlange, welche Mose in der Wüste aufgerichtet hatte, zerbrochen, weil das Volk dieses zur Abgötterei missbrauchte und ihr räucherte. Solch eine Änderung in der Religion in einen besseren Stand, als diejenigen, die gute Hoffnung machen, welche unter einer abgöttischen Obrigkeit wohnen. Denn es kann sich durch Gottes Gnade wohl zutragen, dass einmal fromme Regenten darauf folgen, welche den Aberglauben abschaffen und den rechten Gottesdienst anrichten, dass man mit inbrünstigem Gebet von Gott erlangen muss. Danach ist dieser fromme König durch des Königs aus Assyrien feindlichen Überfall ins jüdische Land sehr erschreckt worden. Dieser hat das Königreich Juda hart geplagt und die Stadt Jerusalem gefordert. Doch hat Ezechia sich nicht nach menschlichem Schutz und Beistand umgesehen, sondern auf Gott seine Hoffnung gesetzt und ihn um Hilfe und Rettung flehentlich gebeten. Darum ist er auch auf wunderbare Weise errettet worden. Denn der Engel des Herrn hat in einer Nacht 55.000 Feinde erwürgt, also, dass die anderen assyrischen Heere mit einer schändlichen Flucht das jüdische Land verlassen haben. Denn Gott lässt häufig die Seinen, wenn sie die Religion reformieren, in Gefahr kommen, auf dass er ihre Standhaftigkeit prüfe. Später aber reißt er sie auf wunderbare Weise aus solcher Gefahr wieder heraus. So ist auch Ezechia in eine tödliche Krankheit gekommen, wie aus der Geschichte zu entnehmen ist. Es hat ihn die Pestilenz getroffen, so, dass es nicht anders anzusehen war, denn dass es um sein Leben geschehen ist, wie denn auch der Prophet Jesaja ihm das Leben abgesprochen hatte. Aber er hat durch sein herzliches Gebet Verlängerung seines Lebens von Gott erlangt um 15 Jahre. Denn Gott verachtet der frommen Seufzer nicht und gibt ihnen häufig das Leben, also, dass die allererfahrensten Ärzte selbst bekennen müssen, es sei nicht durch natürliche Weise, sondern durch ein besonderes Wunderwerk gekommen. Obwohl nun dieses Königs Frömmigkeit sehr groß gewesen ist, so hat er doch auch seine menschlichen Fehler und Mängel gehabt, indem er den Gesandten von Babel aus einem Stolz und Übermut alle seine Schätze gezeigt, mit welchem Tun er Gott den Herrn heftig erzürnt hat. Darum sollen wir uns wegen der göttlichen Wohltaten nicht überheben und mit den Gaben Gottes keine Pracht treiben, auf dass wir Gott nicht zum Zorn reizen und Strafen über uns ziehen. Auch sollen wir uns erinnern des Spruches vom Apostel Paulus: Sie sind allzumal Sünder und mangelnden Ruhmes, den sie an Gott haben sollen {Röm 3}. Wir sollen uns vor Gott demütigen, ihn auch durch Christus um Verzeihung bitten.
Manasse: So fromm der König Ezechia auch gewesen ist, so hat er doch nicht verhindern können, dass nicht ein ganz böser und gottloser Sohn auf ihn gefolgt wäre. Denn der Manasse hat die Abgötterei, welche sein Vater abgeschafft hatte, wieder angerichtet. Dazu hat er unter seinen Untertanen als ein Tyrann schrecklich gewütet und viel unschuldiges Blut vergossen. Man kann auch annehmen, dass er den Propheten Jesaja mit einer Säge schneiden lassen wollte, der doch bei dem Angriff der Assyrer in das Königreich Juda mit seinem Gebet vor dem Verderben erhalten wurde. Darum ist auch Gottes Zorn wider Manasse entbrannt, dass er ihn in die Hände der Assyrer gegeben, welche ihn mit Ketten gebunden und nach Babel gefangen geführt haben. Dort hat er Buße getan und sich zum Herrn bekehrt und Vergebung bekommen. Er ist auch wieder in sein Königreich gekommen. Weil er des frommen Königs Ezechia Sohn, so konnte er aus der Art schlagen, so hat man wohl Gründe Gott zu bitten, dass er frommer Regenten Kinder in der wahren Gottseligkeit erhalten möchte. Und so kann man erkennen, dass grobe Sünden mit schweren Strafen heimgesucht werden, dass Gott die Auserwählten mit Klagen und Trübsal zur Buße treibe, und dass er dem bußfertigen Sünder nicht nur verzeiht, sondern die zeitliche Strafen gnädig mildert.
Amon: Dieser ist auch ein gottloser König gewesen, welcher sich seines Vaters Unfall nicht bewegen lassen wollte, dass er Buße getan hätte. Denn die in einem verkehrten Sinn gegeben sind, verachten alle Warnungen und Beispiele des göttlichen Zornes. Er ist aber von seinem eigenen Dienern umgebracht worden. Und es ist kein Wunder, dass der keine getreuen Diener hat, welcher an Gott dem Herrn des Himmels und der Erden treulos wird und ihm nicht dienen will.
11. Josia zeugte Jechonia und seine Brüder um die Zeit der Babylonischen Gefangenschaft.
Gefangenschaft: Also, dass nicht lange vor der Zeit, da das jüdische Volk in die Babylonische Gefangenschaft geführt wurde, Jechonia geboren wurde. Was aber den König Josia Jahr angeht, ist dieser ein frommer Herr gewesen und hat den rechten Gottesdienst mit großem Eifer wieder angerichtet, die Abgötterei aber mit großem Ernst abgeschafft, wie denn ein Prophet fast 200 Jahre zuvor solches von ihm geweissagt hatte, ehe er denn geboren wurde. Und hat Gott die Art, dass er vor der Verwüstung eines Landes fromme Fürsten zu erwecken pflegt, welche die rechte Religion wieder aufrichten, auf dass die Leute zur Buße gerufen und die Auserwählten im Elend und anderem Unfall mit dem Wort Gottes bewahrt und zum ewigen Leben erhalten werden. Doch dieser fromme und gottselige König Josia hat sich in einen unnötigen Krieg eingelassen. In diesem ist er mit großem Herzeleid aller anderen Frommen umgekommen. Dieses Beispiel erinnert uns, dass wir uns nicht ohne Not in einen fremden Handel einmischen, damit wir nicht in Gefahr kommen. Es hat aber Josia, wie die Bücher der Könige bezeugen, vier Söhne gehabt, Joahas, Jojakim, Zedekia und Sallum. Und ist Joahas auf seinen Vater Josia im Königreich gefolgt, aber nach drei Monden vom König Pharao gefangen nach Ägypten geführt worden. Nach diesem ist der andere Sohn Jojakim König geworden, dieser hat elf Jahre regiert und ist danach gefangen nach Babel gekommen. Er war aber ein gottloser Regent gewesen, der des Propheten Jeremias Schriften verbrennen lassen hat. Ihm ist im Regiment gefolgt sein Sohn Jechonia, welcher auch nach Babel gefangen weggeführt worden ist. Dieser war nicht so böse gewesen wie der Vater und hat sich danach in Babel bekehrt, wie wir an einem Ort hören werden. Nach dem Jechonia hat sein Vetter Zedekia, des Königs Josia dritter Sohn, das Königreich angetreten, welcher der letzte König in Juda gewesen ist.Denn als er am König zu Babel treulos geworden, ist die Stadt vom selben König belagert und erobert worden. Man hat den König Zedekia bei der Flucht gefangen, es hat ihm der König zu Babel die Augen ausstechen lassen, nachdem zuvor er seine Kinder vor seinen Augen erwürgt hatte. Es hat aber der Evangelist Matthäus aus besonderem Bedenken den König Jojakim nicht genannt, des Königs David Person zweimal gezählt, wie oben berichtet wurde. Dieser Jammer der Kinder des frommen Königs Josia gibt uns die Nachricht, dass gottlose Kinder um der Eltern Frömmigkeit willen nicht erhalten werden. Und dass Gott in der Strafe keine Person, Majestät oder Gewalt ansieht, sondern die wiederum verachtet und verstößt, welche ihn und sein Wort außer Acht lassen. Diese Sünde richtet auch die allermächtigsten Königreiche und Länder zugrunde.
12. Nach der Babylonischen Gefangenschaft zeugte Jechonia Sealthiel. Sealthiel zeugte Zorobabel.
Gefangenschaft: Als das jüdische Volk nach Babel ins Elend weggeführt worden war.
Jechonia: Dieser ist zuerst gottlos gewesen, darum hat ihn auch Gott gestraft, dass ihn die Chaldäer in der Stadt Jerusalem belagert haben. Jedoch ist er dem Wort Gottes, welches ihm durch den Propheten Jeremia verkündigt wurde, gehorsam gewesen und hat sich den Chaldäern ergeben, da damals viele Juden mit ihm aus Jerusalem nach Babel gefangen weggeführt wurden. Als er nun viele Jahre lang in Gefangenschaft war, hat er wahrhaftige Buße getan, ist endlich vom König zu Babel aus seiner Gefangenschaft entlassen und in hohen Ehren gehalten worden. Denn wenn wir von dem Herrn gerichtet werden, so werden wir von ihm gezüchtigt, auf dass wir nicht mit der Welt verdammt werden {1Kor 2}. Und eben dieser Gott, welcher in die Hölle führt, der führt auch wieder heraus {1Sam 2}. Soviel aber die babylonische Gefangenschaft betrifft, ist mit Worten nicht auszusprechen, was für ein Jammer es gewesen ist. Denn die Stadt Jerusalem ist nach langer Belagerung und unendlichem Hunger erobert und samt dem Tempel verbrannt worden. Die Einwohner hat man teils erwürgt, zum anderen Teil in eine elende Sklaverei weggeführt. So kann man wohl glauben, dass es keine größere Grausamkeit und unmenschliche Wüterei gegeben hat, die je einer mit Gewalt eroberten Stadt zugefügt wurde, weil der zornige und erbitterte Feind alles nach seinem Wohlgefallen tut und vornimmt, damit er seine Rache stillen kann. Diesen großen Jammer hat der Prophet Jeremia in einem besonderen Buch „die Klagelieder“ genannt, damit man das etwas besser erkennen kann. Denn die Juden hatten, da es ihnen wohl ging, alle Warnungen der Propheten verachtet und verlacht und in den Wind geschlagen. Gott mit anderen schrecklichen Abgöttereien und groben Lastern heftig erzürnt. Darum sollen wir von diesem Beispiel des göttlichen Zornes uns erinnern und bei dem reinen Wort Gottes standhaft beharren, auch von Sünden wider das Gewissen uns enthalten. Wenn wir jedoch einmal gefallen sind, so sollen wir schnell wieder umkehren und Buße tun, ehe denn das zornige Strafen Gottes über uns kommt. Denn weil Gott bei seinem eigenen Volk die Patriarchen-Nachkommen nicht verschont hat, so wird er unser, wenn wir in Sünden fortfahren und nicht Buße tun, ebenso wenig schonen. Trotzdem hat Gott seine Kirche in solchem harten Gefängnis wunderbar erhalten und bei dieser Gelegenheit seinem Namen Ehre und die rechte Erkenntnis Gottes auch unter den Heiden ausgebreitet. Die Geschichte des Propheten Daniels bezeugt das, und hat endlich sein Volk wieder in das Land Kanaan gebracht. Denn Gott ist so weise und mächtig, dass er auch die allerwiderwärtigsten Dinge zu seines Namen Ehre und der Kirchen Wohlfahrt befördern kann. Darum sollen wir in den allerschwersten Zeiten den Mut nicht fallen lassen, sondern auf die göttliche Hilfe in Hoffnung warten. Denn die Hoffnung lässt nicht zuschanden werden {Röm 5}.
Sealthiel: Von diesen wird in der Heiligen Schrift nichts Bedenkenswertes gelesen und ist vielleicht in Babel gestorben, ehe das jüdische Volk wiederum ins Land Kanaan gekommen ist. Denn es sind in diesem Gefängnis, das ganze 70 Jahre gedauert, viel fromme Leute geblieben und gestorben, welche durch den Glauben an den Messias, anstatt des irdischen, dass himmlische und ewige Vaterland erlangt haben. Es ist nicht wichtig, wo wir sterben oder begraben werden, wenn wir nur vom himmlischen Vaterland nicht ausgeschlossen bleiben. Und lehrt uns dieser Sealthiel, der vom König Jechonia gezeugt wurde, dass wir, da wir unsere Großeltern Würde und Hoheit beraubt werden, unseren geringen Stand mit Geduld annehmen sollen.
13. Zorobabel zeugte Abiud. Abiud zeugte Eliachim. Eliachim zeugte Asor.
Zerobabel: Dieser ist ein Fürst der Juden gewesen, die aus der Babylonischen Gefangenschaft wieder in das Land Kanaan gekommen sind. Er ist aber ein frommer und guter Mann, und Gott lieb gewesen, wie aus dem Buch Esra und der Propheten Haggai und Zacharias Schriften, eine Meldung machen, abzunehmen. Als auch das jüdische Volk nach seiner Rückkehr aus dem Gefängnis, mit der Verrichtung des Tempels fahrlässig war und ein jeder seine eigenen Sachen tat, darüber aber der Bau des Tempels versäumt wurde, hat dieser Zerobabel neben dem Hohepriester Jesua, nach der Propheten Mahnung, das Volk mit Fleiß angehalten, dass sie ihn wieder fleißig und tapfer bauen sollten. Denn es steht einer frommen Obrigkeit Amt zu, dass sie das Volk ermahnen, damit es den Gottesdienst nicht versäume, noch sich in weltlichen Handel und Sachen, so allein zu diesem Leben sie gehören, sich vertiefen. Danach hat man hier die väterliche Fürsorge Gottes für seine Kirche zu betrachten, indem er nicht allein sein Volk wieder in ihr Vaterland gebracht, sondern auf den Tempel und die Stadt Jerusalem wieder erbauen lassen, ja auch das babylonische Gefängnis ein Ende durch der Propheten Weissagungen bestimmt, wenn solch ein Unglück seinen Anfang genommen hat. So hat Jesaja des Königs Chores, ehe denn dieser geboren wurde, deutlich und ausdrücklich lange vor der Babylonischen Gefangenschaft mit Namen genannt, der das jüdische Volk aus der Gefangenschaft führen und des Tempels Bau fördern sollte. Denn Gott schickt der Kirchen kein Unglück zu, er habe denn zuvor das Ende bestimmt, wie lange es dauern soll, wenn wir auch dieses Ende nicht so schnell sehen.
Abiut: Von diesem und allen folgenden Personen bis auf Josef, dem die Heilige Jungfrau Maria vertraut wurde, findet man sonst nichts in der Heiligen Schrift. Es ist aber kein Zweifel, es hat der Evangelist Matthäus auch dieses Stück des Geschlechtsregisters unseres Herrn Christi aufs Treueste beschrieben. Warum er aber dieses auf Josef, der Jungfrau Maria versprochenen Ehemann ausgeführt, ist oben beschrieben worden.
14. Asor zeugte Zadoch. Zadoch zeugte Achin. Achin zeugte Eliud.
15. Eliud zeugte Eleasar. Eleasar zeugte Matthan. Matthan zeugte Jakob.
16. Jakob zeugte Joseph, den Mann Marias, von welcher ist geboren Jesus, der da heißt Christus.
Christus: Der versprochen den Messias und Heiland der Welt, welcher mit dem Heiligen Geist, mit Öl gesalbt wurde {Ps 45} zum König, Priester und Propheten.
17. Alle Glieder von Abraham bis auf David sind vierzehn Glieder. Von David bis auf die Babylonische Gefangenschaft sind vierzehn Glieder. Von der Babylonischen Gefangenschaft bis auf Christus sind vierzehn Glieder.
Gefangenschaft: Nämlich bis auf Josiam, des gefangenen Königs Jechonia Vater.
Von der: Nämlich, vom König Jechonia angefangen zu rechnen, der in der Babylonischen Gefangenschaft gewesen ist.
14 Glieder: Soviel es nun die Geburt und das Geschlechtsregister Christi betreffen, ist nicht zu leugnen, dass es das Edelste ist unter allen, so jemals auf Erden gelebt haben. Denn er nicht allein nach seiner göttlichen Natur, der Sohn des allerhöchsten und wahren Gottes ist, sondern auch nach seiner menschlichen Natur seine Ankunft bei den allerheiligsten und edelsten Patriarchen und den berühmtesten Königen. So sind auch die Hohepriester mit ihm verwandt gewesen. Denn diesen wurden aus dem königlichen Stamm Juda bestimmt, Weiber zu nehmen. Es macht uns aber Christus seines Adels auch teilhaftig. Denn der Evangelist Johannes sagt, er habe Macht gegeben, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben {Joh 1}. Darum, wenn wir Christi Wort hören, an ihn glauben und im Gehorsam uns befleißigen, so sind wir die edelsten unter allen Menschen, als Brüder und Schwestern Christi. Denn so spricht Christus selbst: Wer den Willen meines Vaters tut im Himmel, der ist mein Bruder, meine Schwester und Mutter {Mt 12}. Welcher darum auf solche Weise geadelt ist, der ist befreit von der Gewalt und Dienstbarkeit des Satans und von dem Tyrannen des Todes und der Hölle. Einem solchen Menschen müssen auch alle Kreaturen in dieser Welt zum Besten dienen, und er wird nach diesem Leben die Erbschaft des ewigen Lebens in völliger Besitzung bekommen. Unser Ausweis und Helm aber sind Trübsal, Kreuz und Leiden: Deren brauchen wir uns aber nicht zu schämen, weil unser König Christus eben diese Zeichen auch hat.
18. Die Geburt Christi war aber also getan. Als Maria, seine Mutter, dem Joseph vertraut war, ehe er sie heimholte, erfand sich es, dass sie schwanger war von dem Heiligen Geist.
Also: Auf diese Weise, wie jetzt folgt, gesagt worden ist, ist Christus empfangen und geboren worden.
Josef: Ein Handwerker und Zimmermann, ob er wohl vom königlichen Stamm und Geschlecht gekommen war.
Heimholte: Dass sie wie Eheleute beisammen gewohnt hätten.
Heiliger Geist: Hat also der Evangelist Matthäus bisher bewiesen, dass Jesus von Nazareth nach seiner Menschheit von den heiligen Patriarchen und besonders von Abraham und David gekommen ist. Wie auch die Propheten vorher geweissagt hatten: Auch angezeigt, dass Christus zur selben Zeit geboren wurde, da des Königs Davids Geschlecht in Verachtung gekommen war. Denn an dem Tage, dass Josef, dem die Jungfrau Maria versprochen wurde, ein Zimmermann gewesen ist. Es hatten aber die Propheten vorher geweissagt, dass Christus, wenn er denn kommen würde, das Geschlecht Davids fast erloschen und ausgelöscht wäre. Denn Jesaja sagt: Es wird eine Rute aufgehen vom Stamm Isai und ein Zweig aus einer Wurzel Frucht bringen. Jetzt lehrt der Evangelist Matthäus, dass Christus von dem Heiligen Geist empfangen und aus der Jungfrau Maria geboren wurde: Was auch ein unfehlbares Zeugnis ist, dass Jesus von Nazareth der Messias und Heiland der Welt sei. Denn Jesaja hatte zuvor geweissagt, dass Christus von einer reinen Jungfrau geboren werden sollte. Darum ist die Jungfrau Maria von ihrem vertrauten Ehemann nicht geschwängert worden. Sondern da sie noch eine reine Jungfrau gewesen, ist es durch Kraft und Wirkung des Heiligen Geistes geschehen, dass der allerfeinste Mensch, von aller Erbsünde befreit, in ihrem Leibe empfangen, und also vom Sohn Gottes in Einigkeit der Person aufgenommen wurde. Denn der Heilige Geist hat aus der Jungfrau Maria Fleisch und Blut (doch dass es zuvor von aller Sünde gereinigt) die menschliche Natur Christi erschaffen und formiert, welche mit dem Sohn Gottes im ersten Anfang der Empfängnis persönlich vereinigt wurde. Diese allerreinste Empfängnis Christi wird uns allen, die wir an ihn glauben, zugerechnet, auf dass mir von wegen unserer verdorbenen Natur, welche mit der Erbsünde befleckt ist, im Gericht Gottes nicht verdammt werden.
19. Joseph aber, ihr Mann, war fromm und wollte sie nicht rügen, gedachte aber sie heimlich zu verlassen.
Nicht rügen: Oder öffentlich schlecht machen als eine Ehebrecherin, die ihren Glauben gebrochen und deshalb in den Ehebruch und die Strafe gefallen war. Denn da Maria durch die Wirkung des Heiligen Geistes schwanger geworden, aber ihr Bräutigam es nicht gewusst, von wem sie empfangen hat, hat ihn solches irre gemacht und sind ihm allerhand ungereimte Gedanken eingefallen.
Nach Luther: Das ist: Er wollte sie nicht zuschanden machen vor den Leuten, obwohl er dazu nach dem Gesetz die Macht hatte. Und rühmt also Matthäus Josephs Frömmigkeit, dass er sich aus Liebe nicht in das Gesetz begeben hat.
Verlassen: Und wäre er vielleicht an einen anderen Ort gezogen, oder aber hätte ihr geraten, dass sie anderswohin sich begeben, damit er der Obrigkeit nicht den Grund zeige, warum er sie verstoße. Denn Josef begehrte der Maria guten Ruf, und das Leben zu schonen, wollte nicht nach dem strengen Gericht mit ihr leben, hatte doch auch nicht im Sinn, eine Hurenwirtschaft anzurichten, und eine unehrliche Frau (wie er damals von Maria dachte) wissentlich bei und um sich leiden. Denn er war ein frommer ehrbarer und gutherzigen gütiger verständiger Mann, der wohl sah, in was für eine Gefahr er die Maria stürzen könnte, wenn er die Ursache seiner Ehescheidung, welche er aus einem Irrtum für wahr hielte, offenbar machte. Denn es hatte Gott der Herr durch Mose ein solches Gesetz gegeben: Wenn eine junge Frau jemand vertraut ist und sie mit einem anderen Mann schläft, so sollten alle beide zu der Stadt hinausgeführt und gesteinigt werden, dass sie sterben. Die Frau darum, dass sie nicht geschrien hat, weil sie in der Stadt war, der Mann darum, dass er seines Nächsten Frau geschändet hat, so sollte man das Böse von sich tun {5Mos 22}. Es soll uns das Beispiel von Josef immer erinnern, dass wir nicht immer den strengen Gesetzen nach verfahren sollen, noch die Frauen mutwillig böse Gerüchte machen, ob sie uns gleich ihrer Keuschheit wegen verdächtig sind. Denn das ist unfreundlich gehandelt. Welche aber keuschen und züchtigen Jungfrauen oder Mädchen übel nachreden und einen bösen Verdacht machen, die sind nicht besser als die Mörder und Totschläger, wie der Psalm 57 sagt: Die Menschenkinder sind Flammen, ihre Zähne sind Spieße und Pfeile, und ihre Zungen scharfe Schwerter. Es ist aber auch kein Zweifel, die heilige unkeusche Jungfrau Maria aber nicht ohne große Schmerzen und Herzeleid vernommen, dass ihr Bräutigam Josef sein Herz von ihr gewendet hatte. Aber was hat sie sollen daraus machen? Sie hat die Sache Gott, als einen Herzenskenner, vorbringen und ihn bitten, dass er ihre Unschuld an den Tag brächte.
20. Indem er aber also dachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sprach: Joseph, du Sohn Davids fürchte dich nicht, Maria, dein Gemahl, zu dir zu nehmen; denn das in ihr geboren ist, das ist von dem Heiligen Geist.
Engel: Dass er die Unschuld von Maria bekannt machte und dem Joseph anzeigte, wie es mit der Sache eigentlich beschaffen, nämlich, dass Maria von keinem Mann geschwängert, sondern vom Heiligen Geist und den Heiland der Welt empfangen hätte. Denn wenn wir unsere Unschuld mit gebührender Bescheidenheit darlegen und die Sache später Gott befehlen, so weiß er zu seiner Zeit unseren guten Namen zu retten. Es sind aber der Engel Berufe nicht liederliche Sachen oder vorwitzige spitzfindige Fragen gewesen, sondern sie haben von dem Heiland Christo gehandelt. Zu unserer Zeit pflegen die Engel nicht mehr zu erscheinen, weil sie ihr Amt, das sie Christus zeigten und offenbarten, genügend getan und abgewartet haben. Die Teufel aber erschienen häufig, so wohl, damit die Frommen in solchem verkehrten Zustand der letzten Zeit, in der wahren Furcht Gottes bleiben, die Gottlosen überzeugt werden, wie noch eine Hölle ist, darin sie samt den Teufeln müssen ewige Pein leiden, wenn sie nicht Buße tun. Es hat auch Gott vor Zeiten durch Träume seinen Willen offenbart. Heute aber, nachdem das Alte und Neue Testament offenbart und genügend bestätigt ist, soll man dem Worte Gottes trauen und nicht für Träume halten.
Dein Gemahl: Welche dir als Frau anvertraut und aus dem Geschlecht Davids ihre Herkunft hat.
Zu nehmen: Denn ich bringe dir eine fröhliche Botschaft von dem Messias und rechtem Sohn Davids, welcher deinen Ahnen versprochen wurde.
21. Und sie wird einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen; denn er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden {Lk 1v31 2v21}.
Jesus: Dieses Wort heißt, als ein Heiland oder Seligmacher. Darum sollen wir unser Vertrauen auf diesen Heiland setzen. Denn er wird uns nicht von sich stoßen, sondern die Seligkeit schenken.
Ihren Sünden: Denn Christus hat uns durch sein allerheiligste Leiden Vergebung aller unserer Sünden und das ewige Leben gegeben {Joh 3}. Welches die größte Wohltat ist, die uns widerfahren konnte. Besonders, wem die Sünde vergeben ist, dem kann keine Kreatur, auch der Tod selbst, nicht schaden.
22. Das ist aber alles geschehen, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht:
23. Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Emanuel heißen, das ist verdolmetscht, Gott mit uns.
Propheten: Jesaja: Von welchem dieses Wort hier genannt wird, von Christus geweissagt hat (Kapitel 7). Und hat der Prophet ohne Zweifel aus Erleuchtung des Heiligen Geistes, die erste Verheißung so im Paradies geschehen, mit Fleiß bedacht, dass nämlich des Weibes Same der Schlange den Kopf zertreten sollte. Daraus er durch die Anleitung des Heiligen Geistes verstehen konnte, dass des Messias Mutter eine Jungfrau sein und bleiben würde. Und soll man die tollen, verstockten Juden nicht hören, welche bestreiten, dass das Wort Alma, welches der Prophet gebraucht, nicht immer eine Jungfrau heiße. Denn man kann in der ganzen Heiligen Schrift keinen einzigen Ort bringen, wo dieses Wort eines Weibes Person hieße, die keine Jungfrau wäre. So sind auch alle Umstände dieser Weissagung der Juden unsinniger und verkehrter Erklärung zuwider. Dass aber der Prophet sagt, man werde ihn Emanuel heißen, ist nicht so zu verstehen, als ob Christus in seiner Beschneidung mit einem solchen Namen, dem Buchstaben nach, hätte müssen genannt werden. Sondern er hat mit diesem Wort die Person, das Amt und die Wohltaten Christi erklären wollen. Denn darum wird er Emanuel, das ist, Gott mit uns, genannt, weil er eine solche Person ist, darin zwei Naturen, die göttliche und die menschliche vereinigt sind. Darum, wer Christus gesehen hat unter den Leuten gehen, der hat recht und mit Wahrheit sagen können, er habe Gott gesehen, welcher mit den Menschen aus freundlichste umgeht, redet, isst und trinkt. Daher der Apostel Paulus sagt, Gott ist geoffenbart im Fleisch {1Tim 3}. So nennt auch der Prophet die Ursache, warum Christus mit diesem Namen, weil der ganze Christus bei uns ist in allen Anfechtungen und Trübsalen, als der da sagt: Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende {Mt 28}. Darum sollen wir unerschrocken sagen: Ist Gott mit uns, wer will wider uns sein?
24. Da nun Joseph vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm des Herrn Engel befohlen hatte, und nahm sein Gemahl zu sich.
25. Und erkannte sie nicht, bis sie ihren ersten Sohn gebar, und hieß seinen Namen Jesus.
Erkannte sie nicht: Er hat keinen ehelichen Beischlaf gehabt. Dass aber hier gesagt wird, Joseph habe Maria nicht erkannt, bis sie ihren ersten Sohn geboren hat, ist nicht so zu verstehen, als ob nicht der Josef die Maria später erkannt und mehr Kinder mit ihr gezeugt hätte. Denn welche in der Schrift nach Art der hebräischen Sprache, Brüder Christi genannt werden, sind seine Verwandten nach dem Fleisch, aber nicht leibliche Brüder gewesen. Es bedeutet das Wörtlein (bis) nicht immer nur eine kleine Weile, die danach aufhört. Also, im 110. Psalm spricht der himmlische Vater zu seinem Sohn Jesus Christus: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße. Da wird nicht verstanden, dass Christus später nicht mehr zur Rechten des Vaters sitzen werde, wenn ihm seine Feinde unterworfen sind. Also ist es auch nicht so zu verstehen, dass Maria, nachdem sie Christus geboren, eine Jungfrau geblieben wäre. Sondern es wird allein angezeigt, dass Maria vor der ersten Geburt Christi nie geschwängert worden war. Darum in der Kirche der Irrtum recht verworfen und verdammt wurde, welcher bestritt, dass Maria nach Christus keine Kinder mehr geboren hatte.
Nach Luther: Dies soll nicht so verstanden werden, dass Josef Maria später erkannt habe, sondern es ist eine Weise zu reden in der Schrift (Mose 8), der Rabe sei nicht wiedergekommen bis die Erde getrocknet, will die Schrift nicht, dass der Rabe später gekommen sei. Also auch hier folgt nicht, dass Josef Maria hernach erkannt habe.
Das 2. Kapitel
- Die Weisen kommen auf Anleitung eines Sterns vom Morgenlande nach Jerusalem, und suchen Christus. Herodes nimmt dieses zum Anlass, das Kind Christus mit List zu töten. Da die Weisen Christus finden, verehren sie ihn. Josef flieht mit Maria und dem Kind Jesu auf göttlichen Befehl nach Ägypten. Herodes treibt eine grausame Wüterei wider der Kinder zu Bethlehem. In der Hoffnung, er wolle Christus auftreiben. Als Herodes gestorben, wird Christus wieder aus Ägypten berufen.
1. Da Jesus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Lande, zur Zeit des Königs Herodes; siehe, da kamen die Weisen vom Morgenland gen Jerusalem und sprachen:
Da: Nachdem der Evangelist Matthäus dargelegt und bewiesen hat, dass Jesus von Nazareth aus demselben Geschlecht geboren wurde, aus welchem er nach der Propheten Weissagungen sollte geboren werden, so zeigt er jetzt auf den Ort und die Zeit seiner Geburt, und lehrt, dass die gleichen Umstände sowie mit den Weissagungen der Propheten von Christus zusammen stimmen. Und Lukas meldet, mit was für Gelegenheit Christus zu Bethlehem geboren wurde. Also erzählt Matthäus, wie es zu Jerusalem kundgeworden, dass Christus zu Bethlehem geboren sei, nämlich, durch die Ankunft der Weisen aus dem Morgenland.
Bethlehem: Diese Stadt am Stamm Juda gelegen, und mit dem Zusatz Bethlehem Ephrata hieß, damit es von einem anderen Bethlehem unterschieden würde, am Stamm Zebulon, in der Landschaft Galiläa gelegen. Es ist aber Bethlehem Ephrata des Königs Davids Vaterland gewesen, und Christus eben in dieser Stadt auch sollte geboren werden, da dort der König David, dem er verheißen war, gelebt hat. Und hat diesen Ort der Heilige Geist durch den Propheten Micha zur Geburt Christi bestimmt und ernannt, dessen Wort bald hernach im Text folgen wird. Bezeugt auch die Umstände des Ortes, dass Jesus von Nazareth der versprochene Heiland der Welt ist. Weiter ermahnt uns das Beispiel Christi, der nicht zu Jerusalem, sondern zu Bethlehem sollte geboren werden, dass wir keinen wegen seines schlechten Vaterlandes verachten sollen. Denn wie auch in den großen und berühmten Städten viel unachtsame, unansehnliche Leute geboren werden, so kommen oft aus hässlichen Städten tapfere und berühmte Männer.
Herodes: Welcher das Königreich Judäa von den Römern zur Verwaltung empfangen hatte. Zu dieser Zeit hat Gott seines Sohnes Geburt durch ein herrliches Wunderzeichen zu Jerusalem bekannt gemacht. Es war aber dieser Herodes kein Israelit, sondern ein Idumeer oder ein Edumiter, dessen Vater Antipas geheißen, der aus keinem königlichen Geschlecht geboren, sondern von geringen Eltern seine Herkunft gehabt hat. Dadurch wurde durch seine Regierung die Herrschaft den Juden genommen, und vom Stamm Juda ist es auf ein fremdes Geschlecht gekommen, die sie auch in den folgenden Zeiten niemals wiederbekommen haben. Daraus ist zu erkennen, dass die Zeit der Geburt Christi damals gekommen war, nach der Weissagung des Patriarchen Jacobs, welcher sagte: Es werde das Zepter von Juda nicht entwendet werden, noch ein Meister von seinen Füßen, bis dass der Held komme und diesem werden die Völker anhängen (Mose 49). Denn nachdem die Juden aus der Babylonischen Gefangenschaft wieder nach Hause gekommen waren, hatten sie viele Jahre lang ihre Fürsten aus dem Stamm Juda gehabt. Bis später die Makkabäer und ihre Nachkommen das Regiment an sich gerissen haben, welche aus dem Stamm Levi und priesterlichen Geschlecht ihre Herkunft hatten. Aber diese pflegten sich oft unter dem Stamm Juda zu verheiraten, wie mit dem Beispiel Aarons und Jojoda dem Hohepriester bewiesen ist. Denn der letzte Josabeath, des Königs Joas Schwester, so aus den Stämmen Davids gekommen war, zum Weibe gehabt {2Chr 22}. Dennoch ist das Zepter im Stamm Juda geblieben, bis die Römer dieses Königreich Herodes übergeben haben. Und solange die Herrschaft nicht von den Juden auf die Heiden gekommen, wird recht gesagt, dass sie im Stamm Juda blieben, weil zu dieser Zeit alle Israeliten, seit der Babylonischen Gefangenschaft mit einem Namen Juden genannt wurden. Bezeugt demnach auch dieser Umstand der Zeit, dass Jesus von Nazareth der versprochene Heiland der Welt ist, und sind die Juden heutigen Tages nicht gut bei Verstand, welche nun über 1600 Jahre vergebens auf einen anderen Messias warten.
Weisen: (Nach Luther) Matthäus nennt sie Naturkundige und Priester.
Vom Morgenlande: Nämlich, aus Persien, welches dem jüdischen Land gegen Morgen gelegen war. Denn obwohl die Engel den Hirten verkündigt hatten, dass Christus in der Stadt Bethlehem geboren wäre: So hatte jedoch dieses Zeugnis der Hirten bei vielen Menschen kein besonderes Ansehen. Darum, auf dass die Juden keine Entschuldigung hätten, so hat Gott mit einem herrlichen Wunderwerk des Sternes, welcher erschienen, die Weisen aus dem Morgenland gebracht, dass sie nach Jerusalem gezogen und nach dem neuen König gefragt.
2. Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.
Im Morgenland: In unserem Vaterland in Persien ist ein neuer, herrlicher Stern erschienen. Wir sehen darin, dass der gewaltige König geboren wurde, welcher mehr sein wird, denn als ein einfacher Mensch, von dem der Propheten Weissagungen lauten, dass er der oberste über alle Könige sein werde.
Anzubeten: Das wir ihm göttliche und menschliche Ehre erzeigen. Obwohl nun (als Herodes bezeugte) die Weisen das Königreich Persien, eine Zeit lang in ihrer Verwaltung gehabt, so haben sie es doch nicht lange behalten. Und obwohl (wie Cicero meldet in seinem ersten Buch von der Weissagung) die Könige in Persien die Weisheit oder natürliche Kunst und Philosophie studiert: So meldet doch die Schrift nirgends, dass diese Weisen, welche nach Jerusalem gekommen, Könige waren, sie sagt auch nichts von der Zahl, wie viel sie gewesen, oder wie sie geheißen haben. Es waren aber solche Weisen, keine Gottlosen oder bösen Teufelsbeschwörer und Wahrsager, so es mit dem Teufel halten, sondern verständige und gelehrte Leute, welche in der weltlichen und natürlichen Weisheit sich viel Glück, und von dem Himmels Lauf gute Wissenschaft gehabt haben. Weil auch der Prophet Daniel damals am persischen Hof hoch angesehen gewesen, so ist kein Zweifel, es haben sich Leute, als seine Zuhörer und Jünger zu ihm gehalten, welche die Weissagungen vom Reich Christi bei ihnen gelassen und auf ihre Nachkommen fortgepflanzt haben. Darum ist zu vermuten, dass diese Weisen die Weissagungen des Propheten Daniels nicht unbekannt gewesen sind, und haben sie ohne Zweifel auch andere prophetische Schriften fleißig gelesen. Wie nun die Wochen des Propheten Daniels, dadurch die Zeit der Zukunft Christi angedeutet wurde {Dan 9} auch herum wäre, und von Christus zuvor geweissagt worden war: Es würde ein Stern aus Jakob aufgehen, und ein Zepter aus Israel aufkommen, und würde zerschmettern die Fürsten der Moabiter, und zerstören alle Kinder Set {4Mos 24}. Sie aber, die den neuen und hellen Stern gesehen, haben aus des Propheten Daniels Weissagung und aus Erscheinung des Sterns, wie auch aus innerlicher Anregung und Bewegung des Heiligen Geistes erkannt, dass dieser König und Herr, als ein Heiland der ganzen Welt, nun in Judäa geboren sei. Es ist auch ohne Zweifel ein besonderer Stern, oder vielmehr ein Komet gewesen, desgleichen zuvor nie gesehen wurde. Plinius (ein römischer Geschichtsschreiber) schreibt in seinem zweiten Buch Kapitel 25 von dem Kometen also: Es erscheint auch wohl ein weißer Komet, mit einem silberfarbenen Glanz, der so hell leuchtet, dass man ihn kaum ansehen kann, und in menschlicher Gestalt Gottes Ebenbild in sich zeigt. Durch solchen Stern oder wunderbaren Kometen sind die Weisen aufgebracht worden, dass sie nach Jerusalem gezogen, gehofft, sie würden in der königlichen Hauptstadt den neugeborenen König finden. Zu der Zeit da sie kommen, alsbald nach der Geburt Christi, oder aber fast zwei Jahre danach, dazu kann man nichts Genaues sagen. Epiphanius (ein Kirchenlehrer) schreibt, sie sind im anderen Jahr nach der Geburt Christi angekommen: In seinem ersten Buch des ersten Teils und dem ersten Buch des anderen Teils wider die Ebioniten. Denn man kann es für wahr halten, weil später von Herodes gemeldet wird, dass, nachdem er die Zeit von den Weisen mit Fleiß erkundete, wann der Stern angefangen hat zu erscheinen, habe er darauf die zweijährigen Jungen, und welche darunter gewesen, erwürgen lassen. Und hat es wohl geschehen können, dass Josef und Maria samt dem Kind Jesu, ihrer Gelegenheit nach, eine Reise nach Bethlehem getan, und sich dort aufgehalten, wie die Weisen dahingezogen sind. Ist auch wohl zu glauben, der Stern sei übers Jahr am Himmel gestanden: Wie zu unseren Zeiten vor wenigen Jahren ein Komet oder ungewöhnlicher Stern ein ganzes Jahr lang und etliche Monate am Himmel gesehen wurde. Die Ankunft aber der Weisen bezeugt, dass Christus auch den Heiden zum Heiland gesandt wurde. Und werden diese Weisen, welche so eine weite und gefährliche Reise machten, damit sie Christus sehen können, am Jüngsten Tage aufstehen, und diejenigen Christen verdammen, welche die Kirche in der Nähe haben und doch nicht hineingehen, damit sie aus den Predigten ihren, den einen, erkennen und durch den Glauben an ihn die ewige Seligkeit erlangen können.
3. Da das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm das ganze Jerusalem.
Hörte: Nämlich, die Nachricht von einem neuen König, welcher sollte geboren werden.
Erschrak er: Denn er fürchtete sich, er möchte sein Königreich verlieren, welches er mit bösen Praktiken von den Römern an sich gebracht, und mit großer Grausamkeit zu behalten er bis daher sich bemüht hatte. Denn als er Jerusalem eroberte, hatte er gegen die Bürger grausame Wüterei getrieben, die sich nicht unter ihm ergeben wollten. Später hat er auch seinen Schwager und seine Schwägerin samt ihren Ehepartnern und etlichen Kindern getötet, wie Josephus in seinem 14. Buch von alten Geschichten schreibt. Darum er wegen solcher und anderer grober Misshandlungen ein böses Gewissen gehabt, dass in vielen Wegen verletzt gewesen ist. Damit nun auch wir, sobald wir irgend von einer vermeintlichen Gefahr hören, nicht bald verzagen, so sollen wir uns eines unsträflichen Wandels und gottseligen Lebens befleißigen. Wenn wir aber gefallen sind, sollen wir Buße tun, dass wir uns unsere begangenen Sünden lassen herzlich leid sein, all unser Vertrauen auf den Mittler Jesus setzen, und alles, was unser ist, in die Hand des Herrn geben. So wird unser Gewissen wiederum erleichtert und geheilt werden, dass wir alles, was uns begegnet, mit Geduld tragen, und standhaft überwinden können. Es ist aber über die Nachricht von einem neuen König nicht nur Herodes allein erschrocken, sondern auch alle Einwohner der Stadt Jerusalem mit ihm. Denn obwohl die Bürger dem Herodes feind waren, so waren sie jedoch durch viel und mancherlei erlittene Unfälle müde und mürbe gemacht, und besorgten sich, dass nicht etwa, um des neuen Königs willen, neue Unruhe entstehen möchte, da ihre Leiber und Güter in Gefahr kämen. Darum wollten sie (ausgenommen weniger Frommer), des verheißenen Messias viel lieber entbehren, als um seinetwillen sich in neue Gefahr zu begeben. Aber oh der undankbaren und gottlosen Leute. Doch findet man auch heutigen Tages ihrer viele, welche diesen Frieden und diese zeitliche Wohlfahrt höher achten als die reine Lehre des Evangeliums. Aber wie die Juden, darum, dass sie Christus aus der acht gelassen, über etliche Jahre später schwer gestraft wurden. Also werden solche Leute einmal großen Schaden und Nachteil empfinden, wie übel sie ihnen selber getan haben.
4. Und ließ versammeln alle Hohepriester und Schriftgelehrten unter dem Volk und erforschte von ihnen, wo Christus sollte geboren werden.
Schriftgelehrten: Welche im Gesetz Gottes gut erfahren waren.
Geboren werden: Dass sie ihm aus der Heiligen Schrift berichteten, denn er setzte in keinen Zweifel, es wäre der Ort, da der Messias sollte geboren werden, in der Heiligen Schrift namhaft gemacht. Es beachten aber gottlose Leute der Heiligen Schrift wenig, wo es nicht zu Zeiten ihres eigenen Nutzens halben geschieht.
5. Und sie sagten ihm: Zu Bethlehem im jüdischen Lande. Denn also steht geschrieben durch den Propheten: Micha 5,2 Johannes 7,42
Jüdischen Lande: Welche Stadt im Stamm Juda gelegen ist, wo der Messias geboren werden sollte.
Propheten: Micha Kapitel 5. Obwohl nun der Evangelist nicht eben die Worte des Propheten führt, so ist es doch die gleiche Meinung. Es werden vom Propheten noch diese Worte hinten hinzugefügt: Welcher Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist. Diese Worte der Weissagung berichten uns von der Person und von dem Amt Christi. Denn nach seiner menschlichen Natur ist der ausgegangen oder geboren worden vor 2000 Jahren im Städtlein Bethlehem. Aber nach seiner göttlichen Natur ist er vom Vater von Ewigkeit ausgegangen und geboren worden. Er ist aber unser Herzog, der durch das Predigtamt seines Wortes ihm ein Kriegsheer, nämlich die Kirche, sammelt. Diese er als ein siegreicher Überwinder durch mancherlei Anfechtungen der Welt und des Teufels, endlich auch durch den Tod selbst, zum ewigen Leben führt. Diesem Herzog und Feldherrn sollen wir im wahren Glauben, Hoffnung und christlicher Liebe folgen.
6. Und du Bethlehem im jüdischen Lande bist mitnichten die kleinste unter den Fürsten Judas; denn aus dir soll mir kommen der Herzog, der über mein Volk Israel ein Herr sei.
Mitnichten: (Nach Luther) Bethlehem war klein anzusehen, darum sie auch der Prophet Micha klein nennt. Aber der Evangelist hat das Wort (mitnichten) hinzugetan, darum dass sie jetzt erhöht war, da Christus geboren wurde.
7. Da berief Herodes die Weisen heimlich und erlernte mit Fleiß von ihnen, wann der Stern erschienen wäre.
Heimlich: Damit die Juden keinen Argwohn schöpften, weil er begehrte, ihren neugeborenen König umzubringen.
Erschienen wäre: Welche Zeit es ist, dass sie ihn zum ersten Mal gesehen, daraus wir wissen, was für ein Alter der neugeborene König haben musste, und danach die Knaben, so von dieser Zeit an, da der Stern erschienen, geboren wurde, miteinander erwürgen ließe, auf dass er der Gestalt des neugeborenen Königs nicht verfehlte, sondern von Not wegen auch zugleich unter ihnen mit aufgerieben würde. Dieses tyrannische Vorhaben er doch meisterlich zu verbergen wusste.
8. Und weißte sie gen Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr‘s findet, so sagt es mir wieder, dass ich auch komme und es anbete.
Kindlein: Wo es ist. Was es für Eltern habe. Zu welcher Zeit es geboren wurde. Und anderes dergleichen.
Findet: Dass ihr dessen ganz versichert seid, wisst, wo es anzutreffen ist.
Anbetete: Denn ich habe mir auch vorgenommen, dahin zu ziehen, ihm alle gebührende göttliche und menschliche Ehre zu erzeigen. Und wer wollte nicht einen solchen König in Ehren halten, der dem menschlichen Geschlecht vor vielen 100 Jahren von Gott verheißen wurde? So stellt sich also der König Herodes dar, obwohl er am bösesten ist, mit den allerschrecklichsten Gedanken umgeht. Dieses ist ein recht teuflisches Werk. Die aber so gesinnt sind, sollen wissen, dass ihnen auch mit dem Teufel die ewige höllische Pein bereitet ist. Wir sollen Gott bitten, dass er uns vor solchen Leuten behüten und bewahren wolle, damit sie uns nicht mit ihren arglistigen Tücken ins Verderben bringen. Denn wenn sich der Gottlose fromm stellt, so ist er keinem nützlich und am bösesten.
9. Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen hin, bis dass er kam, und stand oben über, da das Kindlein war.
Zogen hin: Nach Bethlehem, der Meinung, dass sie wollten wieder nach Jerusalem kommen und Bericht machen, weil sie sich keines Betrugs oder keiner Falschheit gegen Herodes bedachten. Es ist aber des jüdischen Volkes Bosheit und Unachtsamkeit sehr groß gewesen, dass keiner der Weisen Ratschläge gab, damit sie ihren Messias hätten begehrt zu suchen und zu erkennen. Darum, weil die Juden auf ihren Messias nicht geachtet haben, so hat er sie auch wiederum verworfen, dass sie nicht mehr sein Volk wären, und sind für diese ihre Verachtung vom Messias schwer gestraft worden. Wir sollen uns aber nach dem Beispiel der Weisen richten und uns der Erkenntnis Christi nicht abwendig machen lassen, obgleich ihrer wenig ihn wahrhaftig erkennen und ihm anhängen. Man hat auch hier zu merken, es ist zu beachten, dass Herodes (der auch beschnitten gewesen) samt den Hohepriestern, Schriftgelehrten, Pharisäern und Ältesten zu Jerusalem, dazu eine große Menge des jüdischen Volkes damals nicht die rechte Kirche Gottes gewesen, sondern andere wenige unter diesem großen Haufen, die man aber nicht viel beachtet hat. Wie Simeon, Hanna die Propheten und etliche andere in geringer Anzahl, welche unter den Gottlosen verborgen waren und mit großem Verlangen auf Christus warteten. Diese waren die rechte Kirche Gottes. Also ist es vor der Zeit auch im Papsttum zugegangen, und geschieht auch noch heute, wo das Papsttum in vollem schwange geht.
Gesehen hatten: Und eine Zeit lang aus dem Gesicht verloren hatten, dass er ihnen nicht mehr erschien, jetzt aber erschien er wiederum hell und klar und zeigte ihnen den Weg.
Kindlein war: Nämlich im Hause: Dabei ist anzunehmen, dass dieser Stern sich sogar in der Luft herabgelassen, dass er auch auf das Haus gedeutet hat, darin Christus damals gelegen hatte.
10. Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut.
Stern sahen: Den sie eine Zeit lang verloren hatten, dass er über dem Haus stillstand. Wir werden auch häufig mit Dunkelheit und Finsternis umgeben, dass wir an unseren Gedanken irrewerden und nicht wissen, was wir tun sollen. Aber das Licht geht uns wieder auf, dass uns den Weg zeigt, darauf wir fortfahren sollen.
11. und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen.
In das Haus: Hier werden kein Stall und keine Krippe genannt. Und diesen Umstand wird der Evangelist Matthäus bestimmt nicht ausgelassen haben, wenn die Weisen am 13. Tag nach der Geburt angekommen wären, wie der Papst behauptet.
Beteten es an: Nicht nur als einen Menschen, sondern sie taten ihm auch die göttliche Ehre an.
Und Myrrhen: Das wie Gold war für einen König, wie Weihrauch für Gott. Denn man brauchte zu etlichen Opfern Weihrauch. Die Myrrhen aber für einen Menschen, der da sterben und ordentlich begraben werden sollte. Es scheint, als haben die Weisen aus heimlichen Eingebungen des Heiligen Geistes diese, als auch andere Gaben dem Herrn Christus geschenkt. Wir sollen Gott auch verehren, ihm das reine Gold des Glaubens bringen, das mit keinem Kupfer falscher Lehre oder dem eigenen Vertrauen auf menschliche Verdienste vermischt ist. Weiter den Weihrauch eines göttlichen Gebetes und Danksagung. Die Myrrhen durch Tötung des sündigen Fleisches, dass wir uns ganz und gar unter den Gehorsam Gottes ergeben, bereit sind zu tun, was er befiehlt, zu unterlassen, was er verbietet, geduldig zu tragen, was er uns auflegt. Wir bringen aber auch Christus unsere Gaben, wenn wir von unseren Gütern der Kirche und den Armen behilflich sind. Denn was ihr dem geringsten von den meinen getan habt (spricht Christus), das habt ihr mir getan {Mt 10}. So hat man hier auch zu merken, dass der himmlische Vater seinem Sohn mit Wegegeld versehen hat, weil er bald danach ins Elend hinausziehen musste. Weil nun auch wir um Christi willen zu Kindern Gottes angenommen, durch den Glauben Christi Glieder geworden sind, sollen wir nicht zweifeln, es sorge der himmlische Vater auch für uns, werde uns, wenn ein Unglück sich findet, mit nötiger Versorgung versehen, dass wir nicht umkommen.
12. Und Gott befahl ihnen im Traum, dass sie sich nicht sollten wieder zu Herodes lenken. Und zogen durch einen anderen Weg wieder in ihr Land.
Befahl ihnen: Den Weisen durch einen Engel.
Ihr Land: Sie sind also nicht nur der Gefahr entkommen, sondern es ist auch dem Herodes und seiner arglistigen Bosheit gewehrt worden, dass er Christus nicht erwischt und ums Leben gebracht hat. Denn welche gottselig in ihrem Beruf wandeln, die werden durch die Engel (wenn man sie auch nicht sieht) hin und wieder geleitet. Denn es steht von ihnen geschrieben: Sie werden dich auf den Händen tragen, dass Du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest {Ps 91}. Diese Verheißung ist nicht allein von Christus, sondern auch von seinen geistlichen Gliedern zu verstehen.
13. Da sie aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Joseph im Traum und sprach: Stehe auf und nimm das Kindlein und seine Mutter zu dir und flieh nach Ägyptenland und bleibe allda, bis ich dir sage; denn es ist vorhanden, dass Herodes das Kindlein suche, dasselbe umzubringen.
Dir sage: Dass Du wiederkommen sollst. Es ist also durch das Engels Warnung der Herr Christus aus der bevorstehenden großen Gefahr errettet worden. Obwohl wir nun nicht natürliche und wesentliche Kinder Gottes sind, wie Christus. Jedoch weil wir um Christi willen zu Kindern Gottes angenommen wurden und durch den Glauben Christi Glieder sind, so ist es gewiss, dass die Engel auch für uns, besonders aber für der Kinder Wohltat wachen, wie die Schrift lehrt {Mt 18 Hebr 1}. Weil wir denn die heiligen Engel überall bei uns haben, so sollen wir uns hüten, dass wir nichts Böses machen, dadurch die Engel beleidigt und verursacht werden, dass sie uns verlassen. Da aber Christus nicht für sich selber wacht, oder dem Herodes und seiner Grausamkeit wehrt, ist recht von ihm gehandelt. Denn er war damals in der Gestalt eines Knechtes und imstande seiner Erniedrigung {Phil 2}. Darum er alle solche Sorgen seinem himmlischen Vater, den heiligen Engeln, als seine Diener, und seinen Eltern übergeben hat.
14. Und er stand auf und nahm das Kindlein und seine Mutter zu sich bei der Nacht und entwich nach Ägyptenland.
Nacht: Damit niemand seine Flucht bemerkte oder innewürde. So musste er sich beeilen, damit er der Gefahr entging. Es ist aber diese Reise dem Joseph ohne Zweifel sehr schwergefallen. Aber welcher Christus mit Glauben ergreifen und seine Ehre befördern, die müssen um seinetwillen viel Ungemach dulden und schlucken, welche doch Gott mit ewiger Herzlichkeit und Glückseligkeit aufs Reichlichste belohnen wird.
15. Und blieb allda bis nach dem Tod des Herodes, auf dass erfüllt würde, dass der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.
Blieb allda: Mit dem Kinde Jesu und seiner Mutter Maria. Es bringt aber die Flucht ins Elend viel Beschwerlichkeiten mit sich, es ist eine Strafe der Sünden, welche Christus in seiner Kindheit erfahren und ausstehen musste, dass er aus seinem Vaterland gewichen, das um des Messias willen den Israeliten geschenkt war, damit er unsere Sünden büßte und bezahlte. Weshalb er auch bald in seiner Kindheit das Amt des Mittlers auf sich genommen, und solches zu verrichten angefangen hat. Er hat auch denen, die an ihn glauben, ihr Elend geheiligt, dass es ein heiliges und Kreuz des Leidens ist, und dass wir durch das irdische Elend zum himmlischen Vaterland eingehen mögen. Etliche Kirchenschreiber erzählen die Wunderwerke, welche sich begeben, da Christus nach Ägypten gekommen ist. Weil aber die Heilige Schrift davon keine Nachricht gibt, so lassen wir sie in ihrem Wert oder Unwert beruhen.
Propheten: (Hosea Kapitel 2). Denn dass diese Weissagung von Christo zu verstehen ist, ist nicht zu leugnen. Weil sie an ihm, als dem rechten und natürlichen Sohn Gottes erfüllt wurde, was von dem angenommenen Sohn Ismael gesagt war. Denn es sind die Israeliten in diesem Stück ein Vorbild Christi gewesen. Darum treffen alle Handlungen Christi mit der Propheten Weissagung zusammen. Darum sollen wir ihn für den Heiland der Welt erkennen.
16. Da Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen war, ward er sehr zornig und schickte aus und ließ alle Kinder zu Bethlehem töten und an ihren ganzen Grenzen, die da zweijährig und darunter waren, nach der Zeit, die er mit Fleiß von den Weisen erlernt hatte.
Da: Jetzt erzählt der Evangelist eine unmenschliche Grausamkeit des Königs Herodes, welche er wider die Kinder zu Bethlehem und in dieser Gegend getötet hat, um zu hoffen, er wollte zugleich den neugeborenen König und Messias unter ihnen treffen.
Zornig: Denn er besorgte sich, dass durch großes Nachfragen und Erkundigen des neu geborenen Königs sein Plan erkannt werden könnte, diesen verbergen, darum er alle zweijährigen Kinder zu Bethlehem und in der ganzen Gegend hat umbringen lassen.
Erlernt hatte: Denn er hatte mit allem Fleiß nachgefragt, zu welcher Zeit der neue Stern angefangen hatte zu scheinen, daher er vermutete, wie alt der neugeborene König ungefähr sein müsste. Weil er sich dessen aber dennoch nicht gewiss sein konnte, so hat er ältere und jüngere miteinander erwürgen lassen, damit er das richtige Jahr nicht verfehlte. Aber es hat ihm alles nicht geholfen. Es ist aber kein Zweifel, Herodes habe ein Gerücht vorgebracht, womit er seine Grausamkeit entschuldigte, weil er auch für fromm und andächtig gehalten sein wollte, den Tempel zu Jerusalem nicht mit großen Kosten herausgestrichen hatte. Hat vielleicht vorgebracht, er tue es um des jüdischen Volkes Nutzen willen, damit nicht neue Unruhe im Königreich entstünde, wenn der neue König auftreten würde. Darum wäre es viel besser, dass etliche Kinder sterben, die vielleicht sowieso ihr männliches Alter nicht erreichen möchten, als dass das ganze Regiment zerrüttet würde, da alles drunter und drüber ginge, und viele tausend Leute umkämen. Es ist unserem Herrn Gott mit keinem noch so scheinbaren Bemänteln so eine Grausamkeit geschehen. Und wütet der Satan aus unversöhnlichem Hass schrecklich gegen Christus und seine Glieder. Darum sollen wir wachen und beten, auf dass wir nicht in Versuchung geführt werden. Des Herodes Grausamkeit aber soll uns erinnern, dass wir dem Satan in unserem Herzen nicht so viel Raum oder Platz geben, dass er uns nicht zu Misshandlungen überrede. Denn er wird bald andere und mehr Teufel mit sich bringen, die ärger sind als er, wie Christus selber sagt. Als nun Herodes den Teufel zu sich gelassen, dass er bei ihm eingekehrt und ihn angetrieben, dass er dem Königreich in unrechterweise nachtrachtete, darin seines Gefallens zu regieren sich vorgenommen, da hat dieser Teufel noch mehr Ärgere zu sich gezogen, die ihn zur Tyrannei, zu Mord, Totschlag, auch seiner eigenen Kinder und Verwandten, gereizt hat. Denn wie wir oben gehört, so hat er seinen Schwager, Gemahl und etliche Söhne umbringen lassen. Also, dass der Kaiser Augustus, da er solches von ihm erfahren hat, gesagt: Er wollte lieber die Sau vom Herodes als sein Sohn sein. Weil er gewusst hat, dass die Juden, zu deren Religion sich Herodes dem äußerlichen Ansehen nach auch bekannte, kein Schweinefleisch essen. Es haben aber des Herodes Soldaten so grausam gehandelt, welche die vor der Welt unschuldigen Kinder jämmerlich ums Leben gebracht. Denn sie hätten viel lieber selber sterben sollen, als solchen grausamen Befehl befolgen. Aber was gottlose Knechte und Diener sind, die sind zu bösen Sachen willig, aber zur Verrichtung guter und gerechter Sachen träge und langsam. So viel denn die Kinder betrifft, waren sie alle in der Erbsünde empfangen und geboren, darum mussten sie einmal sterben. Weil sie aber beschnitten und in den Bund von Gottes Gnade um des Messias willen aufgenommen waren, so hat ihnen dies Unglück nicht geschadet. Sie sind durch die Märtyrerkrone würdig geworden, dass sie um Christi willen sterben mussten und haben mit ihrem Tod bezeugt, Christus der Heiland der Welt sei geboren, darum sie erwürgt wurden. Und hat sich Christus nicht darum aus der Gefahr entzogen, dass er andere darin verwickelte, sondern der Ursache wegen hat er länger leben wollen, auf dass er später mit seinem schmerzlichen Tode am Kreuz diese Kinder und alle anderen Menschen, so sie an ihn geglaubt und noch glauben würden, von dem ewigen Tode und Verdammnis erlöste.
17. Da ist erfüllt, was gesagt ist von dem Propheten Jeremia, der da spricht:
18. Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehört, viel Klagens, Weinens und Heulens; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen.
Rahel: Das ist: Bethlehem, in welcher Gegend die gottselige Rahel, des Patriarchen Jacobs Eheweib, gestorben und begraben wurde.
Kinder: Die getötet wurden, da sie nur zweijährig und teils noch jünger waren. Will so viel sagen: Die Mütter zu Bethlehem haben ihrer Kinder Mord herzlich beklagt und beweint, also dass eine gute lange Zeit kein Trost bei ihnen helfen konnte. Weil es um ihrer Kinder Leib und Leben geschehen war und sie desselben lieblichen und holdseligen Anblicks mussten beraubt sein. Obwohl nun die Juden diesen Spruch des Propheten Jeremia (Kapitel 31) nicht von den Kindern, so zu Bethlehem erwürgt wurden, verstehen, so soll doch der Evangelist und Apostel Matthäus mehr bei uns gelten, als die, welche am Pfingsttag den Heiligen Geist empfangen und die Heilige Schrift recht verstanden haben, denn die jüdischen Pharisäer, welche von Gott geblendet, und mit Wahnsinn geschlagen waren, dass sie am hellen Mittag tappen wie im finsteren und in einen verkehrten Sinn gegeben worden sind. Es ist aber der Eltern dieser Kinder Herzeleid mancherlei gewesen. Denn etliche ohne Zweifel gewünscht, dass Christus nie geboren wäre, damit sie nur ihre Kinder nicht verloren hätten, gleichwie diejenigen tun, welche das Evangelium viel lieber liegen lassen, als um desselben willen in Gefahr zu kommen. Was aber fromme Eltern gewesen sind, denen ist dieser Unfall noch viel mehr zu Herzen gegangen, weshalb sie sich sorgten, es möchte Christus in einem solchen Strudel und in der Niederlage der Kinder zugleich mit getötet worden sein. Denn von seiner Flucht in Ägypten wird nicht jedermann eine Kundschaft gehabt haben. Wir aber sollen uns nicht daran stoßen, um Christi willen, zu verlieren, was uns in diesem Leben am liebsten ist, wenn wir nur Christus behalten. Und wird uns Gott unseren Verlust reichlich wiederum erstatten. Wie denn in der Weissagung des Propheten Jeremia ja bald darauf ein lieblicher Trost folgt, mit diesen Worten: Aber der Herr spricht also: Lass dein Schreien und Weinen, und die Tränen deiner Augen, denn deine Arbeit wird wohl belohnt werden {Jer 31}.
Nach Luther: Dieser Spruch hat Matthäus besonders angezogen, dass er durch ihn anzeige, wie es sich immer in der Christenheit verhält, denn es lässt sich vor der Welt ansehen, als sei es mit der Christenheit aus. Doch werden sie wider alle Macht der Höllen wunderlich durch Gott erhalten. Und man sieht hier in diesen Kindern, wie ein rechtes christliches Wesen im Leiden stehe.
19. Da aber Herodes gestorben war, siehe, da erschien der Engel des Herrn Joseph im Traum in Ägyptenland.
Gestorben war: Da Christus wieder aus Ägypten in das Land Israel gebracht wurde, wie bald folgen wird. Den Tod und das Leben von Herodes beschreibt Josephus in seinen Büchern in den alten Geschichten, und vom jüdischen Krieg, da man es lesen kann. Er hat aber die ganzen 37 Jahre über, welche er in Judäa regierte, große Grausamkeit geübt und viel unschuldig Blut vergossen. Dies in Friedens- wie auch in Kriegszeiten. Da nun Gott einen solchen Unmenschen so lang geduldet, hat man darum nicht Grund genug, wider Gott zu murren, denn er ist der allerweiseste Regent der Welt; und ist die Langmütigkeit an Gott nicht zu schimpfen, sondern vielmehr zu loben, besonders weil die Gerechtigkeit sich auch dabei findet, welche zu seiner Zeit wieder die Unbußfertigen sich erzeigen wird. Und hat zwar Herodes auch noch in diesem Leben nicht können ungestraft bleiben. Denn weil er gewusst, dass er von jedermann angefeindet würde, konnte er niemanden mehr trauen, sondern schwebte in täglicher Furcht des Todes und besorgte sich immer, man trachte ihn mit List nach dem Leben. Dazu schlug noch eine unheilbare Krankheit, welche jedermann dafürhalten und ansehen musste, dass sie ihm von Gott zugeschickt wäre, damit er zur angemessenen Strafe gezogen würde. Darum, als er sich selbst und seinen großen Gestank nicht mehr leiden konnte, hat er sich selber mit einem Messer das Leben verkürzen und der Marter abhelfen wollen, wenn ihm nicht die Umstehenden abgewehrt hätten. Weil er aber nichtsdestoweniger keine Buße getan, (denn er noch kurz vor seinem letzten Ende viel vortrefflicher Männer umbringen lassen hat, welche doch wider seinen Willen geblieben sind), so ist kein Zweifel, er ist bald nach seinem Tode zur Hölle gefahren, wo er mit allen Verdammten ewige Pein leiden muss. Denn es ist keine Nachricht einer wahren Gottseligkeit gewesen, dass er den Tempel zu Jerusalem mit großen Kosten aufs Herrlichste erneuert und wieder herausgestrichen, dazu in der teuren Zeit viel Korn unter die Armen ausgeteilt hat. Besonders solches aus keinem bußfertigen Herzen oder Glauben an den Messias gekommen, sondern er hat mit solchem heuchlerischen Schein die Juden, welche er heftig beleidigt hatte, ihm wiederum wollen gewogen machen, ist aber unterdes mit Gott keineswegs wiederum versöhnt worden. Denn solche Guttaten die von unbußfertigen Leuten geschehen, sind Gott dem Herrn nicht angenehm, obgleich sie vor die Welt ein stattliches Ansehen haben. Des Herodes jämmerliches Ende aber, da er noch in diesem Leben und vor seinem Ende einen Blick in die Hölle getan, lehrt uns, dass bei Gott kein Ansehen der Person ist; und strafe die Könige auch um ihrer Bosheit willen, als andere einfache unachtsame Leute. Es ist auch sein Königreich nicht auf seine Nachkommen gekommen, sondern die königliche Würde ist bei ihnen verloschen, und sind sie Vier-Fürsten genannt worden. Denn was mit Unrecht wird zuwege gebracht, da ist kein göttlicher Segen zu hoffen. Und hat Herodes, der Christus von seinem Thron stürzen wollte, das Leben und Königreich zugleich darüber verloren. Denn welche Christus zum Königreich nicht dulden wollen, die werden endlich im eigenen Königreich, entweder durch einen vorzeitigen Tod oder mit anderer Gelegenheit, beraubt. Ist also Herodes in seinem ganzen Leben ein Lasterspiegel gewesen. Dabei wir uns erinnern, dass wir nicht weniger als Herodes in Sünden empfangen und geboren sind und voller Sünden stecken. Wenn Gott die Hand von uns abzöge, so würden wir in gleiche Laster geraten. Darum haben wir Gott zu danken für die Regierung seines Heiligen Geistes und sollen ihn mit Ernst anrufen, dass er seinen Heiligen Geist nicht von uns nehme, damit wir nicht in gleiche oder schreckliche Schande und Laster geraten.
In Ägyptenland: Wo er zur selben Zeit mit dem Kind Jesus und seiner Mutter Maria im Elend lebte.
20. Und sprach: Stehe auf und nimm das Kindlein und seine Mutter zu dir und zieh hin in das Land Israel; sie sind gestorben, die dem Kinde nach dem Leben trachteten.
Gestorben: Der Tyrann Herodes ist gestorben. Denn die Tyrannen gehen zugrunde, Christus aber und sein Wort bleiben ewig. Es sind aber die Engel so oft erschienen um Christi willen, damit wir erkennen, dies Kind ist nicht ein einfaches Kind gewesen, sondern der ewige Sohn Gottes. Daneben aber befiehlt der Engel dem Joseph die Fürsorge für Christus, erinnert ihn, was er tun soll, auf dass er lebe, obwohl Gott und seine heiligen Engel für unsere Kinder Leben wachen. So steht uns doch von Amts wegen zu, dass wir an der Kindererziehung nichts versäumen, sondern fleißig acht auf sie haben, für sie sorgen, auf dass sie an Leib und Seele erhalten werden.
21. Und er stand auf und nahm das Kindlein und seine Mutter zu sich und kam in das Land Israel.
Kam: Nachdem er aus Ägypten Land hinweggezogen war. Wie viele Jahre er in Ägypten geblieben ist, meldet die Heilige Schrift nicht. Epiphanius, ein Kirchenlehrer, schreibt, Christus sei zwei Jahre in Ägypten geblieben. Er ist aber von Gott aus dem Elend wieder nach Hause gefordert worden. Darum sollen die Frommen, als die Christen, die Glieder durch den Glauben geworden sind, wenn sie im Elend herumziehen, gute Hoffnung haben. Und wenn sie auch nicht immer ins irdische Vaterland kommen, so werden sie gewiss ins himmlische Vaterland gelangen.
22. Da er aber hörte, dass Archelaus im jüdischen Lande König war, anstatt seines Vaters Herodes, fürchtete er sich, dahin zu kommen. Und im Traum empfing er Befehl von Gott und zog in die Örter des galiläischen Landes.
Fürchtete er sich: Wegen des Archelai, der seinem Vater in der Grausamkeit folgte, und so große Tyrannei trieb, dass es nicht zu erleiden war. Da er neun Jahre lang zwar nicht als ein König, sondern als ein Vierfürst regierte, ist der von den Römern ins Elend verwiesen worden und in Wien gestorben. Darum sollen die Eltern beachten, dass sie mit ihrem gottlosen Leben den Kindern nicht böse Beispiele zu gleichen Untugenden geben. Die Kinder aber, die gottlose Eltern haben, sollen ihnen nicht folgen, sondern Gott fürchten, auf dass sie nicht wie die Eltern zugrunde gehen. Welche auch im Regiment sind und der Regierung vorstehen, und Christus keine sichere Wohnung bei ihnen findet, die behalten die Regierung nicht lange.
Von Gott: Der ihm durch einen Engel anzeigen ließ, wo er hinziehen sollte.
23. Und kam und wohnte in der Stadt, die da heißt Nazareth, auf dass erfüllt würde, was da gesagt ist durch die Propheten: Er soll Nazarenus heißen {Jer 23v5 33v15 Sach 3v8 6v12}.
Nazareth heißt: Solche Worte werden zwar dem Buchstaben nach in keinem Propheten gefunden. Aber doch steht im Buch der Richter von Samson geschrieben: Der Knabe soll ein Verlobter Gottes (oder Nazarener) sein, vom Mutter Leibe an bis in seinen Tod. Nun war Samson ein Vorbild Christi in vielen Sachen, wie in seiner Geschichte zu lesen. Denn er hat die Israeliten von ihren Feinden, den Philistern, allein, ohne eines Menschen Hilfe errettet und viele wunderbare und ungewöhnliche Sachen verrichtet, auch in seinem Tode der Feinde Untergang verursacht. Wie darum der Evangelist Johannes die Worte vom Osterlamm (welches Christi Vorbild war), ihr sollt ihm kein Bein zerbrechen, recht auf Christus deutet {Joh 19}. Also werden auch die Worte von Samson geredet, Christus richtig zugeordnet, weil Samson ein Vorbild Christi war. Hat denn Gott seinen Sohn Christus mit einem sicheren Ort zur Wohnung versehen. So wird er auch für uns sorgen und einen Ort zeigen, da wir bleiben können. Denn wir sind durch den Glauben Kinder Gottes und Glieder Christi.
Das 3. Kapitel
- Johannes ein Prediger des Gesetzes und Evangelium, ein Diener der Taufe, rühmt Christus bei seinen Zuhörern, als den Heiland der Welt, und den Propheten, welcher vor Zeiten verheißen wurde. Christus wird von Johannes getauft, mit einem herrlichen Wunder von Gott seinem himmlischen Vater dem menschlichen Geschlecht vorgestellt.
1. Zu der Zeit kam Johannes der Täufer und predigte in der Wüste des jüdischen Landes.
Zu der Zeit: Als Christus 30 Jahre alt war {Lk 3}. Da macht der Evangelist Matthäus einen weiten Schritt von der Kindheit Christi bis ins 30. Jahr seines Alters, in welchem Johannes der Täufer, als sein Vorläufer Christi zu predigen angefangen hat. Und lehrt uns der Evangelist Johannes von der ewigen Geburt Christi. Die anderen Evangelisten aber beschreiben die, welche in der Zeit geschehe aus der Jungfrau Maria. So meldet Lukas, wie Christus im zwölften Jahr seines Alters zu Jerusalem im Tempel mit gelehrten Leuten sich unterhält. Aber was er von der Zeit an bis ins 30. Jahr seines Alters verrichtet, dessen gedenkt kein Evangelist, nur Lukas sagt: Er ist mit seinen Eltern nach Nazareth gezogen und ihnen untertan gewesen. Und bald darauf, dass er an Weisheit zugenommen hat, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen {Lk 2}. Auch sagt Markus (Kapitel 6), dass seine Landsleute, die Bürger von Nazareth, ihn einen Zimmermann nennen. Daher ist anzunehmen, dass er mit seinem Pflegevater Josef das Zimmerhandwerk betrieben hat. Es haben aber die Evangelisten die Werke Christi, womit er in seiner Kindheit und Jugend umgegangen ist, alle nicht beschreiben wollen, auf dass sie abergläubischen Leuten keinen Anlass geben, solche Werke im Aberglauben nachzutun. Denn die Heuchler sind frommer und vortrefflicher Leute Affen. Es beschreibt aber unser Evangelist hier das Predigtamt von Johannes dem Täufer, dessen Empfängnis, Geburt, sowie Erziehung und Berufung zum Predigtamt. Der Evangelist Lukas in Kapitel 1 erzählt auch davon, sowie Markus im 1. Kapitel.
Johannes: Ein Sohn des Priesters Zacharias, welcher seiner unfruchtbaren ein Kind bekommen hat, den Johannes. Dieser Johannes taufte auf dem Befehl des Herrn, wie später folgt, und war ein vortrefflicher Mann, mit besonderen, herzlichen Gaben des Heiligen Geistes begnadigt, dazu eines heiligen und untadeligen Wandels.
Wüste: Dahin das Volk zu ihm hinausging, dass es seine Predigten hörte, wie später gemeldet wird.
Nach Luther: Dieses sollte den Juden ein gewisses Zeichen sein, dass der Messias käme, wenn sie einen Prediger hörten, nicht zu Jerusalem im Tempel, noch in den Schulen, sondern in der Wüste, der also predigte, der herkommt, wie denn Johannes getan hat.
2. Und sprach: Tut Buße; das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!
Herbeigekommen: Und ist jetzt vor der Tür, welches euch Gott gesagt, dass ihr nun hineinkommen könnt, wenn ihr nur selber wollt. Darum schickt euch dazu und steht von eurem gottlosen Wesen ab, damit ihr hineinkommen möget. Dies ist der Inhalt der Predigt von Johannes gewesen. Denn man soll nicht meinen, dass er nur diese Worte, die hier stehen, weder mehr noch weniger geredet hat, sondern der Evangelist hat seine langen Predigten mit kurzen Worten darstellen wollen, die alle miteinander zu diesem Zweck gerichtet gewesen, dass die Leute dadurch zur Buße ermahnt würden. Es ist aber die Buße nötig gewesen, ohne welche keiner, der zum Verstand kommt und seine Vernunft hat, die Seligkeit erlangen kann. Denn die zu Gott nicht bekehrt werden, die werden auch nicht selig, so sehr sind unsere Natur verdorben und unser Wandel verkehrt. Buße tun aber, oder zu Gott bekehrt werden, heißt, wenn man die Sünde erkennt und bereut und an den Mittler Christus glaubt, dass wir um seinetwillen Vergebung der Sünden und das ewige Leben bekommen. Die Früchte der Buße aber sind, ein neues Leben, welches nach Ausweisung des Gesetzes Gottes, da so viel in dieser Schwachheit des Fleisches geschehen kann, angerichtet wird, und die Geduld, da wir unser Kreuz auf uns nehmen und es Christus nachtragen. Wenn auch das Evangelium von Christus gepredigt wird, so kommt das Himmelreich wahrhaftig nah herzu und wird uns angeboten. So wir nun dieses (Evangelium) mit Glauben annehmen, so sind wir bereits Bürger des Himmelreichs, obgleich wir daneben in der Welt mit mancherlei Trübsal geplagt werden. Wir müssen aber derzeit in Hoffnung warten, bis das selbige an uns geoffenbart werden wird.
3. Und er ist der, von dem der Prophet Jesaja gesagt hat und gesprochen: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg und macht richtig seine Steige {Jes 40v3 Mk 1v3 Lk 3v4 Joh 1v23}!
Ist der: Nämlich, der vortreffliche Mann, der von Gott gesandt wurde: Darum soll man seine Predigten mit Fleiß hören.
Bereitet: So lautet die Stimme dieses Predigers. Es fügt aber der Prophet Jesaja an dem hier genannten Spruch aus seinem 40. Kapitel noch weiter hinzu: Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was ungleich ist, soll eben, und was höckerig ist, soll schlecht werden. Uns will der Prophet so viel sagen: Johannes der Täufer wird kommen und in der Wüste predigen, die Leute ermahnen, dass sie den Mittler Christo in ihren Herzen den Weg bereiten sollen, damit sie ihn, als ihren Seligmacher recht und gebührend empfangen können. Gleich, wie man für große Herren die Wege (so viel möglich) pflegt auszubessern und eben zu machen, auch etliche gar zu niedrige Örter mit Brücken verbindet, was unrichtig ist, verbessern, was zu hoch, niedriger machen, damit der Einzug desto ansehnlicher und besser ist. Wir bereiten aber Christo dann den Weg, wenn wir rechtschaffene Buße tun und von Sünden abstehen. Die Täler werden erhöht, wenn wir aus dem tiefen Schlamm der Laster uns herausarbeiten. Die Berge und Hügel werden erniedrigt, wenn wir den Stolz und Übermut, besonders aber das Vertrauen auf unsere eigenen Verdienste fahren lassen. Das Höckerige oder Krumme wird richtig und gerade, wenn wir die Heuchelei und den falschen Schein ablegen, ein aufrichtiges, rechtschaffenes reines Herz und Gemüt fassen.
4. Er aber, Johannes, hatte ein Kleid von Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Lenden; seine Speise aber war Heuschrecken und wilder Honig {Mt 2v8}.
Von Kamelhaaren: Davon es gewebt war, nämlich, schlicht und einfach, dabei kein Übermut, keine Üppigkeit oder Zärtlichkeit zu spüren ist.
Ledernen Gürtel: Keine seidenen oder von köstlichen Kleidern, wie die Völker sonst im Orient zu tragen pflegen. Mit einem solch ledernen Gürtel ist auch der Prophet Elia umgürtet gewesen {2Sam 1}.
Wilder Honig: Weil er keine andere Speise in der Wüste haben konnte. Hat auch keinen Wein getrunken, wie der Engel seinem Vater Zacharias zuvor verkündigt hatte: Wein und starke Getränke wird er nicht trinken {Lk 1}. Es hat sich aber im jüdischen Lande eine Art Heuschrecken gefunden, die bei uns nicht sind, welche die Juden essen durften. Davon auch Plinius viel geschrieben hat, da er sagt: Die Pater essen gern Heuschrecken und haben die Mohren zum Teil ihre Nahrung davon, dass sie diese an der Sonne und im Rauch bereiten, als Nahrung durch das ganze Jahr. Es hat aber Gott Johannes den Täufer als einen vortrefflichen Lehrer aus der Wüste, wo er mit harter und rauer Speise erzogen wurde, wollen hervorbringen, auf dass er ein besseres Ansehen in der Kirche Gottes mit seiner Lehre hätte und einen großen Zulauf bekäme. Denn das jüdische Volk hielt viel darauf, wenn vortreffliche Männer ein hartes und strenges Leben führten. Darum, damit sie keine Entschuldigung hätten, hat Gott gewollt, dass Johannes hart erzogen wurde und hervortrete, obwohl er dennoch bei dem hartnäckigen Volk wenig ausgerichtet hat. Besonders Christus darüber klagt mit diesen Worten: Wem soll ich dies Geschlecht vergleichen? Es ist den Kindern gleich, die an dem Markt sitzen, und rufen gegen ihre Gesellen und sprechen: Wir haben euch gepfiffen und ihr wolltet nicht tanzen, wir haben euch geklagt, und ihr wolltet nicht weinen. Johannes ist gekommen, aß nicht und trank nicht, so sagen sie: Er hat den Teufel, des Menschen Sohn ist gekommen, isst und trinkt, so sagen sie: Siehe, wie ist der Mensch ein Fresser und Weinsäufer, der Zöllner und der Sünder Geselle {Mt 2}? Es hat aber Gott mit dieser Speise und Kleidung Johannes keine neuen Orden oder besondere mönchische Weise zu leben anrichten wollen. Denn es hat Johannes zu keinem gesagt, dass er ihm in gleicher Weise leben und folgen sollte, und ermahnt diejenigen, welche ihn fragten, wie sie sollten Buße tun und ihr Leben bessern, nicht dass sie ihre vorige Weise zu leben ändern sollten, sofern es kein unehrbarer Stand, darinnen sie bisher gelebt, gewesen ist, sondern dass ein jeder in seinem Beruf gottselig und ehrlich leben und vor Sünden sich hüten sollte. Wie auch Christus selbst und seine Apostel unter den Leuten umgegangen sind, haben sie in ihren Predigten keinem gesagt, um in die Wüste zu gehen, dass er dort besondere Speise und Kleidung gebrauchen müsste. Darum haben die Mönche und Einsiedler nichts vorzugeben, damit sie ihre heuchlerische Weise zu leben beschönigen und verteidigen könnten, welche sie aus ihrem freien Willen ohne göttlichen Auftrag erwählt haben. Denn es war Johannes Beruf, dass er in der Wüste sich enthalten sollte, damit des Propheten Jesaja Weissagung erfüllt würde. Die Mönche aber sind zu ihrem Stand nicht berufen, darum sind sie des Johannes Täufers Affen, nicht seine Nachkommen. Doch wird hier nicht geleugnet, als ob nie keine frommen Mönche oder Einsiedler gewesen wären, welche in dem allgemeinen Irrtum verwickelt waren, wie von einer Flut mit den anderen hingerissen wurden, dass sie in solch ein Leben geraten sind. Sie sind aber durch ihr einsames und mönchisches Leben nicht selig geworden, sondern weil sie alles Vertrauen auf ihre eigenen Werke oder Heiligkeit Namen und nicht allein auf das Verdienst des Mittlers Christi ihre Hoffnung gesetzt haben. Ob wir nun wohl durch keinen göttlichen Befehl dazu gezwungen werden, dass wir Johannes Täufers Speise und Kleidung gebrauchen müssten, so werden wir doch bei diesem Beispiel erinnert, dass wir einer angemessenen Mäßigkeit in Essen, Trinken und Kleidung gebrauchen, damit uns genügen lassen {1Tim 6}, obwohl auch nach Gelegenheit der Zeit von Personen ein ziemliches Gepränge kann geduldet werden. Wir sollen uns jedoch hüten, dass wir nicht in Völlerei und Üppigkeit geraten.
5. Da ging zu ihm hinaus die Stadt Jerusalem und das ganze jüdische Land und alle Länder an dem Jordan.
Alle Länder: Aus allen Orten, Städten und Flecken liefen sie dem neuen Prediger Johannes zu, dass sie ihn hören möchten.
6. Und ließen sich von ihm im Jordan taufen und bekannten ihre Sünden.
Bekannten: Dass sie sich vor Gott schuldig gaben, dass sie arme Sünder waren und die ewige Verdammnis verdient hätten, baten dabei Gott demütig um Verzeihung. Darauf sie Johannes ermahnte, dass sie sollten Buße tun und an Christus den Messias und Heiland der Welt glauben. Und hat zur Bestätigung der Vergebung ihrer Sünden die Taufe dazu getan, welche er nicht aus seinem Kopf von sich selber erdacht, sondern aus göttlichen Befehl angefangen hat. Denn es steht geschrieben: Es geschah der Befehl Gottes zu Johannes, Zacharias Sohn, in der Wüste. Und er kam in alle Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden {Lk 3}. Und an einem anderen Ort spricht Johannes selber: Der mich sandte zu taufen mit Wasser, dieser sprach zu mir {Joh 1}. Es ist aber Johannes und Christi Taufe einerlei gewesen. Denn beides ist im Wasser und Wort bestanden, als ein Bad der Wiedergeburt, wurde zur Vergebung der Sünden mitgeteilt. Obwohl unter den Personen sich ein großer Unterschied befand. Denn Johannes konnte zwar die Taufe des Wassers mitteilen, aber den Heiligen Geist hat er nicht können vom Himmel schicken, welches Christus konnte und auch geleistet hat am Pfingsttage. Diese Ausgießung der wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes an Johannes, welches die Schrift auch oft die Taufe des Feuers nennt. Es ist aber unsere Taufe ein Sakrament, dadurch wir von Sünden gereinigt und wiedergeboren werden, auf dass wir aus Adams Kinder Gottes Kinder werden. Denn also spricht Ananias zu Paulus: Steh auf und lass dich taufen, und abwaschen deine Sünde und rufe den Namen des Herrn an {Apg 22}. Paulus selber bezeugt, dass Christus seine Kirche reinige durch das Wasserbad im Wort {Eph 5}. So spricht Christus: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Himmelreich kommen {Joh 3}. Paulus nennt die Taufe ein Bad der Wiedergeburt {Tit 3}. Darum sollen wir in allen Trübsalen daraus einen Trost nehmen, dass wir getauft, wieder geboren, und zu Kindern Gottes angenommen sind. Und ob wir wohl durch Sünden häufig auf unserer Seite von dem Bund Gottes abtreten und abweichen. Jedoch, wenn wir durch wahre Buße wieder zum himmlischen Vater umkehren, so ist er der ersten Kindschaft, die in der Taufe geschehen, noch eingebunden, nimmt uns wieder in Gnaden an, fasst uns in seine Arme mit Willen {Lk 15}. Weil daher die Taufe das Mittel ist, da durch sie die Menschen Vergebung der Sünden und die Guttaten der Wiedergeburt bekommen, so sollen wir wohl zusehen, dass wir unsere Kinder aus Fahrlässigkeit der Taufe nicht berauben. Wir sollen uns auch der himmlischen Kindschaft erinnern, und nach dem Willen unseres Vaters im Himmel, wie es sich gebührt, wandeln, auf dass die Leute spüren, die Taufe sei an uns nicht vergeblich gewesen. Da aber Johannes im Jordan getauft, hat er damit wollen zu verstehen geben, wie ein jedes Wasser von Gott zur Taufe geweiht und geheiligt ist, wenn nur die Taufe im Namen des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes geschieht. Aber die päpstlichen Lehrer laufen hier übel an, welche aus diesen Worten (sie bekannten ihre Sünde) die abergläubische Ohrenbeichte, welche auf das Bekenntnis aller Sünden besteht und eine rechte Marter der Gewissen ist, zu bestätigen. Denn sie begehren, dass man immer und jede Sünde mit allen Umständen erzählen soll. Gerade als ob Johannes der Täufer, der so viel tausend Menschen, welche aus allen Orten mit großen Haufen zu ihm kamen, nacheinander einen jeden besonders verhören hätte können, bis er alle seine Sünden mit allen Umständen gebeichtet. Dennoch sind sie so unverschämt, dass sie dies öffentlich missbrauchen und Menschensatzungen, mit großer Halsstarrigkeit begehren handzuhaben. Man soll aber die Sünden erkennen und sich leid sein lassen, auch sie Gott mit Ernst demütig bekennen. Denn wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und ist die Wahrheit nicht in uns. Wenn wir aber unsere Sünde bekennen, so ist er getreu und gerecht, dass er uns unsere Sünden vergibt, und reinige uns von aller Untugend {1Joh 1}.
7. Da er (Johannes: Nun viel Pharisäer und Sadduzäer sah zu seiner Taufe kommen, sprach er zu ihnen: Ihr Otterngezüchte, wer hat denn euch gesagt, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet?
Pharisäer und Sadduzäer: Es sind zwar, als Johannes die Buße gepredigt und getauft, allerlei Leute zu ihm gekommen, wie Zöllner, Kriegsleute, Pharisäer und Sadduzäer, dass sie seine Predigten hörten, von ihm getauft würden, wie Lukas im 3. Kapitel sagt. Aber der Evangelist Matthäus spricht nur von den Pharisäern und Sadduzäer, wie diese von Johannes empfangen wurden.
Otterngezüchte: Die ihr eine giftige Art seid und voll bitterem Hass und Neid steckt, darum auch nur Schaden zu tun Lust hat, wie eure Voreltern die Propheten getötet, ihr auch so gesinnt seid wie die Leute, denen nach dem Leben ihr trachtet, die eure Bosheit an das Licht bringen. Denn die Heuchler haben grausames und tyrannisches Gemüt, wenn sie auch gleich ihre Hände nicht mit Menschenblut besudeln, so richten sie doch alle ihre Anschläge dahin, damit diejenigen ihnen aus dem Weg geräumt werden, welche ihrer Heuchelei widersprechen.
Entrinnen werdet: Denn es ist nur ein Weg, darauf man den leiblichen und geistlichen Unfall, der zeitlichen und ewigen Strafe, welche Gott den Sündern in seinem Zorn droht, entgehen mag. Wenn man nämlich rechtschaffene, wahre Buße tut. Darum will Johannes sagen, seid ihr jetzt auf den rechten Weg der Seligkeit getreten, wenn es euch mit der Sache ernst ist. Das aber Johannes die Pharisäer mit harten Worten anfährt, solches tut er nicht aus einer besonderen Lust, sie zu schmähen, sondern wegen seines Amtes. Denn er sollte sie zur Buße rufen, welches nicht anders geschehen konnte, denn wenn er ihnen zuvor ihre Sünde vor Augen stellte. Und hat Christus in Matthäus 12 sie mit gleichen harten Worten auch beschimpft. Die Prediger aber sollen darauf Achtung haben, dass sie durch eine unzeitige Nachfolge dieses Ziel der christlichen Bescheidenheit nicht überschreiten und so aus ihrem Beruf treten. Es hatten die Pharisäer damals ein großes Ansehen. Denn sie wollten nicht nur für sich als solche Leute gehalten sein, die das Gesetz Mose vollkommen erfüllten, sondern auch den Aufsätzen der Satzungen ihrer Voreltern angesehen werden. Also dass das Volk in dem Wahn war, sie leisteten in Erfüllung des Gesetzes mehr, als sie wohlzutun schuldig wären. Darum hatten sie auch solchen Namen erlangt, der vom Auslegen und Erklären lautet, als wären sie die Leute, welche das Gesetz nicht nur nach den Buchstaben hielten, sondern auch das erklärte Gesetz vollkommen erfüllten, so wie sich die Mönche rühmen, sie täten nicht nur die Gebote Gottes, sondern auch viele gute Werke. Doch waren die Pharisäer in etlichen Stücken der Lehre besser als die Sadduzäer. Denn die Pharisäer nahmen alle Schriften des Alten Testamentes an, lehrten und erklärten das Gesetz Mose und die Propheten, glaubten auch an der Unsterblichkeit der Seelen und des Fleisches Auferstehung. Aber in dem irrten sie sich, dass sie meinten, man könnte das Gesetz in diesem Leben vollkommen erfüllen, und solche Erfüllung, so der Mensch leiste, wäre die vollkommene Gerechtigkeit vor Gott. Sie warteten auch auf den Messias, bildeten sich aber einen solchen ein, der ihnen nicht himmlische Güter und Gaben gebe, sondern des römischen Kaisers Joch von ihnen nehmen und sie zu Herren der ganzen Welt machen würde. Sie suchten also bei dem Messias kein himmlisches, sondern ein irdisches Reich. Im äußerlichen Wandel waren sie ehrbar, wurden für gerechte Leute gehalten, aber ihr Herz war verkehrt und böse. Und dass ich es mit einem Wort sage, sie waren Heuchler. Es hätte sie auch kein Maler besser abmalen können, als Christus später in Kapitel 23 ihre Art und Natur mit lebendigen Farben herausstreicht. Die Sadduzäer wollten auch besser sein, als andere einfache Juden, aber sie hatten bei dem Volk nicht ein so großes Ansehen wie die Pharisäer. Denn die Sadduzäer hielten zwar auch das Gesetz Mose, aber der Propheten Schriften achteten sie nicht hoch. Sie glaubte nicht, dass Engel da wären, leugneten die Unsterblichkeit der Seelen samt der Auferstehung der Toten, führten aber dennoch einen ehrbaren bürgerlichen Wandel, und erwarteten durch ihre Ehrbarkeit und Gerechtigkeit Belohnung von Gott in diesem und keinem anderen Leben. Diese hatten den Namen von der Gerechtigkeit. In der Summe, sie waren, um deutlich zu reden, feine ehrbare Mastschweine, und solche Leute, die nur in diesem Leben gute Tage begehrten. Wenn jemand diese beiden Sekten mit der jetzigen Zeit vergleichen wollte, könnte er die Pharisäer wohl mit den Jesuiten, die Mönche und Messpfaffen mit den Sadduzäern an eine Seite stellen, allein, dass die Messpfaffen die größeren Mastsäue sind, als die Sadduzäer gewesen, so viel ihr Leben und Wandel betrifft. Der jüdische Historienschreiber Josephus beschreibt noch eine andere Sekte, die damals bei den Juden im Schwange war, welche er Esseer nennt. Aber weil ihrer in der Schrift nicht gedacht wird, so wollen wir auch nichts mit ihnen zu tun haben.
8. Seht zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße!
Früchte: Zeigt mit der Tat und mit guten Werken recht göttlichen Wandel, dass es euch mit der Buße ein Ernst ist, und dass ihr eure bisherige Bosheit und Heuchelei bereut. Denn es kann kein erwachsener Mensch, der in die Jahre gekommen ist, dem Zorn Gottes entrinnen, es sei denn, dass er wahrhaftig Buße tue. Wo aber kein neues und gottseliges Leben folgt, der hat gewiss auch keine ernstliche, sondern nur eine falsche und gemalte Buße getan.
9. Denkt nur nicht, dass ihr bei euch wollt sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Ich sage euch: Gott vermag dem Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken {Joh 8v33 v39}.
Nur nicht: Dass ihr euch selber wollt einen vergeblichen Wahn aus lauter Stolz und Hoffart einbilden.
Abraham: Den Heiligen und frommen Mann, welchem Gott verheißen hat, dass er nicht nur sein, sondern auch seiner Nachkommen gnädiger Gott sein wolle, darum er euch in diesem Leben schützen und später die ewige Seligkeit nicht versagen kann. Aber irrt nicht, Abram ist zwar ein heiliger Mann und Gott lieb gewesen, so ist Gott auch wahrhaft und hält seine Verheißungen. Aber daneben ist er auch ein gerechter Richter und Rächer aller Bosheit, dass er der frommen Voreltern gottlosen Nachkommen nicht erhalten wird, welche in Sünden fortfahren und den Messias verachten. Darum tut ernstliche Buße. Denn Gott lässt sich nicht spotten, er braucht euch nicht, es kann geschehen, dass andere vollkommen sind, welche ihn mit rechtschaffenem und reinem Herzen ehren, wenn er euch wegen eurer Bosheit willen verstoßen hat. Er macht sich eher Leute aus Steinen, denen er die Verheißung, welche Abraham und seinen Nachkommen getan, hielte, als dass er unbußfertige Leute, welche nach dem Fleisch von Abraham gekommen wären, sollte selig machen. Darum hat sich keiner seiner Voreltern Tugenden oder Heiligkeit zu rühmen, wenn er ungeschickt und nicht nütze ist. Wir, die wir in dieser Zeit in Deutschland, durch Gottes besondere Gnade und Guttaten sein Wort noch haben, sollen nicht stolz und übermütig sein, sondern die Güte Gottes gegen uns mit dankbaren Herzen erkennen, in der rechten Religion standhaft beharren, und ein gottseliges christliches Leben führen, auf dass wir nicht verstoßen werden, und das Evangelium einem anderen Volk gegeben werde, welches bessere und mehr Früchte bringt.
10. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt. Darum, welcher Baum nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.
Gelegt: So gibt es nichts anderes, wenn einer nicht ernstlich Buße tut, als dass man auf ihn haue, und ihn stürze. Es ist aber einem Volk, oder auch einem jeden Menschen die Axt an die Wurzel des Baumes gelegt, wenn Gott mit seinem Wort die Sünden straft und zeitliche und ewige Strafen droht, wenn man sich nicht bekehren will. Besonders wenn er auch Unglück dazukommen lässt, dadurch er uns begehrt, zur Buße zu treiben. Wenn wir uns dann immer noch nicht bekehren wollen, so wird gewiss der Baum umgehauen, das ist, dieses Volk oder diese Person so nicht Buße getan hat, wird umkommen und ins ewige höllische Feuer geworfen. Denn ein jeder Mensch ist gleich einem Baum, von Gott dazu erschaffen, dass er gute Früchte bringen soll {Eph 2}. Solche guten Früchte aber sind nicht abergläubische und heuchlerische Werke, die Gott nicht geboten hat, sondern die rechten guten Werke, welche Gott in den zehn Geboten von uns fordert. Es kann aber ein böser Baum keine guten Früchte bringen, wie Jesus selbst bezeugt {Mt 7}. Darum müssen wir durch den Glauben gerechtfertigt sein, ehe wir gute Werke tun können, die Gott gefällig wären. Wenn wir aber gerechtfertigt worden sind, so sollen wir mit den guten Früchten bezeugen, dass wir gute Bäume sind, nicht als unfruchtbare Dornen abgeschlagen und ins höllische Feuer geworfen werden.
11. Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach mir kommt, ist stärker denn ich, dem ich auch nicht genügend bin, seine Schuhe zu tragen; der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen {Mk 1v8 Lk 3v16 Joh 1v26}.
Ich taufe: Jetzt folgt eine andere Predigt des Johannes, zu welcher ihm das jüdische Volk mit falschem Wahn, den sie von Johannes geschöpft hatten, Anlass gab. Denn weil die Zeit der Ankunft des Messias vorhanden war und Johannes ein heiliges Leben führte, so dachten sie, er würde vielleicht der versprochen den Messias sein, wie Lukas im 3. Kapitel davon schreibt. Darum musste Johannes aus dieser Not zwischen seiner und des Messias Person einen deutlichen Unterschied machen.
Zur Buße: Also das, welche die Wassertaufe ihr von mir empfangen habt, damit bezeugen wollt, ihr wollt Buße tun und von euren Missetaten ablassen, und begehrt durch die empfangene Taufe die Vergebung eurer Sünden versichert zu werden (Was auch wahr ist).
Nach mir: Dass er sein Amt in der Kirche zu Lehren nach mir anfangen wird, nämlich Christus.
Stärker: Er übertrifft mich weit, und wird mit seinen herrlichen Wunderwerken und Taten beweisen, dass er der richtige Messias ist, der den Vätern verheißen wurde, nämlich, der ewige Sohn Gottes.
Zu tragen: Das ist: Ich bin gegen ihm zu rechnen, nicht gut genug dazu, dass ich ihm den geringsten Dienst sollte leisten.
Feuer taufen: Am Pfingsttage wird er über euch die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes ausgießen, welcher in feurigen Zungen erscheinen und himmlische Gaben mitteilen wird, denen, die an ihn glauben. Mit diesen Worten macht Johannes keinen Unterschied zwischen der Wassertaufe, die er austeilte, und der Wassertaufe, welche Christi Jünger vor und nach seiner Auferstehung gaben. Denn beide Taufen waren ein Zeugnis der Vergebung der Sünden und ein Bad der Wiedergeburt. Darum ist es nicht zweierlei, sondern einerlei Taufen gewesen ist. Und hat Christus selber niemand mit Wasser getauft, wie Johannes der Evangelist im 4. Kapitel bezeugt. Darum muss man dies, was Johannes der Täufer hier von der Taufe Christi meldet, von den wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes verstehen. Und macht Johannes einen Unterschied unter den Personen, nämlich zwischen ihm und Christus, als dem Herrn und Knecht. Er demütigt sich auch gegen Christus, so viel er immer kann, auf dass man ihn ja nicht für Christus selbst ansehe. So sind alle rechtschaffenen Heiligen zu jeder Zeit auch gesinnt gewesen, dass sie sich für zu wenig und gering dazu geachtet, die ihrem Herrn Christus sollten die Schuhe nachtragen, denn solch einer Art zu reden war damals gebräuchlich, wenn man einer Person tiefe Demut und große Unwürdigkeit sagen wollte. Viel weniger haben sie zugegeben und gestattet, dass man ihnen etwas von dem Amt des Mittlers, welches Christus allein gehört, zugemessen hätte. Darum wird den Heiligen keine Ehre damit gezeigt, wenn sie als Mittler angerufen werden, oder dass auf ihre Verdienste meine Hoffnung gesetzt wird. Wir sollen auch von Johannes die rechtschaffene und wahre Demut lernen, dass wir uns nicht mehr zueignen, als uns zusteht. Besonders widersteht Gott den Hoffärtigen, den Demütigen aber gibt er Gnade {1Petr 5}.
12. Und er hat seine Worfschaufel in der Hand; er wird seine Tenne fegen und den Weizen in seine Scheune sammeln; aber die Spreu wird er verbrennen mit ewigem Feuer.
Fegen: Das heißt, Christus wird sein Evangelium predigen. Da wird bald ein großer Unterschied unter den Leuten sich zeigen. Denn die Auserwählten werden das Evangelium Christi annehmen, und dann in eine Kirche, wie die reinen, ausgelesenen Körner, versammelt werden. Welche aber in einen verkehrten Sinn gegeben wurden, werden sich vor dem Evangelium scheuen und es nicht annehmen wollen. Aber am Jüngsten Tage wird er die völlige Absonderung des Weizens von der Spreu machen. Also dass die Auserwählten werden zur ewigen Freude und Herrlichkeit eingehen, die Gottlosen aber ins ewige höllische Feuer zu einigen verstoßen werden. Denn es wird zwar schon hier die Absonderung der Frommen von den Gottlosen angefangen. Aber doch bleiben noch viel Heuchler in der Kirche, welche wie Spreu sind, äußerlich zwar ein Ansehen haben, wie das gute Korn, sind aber nichts als Spreu. Denn sie haben Christus mit wahrem Glauben nicht ergriffen. Es soll aber diese Bedrohung vom ewigen Feuer erinnern, dass wir uns vor den Heuchlern fleißig hüten, und unseren Glauben mit einem recht gottseligen Wandel bezeugen. Es brauchen aber Christus, die Apostel, und Johannes der Täufer oft ganz einfache und jedermann wohlbekannte Gleichnisse, vom Acker oder Ackerbau genommen, auf das, wo wir mit den Augen uns hinwenden, wir Prediger vor uns haben, welche uns, wenn wir sie nur ansehen, von göttlichen Sachen, und was zu unserer Seligkeit gehört, lehren können. Und werden die Kirchendiener bei diesen Gleichnissen erinnert, dass sie ihren Zuhörern viel mehr nützliche als spitzfindige Sachen vorbringen sollen.
13. Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe.
Zu: Jetzt folgt die Geschichte von der Taufe Christi. Diese haben Markus im ersten und Lukas im dritten Kapitel auch beschrieben. Denn als Johannes ein großes Ansehen bekommen hatte und viel Volks an allen Orten zusammenlief, ihn zu hören, da war es an der Zeit, dass Christus auch nicht mehr als ein einfacher Mensch umherlief, sondern als der Messias hervorkäme und sein Amt in der Kirche zu lehren anfinge. Er hat aber zuvor von Johannes die Taufe empfangen wollen.
Aus Galiläa: Wo er erzogen und bei seinen Eltern als ein einfacher Mensch gelebt hatte.
Taufen ließe: Denn gleich, wie Christus seinem himmlischen Vater gehorsam gewesen war, da er die Beschneidung empfangen hat, die er doch für seine Person nicht bedurft hätte. Also hat er dem Vater auch Gehorsam geleistet und den Empfang der Taufe, die er genauso wenig benötigt hatte, weil er nie eine Sünde getan und in dessen Munde kein Betrug gefunden wurde. Er hat sich aber dieser Taufe gestellt, auf dass er eben damit auch bekenne, wie er fremde Sünden auf sich genommen hat, nicht dass er sie wollte tun, sondern sie abzutragen und zu versöhnen. Und er hat der Taufe ein Ansehen geben wollen, auf dass wir diejenigen könnten niederlegen und überzeugen, welche die Taufe verachten und sagen, oder doch denken, wie soll so ein wenig Wasser zur Seligkeit verhelfen?
14. Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf wohl, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?
Von dir: Als der Geringere vom Größeren, und der Knecht vom Herrn.
Zu mir: Dass ich dich taufen soll, was ich weit von mir stoße, dass ich mir die Gewalt nehme und zumesse, gerade als ob Du meiner Taufe nötig hättest, da Du doch der Sohn Gottes und der Messias, ein Herr der Taufe bist. Obwohl nun diese Höflichkeit Johannes bei dieser Sache nicht nachgab. Denn man muss nicht darauf sehen, wie würdig oder unwürdig der Kirchendiener ist, welche die Sakramente austeilt. So ist jedoch des Johannes Demut zu loben und nachzufolgen. Indem er sich mit höchstem Fleiß hütet, dass sich niemand die Ehre des Messias anlegt.
15. Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass jetzt also sein; also gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er es ihm zu.
Alle Gerechtigkeit: (Luther) Wird erfüllt, wenn wir uns alle unsere Gerechtigkeit und Ehre vornehmen, dass Gott allein für den gehalten werde, der gerecht sei und gerecht mache die Gläubigen. Dieses tut Johannes, so er sich seiner Gerechtigkeit entäußert und will von Christus als ein Sünder getauft, und gerechtfertigt werden. Dies tut auch Christus, so er sich seiner Gerechtigkeit und Ehre nicht annimmt, sondern lässt sich taufen und töten, als ein anderer Sünder.
Gerechtigkeit: Das bedeutet: Es muss ein jeder sein Amt verrichten, und es ist jetzt mein Amt, dass ich die Taufe empfange. Aber dir steht es des Amtes wegen zu, dass Du sie mir austeilst. Darum tun wir beide recht, wenn ein jeder sein Amt ausführt. Denn dann geht es wohl zu in der Kirche, im weltlichen Regiment, in der Hauswirtschaft, wenn ein jeder seinen Beruf mit Fleiß ausführt, sein Amt nicht versäumt, noch in eine fremde Verwaltung eindringt.
Ihm zu: Und gehorchte Johannes Christus, dass er ihn taufte. Denn die missbrauchen sich der Höflichkeit, welche von ihrer einmal gefassten Meinung nicht abstehen wollen. Da aber Christus hier im 30. Jahr seines Alters, und dazu im Jordan, von dem heiligen Mann Johannes getauft wurde, wird uns durch solche Umstände nichts vorgeschrieben. Denn die Taufe, so im Namen des Vaters, Sohnes, und des Heiligen Geistes geschieht, ist ein Bad der Wiedergeburt, sie werde gleich mitgeteilt, zu welcher Zeit, aus welchem Wasser und welchen Alters ein Mensch sein mag.
16. Und da Jesus getauft war, stieg er bald herauf aus dem Wasser; und siehe, da tat sich der Himmel auf über ihm. Und Johannes sah den Geist Gottes gleich als eine Taube herabfahren und über ihn kommen {Mk 1v10 Lk 3v21 v22 Joh 1v32}.
Himmel auf: Dass man gesehen hat, wie sich der Himmel über ihm gespalten hat, welches ein Zeichen gewesen ist, dass uns durch Christus der Zugang zum Himmel geöffnet ist.
Geist Gottes: Nämlich den Heiligen Geist, welcher auf den Menschen Christus herabgefahren, anzuzeigen, dass Christus der Heilige Geist nicht nach dem Maß, sondern völlig gegeben ist {Joh 3}.
Taube: Es erscheint aber der Heilige Geist in Gestalt einer Taube, auf dass er uns lehre, wie er ein Geist der Aufrichtigkeit, Einfalt und Liebe ist. Denn der böse Geist ist tückisch und verschlagen (auch in seinen Gliedern), dazu ein Anstifter allen Hasses und aller Feindschaft.
17. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe {Lk 9v35 2Petr 1v17}.
Wohlgefallen habe: Offenbart sich also hier die ganze Heilige Dreifaltigkeit. Der Vater, mit der Stimme: der Sohn, in seiner Menschheit, am Ufer des Jordans. Der Heilige Geist in Gestalt einer Taube. Auf dass wir unseren Glauben stärken von einem Gott und den drei Personen in der Gottheit. Und dass wir es für gewiss halten, dieser Jesus von Nazareth, der von Johannes im Jordan getauft wurde, sei der versprochene Messias und Heiland der Welt. Der wird aber der Sohn Gottes genannt, nicht dass er es von Kindes statt an angenommen hat, wie wir, sondern wegen seiner ewigen Geburt, damit er vom Vater geboren ist. Daher er auch am anderen Ort der eingeborene Sohn Gottes genannt wird {Joh 1}. Damit er von anderen Söhnen unterschieden würde, die an Kindes statt aufgenommen wurden. Wie aber der Mensch einen Menschen, und keine andere Art zeugt. Also hat Gott der Vater, Gott den Sohn, wahren Gott, ihn gleich und eines Wesens mit ihm von Ewigkeit gezeugt. Die Stimme des Vaters ist genommen aus den Verheißungen des Alten Testaments. Denn diese Worte (dies ist mein Sohn) stehen im zweiten Psalm, da gesagt wird: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Und in 2. Samuel 7 steht von Christus geschrieben: Ich will sein Vater sein, und er soll mein Sohn sein. Die anderen Worte (an dem ich Wohlgefallen habe) sind genommen aus dem Propheten Jesaja Kapitel 42, da der himmlische Vater also von Christus redet: Siehe, das ist mein Knecht, ich erhalte ihn, und mein Auserwählter, an welchem meine Seele Wohlgefallen hat. Wenn es denn Gott der himmlische Vater nicht verdrossen hat, aus der Schrift zu reden, wie viel mehr gebührt es den Kirchendienern, dass sie solches tun. Es hat aber der himmlische Vater ein solches Wohlgefallen an diesem, seinem eingeborenen Sohn, dass er um seinetwillen alle, die an ihn glauben, mit väterlicher Gnade annehmen wolle. Darum Paulus spricht {Eph 1}: Er hat uns angenehm gemacht in dem Geliebten. Das heißt, der himmlische Vater hat uns lieb und wir sind ihm angenehm um seines lieben Sohnes willen, welcher will, dass wir seine Miterben sein sollen.
Das 4. Kapitel
- Christus wird dreimal vom Satan versucht, und überwindet ihn dreimal mit der Heiligen Schrift, befiehlt ihm auch, endlich wegzugehen. Als Johannes ins Gefängnis gelegt wird, geht Christus nach Kapernaum und fängt an, öffentlich zu lehren, und beruft Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes zu Gehilfen. Er durchzieht ganz Galiläa, heilt allerlei Krankheiten und bekommt aus allen Orten einen großen Zulauf vom Volk.
1. Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, auf dass er von dem Teufel versucht würde.
Da: Nachdem Christus zum Propheten, Priester und König gesalbt worden war, nicht mit äußerlichem Öl, sondern mit dem Freudenöl {Ps 45}, nämlich, mit dem Heiligen Geist, auch mit der Stimme des himmlischen Vaters für den Sohn Gottes öffentlich bekannt gemacht. Also das nunmehr offenbar würde, er wäre der wahrhaftige Messias und Heiland der Welt, ist er, ehe er angefangen hat zu predigen und Wunderzeichen zu tun, vom Teufel versucht worden. Und hat mit dem Feind des menschlichen Geschlechtes in der Wüste einen Kampf Mann gegen Mann ausgestanden. Wie auch David, nachdem er von Samuel zum König gesalbt worden war, wider dem Philister Goliath gekämpft, und uns damit angezeigt seine Stärke und Fürsorge zur Erhaltung des Volkes Gottes. Es beschreiben aber diese Geschichten der Versuchung Christi auch die anderen Evangelisten, Markus und Lukas.
Vom Geist: Also, dass er nicht aus eigener Willkür oder Vorwitz sich in die schreckliche Wüste und große Gefahr begeben hat, sondern aus Anregung und Antrieb des Heiligen Geistes dahin gekommen ist. Denn es soll sich keiner aus freiem Willen in Gefahr begeben. Wenn wir aber in unserem Beruf eine Gefahr ausstehen müssen, so sollen wir nicht zweifeln, Gott werde uns mit seiner Hilfe beistehen. Da wir auch aus Unvorsichtigkeit oder Mutwillen uns selber in Gefahr gestürzt haben, sollen wir darum nicht verzagen, sondern unsere Sünde und unser Unrecht erkennen und Gott den himmlischen Vater um Hilfe anrufen, so wird er uns beistehen, auf das wenigstens die Seele gerettet werde, wenngleich das zeitliche Leben darauf gelassen werden sollte.
Versucht würde: Denn obwohl der Teufel kein Recht noch Gewalt zu Christus gehabt hatte, so hat sich jedoch Christus um unseretwillen erniedrigt und gedemütigt {Phil 2}, auf dass er wahrhaftig könnte versucht und geängstigt werden. Er hat aber mit dem Satan einen Kampf antreten wollen, wider ihn streiten und ihn überwinden, auf dass uns sein Sieg vor dem Gericht Gottes zugerechnet würde. Denn wir liegen im Streit gegen den Teufel oft unten, wenn er uns versucht. Es hat auch Christus die Beschwerden und Gefälligkeiten der Anfechtungen erfahren wollen, auf dass er denen, die versucht werden zu Hilfe kommen könnte {Hebr 2}, und hat bald nach der Taufe versucht, uns zu erinnern, dass unser Leben, nachdem wir getauft wurden, viel Anfechtung ausstehen muss. Darum sollen wir die Anfechtung überwinden mit dem Worte Gottes, immer damit gewappnet und gerüstet sein {Eph 6}. Weil auch Christus das Evangelium predigen sollte, so ist er zuvor vom Satan versucht worden, auf dass die Kirchendiener sich erinnerten, wie nützlich und notwendig ihnen die Anfechtungen sind, damit sie des Teufels List erkennen und die Angefochtenen stärken und trösten können. Daraus ist ein Sprichwort gekommen: Das Lesen, Betrachten, Beten und die Anfechtung, machen einen guten Prediger.
2. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn.
Gefastet hatte: Dieses Fasten ist nicht natürlich, sondern ein Wunderwerk gewesen, welches kein Mensch aus seinen eigenen Kräften nachtun kann. Denn dass Mose und Elias auch so viel Tage und Nächte gefastet haben, ist durch göttliche Kraft und Hilfe geschehen. Darum ist das vierzigtägige Fasten im Papsttum (wie man es nennt) umsonst angerichtet worden, als sollte es eine Nachfolge Christi sein. Denn der Katholiken Fasten ist eine Heuchelei und nichts als Betrug, weil sie nicht ganze vierzig Tage und Nächte aneinander fassten, ja sie fasten nicht einen einzigen Tag, sondern essen wenigstens des Tages einmal, damit es heißen solle und möge, sie haben bis zum Abend gefastet und nur zur Nacht gegessen, singen sie zu Mittag, wollen also unseren Herrn die Augen verdunkeln, dass es als ein verdientes Fasten vor ihm sein müsse. Aber Gott lässt sich nicht spotten, und hat die halten im Brauch, dass sie fasten bis an den Abend, da die Sonne untergegangen war. Welches Fasten doch auch nicht dahin angesehen werden kann, dass sie damit meinten, Vergebung der Sünden zu bekommen und ihre Sünden bei Gott abzutragen, wie es im Papsttum geschieht, sondern man hat damals in der Kirche ein allgemeines Fasten angestellt, auf dass jedermann von der Größe, der zur selben Zeit herannahenden Gefahr erinnert würde, diese ihm wohl angelegen bleibe und zu Herzen gehe. Das Gebet dann eifriger und inbrünstiger wäre. Ein solches Fasten hat der König zu Ninive angesetzt {Jon 3}. Und findet man gleiche Beispiele in der Schrift. Nach dieser Meinung mag auch ein jeder sein eigenes Fasten halten, damit er später im Gebet umso eifriger sei. Weiter ist den Christen ein tägliches Fasten auferlegt. Nämlich, dass sie nüchtern sind, hütet euch (spricht Christus) dass eure Herzen nicht beschwert werden, mit Fressen und Saufen {Lk 21}. Und Petrus spricht: Seid nüchtern und wacht, denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge {1Petr 5}. Der Evangelist Lukas meldet, Christus sei vierzig Tage lang von dem Teufel versucht worden. Was das aber für Versuchungen gewesen, wird nicht ausgedrückt, darum ist es nicht nötig, dass man mit einem Vorwitz dieser Weise nachforsche. Wir wollen von denen hören, die in der Heiligen Schrift erzählt werden.
3. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden.
Versucher: Nämlich, der Teufel vielleicht in angenommener menschlicher Gestalt.
Brot werden: Denn Du hast vor einigen Tagen eine Stimme gehört, welche gesagt hat, Du bist Gottes Sohn. Ist es wahr, so bist Du auch allmächtig, darum brauchst Du nur ein Wort sprechen, so werden alle Steine in dieser Wüste Brot werden, damit Du dich des Hungers wehren kannst. Kannst Du denn solches nicht machen, so sieh selber zu, ob Du nicht mit der Stimme betrogen wurdest und gar nicht der Sohn Gottes bist. Diese Versuchung hat dem Herrn Christus einen harten Stoß gegeben, weil er damals im Stande seiner Erniedrigung gewesen ist. Gleichwie Christus gelitten hat, als er das Wort hörte (wie Iränius, ein alter Kirchenlehrer redet), auf dass er sterben könnte. Also ist er auch versucht worden, auf dass er die Angst der Versuchung empfinden könnte. Ist damals Christus wahrhaftig so gesinnt und von Natur gewesen wie ein anderer Mensch (doch ohne Sünde), der etliche Tage in der Wüste umhergewandert und keinen Menschen gesehen hat, der ihm helfen könnte, auch nicht seine Lage zu verbessern, sodass er dachte, Hungers zu sterben. Diese Versuchung hat Christus erfahren wollen, auf dass er uns, wenn wir der Nahrung wegen angefochten werden, helfen könne. Denn eben damit liegt der Teufel den Gliedern Christi immer in den Ohren. Siehe (spricht er), Du bist getauft, und überredet dich, Du seist ein Kind Gottes, lebst aber in großer Armut, hast viel Personal, deine Güter nehmen nicht zu, sondern ab. Darum achtet Gott deiner nicht, und Du bist sein Kind nicht, sonst würdest Du Gottes reichen Segen empfinden. Aber Du wirst endlich mit den deinen jämmerlich des hungers sterben müssen und verderben, und also in der Tat erfahren, dass Du zu keinem Kind Gottes niemals aufgenommen worden bist.
4. Und er antwortete und sprach: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot alleine, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht.
Und: Folgt jetzt, wie Christus als ein Mensch, diese Versuchung des Teufels abwehrt, auf dass auch wir lernen, womit wir den Satan überwinden sollen.
Geschrieben: In der Heiligen Schrift. Macht also Christus, da er dem Angriff des Teufels widerstehen will, nicht mit der Hand ein Kreuz vor sich. Nimmt auch kein Weihwasser, oder geweihte Kräuter, viel weniger spricht er einen zauberhaften Segen, sondern er nimmt das Schwert des göttlichen Wortes und schlägt den Teufel damit. Also sollen auch wir mit dem Worte Gottes gut gewappnet und bewahrt sein, auf das, wenn uns der Satan mit irgendeiner Versuchung angreift, wir ihm bald einen klaren Spruch der Heiligen Schrift entgegensetzen können. Da wir uns durch Fasten drauf gründen und den Teufel wegtreiben sollen, auch Zeugnis der Heiligen Schrift uns mit keiner Deutelei oder Verkehrung aus dem Herzen reißen lassen. Denn dies Schwert des Geistes gibt uns der Apostel Paulus {Eph 6}, wenn wir gegen den Satan streiten sollen.
Gottes geht: Diese Worte sind genommen aus dem 5. Buch Mose, Kapitel 8, da steht: Er (der Herr) demütigt dich (es redet aber Mose solches zum ganzen Volk Israel) und ließ dich hungern, und speiste dich (danach) mit Manna, das Du und deine Väter nie gekannt hatten, auf dass er dir kundtäte, dass der Mensch nicht lebt vom Brot allein, sondern von allem, das aus dem Munde des Herrn geht. Das heißt, Gott der Herr ließ es geschehen, dass die Israeliter in der Wüste mit Hungersnot angefochten und geplagt wurden, besonders da die Speise, die ihr aus Ägypten mitgenommen hattet, verzehrt war. Aber doch, weil Gott euch hatte aus Ägypten befohlen zu ziehen, hat er daran gedacht, dass er euch durch sein Wort hinaus in die Wüste schickte, und wollte euch den Hunger und den Tod in der Wüste vor Augen stellen. Aber er gab euch das Manna, oder Himmelsbrot, welche Speise weder ihr noch eure Väter zuvor jemals gesehen hattet. Damit Gott lehren wollte, dass er sein Wort, dadurch er jemand seinen Beruf auflegt, so achten will, dass er ihn viel eher mit übernatürlicherweise Speise unterhalte, als dass er ihn in seinem Beruf hungers sterben ließe, wenn auch gleich keine äußerlichen Mittel vorhanden sind. Darum soll ein jeder in seinem Beruf sehen und glauben, Gott werde ihn mit Nahrung versehen, wenn er nur in solchem Beruf seiner Arbeit getreu nachkommt. Denn Gott ist nicht untreu, dass er ein Amt auflegt, und ihm in seinem Wort befiehlt, er solle in diesem fleißig sein, daneben aber seiner nicht achte und in Hunger sterben lasse. Und soll darum der Nahrung wegen nicht verzagen, wenn auch gleich keine äußerlichen Mittel vorhanden sind. Den Propheten Elia haben die Raben eine Zeit lang ernährt {1Kön 17}. Wenn es aber manchmal, was doch selten geschieht, sich zuträgt, dass fromme Leute Hunger sterben, solche muss man unter die Märtyrer rechnen. Und hat Gott darum seine Verheißung nicht vergessen, sondern, wie er seine gläubigen Kinder zwar schützt, und dennoch daneben zulässt, dass etliche als Märtyrer gekrönt werden. Also ernährt er auch seine Kinder, und lässt doch etliche wenige des hungers sterben, nicht dass er sie nicht lieb hätte, sondern dass er ihren Gehorsam offenbar machen lässt, indem sie Gott viel mehr gehorchen wollen, als durch ungebührliche Mittel wie Raub oder Betrug, ihre Nahrung zuwege bringen. Solchen Gehorsam wird Gott mit himmlischer Herrlichkeit belohnen, wenn sie um des Bekenntnisses willen des Namens Christi getötet werden. Wir aber sollen diesen Spruch, den Christus dem Teufel entgegengehalten hat, uns erinnern und Gott vertrauen, dass wir nicht mit Sünden und Lastern Güter sammeln. Denn der Mensch lebt nicht davon, dass er viel Güter hat, wie Christus selbst in Lukas 12, bezeugt.
5. Da führte ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels.
Da: Nun folgt die andere Versuchung, welche wir auch betrachten wollen. Denn als der Satan gesehen hat, dass Christus mit der Versuchung der Kleinmütigkeit nicht gefällt werden konnte, sondern dass mit einem starken Vertrauen von seinem himmlischen Vater die nötige Nahrung und Beistand gegenwärtig wäre, greift er ihn mit einer anderen, sehr widerwärtigen Versuchung an, und untersteht sich, Christus zu einer unbedachten Verwegenheit und Vermessenheit zu überreden, dass er sich ohne Not in eine Gefahr begeben soll. Denn wenn der Satan einen Menschen mit einer Anfechtung nicht überwinden kann, so nimmt er eine andere in die Hand und untersteht sich mit einer anderen Versuchung, die der vorigen häufig zuwider ist, ihn zu Fall zu bringen. Darum müssen wir allerlei Anfechtungen überwinden, mit dem Worte Gottes gerüstet und gefasst sein.
Zinne: Es sieht so aus, als ob Christus durch des Satans Gewalt, dem er sich nicht widersetzt, in einem Augenblick aus der Wüste in die Stadt Jerusalem weggeführt, auf die Zinne des Tempels gestellt worden ist. Gleichwie Philippus von dem guten Geist Gottes in die Stadt Asdod gebracht wurde, da er vorher die Königin aus dem Mohrenlande getauft hatte {Apg 8}.
6. Und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so lass dich hinab; denn es steht geschrieben: Er wird seinen Engeln über dir Befehl tun, und sie werden dich auf den Händen tragen, auf dass du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.
Befehl tun: Dass sie für dich sorgen und gut acht auf dich haben.
Stein stoßest: Darum musst Du dich keiner Gefahr besorgen. Denn ich sehe, dass Du deinen himmlischen Vater gut vertraust, daran Du auch recht tust und ich es an dir loben muss. Weil Du aber nun ein so gutes Vertrauen zu ihm hast, nun, so springe von dieser Zinne des Tempels hinab zur Erde, welches dir bei jedermann ein großes Ansehen machen wird, dass die Menschen mit großer Verwunderung sehen werden, viel von dir halten, und es wird dir auch zugutekommen, besonders weil Du bald danach dein Predigtamt antreten und das Volk lehren sollst. Denn sie werden dabei merken und annehmen, dass Du ein himmlischer Lehrer und wegen deiner Wunderwerke berühmt bist. So gibt es bei dir ganz und gar keine Gefahr dabei, weil auch die Heilige Schrift bezeugt, wie Gott frommer Leute Wohlfahrt ihm angelegen ist, dass er ihnen auch die Engel zu Hütern gibt, damit ihnen kein Leid widerfahre. Es nimmt aber der Teufel häufig auch die Heilige Schrift, doch in einem verkehrten Verstand. Denn also lauten die Worte des 91. Psalm daraus dieser Spruch genommen ist: Er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen. Es ist auch gewiss, dass den Engeln frommer Leute Schutz befohlen ist {Hebr 1}. Dass aber dennoch fromme Christen häufig Unfälle haben, solches geschieht aus keiner Fahrlässigkeit der Engel, sondern weil die frommen auch das Kreuz tragen müssen, auf dass sie dem Ebenbild des Sohnes Gottes ähnlich werden {Röm 8}. Nichtsdestoweniger werden sie unter dem Kreuz von den Engeln behütet, dass sie nicht in großes Unglück geraten. Wenn aber der Satan einen Menschen nicht kleinmütig machen kann, so reizt er ihn zum Übermut, dass er außer seinem Beruf große und schwere Dinge zu verrichten anfängt, und überredet ihn, dass es ihm gut vonstattengehen würde, wenn er die Sache nur schnell angreife. Aber es soll ein jeder in seinem Beruf bleiben, damit er nicht durch des Teufels List in das Verderben gestürzt wird.
7. Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben: Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen {5Mos 6v16}.
Nicht versuchen: Denn ich weiß wohl, dass den frommen Leuten die Engel als Hüter gegeben sind, aber nur wenn sie in ihrem Beruf bleiben und Gott nicht versuchen, noch aus Frevel sich vornehmen, was Gott nicht will, dass es geschehen soll, auch nicht verheißen hat, dass er es befördern wolle. Man sieht hier wieder, wie Christus mit dem Schwert des Wort Gottes den Teufel schlägt. Wenn wir so versucht werden, so sollen wir den Satan mit gleichen Waffen überwinden. Ferner hat man auch zu beachten, dass es Christus durch die Schrift erklärt: Also sollen wir auch tun, dass wir uns gegenseitig an die Schrift halten, den wahren und eigentlichen Verstand herausbringen und behalten, wider der Katholiken und Sektierer Verfälschungen und des Satans Anfechtungen. Denn obwohl die Schrift immer wahrhaft ist, so ist doch der Verstand nicht recht, wenn der Satan die Schrift gebraucht. Wir sollen uns aber hüten, dass wir Gott den Herrn nicht versuchen, welches geschieht, wenn wir in irgendeinem Tun den ordentlichen Weg verlassen, einen anderen gehen, der entweder von Gott verboten ist, oder doch keine Verheißung der göttlichen Hilfe innehat.
8. Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit.
Wiederum: Jetzt folgt die dritte Versuchung. Denn der Satan weicht nicht so schnell, wenn er auch schon zwei oder dreimal überwunden wurde, darum ist Geduld und Standhaftigkeit nötig. Es handelt die dritte Versuchung von den Gütern, Ehre und Gewalt dieser Welt, um welcher Willen die Leute, damit sie diese erlangen mögen, sehr oft der Gottseligkeit den Rücken kehren.
Berg: Allerdings, wie er ihn zuvor auf die Zinne des Tempels gebracht hatte.
Herrlichkeit: Welche er ihm vorgehalten und erzählt hat.
9. Und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest.
Das alles: Nämlich, alle diese Königreiche und Güter, welche mir übergeben sind, und ich sie geben mag, wem ich will {Lk 4}.
Anbetest: Dass Du mich für deinen Herrn und Obersten erkennst, und bereit bist zu tun, was ich dir gebieten werde. Dies ist ein ganz unverschämtes Tun von diesem bösen Geist gewesen, dass er von Christus göttliche Ehre begehrt und er ihn anbeten soll. Was er denn wohl auch von uns begehren möchte. Darum sollen wir ebenso beherzt und mutig solches abschlagen, wenn er so verwegen mit seiner Forderung kommt. So lügt auch der Teufel auf das Allerschändlichste, da er sagt, ihm sind alle Reiche der Welt gegeben, und er gebe sie wiederum, wem er wolle. Denn wenn auch schon der Satan ein Fürst dieser Welt genannt wird, darum, dass er durch die Sünde unter dem menschlichen Geschlecht grausame Wüterei treibt, und die Gottlosen nach seinem Wohlgefallen regiert und treibt, so steht es doch nicht in seiner Willkür oder Gewalt, die Königreiche zu geben oder zu nehmen. Sondern es steht geschrieben: Gott hat Gewalt über der Menschen Königreiche, und gibt sie, wem er will {Dan 4}. Es kämpft auch noch heute der Satan gegen viele mit dieser Versuchung, und stürzt sie zum einen Teil dadurch ins Verderben, indem er ihnen große Gewalt, Ehre und Reichtum vorstellt, wenn sie die rechte Religion verlassen und der Abgötterei sich hingeben. Aber das ist nicht der richtige Weg, Güter und Herrlichkeiten zu erlangen, und führt der Teufel oft diejenigen schändlich, welche ihm um zeitlichen Geldes und um der Herrlichkeiten willen einen Gefallen tun. Zu dem, was nützte es einem Menschen, wenn er gleich die ganze Welt gewänne, legte aber Schaden an seiner Seele {Mt 16}?
10. Da sprach Jesus zu ihm: Heb‘ dich weg von mir, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten Gott, deinen Herrn, und ihm allein dienen.
Heb: Verschwinde in den Abgrund der Hölle, Du verfluchter und verdammter Geist. Und treibt Christus den Teufel mit großem Zorn von sich, dass er so gotteslästerliche Reden wider Gott ausstößt, und als ein Gott angebetet werden will. Also sollen wir mit großem Eifer brennen, wenn wir Lästerungen gegen Gott hören, was aber sonst uns an unsere Person für Schmach angelegt wird, das sollen wir geduldig tragen.
Geschrieben: {5Mos 6v13}. Christus schlägt also wiederum seinen Feind, den Satan, mit dem Schwert des Wortes und jagt ihn damit von sich.
Allein dienen: Weil demnach die Ehre des Anbetens und solcher Gottesdienst keiner Kreatur, sondern allein dem einigen wahren Gott in drei Personen gebührt und zusteht, warum sollte ich denn dich Satan als den allerschändlichsten Geist anbeten? Wir sollen uns diesen Spruch gut merken, auf dass wir Gott fürchten, und ihm allein dienen, auch von dieses einigen Gottes rechten und wahren Gottesdienst, entweder durch Reichtum, Herrlichkeit, oder weltliche Gewalt niemals abwendig machen lassen. Denn dieser wird uns das ewige Himmelreich geben. Wir sollen auch die Heiligen nicht anbeten, viel weniger den Bildern göttliche Ehre erzeigen. Damit wird im Papsttum viel Abgötterei getrieben. Denn sie fallen vor den Bildern nieder und erbitten von den Heiligen solche Sachen, die man allein von Gott begehren soll. Darum, ob sie wohl sich damit herausreden und entschuldigen wollen, dass sie den Heiligen und ihren Bildern keinen Gottesdienst, sondern nur einen Dienst erzeigen, so bezeugen sie doch das Gegenteil mit der Tat. Deshalb werden sie bei Gott keine Entschuldigung haben.
11. Da verließ ihn der Teufel; und siehe, da traten die Engel zu ihm und dienten ihm.
Verließ ihn: Eine Zeit lang, wie Lukas meldet in Kapitel 4. Denn Gott lässt uns von der Anfechtung ein wenig Ruhe, auf dass wir später des Teufels neue Anfechtungen mit mehr Stärke und Freudigkeit überwinden können.
Dienten ihm: Obwohl nun die Engel dem Sohn Gottes, als ihrem Schöpfer und Herrn die Herrlichkeit und den Dienst tun, jedoch obwohl wir Glieder Christi sind, so dienen uns die Engel auch so, dass sie unsere Wächter sind, und uns beistehen, wenn wir in unserem Beruf gottselig wandeln {Hebr 1}.
12. Da nun Jesus hörte, dass Johannes überantwortet war, zog er in das galiläische Land {Mk 1v14 Lk 4v14 Joh 4v43}.
Überantwortet war: In das Gefängnis, in das ihn König Herodes hatte legen lassen. Welches durch Gottes Verhängnis so ergangen ist, als Johannes sein Amt zum größten Teil verrichtet und zu Ende gebracht hatte, und er selber sagte, Christus müsse wachsen, er aber abnehmen {Joh 3}. Denn wie Markus meldet, so hatte Herodes seine Diener ausgesandt und Johannes ergreifen und in das Gefängnis legen lassen, um Herodias willen, seines Bruders Philipp Weib, denn er hatte sie geheiratet. Johannes aber sprach zu Herodes. Es ist nicht richtig, dass Du deines Bruders Frau hast {Mk 6}. Denn Gott lässt oft auch die allerfrömmsten und gottseligsten Männer in einer guten Sache unterliegen und unterdrücken. Trotzdem aber erhält er sie zum ewigen Leben und bringt die Sache, welche das Ansehen hat, als wäre sie bereits verloren, durch andere gute Personen zum bestimmten Ende. Denn da Johannes im Gefängnis lag, und Christus floh, meinte man, es wäre um das Evangelium Christi geschehen. Trotzdem ist das selbige bald danach in Juda und Galiläa und endlich auch in der ganzen Welt ausgebreitet worden. Darum sollen wir in Widerwärtigkeiten nicht verzagen. So hat auch Gott der Herr Johannes lassen in Trübsal geraten und geplagt werden, auf dass er zu erkennen gebe, wie diejenigen, welche er liebt, dem Ebenbild seines Sohnes werden müssen, auf dass wir (wie auch der Herzog unserer Seligkeit Christus) durch viel Trübsal in das Himmelreich gehen {Apg 14}. Daneben werden wir erinnert, dass wir von der Menschen Frömmigkeit oder Bosheit, nicht nachdem es mit ihnen in diesem Leben einen Ausgang nimmt, urteilen sollen. Weil es in dieser Welt den Frommen oft übel und den Gottlosen so gut geht. Darum muss man notwendig von einem anderen Leben wissen, in welchem die Gottseligkeit mit ewiger Freude und Herrlichkeit belohnt, und die Bosheit dagegen mit ewiger Qual und Pein gestraft wird.
13. und verließ die Stadt Nazareth, kam und wohnte zu Kapernaum, die da liegt am Meer, an den Grenzen Zabulons und Nephthalims,
14. auf dass erfüllt würde, was da gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht:
Erfüllt Würde: Der Evangelist Matthäus hat diese Weise, dass er die Weissagungen des Alten Testaments von Christus und seinem Reich fleißig auf Christus deutet, und damit beweise, dass er der verheißene Messias ist. Darum zeigt er jetzt an, dass es nicht ohne Grund geschehen, dass Christus an die Grenze Zabulon und Nephthalim gekommen ist, sondern dass die Weissagungen der Propheten Jesaja, Kapitel 9 ihre Erfüllung erreichten.
15. Das Land Zabulon und das Land Nephtalim am Wege des Meers, jenseits des Jordans, und das heidnische Galiläa.
Heidnische Galiläa: Das heißt: Das Land Galiläer, welches am Jordan dem Meer liegt und vorzeiten von den Heiden bewohnt, schlecht und gering geachtet gewesen, ist später herrlich und berühmt geworden, nämlich, durch die Reisen des Messias, der an denselben Orten das Evangelium gelehrt und Wunderzeichen getan hat. Und redet der Prophet am selben Ort von zukünftigen Dingen, als wenn sie bereits geschehen wären, von wegen der Gewissheit ihrer Prophezeiungen, dass sie unfehlbar müssen erfüllt werden.
16. Das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen, und die da saßen am Ort und Schatten des Todes, denen ist ein Licht aufgegangen.
Licht aufgegangen: Denn solange die Leute ohne das Evangelium leben, sitzen sie wahrhaft in trauriger und tödlicher Finsternis, was das ewige Verderben mit sich bringt. Wenn aber das Evangelium rein verkündigt wird, so leuchtet den Menschen ein seligmachendes Licht unter die Augen, oder vielmehr im Herzen, welches ihnen zum ewigen Leben zündet. Darum sollen wir Gott bitten, dass er das Licht seines Wortes bei uns nicht verlöschen lässt.
17. Von der Zeit an fing Jesus an zu predigen und zu sagen: Tut Buße; das Himmelreich ist nahe herbeikommen!
Zu predigen: Öffentlich: Denn darum ist er in die Welt gekommen, nicht nur, dass er durch sein Leiden und seinen Tod für unsere Sünden genug täte, sondern auch, dass er das Evangelium lehrte, und den väterlichen Willen Gottes gegen uns öffnete, auf dass er also die zerschlagenen Herzen heilte {Jes 61}. Darum, da Christus nun getauft und versucht worden ist, macht er den Anfang, öffentlich zu lehren und zu predigen.
Herbeikommen: Denn Gott bietet jetzt auch seine Gnade und Güte, Vergebung aller eurer Sünden, und das ewige Leben. Das ist der Inhalt der Predigten Christi gewesen, dass er die Leute zur Buße ermahnt, und gelehrt hat, wie den Bußfertigen das Himmelreich offenstehe. Denn das sind beides vornehme und nötige Stücke, dass wir die Sünden erkennen, und davon abstehen. Und dass wir glauben, dass die Bußfertigen vom Himmelreich nicht ausgeschlossen werden. Denn es ist eine große Freude im Himmel, über einen Sünder der Buße tut, als über 99 Gerechte, die der Buße nicht bedürfen {Lk 15}. Es soll aber keiner die Buße aufschieben bis zum Tode, weil die Stunde des Todes ungewiss ist, und welche, die die Güte Gottes, der uns zur Buße ruft, lange verachtet, die können häufig später keine Buße mehr tun, sondern bleiben in ihrer Bosheit verhärtet und verstockt und gehen endlich schrecklich zugrunde. Es hat aber Christus eben das gelehrt und gepredigt, was Johannes der Täufer auch tat. Denn unter den reinen Kirchendienern ist eine wahrhafte und ungefärbte Einigkeit. Welche aber anders lehren, und sich nicht wieder auf den rechten Weg bringen lassen, die soll man meiden {Röm 16}. Sie sollen vom Predigtamt abgesetzt werden, auf dass sie nicht mit der Kirche großes Unheil, wie die Wölfe unter die Herde Christi Wüterei, treiben.
18. Als nun Jesus an dem galiläischen Meer ging, sah er zwei Brüder, Simon, der da heißt Petrus, und Andreas, seinen Bruder, die warfen ihre Netze ins Meer; denn sie waren Fischer.
Meer: Oder großen und breiten Meer im galiläischen Lande, denn die Hebräer nennen ein jedes großes Wasser ein Meer.
Fischer: Welche er sich zu Gehilfen genommen hat, wie später folgen wird. Diese Geschichten erzählen auch Markus im 1. Kapitel und Lukas im 5. Kapitel. Es hat aber Christus zu verschiedenen Zeiten zwölf Apostel berufen, dass sie mit ihm das Evangelium predigten und Zeugen wären, der Lehre, Wunderwerke, des Leidens und der Auferstehung Christi, und nach empfangenen Heiligen Geist am Pfingsttage das Evangelium in der Welt weiter ausbreiteten. Denn es hat Gott gefallen, durch das äußerliche Predigtamt die Leute zu bekehren, zu erleuchten und selig zu machen. Darum welche das Predigtamt des Evangeliums verachten, die stoßen ihre Seligkeit mutwillig von sich. Indem, dass Christus Gehilfen zu sich nimmt, erinnert er uns, dass nicht einer allein alles zu tun sich vermisst anzufangen. Er hat aber zum Apostelamt berufen, einfältige und ungelehrte Leute, Fischer, die vor der Welt kein Ansehen gehabt, anzuzeigen, wie er, was vor der Welt verachtet ist, er wähle, auf dass er, was hoch ist, zuschanden mache, und dass die himmlische Lehre nicht auf menschliche Weisheit gegründet ist, daher denn auch Gottes Majestät in der Kraft des Predigtamtes des Evangeliums desto besser hervorleuchtet. Denn es hat niemand sagen können, dass die Apostel durch ihre Kunst und Geschicklichkeit die Menschen überredeten, dass sie die christliche Religion angenommen hätten. Obwohl nun Christus ungelehrte Leute zum Apostelamt berufen, so hat er sie doch nicht so ungelehrt in die Welt geschickt, sondern sie über vier Jahre bei sich behalten, auf dass sie täglich seine Predigten hörten und seine Wunderzeichen sahen. Endlich aber hat er ihnen am Pfingsttage die wunderbare Gabe des Heiligen Geistes mitgeteilt, dass sie alle Sprachen konnten, die Schrift verstanden, und die Kirche mit großem Nutzen lehren konnten. Darum haben die Wiedertäufer und Schwärmer nichts vorzuweisen, damit sie ihren Frevel und Mutwillen entschuldigen oder beschönigen möchten, wenn sie in das Predigtamt eindringen, mit keiner Kunst anfangen zu lehren, oder mit anderen notwendigen Gaben ausgerüstet sind.
19. Und er sprach zu ihnen: Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen.
Machen: Und euch ein viel besseres Amt übergeben. Denn bisher habt ihr gefischt und Fische gefangen, zur Unterhaltung eures zeitlichen Lebens. Aber ich will euch dazu gebrauchen, dass ihr eine große Menge Leute aus der Welt, als aus einem wüsten wilden und ungestümen Meer, mit dem Wort des Evangeliums der Kirche Gottes versammelt, damit sie zugleich mit euch das ewige Leben erlangen. Darum die Kirchendiener und Prediger, wenn sie das Evangelium Christi lehren und jetzt viel, dann wenig Fische fangen. Manchmal mengen sich auch böse und faule Fische, als Heuchler und Gottlose darunter, aber sie werden endlich aus der Kirche geworfen, wo nicht in diesem, doch in jenem Leben. Wir sollen uns aber mit dem Worte Gottes fangen lassen, auf dass wir nicht in der Welt in gottlosen Wesen verharren und endlich ewig verderben.
20. Bald verließen sie ihre Netze und folgten ihm nach.
Ihm nach: Denn des Herrn Christi Wort ist in ihrem Herzen so kräftig gewesen, dass sie sich von der Stunde an sich seinem Gehorsam ergeben haben. Also will Gott durch das Predigtamt seines Wortes kräftig sein. Und sollen auch wir, wenn wir in ordentlicherweise zu einem Amt berufen werden, uns nicht dagegen sperren, ob es gleich ein Ansehen hat, als wäre der Verlust der Güter, oder auch große Gefahr dabei zu besorgen.
21. Und da er von da weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, im Schiff, mit ihrem Vater Zebedäus, dass sie ihre Netze flickten; und er rief sie.
Flickten: Diese Geschichte erzählt auch Lukas in Kapitel 5. Und passt sich dieses Gleichnis vom Fischfang ganz ordentlich zum Predigtamt des Evangeliums. Denn die Heilige Schrift ist wie das Netz, damit die Fische gefangen werden. Dieses Netz zerreißen die Ketzer, wenn sie die Schrift mit falscher Auslegung verkehren, dass man sie nicht mehr recht gebrauchen kann. Darum muss man es wiederum flicken und ergänzen, also, dass man ihren rechten und eigentlichen Verstand darin zeige, und diesen auch handhabe.
22. Bald verließen sie das Schiff und ihren Vater und folgten ihm nach.
Vater: Das haben sie richtig gemacht, weil Christus sie in einen anderen Beruf rief. Aber die Wiedertäufer verlassen ihre Weiber, Kinder und Güter nicht in christlicher Weise, weil sie solches nicht darum tun, dass sie Christus zu einem anderen Beruf forderte, sondern aus einem schwärmerischen Wahn, den sie halsstarrig behalten und verteidigen, wenn sie gleich ihres Irrtums überzeugt werden, darum haben sie keine Belohnung von Gott zu erwarten. Wenn wir aber um der reinen Lehre des Evangeliums willen die unseren verlassen, so geht die herrliche Verheißung Christi auch an uns, da er spricht: Wer verlässt Häuser, oder Brüder, oder Schwestern, oder Vater, oder Mutter, oder Weib, oder Kinder, oder Äcker, um meines Namens willen, der wird es hundertfältig nehmen, und das ewige Leben ererben {Mt 19}.
23. Und Jesus ging umher im ganzen galiläischen Lande, lehrte in ihren Schulen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte allerlei Seuche und Krankheit im Volk.
Lande: Darin er den Anfang gemacht hat zu predigen, wie auch später in seinem Leiden ihm solches vorgeworfen wurde. Es fasst aber der Evangelist Matthäus hier mit wenig Worten viel und große Sachen kurz zusammen, dass, nämlich, Christus sein Evangelium hin und wieder gepredigt, und seine Lehre mit herrlichen Wunderwerken bestätigt habe.
Schulen: Welches besondere Gebäude und dazu erbaut waren, dass man darin das Gesetz und die Propheten es dem Volk vorlasen und erklärten. Auch hielt man dort das allgemeine Gebet. Die Opfer aber mussten allein im Tempel zu Jerusalem verrichtet werden. Der Fleiß Christi, so er in Verrichtung seines Amtes angewendet, soll uns aufmunternd, dass ein jeder in seinem Beruf auch fleißig sei, und sein Amt nicht nur fahrlässig verrichte.
Evangelium: Dadurch wir gelehrt und unterrichtet werden, was wir tun sollen, dass wir das ewige Leben erlangen. Und erweitert Christus sein Reich nicht mit Waffen, sondern mit der Predigt des Evangeliums. Darum sind die nicht richtig, welche unter dem Schein, das Evangelium zu fördern, wider die Obrigkeit zu Waffen greifen. Auch hat Christus das Evangelium vom Himmelreich gelehrt, und nicht Aristoteles oder Pilatus Fantastereien, auch nicht der Pharisäer Menschensatzungen, so ohne Gottes Wort erdacht wurden. Darum sollen auch wir Gottes Wort und nicht der Menschen Träume predigen. Obwohl nun Christus häufig auch das Gesetz Mose erklärt hat und den rechten Verstand davon gezeigt, so hat er doch besonders das Evangelium von der Gnade und Güte des himmlischen Vaters gegen das menschliche Geschlecht den Leuten öffentlich vorgetragen. Und dies ist eigentlich die Lehre Christi, damit die zerschlagenen Herzen geheilt werden {Jes 61}. Dies soll man fleißig beachten, und sich hüten, dass man das Evangelium und Gesetz nicht durcheinander mischt, sondern beiderlei Lehre an seinem Ort und zu seiner Zeit treibe.
Allerlei Seuche: Also, dass kein Gebrechen so groß oder böse war, welche Christus nicht geheilt hätte, wenn man nur seine Hilfe begehrte.
24. Und sein Gerücht erscholl in das ganze Syrienland. Und sie brachten zu ihm allerlei Kranke, mit mancherlei Seuchen und Qual behaftet, die Besessenen die Mondsüchtigen und die Gichtbrüchigen; und er machte sie alle gesund.
Erscholl: Wegen seiner vielfältigen und großen Wunderwerke, die er hin und wieder tat.
Syrienland: Welches in der Nachbarschaft gelegen war und an das jüdische Land grenzte.
Sie brachten: Nämlich, die Leute aus diesen Ländern, in welchen sein Geschrei erschollen war.
Qual: Dass sie große Schmerzen litten und keine Linderung hatten.
Besessenen: Vom Teufel, der sie plagte und quälte. Die Wunderwerke Christi sind Zeugnis, welche seine Lehre bestätigen. Es hat aber Christus gelehrt, dass er der Messias und Heiland der Welt sei, darum sollen wir ihn annehmen, und all unser Vertrauen auf ihn setzen. Was denn die heidnischen und päpstlichen Wunderwerke angeht, welche zur Bestätigung der Abgötterei und des Aberglaubens geschehen, sind diese keine rechten Wunderwerke gewesen, sondern allerlei erdichtete oder Betrügereien des Teufels, welcher der Menschenherzen und Augen blendet, oder haben verborgene Ursachen in der Natur gehabt. Heutigentags ist es nicht nötig, dass wir unsere Lehre mit Wunderwerken befestigen. Denn wir bringen keine neue Lehre vor, sondern eben die, welche die Propheten, Christus und die Apostel geführt haben, diese ist nun mit ihren Wunderwerken genügend bekräftigt, darum bedarf es kein Neues. Es sind aber alle Wunderwerke Christi lauter Guttaten gewesen, um anzuzeigen, dass er gekommen sei, das menschliche Geschlecht selig zu machen und nicht zu verderben.
25. Und es folgte ihm nach viel Volks aus Galiläa, aus den zehn Städten, von Jerusalem, aus dem jüdischen Lande und von jenseits des Jordans.
Viel Volks: Dass sie seine Lehren hören möchten, über welche sie sich natürlich verwunderten, und hoch davon hielten, und auch, damit sie seine herrlichen Wunderwerke sehen. Viele haben auch nur ihren zeitlichen Nutzen gesucht und gehofft, Christus sollte sie von der Macht der Römer frei machen, wie aus dem sechsten Kapitel Johannes zu sehen ist. Und hat zwar am Anfang Christus einen großen Zulauf vom allgemeinen Volk gehabt, die viel auf ihn gehalten, und ihm wohl gewogen gewesen sind, so haben sie später geschrien: Kreuzige, kreuzige ihn! Darum darf sich keiner auf des allgemeinen Volkes Beifall verlassen, denn es ist der allgemeine Haufen zu unbeständig und wankelmütig, sondern wir sollen danach trachten, dass wir einen gnädigen Gott haben und behalten mögen, der unwandelbar ist.
Das 5. Kapitel
- Die Predigt, die Christus auf dem Berg gehalten hat, wird beschrieben und darin die wahren Seligkeiten eines Christen Menschen erzählt. Weil auch Christus dazu gekommen war, dass er das Gesetz erfüllen sollte, so erklärt er den rechten und eigentlichen Verstand wider der Pharisäer Verfälschungen; besonders so viel es den Totschlag, die Rache, den Ehebruch, die Ehescheidung, den Eid und die Liebe des Nächsten betrifft.
1. Da er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg und setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm.
Nach Luther: In diesem Kapitel redet Christus nicht von dem Amt oder Regiment weltliche Obrigkeit, sondern lehrt seine Christen ein rechtes Leben mit Gott im Geist.
Da: Es steckte das jüdische Volk zu Zeiten des Herrn Christi in viel und mancherlei Irrtum. Denn die Pharisäer hatten die himmlische Lehre des Gesetzes und der Propheten verfälscht. Der meiste Teil von ihnen, die auch des Messias Ankunft hofften, erwarteten nur leibliche und zeitliche Wohlfahrt von ihm. In diesen Irrtum auch seine eigenen Jünger sich verwickelt hatten. So war der rechte Verstand des Gesetzes durch der Pharisäer Lehre sehr verdunkelt. Darum hat Christus dem Volk eine herrliche Predigt getan, in welcher er mancherlei, aber das allerbeste, und was zu wissen am meisten nötig gewesen, gelehrt hat. Welche Predigt von dem Evangelisten Matthäus deutlich aufgezeichnet wurde. Und eine andere ist die, welche Lukas im sechsten Kapitel beschreibt, obwohl sie in vielen Stücken fast gleich lauten.
Berg: Wie auf einem Predigtstuhl anzuzeigen, dass er hohe und himmlische Sachen vorzubringen willens wäre.
Setzte sich: An einen etwas höheren Ort, wie die es zu tun pflegten, welche als von einem Predigtstuhl das Volk begehrten zu lehren und zu unterrichten.
Jünger: Die zur Ehre wegen auf beiden Seiten sich um ihn stellten, damit sie seine Lehre hörten und zugleich Zeugen wären dessen, das von ihm gesagt würde. Denn das solches bei den Juden gebräuchlich gewesen ist, findet sich auch im 8. Kapitel des Nehemia, da viel vornehme Männer um den Esra gestanden, als er das Gesetz Gottes verlesen hat.
2. Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:
Mund auf: Also, dass er große, wichtige und zuvor unerhörte Sachen vorbrachte, dazu mit einem besonderen Ansehen. Denn das heißt, in der Heiligen Schrift den Mund auftun.
3. Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr.
Geistlich arm: Das heißt, die zerschlagen des Herzens sind, in großer Angst und Unrichtigkeit des Gewissens stecken. Von denen es damals viele gab, die aus der Pharisäer Lehre keinen beständigen Trost schöpfen konnten.
Ist ihr: Denn obwohl diese Leute meinen, sie werden von Gott aus der acht gelassen und sind von ihm verstoßen, so wird er sie doch durch das Evangelium trösten, damit ihr Gewissen befriedigt werde und sie endlich das ewige Leben erlangen. Welche empfinden, dass ihre Herzen aus Furcht des Zornes Gottes zerschlagen sind, die sollen den Mut nicht fallen lassen, denn Gott wird sie zu seiner Zeit aus ihren Ängsten erwarten und ihre Traurigkeit und Herzensangst mit ewiger Freude ändern. Denn der Herr tötet und macht lebendig, führt in die Hölle und wieder heraus {1Sam 2}.
4. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
Leid tragen: Dass sie mit großem Unglück überfallen werden und deswegen leiden und bekümmert sind, die hält man für solche Leute, so sie von Gott verflucht und verdammt wurden. Und missbrauchten die Pharisäer das Gesetz als Bedrohung {5Mos 28}. Daraus schlossen sie, dass ihr Unglück von Gott käme und sie verworfen sind, so auch von ihm gestraft würden. Wie auch des frommen Hiob Freunde gegen ihn auftreten, und schlossen, er müsste ein böser Mensch sein, der von Gott gehasst werde, weil sie ihn in so großen Jammer sitzen sahen. Aber Christus lehrt hier etwas viel anderes und sagt, dass die, die Leid tragen, traurig, schwermütig und bekümmert sind, von Gott keineswegs verstoßen werden, sofern sie nur nicht unbußfertig sind, und setzt einen herrlichen Trost hinzu, dass sie sollen wiederum ergötzt und erfreut werden. Denn wenn Gott die Seinen eine Zeit lang in Trübsal geraten lässt, so erquickt er sie später wieder. Wir empfangen aber diesen beständigen Trost in aller Widerwärtigkeit, wenn wir aus dem Evangelium lernen und den wahren Glauben ergreifen, dass wir um Christi willen einen gnädigen Gott und Vater haben, dass wir zu Erben des ewigen Lebens berufen sind. Wenn solches in unseren Herzen fest haftet, so werden wir mit der Hilfe Gottes das äußerliche Unglück leicht überwinden und das Leid muss aufhören.
5. Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Besitzen: (Nach Luther) Die Welt meint, die Erde zu besitzen, dass
ihre zu schützen, wenn sie Gewalt übt. Aber Christus lehrt, dass man die Erde mit Sanftmütigkeit besitzt.
Besitzen: Die Weltkinder meinen, wenn jemand sanftmütig und gütig ist, dass er sein Recht nicht richtig benutzt, er werde so von jedermann mit Füßen getreten und könne an keinem Ort in dieser Welt gut leben. Aber es ist viel anders mit der Sache beschaffen. Denn welche immer den strengen Weg hinauswollen und begehren, von anderen gefürchtet zu werden, die machen sich selber viel und große Mühe, und haben keine Ruhe, bis sie sich und die Ihren ins Verderben stürzen. Aber welche stets den engen Weg gehen, des Friedens und der Ruhe sich bemühen, die behalten ein gutes und ruhiges Gewissen und führen ein viel besseres Leben, als wenn sie für alle Dinge streiten. Sie leben auch viel glücklicher in der Welt und besitzen das Erdreich mehr, als welche die niemals Frieden haben können, und den meisten Teil ihres Lebens im Krieg sind, zanken und hadern. Wie man denn wohl solche Leute findet, welche nicht ständig Streit mit der Obrigkeit, vor der Obrigkeit haben und oft nicht nur eine, sondern zwei, drei oder mehr Rechtssachen führen. Darum sollen wir, so viel wir tun können, uns des Friedens befleißigen gegen jedermann {Röm 12}, lieber Unrecht leiden, mit Geduld tragen, als Gewalt und unrecht tun {1Kor 6}. So werden wir viel glückseliger sein, als wenn wir Böses mit Bösem vergelten wollen.
6. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
Gerechtigkeit: Es hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit die, welche dieser Welt Ungerechtigkeit, verkehrtes und gottloses Wesen mit großem Herzeleid anschauen, darüber seufzen und klagen. Von solchen Leuten handelt der Prophet Hesekiel, Kapitel 9,3. Die von den Engeln (im Gesicht) an der Stirn gezeichnet werden, alle die, so da seufzen und jammern über alle Gräuel, so zu Jerusalem geschahen. Solche (sagt Jesus) sollen satt werden, weil Gott der Welt Bosheit strafen, und am Jüngsten Tage eine solche Reklamation der Welt anrichten wird, dass in jener Welt keine Ungerechtigkeit mehr gespürt werde. Davon Petrus schreibt: Wir warten aber eines neuen Himmels, und einer neuen Erde nach seiner Verheißung, in welcher Gerechtigkeit wohnt {2Petr 3}.
7. Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Barmherzigen: Welche nicht so leben, dass sie sich anderer Leute Unfall und Elend nicht zu Herzen gehen ließen, darüber weder bekümmert noch betrübt würden, sondern welche ein Mitleid haben mit dem Unglück anderer Leute, und solches nach ihrem Vermögen mit Hilfe und Beistand, aus einem recht gottseligen Herzen begehren zu lindern. Diesen wird sich Gott wiederum erbarmen und ihr Unglück zu einem guten Ende führen. Hierher gehört, was im Römer, Kapitel 12, steht: Weint mit den Weinenden, und seid fröhlich mit den Fröhlichen. Und die herrlichen Verheißungen: Wohl dem, der sich des Bedürftigen annimmt, den wird der Herr erretten zur bösen Zeit. Der Herr wird ihn bewahren und beim Leben erhalten, es ihm lassen gut gehen auf Erden, und nicht geben in seiner Feinde Willen. Der Herr wird ihn erquicken auf seinem Krankenbett {Ps 41}. Wer aber seine Ohren verstockt vor dem Schreien der Armen, der wird nicht erhört werden {Spr 21}.
8. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
Reinen Herzens: Nicht die, welche nach den Leviten Satzungen, die äußerliche Reinigung nach ihrer Meinung erlangt haben, viel weniger die, welche meinen, wenn sie der Pharisäer Aufsätze halten, dass sie vor Gott rein und heilig sind, sondern die Herzen, die durch den Glauben gereinigt werden. Dass ihre Unreinigkeit ihnen nicht mehr zugerechnet wird. Welche auch durch den Heiligen Geist erneuert werden, dass sich von aller Unreinigkeit sich enthalten und vor Gott ein heiliges und reines Leben zu führen, sich bemühen, ohne Heuchelei und Falschheit. Von solchen steht geschrieben: Wohl dem, dem die Übertretung vergeben sind, dem die Sünde bedeckt ist: Wohl dem Menschen, dem der Herr die Missetaten nicht zurechnet, indes Geist kein Falsch ist {Ps 32}. Diese werden Gott mit höchsten Freuden in alle Ewigkeit schauen. Denn wir werden Gott sehen, wie er ist {1Joh 3}. Und werden ihn erkennen, wie wir erkannt sind {1Kor 13}.
9. Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Nach Luther: Die Friedfertigen sind mehr denn die Friedsamen, nämlich die den Frieden machen, fördern und erhalten unter anderen. Wie Christus uns bei Gott Friede gemacht hat.
Friedfertigen: Welche unter uneinigen Parteien sich bemühen, Frieden zu schaffen.
Heißen: Dafür man sie auch erkennen wird. Denn Gott ist ein Gott des Friedens {Röm 16}. Darum man aus ihrem Fleiß zum Frieden Recht schließen, sie sind Kinder Gottes, die zu Frieden und Einigkeit Lust haben. Obwohl nun die unglücklich sind, welche mutwillig sich in fremde Uneinigkeit mischen, da sie dazu gar nicht berufen worden sind. Wie Salomon lehrt in Sprüche 26. Jedoch, da wir ohne Frevel können unter uneinigen Parteien Frieden machen, sollen wir alles mit Fleiß daransetzen. Welche aber mit Fleiß und vorsätzlich Zank und Uneinigkeit anrichten oder unterhalten, geben dadurch zu verstehen, dass sie des Satans Kinder sind, der zum Streit Lust hat.
10. Selig sind, die um Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn das Himmelreich ist ihr.
Verfolgt werden: Dieses muss man aber nicht von den Heiden verstehen, welche keine rechte Erkenntnis Gottes haben, ob sie wohl sonst vor der Welt und sträflich gelebt und ohne Ursache verfolgt wurden, wie Sokrates und ihresgleichen. Besonders geschrieben steht: Wer an den Sohn nicht glaubt, der ist schon gerichtet {Joh 3}. Sondern es redet Christus hier von den gottseligen und gläubigen Christen, besonders aber von den Kirchendienern, welche nicht um eine Übeltat willen, sondern wegen der rechten Religion verfolgt, oder sonst geplagt werden, nur darum, dass sie der Gerechtigkeit und Ehrlichkeit nachstreben. Denn keiner unter euch (spricht Petrus) leide als ein Mörder oder Dieb, oder Übeltäter, oder der in ein fremdes Amt greift. Leidet er aber als ein Christ, so schäme er sich nicht, er ehre aber Gott in solchem Fall {1Petr 4}. Darum sollen wir solche Verfolgungen mit großer Geduld erleiden, weil sie uns mit ewiger Herrlichkeit wieder vergolten werden. Wenn aber auch die Übeltäter leiden, was ihre Taten wert sind, und Buße tun, so werden sie zu Gnaden aufgenommen, und erlangen die Seligkeit, wie der Schächer am Kreuz.
11. Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles wider euch, so sie daran lügen.
Meinen Willen: Darum, dass ihr meine Lehre angenommen habt, mich liebt, und meinen Willen begehrt, zu gehorchen.
Verfolgen: Dass sie euch ins Elend hinaustreiben, eure Güter anfallen und nach dem Leben trachten.
Übles: Dass sie euch schreckliche Laster und Übeltaten nachsagen.
Lügen: Das nicht wahr ist, was sie von euch sagen und alles falsch auslegen.
12. Seid fröhlich und getrost, es wird euch im Himmel wohl belohnt werden! Denn also haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind.
Getrost: Lasst darum euren Mut nicht sinken und werdet nicht kleinmütig darüber, sondern fasst einen Trost und Freude im Herzen.
Belohnt werden: Ihr werdet die himmlischen Belohnungen, die da groß, ja unaussprechlich sind, künftig in jenem Leben für solche Schmach, Lästerungen und Verfolgungen empfangen. Denn die Christen und besonders die Kirchendiener müssen mancherlei Leistungen und Verleumdungen unterworfen sein. Früher wurden sie bei den Heiden beschuldigt und angeklagt, dass sie die jungen Kinder umbrächten, und ihr Fleisch essen, Blutschande begingen, und viel andere abscheuliche Dinge mehr trieben, welches jedoch alles gelogen war, nur damit man sie verhasst machte. Das ist zu jeder Zeit der Zustand in der Kirche gewesen von der Welt Anfang her. Weil der Satan, so die Kirche verfolgt, ein Lügner und Mörder ist. Darum will uns Christus gegen solche Verleumdungen mutig machen. Wir sollen darum mit allem Fleiß danach trachten, dass wir das Evangelium Christi mit reinem Herzen annehmen und unsträflich leben. Die Lästerungen aber, wo es nottut, ablehnen, und den ganzen Handel danach Gott befehlen.
Propheten: Die vortrefflichen und heiligen Männer, darum soll es euch nicht seltsam vorkommen, als wäre es etwas Neues oder Ungewöhnliches, wenn eine Verfolgung über euch kommt, dass ihr wolltet davor erschrecken und kleinmütig werden, oder an eurem Glauben anfangen zu zweifeln, als ob Gott euer nicht achtete, weil er euch nicht gegen solche gottlosen Leuten hilft. Sondern ihr sollt sie euch vielmehr mit standhaftem und unbeweglichem Gemüt überwinden. Denn die Juden haben immer den Propheten Gottes viel Plage angelegt, etliche auch getötet. Wie ihnen Christus solches vorwirft, da er sagt: Ihr seid Kinder derer, die die Propheten getötet haben {Mt 23}. Und Stephanus spricht: Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt {Apg 7}? Denn der Satan verfolgt die christliche Kirche mit persönlichem Hass und wenn er nur könnte, so räumte er alle Christen, besonders aber die Kirchendiener, in einem Augenblick von der Erde weg. Aber Gott gibt in den Verfolgungen ein gutes Auskommen, dass die Kirchen mitten unter des Teufels Wüten erhalten wird, und die Verfolger endlich zugrunde gehen.
13. Ihr seid das Salz der Erde. Wo nun das Salz dumm wird, womit soll man salzen? Es ist zu nichts künftig nütze, denn dass man es hinaus schütte und lasse es die Leute zertreten {Mk 9v50 Lk 14v34}
Ihr: Weil Christus in dieser Predigt nicht nur das andere Volk, sondern auch seine Apostel zu unterrichten sich vorgenommen hat, so redet er jetzt besonders die an, und spricht zu ihnen: Ihr, meine Apostel seid von Gott dazu berufen, dass ihr durch das Predigtamt des Wortes, die Welt vor ihrem Verderben und Untergang bewahren sollt, welches ihr dann tun werdet, wenn ihr von meiner Person und meinem Amt werdet rein und fleißig lehren, und den Verfälschungen in der Lehre und dem Wandel widersteht. Denn ich bin wahrhaftig das Salz, da ich das menschliche Geschlecht meinem himmlischen Vater gut bereitet habe, und das selbige vor dem ewigen Verderben behüte. Darum sollen die Zuhörer es nicht übel aufnehmen, wenn die Kirchendiener in Widerlegung der Irrtümer, und die Laster Strafen etwas heftig und scharf sind.
Nach Luther: Wenn die Lehrer aufhören, Gottes Wort zu lehren, müssen sie von Menschengesetzen überfallen und zertreten werden.
Tun wird: Dass es alle seine Kraft und Schärfe verliert und sich vor dem Verfaulen nicht bewahren kann.
Zertreten: Also werden die unnützen Kirchendiener von Gott verstoßen, dazu bei allen frommen Leuten in höchster Verachtung sein. Welcher Kirchendiener nun das Wort Gottes nicht rein und mit Fleiß predigt, sondern Menschensatzungen oder seine eigene Sache und Träume vorbringt; wer auch zur Verfälschung der Lehre, die sich in der Kirche einschleicht, schweigt und der Menschen Laster mit keinen gebührenden Ernst oder rechtschaffenen Eifer straft, der soll wissen, dass er ein dummes Salz ist, das man werde hinausschütten und zertreten. Darum lasst uns in unserem Amt treu und fleißig sein, so werden wir die unverwelkliche Krone der Ehren empfangen {1Petr 5}. Es sind aber auch alle anderen Christen mit ihrem Leben das Salz der Erde: Wenn sie nämlich Christus mit Glauben ergreifen und ihr ganzes Leben zur Erbauung des Nächsten anstellen.
14. Ihr seid das Licht der Welt. Es mag die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein.
Ihr: Nämlich, ihr Apostel und reinen Kirchendiener, die ihr das Amt führt, dass ihr den Leuten sollt den Weg zum ewigen Leben zeigen.
Verborgen sein: Die jedermann vor Augen ist. Also seid ihr meine Apostel einer solchen Stadt oder einem solchen Schloss auch gleich, so diese auf einem hohen Berg gebaut sind.
15. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter, so leuchtet es denen allen, die im Hause sind {Mk 4v21 Lk 8v16 v33}.
Scheffel: Wo es niemanden nutzt und keiner es sehen könnte.
Im Hause sind: Also habe ich (will Christus sagen) euch Apostel dazu berufen, nicht dass ihr in einem Winkel verborgen steckt, sondern dass ihr an einen öffentlichen Ort euren Beruf und das apostolische Amt aufstellt, mit der Lehre, den Wunderwerken und unsträflichem Wandel leuchtet und den Menschen den Weg zum ewigen Leben zeigt. Hier sollen die Kirchendiener sich erinnern, dass sie zu keinem faulen Müßiggang, sondern zum arbeitsamen Predigtamt berufen sind. Darum sollen sie mit ihren Lehren den Leuten das rechte Licht, Christus zeigen, und ihnen mit einem unsträflichen Wandel vorleuchten, ja wie Petrus spricht, ein Vorbild der Herde werden, auf dass durch ihren Wandel auch die Leute können gebessert werden.
16. Also lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen {1Petr 2v12}.
Leuchten: Mit Lehre, Wunderwerken und Wandel, auf dass durch euer Predigtamt viele zu Gott bekehrt werden, Gott die Ehre geben, und mit euch den wahren Gott in alle Ewigkeit preisen. Obwohl nun heutzutage die Kirchendiener keine Wunderwerke tun, deren es auch nicht nötig ist, nachdem das Evangelium genügend bestätigt wurde, so sollen sie jedoch mit ihrem gottseligen Wandel und Leben sich befleißigen, die Sache so zu richten, dass sie nicht allein niemand ärgern, sondern auch zu Christus viel gewinnen. So ist auch ein jeder Christ Licht in dem Herrn, wie Paulus sagt {Eph 5}. Darum sollen sich alle bemühen, viele zur Erkenntnis des wahren Gottes zu bringen. Besonders auch Petrus von den gottseligen und christlichen Frauen schreibt. Die Frauen sollen ihren Männern untertan sein, auf dass auch die, so nicht glauben an das Wort, durch den Wandel der Frauen ohne Worte gewonnen werden, wenn sie ansehen ihren keuschen Wandel in der Furcht {1Petr 3}. Denn wenn die Kirchendiener ein lasterhaftes Leben führen, so verderben und verhindern sie mehr mit dem Wandel, als sie mit der Lehre aufbauen. Und wenn die Christen schändlich leben, so wird das Evangelium Christi und der Name Gottes um ihretwillen verlästert {Röm 2}.
17. Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht kommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.
Ihr: Es hatte sich Christus vorgenommen, seinen Zuhörern durch Erklärung etlicher Gebote den rechten und eigentlichen Verstand des Gesetzes zu zeigen, damit sie später desto mehr Lust zu Christus bekommen. Darum fängt er an und macht einen Eingang von der Majestät und Hoheit des göttlichen Gesetzes, dass solches unwandelbar ist, dass die zehn Gebote niemals aufgehoben werden, so, dass es jemand freistände, diese außer Acht zu lassen oder zu übertreten. Denn es scheint hier, als hätten etliche aus dem Spruch von Jeremia 30, und dem Neuen Bund, einen falschen Wahn geschöpft, und eine Hoffnung gemacht, Christus würde das Gesetz Mose ändern, und leichtere Satzungen stellen, die niemand zu schwer wären, diesen aber zuvorzukommen, tut er deshalb einen ausführlichen Bericht, wie es damit beschaffen ist.
Zu erfüllen: Ich bin darum von meinem himmlischen Vater in diese Welt geschickt worden, nicht dass ich mit meiner Lehre das Gesetz auflöse und die Schriften der Propheten verwerfen soll, sondern dass ich das Gesetz, welches von keinem Menschen bisher vollkommen gehalten wurde, in allen seinen Stücken vollkommen erfüllen, und das auch an mir erfüllt werde, alles, was die Propheten von mir geredet und geweissagt haben. Er hebt deswegen im Evangelium die zehn Gebote keineswegs auf, dass es nicht jemand freistände und zugelassen wäre, dieses oder jenes Gebot zu überschreiten, wie etliche Welt Kinder, welche fleischlich gesinnt sind, und das Evangelium Christi zu fleischlicher Freiheit missbrauchen, meinen. Und kann man aus dieser Ableitung des Herrn Christi nehmen, dass etliche seine Lehre ablehnen (wie es die Katholiken auch noch zu dieser Zeit tun). Sie haben gelästert, als ob er das Gesetz aufheben würde, das heißt, dass er gute Werke verbiete. Aber Christus hat das Gesetz für uns vollkommen erfüllt, auf dass wir nicht verdammt werden, weil wir dem Gesetz nicht genug tun können. Daneben sollen wir zur Dankbarkeit, ihm so viel möglich nachzufolgen, uns bemühen. Und ist auch alles, was von Christus in den Propheten geschrieben steht, an ihm erfüllt worden. Auf dass wir gewiss und fest glauben, dieser Jesus von Nazareth sei der Messias, welcher durch die Propheten vor langer Zeit verheißen wurde.
18. Denn ich sage euch: Wahrlich, bis dass Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüttel vom Gesetz, bis dass es alles geschehe {Lk 16v17 21v33}.
Alles geschehe: Denn Gott will, dass die zehn Gebote in allen ihren Stücken aufs Vollkommenste gehalten und erfüllt werden. Weil nun die Menschen solches nicht vollkommen halten können, so will ich sie erfüllen, auf dass durch mich ein solcher Gehorsam Gott dem Vater geleistet werde, welchen er von dem ganzen menschlichen Geschlecht fordert. Denn obwohl die zehn Gebote nicht allen Menschen verkündigt wurden, so haben sie doch das Gesetz der Natur in ihre Herzen geschrieben, welches sie halten sollten. Denn Gott hält ganz ernst über sein Gesetz und tut nicht, wie etliche im Stande der weltlichen Obrigkeit, welche viele Gesetze und Ordnungen stellen, die doch keinen Eindruck haben und nicht ins Werk gerichtet werden.
19. Wer nun eins von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich.
Kleinsten: Die nach seiner Meinung keinen Wert haben und nicht viel daran gelegen ist, ob er sie halte oder nicht, beredet auch andere so. Ein solcher wird so klein im Himmelreich sein, dass man ihn darin nicht sehen oder spüren kann, das heißt, er wird gar keinen Platz im Himmel haben. Denn in den Geboten Gottes steht es keinem Menschen frei, etwas aufzuheben oder zu ändern. Es ist auch keinem zugelassen, ein einziges Gebot Gottes, wie es auch Namen haben mag, aus der acht zu lassen. Obwohl heutigentags ihrer wenig das zweite Gebot, von dem Missbrauch des Namens Gottes, zu halten sich befleißigen, darum sie fast bei jedem Wort einen Fluch tun, welches aber nicht ungestraft gelassen wird.
Auflöset: (Nach Luther) So sagen die Katholiken, die Gebote Christi sind nicht Gebote, sondern Ratschläge.
Kleinste heißen: (Nach Luther) Das heißt, er wird nicht sein und verworfen werden.
Lehrt: (Nach Luther) Auch andere, dass man das ganze Gesetz Gottes mit den zehn Geboten vollkommen halten müsse.
Groß Heißen: (Nach Luther) Das heißt, und auserlesen sein.
Dass er einen herrlichen und vornehmen Platz im Himmel haben wird, darum die Kirchendiener in ihren Predigten von den fleischlichen Lüsten und Begierden sagen, auf die Gebote Gottes mit Ernst dringen, doch dazu den Mittler Jesus Christus nicht vergessen. Auch sollen sie ihren Zuhörern mit gutem Beispiel vorangehen, und selber tun, so viel ihnen in dieser Schwachheit des Fleisches möglich ist, was sie ihren Zuhörern zu tun vorhalten, damit der Spruch Christi nicht gegen sie gebraucht werde, den er vor den Pharisäern ausgesprochen, dass sie, nämlich schwere und unerträgliche Sachen den Menschen auf den Hals legen, die sie selber aber nicht mit einem Finger rühren {Mt 22}. Und sollen fromme Kirchendiener wissen, je fleißiger sie diese im Amt verrichten, je größere Ehre sie im Himmel haben werden. Denn also spricht der Engel zum Daniel: Die Lehrer werden leuchten, wie des Himmels Glanz, und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewig {Dan 12}.
20. Denn ich sage euch: Es sei denn eure Gerechtigkeit besser denn der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen {Lk 18v2 v12}.
Besser: Wo ihr keine bessere Gerechtigkeit haben werdet, das ist, dass ihr dem Gesetz Gottes keinen völligen Gehorsam leistet als die Schriftgelehrten und Pharisäer.
Pharisäer: (Nach Luther) Der Pharisäer Frömmigkeit steht allein in äußerlichen Werken und Schein, Christus aber fordert des Herzens Frömmigkeit.
Kommen: Denn erscheinen zwar die Schriftgelehrten und Pharisäer von außen, als führten sie einen ganz heiligen Wandel und hielten genau das Gesetz Gottes am allermeisten, deswegen sie auch gerechte Leute sein mussten. Aber sie werden mit ihrer heuchlerischen Gerechtigkeit ins Verderben fallen. Besonders da das Gesetz Gottes eine rechtschaffene Erfüllung fordert, dass nicht allein mit den äußerlichen Werken, sondern auch mit den innerlichen Gedanken und Herzen geleistet werde, was vom Gesetz erfordert wird. Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer überreden sich selbst falsch, sie hätten dem Gesetz genuggetan, wenn sie die äußerlichen Werke des Gesetzes einigermaßen verrichten, und ihrer Eltern Aufsätze halten. Darum sind sie lauter Heuchler, welche von außen vor den Leuten schön scheinen, inwendig aber voller Totengebeine und Unflat sind. Also scheinen sie auch von außen vor den Leuten gerecht, aber inwendig stecken sie voller Heuchelei und Ungerechtigkeit {Mt 23}. Es fordert aber Christus eine solche genaue Haltung des Gesetzes und vollkommene Gerechtigkeit, nicht dass er lehre, wie wir durch das Gesetz, wenn wir dieses halten, vor Gott gerecht werden sollen (weil kein Mensch das Gesetz Gottes vollkommen halten kann), sondern er will, dass wir unsere Ungerechtigkeit und Unvollkommenheit erkennen und zu ihm, dem Mittler, fliehen, auf dass wir durch den Glauben an ihn gerecht und selig werden.
21. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein {5Mos 5v17}.
Ihr: Weil die Pharisäer und Schriftgelehrten mit ihren ungeschickten Auslegungen das Gesetz Gottes gefälscht hatten, so erklärt Christus hier zum Beispiel ein Gebot oder zwei, und zeigt uns den rechten und eigentlichen Verstand des Gesetzes, auf dass wir lernen, wie viel große Dinge das Gesetz von uns fordere, die wir nicht leisten können.
Alten: Eure Eltern, nach der Makkabäer Zeiten: Diese sind unterrichtet worden, dass man sich vom Totschlag enthalten müsse. Wenn aber jemand einen Menschen umgebracht, der müsse öffentlich vor ein Gericht gestellt, und nachdem die Tat schrecklich oder nicht, gestraft werden. Welches zwar recht geredet ist, aber diese Lehrer des Gesetzes den Verstand nicht genügend erklärt. Denn sie hätten in ihrer Erklärung auch das noch festhalten sollen, dass die, welche ihren Nächsten hassen und anfeinden, vor Gott wahrhaftig auch Totschläger sind, obwohl sie wegen dieser Sache von der Obrigkeit nicht gestraft werden. Man muss aber in diesem ganzen Kapitel wohl auch in Acht nehmen, dass Christus spricht: Es ist zu den Alten gesagt, nicht umsonst die Worte des Gesetzes erzählt, sondern die Lehre, welche von der Makkabäer Zeit an in der Kirche Gottes angefangen, verfälscht zu werden, obwohl etliche Worte des Gesetzes mit untergemengt wurden. Welches daher gut zu sehen ist, weil Christus später noch in diesem Kapitel spricht: Ihr habt gehört, dass gesagt ist, Du sollst deinen Nächsten lieben, und deinen Feind hassen: Da zwar die ersten Worte im Gesetz so stehen: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, denn ich bin der Herr {3Mos 19}. Aber die folgenden Worte, dass man den Feind hassen solle, finden sich in der Heiligen Schrift nicht, sondern es lautet in demselben Kapitel das Gegenteil mit diesen Worten: Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen. Und etwas später: Du sollst nicht rachgierig sein, noch Zorn halten gegen die Kinder deines Volkes {5Mos 19}. Darum die Worte, welche Christus später in diesem Kapitel anzieht, dass man den Feind hassen solle, nicht Worte des Gesetzes sind, sondern derjenigen Lehrer, die das Volk falsch unterrichtet hatten. Solchen falschen Unterricht und verkehrten Verstand des Gesetzes verwirft Christus und verbessert ihn. Darum soll man es nicht so ansehen, als hätte Christus das Gesetz Mose als unvollkommen abtun und ein neues, besseres, vollkommen anderes an seiner statt hervorbringen wollen. So sind auch die Sachen, die Christus in diesem Kapitel vorbringt, nicht nur für Ratschläge zu achten, die man halten möge oder nicht, und es steht nicht in unserer Willkür, als ein freigelassenes Ding, sondern es ist eine rechte und gute Erklärung des Gesetzes und göttlichen Willens, darum wir alles zu halten verpflichtet sind. Denn Gott sieht und verwirft die bösen Bewegungen in unserem Herzen nicht weniger, als die äußerlichen Taten. Und was Christus von den Geboten in diesem Kapitel gelehrt, das muss man von allen anderen zehn Geboten auch verstehen, dass, nämlich, nicht nur die äußerlichen groben Laster, sondern auch die bösen Gedanken verboten sind.
22. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Racha! Der ist des Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr! Der ist des höllischen Feuers schuldig.
Ich aber: Jetzt folgt eine Erklärung des 5. Gebotes, wie es vom Herrn Christus selber ausgelegt wurde.
Gerichts schuldig: Darum ist nicht nur der vor Gott ein Totschläger, der einen Menschen umbringt, sondern auch der, welcher mit einem giftigen Zorn gegen seinen Nächsten sich aufbringen lässt, dass er ihn hasst und anfeindet. Ein solcher wäre vor Gott wert, dass er als ein Totschläger öffentlich vor Gericht gestellt würde, wenn man nach dem strengen Gesetz gehen wollte. Denn wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger {1Joh 3}. Ein solcher Totschläger war Esau, der gegen seinen Bruder Jakob zürnte, und sagte: Es wird die Zeit kommen, dass mein Vater müsse Leid tragen, denn ich will meinen Bruder Jakob erwürgen {1Mos 27}. Doch hier wird ein rechtschaffener Eifer nicht verboten, da die reinen Kirchendiener, über die Wölfe, so wider die Herde Christi wüten, oder über lasterhafte Leute, welche die Kirche mit Ärgernis verschmutzen, zürnen, wie auch einer Obrigkeit gottseliger Eifer nicht verworfen wird, da sie gegen die Laster und Ungerechtigkeit bewegt wird. Und wenn die Eltern der Kinder und Angestellten Bosheit ein Missfallen haben: So wird allen anderen Christen rechtschaffener Eifer ebenso wenig Unrecht genannt, wenn sie schändliche Sachen hören oder sehen, und darüber unwillig werden. Allein, dass man ein Maß damit halte, und unter dem Schein eines rechtmäßigen Eifers keine fleischliche Rache mit unterlaufe, dadurch das Ziel mit der Züchtigung überschritten wird.
Racha: (Nach Luther) Bedeutet alle zornigen Zeichen. Einige meinen, es komme her vom hebräischen Rik, das heißt, was zu nirgends taugt. Narr, ist härter denn Racha, der auch schädlich, nicht allein unrichtig ist. Dass er aus Zorn seinem nächsten oder Bruder (es erstreckt sich aber die geistliche Bruderschaft und Verwandtschaft über alle Menschen) mit einem scheußlichen Gesicht und harten rauen Worten aus erbittertem Herzen flucht, und ihm alles Böses wünscht, der wäre vor Gott wert, dass er als ein Gotteslästerer zwar einen Totschlag umgeht, aber vor den Rat gestellt und dort in den Bann getan würde. Welche darum aus giftigem Zorn schreckliche Flüche wider den Nächsten ausstoßen, die sollen wissen, dass sie Gotteslästerer und Totschläger vor Gott sind, darum auch, sofern sie ihre Sünde nicht erkennen, den dann verschuldet zu haben. Denn der Name Gottes ist uns nicht dazu geoffenbart, dass wir diesen missbrauchen dürfen zum Fluchen und lästern Gottes, sondern dass wir seinen Namen preisen und den Leuten Gutes wünschen. Doch gibt es eine Art des Fluchens, die nicht vom Fleisch, sondern vom Heiligen Geist kommt, und einen kräftigen Nachdruck hat, davon aber hier nicht gehandelt wird. Ein solcher war des Propheten Elisa Fluch {2Kön 2}.
Du Narr: Der seinen Nächsten mit Schmähworten angreift, ihm an seine Ehre geht und seinen guten Namen zu verkleinern begehrt, der ist vor Gott auch der ewigen Verdammnis würdig, als die beiden vorigen, welche doch auch vor dem Gerichte Gottes Totschläger sind. Denn die des Nächsten guten Namen aus giftigem Herzen antasten, die nehmen ihm etlichermaßen das Leben und töten ihn mit der Zunge, wie der Prophet sagt: Daher Paulus von solchen giftigen Leuten also schreibt: Ihr Schlund ist ein offenes Grab, mit ihren Zungen handeln sie trügerisch, Otterngift ist unter ihren Lippen: Ihr Mund ist voll Fluchens und Bitterkeit {Röm 3}.
23. Darum, wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und da in den Sinn kommt, dass dein Bruder etwas wider dich habe,
Darum: Durch die Gelegenheit des 5. Gebotes, welches sich Christus zu erklären vorgenommen hat, kommt er auf die Ermahnung zur brüderlichen Aussöhnung. Denn es kann auch geschehen, dass unter frommen Leuten eine Uneinigkeit entsteht. Diese soll man mit großem Fleiß bekämpfen, damit solcher Zwiespalt schnell aufgehoben werde.
Opferst: Dass Du dem Herrn einen Gottesdienst tun willst. Es braucht aber Christus solche Worte, die damals üblich waren, da man noch zu opfern pflegte.
Wider dich: Weil Du ihn etwa beleidigt und ihm Unrecht getan hast. Du sollst nicht denken, dass dein Opfer Gott angenehm sein werde, du hast dich denn zuvor mit deinem Bruder oder Nächsten wiederum versöhnt.
24. so lass dort vor dem Altar deine Gabe und gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder und alsdann komm und opfere deine Gabe.
Und opfere: Nach geschehener Aussöhnung wird dann dein Opfer vor Gott lieb und angenehm sein. Denn Gott achtet die rechtschaffene Liebe größer, als wenn man äußerliche Zeremonien hält. Und obwohl man die Zeremonien, so Gott befohlen, hat auch nicht aus der acht lassen, oder unterlassen soll. Jedoch, wenn ein Mensch sich nur mit diesem bemüht, und dann die wahre Buße samt der rechtschaffenen Liebe vergisst, so achtet Gott solcher nicht, sondern verwirft vielmehr einen solchen Gottesdienst ganz und gar. Denn also redet er selber zu dieser Sache in Jesaja 1. „Was soll mir die Menge eurer Opfer, spricht der Herr, ich bin satt der Brandopfer und Widdern, und des Fetten von den Gemästeten, und habe keine Lust zum Blut der Lämmer und Böcke. Der Neumonde und Sabbate, da ihr zusammenkommt, und Mühe und Angst habt, der mag ich nicht. Meine Seele ist feind euren Neumonden und Jahreszeiten, ich bin derselben überdrüssig, ich bin es müde zu leiden“. Und auch in Kapitel 6: „Ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer“. Heute könnte man im Neuen Testament so sagen: Wenn Du in die Kirche kommst und willst zum Abendmahl des Herrn gehen, aber da dir bewusst wird, dass Du deinen Nächsten in irgendeiner Sache beleidigt hast, so gehe bald hin, und versöhne dich mit ihm. Danach empfange das heilige Abendmahl. Wie wir aber damit fleißig sein sollen, dass wir mit denen wieder versöhnt werden, die wir beleidigt haben. Also auch, wenn wir sind beleidigt worden, sollen wir uns zur Aussöhnung gutwillig finden lassen und gern verzeihen: davon Christus in Matthäus 8 handelt.
25. Sei willfertig deinem Widersacher bald, dieweil du noch bei ihm auf dem Wege bist, auf dass dich der Widersacher nicht einmal überantworte dem Richter, und der Richter überantworte dich dem Gerichtsdiener, und wirst in den Kerker geworfen.
Willfertig: (Nach Luther) Gleichwie der schuldig ist zu versöhnen, der dem anderen Leid getan hat: Also ist der schuldig zu vergeben und gutwillig zu sein, dem Leid geschehen ist, dass kein Zorn bleibe auf beiden Seiten.
Willfertig: Siehe, dass Du Frieden mit ihm schließt und es mit Ehren ausgeht: Vergleicht euch miteinander.
Dem Richter: Welchen er um Hilfe und Beistand wider dich angerufen hat.
Kerker: Das Du später aus Zwang tun musst, was Du zuvor freiwillig hättest tun sollen.
26. Ich sage dir: Wahrlich, du wirst nicht von dort herauskommen, bis du auch den letzten Heller bezahlt hast.
Heller bezahlt hast: Und zugleich auch den Richter und dazu, was Du im Kerker verzehrt hast. Erinnert uns also Christus mit diesen Worten, dass ein jeder sich mit seinem Widersacher in Güte vertrage und nicht der strengen Gesetze, oder vor Gericht zu zanken begehrt. Weil es oft geschieht, dass, welche zum Zank Lust haben, dadurch in Gefahr und Unglück geraten, das sie hätten verhüten können. Und solche Erinnerung zu des Herrn Christi Zeiten sehr nötig waren. Denn weil sie wussten, dass die Zukunft des Messias nahe vorhanden war, und von ihm geschrieben stand: Er wird den Armen erretten, der da schreit, und den Elenden, der keinen Helfer hat {Ps 72}. So bildeten sich die Juden ein, es würde eine solche goldene Zeit kommen, da keiner seine Schulden zahlen müsste, sondern es würde ein Jubeljahr sein, in welchem keiner von seinem Gläubiger bedrängt werde. Sie meinten also, sie wollten die Schulden so ablösen, dass sie niemand nichts geben bräuchten. Darum sie Christus von solch falschem Wahn abzuführen begehrt. Er verbietet aber damit nicht, dass wir vor keine Obrigkeit kommen sollen, noch diese um Hilfe anrufen, wenn wir dazu genötigt werden. Denn weil das Amt der Obrigkeit christlich und ehrlich ist, so kann ein Christen Mensch im Stande der Obrigkeit sein, und ein christlicher Untertan mit gutem Gewissen auf der Obrigkeit Urteil sich berufen. Sondern Christus redet hier von den Leuten, die eine böse Sache haben, und dennoch ihrem Streitpartner nicht weichen wollen, was heutigentags sehr im Brauch ist. Und sagt auch von denen, die zwar eine gute Sache haben, aber um eines geringen Dinges willen viel lieber einen Handel vor Gericht führen, dazu ohne Kenntnis der Obrigkeit mit ihrem Streitpartner in der Güte sich vergleichen wollen. Solche Leute machen sich selbst viel Mühe und aus einem Schaden zwei. Denn indem sie einen geringen Verlust nicht leiden wollen, müssen sie eines größeren gegenwärtig sein. Die gleiche Erinnerung findet sich auch bei dem Apostel Paulus: Ist (spricht er) denn kein Weiser unter euch, der da könnte richten zwischen Bruder und Bruder? Sondern ein Bruder mit dem anderen hadert, dazu noch vor den Ungläubigen. Warum lasst ihr euch nicht viel mehr Unrecht tun {1Kor 6}? Die Katholiken aber geben hier ihren Unverstand an den Tag, welche diese Worte Christi auf das Fegefeuer deuten, da doch Christus von diesem hier keine Meldung macht, und aus der Heiligen Schrift nicht erwiesen werden kann, dass ein Fegefeuer sei. Weiter sehen sie nicht, was für ungereimte Sachen daraus folgen würden, denn wir müssten uns mit unserem Streitpartner versöhnen, welcher der Teufel ist, was ja ein gottloses und unchristliches Tun wäre. Und wenn der Kerker das Fegefeuer bedeutete, so würde folgen, dass keine Fürbitte, keine Messen und Almosen den Verstorbenen zugutekämen, welche einmal in den Kerker des Fegefeuers geworfen wurden, bis sie den letzten Heller bezahlten. Wozu halten sie denn ihre Kreuzgebete? Warum singen sie für die Verstorbenen? Weshalb besprengen sie die Gräber viel mit Weihwasser? Warum machen sie sich viel Mühe mit Stundengebeten? Warum nehmen sie Geld für solche Arbeit, von der sie wissen, dass sie den Verstorbenen nichts nützt?
27. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen {5Mos 5v18}.
Ihr: Jetzt legt Christus auch das 6. Gebot aus, vom Ehebruch.
Gesagt ist: Denn die Pharisäer und Schriftgelehrten haben bisher so gelehrt: Man soll nicht die Ehe brechen. Aber sie haben nicht erklärt, wie mancherlei Weise der Ehebruch geschehe, auch den rechten Verstand dieses Gebotes nicht erklärt. Denn sie sind im Wahn gewesen, dass der im 6. Gebot genugtue, der nicht mit der Tat des Nächsten Weib nimmt, daneben aber die unreinen Gedanken für keine Sünde achtet.
28. Ich aber sage euch: Wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.
Herzen: Und ist vor Gott ein Ehebrecher. Denn wenn er sie auch nicht berührt, so sieht doch Gott als ein Herzenskundiger seine unreine Begierde und Bewegung des Herzens, und rechnet es für einen Ehebruch. Mit diesen Worten hat Christus kein neues Gesetz gegeben, sondern das 6. Gebot durch das 10. erklärt. Denn im 10. Gebot lautet es also: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib. Darum des Nächsten Weib begehren, im Alten Testament genauso verboten gewesen ist wie im Neuen. Weil aber Gott ein keusches Wesen ist, so hasst er alle Unreinigkeit. Darum Paulus das 6. Gebot deutlich erklärt, da er spricht: Lasst euch nicht verführen, weder die Hurer, noch die Abgöttischen noch die Ehebrecher, noch die Weichlinge, noch die Knabenschänder werden das Reich Gottes ererben {1Kor 6} und an einem anderen Ort: Tötet eure Glieder, die auf Erden sind, Hurerei, Unreinigkeit, schändliche Brunst, böse Lust {Kol 3}. Darum hasst Gott auch das, wodurch der Mensch zur Unreinigkeit bewilligt wird, nämlich, ein unzüchtiges Ansehen, Reden, ein unzüchtiger Gang, gar zu köstliche Kleidung, übermäßiges Essen und Trinken, weil dies alles Reizungen zur Unzucht sind.
29. Ärgert dich aber dein rechtes Auge; so reiß es aus und wirf es von dir. Es ist dir besser, dass eins deiner Glieder verderbe, und nicht der ganze Leib in die Hölle geworfen werde.
Ärgert: Jetzt zeigt Christus an, wie wir leben sollen, damit wir rein und keusch bleiben.
Reiß: (Nach Luther) Geistlich ausreißen ist hier gesagt, das ist, wenn die Augenlust getötet wird im Herzen und abgetan.
Von dir: Das will so viel sagen: Du sollst eine Abscheu an der Unzucht haben, dass wenn eins deiner Glieder, wie lieb und nötig es dir auch sein möchte, die Ursache wäre, dass du in Unzucht fällst, so wäre es viel besser, dass Du so ein Glied von dir reißen und wegwerfen würdest, als dass Du damit sündigen und an deiner Seele Schaden nehmest. Aber die äußerlichen Glieder sind nicht der Hauptgrund und Ursache der Sünden, sondern die innerlichen Augen und Hände des alten Adams, das heißt, die bösen Begierden sind schuldig daran. Denn Christus spricht: „Aus dem Herzen kommen arge Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei, falsche Zeugnisse, Lästerung“ {Mt 15}. Darum ist es nicht die Meinung von Christus, dass wir unseren äußerlichen Leib verstümmeln sollen, denn das wäre eine Sünde wider das 5. Gebot, welches den Totschlag verbietet. Sondern er will, dass wir die bösen Begierden des Herzens unterdrücken sollen. So auch Du darum deine Augen von eines anderen Weibes abwendest, damit dein Herz von einer ungebührlichen Inbrunst nicht entzündet werde, und die unzüchtige Bewegung des Gemütes zurückhältst. Solche du auch an dir beschimpfst und verwirfst, so oft hast Du dem alten Adam ein Auge ausgerissen und weggeworfen. So oft Du auch deine Hand dem unzüchtigen Angreifen entziehst, und der unreinen Zuneigung des Gemütes abtust, dieses auch Unrecht heißt, so oft haust Du dem alten Adam eine Hand ab und wirfst sie von dir. Damit wir aber solches Tun und leisten können, müssen wir an Christus glauben, der uns darum erlöst hat, dass wir vor ihm heilig leben sollen. Und sollen das heilige Abendmahl auch gebrauchen, dazu Gott um seinen Heiligen Geist anrufen, und so viel möglich ist, die Gelegenheit, zu sündigen, meiden und fliehen, ein nüchternes und mäßiges Leben führen, den Ehestand christlich und ehrlich für uns gebrauchen, auch nicht nur die göttlichen Drohungen und Strafen der unzüchtigen Leute wohl betrachten und zu Gemüte führen, sondern auch die schrecklichen Beispiele des göttlichen Zorns uns vor Augen stellen. Wie die Brunst zu Sodom und Gomorrha und dergleichen. So wird der Heilige Geist in uns die Bosheit unseres Fleisches überwinden, sie austreiben, damit wir nicht in Sünden wieder unseres Gewissens fallen.
30. Ärgert dich deine rechte Hand, so haue sie ab, und wirf sie von dir. Es ist dir besser, dass eins deiner Glieder verderbe, und nicht der ganze Leib in die Hölle geworfen werde.
31. Es ist auch gesagt: Wer sich von seinem Weibe scheidet, der soll ihr geben einen Scheidebrief {Mk 10v4 Lk 16v18}.
Auch gesagt: Von euren Lehrern, welche euch bisher überredet haben. Also hat es Christus für gut angesehen, dass er auch etliche Irrtümer verbesserte, welche aus den weltlichen Satzungen des Gesetzes Mose, so man nicht richtig erklärte, eingerissen waren. Besonders war es aber mit der Ehescheidung in einem großen Missbrauch geraten, welche Moses um etlicher wichtiger Ursachen willen zugelassen hatte, dass die Juden ihre Weiber wechselten, wann sie wollten, und um jeder liederlichen Ursache willen sich von ihnen schieden, und andere nahmen. Diese Leichtfertigkeit Christus hier beschimpft und verwirft.
Einen Scheidebrief: Dadurch sie von ihm freigesprochen wurde und einen anderen heiraten konnte. Es steht zwar im Gesetz Mose so geschrieben: Wenn jemand eine Frau nimmt und sie heiratet, und sie nicht Gnade findet vor seinen Augen, etwa um einer Unlust willen, so soll er ihr einen Scheidebrief schreiben und in die Hand geben und sie aus seinem Hause lassen {5Mos 24}. Aber ihr Juden (will Christus sagen) missbraucht diese Zulassung von Mose schändlich, dass ihr, um einer jeden Ursache willen, die Frauen von euch stoßt. Und da euch Mose um eures Herzens Härtigkeit willen {Mt 19} eine Zeit lang in dieser Sache etwas zugelassen hat, so hebt ihr dagegen den Ehestand, so viel an euch ist auf, dass keine unzertrennte ordentliche Ehe des Mannes und Weibes sich bei euch findet. Solche Unordnung und Zerrüttung hätten eure Lehrer längst verbessern und aufheben sollen und euch zur Betrachtung der ersten Einsetzung des Ehestandes weisen sollen. Denn Gott hat dem Adam nicht zwei Frauen erschaffen, damit, wo ihm die eine nicht gefiele, er die anderen verstoße, und eine andere ehelichen könnte. Sondern hat das Weib aus des Mannes Rippe erschaffen, dass sie Adam nicht verstoßen könnte, wer wollte denn sein eigenes Fleisch von sich stoßen und verwerfen. Aber ihr habt diese göttliche Ordnung ganz außer Acht gelassen, und zerstört den ehrlichen von Gott selbst erschaffen Ehestand mit euren unzeitigen Ehescheidungen.
32. Ich aber sage euch: Wer sich von seinem Weibe scheidet (ausgenommen ist der Ehebruch), der macht, dass sie die Ehe bricht; und wer eine Abgeschiedene heiratet, der bricht die Ehe.
Macht: Und ist der Grund, dass sie einen Ehebruch begeht. Denn wer sein Weib von sich stößt und ihr die Freiheit gibt, dass sie möge einen anderen nehmen (wo er doch nicht genügend Ursache hat, sie zu verstoßen), der tut nichts anderes, als dass er sie einem anderen Mann zur Unzucht übergibt. Denn sie ist vor Gott von dem vorigen Ehemann noch nicht geschieden worden, obwohl für die Menschen die Ehescheidung begangen wurde, jedoch der vorige Ehemann keine genügende Ursache gehabt hat sie von sich zu lassen.
Bricht die Ehe: Weil ein solches Weib, so unrechtmäßigerweise ausgestoßen ist, vor Gott noch des vorigen Mannes Eheweib ist. Welche aus diesem Spruch Christi zu schließen ist, dass es dem unschuldigen Ehegatten nicht freisteht, sich anders zu verheiraten, obgleich eine ordentliche Ehescheidung, um eines begangenen und erwiesenen Ehebruchs willen geschehen ist, die irren sich. Denn Christus sagt, dass nur diejenigen die Ehe brechen, welche nicht ordentlicherweise geschieden wurden und dennoch sich wiederum verheiraten, und welche die wiederum zur Ehe nehmen, so noch nicht ordentlicherweise geschieden ist. Da aber Christus nur einen Grund der Ehescheidung hier setzt, nämlich, wenn ein Ehebruch geschehen, ist solches darum denen Ehescheidung nicht zuwider, welche ordentlicherweise durch die Obrigkeit geschehen, entweder um das Böse verlassen und weglaufen willen, oder von wegen der Unverträglichkeiten. Denn welche ihre Ehegatten aus vorsätzlicher Bosheit, dazu eine lange Zeit verlassen, die zerreißen das Band der Ehe und sind keine Eheleute mehr. Darum Paulus diesen, die von ihren Ehegatten aus böser Absicht verlassen werden, also, dass keine Hoffnung mehr ist, dass sie möchten wiederkommen, zulässt, dass sie mögen sich mit einer anderen verheiraten. Denn also spricht er: So der Ungläubige sich scheidet, so lass ihn sich scheiden, es ist der Bruder oder die Schwester nicht gefangen in solchen Fällen. In 1. Korinther, 7, welche aber unvereinbar sind, die sind die rechten Eheleute vor Gott gewesen. Denn obwohl nicht die fleischliche Beiwohnung, sondern die beiderseitige Bewilligung den Ehestand macht. Jedoch, weil der Ehestand so angesehen ist, dass nicht nur Kinder gezeugt, sondern auch Hurerei vermieden werde, so können die, welche unversöhnlich sind, keine Ehe machen, weil sich von diesen Dingen keines bei ihnen findet, es sei denn, dass die Frau um ihres zukünftigen Ehemannes Eigenschaften zuvor eine gute Kenntnis gehabt, und dennoch dessen ungeachtet mit gutem Wissen und Willen sich in die Heirat mit ihm einlässt. Sonst aber, wenn sich einer stellt, als sei er ein rechter Mann, da er es doch nicht ist und lässt sich mit einer Frau verheiraten, den nimmt sie nicht, da er sie betrügt. Weil nun solches nicht aufrichtig gehandelt ist, so ist die Heirat nichtig und kann aufgehoben werden. Wie auch im Gesetz Mose einem frei ist, seine Frau von sich zu lassen, wenn er sie für eine Jungfrau gehalten aber nicht so gefunden hat {5Mos 22}. Daneben aber, ob es auch wohl genügend Ursachen gibt, um welcher willen eine Ehescheidung geschehen könne, so soll man dennoch es nicht so leicht dazu kommen lassen, dass eine Ehe getrennt werde, sondern alle anderen Mittel zuvor versuchen. Wenn auch ein Ehebruch begangen, soll man allen möglichen Fleiß anwenden, ob eine Versöhnung getroffen werden könnte. Ist eines von den Ehegatten untauglich, oder da eins vom anderen verlassen, so soll man die unschuldige Partei ermahnen, dass sie solch ein Kreuz geduldig trage und auf Besserung des Zustandes hoffe. Und man sollte bedenken, dass der Ehestand eine Verbindung der Eheleute ist, so von Gott selber gemacht ist, dass auch der Ehestand ein Vorbild sei der genauen Vereinigung Christi und der Kirche. Aber doch muss man mit der Sache so umgehen, damit nicht, wenn die rechtmäßige Ehescheidung zu lange aufgeschoben und abgeschlagen wird, die Gewissen und Leiber mit Unzucht befleckt werden. Damit der Ehestand glücklich ist und keiner Ehescheidung bedarf, so sollen die Eheleute in der Furcht Gottes zum Ehestand gehen und mit ihrem gottseligen und in brünstigen Gebet Christus auf die Hochzeit laden, auch später im Ehestand ihn fleißig anrufen, so kann er aus Wasser Wein machen und die Traurigkeit in Freude verändern.
33. Ihr habt weiter gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst keinen falschen Eid tun und sollst Gott deinen Eid halten. 2. Mose 20,7/7. Mose 9/5. Mose 5,2
Ihr: Es war auch unter dem jüdischen Volk ein großer Missbrauch mit dem Schwören eingerissen, wie es auch heute noch bei den Christen sehr seltsam ist. Es meinten die Juden, dass sie den Namen Gottes nicht missbrauchten, wenn sie bei jeder Sache willen bei seinem Namen schwören. So sie nur nicht fein schwören, hielten es für keine Sünde, wenn sie bei den Kreaturen, da es ohne Not wäre, schwören. Darum verbessert Christus solchen Irrtum auch.
Halten: So haben bisher die Pharisäer und Schriftgelehrten in der Kirche Gottes gelehrt. Man solle keinen falschen Eid tun, und den Eid, so man getan, mit Ernst halten, nach dem Gesetz Mose, welches sagt: Ihr sollt nicht falsch schwören bei meinen Namen, und entheiligen den Namen deines Gottes, denn ich bin der Herr {4Mos 19}. Auch haben sie gelehrt, wenn jemand dem Herrn ein Gelübde tut, so solle man diesem Gelübde nicht nachlassen, und solches Tun nach dem Gesetz Mose, welches sagt: Wenn jemand dem Herrn ein Gelübde tut, oder einen Eid schwört, dass er seine Seele verbindet, der soll sein Wort nicht schwächen. Sondern alles tun, wie es zu seinem Munde ausgegangen ist {4Mos 30}. Sie haben solches zwar richtig gelehrt. Aber das ist der Fehler gewesen, dass sie keine gründliche Erklärung dieser Gesetze gegeben haben, sondern das Volk im Irrtum gelassen, welches sie selbst auch noch bestätigt haben, dass mit Schwören nicht sündigt, wenn man nicht falsch schwöre. Da doch Gott allen Missbrauch seines allerheiligsten Namens verwirft und alle Eide und Schwüre, die aus Leichtfertigkeit geschehen, verdammt, so hat man sich in dieser Sache vielfältig geirrt.
34. Ich aber sage euch, dass ihr überhaupt nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Stuhl;
Nicht Schwören: Ich will, dass ihr alle vergeblichen und unnötigen Schwüre unterlassen sollt, also, dass ihr nicht bei dem Namen Gottes, sondern auch bei den Kreaturen ohne Not schwört.
Gottes Stuhl: Obwohl er nicht Gott selber ist, so wird jedoch durch diese Betrachtung Gottes Majestät erkannt.
Schwören: (Nach Luther) Alles Schwören und alle Eide sind hier verboten, die der Mensch von sich selber tut. Wenn es aber die Liebe, Gebot, Not, Nutzen des Nächsten, oder Gottes Ehre fordert, ist es gutgetan. Gleichwie auch der Zorn verboten ist, und doch zu loben, wenn er aus Liebe, und Gott zur Ehre erfordert wird.
35. noch bei der Erde, denn sie ist seiner Füße Schemel; noch bei Jerusalem, denn sie ist eines großen Königs Stadt.
Schemel: Obwohl Gott sich hier auf Erden nicht sehen lässt, so zeigt er doch seine Majestät und Allmacht hier auf der Erde, wie auch im Himmel.
Großen Königs: Der Herr aller Herren, und König aller Könige Städte ist, nämlich des allmächtigen und ewigen Gottes, der ein besonderes Auge auf sie hat, und sich ihrer annimmt.
36. Auch sollst du nicht bei deinem Haupt schwören; denn du vermagst nicht ein einiges Haar weiß oder schwarz zu machen.
Zu machen: Ist also dein eigenes Haupt nicht in deiner, sondern in Gottes Hand und Gewalt. Darum, obwohl diese eure Eide und Schwüre das Ansehen haben, als werde der Name Gottes nicht ausdrücklich dadurch geschwächt. So geschieht es doch zur Verachtung des göttlichen Namens und Entheiligung. Darum ist es richtig, dass ihr euch von solchen unnötigen und unrechtmäßigen Schwüren enthaltet.
37. Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein; was darüber ist, das ist vom Übel.
Vom Übel: Das kommt vom Teufel, der treibt die Leute dazu, dass sie den heiligen Namen Gottes entheiligen, weil er ein Feind Gottes und seiner Majestät ist. Diese Lehre missbrauchen die Wiedertäufer, und geben vor, es sind alle Schwüre schlecht und von Christus verboten, auch die, welche eine Obrigkeit fordert, und die man sonst in einer wichtigen Sache leistet. Aber diese Irrgeister stechen weit daneben. Denn Christus selber es bei dem Wort ja und nein nicht hat immer bewenden lassen, sondern einen Schwur hinzugetan, da er sagt: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch. Sollten darum solche Bestätigungen vom Übel sein? So schwört auch der Engel bei dem lebendigen Gott {Off 10}. So ist ein rechtmäßiger Eid ein Gottesdienst, weil dadurch Gott das Lob der Wahrheit zugemessen wird. Daher die Propheten so oft sagen, Du sollst schwören bei dem Namen des Herrn deines Gottes, wenn sie von dem rechten und reinen Gottesdienst reden. Es wird auch durch einen rechtmäßigen Eid, aller Zank und Streit aufgehoben, wie der Apostel im Hebräerbrief bezeugt, 6. Kapitel. So haben die heiligen Patriarchen selber den Eid geleistet, und von anderen denselben gefordert. Der Apostel Paulus schwört auch mit diesen Worten: Ich rufe Gott an zum Zeugen auch meine Seele, dass ich euer verschont habe, in dem, dass ich wieder zu den Korinthern gekommen bin {2Kor 2v2}. Die Wiedertäufer als ein schwärmerisches Personal wissen nicht, was sie sagen. Denn wer falsch schwört (so viel an ihm ist), der führt Gott als einen falschen Zeugen ein, der ihm seine Lügen bestätigen soll, verflucht daneben sich selbst, wünscht sich das Verderben, und zieht sich selber die göttlichen Strafen auf den Hals. Weil geschrieben steht: Der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht. Was aber vom rechtmäßigen Eid vorhergesagt wurde, das muss man von einem solchen Eid verstehen, der gottselig, ehrlich und zu halten möglich ist. Denn ein Eid der Gottseligkeit zuwiderläuft, oder aus Unverstand von Minderjährigen geleistet wird, und ohne Gefahr der ewigen Seligkeit wegen nicht geschehen kann, den soll man nicht halten. So sind auch solche Schwüre Gott dem Herrn zum höchsten zuwider, wenn wir ohne genügend Gründe, da es die Ehre Gottes und des Nächsten nutzen nicht betrifft, mit einem Eid die Wahrheit zu bestätigen, da man es ohne Eid glauben könnte. Weiter begeht man eine schwere Sünde, wenn man den Namen Gottes aus giftigem Herzen zu schrecklichem Fluchen missbraucht. Weil aber solche nicht nur Leichtfertigkeit, sondern auch schreckliche Bosheit unter den Christen, sowohl bei den Jungen als auch bei den Alten sehr überhandgenommen hat. So ist kein Zweifel, Gott strafe solche schreckliche Gotteslästerung mit teurer Zeit, Pestilenz und Krieg, und wird sie weiter noch mehr strafen, so man nicht Buße tut und davon absteht. Denn es werden die Gotteslästerlichen Leute, wenn sie sich nicht bessern, nicht nur in dieser, sondern auch in jener Welt gestraft werden. Denn verflucht ist jeder Mann, der nicht bleibt in alledem, das geschrieben steht im Buch des Gesetzes, dass er es tue {Gal 3}.
38. Ihr habt gehört, dass da gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Ihr: Es hatten die Lehrer der Juden auch das Gesetz von der Rache gefälscht, und gelehrt, dass es einem jeden frei stünde, sich an seinem Nächsten zu rächen, dazu sie den Spruch aus der Heiligen Schrift mit den Haaren hinzuzogen, welcher von der öffentlichen und ordentlichen Rache redet, ihre eigene Rache damit zu bemänteln und zu entschuldigen. Diesen Irrtum will Christus auch nicht ungeahndet gehen lassen.
Um Auge: Das heißt: Man mag dem Nächsten ein Auge ausstechen, oder einen Zahn ausschlagen, der einem ein Auge ausgestochen, oder einen Zahn ausgeschlagen hat, also haben die Pharisäer und Schriftgelehrten eine lange Zeit gelehrt und unterrichtet, und solchen Spruch auf die eigene Rache gedeutet. Dieser Spruch jedoch redet vom Amt der Obrigkeit. Hier wird gelehrt, wie eine Obrigkeit ihre Untertanen bei unrechtmäßigen gewalttätigen Handlungen, damit sie einander lästig sind, strafen soll, lässt es aber keineswegs einen jedem zu, dass er sich selber räche. Denn also lautet der Text: Wenn Männer hadern und verletzen ein schwangeres Weib, dass ihr die Frucht abgeht und ihr kein Schade widerfährt, so soll man ihn um Geld bestrafen, wie viel des Mannes Weib ihm auflegt, und solches nach der Meinung Leute erkennen. Kommt aber nun ein Schaden daraus, so soll erlassen Seele um Seele, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brand um Brand, Wunde um Wunde, Beule um Beule {2Mos 20}. Und weiter steht geschrieben: Wer seinen Nächsten verletzt, den soll man tun, wie er getan hat. Schaden um Schaden, Auge um Auge, Zahn um Zahn, wie er hat einen Menschen verletzt, so soll man mit ihm wieder tun {3Mos 24}. Und weiter: Wenn ein Frevler gegen jemand auftritt, über ihn zu bezeugen eine Übertretung, so sollen die beiden Männer, die eine Sache miteinander haben vor dem Herrn, vor den Priestern und Richtern stehen, die zu dieser Zeit im Amt sind. Und die Richter sollen forschen, und wenn der falsche Zeuge ein falsches Zeugnis wider seinem Bruder gegeben hat, so sollen sie ihm tun, wie er gedacht hat, seinem Bruder zu tun, dass Du den Bösen von der wegtust, auf dass die anderen hören, sich fürchten, und nicht mehr solche bösen Stücke vornehmen, untereinander zu tun. Dein Auge soll seiner nicht schonen, Seele um Seele, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß und Fuß {5Mos 19}. Wer sieht hier nicht, dass die Schrift an allen solchen Orten vom Amt der Obrigkeit redet? Aber ihr Juden (will Christus sagen) habt euch durch eure Lehrer blenden und verführen lassen, dass ihr solches Gesetz verkehrt und zur eigenen Rache missbraucht habt.
39. Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel, sondern so dir jemand einen Streich gibt auf deinen rechten Backen, dem biete den andern auch dar.
Nicht widerstreben: (Nach Luther) Das heißt, niemand soll sich selbst rächen. Aber die Obrigkeit, die das Schwert führt, soll solches Tun {Röm 13v4}.
Nicht widerstreben: Ich will nicht, dass sie aus eigener Rachgier Richtigkeit die Ungerechtigkeit, so euch getan wird, rächt und wieder Gewalt übt.
Auch dar: Darauf zuschlagen. Denn Du sollst deine Ungerechtigkeit, die Dir zugefügt wird, selbst nicht rächen, dass Du wieder schlagen wolltest. Ja Du sollst nicht rachgierig sein, viel eher sollst Du bereit sein, eine neue Ungerechtigkeit zu empfangen, als eine alte zu rächen. Darum irren sich die Wiedertäufer sehr, welche bestreiten, es gebühre einer Obrigkeit nicht, wenn sie christlich sein will, die Übeltat mit der Waffe, oder sonst auf eine andere Weise zu strafen, noch ihre Untertanen mit Waffen zu schützen. Es dürfte auch kein Christ Waffen tragen oder Krieg führen. Denn welcher auf Befehl oder Zulassung der Obrigkeit zur Waffe greift, und für sie oder andere Gewalt treibt, der ist ein Mitglied der Obrigkeit und kann mit gutem Gewissen sich und andere schützen. Weil die Obrigkeit ihm das Schwert in die Hand gibt, welche aber aus Neid und Zorn wider den Nächsten wüten, keinen ehrlichen und angemessenen Schutz suchen, sondern danach trachten, wie sie sich selbst rächen, um ihr Mütlein zu kühlen, die sündigen gegen das Gesetz Gottes schwer. Es irren sich auch die Katholiken, die meinen, diese Lehre Christi sei ein neuer Rat und nicht ein schon bekanntes Gesetz. Denn hier hat Christus weder ein neues Gesetz gestellt, noch einen Rat gegeben, sondern das alte Gesetz wiederholt, welches lautet: Du sollst nicht rachgierig sein, noch Zorn halten gegen die Kinder deines Volkes {3Mos 19}. Und an anderer Stelle sagt der Herr: Die Rache ist mein, ich will vergelten {5Mos}.
40. Und so jemand mit dir rechten will und deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel {Lk 6v29 Röm 12v17 1Kor 6v7}.
Und: Hier hat Christus verboten, dass wir uns mit der Faust nicht rächen sollen. So erinnert er uns jetzt auch, dass wir in Rechtssachen bei der Obrigkeit keine eigene Rache aus einem giftigen Herzen suchen sollen. Denn man findet Leute, welche alle ihre Güter daraufsetzen, um vor der Obrigkeit zu streiten, als sich ihres Rechtes im Geringsten etwas nachzulassen. Ich will (sprechen sie) mit meinem ganzen Hab und Gut mit dir streiten. Dies ist eine große Torheit und unsinnige Weise, welche Christus hier verwirft und uns eines Besseren belehren will.
Den Mantel: Denn es ist besser, einen geringen als einen großen Schaden und Verlust zu leiden. Besonders, welche aus erbittertem Herzen ihr Recht halsstarrig begehren, verwickeln sich in lange und schädliche Rechtsstreitigkeiten, fressen selbst durch Neid und Rachgierigkeit ihr Herz auf. Können Gott auch nicht richtig anrufen, weil ihr Herz wider den Nächsten feindlich gesinnt ist. Dagegen aber, dem in einer streitigen Sache daran etwas gelegen ist, mit sanftem und ordentlichem Gemüt der Obrigkeit die Erkenntnis und Entscheidung der Sache und des Streites übergibt und seinen Nächsten, mit dem er streitet, im Herzen nicht anfeindet, der sündigt gegen die Lehre Christi nicht.
41. Und so dich jemand nötigt eine Meile, so gehe mit ihm zwei.
Meile: Die Du, ihm zu gefallen, mit ihm gehen sollst.
Zwei: Das heißt, wenn jemand (besonders der irgendeine Gewalt über dich hat) einen Dienst oder Gefallen von dir begehrt, den Du aber nicht zu leisten schuldig wärest. Jedoch, ehe Du dich halsstarrig und in aufrührerischer Weise sträubst, so mache es viel lieber doppelt, so wirst Du umso ruhiger sein in deinem Herzen und Gewissen.
42. Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht von dem, der von dir etwas borgen will.
Bittet: Um irgendeine Gabe, wenn er deiner Hilfe bedarf, so gibt ihm nach deinem Vermögen.
Borgen will: Geld oder sonst etwas, so weise ihn nicht ab, dass Du ihn nicht wollest hilflos bleiben. Es will und fordert aber Christus hier nicht, dass wir all unser Hab und Gut auf andere Leute verwenden sollen, also, dass wir später selbst mit dem, unseren Mangel leiden. Denn also spricht Paulus, da er von den Almosen redet: So einer willig ist, so ist er angenehm, nachdem er hat, nicht nachdem er nicht hat. Das geschieht nicht in der Meinung, dass die anderen Ruhe haben und ihre Trübsal, sondern, dass es gleich sei, so diene euer Überfluss ihrem Mangel {2Kor 8}. Sondern Christus will, dass wir uns anderer Leute Elend zu Herzen gehen lassen und gern dazu mit Freuden austeilen, auch unsere Güter nicht lieber haben als den Nächsten.
43. Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.
Ihr: Es hatten auch die Schriftgelehrten und Pharisäer das Gesetz verfälscht, welches befiehlt den Nächsten lieben wie sich selbst. Denn die Pharisäer deuteten das Wort Nächster allein auf die Freunde: Darum Christus auch hier den rechten Verstand anzeigt.
Feind hassen: So haben die Schriftgelehrten und Pharisäer viele Jahre geredet, dass man zwar den Nächsten lieben soll, aber daneben den Feind hassen, nicht verboten. Das steht im 1. Teil des Gesetzes 3. Mose 19, mit diesen Worten: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst: Aber zum anderen Teil findet man in der Heiligen Schrift nichts. Es ist aber zu vermuten, die Pharisäer haben das anders Gesetz hinten angeflickt, aus dem göttlichen Gebot, welches den Israeliten von der Ausrottung der gottlosen Völker im Lande Kanaan gegeben wurde, das sie nicht richtig verstanden. Denn es hatte Gott den Israeliten verboten, dass sie mit den abgöttischen Leuten keine Freundschaft machen, noch sich in irgendein Bündnis mit ihnen einlassen sollten, damit sie von ihnen nicht verführt würden. Aber die Pharisäer und Juden meinten, es geschehe dem Gesetz damit genug, wenn sie ihre Freunde liebten, die Feinde aber (wenn sie auch gleich Israeliten wären) zu hassen, und sich an ihnen zu rächen, stünde ihnen frei, welches Christus als Unrecht verwirft.
44. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen {Lk 23v34 Apg 7v60},
Eure Feinde: Denn auch der Feind dein Nächster ist, besonders, wenn er deiner Hilfe bedarf, bist Du sein Nächster wiederum, wie das Gleichnis vom Samariter beweist {Lk 10}.
45. auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel Denn er lässt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.
Im Himmel: Und solches mit der Tat beweist, indem ihr seiner gnädigen und gütigen Art nachfolgt: Der nicht nur den Freunden, sondern auch seinen Feinden Gutes tut.
Und Ungerechte: Denn er ihnen alle Äcker und Felder befeuchtet, dass sie Frucht bringen können. Darum gebührt es sich, dass ihr eurem himmlischen Vater nachfolgt, und nicht nur euren Freunden und dankbaren Leuten, sondern auch den Feinden und Undankbaren, und denen, die sich übel um euch verdient haben, Gutes tut. Hier hat Christus auch kein neues Gesetz gegeben, auch nicht nur einen guten Rat mitgeteilt, dass man die Freunde lieben möge oder nicht, sondern den rechten und eigentlichen Verstand des alten göttlichen Gesetzes erklärt. Denn also steht geschrieben: Wenn Du deines Feindes Ochsen oder Esel begegnest, der sich verirrt hat, so sollst Du ihm diese wieder zuführen. Wenn Du des Esels siehst, den Du hasst, unter seiner Last liegen, hüte dich und lass sie nicht, sondern versäume gern das deine um seinetwillen {2Mos 23v24}. Und: Hungert deinen Feind, so speise ihn mit Brot, dürstet ihn, so tränke ihn mit Wasser {Spr 25}. Obwohl nun solches unserem Fleisch ganz schwer ankommt, so ist es uns doch, mit Hilfe und Verstand des Heiligen Geistes, nicht unmöglich, dass wir unsere Feinde wohl lieben und ihnen Gutes tun können. So haben auch getan Josef, Mose, David, Paulus, ja alle Frommen und rechtgläubigen Christen. Und es steht nicht so in unserer Macht, ob wir unsere Feinde lieben, und ihnen Gutes tun wollen oder nicht, sondern es ist uns mit allem Ernst befohlen, und hart aufgegeben. Wir sollen uns aber nicht nach der gottlosen Leute Beispiele richten, welche nur denen Gutes tun, von welchen sie einen Nutzen entweder bereit sind zu empfangen oder haben oder noch gegenwärtig sind. Denn wir sind Kinder Gottes, darum wir viel mehr und größere Dinge leisten sollen, als gottlose Leute, die nur alles nach ihrem Nutzen richten.
46. Denn so ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner?
Lohn haben: Meint ihr, dass Gott in jener Welt solche fleischliche Liebe belohnen werde? Sicher wird er es nicht tun.
Zöllner: Und andere gottlose Leute, so Gott nicht fürchten. Denn obwohl diese durch Finanz und Wucher, wie sie nur immer können und mögen, Geld zusammenkratzen und scharren, so tun sie doch ihren Freunden, von denen sie Gutes empfangen haben, oder noch gegenwärtig sind, wieder Gutes.
Zöllner Nach Luther: Sind Leute gewesen, die der Römer Zinsen und Steuern genommen hatten, und waren gottlose Heiden, von den Römern dazu eingesetzt.
47. Und so ihr euch nur zu euren Brüdern freundlich tut, was tut ihr Sonderliches? Tun nicht die Zöllner auch also?
Brüdern: Die euch lieben, und ihr sie wiederum auch liebt.
Sonderliches: Sollte es wohl etwas Besonderes und Vortreffliches sein, wenn ihr euch gegen den freundlich zeigt, der sich wohl um euch verdient gemacht, oder dir sonst vorher gut gewogen war?
48. Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist.
Vollkommen sein: Und viel anders gesinnt sein, als andere gottlose Leute, dass ihr gegen alle Menschen eine rechte und in brünstige Liebe habt.
Vollkommen ist: Und das höchste Gut, also, dass ihr nicht nur den Frommen, sondern auch den Bösen Gutes tut, dem folgt in eurem Tun nach, auf dass die Leute dabei erkennen, wie ihr Gottes Kinder und Erben des ewigen Lebens seid. Weil aber kein Mensch in diesem Leben solche Vollkommenheit leisten kann, die Christus in seiner Erklärung des Gesetzes fordert, so sollen wir uns vor Gott demütigen, unsere Sünden erkennen, unsere Übertretungen und Schwachheiten uns leid sein lassen, unser Vertrauen auf Christus setzen und um den Heiligen Geist bitten, auf dass wir mit seiner Hilfe das Gesetz Gottes erfüllen mögen, so viel in der Schwachheit des Fleisches geschehen kann.
Das 6. Kapitel
- Christus lehrt, man soll Almosen geben. Das Gebet recht anstellen. In der Gegenwart der Geldspende die Heuchelei meiden. Das Herz auf himmlische Schätze zu sammeln richten. Gott allein dienen, die vergebliche Bauchsorge nach hinten setzen. Besonders aber das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit zuerst suchen.
1. Habt Acht auf eure Almosen, dass ihr die nicht gebt vor den Leuten, dass ihr von ihnen gesehen werdet; ihr habt so keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel.
Habt: Die Pharisäer und Schriftgelehrten hatten nicht allein die Lehre verfälscht, sondern auch die Werke, welche an ihnen selbst gut, und Gott angenehm sind, als, Almosen geben, Beten und Fasten, mit Heuchelei befleckt, darum will Christus solchen Irrtum auch verbessern.
Keinen Lohn: Denn Gott wird eure Almosen nicht belohnen. Besonders, die solche Meinung beim Geben der Almosen haben, haben bereits viele eine Belohnung dafür empfangen, nämlich, einen Ruhm von den Menschen, dass man sie als freigiebige Leute, und gegen die armen Leute wohltätig nennt. Denn obwohl unser Licht leuchten soll, damit die Leute unsere guten Werke sehen, und den Vater im Himmel darüber preisen, wie in den vorigen Kapitel Christus gelehrt hat: Jedoch, sollen wir in unserem guten Werken keinen Ruhm suchen, sondern unser Tun dahin richten, dass wir Gott Gehorsam leisten, seine Ehre befördern und unserem Nächsten behilflich sein.
2. Wenn du nun Almosen gibst, sollst du nicht lassen vor dir posaunen, wie die Heuchler tun in den Schulen und auf den Gassen, auf dass sie von den Leuten gelobt werden. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn dahin.
Heuchler tun: Ihrer Gewohnheit nach, und sind solche Leute, die sich fromm stellen, als dass sie es wären. Dieselben, wenn sie Almosen austeilen wollen, pflegen sie solches zu tun, entweder in großen Versammlungen, da das Volk in großer Menge zusammenkommt, Gottes Wort anzuhören, oder auf den Straßen der Stadt, da sich viele Leute befinden, als an anderen Orten, machen dazu die Anordnung, dass man mit der Posaune zuvor ein Zeichen gebe, damit das Volk zusammenläuft, ihren Almosen mit Bewunderung der Zuschauer und ihre Frömmigkeit und Freigebigkeit danach überall rühmen und preisen.
Lohn dahin: So dürfen sie weiter keine Belohnung von Gott für ihre Almosen erwarten. Denn weil sie ihre Ehre gesucht, so haben sie diese bereits empfangen, und also ihren Lohn schon eingenommen. Dergleichen Almosen werden im Papsttum viel ausgeteilt, die vor den Leuten ein großes Ansehen und Lob der Frömmigkeit haben, vor Gott aber mit schändlicher Heuchelei befleckt sind. Wir sollen aber auch unsere Leute erinnern, dass sie mit solchen Werken der Gottseligkeit nicht ihre eigene, sondern Gottes Ehre suchen.
3. Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut,
Rechte tut: Also sollst Du deine Almosen nicht zeigen oder rühmen, dass wenn Du mit deiner rechten Hand gibst, die linke davon nichts wisse.
4. auf dass dein Almosen verborgen, sei; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir es vergelten öffentlich.
Öffentlich: Und zu seiner Zeit reichlich. Denn Gott vergilt die Guttaten gegen die Armen mit zeitlichen und geistlichen Gütern, wenn sie aus wahrem Glauben an den Messias, und aus rechtschaffener Liebe gegen den Nächsten kommt, darum sollen wir den Armen zu helfen, willig sein, und ihren Nutzen zu befördern uns befleißigen. Denn wer sich des Armen erbarmt, der leiht dem Herrn auf Wucher, wie die Schrift sagt. Und David sagt: Wohl dem, der sich des Bedürftigen annimmt, den wird der Herr erretten zur bösen Zeit. Der Herr wird ihn bewahren und beim Leben erhalten, und ihm lassen wohlgehen auf Erden, und nicht geben in seiner Feinde Willen, der Herr wird ihn erquicken auf seinem Sterbebette. Und im 41. Psalm. Und Christus selber wird unsere Freigebigkeit an jenem Tag rühmen und reichlich belohnen, wenn er sagen wird: Was ihr getan habt unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan {Mt 25}.
5. Und wenn du betest, sollst du nicht sein wie die Heuchler, die da gerne stehen und beten in den Schulen und an den Ecken auf den Gassen, auf dass sie von den Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn dahin.
Und: Bis jetzt ist vom Almosen geredet worden. Folgt jetzt vom Gebet, wie dieses recht anzustellen ist.
Gesehen werden: Dass man viel auf sie halte, als wären sie ganz andächtige Leute.
Lohn dahin: Denn sie haben bereits ihren Ruhm bei den Leuten gehabt, darum dürfen sie von Gott keinen anderen Lohn mehr erwarten, und ihr Gebet wird von Gott nicht erhört.
6. Wenn du aber betest, so gehe in dein Kämmerlein und schließe die Tür zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir es vergelten öffentlich.
Im Verborgenen: Dass niemand sieht, wie Du dein Herz vor Gott mit deinem inbrünstigen Gebet ausschüttest.
Verborgenen sieht: Und ihm auch die allergeheimsten Sachen nicht unbekannt sind.
Vergelten: Denn er wird dein Gebet erhören, dir wohltun, auf das es öffentlich bekannt werde, Du hast einen gnädigen Gott, der dein Gebet nicht verachtet. Es verbietet Christus aber hiermit nicht, dass wir in einer allgemeinen Versammlung der Kirche nicht öffentlich beten müssten, oder sonst unser Gebet vor oder nach dem Essen laut sprechen, sondern verwirft die Heuchelei, da man mit dem Gebet will gesehen werden, und dieses dahin richtet, dass man von den Leuten gelobt werde. Darum sollen wir zum allgemeinen Gebet kommen, und mit unserem Personal auch beten. Aber wenn wir allein sind, nichts desto weniger, und Gott von Herzen anrufen und unsere Not mit Seufzen in seinen Schoß ausschütten.
7. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viel Worte machen.
Worte machen: Sie meinen, dass sie mehr bekommen, je länger und weitläufiger sie beten.
8. Darum sollt ihr euch ihnen nicht gleichen. Euer Vater weiß, was ihr bedürft, ehe denn ihr ihn bittet.
Nicht gleichen: Denn ihr seid Christen, die ihr den rechten Gott wahrhaftig erkennt, und nicht Heiden, darum es sich bei euch eines solchen heidnischen langen Geschwätzes nicht bedarf. Es verbietet zwar Christus auch hier nicht ein langes, inbrünstiges Gebet, denn man findet in den Psalmen Gebete, die lang sind, und ist das Gebet Christi, welches Johannes im 17. Kapitel geschrieben, auch nicht kurz, sondern Christus verwirft den Irrtum, welche meinen, Gott erhöre ihr Gebet nicht, wo sie nicht mit vielen Worten ihm ihre Not und ihr Anliegen zu erkennen geben, gerade als wüsste er sonst nichts davon. Denen sind sie allerdings gleich, welche meinen, ihr Gebet sei angenehm um des Werkes willen an sich selber, das ist eben darum, weil sie das Gebet, als ein Werk verrichten. Daher hat man im Papsttum das Gebet in gewisser Anzahl Gott vorgebracht, und nach dem Pater Noster oder den Rosenkränzen abgezählt und nachgerechnet. Wie es auch mit dem Standen Gebet die gleiche Meinung hat, da man das Gebet meistens ohne Verstand und Bewegung des Herzens murmelt, und meint damit, Gott sei ihnen jetzt verbunden und verpflichtet, dass er tun müsse, was sie wollen, weil sie ihm täglich eine gewisse Anzahl der Gebete zuschreiben. Wir aber sollen wissen, dass auch das allerkürzeste Gebet, sofern es inbrünstig ist, und aus dem Glauben kommt, bei Gott kräftig sei. Sie sollen mit Fleiß, dass Herz und Mund miteinander übereinstimmen, und nicht die Gedanken unter dem Gebet an anderen Orten herumschweifen, gesprochen werden. Denn es ist darum kein Wunder, dass Gott die nicht erhört, der sich selbst nicht hört, das ist, der mit dem Munde betet und dabei im Herzen mit anderen Gedanken umgeht.
9. Darum sollt ihr also beten: Unser Vater in dem Himmel! Dein Name werde geheiligt {Lk 2v2}.
Also beten: Obwohl nun diese Form zu beten, die uns Christus selber vorgeschrieben, sollen andere gottselige Gebete, deren man viel in den Psalmen und sonst in der Heiligen Schrift findet, nicht abgetan oder aufgehoben werden. So ist jedoch gewiss, dass dies das allerbeste und vollkommenste Gebet ist, welches allein alles beinhaltet, was uns zur Seele und des Leibes Wohlfahrt nötig ist, und was man von Gott bitten soll. Weil uns auch der eingeborene Sohn Gottes, dem des himmlischen Vaters Wille am besten bekannt ist, solche Weise zu beten, selbst vorgeschrieben hat, so ist kein Zweifel, wir werden erhört, wenn wir dies Gebet aus dem Glauben heraus sprechen. Wir sollen aber Gott bitten, dass er uns erhören wolle um des Mittlers Christi willen, welches bei Gott so viel gelten wird, als wenn Christus unsere Bitten unterschrieben, oder solche seinem himmlischen Vater selber übergeben hätte.
Unser Vater: Christus lehrt uns vorher, einen Eingang zum Gebet zu machen, damit wir den himmlischen Vater bewegen, dass er uns gnädig hören wolle, auch dass wir unseren Glauben stärken und nicht zweifeln. Wir werden bekommen, was wir bitten.
Himmel: Du gütiger himmlischer Vater, erhöre uns arme Sünder, deine Kinder.Es dürfen aber Gott einen Vater nennen alle, die wahrhaftig an Christus glauben. Denn Christus hat Macht gegeben, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben {Joh 1}. Ist nun Gott unser Vater, so wird er auch unser Gebet annehmen, und etwas bei ihm gelten lassen. Denn welcher Mensch ist (spricht Christus), so ihn sein Sohn bittet um Brot, der ihm einen Stein biete? Oder so er ihn bittet um einen Fisch, der ihm eine Schlange biete? So denn ihr, die ihr doch arg seid, könnt euren Kindern gute Gaben geben, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten {Mt 7}? Wir nennen ihn aber unseren Vater, um anzuzeigen, dass wir auch für andere Leute, besonders für unsere christlichen Brüder bitten sollen, und dass wir wissen, die ganze Kirche bittet für uns. Welches den elenden Leuten ein großer Trost sein soll. Wir nennen ihn aber einen Vater im Himmel, damit unseren Glauben zu stärken, indem wir seine unendliche Macht betrachten. Denn obwohl die irdischen Väter auch einen guten Willen und Zuneigung haben, ihren Kindern zu helfen, so können sie es doch oft nicht tun. Aber der himmlische Vater kann in aller Not helfen, weil er allmächtig ist und ein Herr des Himmels und der Erde. Darum soll mit diesem Eingang des Gebetes Christi unser Glaube aufgemuntert werden, dass wir inbrünstig und ernstlich beten, und nicht zweifeln, unser Gebet werde erhört, obwohl manchmal die Hilfe aus Gottes gutem Rat und Bedenken eine Zeit lang aufgeschoben und verzogen wird.
Denn: Folgen jetzt die sieben Bitten ordentlich nacheinander.
Geheiligt: Es wird aber dann Gottes Name geheiligt, oder gerühmt und gepriesen, wenn man von Gott recht und gottselig lehrt und recht glaubt. Denn so wird Gott recht erkannt, und von seiner Kirche gepriesen und geheiligt. Danach wird auch der Name Gottes geheiligt, wenn das Volk Gottes christlich und gottselig lebt, nach dem Spruch: Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen, und euren Vater im Himmel preisen {Mt 5}. Wir bitten auch in diesen Worten, dass die falschen Lehrer zurückgetrieben werden, welche mit ihrer irrigen Lehre zur Gotteslästerung Ursache geben, und bitten, dass Gott Ärgernisse verhüten möchte, damit der Name Gottes nicht um unseretwillen unter den Heiden und anderen Widersachern der Wahrheit verlästert werde, wenn sie unter den Christen Laster sehen, dass sie sprechen: siehe, soll das Gottesvolk sein? Solches finden wir auch bei Jesaja im 52. Kapitel, Hesekiel 36, und vom Paulus im Römerbrief.
10. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel.
Reich komme: Das geistliche Reich Gottes ist Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist. Darum bitten wir den himmlischen Vater, dass durch die Predigt des Evangeliums, Christi geistliches Reich befördert und in unseren Herzen durch den Glauben angefangen werde, auf dass wir Frieden und Ruhe des Gewissens bekommen, und aus Glauben ein gerechtes und unsträfliches Leben führen, bis wir endlich nach diesem Leben der ewigen Freude im Reich Christi teilhaftig werden. Wir bitten auch, dass Gott dem Reich des Satans und Antichristen widerstehe und dieses stürze, aber seine Kirche auf dieser Erde wider so vieler Anläufe des Teufels gnädiglich erhalten wolle.
11. Unser täglich Brot gib uns heute.
Unser: Bis hierher haben wir um geistliche Guttaten gebeten, jetzt wollen wir in der vierten Bitte auch leibliche Güter begehren, auf dass wir hier unseren Beruf auf Erden gut verrichten und vollenden können.
Täglich Brot: Unter dem Namen des täglichen Brotes begreifen wir alles, was zur Erhaltung dieses Lebens nötig ist. So viel nun die Nahrung und Kleidung angeht, lässt die Natur mit wenigem sich begnügen. Darum, wenn uns gleich nicht alles in großer Menge zufließt, so sollen wir uns erinnern, dass wir nicht viel Gold und stattlicher Bankette, sondern um das tägliche Brot von Gott gebeten haben. Es bezeugt aber diese Bitte, dass Gott uns Nahrung und Kleidung, und anders, so dieses Leben zu verbringen, nötig tut. Aber wir müssen es empfangen durch ein gottseliges Gebet, so es aus dem Glauben kommt und mit fleißiger Verrichtung unseres Berufes. Denn wer nicht arbeitet (spricht der Apostel Paulus), der soll auch nicht essen {2Thes 2}. Welche aber Gott um das tägliche Brot bitten und daneben mit Betrug und bösen Taten ihre Nahrung suchen, die nennen zwar Gott mit dem Wort einen Vater und rufen ihn mit dem Namen an, aber der Nahrung sind sie aus der Hand des Teufels gegenwärtig. Weil wir aber um unser tägliches Brot bitten, so bitten dies sowohl die Armen für die Reichen, als die Reichen für die Armen. So nun die Armen den Reichen durch ihr Gebet ihre Güter helfen zu Wege zu bringen, so ist es richtig, dass ihnen von den reichen Gütern wiederum auch geholfen werde. Und ist das Gebet um das tägliche Brot, wenn es aus Glauben geschieht, viel kräftiger, als die Früchte auf dem Felde zu erhalten, als das Geläut der Glocken im Papsttum gegen Unwetter, welche abergläubischerweise mit geweihtem Öl gesalbt, und mit Weihwasser getauft wurden.
12. Und vergib uns unsere Schulden, wie wir unsern Schuldigern vergeben.
Und: Das Gebet wird von den zeitlichen Sachen bald wieder auf das geistliche gerichtet, weil diese nötiger sind als jene.
Schulden: Die Schwachheit unseres Fleisches ist so groß, dass wir täglich sündigen, darum uns immer neue Schulden im Gewissen drücken und anfechten, die wir nicht bezahlen oder ablegen können. Es hat aber Christus für alle unsere Sünden genug getan, und alle Schulden mit seinem Blut durchgestrichen: Dieser guten Tat, bitten wir, dass uns Gott wolle teilhaftig machen, damit, wenn uns die gute Tat Christi durch den Glauben zugerechnet wird, unsere Sünden vor Gottes Gericht nicht mehr in Rechnung gestellt werden, sondern uns erlassen werden. So bitten wir auch, dass die leibliche und zeitliche Strafe der Sünden entweder ganz weggenommen, oder doch gemildert werde, nach dem Spruch des 103. Psalm: Er handelt nicht mit uns nach unseren Sünden, und vergilt uns nicht nach unserer Missetat. Wir versprechen aber Gott zur Dankbarkeit, dass wir unseres Nächsten, auch seine Fehler und Mängel, damit der uns beleidigt hat, verzeihen wollen. Welche darum dem Nächsten nicht verzeihen wollen, sondern rachgierig sein, die beten wider sich selbst, und ziehen so die Rache Gottes über sich. Man redet aber jetzt nicht von der Obrigkeit, Kirchendiener oder Hausväter Amt, die nach Gelegenheit ihres Berufes der Menschen Übertretungen mit Worten oder in der Tat strafen müssen. Es wird auch hier keine Freiheit versprochen, dass er seine Schulden, die er gemacht hat, nicht zahlen dürfte. Obwohl die Christen auch in diesem Stück wissen, dass sie nicht immer den strengen Weg gehen sollen.
13. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
In Versuchung: Demnach ist eines Christen Menschen Leben eine stetige Ritterschaft, weil wir gegen viel Anfechtungen streiten und kämpfen müssen, so bitten wir in dieser sechsten Bitte, nicht zwar, dass wir immer ohne Versuchung bleiben, sondern dass wir in der Anfechtung und Versuchung nicht unterliegen. Denn unser Fleisch ist so verdorben, dass es weder in Glück noch Unglück sich richtig verhalten kann. Wenn es wohl geht, so ist es übermütig, geht es übel, so ist es zaghaft. Zudem reizt uns die Welt bald zu ungebührlichen Wolllüsten, dass wir denselben nachhängen, bald wiederum treibt sie uns zur Ungeduld. Der Satan aber richtet all sein Tun dahin, dass er uns entweder bei gutem Glück zu Gottes Verächtern macht oder durch Unglück in Verzweiflung stürzt. Darum, auf dass wir in diesem Streit siegen, müssen wir mit dem Worte Gottes gerüstet, im Glauben und in der Hoffnung gestärkt und mit inbrünstigem Gebet gewappnet sein {Eph 6}.
Übel: Wir wissen nicht, was gut oder böse ist, und verurteilen oft Böses, was uns der himmlische Vater zur Förderung unserer Seligkeit geschickt. Dagegen sehen wir oft für gut an, was unsere Seelen das Verderben verursacht, wenn es nicht verhindert würde. Darum bitten wir Gott, dass er uns von dem was uns schädlich ist, beizeiten erlöse, und flehen dem lediglich, dass wir durch einen seligen Ausgang aus diesem Leben mit seiner Hilfe von allem Übel einmal erlöst werden und die rechte ewige Heimfahrt erlangen. Denn es ist nicht alles böse, was wir denken, wie auch nicht alles gut ist, was so scheint. Darum sollen wir Gott bitten, dass er unserer Seligkeit in Acht nehme, weil er am besten weiß, was uns nützlich ist.
Denn: Nun folgt ein Anhang zum Schluss, welches unseren Glauben stärken kann und soll, als der Eingang dieses Gebetes. Obwohl er nun nicht in allen griechischen Exemplaren gelesen wird, soll man ihn doch keineswegs auslassen. Denn man findet ein gleiches Gebet von David in 1. Korinther 29. Und werden wir der Allmacht und Güte Gottes dabei erinnert.
In Ewigkeit: Darum fliehen wir zu dir, himmlischer Vater, der Du über alle Kreatur in der ganzen Welt herrscht. Du kannst alle Dinge, bei dir ist nichts unmöglich, ob es gleich vor unseren Augen unmöglich scheint. Du willst auch gepriesen werden und den Ruhm bei den Menschen haben, dass Du der allergütigste Gott und Vater bist, der seinen Kindern nichts abschlagen kann, was ihnen nützlich ist, und zu ihrem Heil dienen mag. Dazu sind deine Gewalt und Güte ewig, und wird niemals ein Ende nehmen. Darum ist kein Zweifel, wir werden durch unsere Bitte geschützt, denn Gott kann helfen, und weil er das Lob der Güte davon bringen will, so werden wir gewisslich erhört werden. Beschließen wir also dies Gebet recht mit dem Wort, Amen. Dieses bedeutet eine Gewissheit oder Wahrheit. Als wenn wir sagten: Es geschehe, was wir gebeten haben, ja, es wird gewisslich geschehen, weil der, den wir angerufen haben, der Allermächtigste, Wahrhaftige und Freigiebige ist. Darum sollen wir in gewisser Zuversicht der Erhörung bitten und nicht zweifeln, wir werden bekommen, was wir begehren. Denn Christus spricht: Darum sage ich euch, alles was ihr bittet in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr es empfangen werdet, so wird es euch werden {Mt 7}.
14. Denn so ihr den Menschen ihre Fehler vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben.
Denn: Christus setzt eine nützliche und nötige Erinnerung hinzu, und ermahnt uns, dass, indem wir beten, wir dem Nächsten auch seine Fehler vergeben sollen. Denn der wird nicht erhört, welcher in seinem Herzen wider den Nächsten Neid und Hass trägt und begehrt, sich an ihm zu rächen, wie Christus an anderer Stelle spricht: Wenn ihr steht und betet, so vergebt, wo ihr etwas gegeneinander habt, auf dass euer Vater im Himmel euch auch vergebe eure Fehler {Mk 2}. Jedoch ist die Vergebung unserer Sünden nicht auf unsere Vergebung oder Verzeihung gegründet, sondern sie besteht auf dem Verdienst Christi, und auch die Erbarmung und Zusagung oder Verheißung Gottes, und wird mit Glauben empfangen. Nichtsdestoweniger aber vergewissert uns unsere Vergebung, dass auch Gott unsere Sünden uns verziehen hat. Und wir sind solche Dankbarkeit Gott schuldig, dass wir dem Nächsten seine Fehler vergeben. Man handelt aber hier nicht vom Amt der Obrigkeit, oder Kirchendiener, oder Hausväter, wo man dagegen oft einen Ernst gebrauchen muss, sondern Christus redet hier von besonderen Personen im täglichen Leben,(wie z.B. Beleidigungen), die wir dem Nächsten verzeihen sollen, wenn wir es aber nicht wollen, dass uns unsere Sünden von Gott auch nicht verziehen werden.
15. Wo ihr aber den Menschen ihre Fehler nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Fehler auch nicht vergeben.
16. Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer sehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihre Angesichte, auf dass sie vor den Leuten scheinen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn dahin.
Wenn: Die Pharisäer, als Heuchler, hatten auch die Weise zu Fasten verkehrt, und solche zum Schein und Pracht gerichtet. Darum verwirft Christus ihre Heuchelei und lehrt, dass man richtig fasten soll.
Angesichte: Dass sie die Stirn runzeln, traurig umhergehen und den Kopf hängen lassen, damit jedermann nach dem Aussehen spüren kann, wie sie fasten, welches der Heuchler Art ist. Denn die Heuchelei sucht Ruhm bei den Leuten, aber um den wahren Ruhm vor Gott und den Heiligen Engeln bekümmern sie sich wenig. Es waren aber im Alten Testament viele Fasten, die man oft hielt, und waren gleich eine Zucht des Volkes, doch nicht der Meinung von Gott eingesetzt oder geboten, dass man dadurch vor Gott die Sünden abtragen könnte, sondern dass sie vor Gott sich wahrhaftig demütigten und ihre Sünden desto besser erkennen. Ein solches Fasten der Juden war, dass sie jedes Jahr auf dem Fest der Versöhnung hielten {3Mos 16}. Sie fasten denn den ganzen Tag, bis zum Sonnenuntergang, dass sie sich von aller Speise und Trank enthielten. Häufig setzte auch die Obrigkeit ein Fasten an, wenn eine große Gefahr dem Volk Gottes vor Augen schwebte, damit das Gebet umso inbrünstiger wäre. Wie denn solch ein Fasten der fromme König Josaphat ausrufen ließ, da die Feinde in das Königreich Juda fielen {2Chr 20}. So machten sie auch freiwillig, so oft sie wollten, für sich selbst ein Fasten. Im Neuen Testament fastete man in der ersten Kirche auch, wenn man etwas Großes durch das Gebet von Gott erlangen wollte, wie der Apostel Geschichten bezeugen. Und mag ein jeder Christ nach seinem Wohlgefallen fasten, damit er den alten Adam desto leichter bezwingen und im Zaum halte. Aber das päpstliche Fasten, welches nicht allein alle Menschen an eine gewisse Zeit bindet, sondern auch auf einen Unterschied der Speise besteht, mit einem Gottlosen Wahn gefälscht ist, als würden die Sünden durch solche Werke bei Gott versöhnt, ist aus unserer Kirche richtigerweise entfernt worden.
Lohn dahin: Indem sie von den Leuten einen Ruhm erlangt haben, so dürfen sie weiter von Gott keine Belohnung hoffen, in der Betrachtung, dass sie der Menschen Lob, welches sie genug bereits bekommen haben. So belohnt Gott die Heuchelei nicht, weil er sie hasst und verwirft.
17. Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Angesicht,
Fastet: Der Du ein Gott seliger Mensch bist, so verberge dein Fasten vor den Leuten.
Salbe: Mit gut riechendem Öl oder Salben, wie es bei den Hebräern gebräuchlich war, wenn sie ein köstliches Wohlleben anrichten wollten.
Angesicht: Dass Du ein gutes Aussehen bekommst und dich fröhlich gibst.
18. auf dass du nicht scheinst vor den Leuten mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, welcher verborgen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir es Vergelten öffentlich.
Verborgen ist: Denn er ist unsichtbar und sieht doch daneben alle Dinge. Darum ist es genug, wenn er dich fasten sieht. Es sind unsere guten Werke nicht verloren, die im Geheimen geschehen, weil sie bei Gott bekannt sind, obgleich sie die Menschen nicht sehen. Die Katholiken aber und Wiedertäufer machen einen großen Frevel, indem sie unverschämt schreien und uns bezichtigen, es geschehen keine guten Werke bei uns, weil wir sie nicht sehen lassen, damit nicht stolzieren, wie sie, die Heuchler und heuchlerischen Katholiken oder Wiedertäufer. Aber Gott, der gerechte Richter, wird zu seiner Zeit am Jüngsten Tage offenbar machen, welcher Teil mehr oder bessere Werke getan habe.
19. Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, da sie die Motten und der Rost fressen, und da die Diebe nachgraben und stehlen.
Ihr: Bis jetzt hat Christus die falsche Lehre und der Pharisäer heuchlerischen Wandel behandelt und verworfen. Jetzt verbessert er auch einen allgemeinen Mangel, der fast allen Menschen anhängt, dass sie nämlich sich zu viel auf das Zeitliche legen und sich viel Mühe machen, damit sie irdische Schätze sammeln können, um die geistlichen Güter sich aber wenig kümmern.
Stehlen: Denn die irdischen Schätze sind vielen und mancherlei Zufällen unterworfen, dadurch sie verloren gehen können oder doch nicht zu ihrem Nutzen kommen, der sie besitzt. Jedoch will Christus hier nicht verbieten, dass wir mit einer ehrlichen Vorsichtigkeit nicht sollten etwas sammeln, davon wir im Alter zu leben haben, und anderen Leuten nicht dürfen beschwerlich sein, dass auch unsere Kinder nicht müssen um Brot betteln. Denn wer die Seinen und besonders seine Hausgenossen nicht versorgt, der hat den Glauben verleugnet und ist ärger als ein Heide {1Tim 5}. Und an einer anderen Stelle spricht Paulus, die Eltern sollen den Kindern Schätze sammeln. Es ist Christi besondere Meinung, dass wir die irdischen Güter nicht sollen für unseren Schatz halten, und diese deswegen zusammenbringen, zu mehren, und zu erhalten uns darauf bemühen, dass wir meinen, es sei damit alles ausgerichtet, wenn wir nur Reichtum bekommen. Denn das steht einem Christen nicht zu. Ja auch, wenn Gott großes Einkommen gibt, so sollen wir doch mit dem Herzen nicht an dem Reichtum hängen, sondern unser Vertrauen allein auf Gott setzen: Wie der 62. Psalm sagt: fällt euch Reichtum zu, so hängt das Herz nicht daran).
20. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, da sie weder Motten noch Rost fressen, und da die Diebe nicht nachgraben noch stehlen {Lk 12v33 1Tim 6v19}.
Im Himmel: Denn was dahin gelegt wird, das ist vor aller Gewalt und Unfall befreit. Wir sammeln uns aber Schätze im Himmel, wenn wir Christus aus dem Evangelium erkennen, und durch den Glauben, Vergebung der Sünden und die Erbschaft des ewigen Lebens erlangen. Das ist der beste Reichtum. Auch sammeln wir uns Schätze im Himmel, wenn wir aus rechtschaffener Liebe dem bedürftigen Nächsten mit unseren Gütern behilflich sind, dann haben wir einen Schatz im Himmel, wie Christus lehrt. Denn was wir einen von den geringsten Brüdern Christi getan haben, das wird er dafür achten und rechnen, als wäre es ihm selbst geschehen. Weiter legen wir einen Schatz in den Himmel, wenn wir, im Fall der Not, um Christi willen unsere Güter verlassen, wie Christus sagt: Wer verlässt Häuser, oder Brüder, oder Schwestern, oder Vater oder Mutter, oder Weib oder Kinder, oder Äcker, um meines Namens willen, der wird es hundertfältig nehmen, und das ewige Leben ererben {Mt 19}.
21. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.
Euer Schatz: Darum soll unser Herz an Gott hängen, und mit himmlischen Gedanken umgehen. Welche aber irdische Schätze sammeln und sich um diese bemühen, dessen Herz hängt an dem Reichtum, darum sie Gott nicht lieben noch achten, noch wahrhaftig ehren. Und es steht einem Christen übel an, wenn er sich darauflegt, dass er nur auf Erden Schätze bekommen möge.
22. Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.
Das: Wenn jemand fragen wollte, ob man denn gar keinen Reichtum besitzen oder Güter ehrlicher Weise sammeln kann, so gibt hier Christus einen Unterricht, wie man sich zu verhalten hat.
Leibes Licht: Denn es den ganzen Leib licht und hell macht, wenn nur das Auge hell und klar ist, so wird der ganze Leib erleuchtet, dass er nirgends anstößt oder anläuft. Ist aber das Auge schadhaft oder verdorben, so ist der Leib auch finster, und es können die Glieder ihr Amt nicht richtig verrichten. Eben dieser Meinung hat es auch mit dem Gemüt und Herzen, besonders in der Behandlung solcher Sachen, die zum zeitlichen Leben gehören. Wenn das Herz gottselig ist und Gott lieb hat, so wird der Mensch auch in zeitlichen Sachen recht handeln und all sein Tun zur Ehre Gottes und des Nächsten Nutzen anstellen. Ist er aber im Herzen böse und gottlos, so wird auch alles, was er sich vornimmt, gottlos sein. Darum werden auch die zeitlichen Güter nicht recht zu Wege bringen, noch richtig damit umgehen, sondern wird dem Geiz so ergeben sein, und alles nach dieser Welt Wollust richten. Wenn nun das Herz oder Gemüt, welches den ganzen Menschen erleuchten und regieren sollte, verdorben ist, wie verkehrt werden denn desselben Menschen Verrichtungen sein? Darum sollen wir beachten, dass unser Herz rein und christlich sei, so werden wir die zeitlichen Sachen recht, und nicht wider Gott gebrauchen. Wir sollen uns weiter daran erinnern, was Paulus sagt: Die Zeit ist kurz: Weiter ist das die Meinung, die da Frauen haben, dass sie sind, als hätten sie keine, und die da weinen, als weinten sie nicht, und die sich freuen, als freuten sie sich nicht, und die da kaufen, als hätten sie es nicht, und die dieser Welt gebrauchen, dass sie der selbigen nicht missbrauchen, denn das Wesen in dieser Welt vergeht {1Kor 7}. In dieser Weise hat Abraham, wie auch andere den Reichtum richtig gebraucht, weil ein frommes und reines Herz in ihnen war.
23. Wenn aber dein Auge ein Schalk ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn aber das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis selber sein!
24. Niemand kann zwei Herren dienen. Entweder er wird einen hassen und den andern lieben, oder wird einem anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon {Lk 16v13}.
Niemand: Es war Christus nicht verborgen, wie die Leute zum größten Teil für die Nahrung und Kleidung zu sorgfältig waren. Darum ermahnt er sie mit einer ernsten Rede und vielen Ursachen gegen solche gottlose Sorge, welche aus lauter Misstrauen gegen Gott kommt, und den Menschen zu vielen Sünden Anlass gibt.
Zwei Herren: Die sich feind und zuwider sind.
Mammon: Das heißt, dem Reichtum. Denn Mammon heißt in der chaldäischen und syrischen Sprache nichts anderes als Reichtum. Dies ist die Erklärung des vorigen. Darum werdet ihr entweder Gott hassen und das Geld lieben, oder euer Herz wird Gott anhängen, und das Geld verachten. Dieses ist unfehlbar und gewiss, dass die, so den Reichtum lieben, und solchen sammeln und zu mehren sich immer mehr darin ergeben, Gott nicht lieben noch achten, sondern in ihren Herzen ihn vielmehr anfeinden. Denn weil Gott will, dass wir unsere Güter zur Beförderung der Ehre Gottes und des Nächsten nutzen gut anlegen sollen, so zieht der Mammon einen Menschen von solch ehrlichem und christlichem Vorhaben ab, und treibt ihn Geld und Gut, dazu mit bösen Praktiken, sammeln, mehren, und behalten. Welche sich um Nahrung und Kleidung bekümmern und danach trachten, wie sie viel Geld und Güter mögen zusammenbringen, die sind nicht Gottes, sondern des Mammons Diener.
25. Darum sage ich euch: Sorgt nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr denn die Speise und der Leib mehr denn die Kleidung {Ps 55v23 Lk 12v22 1Petr 5v7 Hebr 13v5}?
Leben: Wie ihr dieses erhalten möget. Es verbietet aber Christus, eine ehrliche und gottselige Fürsorge nicht, dass wir darauf achten, damit wir unsere Nahrung und Kleider durch richtige Mittel bekommen mögen und anderen nicht zur Last fallen, sondern die gottlose Sorgfältigkeit wird verworfen, da wir Gott nicht trauen und weder Nahrung noch Kleidung von ihm erwarten, sondern, durch unrechte Mittel diese zuwege bringen wollen.
Ist nicht: Jetzt redet er von dem Grund, warum wir der Nahrung und Kleidung wegen nicht sorgfältig sein sollen. Denn wie viel besser ist das Leben als die Nahrung? Und übertrifft der Leib die Kleidung sehr. Hat nun Gott dir ohne dein Verdienst und deine Fürsorge das Leben gegeben, wie sollte er die nicht auch die Nahrung geben, damit das Leben bis zur bestimmten Zeit erhalten werde? Und der dir den Leib gegeben hat, sollte er dir nicht auch des Leibes Kleidung geben, damit Du ihn ehrlich bedecken könntest? So auch wir deswegen unser Leben betrachten, und unseren Leib anschauen, so auch sollen wir die gottlose Bauchsorge von der Nahrung und Kleidung zurückhalten.
26. Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie?
Himmel an: Und lernt aus ihrer Beobachtung euren Glauben von der Güte eures himmlischen Vaters stärken.
Scheunen: Dass ihnen für ein oder mehrere Jahre Nahrung gegeben ist.
Denn sie: Da ihr doch zu Gottes Ebenbild erschaffen seid, und der Welt Heiland euch geschenkt ist, dass ihr ewig leben sollt. Sollte nun wohl der himmlische Vater, als der allermächtigste Herr, die Vögel speisen, sie allein zu diesem Leben geschaffen wurden, und euch, seine Kinder lassen Hungers sterben? Es will uns aber Christus mit dem Beispiel der Vögel nicht zum Müßiggang weisen. Denn auch die Vögel ihre Arbeit verrichten, dazu er sie erschaffen hat, sondern er macht das, weil Gott (wie der 147. Psalm sagt) dem Vieh sein Futter gibt, und den jungen Raben, die ihn anrufen, ihre Speise. So sollen die Vögel unsere Prediger sein, dass wir unserem Gott und gnädigen himmlischen Vater trauen lernen.
27. Wer ist unter euch, der seiner Länge eine Elle zusetzen möge, obgleich er darum sorgt?
Wer: Christus zeigt mit einem Gleichnis an, was für ein närrisches und vergebliches Ding es ist, wenn man mit der Sorge für die Nahrung und Kleidung sich selber plagt.
Darum sorgt: Wie man es ins Werk bringen kann. Darum welche sich mit Sorgen plagen, die machen sich unnütze und vergebliche Bekümmernisse und werden mit solcher Sorge nicht um einen Pfennig reicher, ebenso wenig als sie einen größer machen, wenn er damit viele schlaflose Nächte verbrächte.
28. Und warum sorgt ihr für die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen! Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht.
Kleidung: Als ob der himmlische Vater zugeben würde, dass ihr nackt und bloß in der Kälte erfriert, oder anderen zum Gespött werden müsstet?
Sie nicht: Und werden dennoch nichtsdestoweniger von Gott mit hübschen Kleidern geziert.
29. Ich sage euch, dass auch Salomo in all seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist als der selbigen eins.
Nicht bekleidet: Denn es ist menschlicher Fleiß mit der göttlichen Weisheit nicht zu vergleichen, welche Gott nicht allein in der Haltung der Kreaturen, sondern auch dieselbe zu zieren sehen lässt.
30. So denn Gott das Gras auf dem Felde also kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, sollte er das nicht viel mehr euch tun, o ihr Kleingläubigen?
Morgen: Das heißt, eine kurze Zeit, da es um einen einzigen Tag zu tun ist, dass es zunichtewird.
Euch tun: Die ihr seine Kinder seid, und er zum ewigen Leben erschaffen hat.
Kleingläubigen: Die ihr Gott nicht zutraut, dass ihr so viel Güter von ihm bekommen könnt, als er zu geben bereit ist. Wenn wir als Beispiel das Gras und die Blumen anschauen, so sollen wir nicht allein Gottes wunderbare Weisheit, sondern auch seine Güte daraus erkennen, auf dass wir unseren Glauben, die Kleidung von ihm zu erlangen, stärken. Wir sollen uns aber auch an einer bescheidenen Kleidung begnügen lassen, die nicht hässlich, schändlich, oder üppig sei, denn Gott hasst die Übertreibung in der Kleidung, wie auch in allen anderen Dingen. Besonders aber sollen die Frauen der gar zu üppigen Kleidung sich enthalten {1Petr 3}. Und sollen wir uns erinnern, dass Gott viel freigiebiger gegen uns ist, als wir hoffen dürfen. Darum sollen wir ein gutes Vertrauen zu ihm haben und von unserem himmlischen Vater allerlei Gutes erhoffen, der viel williger ist zu geben, als wir zu nehmen und zu empfangen.
31. Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen, was werden wir trinken, womit werden wir uns kleiden?
Nicht sorgen: Und euch mit Sorgen der Nahrung und Kleidung wegen vergeblich plagen und abmartern.
Kleiden: Woher wollen wir es alles nehmen, was wir zu unseres zeitlichen Lebens Unterhaltung bedürfen?
32. Nach solch allem trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr dessen alles bedürft.
Heiden: Welche keine rechte Erkenntnis Gottes haben und nicht glauben, dass Gott sich der menschlichen Sachen annimmt, noch für sie sorge, viel weniger, dass ein anderes Leben nach diesem sei. Darum sie ängstlich diesem nachdenken, wie sie zeitliche Sachen und Güter bekommen, und machen sich darum viel Sorge und Mühe. Ihr aber sollt viel anders gesinnt sein, weil ihr Kinder Gottes seid, und Erben des ewigen Lebens, und wisst, dass Gott für euch sorge, welches er auch tun wird.
Bedürft: Darum er es aus großer Liebe gegen euch soweit niemals kommen lassen wird, dass euch an notdürftigen Sachen etwas fehlt. Denn wir sollen nicht meinen, dass uns unsere Bedürftigkeit besser bekannt sei, als unserem himmlischen Vater, der für uns sorgfältig ist, als sonst ein leiblicher Vater, oder treue Hausmutter für ihr Kind. Da aber manchmal fromme Leute vor Hunger, Durst, oder Blöße verschmachten, solche muss man unter die Märtyrer zählen.
33. Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen.
Trachtet: Jetzt gibt uns Christus einen Bericht, wie man mit dem tun soll, damit niemand meinen möchte, er dürfte gar nicht sorgen. Denn wir sollen unsere größte Sorge sein lassen, wie wir möchten in den Himmel kommen und selig werden. Darum sollen wir das Wort Gottes mit höchstem Fleiß hören und lernen, und dem Evangelium von Christus glauben, auf dass wir durch den Glauben an ihn gerechtfertigt werden. Solchen Glauben sollen wir später stärker mit einem gottseligen Gebrauch der Sakramente, und unseren Beruf einen christlichen und Heiligen Wandel führen. Wenn wir uns solcher Sachen mit Ernst befleißigen, so wird unterdes Gott für uns sorgen, dass wir unsere Notdurft genug haben.
34. Darum sorgt nicht für den anderen Morgen; denn der morgende Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass ein jeglicher Tag seine eigene Plage habe.
Anderen Morgen: Dass ihr euch mit einer unnötigen Sorge plagt, wie ihr den nächsten und künftigen Tag oder die künftige Zeit eure Nahrung und Kleidung haben möget.
Seine sorgen: Und mit sich bringen, was nötig ist. Denn Gott hat jeden Tag seine Nahrung und andere nötige Sachen längst bestimmt und geordnet.
Eigene Plage: Und ist uns unnötig, dass wir solch Unglück, damit sowieso alle Menschen behaftet sind, mit Furcht, Sorge, und Angst verbringen. Du hast nur mit dem zu tun, was Dir heute anliegt, warum willst Du den morgigen Tag fragen und belasten, mit dem Du dich heute noch mehr plagst? Darum sollen wir (wie Petrus uns ermahnt) alle unsere Sorge auf den Herrn werfen, denn der sorgt für uns {1Petr 5}. Und es kann uns die Erfahrung selber lehren, dass wir uns oft mit einer vergeblichen Sorge plagen, aus Furcht die Dinge, die doch nie geschehen. Darum sollen wir unserem Beruf machen, und das übrige Gott walten lassen.
Eigene Plage: (Nach Luther) Das heißt, tägliche Arbeit. Er will, es sei genug, dass wir täglich arbeiten und nicht weiter sorgen sollen.
Das 7. Kapitel
- Christus verwirft das zu schnelle unfreundliche Urteil von des Nächsten Reden und Tun, verbietet das Heilige den Hunden vorzuwerfen. Lockt uns mit großen Verheißungen zum emsigen Gebet. Zeigt an, an welchen Zeichen die falschen Propheten zu erkennen sind. Und will nicht nur Hörer, sondern auch Täter des Wortes haben.
1. Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet!
Richtet: (Nach Luther) Richten gehört zu Gott, darum wer richtet ohne Gottes Befehl, der nimmt Gott seine Ehre, und ist dieser Balken.
Richtet nicht: Von eures Nächsten Reden oder Taten, dass ihr sie wollt ausschreien und eures Nächsten übel nachreden. Denn es war Christus, dem allgemeine Fehler nicht verborgen, wie sie, ohne ihren Beruf und Not, über andere Leute reden und tun pflegen zu urteilen, und alles auf das Ärgste zu deuten, daneben aber ihre eigenen Mängel nicht wahrnehmen. Welche verkehrte Weise Christus hier ernstlich beschimpft und verwirft.
Gerichtet werden: Und andere Leute euch auch wieder übel nachreden.
2. Denn mit welcherlei Gerichten ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welcherlei Maß ihr messt, wird euch gemessen werden {Mk 4v24 Lk 6v38 Röm 2v1}.
Gerichtet werden: Also das, wenn ihr von anderen übel und unrecht redet oder haltet, eben dieses euch auch von anderen wiederum begegnen wird. Denn es pflegt aus gerechtem Urteil Gottes zu geschehen, dass wir von anderen müssen wiederum wissen, was wir anderen getan haben. So sind auch solche der ewigen Verdammnis schuldig, weil sie wider die Liebe des Nächsten schwer sündigen. Paulus sagt, dass die Lästerer und Verleumder das Reich Gottes nicht besitzen werden {1Kor 6}. Es will aber Christus hiermit das Amt der Obrigkeit nicht aufheben. Denn Gott befiehlt der Obrigkeit, auf der Untertanen Laster und Misshandlungen zu achten, von ihnen nach den Gesetzen urteilen, und nach dem Maß der Verbrechen mit einer Strafe zu belegen {Röm 13}. Gleichwie auch den Kirchendienern nicht verboten wird, von der Menschen Lehre und Wandel zu urteilen und zu richten. Denn Paulus fordert von einem Kirchendiener, dass er auf die Herde, so ihm anbefohlen ist, Acht habe, damit nicht falsche Lehrer, wie reißende Wölfe, die Herde Gottes mit gottloser Lehre anfallen und darunter wüten {Apg 20}. Und begehrt, dass die Prediger der Zuhörer lasterhaftes Leben in ihren Predigten mit Ernst strafen sollen {Tit 1}. Dazu, dass die Zuhörer zwischen der rechten und falschen Lehre einen Unterschied halten und die falsche Lehre verwerfen, die Rechte aber behalten, wie er sagt: Prüft alles, und das Gute behaltet {1Thes 5}. Sondern Christus verbietet solchen Frevel, da wir von den Nächsten übel urteilen, dazu wenn uns die Umstände unbekannt sind. Wenn wir oft etwas verwerfen, da, wenn uns alle Umstände bewusst wären, wir es vielmehr rühmen oder doch entschuldigen würden.
3. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?
Deinem Auge: Mit diesen Worten malt Christus die Leute sehr gut ab, welche gern über anderer Leute Sachen urteilen und ihr Tun verwerfen. Denn allgemein die, welche anderer Leute Mängel zu tadeln geneigt sind, viel größere Fehler an sich haben. Dem sei aber wie ihm wolle, so sündigen solche schwer wider Gott, eben mit dem, dass sie sich zu Richter aufwerfen und Gott in sein Amt greifen, welchem allein zusteht, über verborgene Sachen zu urteilen. Welche auch den Nächsten verleumden, die werden vor Gott als Totschläger gehalten. Im Psalm 57 steht: Die Menschenkinder sind Flammen, ihre Zähne sind Spieße und Pfeile, und ihre Zungen scharfe Schwerter.
4. Oder wie darfst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen! und siehe, ein Balken ist in deinem Auge?
5. Du Heuchler, zieh am ersten den Balken aus deinem Auge; danach besiehe, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst!
Zieh am ersten: Das heißt, erkenne und verbessere zuerst deine eigenen Mängel, ehe Du auf anderer Leute Tun achtest. Jedoch will Christus mit diesen Worten nicht lehren, dass wir niemand strafen dürfen, wir sind denn selber ganz ohne Schuld. Denn anders würde kein Laster gestraft werden, weil keiner gefunden wird, der in allen Dingen unschuldig wäre. Sondern Christus ermahnt uns, wenn uns eine Lust ankommt, andere zu verleumden und ihnen übel nachzureden, dass wir dann zuvor in uns selber gehen, so werden wir viel an uns selber zu schimpfen und zu verbessern finden, dass uns der Vorwitz, andere auszuschreien, bald vergehen wird.
6. Ihr sollt das Heiligtum nicht den Hunden geben und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen, auf dass sie dieselben nicht zertreten mit ihren Füßen und sich wenden und euch zerreißen.
Heiligtum: (Nach Luther) Das Heiligtum ist Gottes Wort, dadurch alle Dinge geheiligt werden.
Hunde: (Nach Luther) Sind, die das Wort verfolgen.
Säue: (Nach Luther) Sind, die ersoffen in fleischlicher Lust, das Wort nicht achten.
Säue werfen: Diese Lehre geht besonders die Kirchendiener an, und dient zu ihrem besseren Unterricht, obwohl auch die Zuhörer hier zu lernen haben, wen, und bei wem sie vom Worte Gottes reden und handeln sollen. Das Heiligtum aber, oder Heilige ist das Wort Gottes, dadurch alle Dinge geheiligt werden. So bedeuten auch die Perlen eben das selbige Wort des Evangeliums, wie das Gleichnis vom Kaufmann, der köstliche Perlen suchte, bezeugt, Matthäus 13. Die Hunde sind die boshaften, neidischen Leute, welche das Wort Gottes mit feindlichem Gemüt verwerfen und verlästern, und die reine Lehre und Bekenner verfolgen. Die Säue sind die sicheren und rohen Menschen, welche alle Religionen verspotten, und dem Bauch und Wolllüsten ergeben sind. Es verbietet aber Christus nicht, dass man den Feinden des Evangeliums und gottlosen Leuten, die zuvor von dem Worte Gottes nie gehört haben, dieses nicht verkündigen solle. Denn es wohl geschehen kann, dass durch die Predigt des Evangeliums aus Hunden und Säuen Schäflein Christi werden: Wenn aber etliche, da sie das Evangelium gehört, dennoch Hunde und Säue bleiben, da will Gott, dass wir in Religionssachen mit solchen nicht mehr Umgang pflegen sollen. Denn die unflätigen sicheren Säue besudeln die köstlichen Perlen des göttlichen Wortes mit ihrem Gespött. Die neidischen Hunde aber werden darüber erzürnt, dass sie das Wort Gottes noch schrecklicher verlästern und gegen die Bekenner der Wahrheit Verfolgungen anrichten. Unter die Hunde werden auch gezählt die Ketzer und falschen Lehrer, denn diese nennt Paulus auch Hunde {Phil 3}. Und an einem anderen Ort heißt er, einen ketzerischen Menschen meiden, wenn er einmal und abermals ermahnt ist {Tit 3}. Denn mit solchen Leuten ist nichts Fruchtbares aufzurichten.
7. Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan {Mk 2v24 Lk 2v9}.
Bittet: Von eurem himmlischen Vater, was euch nötig ist. Und ermahnt uns Christus hier, dass wir mit unserem gottseligen Gebet standhaft anhalten sollen, und in gewisser Zuversicht ein Herz fassen, mit ganzem Vertrauen, wir werden erlangen, was wir erbitten.
Gegeben: Denn euer himmlischer Vater ist freigiebig und milde.
Sucht: Dass ihr mit einem inbrünstigen Gebet anhaltet um alles, was ihr bedürft.
Klopfet an: Wenn sich der himmlische Vater stellt, als hätte er euer Gebet nicht gehört, so klopft immer an die Tür des Himmels mit unablässigem Gebet.
Aufgetan: Und wird euer Gebet hineingelassen werden, dass es vor den Thron Gottes komme, und werdet ihr erlangen, was ihr begehrt habt. Denn je weniger wir meinen, dass Gott unser Gebet erhören wird, je heftiger wir mit dem Gebet anhalten sollen. Solches lehrt uns auch Christus in einem anderen Gleichnis von einer Witwe, welche mit ihrem ungestümen Bitten, von einem ungerechten Richter erlangt und herausgebracht hat, dass ihr Recht verschafft wurde {Lk 18}. So erreicht in einem anderen Gleichnis der ungestüme Bitter mit seinem unverschämten Gebet zu Mitternacht von seinem Freund, dass er ihm drei Brote leiht {Lk 2}.
8. Denn wer da bittet, der empfängt, und wer da sucht, der findet, und wer da anklopft, dem wird aufgetan.
Bittet: Etwas von Gott aus wahrem Glauben: Und wiederholt Christus seine vorige Meinung mit etwas veränderten Worten, auf dass er unser Vertrauen im Gebet noch mehr stärke.
9. Welcher ist unter euch Menschen, so ihn sein Sohn bittet ums Brot, der ihm einen Stein biete?
Welcher: Christus führt einen Beweis seiner Rede ein von der natürlichen Zuneigung eines Vaters gegen sein Kind, die uns von Gott eingepflanzt ist, auf dass er unseren Glauben aufmuntere, und wir nicht zweifeln, unser Gebet werde gewisslich erhört.
Stein biete: Sollte auch wohl ein Vater so hart und unbarmherzig gegen sein Kind sein können, dass er ihm nicht allein nicht Hilfe, sondern ihn auch noch betrüge?
10. Oder so er ihn bittet um einen Fisch, der ihm eine Schlange biete?
Schlange biete: Da ihm nicht damit geholfen wäre, sondern auch nur Schaden und Nachteil dabei ist, sicherlich wird kein irdischer Vater solches tun, er hätte denn alle menschlichen Eigenschaften verloren, und wäre schlimmer oder schrecklicher geworden als die unvernünftigen wilden Tiere, welche aber doch ihre Jungen begehren zu erhalten.
11. So denn ihr, die ihr doch arg seid, könnt dennoch euren Kindern gute Gaben geben, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!
Arg seid: Die ihr durch die Erbsünde verdorben worden seid.
Euer Vater: Der ganz gütig und gnädig ist, dazu alle Gewalt im Himmel und auf Erden hat. Und weil er die herzliche Liebe und Zuneigung gegen die Kinder den Eltern eingepflanzt hat, obwohl dieselben um der Erbsünde willen schwächer sind, als sie wohl sein sollten, was meint ihr denn, was für eine Zuneigung in eurem himmlischen Vater gegen euch ist, die er aus Gnaden zu Kindern angenommen? Denn seine Zuneigung um so viel größer ist, als die eure, so viel besser er ist, als ihr armen elenden Sünder. Haben darum alle rechtschaffenen Eltern in ihren Herzen ein unfehlbares Zeugnis, und auch mit einem Siegel bekräftigt, dass sie erhört werden, wenn sie aus dem Glauben beten, denn das können sie bei ihrer Zuneigung gegen ihre Kinder lernen. Wenn wir aber denken, es geschehe das Gegenteil, als wir gebeten haben, also, dass es ein Ansehen haben möchte, als würden uns für Brot ein Stein und für die Fische Schlangen geboten, so sollen wir unsere Vernunft unterdrücken, welche unrecht urteilt, und gewiss schließen, es sei ein Brot, was wir für einen Stein ansehen, und es ist ein Fisch, den wir fälschlich für eine Schlange gehalten haben.
12. Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen; das ist das Gesetz und die Propheten {Lk 6v31}.
Alles: Jetzt legt uns Jesus eine allgemeine Regel vor, damit er anzeigt, wie wir uns in all unserem Tun gegen den Nächsten verhalten sollen. Denn was wir uns wünschen, wie andere gegen uns gesinnt sind, so sollen auch wir sein. Wir wollten aber gerne, dass uns andere mit ihren Diensten förderlich wären, dass sie sich freundlich, gerecht, gütig, und mitleidig gegen und zeigten, dass sie uns in Widerwärtigkeiten zu Hilfe kämen und die Hand böten. Darum sollen wir eben dieses auch unseren Nächsten zeigen. Im Gegenteil muss man hin und wieder auch schließen: Was wir wollen, dass uns von anderen Leuten nicht geschehe, das sollen wir auch anderen nicht tun. Darum wir uns von all dem enthalten, was wir selber nicht gerne haben, dass man es uns antun würde, so werden wir unserem Nächsten behilflich und nützlich sein, und ihn keineswegs beleidigen oder betrüben. Man muss aber die Worte Christi nicht von einem unbilligen, ungerechten und unehrlichen Willen verstehen, sondern von dem, der dem Wort und Geboten Gottes nicht widerstrebt. Wenn ein unzüchtiger Mensch begehrte, nach seinem verkehrten Willen er nichts lieber wollte, denn dass seinen unzüchtigen Begierden von anderen mit Billigung geschehe: Aber darum steht es ihm nicht frei, dass er auch andere zu Unzucht reizen und Anlass geben möchte. Eine Obrigkeit, die ein lasterhaftes Leben führt, begehrt nach ihrem verkehrten Willen, dass ihre Laster ungestraft bleiben. Es soll aber darum nicht zugelassen sein, dass auch andere ohne Scheu und Schande Laster treiben. Es kann aber hier keine gewisse Regel gegeben werden, danach wir uns in all unserem Tun, wenn wir mit dem Nächsten zu handeln haben, richten können, was richtig oder unrichtig sei, als wenn wir uns an unseres Nächsten statt stellen und betrachten, was wir in einem gleichen Fall gern wollten, dass der Nächste uns tun möchte.
Die Propheten: Denn was das Gesetz Mose und alle Propheten von der Liebe des Nächsten und von der anderen Tafel des Gesetzes gelehrt haben, das ist in diesem kurzen Spruch begriffen: Weil alle Gesetze und Sprüche der Propheten, ja oft Christi und der Apostel, welche lehren, wie wir uns gegen dem Nächsten verhalten sollen, nichts anderes wollen, als dass wir uns also gegen den Nächsten erzeigen, wie wir wollten, dass sich der Nächste gegen uns verhielte.
13. Geht ein durch die enge Pforte! Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis abführt; und ihrer sind viel, die darauf wandeln.
Enge Pforte: Und nicht durch die weite, wenn ihr die ewige Seligkeit erlangen wollt. Dies ist eine sehr nützliche und heilsame Erinnerung des Herrn Christi, dass wir nicht dem Beispiel des großen Haufens folgen und den rechten Weg der Seligkeit verfehlen.
14. Und die Pforte ist enge, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenig ist ihrer, die ihn finden.
Wenig ist ihrer: Gegen den großen Haufen der Gottlosen zu rechnen. Wenn man aber die Frommen, so die Seligkeit erlangen, für sich selbst betrachtet, so sind diese eine unzählbare große Menge, wie aus der Offenbarung Johannes (Kapitel 7) zu sehen ist. Es sind aber zwei Fahrten oder zwei Wege, der durch die Pforte geht und darauf die Menschen wandeln und gehen, etliche zwar zum ewigen Leben, die anderen aber zur ewigen Verdammnis. Und ist die Pforte der Gottlosen weit, und der Weg breit, die ihrem Fleisch den Zaum lassen und nach ihrem Willen leben. Darauf gehen auch diejenigen, welche ihre Sünden durch ihren eigenen Verdienst und besondere Gottesdienste abbüßen und sich damit abmühen. Auf diesem Weg sind die Heiden gegangen, deren immer ein großer Haufen gewesen ist. Diese alle miteinander, weil sie entweder ihr Vertrauen nicht allein auf Christus, sondern auf ihre eigenen Verdienste setzen, oder aber von Christus gar nichts wissen wollen, die werden verloren und verdammt. Die enge Pforte und der schmale Weg aber ist derer, welche allein auf den Mittler Christus das Vertrauen ihrer Seligkeit setzen, und aus solchem Glauben oder Vertrauen einen unsträflichen Wandel nach den Geboten Gottes führen und sich befleißigen. (Diese Lehre Christi, wenn sie recht betrachtet wird, gibt einen großen Trost wider das Ärgernis, welches wir sehen, wie der größte Teil des menschlichen Geschlechtes entweder abergläubischen und falschen Gottesdiensten ergeben ist, oder mit Schund und Laster sich besudelt. Darum werden wir gewarnt, dass wir dem großen Haufen der Heuchler und lasterhaften Leuten nicht nachwandeln sollen, sondern in der Frommen Fußstapfen treten, welche Christus dem Fürsten des Lebens folgen, nach dem Spruch von Paulus: Seid meine Nachfolger, gleichwie ich Christi {1Kor 4}.
15. Seht euch vor, vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen! Inwendig aber sind sie reißende Wölfe.
Falschen Propheten: Denn, wenn die himmlische Lehre rein vorgebracht wird, so untersteht sich der Satan mit höchstem Fleiß, diese durch falsche Lehre wiederum zu verderben, und also die Zuhörer von dem rechten Weg der Seligkeit abzuführen. Darum warnt uns Christus, dass wir uns vor falschen Lehrern hüten sollen, und zeigt zugleich an, woran und wie man sie erkennen soll, damit man sie meiden könne. Es werden aber, nach hebräischer Art zu reden, Propheten nicht nur die genannt, welche von zukünftigen Dingen weissagen, sondern auch die, welche in geistlichen Sachen wohl oder übel lehren. Indem nun Christus uns sagt, dass wir uns vor falsche Lehre hüten sollen, gibt er eben damit zu verstehen, dass der Satan keine Ruhe hat, bis er böse Leute erweckt, welche die reine himmlische Lehre mit der Menschen Meinungen verfälschen. Darum auch der Apostel Paulus denen, welche er die Kirche zu Ephesus zu regieren befohlen, ernstlich mahnt, dass sie auf sich selbst und andere achten sollen, damit sich keine falsche Lehre unter ihnen einschleicht {Apg 20}. Darum ist es der Kirchendiener Amt, dass sie verhüten, damit die Wölfe nicht wider in der Herde des Herrn Wüterei treiben: Den Zuhörern steht es zu, dass sie sich von falschen Lehrern nicht verführen lassen. Denn wenn ein Blinder den anderen leitet, so fallen sie beide in die Grube {Mt 15}.
Reißende Wölfe: Mit diesen Worten beschreibt Christus der falschen Lehrer oder Propheten Verschlagenheit und Bosheit. Als wollte er sprechen: Sie stellen sich ganz fromm, sanftmütig, einfältig und züchtig, also dass man sie für lauter geduldige Schafe ansehen möchte: Sie rühmen sich auch eines gottseligen Eifers, als ob sie weiter nicht suchten, denn Gottes Ehre, und der Menschen ewige Wohlfahrt: Nichtsdestoweniger sind sie die allerschändlichsten Wölfe, welche mit einer verführerischen Lehre die Herde Christi zerreißen. Darum sollen wir uns durch der falschen Lehrer Heuchelei nicht betrügen lassen. Denn die Pharisäer führten vor Zeiten auch ein äußerlich scheinbares ehrliches Leben, und waren dennoch reißende Wölfe, die aus ihren Zuhörern, Kinder der Hölle machten {Mt 23}. Welches zwar auch nicht zu verwundern ist. Denn weil der Satan selbst in einen Engel des Lichts sich zu verstellen pflegt, so geben sich seine Apostel, die falschen Lehrer und betrügerischen Arbeiter, auch für Christi Apostel aus. Wie Paulus lehrt {2Kor 2}. Solche falschen Apostel und schändlichen Heuchler, als schreckliche Wölfe sind heutigen Tages die Jesuiten, Zwinglianer, Schwenkfelder, Wiedertäufer und ihres gleichen.
16. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man auch Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln?
An: Jetzt gibt Christus uns einen Bericht, wie wir die falschen Lehrer erkennen lernen sollen, auf dass wir uns besser vor ihnen hüten können.
Früchten: Denn gleichwie ein Baum an seinen Früchten erkannt wird, ob er böse oder guter Art sei: Also werden auch die falschen Propheten an ihren Früchten erkannt.
Disteln: Wer hat jemals gesehen oder erfahren, dass auf Dornen gute Trauben oder auf Disteln Feigen wachsen?
17. Also ein jeglicher guter Baum bringt gute Früchte; aber ein fauler Baum bringt arge Früchte.
18. Ein guter Baum kann nicht arge Früchte bringen, und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen.
19. Ein jeglicher Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.
20. Darum an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.
Erkennen: Ob sie gute und heilsame oder böse und schädliche Lehrer sind? Welches sind aber die Früchte, dabei man die falschen Lehrer erkennen kann? Die aus dem Wandel etlicher Kirchendiener von der Lehre urteilen, fehlen weit. Denn David ist ein rechter Prophet Gottes gewesen, und dennoch in Ehebruch und Totschlag geraten, was ja schreckliche Sünden sind. Judas hat Christus seinen Herrn verraten, darum ist dennoch seine Lehre, die aus dem Alten und Neuen Testament nach Anleitung Christi geführt, nicht Unrecht gewesen. Darum sind die Früchte der falschen Propheten nicht ihre eigentlich verkehrten Sitten im Wandel, obwohl diese manchmal auch zu erkennen geben, von welchem Geist sie getrieben werden, sondern es sind die Früchte, die aus ihrer Lehre folgen, bei denen, die solche ihre Lehre annehmen und dieser Beifall geben. Wenn die Früchte böse sind, so wird auch die Lehre keinem nützen, und soll man den Lehrer für einen falschen Propheten halten. Wie bei der päpstlichen Lehre, welche uns heißt, auf das Verdienst eigener Werke vor Gottes Gericht bauen und trauen, und meinen, man müsse zweifeln, ob man bei Gott in Gnaden sei oder nicht. Daraus folgt in der Not entweder Verzweiflung oder Heuchelei oder ein sicheres rohes Leben, dass die Menschen, weil sie ihrer Seligkeit nicht vergewissert und versichert sind, ihren fleischlichen Lüsten und Begierden den Zaun einreißen. Aus der Lehre der Wiedertäufer folgt die Zerrüttung der Ordnung und des weltlichen Regiments, welches doch Gott geordnet und eingesetzt hat {Röm 13}. Die Lehre der Zwinglianer sagt uns, nur solche Dinge zu glauben, die unsere Vernunft nicht zuwider sind, dadurch endlich die ganze christliche Religion vernichtet und zugrunde gerichtet würde. Da aber Christus sagt, ein böser Baum könne nicht gute Früchte bringen, lernen wir dabei, dass ein Mensch nicht kann rechtschaffene gute Werke tun, er sei denn zuvor ein guter Baum. Das ist, durch den Glauben gerechtfertigt und aus Gott wiedergeboren. Wie wollte denn ein Mensch durch die Werke gerecht werden können, da es doch sehr nötig ist, dass die Rechtfertigung zuvorkomme und die guten Werke danach folgen? Dass auch Christus lehrt, der Baum, so er nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen, erinnert die, so sie nur mit dem Namen Christi sind und nicht mit der Tat, dass sie sich selber nicht betrügen. Denn welche ihren Glauben mit guten Werken nicht zeigen und bezeugen wollen, die werden des ewigen Lebens Erbschaft nicht erlangen. Besonders, wo ihr nach dem Fleische leben werdet, so werdet ihr sterben, das ist verdammt werden, spricht Paulus {Röm 8}.
21. Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel.
Es werden: Im letzten Teil dieser Predigt erinnert Christus beide, die Kirchendiener und Zuhörer der himmlischen Lehre, dass es nicht genug ist, Gottes Wort zu hören und davon reden zu können, wenn nicht jemand auch dieses mit Ernst annehme, und was er gelernt hat, ins Werk setzt und mit der Tat zu zeigen begehrt.
Kommen: Die werden nicht selig, welche mir nur gute Worte geben, mich einen Meister und Herrn nennen, und wollen für meine Jünger gehalten sein, können auch viel von Gott reden oder schwatzen, nehmen aber daneben meine Lehre mit wahrem Glauben nicht an, und begehren sie mit Werken nicht zu zeigen. Denn Gott erkennt solche nicht als seine Diener, die ihn allein mit den Lippen, und nicht auch mit der Tat ehren. Wir müssen den Willen des himmlischen Vaters tun, sonst werden wir vom Eingang zum Himmelreich abgewiesen. Den Willen aber des himmlischen Vaters tun, heißt, an Christus glauben. Denn der himmlische Vater will, dass wir sollen an Christus glauben. Das ist Gottes Werk (spricht Christus), dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat {Joh 6}. Das heißt, das fordert der himmlische Vater von euch, dass ihr an Jesum Christus glaubt. Danach heißt es den Willen des himmlischen Vaters tun, ein gottseliges Leben nach der Richtschnur der Gebote Gottes anstellen, so viel in dieser Schwachheit des Fleisches geschehen kann. Denn wenn auch der Gehorsam, den wir in diesem Leben leisten, nicht vollkommen und mangelhaft ist, so gefällt er doch Gott wohl, um des Mittlers Christi willen, wenn der mit Glauben ergriffen wird, nicht anders, als wenn er ganz vollkommen wäre. Denn also steht von den beiden frommen Eheleuten Zacharias und Elisabeth geschrieben: Sie waren fromm vor Gott (denn sie glaubten an den Messias, der noch nicht geboren war) und gingen in allen Geboten und Satzungen des Herrn untadelig {Lk 1}.
22. Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben, haben wir nicht in deinem Namen viel Taten getan {Lk 6v46}?
Es: Jetzt richtet Christus seine Rede eigentlich an die Kirchendiener, die zwar nicht falsch lehren, dazu mit keinen geringen Gaben geziert sind, aber dennoch selber nicht tun, was sie andere lehren.
Geweissagt: Und das Wort Gottes auf deinen Befehl richtig gepredigt? Denn weissagen in der Heiligen Schrift nichts anderes heißt, als das Wort Gottes predigen und erklären.
Taten getan: Haben wir nicht auf deinen Befehl und in deiner Kraft viel herrliche Wunderwerke getan?
23. Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt; weicht alle von mir, ihr Übeltäter {Ps 6v9}!
Bekennen: Und das Urteil der Verdammnis öffentlich wider sie aussprechen.
Übeltäter: Darunter ich euch rechne. Denn ihr habt meine Gaben nicht gebraucht aus einem rechtschaffenen gottseligen Eifer zur Ehre Gottes und eure Zuhörer Wohlfahrt, sondern das Predigtamt unter euch angefangen allein um des Bauches willen, und selber nicht begehrt zu tun, was ihr andere gelehrt habt, nach dem Spruch: Sie sagen es wohl, und tun es nicht {Mt 23}. Denn es wohl geschehen kann, dass jemand rechte Gaben des Heiligen Geistes hat, aber dennoch verloren und verdammt wird, weil er solche nicht wohl anlegt, noch in der Gottseligkeit gebraucht. Darum Paulus auch spricht: Wenn ich mit Menschen und mit Engelszungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönernes Erz und eine klingende Schelle. Und wenn ich weissagen könnte, und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, also, dass ich Berge versetzte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts {1Kor 13}. Darum er auch von sich selber, noch anderen Kirchen dienen zum Beispiel, also schreibt: Ich betäube meinen Leib, und zähme ihn, dass ich nicht den anderen predige, und selbst verwerflich werde {1Kor 9}.
24. Darum wer diese meine Rede hört und tut sie, den vergleiche ich mit einem klugen Mann, der sein Haus auf einen Felsen baute.
Darum: Christus ermahnt zum Schluss seiner Predigt alle Menschen mit einem schönen Gleichnis, dass sie das Wort Gottes nicht nur hören, sondern auch mit wahrem Glauben annehmen, und nach dieser Richtschnur ihr Leben anstellen sollen.
Tut sie: (Nach Luther) Hier fordert Christus auch den Glauben, denn wo nicht Glaube ist, tut man die Gebote nicht richtig {Röm 3v31}. Und alle guten Werke, die nach dem Schein ohne Glauben geschehen, sind Sünde. Dagegen auch, wo Glaube ist, müssen rechte gute Werke folgen. Der Glaube aber reinigt das Herz {Apg 15v9}. Und solche Frömmigkeit steht fest gegen alle Winde, das ist wider alle Macht der Hölle. Denn sie ist auf den Felsen Christus, durch den Glauben gebaut. Gute Werke ohne Glauben sind der törichten Jungfrauen Lampen ohne Öl.
25. Da nun ein Platzregen fiel, und ein Gewässer kam, und wehten die Winde und stießen an das Haus, fiel es doch nicht; denn es war auf einen Felsen gegründet.
Gewässer: Das von einem solchen plötzlichen und großen Platzregen ein gewaltiger, schneller und tiefer Bach sich ergossen hat und übergelaufen ist.
Stießen: Nämlich die Winde alle zusammen mit dem Gewässer, mit einer sehr großen Gewalt.
Gegründet: Darum konnte das Gewässer die Grundfeste dieses Hauses nicht herausreißen, noch der Wind das Haus umstürzen. Solche sind, die das Wort Gottes mit wahrem Glauben ergreifen, und nach den Regeln der Schrift ihr Leben mit Ernst anrichten. Diese bestehen wider allerlei, auch der schlimmsten Anfechtungen, und werden durch Gottes Kraft erhalten.
26. Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht, der ist einem törichten Mann gleich, der sein Haus auf den Sand baute.
Tut sie nicht: Sondern hat mein Wort allein im Munde und nicht dem Herzen.
27. Da nun ein Platzregen fiel, und kam ein Gewässer, und wehten die Winde und stießen an das Haus, da fiel es und tat einen großen Fall.
Großen Fall: Dass es schrecklich war, wie es zusammenfiel und vom Wasser weggeschwemmt wurde, was auch kein Wunder gewesen ist, weil es nie einen starken Grund gehabt hat. Denn welche nur wissen, was man glauben und tun soll, aber es weder glauben noch tun, die können in schweren Anfechtungen nicht bestehen, sondern müssen fallen und vor Gottes Gericht ewig zuschanden werden. Darum sollen wir das Wort Gottes also lernen, dass wir ihm auch folgen.
28. Und es begab sich, da Jesus diese Rede vollendet hatte, entsetzte sich das Volk über seine Lehre.
Und: Der Evangelist rühmt mit wenigen Worten die Predigt des Herrn Christi und zeigt an, was sie bei den Zuhörern gefruchtet hat.
29. Denn er predigte gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten.
Gewaltig: Er lehrte nicht liederliche Menschensatzungen, wie die Schriftgelehrten, welche vor dem Messias nichts Gründliches vorbrachten, noch das Gesetz Gottes richtig erklärten. Sie handelten vom vielen Waschen und wie man Minze und Kümmel verzehren sollte. Darum taten sie läppische Predigten, die ganz kaltsinnig abgingen, weil kein rechter Ernst oder Eifer dabei war. Aber Christi Lehre lautet von hochwichtigen Sachen, die zur ewigen Seligkeit gehörten, alles hatte Hand und Fuß (wie man sagt), was er redete. Dazu brachten ihm seine herrlichen Wunderwerke noch ein großes Ansehen, dass es den Leuten durch das Herz ging, was er lehrte und predigte. Obwohl nun die Kirchendiener nicht mit dem Sohn Gottes verglichen werden können, jedoch wenn sie die reine christliche Lehre des göttlichen Wortes den Zuhörern richtig vortragen, so sollen sie nicht zweifeln, solche werden in der auserwählten Herzen haften und ein Wort sein, welches denn so viel leichter und besser geschehen wird, wenn auch ihr Leben ehrbar, christlich, und unsträflich ist. Denn es gibt auch viel, was sie mit dem Predigen bauen, mit dem Wandel aber wieder umstoßen.
Das 8. Kapitel
- Christus reinigt einen aussätzigen Menschen durch ein Wunderwerk. Macht eines Hauptmanns Knecht gesund, nachdem er zuvor seinen Glauben gerühmt hat. Heilt die Schwiegermutter des Petrus vom Fieber. Heilt mancherlei Krankheiten und treibt Teufel aus. Schreckt einen Schriftgelehrten, der sich ihm zum Gefährten anbietet, ab, da er wegen seiner Armut Angst hat. Er ruft einen anderen Jünger auf, seinem Beruf zu folgen, als seinen verstorbenen Vater zu begraben. Stillt das Unwetter auf dem Meer. Lässt den Teufel, den er aus den Besessenen getrieben hat zu, dass sie mit den Säuen ins Meer stürzen. Darum ihn die Leute bitten, dass er aus ihrer Gegend weichen solle.
1. Da er aber vom Berge hinunterging, folgte ihm viel Volks nach.
Berge: Auf welchem er dem Volk gepredigt hatte.
Volks nach: Das seiner Predigt mit Bewunderung zugehört hatte. Und ist dieses durch Gottes besondere Schickung geschehen, dass eben die, welche seiner Lehre zugehört hatten, auch Zuschauer und Zeugen des herrlichen Wunderwerkes waren, welches er tun würde. Denn nach dem Christus seinen Zuhörern die himmlische Lehre vorgehalten, hat er diese mit Wunderwerken auch bestätigen wollen, darum er erst einen Aussätzigen, der ihm begegnete, durch ein Wunderwerk vom Aussatz rein machte. Es sind aber die Wunderwerke Christi dahin angesehen und gemeint, dass wir glauben, Jesus sei Christus oder der Messias und Sohn Gottes, und dass wir durch den Glauben das Leben haben in seinem Namen {Joh 20}. Auch sind alle Wunderwerke Christi lauter Guttaten gewesen, die zeigten, dass er der Erlöser des menschlichen Geschlechtes sei. Wir bedürfen heutigentags keine Wunderwerke mehr, weil keine andere Lehre vorzubringen ist, als welche vor Zeiten durch der Propheten, Christi, und der Apostel Wunderwerke genügend bestätigt worden sind. Was die päpstlichen Wunderwerke betrifft, welche durch vielfältige schreckliche Abgötterei bestätigt wird, und so etliche Artikel der päpstlichen Lehre bekräftigt werden, so im alten noch im Neuen Testament Grund haben, sind lauter Blendwerke des Teufels und Betrügereien.
2. Und siehe, ein Aussätziger kam und betete ihn an und sprach: Herr, so du willst, kannst du mich wohl reinigen {Mk 1v40 Lk 5v12}.
Betet ihn an: Dass er mit einem demütigenden Fußfall tat.
Herr: Du Sohn Gottes, und Heiland des menschlichen Geschlechts.
So Du willst: (Nach Luther) der Glaube weiß nicht, vertraut aber auf Gottes Gnade.
Wohl reinigen: Denn ich zweifle an deiner unendlichen Allmacht nicht, und ob ich wohl nicht weiß, was Du tun willst, so habe ich doch das Vertrauen zu Dir. Du wirst auch, was Du kannst, wohl leisten, darum bitte ich Dich, Du wollest an mir elenden Menschen deine Macht zeigen, und mich gesund machen. Wir, wenn wir um geistliche oder auch weltliche Sachen, die uns ausdrücklich verheißen wurden, bitten wollen, so dürfen wir nicht sagen: So Du willst, kannst Du uns unsere Bitte gewähren, sondern sollen einfach mit gewissem Vertrauen uns auf die göttlichen Verheißungen verlassen und ungezweifelt bitten, so werden wir es empfangen. Wenn wir aber solche leiblichen Guttaten begehren, die uns nicht ausdrücklich verheißen wurden, so sollen wir sagen: nicht unser, sondern Dein Wille geschehe.
3. Und Jesus streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will‘s tun; sei gereinigt! Und alsbald ward er von seinem Aussatz rein.
Will‘s tun: Denn es hatte Christus aus seinem Fußfall und Gebet, besonders aber, weil er dieses Aussätzigen Herz ansah, seinen recht schaffenden Glauben erkannt, und darum ihm mit Hilfe erscheinen wollen. Denn der Glaube bekommt von Christus die allergrößten Guttaten.
Sei gereinigt: Und gesund. Denn Christi Majestät und Allmacht, auch in seiner menschlichen Natur, ist so groß, dass er mit dem Anrühren den Aussatz vertreiben kann. Weil in ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt {Kol 2}.
Rein: Dass der selbige allerdings von ihm ging und verschwand. Denn obwohl der Aussatz sonst eine unheilbare Krankheit ist, so ist doch kein Unfall so groß, welchen Gott nicht wegnehmen und vertreiben könnte. Und obwohl er nicht immer die Kranken auf solche Weise gesund macht, so ist doch gewiss, dass Gott auch noch auf den heutigen Tag, nach seiner unermesslichen Güte, viel Krankheiten austreibt, daran die Ärzte allerdings verzagen müssen. Denn der Herr ist unser bester Arzt.
4. Und Jesus sprach zu ihm: Siehe zu, sag es niemand, sondern gehe hin und zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Mose befohlen hat, zu einem Zeugnis über sie.
Sag es niemand: Jetzt nicht und auch nicht so schnell. Denn ich will nicht, dass Du es zur Unzeit unter die Leute hin und wieder ausschreist, wie Du von deinem Aussatz gereinigt worden bist.
Priester: Dass er deine Haut fleißig beschaue und nach Anweisung des Gesetzes Mose dich rein urteile, damit also dies Wunderwerk nicht verlästert, sondern durch der Feinde eigenes Urteil vielmehr bestätigt werde. Denn es war vor Zeiten in den Gesetzen von Mose den Priestern, wie bei uns jetziger Zeit den Ärzten, auferlegt, dass sie von den Aussätzigen urteilen sollten. Und hatten sie im Gesetz ausdrückliche Regeln, nach denen sie sich zu richten hatten und urteilen sollten, ob ein Mensch aussätzig wäre oder nicht. Davon man im 3. Buch Mose Kapitel 13 und 14 lesen kann. Es sind aber die Katholiken großen Narren, dass sie aus diesem Befehl Christi, da er dem vom Aussatz Gereinigten gesagt hatte, zum Priester zu gehen, die Ohrenbeichte erzwingen wollen. Denn obwohl zwischen dem geistlichen und leiblichen Aussatz in etlichen Stücken ein Vergleich möglich ist, kann man dennoch nicht daraus schließen, dass man dem Priester alle Sünden in der Beichte erzählen müsste. Denn man muss nicht aus jedem Gleichnis alles folgern: Sondern es haben die Gleichnisse ihr gewisses Ziel, dabei man es lassen soll. So können auch solche Satzungen in der Kirche, darauf man dringt, weil sie zur Seligkeit nötig sind, nicht auf spitzfindige Weise erdichtete Gleichnisse sich selbst ausdenken, sondern es muss ein ausdrücklicher Befehl Gottes davon vorhanden sein, sonst hält es den Stich nicht. Aber solchen Befehl Gottes von der Ohrenbeichte werden uns sie Katholiken in der Heiligen Schrift niemals zeigen können.
Befohlen hat: Es werden aber solche Gaben und Opfer samt den Zeremonien der Reinigung beschrieben {3Mos 14}. Welche bedeuten, dass Gott um des Todes Christi willen mit den Sündern versöhnt ist, also dass auch die zeitlichen Strafen von ihnen hinweg genommen oder doch gemildert werden.
Über sie: Denn Du sollst den Priestern Dich nicht nur darum zeigen, damit Du ein öffentliches und rechtmäßiges Zeugnis Deiner wiedererlangten Gesundheit hast, und unter den anderen gesunden Leuten frei umhergehen darfst, sondern auch, dass die Priester und Schriftgelehrten keine Unwissenheit vorgeben können, als ob sie von meinen Wunderwerke nichts gewusst hätten, und eben dies Wunderwerk ihnen Zeugnis gebe, dass der Messias und Heiland der Welt gekommen ist. Denn wenn gleich etlichen die Wahrheit geoffenbart und kundgetan wird, so werden sie doch dadurch nicht gebessert. Aber damit haben sie vor Gott desto weniger Entschuldigungen vorzubringen, weil sie die erkannte Wahrheit in böser Weise von sich gestoßen haben. Und hat Gott der Herr in den Gesetzen Mose nicht ohne Ursache angeordnet, dass die, so sie mit dem Aussatz behaftet wären, sich nicht unter andere Leute mischten, ehe sie rein geworden sind. Denn welche mit erblichen Krankheiten behaftet sind, die sollen sich nicht unter andere gesunde Leute drängen, damit sie dieselben nicht anstecken.
5. Da aber Jesus einging zu Kapernaum, trat ein Hauptmann zu ihm, der bat ihn
Da: Das vorige Wunderwerk ist an einem Juden geschehen, dies, welches jetzt folgt, hat Christus an einen heidnischen Menschen gemacht. Denn Christus ist den Juden und den Heiden zum Heil gekommen.
Hauptmann: Welcher ein römischer Kriegsmann und anfangs ein Heide gewesen war, nachdem er aber eine Zeit lang unter den Israeliten gewohnt, hat er die heidnische Abgötterei fahren lassen, und nachdem er die Schriften der Propheten gehört und gelesen, selber sich darin gefunden, die rechte Erkenntnis Gottes erlangt. Darum hat er sich zu der Religion der Israeliten geschlagen und auf den Messias, als einen Heiland der Welt, gehofft. So hat er auch Christus, nachdem er von seinen Wunderwerken gehört, dafür erkannt, wie aus dem, was in diesem Text später folgt, genügend zu spüren ist. Also dieser Hauptmann ist ein frommer und Gott angenehmer Mensch gewesen, obwohl er ein Kriegsmann war, und blieb. Darum schwärmen die Wiedertäufer, welche leugnen, dass ein Christen Mensch mit unverletztem Gewissen in keinen Krieg gehen könne.
6. und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gichtbrüchig und hat große Qual.
Große Qual: Wegen seiner schmerzlichen Krankheit damit er behaftet ist. Darum bitte ich Dich ganz demütig, dass Du ihm mit deiner göttlichen Allmacht und Güte zu Hilfe kommst, und ihm seine vorige Gesundheit wiedergibst. Hier hört und spürt man einen Kriegsmann, der kein stürmischer, grausamer und unfreundlicher Mensch ist, sondern mit den Seinen ein herzliches Mitleiden hat. Sonst findet man Leute seines Standes, welche den Ihren schrecklich, und den Freunden beschwerlich sind, auch gegen denen, die sie schützen sollten, grausam und unbarmherzig, gegen die Feinde aber furchtsam sich erzeigen. Wir sollen vielmehr, wenn wir Christen sein wollen, diesem frommen Hauptmann folgen. Denn wer aus wahrem Glauben mit betrübten Leuten ein Mitleiden hat, und ihnen zu helfen begehrt, der ist Gott angenehm und erlangt mit seinem Gebet, was er begehrt: Wie der 41. Psalm sagt: Wohl dem, der sich des Bedürftigen annimmt, den wird der Herr erretten zur bösen Zeit. Man findet aber auch viel Hausväter, welche vielmehr auf ihre Säue, Hunde und Pferde achten als auf ihre Hausgenossen. Solche wird dieser fromme Hauptmann am Jüngsten Tage verdammen.
7. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen.
Machen: Da hört man, wie gutwillig sich Christus gegen diesen frommen Hauptmann anbietet. Denn der Herr tut, was die Gottesfürchtigen begehren, und hört ihr Schreien, und hilft ihnen {Ps 145}.
8. Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.
Dach gehst: Denn es ist nicht nötig, dass Du dich bemühen wolltest und selber zu ihm kommen. Dies ist ein großer und gewaltiger Glaube von dem Hauptmann, dass er glaubt, Christus könne seinen kranken Knecht nur mit einem einzigen Wort gesund machen. Darum bittet er aus großer Demut dafür, dass Christus nicht selber darum zu ihm kommen wolle.
9. Denn ich bin ein Mensch, dazu der Obrigkeit untertan, und habe unter mir Kriegsknechte; doch wenn ich sage zu einem: Gehe hin! so geht er, und zum andern: Komm her! so kommt er, und zu meinem Knecht: Tue das! so tut er es.
Untertan: Ich bin kein großer Herr und Monarch in dieser Welt, viel weniger Gott, sondern einer anderen Gewalt unterworfen.
Wenn ich sage: (Nach Luther) Das heißt, sind meine Worte so mächtig, wie viel mächtiger sind denn deine Worte?
Tut er es: Wenn nun ich, als ein Mensch, und einer anderen Herrschaft unterworfen, mit meinem Wort bei denen, die mir wiederum untergeben sind, zu Wege bringen kann, was geschieht, was ich befehle, was solltest Du Gott, der Herr Himmels und der Erden, mit Deinem allmächtigen Wort nicht können? Darum zweifle ich nicht, mein Knecht werde bald wieder gesund, sobald Du nur ein Wörtlein davon sagen oder aussprechen wirst. Sind denn der Menschen Worte so kräftig, was sollte nicht Gottes Wort vermögen, denn weil ihm nichts unmöglich ist.
10. Da das Jesus hörte, verwunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch, solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden.
Verwunderte er sich: Über den herzlichen Glauben dieses heidnischen Menschen, und dass er eine rechtschaffene Erkenntnis vom Messias hatte.
In Israel: Welches Volk doch vor anderen die wahre Erkenntnis Gottes und des Messias haben sollte.
Nicht gefunden: Als ich in diesem Hauptmann spüre, der doch von den Heiden seine Herkunft hat, denn dieser glaubt wahrhaftig an mich, dagegen die Israeliten zum meisten Teil mich verwerfen und verachten. Sind also oft die der wahren Kirchenglieder, welche man nicht dafür ansieht, und wiederum, welche man für Säulen und Pfeiler der Kirche hält, die sind wohl nicht Glieder derselben. Denn es gehörten damals zur rechten Kirche dieser Hauptmann, die Apostel des Herrn Christi, welche Fischer und Zöllner waren, und andere einfache Leute. Und waren der rechten Kirchen Glieder nicht der Herodes, die Hohepriester, die Priester, Pharisäer und Schriftgelehrten, samt anderen ihresgleichen, welche doch beim jüdischen Volk ein großes Ansehen hatten.
11. Aber ich sage euch: Viele werden kommen vom Morgen und vom Abend und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich sitzen.
Aber: Jetzt fängt Christus an, zu weissagen von der Juden Verstoßung, und der Heiden Berufung zum Evangelium.
Sitzen: Nämlich die Heiden, welche jetzt alle vier Örter der Welt hin und her zerstreut sind, werden durch mein Evangelium zu der rechten Kirche Gottes versammelt, und mit den heiligen und lieben Patriarchen der himmlischen Güter und ewigen Seligkeit teilhaftig werden. Die Juden aber, denen das himmlische Reich des Messias versprochen war, werden um ihrer Bosheit und ihres Unglaubens willen von Gott verstoßen und zur ewigen Pein und Qual verdammt werden. Ja sie werden auch noch in diesem Leben die Strafen ihres Unglaubens empfinden. Denn sie werden je länger je mehr geblendet werden, dass sie an den Messias, den Stein des Ärgernisses, zu ihrem großen Unglück sich werden stoßen, und anlaufen, und ihre Angst, darin sie stecken, heimlich bei sich selbst beklagen, auch wider Gott, den Messias, und die Christen, welche sich des Messias rühmen und freuen, murren. Nach diesem Leben aber werden solche verstockten Juden in ewiger Finsternis und unaufhörlicher Tiefe gestürzt werden. Der Juden Verstoßung soll uns Christen in der Demut zur Gebühr anhalten, und sollen wir den Spruch Paulus wohl beherzigen: Hat Gott der natürlichen Zweige nicht verschont, dass er vielleicht Dein auch nicht verschone. Darum schau die Güte, und den Ernst Gottes: Den Ernst an denen, die gefallen sind, die Güte aber an Dir, sofern Du an der Güte bleibst, sonst wirst Du auch abgehauen werden {Röm 2}.
12. Aber die Kinder des Reichs werden ausgestoßen in die äußerste Finsternis hinaus, da wird sein Heulen und Zähneklappern.
Da: (Nach Luther) Das heißt, die Heiden werden angenommen, darum, dass sie glauben werden, die Juden und Werkheiligen werden verworfen werden {Röm 9v30 v31 v32}.
13. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Gehe hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast! Und sein Knecht ward gesund zur selbigen Stunde.
Geglaubt hast: Du hast aber geglaubt, dass ich Deinen Knecht mit einem Wort könnte gesund machen, darum will ich, dass er gesund sei, welches Du auch mit der Tat erfahren wirst, dass es also geschehe. Hat darum der Hauptmann durch den Glauben seinem Knecht Gesundheit erlangt. Denn der Glaube erlangt alles, was er begehrt, wenn er sich auf Gottes Wort gründet, nach dem Spruch Christi: Darum sage ich euch, alles was ihr bittet in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr es empfangen werdet, so wird es euch werden {Mk 2}.
14. Und Jesus kam in des Petrus Haus und sah, dass seine Schwiegermuttermutter lag und hatte das Fieber.
Und: Bisher hat Christus nur Männer gesund gemacht. Jetzt hilft er auch einer kranken Frau: Welche Geschichte auch von Markus Kapitel 1 und Lukas Kapitel 5 beschrieben wird.
Petrus Haus: Und Andreas seines Bruders, wie Markus bezeugt in Kapitel 1. Denn sie haben beide in einem Haus gewohnt.
Sah: Denn es hatten die Hausgenossen dem Herrn Christus die kranke Frau gezeigt, und um ihre Gesundheit bei ihm angehalten, wie aus dem Evangelisten Markus deutlich zu nehmen ist. Und hat sich Christus nicht geschämt, in eines armen Fischers Hütte zu gehen, anzuzeigen, wie Gott der Herr auch bei den allerärmsten Leuten sich finde, die kaum wissen, wo sie ihr Haupt hinlegen. Dagegen aber alle großen Paläste, die mit armer Leute Schweiß und Blut, durch Ungerechtigkeit erbaut wurden, verwerfe und scheue. Es sind auch diese Hausgenossen des Lobes wert, dass sie die alte Schwiegermuttermutter nicht anfeinden, wie es sonst oft geschieht. Sie sagen nicht, es ist keine Schwiegermuttermutter gut, es wachse denn Gras auf ihr, sondern sie bitten für ihre Gesundheit. Denn wir sollten die Eltern, und die, welche an der Eltern statt sind, in Ehren halten, auf dass wir ein langes und glückliches Leben auf dieser Erde bekommen. Welche aber auf Erbschaften hoffen und warten, die genießen derselben oft nicht, sondern mangeln des göttlichen Segens, wie Salomon in seinen Sprichwörtern bezeugt. Es sind auch die Fürbitten der Lebendigen für die Lebenden recht, dazu von Gott befohlen. Dass man aber für die Toten bitten soll, oder von den Toten Fürbitte begehren, davon findet man weder Gebot noch Beispiele in der Heiligen Schrift.
15. Da griff er ihre Hand an, und das Fieber verließ sie. Und sie stand auf und diente ihnen.
Hand an: Und richtet sie auf, wie Markus sagt. Denn Christus auch nach seiner menschlichen Natur mit einer solchen Macht begabt gewesen ist, dass er nur durch sein Anrühren die Krankheiten vertreiben konnte.
Diente ihnen: Dass sie die Hausarbeit versah, um besonders Christus, als den allerwertesten Gast, ordentlich bei sich aufzunehmen. Es sind damals seine Apostel, Jakobus und Johannes bei Christus gewesen, wie Markus bezeugt. Wenn wir nun unsere Gesundheit auch wiedererlangt haben, sollen wir uns auch so anstellen, dass wir Gott und unserem Nächsten dienen, und unsere Gesundheit nicht zu schändlichen Sachen oder Wolllüsten missbrauchen.
16. Am Abend aber brachten sie viele Besessene zu ihm; und er trieb die Geister aus mit Worten und machte allerlei Kranke gesund {Mk 1v32 Lk 4v40},
Am: Jetzt erzählt der Evangelist mit wenig Worten viele Wunderwerke, die Christus in kurzer Zeit bald hintereinander berichtet hat, und fasst sie wie einen Bund zusammen.
Mit Worten: Dass er ihnen gebot, sie sollten ausfahren.
17. auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht: Er hat unsere Schwachheit auf sich genommen, und unsere Seuche hat er getragen.
Getragen: Er hat sich unser mit Gnaden angenommen und unser gepflegt, auf das uns von unseren Schwachheiten und Krankheiten geholfen würde. Es hat aber Christus nicht nur ihrer viele von ihren leiblichen Krankheiten errettet, sondern auch die Sünde, als eine Ursache aller Krankheiten aufgehoben und weggenommen, indem er für uns am Kreuz zur Sünde geworden, wie Paulus redet, das heißt, zum Opfer für die Sünde geworden ist. Darum dieser Spruch aus dem 53. Kapitel des Propheten Jesaja hier recht angezogen wird, darin der Prophet vom Amt des Erlösers Jesus Christus handelt. Denn indem er die Leiber der Menschen auf wunderbare Weise heilte, zeigte er damit an, dass er ein Arzt und ein Heiland Seelen wäre. So weissagt eben dieser Prophet von den Wunderzeichen des Herrn Christi an einem anderen Ort ganz deutlich, da er spricht: Seid getrost und fürchtet euch nicht: Seht, euer Gott, der kommt zur Rache, Gott, der da kommt und wird euch helfen. Dann werden der Blinden Augen aufgetan, und der Tauben Ohren werden geöffnet werden. Dann werden die Lahmen lecken wie ein Hirsch, und der Stummen Zunge wird Lob sagen {Jes 35}. Darum sind die Wunderwerke Christi, die er nicht durch Betrug oder Blendung getan, sondern damit den elenden Leuten wahrhaftig und zur beständigen Gesundheit geholfen, gewisse und unfehlbare Zeugnisse, dass dieser Jesus von Nazareth der rechte Messias, und wahrhaftiger Gott ist, der in diese Welt gekommen ist, auf dass er uns von der Tyrannei des Teufels befreit.
18. Und da Jesus viel Volks um sich sah, hieß er hinüber jenseits des Meeres fahren.
Sah: Also, dass er mit viel Arbeit und Geschäft beschäftigt war und sich kaum erholen konnte.
Fahren: Damit er sich ein wenig erfrischte und ruhte. Denn gleichwie Christus alle anderen menschlichen Schwachheiten und Gebrechlichkeit, doch ohne Sünde, auf sich genommen: Also ist er auch öfter von der Arbeit seines Berufes müde geworden, dass er eine Weile Ruhe begehrt und gesucht hat. Darum auch die, welche mit vielen Geschäften überfallen werden, mit gutem Gewissen eine Weile ruhen mögen, damit sie sich wieder erholen, um später die Werke ihres Berufes viel frischer angreifen, und verrichten können.
19. Und es trat zu ihm ein Schriftgelehrter, der sprach zu ihm: Meister, ich will dir folgen, wo du hingehst.
Schriftgelehrter: Einer von denen, die mit der Heiligen Schrift täglich umgingen, diese schrieben, lasen und erklärten. Denn da Christus in Galizien und im jüdischen Lande, und wegen seiner herrlichen Wunderwerke, überall bekannt geworden und gerühmt wurde, begehrten viele, sich auf eine Freundschaft einzulassen und unter seine Jünger sich zu stellen, wo der eine und andere diesen Vorsatz hatte.
Wo Du hingehst: Denn ich erkenne, dass Du als ein Lehrer der Wahrheit von Gott gesandt bist, darum wenn Du mich zum Gefährten leiden magst, so will ich mich zu Dir halten, auf dass ich Dich höre predigen, Deine Wunderwerke sehe, und unter Deine Jünger gerechnet werde. Man kann aber aus der folgenden Antwort Christi genügend erkennen, was für eine Meinung dieser Schriftgelehrte unter die Jünger Christi begehrt hat, um aufgenommen zu werden: Nämlich, weil er gemerkt hat, dass Christus ein großes Ansehen bekommen würde, wegen seiner herrlichen Wunderwerke, die er tat, darum hoffte er, wenn er sich zu Christus hielte, er wollte mit ihm zu hohen Ehren kommen und großen Reichtum erlangen. Denn es nehmen auch viele noch heutigentags die reine Religion an, um zu hoffen, sie werden wer weiß was für einen zeitlichen Nutzen davon haben. Noch viel mehr fallen von unserer rechten Religion zur päpstlichen Religion ab, um keiner anderen Ursache willen, denn dass sie glauben, bei dieser Religion höher anzukommen als bei der unseren. Aber sie werden vom Teufel geblendet, der ihnen einredet: das alles will ich dir geben, so Du mich anbetest {Mt 4}.
Wo Du hin: (Nach Luther) Etliche wollen Christus nicht folgen, sie sind denn gewiss wohin: Darum verwirft Christus diesen, weil er kein Vertrauen zu ihm hat, sondern der Sache zuvor gewiss sein will.
20. Jesus sagte zu ihm: Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber des Menschen Sohn hat nichts, da er sein Haupt hinlege.
Hinlege: Darum darfst Du mir mit der Meinung nicht folgen, dass Du viel Geld und Gut bei mir erlangst, weil mein Reich nicht von dieser Welt ist: Und da ich der Allerreichste war, bin ich arm geworden, auch das andere durch meine Armut an himmlischen Gütern reich gemacht werden {2Kor 8}. Darum, wenn Du nach weltlicher Ehre und Reichtum strebst, so magst Du einen anderen Meister suchen, bei dem Du solches bekommst. Obwohl nun Gott den seinen in dieser Welt Nahrung und Kleidung gibt, sie manchmal auch mit zeitlichen Gütern reichlich segnet: So sollen sie doch so gesinnt sein, dass sie um Christi willen alles, was im Fall der Not, viel eher alles verlassen, als das Evangelium verleugnen.
21. Und ein anderer unter seinen Jüngern sprach zu ihm: Herr, erlaube mir, dass ich hingehe und zuvor meinen Vater begrabe.
Jüngern: Der vielleicht einer von den 72 gewesen, von dem später an anderer Stelle mehr gesagt wird.
Begrabe: Danach will ich dir standhaft folgen, und, so viel möglich, niemals von dir weichen.
22. Aber Jesus sprach zu ihm: Folge Du mir und lass die Toten ihre Toten begraben!
Begraben: Lasst die solches verrichten, welche sich um das Reich Gottes zu suchen, sich nicht bekümmern, die noch keine rechte Erkenntnis Gottes haben, um geistlich zu sein. Denn es können auch gottlose Leute die Toten ehrlich begraben. Aber Du sollst unterdessen dein Amt nicht versäumen, dazu Du jetzt berufen bist. Es verbietet aber Christus hiermit nicht, dass man dem Nächsten, oder auch den Eltern keinen Dienst oder Freundschaft erzeigen soll, darunter auch ist, dass man die Toten ehrlich begrabe, sondern lehrt, dass man solche Sachen außer Acht lassen müsse, wenn sie den göttlichen Beruf, der viel auf sich hat, hindern. Und er erinnert uns, dass wir Gott, wenn er uns beruft, gehorchen sollen, ohne Ausreden oder Entschuldigung, damit nicht, wenn wir versäumen, später die Tür verschlossen ist, wie bei den törichten Jungfrauen geschehen.
Begraben: (Nach Luther) Etliche geben gute Werke vor, dass sie nicht folgen oder glauben wollen. Aber die deutet Christus als tote und verlorene gute Werke.
Und: Lasst uns jetzt auch ein Wunderwerk Christi hören, dass sich auf dem Meer zugetragen hat: Denn da die Jünger in großer Gefahr auf dem Meer waren, hat sie Christus durch ein Wunderwerk erhalten, wie wir hören werden.
Folgten ihm: Denn wir sollen Christo nicht allein folgen, da wir meinen, es sei alles sicher, und hat keine Not, sondern auch, wo wir sehen, als möchte es ohne Gefahr nicht geschehen.
24. Und siehe, da erhob sich ein groß Ungestüm im Meer, also dass auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward; und er schlief.
Bedeckt ward: Darum die Jünger an ihrem Leben verzagten, und nichts anderes meinten, denn sie würden im Wasser ersaufen müssen. Solch ein Unglück hat die christliche Kirche in dieser Welt auch, wie dieses Schiff, dass nämlich die, welche Christus mit reinem Herzen folgen, in viel Trübsal und schwere Anfechtungen fallen.
Schlief: Und er tat dergleichen, als achtete er die Gefahr seiner Jünger und Not wenig. So denken wir auch in Widerwärtigkeit, Gott schlafe, wenn er uns nicht sofort zu Hilfe kommt.
25. Und die Jünger traten zu ihm und weckten ihn auf und sprachen: HERR, hilf uns, wir verderben!
Verderben: Wenn Du uns nicht zu Hilfe kommst, so werden wir alle im Wasser ersaufen, und wird es um unser Leben geschehen sein. Wir sollen auch Gott mit unserem Gebet aufwecken, dass er uns aus der Gefahr errettet.
26. Da sagte er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? Und stand auf und bedrohte den Wind und das Meer; da ward es ganz stille.
So furchtsam: Meint ihr, dass ich werde zugrunde gehen? Oder haltet ihr mich für einen solchen untreuen Herrn und Meister, dass ich euch wollte verderben und allein gehen? Ich sehe, dass ihr nicht nur an meiner Macht, sondern auch an meinem guten und geneigten Willen gegen euch etlichermaßen zweifelt. So geht es, dass unser Glaube, welcher wenn es wohl geht, so denken fühlen wir uns ganz stark, in Widerwärtigkeit und Trübsal aber sehr schwach. Darum sollen wir mit den Aposteln oft beten, Herr mehre unseren Glauben.
Bedrohte: Also, dass er ihnen gebot, sie sollten still und ruhig sein. Denn obwohl er mit seinen Jüngern wegen ihres schwachen Glaubens und Misstrauens unzufrieden war, so hat er sie doch darum nicht verlassen, sondern aus der Gefahr errettet und erhalten.
Ganz stille: Denn Christus, als der eingeborene Sohn Gottes und unser Bruder, hat alle Kreaturen in seiner Hand und Gewalt. Also das, wenn man meint, es stehe nicht gut und übel, es werde alles in großer Zerrüttung zugrunde gehen, sei auch kein Rat noch Hilfe mehr zu hoffen, so kann er plötzlich schaffen, dass alles in wunderlicherweise wieder ruhig und still wird.
27. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Was ist das für ein Mann, dass ihm Wind und Meer gehorsam ist?
Menschen: Nämlich die Jünger Christi, und andere, die dieses Wunderwerk gesehen und gespürt hatten.
Gehorsam ist: Das kann nicht nur ein einfacher Mensch, sondern nur Gott sein, der den Wind und das Wasser gebietet, dass sie seinen Willen tun, und solch Unwetter nur mit einem Wort vertreiben und stillen kann. Denn obwohl die Jünger eine richtige Erkenntnis Christi gehabt, so haben sie doch immer darin zugenommen, und diese von Tag zu Tag durch die Betrachtung solcher Wunderwerke bestätigt.
28. Und er kam jenseits des Meeres in die Gegend der Gergesener. Da liefen ihm entgegen zwei Besessene, die kamen aus den Totengräbern und waren sehr grimmig, also dass niemand diese Straße wandeln konnte {Mk 5v1 Lk 8v16}.
Und: Nun folgt ein anderes herzliches Wunderwerk, dadurch Christus der Herr aus zwei armen Menschen schreckliche Teufel ausgetrieben hat.
Totengräbern: Darin sie sich gewöhnlich aufzuhalten pflegten.
Grimmig: Dass sie die, so ihnen begegneten, anfielen und beschädigten, nachdem sie von den bösen Geistern getrieben wurden.
Wandeln konnte: Ohne in Gefahr des Lebens zu kommen. Denn des Teufels Art ist, dass er wider die Kreaturen Gottes Wüterei treibt, und seine Tyrannen wider das menschliche Geschlecht treibt: Darum sollen wir den Sohn Gottes anrufen, dass er uns vor solchen grausamen Feinden behüte.
29. Und siehe, sie schrien und sprachen: Ach Jesu, Du Sohn Gottes, was haben wir mit Dir zu tun? Bist du herkommen, uns zu quälen, ehe denn es Zeit ist?
Sie schrien: Nämlich, die elenden Leute: Doch redeten die Teufel durch ihren Mund, von welchen sie besessen waren, mit einer schrecklichen brüllenden Stimme.
Zeit ist: Wir wissen wohl, dass uns in der Hölle die ewige Strafe bereit ist. Aber Du plagst uns vor dem Jüngsten Tag, an welchen wir unsere Strafe völlig empfangen werden, und treibst uns durch Dein allmächtiges Wort aus unserer Wohnung. So reden die Teufel die Wahrheit, aber nicht mit dem Ziel, damit Christus von jedermann erkannt würde, sondern vielmehr, dass sie ihn durch ihr Zeugnis verdächtig machten. Darum lesen wir im Evangelium, dass Christus sagt sie sollen schweigen. Denn wenn der Satan die Wahrheit redet, so tut er es in der Meinung, dass er die Leute betrügen will. Wir sollen aber nichtsdestoweniger wissen, dass Christus in die Welt gekommen ist, damit er die Werke des Teufels zerstöre. Und so ist ein stetiger Krieg auf dieser Welt zwischen des Weibes Samen und der Schlange.
30. Es war aber ferne von ihnen eine große Herde Säue an der Weide.
31. Da baten ihn die Teufel und sprachen: Willst Du uns austreiben, so erlaube uns, in die Herde Säue zu fahren.
Teufel: Welche durch der Besessenen Mund redeten.
Säue zu fahren: Da die Teufel merkten, dass ihnen nicht mehr zugelassen würde, die besessenen Menschen zu plagen, so begehrten sie wenigstens die Säue zu erwürgen. Wie es nun des Satans Art ist, Schaden anrichten, wo er nur kann und mag Gelegenheit haben: Also ist kein Zweifel, die sind des Teufels Kinder, welche nur damit umgehen, dass sie mögen Schaden tun.
32. Und er sprach: Fahrt hin! Da fuhren sie aus und fuhren in die Herde Säue. Und siehe, die ganze Herde Säue stürzte sich mit einem Sturm ins Meer und ersoffen im Wasser.
Fahrt hin: In die Säue: Denn ich lasse euch solches zu. Kann darum der Satan auch einem unvernünftigen Tier nicht schaden, es werde ihm den von Gott zugelassen und verhängt, viel weniger wird er einem Menschen beikommen können, der nach dem Ebenbild Gottes erschaffen ist. Darum sollen wir nicht den Teufel, sondern Gott fürchten, der des Teufels Herr und Meister ist.
Sie aus: Nämlich die Teufel von den elenden Leuten, die sie bisher jämmerlich geplagt hatten.
Ersoffen: Es hatte zwar Christus kein Gefallen an dem Schaden, welcher den Herren der Säue von den Teufeln angetan ward. Aber doch hat er mit diesem nicht sonderlich großen Verlust der Leute, die in dieser Gegend wohnten, Herzen prüfen und an den Tag bringen wollen, ob sie der Säue oder der Menschen Wohlfahrt mehr achten würden? Und ob sie des Heilandes Christi heilsame Gegenwart höher schätzten, als eine Herde Säue? Denn Gott lässt uns manchmal das Unsere nehmen, auf das offenbar werde, was wir von ihm halten.
33. Und die Hirten flohen und gingen hin in die Stadt und sagten das alles, und wie es mit den Besessenen ergangen war.
Stadt: Welche am nächsten gelegen war, und dahin die Säue gehörten.
Ergangen war: Dass sie, nämlich, von den Teufeln freigemacht, und ihre Gesundheit wiederum erlangt hätten.
34. Und siehe, da ging die ganze Stadt heraus Jesu entgegen. Und da sie ihn sahen, baten sie ihn, dass er von ihrer Grenze weichen wollte.
Entgegen: Weil sie sich über das Wunderwerk entsetzt, und wegen des Verlustes ihrer Säue bestürzt waren, die Nachricht ungern gehört haben.
Weichen wollte: Sie baten ihn nicht, dass er andere elende und gebrechliche Menschen auch gesund machte, begehrten auch nicht, dass er ihnen vom Reich Gottes predigen sollte, sondern ihre Säue waren ihnen mehr wichtig, als ihr Seelenheil und ihre Seligkeit. Solche Leute finden sich auch heute noch, welche Christus und die reine Religion weit von sich weisen, als dass sie eine Gefahr, auch nur der Güter, viel weniger des Lebens, ausstehen sollten. Aber diese werden das Reich Gottes nicht erlangen, weil sie es mit solcher Undankbarkeit von sich stoßen.
Das 9. Kapitel
- Christus heilt zu Kapernaum einen Gichtbrüchigen, nachdem er ihm zuvor die Sünde vergeben hat. Matthäus wird aus einem Zöllner zum Apostel, als Christus mit öffentlichen Sündern zu Tische sitzt, die Pharisäer aber ärgern sich darüber. Aber Christus lehnt allen bösen Verdacht von sich, als wollte er jemand Ärgernis geben, um zu zeigen, was sein Amt ist. Danach fertigt er die Jünger Johannes ab, welche ihn darüber zur Rede stellen, dass seine Jünger nicht fasteten. Er weckt die Tochter des Jairus auf. Eine Frau, die viele Jahre lang den Blutgang gehabt, wird durch eine Berührung des Kleides Christi gesund. Christus schenkt zwei Blinden das Gesicht. Treibt von einem stummen Menschen einen Teufel aus. Und lehrt das Evangelium in verschiedenen Orten, heilt auch mancherlei Krankheiten.
1. Da trat er in das Schiff und fuhr wieder herüber und kam in seine Stadt.
Da: Weil der Evangelist und Apostel Matthäus sich bemüht, mit den Erzählungen der herrlichen Wunderwerke Christi zu beweisen, dass Jesus von Nazareth der wahre und eingeborene Sohn Gottes sei, und der Welt Heiland. So hat er auch das folgende herrliche Wunderwerk von dem Gichtbrüchigen zum ewigen Gedächtnis aufgezeichnet und beschrieben. Und gibt jetzt auch Nachricht, Markus im 2. Kapitel und Lukas im 5. Kapitel.
Herüber: Von dem Lande der Gergesener, welche ihn zu ihrem ewigen Schaden und Nachteil von sich abgewiesen und fortgeschickt hatten.
Seine Stadt: Nämlich nach Kapernaum, welche an diesem Ort Christi Stadt genannt wird, nicht weil sie seine eigene gewesen, die er auf dieser Welt nicht hatte, da er sein Haupt hinlegte, wie im vorigen 8. Kapitel steht, sondern, da er sich oft und viel dort aufhielt, und diese Stadt mit seinen gewaltigen Predigten, wie auch herzlichen und vielen Wunderwerken sehr berühmt gemacht hatte. Denn die Orte, in welchen das Wort Gottes rein gepredigt und die Gaben und Guttaten Gottes gegeben werden, sind gleich Wohnungen des allmächtigen und ewigen Gottes. Später aber hat der Herr Christus die Stadt Kapernaum wegen ihrer großen Undankbarkeit verflucht, wie im nächsten Kapitel zu lesen ist. Darum sollen wir uns hüten, weil uns Gott sein Wort so reichlich gegeben, dass wir um unsere Undankbarkeit willen, mit den Leuten in Kapernaum nicht den gleichen Fluch auf uns laden.
2. Und siehe, da brachten sie zu ihm einen Gichtbrüchigen, der lag auf einem Bette. Da nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Sei getrost, mein Sohn; deine Sünden sind dir vergeben.
Bette: Und konnte sich wegen seiner schweren Krankheit weder regen noch bewegen. Markus und Lukas, so diese Geschichte auch beschreiben, sagen, man habe ihn durch das Dach hinunter in das Haus gelassen, weil man ihn wegen der großen Menge des Volkes zur Tür nicht konnte hereinbringen. Wir sollen zur Hilfe unseres Nächsten Nutzen und Wohlfahrt es diesen Leuten nachtun und bemühen, und keine Mühe noch Arbeit soll uns verdrießen, wenn wir armen und elenden Leuten können zur Hilfe kommen.
Ihren Glauben: Dass sowohl der Kranke als auch die Träger ein gutes Vertrauen zu ihm hatten, er, als der Sohn Gottes, würde die Krankheit vertreiben und den elenden Menschen gesund machen. Denn Christus bemühte sich nicht allein wegen des Kranken, wie man meinen könnte, dass sie ihm alles Gute zutrauten, sondern auch, weil er Gott und Mensch in einer Person war, konnte er ihnen und den Kranken ins Herz sehen, und ihre Gedanken wissen, was sie von ihm begehrten, und wofür sie ihn hielten. Welches er zwar damals imstande seiner Erniedrigung, so auf der gewollt, ins Werk hätte setzen können: Jetzt aber, nachdem er die Knechtsgestalt abgelegt und in seine Herrlichkeit eingegangen ist, sieht und weiß er aller Herzen Gedanken.
Vergeben: Nachdem der Herr Christus diesen gichtbrüchigen Menschen gesund zu machen, sich vorgenommen, fängt er zuerst an der Seele an, an welcher der arme Mensch ebenso krank war, als am Leibe. Als wollte Christo sprechen: Ich will dich zwar gesund machen. Aber weil ich auf den rechten Ursprung aller Krankheiten zuerst achthaben muss, welche ist die Sünde, aus der alle Krankheiten entstehen, so muss ich diese zuvor aus dem Wege räumen und von Sünden losmachen, damit wenn diese, als eine Ursache der Krankheit, aufhört, auch die Krankheit selber aufhört. Denn gleichwie der Tod der Sünden Sold ist, also werden auch die Krankheiten um der anklebenden begangenen Sünden willen zugeschickt. Und sind die Krankheiten die Vorboten des Todes, welche einen Menschen manchmal sehr schnell und plötzlich wegreißen, manchmal langsam aus diesem Leben abholen und hinwegführen. Welche darum die Krankheit wollen loswerden, die sollen zuerst Vergebung der Sünden suchen und nicht zuerst nach des Leibes Gesundheit als der Seelen Wohlfahrt trachten, danach aber dem göttlichen Willen und Wohlgefallen sich ergeben, und sagen, himmlischer Vater, nicht mein, sondern Dein Wille geschehe. Auch sollen wir lernen, dass Christus vornehmstes Amt ist, nicht dass er die Leiber wunderbarer ähnlicherweise gesund mache, sondern dass er der Seelenhelfer ist. Darum sollen wir bei ihm Vergebung der Sünden, der Seelen Wohlfahrt und die ewige Seligkeit suchen. Welche, wenn wir sie durch den Glauben an ihn erlangt haben, weder die Krankheit noch der Tod schaden kann.
3. Und siehe, etliche unter den Schriftgelehrten sprachen bei sich selbst: Dieser lästert Gott.
Schriftgelehrten: Welche täglich mit Lesen und Abhandlungen der Heiligen Schrift, in den Büchern Mose und der Propheten geschrieben, umgingen, aber mit schlechtem Nutzen.
Lästert Gott: Indem er sich überhebt, dem Gichtbrüchigen die Sünde zu vergeben. Denn das steht allein Gott zu, die Sünde aus eigener Gewalt zu vergeben. Wir aber sehen an diesem Menschen nichts anderes, als eine menschliche Natur: Darum halten wir ihn für einen Gotteslästerer, der wert wäre, dass er mit dem Leben bestraft würde, weil er sich göttliche Ehre zumisst, und Gott in sein Amt greift. Es urteilten aber die Schriftgelehrten zu schnell, bevor sie die Person Christi richtig erkannten, daher sind sie selbst viel mehr Gotteslästerer gewesen, und nicht Christus. Wir sollen uns hüten, dass wir in großen wichtigen Sachen nicht so schnell urteilen, wenn wir noch nicht alle Umstände richtig erkannt haben.
4. Da aber Jesus ihre Gedanken sah, sprach er: Warum denkt ihr so Arges in euren Herzen?
Sah: Denn er auch einem Menschen ins Herz sah.
So arges: Indem ihr mich der Gotteslästerung falsch beschuldigt. Als ob ich mich überhoben hätte, dass nicht mein Amt noch in meiner Gewalt wäre.
5. Welches ist leichter zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Stehe auf und wandele?
Und wandele: Meint ihr nicht auch, dass ihr mit euren Augen etwas sehr Großes gesehen habt, aus eigener Kraft und Gewalt einen solchen elenden Menschen, der durch seine schwere Krankheit fast ausgemergelt und für verloren geschätzt wird, plötzlich, dazu nur mit einem Wort zu seiner vorigen und völligen Gesundheit wieder hergestellt, als einem ängstlichen Gewissen, die Sünde zu vergeben, und davon zu entbinden? Darum wenn ich dieses auch tun werde, welches euch schwer und wunderbar zu sein scheint, so sollt ihr es auch dafürhalten, dass ich solches kann, was ihr so leicht meint zu sehen.
6. Auf dass ihr aber wisst, dass des Menschen Sohn Macht habe auf Erden, die Sünden zu vergeben, sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Stehe auf, heb‘ dein Bett auf und gehe heim!
Zu vergeben: Siehe, so will ich (will Christus sagen) diesen Menschen von Stand an und in einem Augenblick gesund und stark machen, auf dass ihr seht und wisst, wie ich von meinem himmlischen Vater auch die Macht empfangen habe, dass ich auf Erden die Sünde vergeben kann, welchem ich will, und dass solche Vergebung auch im Himmel kräftig sei. Es vergibt aber Christus die Sünde auf eine andere Weise, als die Kirchendiener. Denn diese verkündigen die Vergebung der Sünde, welche im Himmel Kraft hat {Mt 16 Joh 20}. Christus aber vergibt die Sünde aus eigener Macht und Gewalt, weil er Gott und Mensch ist in einer Person.
Bett auf: Darauf Du eine ganz lange Zeit krank gelegen bist. Es heißt aber Christus den Gichtbrüchigen, sein Bett selber zu tragen, auf dass jedermann sehe, wie er nicht allein von seiner Krankheit gesund geworden ist, sondern auch seine völligen Leibeskräfte wiederum bekommen habe.
7. Und er stand auf und ging heim.
Ging heim: Mit seinem Bett, welches er nach dem Befehl Christi auf sich genommen hatte. Den Christi Wort ist ein allmächtiges Wort, und was er verheißt, das kann und will er auch leisten.
8. Da das Volk das sah, verwunderte es sich und pries Gott, der solche Macht den Menschen gegeben hat.
Gegeben hat: Das heißt: Sie sagten Gott Lob und Dank, dass er ihnen einen solchen Propheten geschickt, der den Leuten die Sünde verzeihen und sie von ihren unheilbaren Krankheiten gesund machen könnte. Es sind aber alle Wunderwerke Christi dahin gerichtet, dass wir erkennen, Jesus von Nazareth sei Christus, der ewige Sohn Gottes, Messias und Heiland der Welt, und dass wir durch den Glauben an ihn, die ewige Seligkeit erlangen {Joh 20}.
9. Und da Jesus von dort ging, sah er einen Menschen am Zoll sitzen, der hieß Matthäus, und sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm.
Und: Jetzt beschreibt unser Evangelist seinem Beruf zum Apostelamt, wie er aus einem Zöllner zum Apostel geworden ist. Diese Geschichte sagen auch Markus 2 und Lukas 5.
Zoll sitzen: Es hatten die Zöllner damals einen sehr bösen Ruf. Denn obwohl das Zollamt selber nicht unehrenhaft oder gottlos war, so hatten jedoch die Zöllner mit ihrem Geiz und räuberischen Tun ihren Stand ganz verschrien gemacht. Denn sie kauften den Zoll von den Römern, danach steigerten sie denselben und nahmen, was sie von den Leuten bekommen oder ihnen abnehmen konnten, es geschehe gleich mit Recht oder mit Unrecht. Darum wurden die Zöllner für ungerechte und lasterhafte Leute gehalten, welche die Gemeinschaft ehrlicher und frommer Leute scheuten. Trotzdem beruft Christus aus diesem Stand Matthäus zum Apostelamt.
Folge mir: Sei von jetzt an mein stetiger Gefährte, auf dass Du meine Predigten hörst, meine Wunderwerke siehst und von allen meinen Handlungen ein gläubiger Zeuge bist, und später mein Evangelium in der Welt predigst, und dieses mit Wunderwerken bestätigst. Weil nun dieser Matthias nicht nur ein Apostel, sondern auch als Evangelist sein Amt verrichten sollte, dass er des Herrn Christi Taten und Geschichten in Schriften verzeichnete, und also Christi Kanzler würde, dessen getreue Arbeit die Kirche jetzt über die Hunderte von Jahren gebraucht, so möchte sich niemand verwundern, warum Christus zu solchem hohen Amt nicht eine bessere Person erwählt hat. Aber es hat der Herr Christus aus einem besonderen Bedenken einen Zöllner zum Apostelamt genommen, auf dass er eben damit zu verstehen gebe, wie er darum in die Welt gekommen ist, die armen Sünder selig zu machen. Und ist Matthäus, als des Herrn Christi Kanzler, an seines himmlischen Königs geistlichem Hof frömmer und heiliger geworden, wo sonst die Amtsleute an der Fürsten Höfe oft ärger werden.
Folgte ihm: Dass er sich unter ihm und seine Gesellschaft gab. Denn er nicht zugleich beim Zoll konnte sitzen bleiben, wenn er gleich hätte wollen aufrichtig handeln. Um Christi stetiger Gefährte zu sein, musste er seinen vorigen Stand fahren lassen. Wir sollen auch mit Fleiß darauf achthaben, welches unser eigentlicher Beruf sei, auf dass wir mit getreuer Verrichtung desselben, Gott dem Herrn gehorsam folgen und nicht frech widerstreben, obgleich wir keinen besonderen Nutzen davon haben. Die Heuchler aber haben hier nichts vorzuwenden, welche ihren ordentlichen Beruf verlassen, und in die Klöster oder Wüsten sich begeben.
10. Und es begab sich, da er zu Tische saß im Hause, siehe, da kamen viel Zöllner und Sünder und saßen zu Tische mit Jesu und seinen Jüngern.
Sünder: Welche wegen ihrer groben Laster öffentlich verschrien waren, als Räuber, Ehebrecher und dergleichen. Denn als Matthäus von Christus berufen wurde, dass er mit ihm, durch Juda und Galiläa reiste, und solcher Gestalt zum Apostelamt unterrichtet würde, hat er zuvor, ehe er von den Seinen einen Abschied genommen, ein Gastmahl zubereitet und zu diesem nicht allein Christus und seine Apostel, sondern auch andere Zöllner und Sünder, die bisher seine Gesellen gewesen sind, geladen. Die er aber ohne Zweifel der Ursache wegen deshalb berufen hat, dass sie mit solcher Gelegenheit Christus den Messias hören, aus seinem Gespräch sich bessern und die ewige Seligkeit erlangen möchten. Und haben sie ohne Zweifel Christus fleißig zugehört. Denn dass sie gute Zuneigung zu ihm gehabt, ist aus dem, was später folgt, gut zu lernen. Denn es sind die öffentlichen Sünder viel eher zu Gott zu bekehren, als die Heuchler.
11. Da das die Pharisäer sahen, sprachen sie zu seinen Jüngern: Warum isst euer Meister mit den Zöllnern und Sündern?
Pharisäer sahen: Die stolzen Heuchler, dass Christus mit den Zöllnern und Sündern umging und aß, ärgerte sie sehr.
Und Sündern: Fürchtet er sich nicht, dass es seinem Ansehen etwas schade? Denn wer wollte nicht nach dem allgemeinen Sprichwort von ihm urteilen, da man sagt: Gleich und gleich gesellt sich gerne? Und es hat allerdings das Ansehen, als lasse er sich die Bubenstücke der Zöllner gefallen, und stärke sie in ihrer Bosheit und ihrem gottlosen Wesen, indem er viel mit ihnen umgeht und zu tun hat. Aber die Pharisäer irrten sich in dem, dass sie nicht Acht darauf hatten, wohin es von Christus angesehen und gemeint war, wenn er sich zu den Sündern hielte, und mit ihnen aß. Denn die Heuchler deuten fast alles auf das Schlimmste. Und sind diesen Pharisäern heutigentags die Wiedertäufer ganz gleich, welche das heftig an uns schelten, dass wir mit öffentlichen Sünden das Abendmahl empfangen, gerade, als ob ein Heuchler nicht viel schlimmer wäre, denn ein öffentlicher Sünder. Aber zur Sache: Es wird keiner zum Heiligen Abendmahl zugelassen, er bekenne denn, dass ihm seine begangenen Sünden leid sind, glaube an Christus, und wolle weiter sein Leben bessern. Weil nun das Abendmahl des Herrn den bußfertigen Sündern zum Guten eingesetzt ist, dass sie durch dessen Gebrauch der Vergebung ihrer Sünden vergewissert und im Glauben gestärkt werden, so soll man sie nicht davontreiben oder ausschließen. Tut denn jemand nur dergleichen, und stellt sich, als wolle er sich bessern und bekehren, wälzt sich aber wieder in seinem vorigen Unflat, der wird Gott selbst müssen Rechenschaft geben, wir aber sind von Gott entschuldigt. Denn es ist uns nicht befohlen, dass wir andere Leute Herzen erkundigen und erforschen. Der Mensch (spricht Paulus) prüfe sich selbst, und sagt nicht, er prüfe alle die, mit denen er zum Abendmahl des Herrn gehen will.
12. Da das Jesus hörte, sprach er zu ihnen: Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.
Hörte: Wie ihm die Pharisäer so übel nachredeten und sein Tun verlästerten.
Kranken: Nun sind diese Zöllner und arme Sünder mit sehr beschwerlichen innerlichen und geistlichen Krankheiten behaftet. Ich aber bin der rechte himmlischer Arzt, der ich ihre Wunden des Gewissens und Krankheiten des Gemüts mit meinem Evangelium und Geist heilen kann. Darum ist es richtig, dass ich mit ihnen umgehe, wie sollten sie anders heil werden. Wie man es einem Arzt nicht übel nehmen kann, wenn er sich oft bei den Kranken aufhält, sondern eben deshalb vielmehr des Lobes wert ist, so ist es bei mir genauso wenig zu beschimpfen, wenn ich mit den Sündern und Zöllnern esse und umgehe, zu ihrer Besserung. Denn Christus ist der allerbeste Seelenarzt, welcher die zerschlagenen Herzen heilte und die Wunden des Gewissens verbindet {Jes 61}. Aber es sind dreierlei Leute, die solche guten Taten nicht genießen: Erstlich, die Heuchler, welche von wegen eines falschen Wahns ihrer eigenen Gerechtigkeit und Heiligkeit aufgeblasen sind, und meinen, sie bedürften dieses Arztes nicht, sie selbst nicht und die andern auch nicht, weil sie voller übrige guter Werke und selbst Rat schaffen könnten. Weiter, die unbußfertigen, welche Christus verachten und dieses Lebens Wollüste so sehr lieben, dass sie sich des Erlösers Christi samt seinen himmlischen Gütern nicht achten, noch nach denselben fragen. Und auch die Verzweifelten, die vor diesem Arzt fliehen und ihn für keinen Arzt, sondern für einen Henker halten, weil sie vom Teufel geblendet sind. Wir aber sollen in allen Trübsalen und Anfechtungen zu ihm fliehen, denn er lockt uns aufs Freundlichste zu sich und sagt: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken {Mt 2}. Das ist also der Grund, mit welchem Christus seine Gemeinschaft mit den Zöllnern und Sündern entschuldigt hat: Nun folgt die andere.
13. Geht aber hin und lernt, was das sei: Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer. Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Frommen {Mt 12v7 18v2}.
Das sei: Und was es zu bedeuten hat, dass der Prophet Hosea in Kapitel 6 geschrieben hat.
Nicht am Opfer: Als wollte Gott sprechen: Ihr Israeliter macht viel äußerliche Levitischer Opfer, als ob die ganze Religion darauf bestünde, daneben aber versäumt ihr den Gottesdienst, welcher mir am angenehmsten ist. Nämlich, die Guttätigkeit gegenüber den Armen. Ich aber wollte viel lieber, dass ihr euch auf Wohltaten legt, und der Freundlichkeit gegen andere Leute bemüht. Denn ohne wahren Glauben an den Messias, und ohne rechtschaffene Liebe gegen den Nächsten gefallen mir keine Opfer, sondern ich habe vielmehr ein Gräuel daran {Jes 1 66}. Weil demnach (will Christus sagen) mein himmlischer Vater, die Barmherzigkeit und Guttätigkeit, so dem Nächsten gezeigt wird, für den vornehmsten Gottesdienst rechnet, und auch niemand einen Menschen größere Guttat erzeigen kann, als wenn er ihn, der wie ein verlorenes Schaf in der Irre herumgeht, wieder auf den rechten Weg bringt, und den Sünder zur Buße ruft, so fehlt es nicht. Ich tue jetzt Gott dem Herrn, meinem himmlischen Vater, einen großen Gefallen, wenn ich mit den Zöllnern und Sündern umgehe, und sie zu Gott ihrem Herrn bekehre. Wir sollen auch dabei erinnert werden, dass die äußerlichen Gottesdienste, welche man in der Gemeinde öffentlich verrichtet, Gott nicht angenehm sind, wenn die Personen, so mit solchen Gottesdiensten umgehen, ohne Glauben und Liebe sind. Besonders aber sollen wir uns befleißigen, dass der Menschen ewige Seligkeit befördert werde, welches alle anderen Werke der Liebe übertrifft.
14. Indes kamen die Jünger des Johannes zu ihm und sprachen: Warum fasten wir und die Pharisäer so viel, und deine Jünger fasten nicht?
Jünger Johannes: Des Täufers, über dessen strenges Leben sie sich verwunderten, und viel von ihm hielten, sich auch mit viel Fasten marterten und plagten, daneben aber dem Zeugnis Johannes von Christo nicht glaubten. Denn sonst hätten sie Christus nicht getadelt, sondern ihn viel mehr, als den Sohn Gottes, geehrt. Obwohl nun Christus ganz unsträflich gelebt, und seine Jünger auch, solange sie sich zu Christus gehalten haben, ein ihr wahres Leben geführt, dennoch sind sie von den Heuchlern kritisiert worden, wie diese Geschichte bezeugt, welches Markus 2 und Lukas 5 auch erzählen.
Fasten wir: Denn das viele fromme und heilige Leute auch so tun, wie die Affen, aber ihrem Glauben folgen sie nicht.
Fasten nicht: Denn sie meinten, die Jünger Christi ließen ein großes Stück der Gottseligkeit aus der acht, weil sie nicht nach dem Brauch Johannes des Täufers und der Pharisäer Gesetze fasteten. Denn die menschliche Vernunft gafft nach den äußerlichen falschen Werken, leiblichen Übungen, aber der wahren Gottseligkeit achtet sie wenig. Also ärgern sich auch heutigentags die Katholiken und beschuldigen uns, dass wir der Menschen Satzungen nicht halten, gerade als ob wir aller Gottesfurcht den Rücken kehren würden und allen guten Werken abgesagt hätten. Obwohl nun Christus seinen Jüngern nicht zuließ, dass sie im Überfluss lebten: Und entschuldigt seine Jünger mit einer prächtigen und herrlichen Verantwortung.
15. Jesus sprach zu ihnen: Wie können die Hochzeitleute Leid tragen, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird; alsdann werden sie fasten.
Hochzeitleute: Leute, die zur Hochzeit berufen und geladen wurden.
Leid tragen: (Nach Luther) Es ist zweierlei leiden, eines aus eigener Wahl vorgenommen, wie die Mönche nach ihren Regeln oder wie die Baals Priester sich selbst verwundeten. Solch ein Leiden hält alle Welt und hielten es die Priester, auch des Johannes Jünger für groß. Aber Gott verachtet es. Das andere Leiden, welches von Gott ohne unsere Wahl geschickt wird. Dieses Leiden ist recht und Gott gefällig. Darum spricht Christus: Seine Jünger fasten nicht, weil der Bräutigam noch bei ihnen ist, das heißt, weil ihnen Gott die Leiden noch nicht geschickt hat und Christus noch bei ihnen war, und sie schützte, schickte er ihnen kein Leiden, denn es ist nichts vor Gott. Sie mussten aber fasten und leiden, da Christus tot war. Damit verwirft Christus der Heuchler Leiden und Fasten aus eigener Wahl vorgenommen. Also, wo sich Christus freundlich erzeigt, als ein Bräutigam, da muss Freude sein, wo er sich aber anders zeigt, da muss Trauer sein.
Ihnen ist: Und sie in dauernder Hochzeit von ihm behandelt werden.
Genommen wird: Wenn die Hochzeit zu Ende sein wird und traurige Zeiten später folgen werden, da werden sie Gründe und Gelegenheit zum Fasten haben. Als wollte er sprechen: Meine Jünger haben mich, als den rechten Bräutigam der Kirche, sichtbar jetzt gegenwärtig bei sich, hören meine Predigten mit großer Verwunderung, sehen meine Wunderwerke mit Lust, werden durch mein holdseliges und freundliches Gespräch ergötzt, und lasse ich ihnen an allem, was sie zum Leben bedürfen, keinen Mangel. Darum jetzt es ist bei ihnen wie eine Hochzeit, an welcher zu fasten sich nicht schicken würde. Wenn ich aber zum Tode hingerissen werde, und sie denken werden, es sei nun alles um mich geschehen, so werden sie vor Traurigkeit freiwillig fasten. Obwohl nun Christus mit dieser Antwort die äußerliche Übung nicht verwirft, jemand durch Nüchternheit und Abbrechen seiner selbst, den alten Adam begehrt auszutreiben, wenn er spürt, dass es die Notdurft erfordere, so will er jedoch auch nicht, dass wir uns selbst unnötige Beschwerden auflegen, sondern vielmehr, dass wir die Güte unseres himmlischen Vaters mit Dankbarkeit genießen, und später zu seiner Zeit, wenn uns Gott ein Kreuz auflegt, dieses auch geduldig tragen. Denn dazu ist die Stunde der Hochzeit, wenn Gott mit vielen und großen Guttaten seine väterliche Zuneigung gegen uns augenscheinlich erklärt, und wird der Bräutigam von uns genommen, wenn beschwerliche Zeiten anfallen, und unser Glaube unter dem Kreuz bewährt wird.
16. Niemand flickt ein altes Kleid mit einem Lappen von neuem Tuch; denn der Lappen reißt doch wieder vom Kleid, und der Riss wird ärger.
Niemand flickt: (Nach Luther) Christus lehrt hiermit, man könne diese neue Lehre nicht mit total fleischlichen Herzen begreifen, und wo sie fleischlichen Leuten predigen, werde es nur ärger. Wie man jetzt sieht, dass, so man geistliche Freiheit lehrt, nimmt sich das Fleisch der Freiheit an, zu seinem Mutwillen.
Wird ärger: Als er zuvor gewesen. Darum reimt sich Neues mit Neuem, und Altes zum Alten am besten.
17. Man fasst auch nicht Most in alte Schläuche; anders die Schläuche zerreißen, und der Most wird verschüttet, und die Schläuche kommen um. Sondern man fasst Most in neue Schläuche, so werden sie beide miteinander halten.
Schläuche: Darin man den Wein füllt und aufbewahrt. Die Meinung dieser und des vorigen Gleichnisses ist einerlei. Und deutet Christus damit auf die Jünger von Johannes des Täufers, welche mit den alten pharisäischen Satzungen sich bemühten, und nichts für recht oder gut hielten, was nicht auf der Pharisäer Gesetze gerichtet war. Darum waren sie der evangelischen Lehre nicht fähig, sondern stießen sich daran und wurden oftmals dadurch nur geärgert. Als wollte Christus zu ihnen sprechen: Ihr seid gleich den abgetragenen Kleidern und den alten Schläuchen. Wenn euch jemand die neue Lehre des Evangeliums vorhalten wollte und als ein neue Stück Tuch an euch nähen, der würde sich vergeblich bemühen und nichts ausrichten. Aber meine Jünger sind durch den Glauben und die Taufe wiedergeboren und erneuert. Darum hören sie das Evangelium mit Nutzen und brauchen der christlichen Freiheit recht, derer ihr euch nicht könnt noch wollt gebrauchen. Deswegen zieht hin mit euren Satzungen, und braucht sie für euch, wie ihr wollt. Meine Jünger, welches neue Leute sind, gehen die alten Satzungen nichts an. Also soll es uns nicht wundern, wenn die Katholiken ihre alte pharisäische Lehre hochheben, und dagegen an der Lehre des Evangeliums, welche ihnen neu vorkommt, auch an den richtigen Gebrauch der christlichen Freiheit, sich ärgern, wobei wir nun der reinen Lehre in unserem Gewissen versichert sind, und der christlichen Freiheit zu des Fleisches Mutwillen nicht missbrauchen.
18. Da er solches mit ihnen redete, siehe, da kam der Obersten einer und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, meine Tochter ist jetzt gestorben; aber komm und lege deine Hand auf sie, so wird sie lebendig.
Da er: Jetzt erzählt der Evangelist zwei Wunderwerke, welche Christus zu seiner Zeit getan hat: Denn wer eine Frau gesund machte, die den Blutgang hatte, und eines Obersten, der bei den Juden hoch angesehen war, die Tochter vom Tode wiedererweckt hat. Wenn aber jemand alle Umstände dieser Geschichte fleißig bedenkt, so wird er finden, dass sie nicht einerlei ist mit der, welche Markus im 5. Kapitel, und Lukas im 8. Kapitel beschreiben, ob sie wohl in vielen Dingen miteinander sich vergleichen.
Ihnen: Nämlich, mit des Täufers Johannes falschen Jüngern.
Nieder: Dass er sich demütig zeigte und einen Fußfall tat. Es hat aber dieser Unfall und beschwerliche Zustand, dass er seine Tochter durch den zeitlichen Tod verlor, diesen vortrefflichen Mann dahin getrieben, dass er zu Christus kommt, da er sonst vielleicht nicht viel nach ihm gefragt oder seiner geachtet hätte. Denn oft ist es so, je größer das Ansehen jemand bei den Juden hatte, je mehr Abneigung er gegenüber Christus hatte, und ihn anfeindete. Aber Gott zieht häufig seine Auserwählten durch große Trübsal zu seiner wahren Erkenntnis, dass sie Christus ihren Heiland suchen, und nach ihn fragen, da sie sonst in ihren Sünden gestorben wären.
19. Und Jesus stand auf und folgte ihm nach und seine Jünger.
Folgte ihm: Da kann man sehen, wie willig der Herr des Himmels und der Erden ist, denen zu helfen, die seiner Hilfe bedürfen. Und er hat bis heute diesen Sinn nicht geändert, obwohl er nun seine völlige Majestät und Regierung im Himmel und der Erde eingenommen hat. Wie viel mehr sollten wir schlechten und widerlichen Menschen bereit sein, unseren Nächsten zu dienen und ohne Verdruss zu helfen, wo es nötig tut.
20. Und siehe, ein Weib, das zwölf Jahre den Blutgang gehabt, trat von hinten zu ihm und rührte seines Kleides Saum an.
Und: Bevor denn Christus des Obersten Tochter vom Tode erweckt, macht er auf dem Weg eine blutflüssige Frau durch seine Kraft auf wunderbare Weise gesund.
21. Denn sie sprach bei sich selbst: Möcht‘ ich nur sein Kleid anrühren, so würde ich gesund.
Ihr selbst: Durch ein besonderes Eingeben des Heiligen Geistes.
Gesund: Und von einer schrecklichen beschwerlichen Krankheit gesund, denn man soll wissen, dass keine Krankheit so gefährlich sei, welche Christus nicht vertreiben könnte.
22. Da wandte sich Jesus um und sah sie und sprach: Sei getrost, meine Tochter; dein Glaube hat dir geholfen. Und das Weib ward gesund zu derselben Stunde.
Geholfen: Denn weil Du geglaubt hast, dass ich Dich gesund machen könne, so hast Du das, was Du begehrst, durch den Glauben bekommen.
Stunde: Dass sie den Blutfluss zur Unzeit nicht mehr empfunden. Es hat aber Christus mit diesem Wunderwerk bezeugt, dass er auch unserer heimlichen Anliegen, deren wir und schämen, und sie nicht wollen aufdecken, weiß und ändere. Dass aber diese Frau durch das anrühren des Kleides ihre Gesundheit erlangt, ist ein besonderes Wunderwerk gewesen, so an ihr geschehen ist, und kann man daraus nicht als Beispiel nehmen oder schließen, dass allerlei Krankheiten Heilung, sowohl des Gemütes als des Leibes, von Anrühren oder Besuchen der heiligen Gebeine oder des Heiligtums, zu hoffen und zu begehren. Denn solch ein Aberglaube hat kein Gebot oder keine Verheißung Gottes. Und weil die Wunderwerke, so dem Ansehen nach, bei den Heiligtümern geschehen, zur Bestätigung einer öffentlichen Abgötterei dienen, so ist gewiss, dass es keine Rechte und göttliche Wunderwerke sind.
23. Und als er in des Obersten Haus kam und sah die Pfeifer und das Getümmel des Volks,
Und: Jetzt folgt wiederum vom vorigen Wunderwerk und dessen Ausführung.
Obersten: Der ihn gebeten hatte, dass er seine Tochter wollte vom Tode wiederum erwecken.
Pfeiffer: (Nach Luther) Die man zu der Leiche braucht, wie man bei uns läutet und besingt die Toten. Bedeutet, dass der Tod durch das Gesetz bezeugt, und gefühlt wird.
Volks: Welches kläglich weinte und hinzulief, wie zu geschehen pflegte, wo angesehene Leichen sind. Solch ein Wesen hat dem Herrn Christus nicht gefallen. Es war aber damals der Brauch, dass man Pfeiffer zu den Leichen nahm, die eine klägliche und traurige Melodie pfiffen, da dadurch das Volk noch mehr zum Mitleiden und Weinen bewegt wurde {Jer 9v17}.
24. sprach er zu ihnen: Weicht! denn das Mädchen ist nicht tot, sondern es schläft. Und sie verlachten ihn.
Weicht: Mit dem Leichengepränge, seid ruhig. Denn es bedarf jetzt solcher Zeremonien nicht mehr.
Schläft: Denn ich will es ebenso leicht vom Tode auferwecken, als man vom Schlaf aufsteht. Und ist der Frommen Tod kein Tod, sondern nur ein Schlaf, dadurch sie von der Mühe und Arbeit dieses Lebens ruhen, auf dass sie zur ewigen Unsterblichkeit wiederauferstehen. Daher der Prophet Jesaja, im 6. und 7. Kapitel, der Frommen Gräber, Schlaf, nennt, in denen sie mit ihren Leibern ruhen, welche Seelen bei Christus im Paradies sind. Darum sollen wir die Gräber ansehen als Schlafkammern und Betten, so werden wir den Tod nicht fürchten.
Verlachten ihn: Als dass er keinen Unterschied zwischen Tod und Schlaf kennt. So verlacht auch heutigentags unsere Vernunft, wenn sie nicht mit dem Geiste Gottes eingetrieben wird, die Dinge, welche von der Frommen Tod und seligen Auferstehung zum Trost vorgebracht werden.
25. Als aber das Volk ausgetrieben war, ging er hinein und ergriff sie bei der Hand. Da stand das Mädchen auf.
Ausgetrieben: Aus der Kammer, darin das verstorbene Mädchen lag.
Bei der Hand: Denn Christus hat ungeachtet des Gespöttes, nicht weniger in seinem Amt und Verrichtung ausgerichtet, und erweckt das Mädchen vom Tode.
Auf: Lebendig, frisch, und gesund. Denn unser Herr Gott Jesus Christus ist ein Herr des Lebens und des Todes, der selbige wird uns auch am Jüngsten Tage zur ewigen Unsterblichkeit auferwecken.
26. Und dies Gerücht erscholl im ganzen Land.
Gerücht erscholl: Von des Obersten Tochter, wie sie vom Tode erweckt wurde. Und soll man die Wunderwerke und Guttaten Gottes nicht unterschlagen oder verbergen, sondern auf die Nachkommen fortpflanzen, und sie überall ausbreiten, damit ihrer viele Gott recht zu erkennen und zu loben gelockt und aufgebracht werden.
27. Und da Jesus von dort weiterging, folgten ihm zwei Blinde nach, die schrien und sprachen: Ach, du Sohn Davids, erbarme dich unser!
Und: Folgt ein anderes herrliches Wunderwerk Christi, welches er an zwei Blinden erweist.
Erbarme dich: Und gibt uns elenden Menschen unser Gesicht wieder, denn wir glauben, Du bist der Messias, von dem die Propheten vorher verkündigt und geweissagt haben, dass er aus dem Geschlecht Davids sollte geboren werden. Weil wir aber wissen, dass des Messias Amt sei, die elenden und betrübten Menschen zu erhalten und ihnen zu helfen, so hoffen wir, Du wirst uns diese Guttat auch erzeigen, darum wir dich bitten, uns unser Gesicht wiederzugeben. Diese beiden Blinden haben schärfer gesehen, als die Hohepriester, die Schriftgelehrten und Pharisäer. Denn obwohl sie an den Augen geblendet gewesen, so haben sie doch erkannt, dass Jesus von Nazareth der Messias ist, und indem sie ihm den Namen des Sohnes Davids geben, schreiben sie ihm alle Majestät zu, welche ihm in den Weissagungen der Propheten zugeeignet wurden. Wir sollen auch in unseren Trübsalen zu dem Sohn Davids, Jesus Christus, unserer Zuflucht suchen. Denn in der Gestalt wie er ein Sohn Davids und Mensch ist, ist er unser Bruder, darum wird er uns nicht verlassen.
28. Und da er heimkam, traten die Blinden zu ihm. Und Jesus sprach zu ihnen: Glaubt ihr, dass ich euch solches tun kann? Da sprachen sie zu ihm: Herr, ja.
Heimkam: Denn obwohl Christus ihnen zu helfen willig war, tat er es doch eine Zeit lang nicht, sondern zog seines Weges fort und gab ihnen keine Antwort.
Zu ihm: Und baten um ihr Gesicht. Denn obgleich sich Gott manchmal so stellt, als hörte er unser Gebet nicht, so sollen wir darum nicht vom Gebet ablassen, sondern viel mehr und emsiger anhalten {Lk 18}. Denn er die Hilfe nicht abschlägt, sondern nur aufschiebt, damit wir umso inbrünstiger beten, und unser Glaube und unsere Hoffnung bewährt werden.
Herr, ja: Wir glauben Du kannst es tun. Also sollen wir auch glauben, dass kein Unfall so groß sein kann, den der Herr nicht wenden könnte. Und müssen gewisslich schließen, dass Gott helfen wolle, auf die Weise, wie es zu seiner Ehre, und zu unserer ewigen Seligkeit am besten ist.
29. Da rührte er ihre Augen an und sprach: Euch geschehe nach eurem Glauben.
Glauben: Und weil er glaubt, dass ich euch könnte und auch wollte euer Gesicht wiedergeben, so soll es geschehen. Denn der Glaube empfängt, was er glaubt.
30. Und ihre Augen wurden geöffnet. Und Jesus bedrohte sie und sprach: Sehe zu, dass es niemand erfahre!
Erfahre: Schreit dieses Wunderwerk nicht aus, damit man nicht meine, ihr seid dazu von mir angestiftet worden. Denn wenn die Leute sehen werden, dass ihr euer Gesicht wiederhabt, da ihr ja zuvor blind gewesen wart, so werden sie für sich selbst das Wunderwerk erkennen und preisen. Wir sollen auch nicht eitel und ehrgeizig sein.
31. Aber sie gingen aus und machten ihn ruchbar im selbigen ganzen Lande.
Ruchbar: Von großer Freude, damit sie umgeben und überschüttet waren, konnten sie sich nicht enthalten, sondern rühmten das Wunderwerk, die große Guttat, die sie von ihm empfangen hatten. Denn der Ruhm und die Ehre folgt für sich selbst auf das, was recht und zu loben gemacht ist, wie der Schatten dem Körper.
32. Als diese nun hinausgegangen waren, siehe, da brachten sie zu ihm einen Menschen, der war stumm und besessen.
Als: Jetzt folgt noch ein anderes und größeres Wunderwerk als das vorige.
Besessenen: Also, dass dieser Teufel dem armen Menschen die Sprache genommen hatte. Denn des Satans Tyrannei ist gegen das menschliche Geschlecht, und wenn es ihm zugelassen würde, so würde er alle Kreaturen Gottes verwüsten und verderben. Was es aber für eine große Guttat Gottes sei, dass man reden könne und seines Herzens Meinung, erklären, kann man aus dem Gegenteil, wenn man einen stummen Menschen betrachtet, leicht erkennen. Darum sündigen die schwer, welche der Rede, als einer herrlichen Gabe Gottes, missbrauchen zur Gotteslästerung, Verleumdung, böser Nachrede, schlechten Worten und Gebrauch, dass es kein Wunder wäre, wenn solche Leute von Stand an, aus dem gerechten Urteil Gottes, stumm würden. Die sind aber die elendesten Stummen vor Gott, welche ihn, als einen Vater nicht anrufen können und Christus vor der Welt nicht bekennen dürfen. Welche auch in weltlichen Sachen nicht reden dürfen, was richtig ist.
33. Und da der Teufel ausgetrieben war, redete der Stumme. Und das Volk verwunderte sich und sprach: Solches ist noch nie in Israel gesehen worden.
Ausgetrieben: Durch Christi Kraft, da dem Menschen die Sprache wiedergegeben war. Denn was der Teufel verdorben hat, das bringt Christus durch seine Güte und Allmacht wiederum zurecht.
Verwunderte sich: Über die plötzliche und große Veränderung des Menschen.
Gesehen worden: Weil das Volk Israel Gottes Volk gewesen ist, kann man nicht sagen, dass jemals von einem Propheten so viele und große Wunderwerke geschehen sind. Darum ist dieser Jesus von Nazareth ohne allen Zweifel der allergrößte Prophet und der Messias selbst. Und hat zwar dies Volk von der Person Christi an seinen Wunderwerken recht geurteilt. Denn sie nicht nur auf dieses einzige Wunderwerk gedeutet haben, sondern auch die anderen ihnen wiederum zu Gemüte führte, welche Christus zuvor getan, und die von jedermann gepriesen wurden. Denn der Wunderwerke Christi vornehmster Nutzen ist, dass wir glauben, Jesus sei Christus, das heißt, der Messias, und Heiland der Welt, und dass wir durch solchen Glauben an ihn das ewige Leben erlangen {Joh 20}.
34. Aber die Pharisäer sprachen: Er treibt die Teufel aus durch der Teufel Obersten {Mt 12v24 Mk 3v22 Lk 2v15}.
Pharisäer: Ein stolzes und neidisches Personal verlästert und verspottet das herrliche Wunderwerk Christi.
Obersten: Und nicht aus göttlicher Kraft: Sondern er ist vom obersten Teufel, Beelzebub, besessen, und mit Hilfe dieses obersten Teufels treibt er die anderen kleineren Teufel aus. Dies war eine sehr schreckliche und teuflische Lästerung. Dabei lernen wir, dass nicht so wohlgetan oder geredet werden könne, welches boshafte Leute nicht zu tadeln oder umzudrehen wüssten. Wir sollen aber die Rache Gott befehlen, und uns des Zeugnisses unseres guten Gewissens trösten. Jedoch, wenn es um die Ehre Gottes geht, sollen wir die Leistungen gebührend ablehnen, welches auch Christus selber getan hat, wie an einem anderen Ort sich finden wird, da Christus eben diese Lästerung mit vielen starken Gründen widerlegt.
35. Und Jesus ging umher in alle Städte und Märkte, lehrte in ihren Schulen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte allerlei Seuche und allerlei Krankheit im Volke.
Reich: Gottes. Denn das Evangelium zeigt uns den Weg, wie wir sollen ins Himmelreich kommen. Weil also Christus selber das Evangelium predigt, so soll sich des Predigtamtes keiner schämen, sondern dieses vielmehr hoch und wert achten, in Betrachtung, dass es zur Seligkeit des menschlichen Geschlechtes so nötig ist, dass auch Christus selber solch ein Amt führen wollte, damit nichts, was zu der Menschen Seligkeit dienlich wäre, versäumt würde. Welche darum das Predigtamt des göttlichen Wortes, und die getreuen Diener verachten, die verachten Christus und Gott selber.
Krankheit: Also, dass keine Krankheit war, die er nicht vertriebe, wenn er nur darum angesprochen und gebeten wurde.
36. Und da er das Volk sah, jammerte ihn desselben; denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben {Mk 6v34}.
Sah: Wie ihm eine große Menge zulief, damit sie seine Predigten hören und das Wort Gottes von ihm lernen möchten.
Keinen Hirten: Es mangelte ihnen aber an treuen Lehrern und Seelsorgern, die sie treu unterrichtet und mit reiner gründlicher Lehre zum Schafstall Christi gewiesen hätten. Sie hatten zwar viele Lehrer, Pharisäer und Schriftgelehrten, aber diese führten das Hirtenamt nicht recht, sondern waren zum größten Teil reißende Wölfe. Wie nun die Schafe ohne einen Hirten viel Unheil und mancherlei Gefahr unterworfen sind. Also steht es um die Kirchen sehr übel, welche keine treuen Lehrer haben.
37. Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß; aber wenig sind der Arbeiter {Lk 10v2}.
Ist: Es sind zwar viele Leute, die die himmlische Wahrheit zu lernen begierig sind, welche sollten in das Himmelreich gesammelt werden, wie das Korn in die Scheunen. Aber sie haben wenig treue und reine Lehrer, durch welcher Arbeit die Kirche Gottes könnte gesammelt werden. Denn die Kirchendiener sind Gottes Mitarbeiter in dem himmlischen Ackerbau {1Kor 3}.
38. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende!
Sende: Und gib Kirchendiener, die etwas taugen, die mit dem Wort des Evangeliums Gottes eine Kirche sammeln. Obwohl man nun junge Leute von Jugend auf zum Predigtamt aufziehen und unterrichten soll: Jedoch soll man daneben fleißig beten, dass Gott das Gedeihen dazu gebe, damit man nicht anstatt der Hirten Wölfe ziehe, die gegen die Herde Gottes eines Tages wüten möchten, oder aber Mietlinge, welche nicht treu in der Kirche arbeiten, sondern nur dass Ihre suchen. Denn ein getreuer Kirchendiener ist eine herrliche Gabe Gottes.
Das 10. Kapitel
- Christus schickt seine Jünger aus, dass sie im jüdischen Lande das Evangelium predigen, und ihre Lehre mit allerlei Wunderzeichen, als göttliche Siegel und Zeugnisse, bestätigen sollen. Er schreibt ihnen aber auch etliche Regeln und Gebote vor, danach sie sich in ihrem Apostelamt zu richten haben (Vers 16).
1. Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Macht über die unsauberen Geister, dass sie diese austrieben und heilten allerlei Seuche und allerlei Krankheit.
Und: Bis hierher hatte Christus allein gelehrt und gepredigt, und seinen Jüngern das Predigtamt noch nicht befohlen oder auferlegt. Jetzt aber erwählt er sich aus seinen Zuhörern etliche Gehilfen, die er zwar auch vorher dazu berufen hatte, dass sie neben ihm predigen und Wunderzeichen tun sollten. Solchen Beruf der Apostel beschreiben auch Markus 3, und Lukas 6, und im 9. Kapitel.
Zwölf Jünger: Welche er zuvor zum Apostelamt bestimmt hatte. Und hätte zwar Christus allein zu predigen und Wunderzeichen zu tun verrichten können. Denn was ist ihm unmöglich, oder was er will? Er hätte auch der Engel Dienste gebrauchen können, die Menschen zu lehren und gesund zu machen. Aber es hatte der Sohn Gottes nicht nur eine menschliche Natur, sondern auch menschliche Schwachheiten, aber ohne Sünde an sich genommen, darum er solche Last nicht allein auf sich laden wollte. Er hat uns aber mit seinem Beispiel lehren wollen, dass wir nicht alles allein, ohne Gehilfen zu verrichten uns vornehmen. Denn des Menschen Kräfte sind nicht unendlich und unerschöpflich. Darum Mose recht getan, dass er dem Rat seines Schwagers Jethro gefolgt ist, der ihm geraten hat, dass er in der Regierung des Volkes Gottes Gehilfen zu sich nehme {2Mos 18}. Es hat auch Christus zwölf Zeugen aller seiner Handlungen in seinem Predigtamt und seines Lebens erwählen wollen, die öffentlich könnten Zeugnis geben von der Lehre, den Wunderwerken und dem Leiden Christi. Denn gleichwie die Zahl sieben der Zeugen im Römischen Reich genügend geachtet wird in wichtigen Sachen. Also hielten die Israeliten viel auf die Zahl Zwölf in Bezug auf wichtigen Handel, welches, wie zu vermuten, geschehen ist, wegen der zwölf Stämme des israelitischen Volkes. Daher auch Mose zwölf Kundschafter in das Land Kanaan geschickt {4Mos 13}. Und Josua hat veranlasst, dass zwölf Steine mitten aus des Jordans Grund oder Boden heraus bis ans Ufer ragten, dass sie ein Zeugnis blieben bei allen Nachkommen, und eine Erinnerung wären, wie Gott das Wasser des Jordans ausgetrocknet, damit das israelitische Volk trockenen Fußes konnte hindurchgehen {Jos 4}. Obwohl nun Paulus im Register der zwölf Apostel nicht gezählt wird, weil er mit Christus vor seinem Leiden nicht herumgezogen ist, so ist er doch nicht weniger oder geringer gewesen als einer der anderen Apostel, weil ihm der Herr in den Geschichten der Apostel etliche Male selbst Zeugnis gab, was für ein vornehmer Apostel er sei. Es sind aber die Apostel nicht nur Boten gewesen, die hin und wieder in die Welt ausgeschickt wurden, wie sonst eines Fürsten Bote mit Briefen abgefertigt werden, da sie meistenteils nicht wissen, was der Inhalt der Briefe sei, sondern sie sind unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi Abgesandte gewesen, die um das himmlische Geheimnis gute Wissenschaft gehabt, auch eine Instruktion (wie man es nennt) oder einen Bericht, empfangen, was sie im Namen ihres Herrn Jesu Christi handeln sollten: Dazu haben sie die Kredenz-Briefe gehabt: Nämlich, dass sie mit der Kraft, Wunderwerke zu tun, ausgerüstet wurden, damit die Leute ihrer Werbung und was sie mit Worten vorbringen würden, Glauben geben. Daher wird gesagt, Christus habe ihnen Macht gegeben, die Teufel auszutreiben und allerlei Krankheiten zu heilen. Es hat aber Christus zum Apostelamt erwählt, ungelehrte, einfältige und vor der Welt unansehnliche Leute, die weder ihres Herkommens oder Reichtums wegen berühmt gewesen sind. Damit die göttliche Kraft in ihrem Predigtamt umso mehr leuchtete, und bekannt würde, und Gott den weltlichen Vorzug nicht achtet. Er hat öffentliche Sünder erwählt, wie besonders Matthäus der Zöllner gewesen, anzuzeigen, dass die Lehre des Evangeliums den Sündern Vergebung ihrer Sünden, und das ewige Leben anbietet, sofern sie nur Buße tun, und an Christus glauben. Judas Ischarioth, seinen künftigen Verräter, hat er auch unter die Apostel aufgenommen, nicht dass ihm unbewusst gewesen war, wie er beschaffen ist. Denn es wusste Christus von Anfang wohl, wer ihn verraten würde: Sondern dass er lehrte, wie das Predigtamt dennoch Kraft habe, wenn auch die Person, die dieses führt, sträflich und lasterhaft ist, gegen der Donatisten Irrtum, welche meinten, dass die Kraft und Wirkung des Predigtamtes auf des Kirchendieners Würdigkeit oder Unwürdigkeit beständen. Denn es ist gewiss, dass Judas, da er hier zum ersten Mal mit den anderen Aposteln ausgesandt wurde, auch das Evangelium gelehrt hat und Wunderzeichen getan habe. Danach ist das Beispiel des Verräters Judas dazu gut, damit das Ärgernis verhütet werde, welches daher entsteht, wenn wir sehen, dass unter den Kirchendienern etliche böse Buben sich finden, damit wir um der Personen Mängel willen, an der Wahrheit der himmlischen Lehre nicht anfangen zu zweifeln. Ferner tröstet uns dies Beispiel, wenn gutherziger Meinung Leute zum Predigtamt erwählt werden, die man von wegen ihrer Gaben, so sich in ihnen befinden, tauglich dazu achtet, uns aber in unserer Hoffnung betrügen, und großes Ärgernis in der Kirche Gottes anrichten.
2. Die Namen aber der zwölf Apostel sind diese: Der erste Simon, genannt Petrus, und Andreas, sein Bruder; Jakobus, des Zebedäus Sohn, und Johannes, sein Bruder;
3. Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, des Alphäus Sohn; Lebbäus* mit dem Zunamen Thaddäus;
Labbäus: (Nach Luther) Ist der fromme Judas.
4. Simon von Kana und Judas Ischariot, welcher ihn verriet.
5. Diese zwölf sandte Jesus, gebot ihnen und sprach: Geht nicht auf der Heiden Straße und zieht nicht in der Samariter Städte,
Sandte Jesus: In das jüdische und galiläische Land.
Geht: Dies ist die Instruktion oder Unterrichtung, welche Christus seinen Gesandten gibt: Und beschreibt dieses Matthäus allein. Denn davon Markus 6. und Lukas 9. handeln, scheint eine andere Abfertigung zu sein. Besonders Christus seine Jünger zweimal vor seinem Leiden ausgesandt, das Evangelium zu predigen.
Städte: Ich will nicht, dass ihr auf dieser Reise den Heiden oder Samaritern (welche nicht um ein Haar besser sind, als die vorigen) Predigt oder das Evangelium verkündigt, denn es ist noch nicht Zeit.
6. sondern geht hin zu den verloren Schafen aus dem Hause Israel {Mt 9v36}.
Hause Israel: Diese führt wieder auf den rechten Weg, welche entweder in der Pharisäer unreiner Lehre, oder aus Fahrlässigkeit ihrer Hirten ins ewige Verderben kämen, wo ihnen durch die Predigt des Evangeliums nicht geholfen würde. Dieser Befehl hat sich nur auf eine gewisse Zeit erstreckt, denn nach seiner Auferstehung redet Christus anders mit seinen Aposteln, und heißt sie ausgehen in die ganze Welt, und allen Kreaturen predigen {Mk 16}. Es musste aber den Israeliten oder Juden zuerst das Evangelium verkündigt und die Gnade Christi angeboten werden, weil Christus ihnen besonders verheißen war, doch also, dass er auch sei ein Heiland aller Menschen, die an ihn glauben. Denn also sagt Jesaja von ihm: Es ist ein Geringes (spricht der himmlische Vater zu seinem eingeborenen Sohn), dass Du mein Knecht bist, die Stämme Jakob aufzurichten, und das verwahrloste in Israel wieder zu bringen: Sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass Du bist mein Heil, bis an der Welt Ende {Jes 49}.
7. Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeikommen.
Herbeikommen: Das ist der vornehmste Hauptpunkt ihrer ganzen Instruktion: Sagt den Israeliten, das erwünschte Reich des Messias sei jetzt vor der Tür, davon die Propheten so viel geweissagt haben, und bietet jetzt Gott, der Herr öffentlich und aufs allergnädigste Vergebung der Sünden an allen die Buße tun und glauben an den himmlischen geistlichen König, den Messias, der vorher verheißen wurde, welcher seinen Untertanen nicht vergängliche und irdische, sondern ewige und himmlische Güter mitteilen wird. Denn Christus zeigt mit seinem Evangelium nicht allein den Weg in den Himmel, sondern er hat uns auf die himmlische Herrlichkeit und das ewige Leben mit seinem Verdienst erlangt. Welche aber unter dem Schein des Reiches Christi nach den Herrschaften dieser Welt stehen, die stechen weit daneben.
8. Macht die Kranken gesund, reinigt die Aussätzigen, weckt die Toten auf, treibt die Teufel aus! Umsonst habt ihr es empfangen, umsonst gebt es auch.
Kranken: Sie haben gleich eine Krankheit, wie sie auch sein wolle.
Teufel aus: Auf, dass ihr mit solchen Wunderwerken dieser Botschaft ein Ansehen und eure Predigten glaubwürdig macht. Denn die rechten Wunderwerke sind Zeugnisse der Lehre. Weil aber sowohl das Alte als auch das Neue Testament mit der Propheten, Christi, und der Apostel Wunderzeichen genügend bestätigt ist, wir aber heutigentags keine andere Lehre vorbringen, als die der Propheten, Christi, und der Apostel gewesen, so fordern die Katholiken zu Unrecht, dass wir mit Wunderwerken unsere Lehre bestätigen. Auch rühmen sie sich ihrer Wunderwerke vergebens. Denn diese sind meistens erdichtet und nie geschehen. Welche sie aber heute vorgeben, sind zur Bestätigung einer öffentlichen Abgötterei gerichtet gewesen. Darum man sicher für keine Wunderwerke halten sollen, sondern für des Teufels blenden und Betrügereien, von welchen Christus geweissagt hat Matthäus 24 und Paulus 2. Thessalonicher 2).
Empfangen: Nämlich die Kraft, Wunderzeichen zu tun und allerlei Krankheiten zu heilen, hat euch nichts gekostet. Darum will ich, dass ihr mit solchen Sachen keinen Handel treibt, und nicht um einen Lohn mit jemanden einig werdet, für solche Wohltaten der Heilung, sondern welche euch gebracht werden, die macht umsonst gesund. Es gebietet aber hier Christus den Ärzten nicht, welche vor der Zeit es sich viel kosten lassen, bis sie die Kunst der Arznei gelernt, dass sie die Kranken umsonst kurieren sollen, sondern handelt von der wunderbaren und übernatürlichen Heilung der Krankheiten, die sie umsonst, ohne die aufgewandten Kosten bekommen, und darauf auch anderen elenden Leuten umsonst sollen widerfahren lassen. So befiehlt er auch den Kirchendienern nicht, dass sie ohne Besoldung predigen sollen.
Gürteln haben: Das heißt: Ich will nicht, dass ihr euch jetzt darum bekümmert, wie ihr bei diesem Amt und seiner Verrichtung möchtet euren Beutel mit Silber und Gold füllen. Ja ihr bedürft auch nicht alle die Sachen, die man für eine Reise braucht.
Haben: (Nach Luther) Das heißt, hier haben, wie die Geizigen den Mammon haben, welche mit dem Herzen daran hängen und sorgen. Denn solches hindert das Predigtamt. Aber zur Not und zum Gebrauch hatte Christus selbst Geld, Beutel und Brotkörbe.
10. auch keine Tasche zur Reise, auch nicht zwei Röcke, keine Schuhe, auch keinen Stecken. Denn ein Arbeiter ist seiner Speise wert.
Zwei Röcke: Da ihr einen auf dem Wege braucht, den anderen am Ort, wo ihr einkehrt.
Keine Schuhe: Zum Überfluss, dass ihr nach Gelegenheit eines Ortes damit wechseln könntet.
Stecken: Den ihr mit euch nehmen möchtet, dass ihr euch daran stützen könntet. Es wäre aber die Sache, dass ihr auf dem Wege einen treffen würdet und ihn aufhebt. In der Summe: Ich will nicht, dass ihr euch um diese Sachen viel bekümmert, und deswegen sorgfältig seid, dass ihr die Zeit damit vergebens verbringt, und euch nur mit solchen Dingen bemüht, damit sich sonst die Leute pflegen und zu rüsten, wenn sie eine weite Reise haben, besonders, da sie als Gesandte abgefertigt werden. Es bedarf sich solcher Ausrüstung bei euch nicht, sondern was euch nötig sein wird, das wird euch von Gott gegeben werden. Zudem, so leidet diese meine Botschaft, die ich euch vorlege und anvertraue. Weltlichen Schein und Pracht braucht ihr nicht.
Speise wert: Wenn ihr treu und fleißig euer Amt verrichtet, so wird Gott schaffen, dass es euch an nötigen Sachen nicht fehlen wird. Es verbietet aber Christus seinen Jüngern nicht, dass sie kein Geld anrühren oder brauchen sollten, wie die Franziskaner oder Barfüßer Mönche schwärmen. Denn sowohl Christus als seine Jünger Geld gehabt haben, mit Geld umgegangen, was hätten sie sonst mit dem Beutel gemacht? Welchen, weil ihn Judas, mit Christi Vorwissen und Willen, in ihrer aller Namen gehabt, ehe seine Bosheit ausgebrochen, ist ebenso viel gewesen, als wenn ein jeder Apostel Geld im Beutel oder in der Tasche gehabt hätte. So verbietet auch Christus nicht, dass man nicht zwei Röcke haben müsste: Sondern hat zu verstehen geben wollen, wie sein Reich nicht von dieser Welt sei, also fertigte er auch seine Gesandten nicht auf diese Weise ab, wie die weltlichen Herren es tun. Denn diese haben Acht, dass ihre Gesandten mit Geld, stattlichen Kleidern, und anderen Sachen, die ihnen ein Ansehen machen, versehen und ausgerüstet werden, zur Erhaltung ihrer Reputation. Deren Sachen dürfte sich keine bei den Aposteln finden. Denn die herrlichen und gewaltigen Wunderwerke waren ihrer Legation und Ansehen genug. Daneben aber werden die Kirchendiener und Lehrer des göttlichen Wortes erinnert, dass sie sich vor dem Geiz hüten sollen, welches zwar allen Menschen, aber besonders den Kirchendienern, ganz übel ansteht. Was aber Christus von den Arbeitern sagt, gibt uns diese Unterrichtung, wie ein jeder in seinem Beruf ein Arbeiter sei. Werden wir nun treue Arbeiter sein, und nicht faule Müßiggänger, auch nicht Betrüger, so sollen wir gewiss sein, Gott werde uns Nahrung, Kleidung, und andere Notdurft verschaffen. Jedoch soll die Kirche ihre Diener auch nicht aus der acht lassen. So ist es sowohl im weltlichen Regiment als in der Haushaltung richtig, dass die, so da arbeiten, auch für ihre Arbeit den richtigen Lohn empfangen.
11. Wo ihr aber in eine Stadt oder auf einen Markt geht, da erkundigt euch, ob jemand darin sei, der es wert ist; und bei demselben bleibt, bis ihr von dort zieht {Lk 10v5 v6 v7}.
Wert ist: Dass ihr bei ihm einkehrt. Denn ich will nicht, dass ihr bei gottlosen Leuten, die in Schande und Laster liegen, zur Herberge einzieht, damit ihr eurem Heiligen Amt keinen Schandflecken anhängt. Und sollen die Kirchendiener mit allem Fleiß sich hüten, dass sie in ihrem Predigtamt aus Unvorsichtigkeit nicht etwas tun, so diesem zum Nachteil gereichen möchte.
Bleibt: Wo ihr bei ehrlichen Leuten eingekehrt seid.
Dort zieht: Aus derselben Stadt oder demselben Markt. Dass ihr nicht die Herbergen oft ändert, wie etliche zarte Leute oder sonst wunderbare und seltsame Köpfe zu tun pflegen, denen es ist nirgends recht. Man hatte aber vorzeiten keine Wirtshäuser wie zu unserer Zeit, sondern die fremden Wandersleute kehrten ein, wo sie unterkommen konnten, und jemand gastfrei war, der fremde Personen gern und willig zur Herberge aufnahm. Daher der Apostel zu den Hebräern spricht: Gastfrei zu sein, vergesst nicht (Kapitel 13). Es werden aber hier zwar alle Christen, besonders aber die Kirchendiener ermahnt, dass sie nicht zärtlich oder mürrisch sind, sondern mit dem, was gegenwärtig ist, für gut nehmen. Wider diesen Befehl Christi sündigen die, welche oft ohne Not oder genügende Ursache, ihre Freunde, Amtsleute, Diener oder auch Herren oft ändern, weil sie niemand, auch nicht sich selbst, an einen Ort lange dulden können.
12. Wo ihr aber in ein Haus geht, so grüßt sie.
Haus geht: Darin ihr zur Herberge sein werdet.
Grüßt: Und wünscht den Bewohnern darin alles Gute.
13. Und so es dasselbe Haus wert ist, wird euer Friede auf sie kommen. Ist es aber nicht wert, so wird sich euer Friede wieder zu euch wenden.
Wert ist: Einen solchen Gruß und Wunsch, weil es gottselige und fromme Leute darin sind.
Friede: Den er ihnen gewünscht hat. Es haben aber die Hebräer im Brauch gehabt, wenn sie jemandem alles Gutes wünschen wollten, dass sie ihm Frieden wünschten, wie wir einem jetzt Glück zu wünschen pflegen.
Kommen: Was ihr den Einwohnern dieses Hauses gewünscht habt, das wird ihnen widerfahren.
Nicht wert: Dass ein so ein böses gottloses Personal darin ist.
Wenden: Dass sie solcher Güter, die er ihnen gewünscht, nicht werden teilhaftig werden, sondern vielmehr euch selber zukommen. Ist es deswegen nicht nur eine Höflichkeit und ein Stück der Freundschaft, dass man die grüßt, zu welchen man kommt: Sondern es sind auch solche Wünsche, wenn sie aus gottseligen Herzen kommen und an fromme Leute geraten, kräftig und haben einen Nachdruck. Geraten sie aber an Böse, so haben sie keinen Nutzen davon, sondern der, von welchem der Wunsch gekommen ist. Auf gleiche Weise, wenn fromme und heilige Leute aus göttlichem Eifer den Leuten Böses wünschen, so widerfährt es den Gottlosen. Ein solcher Wunsch war des Propheten Elias Fluch, da er von dem Knaben zu Jericho verspottet wurde: Denn bald darauf ihr jämmerlicher Untergang erfolgte, dass sie von zwei Bären zerrissen wurden {2Sam 2}; und hat man dergleichen Beispiele mehr in der Heiligen Schrift. Wenn aber gottlose Leute den Frommen Böses wünschen, so hat solches nicht allein keine Kraft, sondern fällt denen wiederum auf den Kopf, von welchen der Wunsch gekommen ist.
14. Und wo euch jemand nicht annehmen wird noch eure Rede hören, so geht heraus von diesem Hause oder dieser Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen {Mk 6 Lk 9 Apg 13v15 18v6}.
Nicht annehmen: Denn ihr werdet nicht überall willkommen und liebe Gäste sein, so wird man auch nicht an allen Orten eure Lehre annehmen oder zu hören begehren, sondern euch als Leute, die nicht bei Sinnen sind, auspfeifen. Wie sollt ihr euch aber verhalten? Sollt ihr sagen, Feuer soll vom Himmel fallen, wie der Prophet Elias? Nein bestimmt nicht. Denn das ist ein besonderes Tun gewesen, welches ihm damals so gegangen ist, euch aber gebietet solches keineswegs, die ihr in dieser Amtsverrichtung, das Evangelium herumtragt und den Leuten Gottes Gnade anbietet. Darum sollte ihr ihnen zwar ihr Verbrechen nicht wünschen, dass es gelingt. Aber doch zum Zeichen, dass euch ihre Undankbarkeit zum höchsten zuwider ist, sollt ihr auch nicht den Staub, der an euren Füßen klebt, von solcher verfluchten Stadt oder verfluchtem Hause begehren, mit euch hinwegzutragen, sondern denselben von euch schütteln. Es sollen die Kirchendiener sich nicht an irgendeinem Ort, wider der Leute willen, zum Predigtamt drängen.
Schüttelt: (Nach Luther) Also gar nichts sollt ihr von ihnen nehmen, dass wir auch ihren Staub von ihren Schuhen schütteln, dass sie erkennen, dass ihr nicht euren Nutzen, sondern ihre Seligkeit gesucht habt.
15. Wahrlich, ich sage euch, dem Lande der Sodomer und Gomorrer wird es erträglicher ergehen am Jüngsten Gericht denn solcher Stadt.
Erträglicher: Sie werden an dem großen und schrecklichen Tage des Herrn ein leichteres Urteil der Verdammnis empfangen, obwohl sie gar schändlich gelebt haben, als die, welche euch und eure Botschaft beachtet und das angebotene Evangelium nicht angenommen haben. Denn die Verachtung des göttlichen Wortes, besonders aber des Evangeliums, ist eine solche Sünde, dadurch die Königreiche dieser Welt zugrunde gerichtet und die Leute ins ewige Verderben gestürzt werden.
16. Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben {Lk 10v3}!
Wölfe: Denn ich will euch, meine lieben Jünger, nicht verschweigen, was ihr für Glück in der Welt haben werdet, damit ihr euch nicht die Gedanken macht, es werde alles sicher, wohl, und richtig zugehen, und aber, da euch später das Gegenteil begegnet, ihr euch darüber ärgert. Denn ihr werdet um der Predigt willen meines Evangeliums in viel und große Gefahr des Lebens geraten. Es wird die Welt um meinetwillen wider euch wüten, wie die Wölfe gegen die Schafe. Denn der Satan wütet gegen Christus und seine Glieder, mit einem unversöhnlichen Hass und Neid, und verfolgen das Satans Kinder, nach Art ihres Vaters, die Kinder Gottes, besonders aber die Kirchendiener, so oft es Gott zulässt, mit großer Grausamkeit und giftigem erbittertem Gemüt.
Wie die Tauben: Ich will, dass ihr vorsichtig und behutsam seid, damit ihr euch nicht aus Unvorsichtigkeit in unnötige Gefahr stürzt, gleichwie die Schlangen mit wunderbarer Geschwindigkeit der Gefahr wissen zu entweichen. Doch ich will daneben auch, dass wir aufrichtig handeln, damit niemand sagen möge, ihr seid tückische, arglistige und verschlagene Leute. Denn in diesen beiden Dingen sollen sich die Kirchendiener mit Fleiß hüten, dass sie nicht aus unvorsichtiger Handlung ihnen und andere eine große Gefahr über den Hals ziehen, welche man ohne Verletzung des Gewissens verhüten kann, und dass sie nicht durch List und Betrug, so einem frommen Christen nicht gebühren, die Gefahr zu meiden sich unterstehen. Denn gleich, wie das Erste eine Torheit ist, also ist dies eine Bosheit, die dem Evangelium einen Schandfleck anhängt.
17. Hütet euch aber vor den Menschen! Denn sie werden euch überantworten vor ihre Rathäuser und werden euch geißeln in ihren Schulen {Mt 24v9 Lk 21v12 Apg 5v40}.
Hütet euch: Damit nicht, wenn ihr den Leuten zu viel traut, ihr euch dadurch in unnötige Gefahr stürzt. Denn obwohl die Liebe alles glaubt und von dem Nächsten nichts Böses denkt {1Kor 13}, so verbietet sie doch daneben nicht, dass man nicht vorsichtig sein soll, zur Verhütung der Gefahr. Denn also schreibt Johannes von Christus selber: Aber Jesus vertraut sich ihnen nicht, denn er kannte sie alle und bedurfte nicht, dass jemand Zeugnis gebe von einem Menschen. Denn er wusste wohl, was im Menschen war {Joh 3}. Darum will Christus sagen, handelt nicht ungerecht, weil man euch nach dem Leben trachten wird.
Rathäuser: Oder Konzilien um geistliche Versammlungen, als Ketzer, welche Religion vom Konsilium müsse beurteilt und verdammt werden, und man euch in den Bann tut. Widerfährt uns darum nichts Neues, wenn wir vom Konsilium des römischen Antichristen verdammt und in den Bann getan werden.
Geißeln: Denn die Juden hatten damals keine Macht mehr, jemanden zu töten. Solches stand allein einem römischen Landpfleger zu. Darum welche sie nicht töten durften und doch so sehr hassten, die geißelten sie. Denn welche in der Religion irren und vom Teufel geblendet sind, die sind wider der reinen Lehre feindlich gesinnt, treiben auch wider derselben Zuhörer, welche die rechte Religion mit großem Eifer annehmen, grausame Wüterei.
18. Und man wird euch vor Fürsten und Könige führen um meinetwillen zum Zeugnis über sie und über die Heiden.
Meinetwillen: Darum, dass ihr mein Evangelium lehrt und von meinem Reich vor dem Volk predigt, so werden die Widersacher euch der Wahrheit und des Aufrufes beschuldigen und euch vor die Obrigkeit stellen, und euch vor die Obrigkeit stellen, dass ihr dort um Leib und Leben angeklagt werdet. Denn welche der reinen evangelischen Lehre feind sind, die unterstehen sich die selbige bei der weltlichen Obrigkeit verhasst zu machen, unter dem Schein, als dass sie aufrührerisch und Anlass zur Meuterei gebe, da doch das Evangelium keinen Aufruhr erregt oder lehrt, sondern vielmehr dieses abwendet.
Zum Zeugnis: Das ist die Ursache, darum mein himmlischer Vater solches geschehen lässt. Denn wenn Verfolgung entsteht, so wird mein Evangelium unter den Juden und Heiden nur desto mehr bekannt gemacht werden, weil man hin und wieder viel von solchen Sachen reden wird. Darum sowohl die Juden als Heiden am Jüngsten Tage keine Entschuldigung haben werden, als dass sie von meinem Evangelium gehört und gewusst, und dennoch nicht an mich geglaubt haben. Denn die Verfolgungen haben neben vielem anderen auch diesen Nutzen, dass die Menschen dadurch bewegt werden, über das Evangelium nachzudenken, welches sonst im Verborgenen liegen bliebe. Welche nun das Geschrei von Ausbreitung des Evangeliums hören und dennoch demselben nicht weiter nachfragen, die werden am Jüngsten Tage nichts haben, dass sie ihrer gemeinten Unwissenheit vorwenden könnten.
19. Wenn sie euch nun überantworten werden, so sorgt euch nicht, wie oder was ihr reden sollt; denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt {Mk 13v2 Lk 12v2 21v14 v15}.
Wenn: Es hätten die Jünger Christi sagen können: Lieber Herr Jesus, wenn wir vor Fürsten und Könige sollen geführt werden, oder auch in den Konzilien vor Gericht stehen, wer wird dann unser Fürsprecher sein und unsere Sache verteidigen, weil wir ungelehrte Leute und Laien sind? Solcher Einrede kommt der Herr Christus hier zuvor.
Überantworten werden: Vor ihre Rathäuser oder auch Könige und Fürsten führen.
Reden sollt: Sie sie den gegenwärtigen Sachen nützlich sind, damit ihr dieselben beschreiben möget.
20. Denn ihr seid es nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet.
Geist: Nämlich, eben der selbige Heilige Geist, der in der Predigt meines Evangeliums durch eure Zunge redet, wird auch euer Fürsprecher sein vor den Konzilien, Fürsten, und Königen, dass ihr redet, was zur Ehre Gottes und zur Verteidigung eurer gottseligen Sache dienlich ist. Es will aber darum Christus nicht, dass wir in Religionssachen nichts mehr lernen sollen, und dennoch später, wenn wir unseres Glaubens Rechenschaft geben müssen, ohne Überlegung schwätzen, was uns einfällt. Denn wir müssen wider den Satan diskutieren und streiten, aber aus dem Katechismus und aus der Schrift. Darum ist es unbedingt nötig, dass wir die Hauptartikel unserer christlichen Religion richtig begriffen haben. Christi Meinung ist, dass wir uns nicht ängstlich darum bekümmern sollen, was wir im Evangelium oder vor der weltlichen Obrigkeit auf die Anklagen antworten werden. Denn es gibt viele, wenn sie nur der stattlichen Versammlung und von großen Personen gesehen werden, dabei verstummen, oder doch selber nicht wissen, was sie sagen. Aber Gott will uns durch seinen Heiligen Mut und Verstand geben, dass wir ohne Scheu, aber doch auch bescheiden und sittsam vorbringen, was uns gebührt.
21. Es wird aber ein Bruder den andern zum Tod überantworten und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich empören wider ihre Eltern und ihnen zum Tode helfen.
Es: Christus lehrt, mit was für einem bitteren Hass und Neid die Christen von der Welt verfolgt werden, also dass auch Blutsfreunde und Verwandten sie nicht verschonen werden.
Tode helfen: Wegen der gegensätzlichen Religionen. Denn der Streit in Religionssachen trennt auch die allerbesten Freunde und macht, dass sie einander sehr feind werden. Weil der Satan der seinigen Gemüter mit solchen unsinnigen Gedanken umtreibt, dass sie auch wider die Blutsverwandten Wüterei betreiben. Dennoch soll man darum von der Erkenntnis der rechten Religion nicht ablassen, sondern Gottes Ehre und der Seelen ewige Wohlfahrt bei uns mehr gelten, als der Welt Gunst und Freundschaft.
22. Und müsst gehasst werden von jedermann um meines Namens willen. Wer aber bis an das Ende beharrt, der wird selig.
Namens willen: Das heißt: Um der Erkenntnis und des Bekenntnisses willen meines Evangeliums werdet ihr überall angefeindet werden. Denn die Welt hasst die Christen nicht darum, dass sie auch Sünder sind, wo sie doch andere viel größere Schande und Laster durch die Finger sehen kann, sondern weil die Christen wahrhaftig an Christus glauben, sein Wort bekennen, und die Bekenntnisse ihres Glaubens mit einem gottseligen Wandel begehren zu ehren. Darum kann die Welt nicht anders, sie muss ihnen feind sein. Denn die Heuchler können und wollen es nicht leiden, dass ihre falsche Religion verworfen und widerlegt werde. Die Philosophen und andere weltweise Leute meinen, ihre Weisheit werde dadurch verspottet und komme in Verachtung. Die weltliche Obrigkeit ist besorgt, wenn sie dem geistlichen Reich Christi Platz gebe, dass sie dadurch ihr weltliches Reich verliere und um ihre Herrschaft kommen könnte. Der einfache Mann ist damit überredet, dass alles Unglück in der Welt von der reinen christlichen Lehre verursacht werde. Darum wenn sich etwas Arges zu trägt, so wüten und toben sie wider die evangelische Religion. Aber selig seid ihr (spricht Christus), wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen, und reden allerlei Übles wider euch, so sie daran lügen: Seid fröhlich und getrost, es wird euch im Himmel wohl belohnt werden {Mt 5}.
Ende beharrt: Dazu uns eine große Geduld nötig ist, damit wir bei Beginn die Verfolgung männlich kämpfen, aber zuletzt, wenn es bald zum Ende kommt, den Mut nicht sinken lassen und abfallen. Darum tut Christus diese ernstliche Ermahnung hinzu. Damit wir aber beharrlich beten möchten, sollen wir wachen und beten, auf dass wir nicht in Anfechtung fallen. Denn viele (spricht Christus) nehmen das Wort mit Freuden auf, aber zur Zeit der Verfolgung fallen sie ab {Lk 8}.
23. Wenn sie euch aber in einer Stadt verfolgen, so flieht in eine andere. Wahrlich, ich sage euch, ihr werdet die Städte Israels nicht ausrichten, bis des Menschen Sohn kommt.
Andere: Denn es hätten die Apostel auch wohl mögen fragen und sagen: Wie müssen wir uns aber verhalten, wenn die Leute an irgendeinem Ort unsere Predigten gar nicht dulden wollen? Sollen wir trotzdem gegen ihren Willen fortfahren? Darauf gibt Christus hier auch einen guten Bericht. Denn wo die weltliche Obrigkeit die Predigt des Evangeliums einfach verbietet, da sollen die Kirchendiener gegen der Obrigkeit Willen nicht öffentlich predigen. Und bezeugt dieses die Geschichte der Apostel, dass solches Gebot Christi von den Aposteln gehalten wurde. Welche deswegen das gemeine Volk wider die Obrigkeit verhetzen und wider der weltlichen Obrigkeit Willen am selben Ort, da sie die Macht zu gebieten hat, sich nicht unterstehen zu predigen. Die Obrigkeit möge sehen, wie sie ihr Tun zu verantworten hat.
Nicht ausrichten: Das heißt, ihr werdet mit der Predigt des Evangeliums nicht überall im jüdischen Lande die Sache so hinausführen oder durch das jüdische Land reichen.
Nicht ausrichten: (Nach Luther) Als wollte er sprechen: Ich weiß wohl, dass sie euch verfolgen werden. Denn dies Volk wird das Evangelium verfolgen, und nicht bekehrt werden, bis zum Ende der Welt.
Kommt: Denn ich will euch nicht verlassen, noch in solcher Amtsverrichtung allein stecken lassen, sondern wenn ihr etliche Städte im Lande Israel durchwandert habt, will ich bald nachfolgen und, was ihr angefangen habt, vollenden und ins Werk bringen. Denn ich auch im jüdischen und Galiläischem Lande öffentlich ich lehren und mit herrlichen Wunderwerken meine Lehre und eure Botschaft bestätigen will. Obwohl nun Christus heutigentags nicht sichtbar auf Erden umher wandelt, jedoch, wo die Kirchendiener ihr Amt in der Kirche fleißig ausrichten, da ist Christus bald bei ihnen, und er richtet das Werk, gibt auch das Gedeihen dazu, was sie auch seinem Befehl und mit seiner Hilfe angefangen haben {Mt 8 1Kor 3}.
24. Der Jünger ist nicht über seinen Meister noch der Knecht über den Herrn {Lk 6v42 Joh 13v16 15v20}.
Der: Damit die Apostel, und zwar alle Christen, besonders aber die Kirchendiener, die Verfolgungen und Trübsal desto geduldiger ausstehen, hält uns Christus sein Beispiel vor.
25. Es ist dem Jünger genug, dass er sei wie sein Meister und der Knecht wie sein Herr. Haben sie den Hausvater Beelzebub genannt, wie viel mehr werden sie seine Hausgenossen also nennen {Mt 12v24 Mk 3v22}.
26. Darum fürchtet euch nicht vor ihnen! Es ist nichts verborgen, das nicht offenbar werde, und ist nichts heimlich, dass man nicht wissen werde {Mk 4v22 Lk 8v17}.
Vor ihnen: Und werdet nicht ungeduldig darüber, wenn die Welt anders mit euch umgeht, wie es eigentlich recht ist. Weil mir, eurem Herrn und Meister, eben dieses auch widerfahren ist. So wäre das ja ein verwegener Knecht und Jünger, der es besser haben wollte als sein Herr und Meister. Nun seht ihr, wie sie mich selber, als den Hausvater empfangen haben. Wenn ich Teufel austreibe und ihnen allerlei Guttaten erzeige, so ehren sie mich so dafür, dass sie sagen, ich sei selbst vom Teufel besessen und lästern, ich treibe die Teufel aus mit Hilfe und Beistand des obersten Teufels, welchen sie spöttisch Beelzebub, das heißt, eine Mücke nennen. Darum dürft ihr euch kein besseres Glück erhoffen. An diesen Spruch sollen wir uns erinnern, wenn wir von der Welt übel gehalten werden, besonders aber wenn undankbare Leute Gutes mit Bösem vergelten. Denn es hat Christus nicht verdrossen, eine solche große Bosheit und Undankbarkeit der Welt zu dulden, wer sind denn wir, die wir herrlicher und zärtlicher wollen gehalten werden als er? Wenn wir aber mit Christus leiden, so werden wir auch mit ihm herrschen {2Tim 2}.
Es: Nun folgt ein anderer Trost, dass Gott die Apostel in ihrem Beruf schützen wolle.
Wissen werde: Das waren übliche Sprichwörter zu dieser Zeit, welche Christus später auf sein Vorhaben deuten wird. Wie man zu sagen pflegt: Es ist nichts so klein gesponnen, es kommt an die Sonne, und die Zeit bringt es an den Tag.
27. Was ich euch sage in Finsternis, das redet im Licht, und was ihr hört in das Ohr, das predigt auf den Dächern.
Dächern: Es waren aber die Häuser im jüdischen Lande so gebaut, dass man auf den Dächern gut gehen konnte und seine Geschäfte dort ausrichten. Und so ist dies die Meinung der Worte Christi: Was ich euch bisher gelehrt habe, ist nicht darum geschehen, dass ihr es geheim bei euch behalten sollt und mit ins Grab nehmen, sondern was ich zu euch allein im Verborgenen und ins Ohr geredet habe, das will ich (nach dem Sprichwort, welches sagt, es komme mit der Zeit alles an den Tag), dass ihr es anderen öffentlich lehrt. Darum, wenn ihr das Evangelium, welches ihr bis jetzt gehört habt, öffentlich predigen werdet, so werdet ihr in eurem öffentlichen und ordentlichen Beruf gehen. Darum wird euch mein himmlischer Vater in der rechtmäßigen Verrichtung eures Berufes schützen. Denn wir sollen an dem göttlichen Schutz auf keinen Fall zweifeln, solange wir unseren Beruf treu ausrichten. Besonders, bis wir den Lauf unseres Berufes vollendet haben, wird uns niemand an unserem Leben schaden können, wenn man uns gleich noch so lange und viel nachstellt.
28. Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und die Seele nicht mögen töten. Fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben mag in die Hölle.
Und: Weil dennoch unser Fleisch und Blut vor der Tyrannen Wüten und Toben so zaghaft ist, will Christus auch diesem Unheil abhelfen.
Euch nicht: Lasst die Erkenntnis und das Bekenntnis des Evangeliums um der Tyrannen willen nicht fahren, welche durch Verhängnis Gottes wider eure Leiber und Güter toben können, aber der Seele keinen Schaden zufügen mögen. Wenn aber die Seele unbeschädigt bleibt, so wird auch dem Leib am Jüngsten Tage Rat geschafft werden, dass er nämlich zur ewigen Seligkeit wiederauferweckt wird. Fürchtet euch vor Gott dem Herrn, auf dass ihr nicht aus Furcht des Todes oder anderer Unfälle mit Verleugnung der evangelischen Wahrheit ihn zum Zorn reizt. Denn dieser kann den Leib töten und die Seele in den Abgrund der Hölle verstoßen, dass später Leib und Seele im himmlischen Feuer ewig gequält werden. Darum, wenn ihr jemand fürchten wollt, so fürchtet viel mehr Gott als die Tyrannen. So oft darum der Satan uns des Leibes und Lebensgefahr vorhält und uns von unserem Beruf abzuschrecken im Sinn hat, sollen wir denken: Was kann denn ein Tyrann ausrichten? Er nehme gleich das Leben, welches wir sowieso bald durch eine Krankheit oder anderes verlieren müssen, so kann er doch der Seele nicht den geringsten Schaden tun, wenn er gleich alle Henker über uns schickte und uns aufs Jämmerlichste mit grausamer Marter hinrichten ließe. Dieser Spruch Christi hat vorzeiten die Märtyrer mutig und beherzt gemacht, dass sie alle Marter, mit der Tyrannen großer Verwunderung, verachtet, verlacht und überwunden haben.
29. Kauft man nicht zwei Sperlinge um einen Pfennig? Dennoch fällt deren keiner auf die Erde ohne euren Vater.
Kauft: Jetzt zeigt Christus an, wie die Tyrannen auch dem Leibe nicht schaden können, wo Gott es nicht verhängt, auch mit ihrer Grausamkeit nicht weiterkommen können, denn es ihnen Gott zulässt.
Pfennig: Ihr wisst, dass man solche Vögel für ganz geringes Geld kauft, weil man sie nicht achtet, vielmehr werden sie auch angefeindet und gejagt, darum dass sie den Früchten auf dem Felde schädlich und gefährlich sind.
Vater: So Ist Gottes Besorgnis und Vorsehung in allen Dingen, dass auch kein Sperling gefangen oder getötet wird, es sei denn, es ist zuvor von Gott im Himmel so beschlossen. Wie wollte euch den jemand schaden können, wenn des himmlischen Vaters Einwilligung nicht dazukomme?
30. Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupt alle gezählt.
Gezählt: Also, dass euch von diesen keines ausfällt, es wisse denn mein himmlischer Vater davon und geschehe mit seinem Willen. Denn es widerfährt uns nichts Böses, wie auch nichts Gutes aus nichts, sondern dass es Gott so geordnet hat. Er lässt aber nicht zu, dass uns etwas Widerwärtiges begegne, er habe es denn zuvor bestimmt, wie weit es reichen und wie es und zum Guten gedeihen soll. {Röm 8}.
31. Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser denn viele Sperlinge.
Euch nicht: Dass euch die Leute möchten anfallen und beschädigen, wann und wie sie wollten.
Besser: Die ihr nicht zu diesem vergänglichen Leben erschaffen seid, wie die Sperlinge und andere unvernünftige Tiere, sondern ihr seid zum ewigen Leben zubereitet: Und hat euch Gott seinen eingeborenen Sohn zum Erlöser geschenkt, dass ihr die ewige Seligkeit erlangen sollt, wie wollte denn Gott euer wenig achten auf Erden, weniger als die geringen Vögel, die doch bald sterben und nie wieder lebendig werden? Was wäre das für ein unsinniges Regiment in der Welt? Diese Sprüche Christi sollen wir uns wohl zu Herzen fassen, so oft uns eine Gefahr vor Augen schwebt, damit wir nicht kindlich verzagen, sondern vielmehr aus rechtschaffenem Vertrauen gegen Gott dem himmlischen Vater ihn um Hilfe anrufen. Also sagte Paulus, da er sah, dass er mit seinen Gefährten Schiffbruch erleiden und leiden würde: Es wird keinem ein Haar von dem Haupt fallen {Apg 27}.
32. Darum, wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmlischen Vater {Mk 8v38 Lk 9v26 2Tim 2v12}.
Darum: Weil es sich so, wie ich es gesagt habe, erhält, so will ich, dass ihr meinen Namen unerschrocken vor der Welt bekennt und euch von dem Bekenntnis der Wahrheit durch keine Gefahr abschrecken lasst.
Bekennen: An jenem Tage will ich einem solchen Bekenner vor meinem himmlischen Vater Zeugnis geben, dass er einer mein Jünger sei, dem die Erbschaft des ewigen Lebens gehört. Darum wird er des Himmelreiches teilhaftig werden.
33. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.
Verleugnen: Ich will den, der mein Evangelium verleugnet hat, am Jüngsten Tage vor meinem himmlischen Vater nicht kennen. Darum sollen wir bereit sein zur Verantwortung gegen jedermann, der Grund ist die Hoffnung, die in uns ist {1Petr 3}. Denn Christus wird die nicht für seine Brüder und Schwestern oder Jünger erkennen, welche rühmen, dass sie einen rechten Glauben an Christus haben, und doch denselben vor der Welt niemals bekennen. Obwohl er zwar die auch nicht kennen wird, welche sich des Evangeliums mit Worten rühmen, aber mit der Tat das Christentum verleugnen, indem sie ein lasterhaftes, ungerechtes und schändliches Leben führen. Jedoch, welche aus Schwachheit entweder Christus verleugnen, wie Petrus, oder sich in ein Laster stürzen, wie der Korinther so seine Stiefmutter heiratete und ernstlich wiederum Buße tat, die werden nicht verloren, sondern wieder zu Gnaden aufgenommen.
34. Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, Frieden zu senden auf Erden. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.
Ihr: Danach die Propheten, wenn sie vom Reich Christi weissagen, unter anderen seinen Guttaten einen solchen Frieden verheißen, da auch die wilden Tiere in Frieden und Einigkeit untereinander leben werden. Darum ist es eine Notdurft gewesen, dass Christus seinen Jüngern auch folgenden Bericht getan hat, welcher lehrt, dass die Propheten und keinen weltlichen, sondern vom geistlichen Frieden geredet haben, weil es sich zutragen werde, dass nach der Predigt des Evangeliums große Unruhe entstehen werde.
Das Schwert: Denn es wird mein Reich keinen immerwährenden weltlichen Frieden bringen, ja, wenn ich mit der Predigt des Evangeliums mein Reich in dieser Welt werde ausbreiten wollen, so werden schwere Verfolgungen darüber entstehen und große Uneinigkeit sich ergeben, auch unter denen, welche ganz friedlich und in höchster Einigkeit miteinander leben sollten.
35. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu erregen wider seinen Vater und die Tochter wider ihre Mutter und die Schnur wider ihre Schwäger.
36. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.
Sein: Weil etliche, wenn sie mein Evangelium gehört, an mich glauben werden, andere aber dagegen das selbige als die ärgste Ketzerei verwerfen, so wird es geschehen, dass dieser Sache wegen, die Kinder und Eltern nicht allein miteinander werden uneins sein, sondern auch einander verfolgen. Denn welche nicht an mich glauben werden, die werden denen nachtrachten, die mein Evangelium angenommen haben und ihnen alles Leid begehren anzutun. Es ist aber das Evangelium nicht eigentlich die Ursache solcher Uneinigkeit und der daher entstehenden Verfolgung. Denn die Welt wollte das Evangelium gern und mit Willen, dazu mit großer Dankbarkeit annehmen, siehe, so geschieht das Gegenteil, und feindet die an, welche das Evangelium predigen oder annehmen, begehrt sie auch ums Leben zu bringen. Was darum für Unruhe aus der Predigt des Evangeliums entsteht, das muss man der Welt Halsstarrigkeit und Bosheit und gar nicht der evangelischen Lehre zumessen. Es wird aber dieses von Christus hier darum gesagt, auf dass wir uns nicht ärgern, wenn wir die schrecklichen Spaltungen in der Religion betrachten. Daneben bringt das Evangelium auch den wahren Frieden, nämlich, des Gewissens. Denn Christus hat zwischen dem himmlischen Vater und uns Friede gemacht, auf solcher Bedingung, dass der himmlische Vater uns um des Verdienstes Christi willen alle unsere Sünde verzeiht und uns für Erben des Himmelreiches erkennen will, wir aber Christus, als unseren einigen Heiland, der uns vom Vater geschenkt ist, erkennen sollen und Gott, unserem Wohltäter, in wahrer Gottseligkeit dienen. In diesem Frieden werden alle die diejenigen begriffen, welche an Christus glauben. So wird auch einigermaßen ein äußerlicher Friede durch das Evangelium angerichtet. Denn die Heiden, welche den grausamen wilden Tieren ähnlicher als Menschen sind, nachdem sie dem Evangelium Christi geglaubt, so sanftmütig und sittsam geworden, dass sie mit den Israeliten, die sich auch zur Christus bekehrt, in großer Einigkeit gelebt, und mit ihren Gütern die Israeliten in ihrer Dürftigkeit geholfen, wie die Apostelgeschichte vom Paulus es bezeugt. Es sollen aber auch heutigentags die rechtschaffenen Christen untereinander des Friedens und der Einigkeit sich befleißigen. Denn das befiehlt uns Paulus, da er sagt: Ist es möglich, so viel an euch ist, so habt mit allen Menschen Friede {Röm 12}.
37. Wer Vater oder Mutter mehr liebt denn mich, der ist mein nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt denn mich, der ist mein nicht wert.
Wer: Weil jemand weiter fragen möchte, wenn die Eltern oder andere Verwandte mich anfangen anzufeinden und zu hassen, weil ich mich zum Evangelium bekenne, was soll ich dann tun? Muss ich, ihnen zu Gefallen, von meinem Vornehmen abstehen, und die rechte Religion fahren lassen? Hierauf gibt Christus Antwort.
Nicht wert: Denn ich will zwar, dass man die Eltern lieben und in Ehren halten soll, welches auch in den 10 Geboten befohlen, und noch weiter beachtet werden soll. So will ich auch, dass die Eltern ihre Kinder lieben sollen. Wenn aber die Eltern oder Kinder nicht mit dir in Frieden und Freundschaft leben wollen, es sei denn, dass Du das Evangelium fahren lässt, und mir absagst, dass es richtig ist, dass Du mich, deinen Schöpfer und der Leser mehr liebst, als deine Eltern oder Kinder, und viel eher der Eltern Liebe und Gunst ausschlägst und außer Acht lässt, oder auch deine lieben Kinder dich enthältst, als dass Du von mir ausgesetzt wirst. Hältst Du denn auf deine Verwandten mehr, als auf mich, so wirst Du an meinem Reich und an der ewigen Seligkeit kein Teil haben. Denn man soll die Menschen so lieben, dass die Liebe Gottes immer den Vorzug behalte, und was menschlich ist, dem Göttlichen weiche.
38. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist mein nicht wert {Mt 16v24 Mk 8v34 Lk 9v23}.
Und: Demnach jemand noch weiter Ausflucht sucht und einwenden möchte, es habe aber solche Trennung und Absonderung der liebsten Leute viel Ungemach, Jammer und Trübsal auf sich, so verantwortet Christus solches auch.
Nimmt: Dass er die Trübsal nicht aushalten will, welche ihm mein himmlischer Vater aufgelegt hat, der ist nicht wert, dass er unter meine Jünger und Miterben gezählt werde. Das Kreuz aber auf sich nehmen und Christus folgen, heißt nicht, selbst Armut geloben, in ein Kloster oder in die Einöde sich verkriechen, wie die Heuchler (als Affen) zu tun pflegen, sondern, wenn man die Trübsal, welche Gott einem schickt und auflegt, geduldig trägt und in wahrem Glauben, wahrer Hoffnung und Liebe bis ans Ende beharrt, auch in seinem Beruf immer weitermacht. Welche also Christo durch die Trübsal folgen, die werden ihm auch folgen, wenn er in die himmlische Herrlichkeit geht {Röm 8 2Tim 2}.
39. Wer sein Leben findet, der wird es verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden.
Wird es verlieren: Denn da jemand zur Erhaltung seines Lebens mein Evangelium verleugnen wollte, der würde zwar meinen, er hätte sein zeitliches Leben erhalten, und von Neuem gefunden, weil es durch das Bekenntnis des Glaubens in Gefahr gekommen war. Aber in Wahrheit wird er sein Leben ewig verlieren und sich in den ewigen Tod und Verdammnis stürzen.
Meinetwillen: Dass er sein Leben in Gefahr und in den zeitlichen Tod gibt, darum, dass er mich liebt, und vor der Welt bekennt, auch nur von Herzen zu dienen sich befleißigt, obgleich es ein Ansehen hat, als verliere er es eine Zeit lang, so wird er es jedoch ewig erhalten. Denn er wird mit mir in himmlischer Freude und Herrlichkeit in alle Ewigkeit leben. Was man darum meint wider den Willen Gottes gefunden zu haben, das ist in Wahrheit verloren, was man aber nach dem Willen Gottes verliert, das ist ein gefundenes Ding. Darum sollen wir lieber alles verlieren, als unseren Heiland Jesum Christus erzürnen. Denn er uns auch das reichlichste kann und will wiedererstatten und vergelten.
40. Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat {Lk 10v16 Joh 13v20}.
Aufnimmt: Und eine Guttat erzeigt, dem will ich es anrechnen, als hätte er sie mir selbst getan.
Gesandt hat: Darum, was euch Gutes widerfahren wird, das soll mir und meinem himmlischen Vater selber geschehen sein. Denn weil die Apostel hätten mögen vorwenden, lieber Herr, Du schickst uns aus ohne Geld und Unterhalt, wer wird uns zu essen geben und was wir sonst noch bedürfen? So tröstet sie Christus, dass fromme Leute sich finden werden, die sie werden aufnehmen und ihnen Gutes tun, und verspricht auch gleich denen, die das Predigtamt befördern und den Christen behilflich sein werden, die herrlichsten Belohnungen.
Propheten: Der Lehrer und Prediger der rechten Religion.
Propheten Namen: Also, dass er ihn für einen frommen und reinen Lehrer hält, der von Gott erweckt wurde.
Empfangen: Gott wird ihn mit solcher Guttat belohnen, als wenn er selber ein Prophet und getreuer Lehrer der Kirche gewesen wäre.
41. Wer einen Propheten aufnimmt in eines Propheten Namen, der wird eines Propheten Lohn empfangen. Wer einen Gerechten aufnimmt in eines Gerechten Namen, der wird eines Gerechten Lohn empfangen.
Gerechten: Einen frommen und gläubigen Menschen, der sich der Gerechtigkeit befleißigt.
Gerechten Lohn: Es wird ihm zugerechnet werden, als wäre er total fromm und unsträflich gewesen.
42. Und wer dieser Geringsten einen nur mit einem Becher kalten Wassers tränkt in eines Jüngers Namen, wahrlich, ich sage euch, es wird ihm nicht unbelohnt bleiben!
Jüngers Namen: Dass er ihn für einen Jünger Christi erkennt.
Nicht unbelohnt: Sondern Gott wird ihm solche Guttat, obgleich sie gering erscheint, in diesem und zukünftigen Leben reichlich vergelten. Diese Verheißungen Christi geben zu verstehen, dass immer etliche Fromme sein werden, welche den treuen Kirchendienern und rechtschaffenen Jüngern Christi werden Gutes tun. Die Zuhörer aber des Evangeliums von Christus sollen durch diese herrlichen Verheißungen aufgemuntert werden, dass sie das Predigtamt befördern, und gegen den Nächsten, besonders aber gegen rechtschaffene Christen, welche Paulus Glaubensgenossen nennt, die Liebe erzeigen. Denn es kann eines Propheten oder Lehrers in der Kirche Belohnung auch ein solcher von Gott erlangen, der keine dergleichen Gaben gehabt, wenn er nur dem Propheten und Lehrern in der Gottseligkeit mit Hilfe beispringt. Welche darum Gott den himmlischen Vater und seinem Sohn Jesus Christus für die empfangenen Guttaten dankbar sich erzeigen wollen, wie sie richtig tun sollen, die dürfen nicht in den Himmel steigen, sondern befördern und helfen dem Kirchenamt und Schulen, und tun frommen Leuten um Christi willen Gutes, so wird es geschehen, dass sie in diesem und den jenem Leben herrliche Belohnungen empfangen werden, als ob sie Gott selbst solche Guttaten geleistet hätten.
Das 11. Kapitel
- Christus gibt den Jüngern Johannes, die zu ihm gesandt waren, zu verstehen, dass er der versprochene Messias und Heiland der Welt sei. Rühmt danach ihren Meister Johannes in bester Form und sagt, er sei Elias, von dem Maleachi Jahre zuvor geweissagt habe (Vers 7,3). Klagt durch ein Gleichnis über der Welt großer Halsstarrigkeit und Undankbarkeit, dass sie das Evangelium von sich stoßen (Vers 16). Schimpft auch über etliche Städte in Galiläa, die, nachdem sie das Evangelium gehört, und Christi Wunderwerke erkannt, dennoch in ihrer alten Unweise fortfuhren (Vers 20). Dankt seinem himmlischen Vater, dass er das Evangelium den Unmündigen geoffenbart, heißt auch alle Angefochtenen und Bekümmerten, zu seinem väterlichen Willen und Zuneigung gute Hoffnung zu haben (Vers 25).
1. Und es begab sich, da Jesus solch Gebot zu seinen zwölf Jüngern vollendet hatte, ging er von dort weiter, zu lehren und zu predigen in ihren Städten.
Solch Gebot: Da er ihnen Befehl gab, wie sie sich in ihrem Beruf, den er ihnen befohlen, verhalten sollten.
Zu lehren: Das Wort Gottes: Unterdes, weil er seine Jünger an andere Orte im jüdischen Lande das Evangelium zu predigen ausgesandt hatte, damit er also keine Gelegenheit ließ vorübergehen, wo er nur konnte, mit Ehren der Kirchen Nutzen schaffen. Und werden diejenigen am Jüngsten Tage Gott dem Herrn schwere Rechenschaft geben müssen, welche von der Kirche stattliche Einkommen empfangen und dennoch dieselbe mit gesunder Lehre nicht weiden, noch dahin sehen, dass durch sie andere gute und reine Kirchendiener geweidet würden. Wie das Predigtamt, und wie hoch es zu halten ist, kann man daraus erkennen, dass Christus selber, der ewige und wesentliche Sohn Gottes, das selbige in der Kirche auf Erden geführt. Darum soll sich keiner des Predigtamtes schämen, und welche dieses verachten oder mit Füßen treten, die tun Christus dem Herrn selber eine Unehre an.
2. Da aber Johannes im Gefängnis die Werke Christi hörte, sandte er seiner Jünger zwei.
Johannes: Der Täufer, von dem wir hier etwas sagen müssen. Dieser hatte bei seinen Zuhörern und Jüngern ein großes Ansehen, also dass, obwohl Johannes ihnen Jesum Christus mit Fingern zeigte, und sie an ihn, als den Messias und Sohn Gottes Glauben hieß, dennoch sie dem Johannes zu sehr anhängten und ihn Christus vorgezogen, dazu sie auch das strenge Leben Johannes bewegte, welches er führte. Darum Johannes, auch nachdem er in das Gefängnis geworfen wurde (um der Blutschande willen der Herodis mit dem Herodes, die er gestraft) sich bemühte, wie er seine Jünger zu Christus weisen möchte. Da er nun eine gute Gelegenheit dazu bekommen hatte, fertigte er etliche zu Christus ab, dass sie in sollten lernen erkennen. Diese Geschichte beschreibt auch Lukas im 7. Kapitel.
3. und ließ ihm sagen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir eines andern warten?
Kommen soll: Nämlich der verheißene Messias, von dem die Propheten geweissagt haben, dass er kommen werde? Dies hat Johannes nicht lassen, darum fragen, als ob er Christus nicht genügend kannte: Denn er hat ihn erkannt, da sie noch beide im Mutterleibe gelegen sind. Wie auch später, da sich Christus taufen lassen wollte, Johannes ihn zu taufen sich wehrte, weil er sich unwürdig und zu gering dazu achtete, dass er den Heiland der Welt taufen sollte. So hatte er auch die Stimme des himmlischen Vaters von Christus gehört: Dies ist mein lieber Sohn etc. Desgleichen hatte er selber bereits Christus Zeugnis gegeben mit diesen Worten: Siehe, dies ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt. Darum wusste Johannes auf das Gewisseste, dass er der Jesus von Nazareth, Christus, wäre. Er schickte die Jünger darum zu Christus, dass sie Christi Wunderwerke sehen und Christus Gelegenheit hätte, sie zu unterrichten, dass er der verheißene Messias und Heiland der Welt wäre, damit sie weiter an ihn glaubten und das ewige Leben erlangten. Wir schicken unsere Leute zu Christus, dass sie ihn erkennen, wenn wir sie in die Kirche schicken, das Evangelium Christi zu hören, und die christlichen Schulen fördern.
4. Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr seht und hört:
Und hört: Zu der selbigen Stunde aber (spricht Lukas Kapitel 7) machte er (der Herr Christus) viele gesund von Seuchen und Plagen, und bösen Geistern, und vielen Blinden schenkte er das Gesicht. Solches will Christus, sollen sie Johannes wiederum verkündigen, was sie für eine Lehre von ihm hörten, und was sie für Wunderwerke gegenwärtig sehen, die er täte.
5. Die Blinden sehen, und die Lahmen gehen; die Aussätzigen werden rein, und die Tauben hören; die Toten stehen auf, und den Armen wird das Evangelium gepredigt;
Den Armen: Nämlich, den elenden betrübten Leuten, die den Zorn Gottes wegen ihrer Sünden empfinden und daher geschlagen sind, wird das freudenreiche Evangelium von Vergebung der Sünden durch mich verkündigt. Solches seht ihr, dass ich verrichte, darum lasst euch meiner Person geringes und äußerliches Ansehen nicht irren, dass ihr mich darum nicht erkennen wolltet, der ich bin.
6. und selig ist, der sich nicht an mir ärgert.
Ärgert: Dass er an meiner Person oder Amt nicht zweifelt, von wegen meines schlechten Ansehens, und anderer Umstände mehr, die sich bei mir finden. Dieses sagt eurem Meister Johannes wieder, so wird er Anleitung und Gelegenheit genug haben, euch zu lehren, ob ich der verheißene Messias sei, oder nicht: Es ist aber diese Antwort Christi genommen aus den drei Sprüchen des Propheten Jesaja, in denen er von Christo geweissagt hat. Von den Wunderwerken Christi sagt Jesaja also: Seht, euer Gott kommt zur Rache, Gott, der vergibt, kommt und wird euch helfen. Dann werden der Blinden Augen aufgetan werden, und der Tauben Ohren werden geöffnet werden. Dann werden die Lahmen lecken wie ein Hirsch und der Stummen Zunge wird mich loben {Jes 5 30}. Von der Predigt des Evangeliums redet der Prophet also, in der Person Christi: Der Geist des Herrn ist über mir, darum hat mich der Herr gesalbt. Er hat mich gesandt, den Elenden zu predigen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu predigen den Gefangenen eine Erledigung, den Gebundenen eine Öffnung, zu predigen ein gnädiges Jahr des Herrn {Jes 61}. Dass danach an Christi Person sich so viel stoßen und ärgern werden, spricht der Prophet mit folgenden Worten aus: Heiligt den Herrn Zebaot, den lasst eure Furcht und euren Schrecken sein, so wird er eine Heiligung sein. Aber ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses, den zwei Häusern Israel, zum Strick und Fall den Bürgern zu Jerusalem, dass viele sich daran stoßen, fallen, zerbrechen, verstrickt und gefangen werden {Jes 8}. Weil demnach die Wunderwerke Christi und der Propheten Weissagungen so ordentlich auf den Jesus von Nazareth stimmen, sollen wir fest an ihn glauben, und da irgendein Ärgernis kommt, solches nicht achten, nicht uns irre machen lassen, sondern mit rechtem Vertrauen ihn als unseren Heiland annehmen, so werden wir das ewige Leben bekommen.
7. Da die hingingen, fing Jesus an zu reden zu dem Volk von Johannes: Was seid ihr hinausgegangen in die Wüste zu sehen? Wolltet ihr ein Rohr sehen, das der Wind hin und her webt?
Hingingen: Dass sie wieder nach Johannes kommen, der Ihnen ohne allen Zweifel als sie wieder bei ihm waren, mit einer ausführlichen Predigt die Weissagungen des Propheten Jesaja erklärt und auf die Person Christi gezogen und gedeutet hat, auch seine Jünger zum wahren Glauben an Christus gewiesen. In dieser Zeit aber predigte Christus wiederum seinen Zuhörern von Johannes, und zeigt an, was für ein gewaltiger Mann er sei, damit das Zeugnis Johannes von Christo, ein desto größeres Ansehen hätte, wie es sich gebührte.
Zu sehen?: Denn ihr seid zu Johannes in großen Haufen in die Wüste hinausgelaufen: seid ihr aber darum hinausgelaufen, dass ihr einen einfachen Menschen sehen wolltet, der unbeständig und leichtfertig wäre, dass er jetzt ein Ding bestätigt und bald danach wieder leugnet, sich auch nach den Menschen richtete, wie sie es begehrten. Bestimmt nicht. Denn aus solchem Grund dürftet ihr nicht hinausgehen, wir ihr auch solchen wetterwendischen Menschen nicht gefunden habt. Vielmehr er standhaft bekannte, er sei nicht der Messias, obgleich des Messias Ehre durch der Priester, Schriftgelehrten und Pharisäer Gehilfen ihm von freien Stücken angeboten wurde. Denn die Unbeständigkeit und Leichtfertigkeit ist an allen Menschen, besonders aber an den Kirchendienern, hoch zu verwerfen.
8. Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Menschen in weichen Kleidern sehen? Siehe, die da weiche Kleider tragen, sind in der Könige Häuser.
Kleidern sehen?: Ganz bestimmt seid ihr aus diesem Grunde nicht zu ihm hinausgegangen, dass ihr einen weltlichen Edelmann sehen wolltet, der mit Samt und Seide und köstlich gefütterten Kleidern prangen würde, die von Gold und Edelsteinen schimmern, und der aus einem heuchlerischen Herzen gute Worte gebe, der auch gewohnt ist, von anderen glatte Worte zu hören. Solche findet man nicht in der Wüste, sondern in den Häusern großer Herren. Denn wie Johannes einer zärtlichen Kleidung nicht geachtet hat, also ist er auch nicht stattlich gesinnt gewesen, sondern er hat wie einfache Leute, wie auch der Pharisäer und Schriftgelehrten, ja auch der hohen Obrigkeit selber, wie Herodes, Laster und Untugend ungescheut gestraft. Denn ein Kirchendiener soll der Zuhörer Misshandlungen und Übertretungen nicht mit einem Fuchsschwanz streichen. Und weil häufig die Edelleute in der Kleidung kein Maß halten, sondern nur darauf bedacht sind, wie sie zärtlich und in Wolllüsten leben, so geben sie damit zu verstehen, dass sie auch zarte und weiche Gemüter haben, die nicht leiden können, wenn man sie ihres ungebührlichen Verhaltens wegen tadelt. Es sind seidene und samtene Leute, und sie haben ganz zarte Ohren, wenn man ihnen das wenigste sagt, so werden sie den Kirchendienern feind. Aber was recht fromme und gottselige Leute sind, die nehmen es mit Dank an, wenn sie an ihre Fehler erinnert werden.
9. Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch, der auch mehr ist denn ein Prophet.
Propheten: Einen rechtschaffenen reinen Lehrer und Prediger, der von Gott gesandt wurde, dass er euch die himmlischen Wahrheiten, ohne Umschweife, lauter und rein vortragen sollte? Wenn ihr das gesucht habt, dann wart ihr auf dem richtigen Weg gewesen.
Mehr ist: Ihr habt an Johannes dem Täufer, da ihr in der Wüste zu ihm kamt und ihn gehört, mehr gefunden als einen Propheten.
10. Denn dieser ist‘s, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.
Geschrieben steht: Dem Propheten Maleachi (Kapitel 3), der von diesem herrlichen Mann geweissagt hat.
Meinen Engel: Es wird aber Johannes ein Engel genannt, nicht dass er eine Natur des Engels gehabt, sondern dass er ein Gesandter von Gott gewesen ist. Denn ein Engel heißt in seiner Sprache ebenso viel als ein Gesandter oder Bote. Er ist aber gesandt worden, dass er sein Predigtamt ein wenig früher als Christus anfinge, und die Menschen zur Buße ermahnt, damit sie den Heiland Christus später mit dankbaren Herzen annehmen. Denn Christus ist kein angenehmer und willkommener Gast bei denen, welche ihre Sünde nicht erkennen.
11. Wahrlich, ich sage euch, unter allen, die von Weibern geboren sind, ist nicht aufkommen, der größer sei denn Johannes der Täufer; der aber der Kleinste ist im Himmelreich, ist größer denn er.
Geboren sind: Nach dem allgemeinen Lauf der Natur, unter diesen ist keiner, auch nicht unter den allerbesten Propheten, welche Gott erweckt hat, dass sie in der Kirche lehrten, der mit Johannes dem Täufer könnte verglichen werden. Denn Johannes hat nicht wie andere Propheten von Christus geweissagt, dass er über eine lange Zeit danach kommen würde, sondern gleichwie der helle Morgenstern kurz vor dem Sonnenaufgang kommt. Also ist er vor dem Heiland der Welt, der die Sonne der Gerechtigkeit ist, gekommen, und hat verkündigt, dass der Messias bereits vorhanden ist, und hat das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt, mit Fingern gezeigt, die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden angefangen, und viele der Israeliten zu Gott ihrem Herrn bekehrt, auf dass sie Buße täten, an Christus glaubten, und das ewige Leben erlangten. Denn obwohl alle reinen Kirchenlehrer Gott treulich dienen, so verrichtet er doch durch etliche besonders große Sachen, welche ohne Zweifel in jenem seligen Leben vor anderen mit großer Ehre und Herrlichkeit begabt werden.
Der Kleinste ist: Nämlich, ich, der ich jetzt zurzeit von vielen gering geachtet werde in meinem Predigtamt (welches er denn oft ein Himmelreich nennt, darum, weil das Predigtamt des göttlichen Wortes die Leute in den Himmel und ins ewige Leben führt), bin größer und mehr als Johannes der Täufer. Denn die Juden auf Johannes, wegen seines äußerlichen heiligen und strengen Wandels, mehr hielten, als auf Christus. Darum redet Christus hier von seiner Person, nach der gemeinen Leute Wahn und Meinung. Und haben wir hier zu lernen, wie man die Heiligen ehren soll, dass man, viel von ihnen halte, aber doch so, dass wir sie Christus nicht gleich achten. Also ist die heilige Jungfrau Maria die Beste und Heiligste unter allen, aus welcher der Sohn Gottes sollte geboren werden: aber Christus ist mehr denn sie.
12. Aber von den Tagen Johannes des Täufers bis hierher leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt tun, die reißen es zu sich.
Aber von: Was jetzt folgt, gehört auch noch zum Täufer Johannes, Lob und Ruhm.
Leidet das Himmelreich: (Nach Luther) Die Gewissen, wenn sie das Evangelium vernehmen, dringen sie hinzu, dass sie niemand wehren kann.
Zu sich: Will so viel sagen: Johannes der Täufer hat mit der Predigt der Buße und indem er Christus den Heiland bezeugt, somit die Tür des Himmels aufgeschlossen, dass die Leute jetzt in großer Anzahl und mit Gewalt in den Himmel dringen, und das Himmelreich wie eine Beute zu sich reißen. So wie es auch die Kriegsleute machen, welche die Tore aufbrechen und mit Gewalt eine Stadt einnehmen, damit sie eine stattliche Beute bekommen. Denn es reißen jetzt das Himmelreich zu sich die Zöllner, Sünder, Huren und solche Leute, zu deren Seligkeit man keine Hoffnung gehabt. Diese tun Buße und drängen mit Gewalt in das Himmelreich hinein. Dieser Gewalt sollen wir folgen. Denn ob es sich wohl ansehen lässt, dass unsere vielfältigen großen Sünden und andere schwere Fehler uns vom Himmelreich treiben, so sollen wir jedoch durch wahre Buße und durch den Glauben an Christus in den Himmel dringen, auf dass wir die Beute der ewigen Seligkeit erlangen.
13. Denn alle Propheten und das Gesetz haben geweissagt bis auf Johannes.
Auf Johannes: Den Täufer, in dessen Predigtamt von der Zeit her das Ende des Alten Testamentes fällt und das Neue folgt. Denn anstatt der Beschneidung die Taufe auch gekommen ist, und ist auf die Predigt des Gesetzes, die Predigt des Evangeliums gefolgt. Die Opfer haben angefangen zu fallen, sie werden aus der acht gelassen, dagegen der Gottesdienst des Neuen Testamentes angerichtet. Denn es hat Johannes nicht mehr auf die äußerlichen levitischen Gottesdienste gedrungen, sondern auf die innerlichen und geistlichen. Hier hat man zu beachten, dass Christus an diesem Ort, unter den Wörtern Gesetz und Propheten nicht versteht die evangelische Verheißung, welche in Mose und der Prophetenschriften gefunden werden, sondern die Gesetzes Predigten, welche bei denen aufhören, die das Evangelium Christi angenommen haben. Denn wenn sie gerechtfertigt und wiedergeboren sind, werden sie nicht mehr vom Gesetz bedrängt oder verdammt, sondern sind durch Christus vom Fluch des Gesetzes erlöst, und tun für sich selbst aus freiwilligem Geist (nach dem wiedergeborenen Menschen), was Gott im Gesetz fordert, so viel zwar in der Schwachheit dieses Fleisches geschehen kann.
14. Und so ihr‘s wollt annehmen: Er ist Elias, der da soll zukünftig sein.
Zukünftig sein: Wie der Prophet Maleachi von ihm geweissagt hat, und gesagt: Siehe, ich will euch senden den Propheten Elia, ehe denn da komme der große und schreckliche Tag des Herrn, der soll das Herz der Väter bekehren zu den Kindern und das Herz der Kinder zu ihren Vätern {Mal 4}. Denn Johannes mit großem Eifer sich unterstehen durfte, der Pharisäer und Schriftgelehrten Heuchelei zu schelten und zu verwerfen, da sie das Volk Gottes in mancherlei Sekten voneinander getrennt, und die Lehre der Propheten mit Menschensatzungen und Wahn verdunkelt und gefälscht hatten. (Gleiche Guttat hat Gott zu diesen letzten Zeiten seiner Kirche auch erzeigt, als er Doktor Martin Luther Heiliger Gedächtnis erweckt und mit dem Geist des Verstandes und der Stärke begabt, dass er mit einem besonders göttlichen Eifer und wunderbarem Fortgang der Katholiken Heuchelei und Betrug hervorgezogen und ans Licht gebracht hat, und die Kirche Gottes von unzähligen und schrecklichen Abgöttereien wie ein Elias gereinigt hat.
15. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Der höre: Dass er es zu Herzen fasse und in seinem Gedächtnis behalte. Denn wenn Gott seiner Kirche vortreffliche und gelehrte Männer gibt, so soll man solche göttlichen Guttaten mit dankbaren Herzen erkennen und dieselben hören, auch dass wir nicht um unsere Undankbarkeit willen mit Blindheit des Herzens gestraft und ewig verloren werden.
16. Wem soll ich aber dies Geschlecht vergleichen? Es ist den Kindlein gleich, die an dem Markt sitzen und rufen gegen ihre Gesellen
Wem: Christus zeigt mit einem Gleichnis an, wie groß der Welt Halsstarrigkeit und Bosheit ist, dem Evangelium zu widerstreben. Davon auch Lukas schreibt im 7. Kapitel.
17. und sprechen: Wir haben euch gepfiffen, und ihr wolltet nicht tanzen; wir haben euch geklagt, und ihr wolltet nicht weinen.
Nicht weinen: So machen es die Kinder auf der Straße, wenn sie miteinander spielen, dass sie bekannte Lieder singen. Denn ich denke so darüber, dass bei den Juden solche Spiele unter den Kindern gehalten wurden, dadurch man sie in gute Sitten und Wandel gerichtet hat, wie es bei uns auch mit verschiedenen Spielen geschieht. In solch einer Weise haben wir, ich und Johannes der Täufer, euch liebliche Verheißungen verkündigt, damit wir euch eine Lust darauf machten Gutes zu tun, aber wir haben damit nichts ausgerichtet, darum haben wir euch die schweren Bedrohungen vorgehalten, auf dass wir euch zu Reue und Leid über eure Sünde bewegten, welches aber auch nicht bei euch gewirkt hat. Darum ihr nichts anderes zu erwarten habt, als den gerechten Zorn Gottes, und die ewige Verdammnis. Obwohl es nun ein Segen Gottes, ein Zeichen des Friedens und guter Ruhe in einem Regiment ist, wenn man viel Kinder auf der Straße sieht, welche sich mit guten Spielen ergötzen, wie aus der Weissagung Zacharias im 8. Kapitel zu lesen ist. So sollen jedoch die Eltern gut darauf achten, dass bei solchen Kinderspielen, Gesang oder Tanz keine Leichtfertigkeit oder Böses geschehe, damit die zarte Jugend nicht verführt werde. Auch soll man den Kindern keine Spiele, wenn sie sonst wohl ehrlich und untadelig sind, zulassen, zur selben Zeit, wenn sie in die Schule gehen, oder in der Kirche den Katechismus lernen und beten, damit sie nicht zu einem sicheren und ruchlosen Leben und zur Verachtung Gottes und seines Wortes gewöhnt werden. In welchem Tun die Obrigkeit den Eltern die Hand bieten soll, damit die Jugend, welche zum Bösen sehr geneigt ist, ordentlich angehalten werde.
18. Johannes ist kommen, aß nicht und trank nicht; so sagten sie: Er hat den Teufel.
Johannes: Jetzt deutet Christus das zuvor erwähnte Gleichnis zu seinem Vorhaben.
Aß nicht: Nämlich, in der Gesellschaft bei anderen Leuten, sondern führte in der Wüste ein strenges Leben, da seine Speise war Heuschrecken und wilder Honig.
Sagen sie: Was dieses für gottlose Lästermäuler und Verächter des Predigtamtes Johannes waren, die reden diesem heiligen und vortrefflichen Mann übel nach, sagen, er sei von einem bösen Geist besessen, der ihn antreibe, dass er der Leute Gesellschaft fliehe, und sich in der Wüste verkrieche. Kommt er denn einmal hervor, so stößt er nur Schmach und Lästerworte wider die heiligen Leute, hohen Priester, Pharisäer und Schriftgelehrten aus und nennt sie Otterngezüchte. So urteilen sie von Johannes dem Täufer. Was reden sie aber von mir? Jetzt will ich es euch sagen.
19. Des Menschen Sohn ist gekommen, isst und trinkt; so sagen sie: Siehe, wie ist der Mensch ein Fresser und ein Weinsäufer, der Zöllner und der Sünder Geselle! Und die Weisheit muss sich rechtfertigen lassen von ihren Kindern.
Menschen Sohn: Es versteht aber Christus mit diesen Worten sich selbst.
Isst: Mit anderen Leuten, auch mit den Zöllnern und Sündern, geht, wenn er geladen wird, zu Hochzeiten und Feiern.
Sagen sie: Die Verleumder und Verächter seines Predigtamtes, vom Messias selber.
Geselle: Wir sehen (sprechen sie), dass er kein Prediger, sondern ein Prasser, kein Prophet, sondern ein Weinsäufer, kein heiliger Mann, sondern ein gottloser Geselle der Leute sei. Also, dass man aus seiner Gesellschaft gut sehen kann, was von ihm zu halten sei.
Weisheit: Gottes des himmlischen Vaters, der dadurch die Welt geschaffen wurde {Spr 8} und welche von Ewigkeit her gewesen ist.
Kindern: Welche sie hören, ihr mit Fleiß merken und gehorchen, und sie in höchsten Ehren halten sollt. Da nun weder Johannes der Täufer (der doch vor den Leuten ein ganz unsträfliches Leben geführt) noch Christus selber (der nie eine Sünde getan, und in dessen Munde kein Betrug gefunden) gottloser und halsstarriger Leute Nachreden nicht konnte besser sein. So wird es keinen Prediger auf Erden, wenn er auch gleich fromm, und mit herrlichen Gaben geziert ist, der gottloser Leute böse Nachreden könnte vermeiden. Einem missfällt es, dass er so störrisch ist, wenn er sich etwas ernsthafter zeigt. Dem anderen, wenn er etwas freundlicher und fröhlicher ist, so sollte er doch, nach ihrer Meinung nicht so leichtfertig sein: Sehen sie einen, der ein guter Haushalter und kluger Hausvater ist, so muss er ihnen ein geiziger Pfaffe sein. Darum soll niemand, welchen Stand er auch hat, sich dessen bereden, dass er wolle jedermann recht tun. Wir sollen uns aber befleißigen, in unserem Tun uns also zu verhalten, dass es zuerst Gott dem Herrn, und frommen verständigen Leuten gefalle, danach der anderen verkehrten Urteil und unrechten Nachreden in den Wind schlagen.
20. Da fing er an die Städte zu schelten, in welchen am meisten seiner Taten geschehen waren, und hatten sich doch nicht gebessert.
Schelten: Von wegen ihrer Widerspenstigkeit und großen Undankbarkeit gegen den göttlichen Guttaten.
Geschehen: Dass sie seine Lehre gehört und seine gewaltigen Wunderwerke gesehen hatten.
Nicht gebessert: Denn obwohl sich ohne Zweifel einige bekehrt und Buße getan, jedoch sind dieselben gegen den großen Haufen der Gottlosen zu rechnen, sehr wenig gewesen. Darum sollen wir uns nicht daran ärgern, wenn wir sehen, wie das reine Evangelium Christi auch noch heutzutage von wenig Leuten mit Ernst angenommen wird.
21. Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! Wären solche Taten zu Tyrus und Sidon geschehen, wie sie bei euch geschehen sind, sie hätten vorzeiten im Sack und in der Asche Buße getan.
Tyrus und Sidon: In den herrlichen Handelsstädten am Meer gelegen, welche keine wahre Erkenntnis Gottes gehabt, sondern in der Abgötterei und heidnischer Blindheit gesteckt.
Getan: Dass sie sich von Herzen und mit Ernst hätten vor Gott gedemütigt, von ihren Sünden abgelassen und Gott dann in der Gottseligkeit zu dienen begehrten. Denn zuvor, besonders im jüdischen Lande und in der Nachbarschaft herum, die Leute, wenn sie ihres Herzens rechtschaffene Demut vor Gott und großes Leid wollten zu erkennen geben, Säcke oder dergleichen geringe, schlechte und unansehnliche Kleidung angezogen, in Staub und Asche sich setzten, oder auch das Haupt damit bestreuten. Obwohl es nun heute nicht mehr nötig ist, dass man solche Zeremonien macht, jedoch wenn wir mit dem Worte Gottes zur Buße ermahnt werden, so sollen wir unsere Herzen nicht verhärten, sondern wahrhaftig und ernstlich uns vor Gott demütigen, unsere Sünden bereuen, und all unser Vertrauen auf den Mittler Christus setzen, so werden wir Verzeihung bekommen. Warum aber Gott den Städten Tyros und Sydon das Evangelium nicht geoffenbart hat, noch Wunderzeichen bei ihnen getan, damit sie bekehrt würden, dagegen aber den Städten in Galiläer das Evangelium gepredigt und sich mit herrlichen Wunderwerken sehen lassen hat, die doch nicht Buße getan. Solches müssen wir der göttlichen Gerechtigkeit, Weisheit und Majestät überlassen, und nicht nach unserer Vernunft, die in göttlichen Sachen blind ist, abmessen oder ausrechnen. Denn was Gott tut, das kann nicht anders als recht und gut sein, obgleich wir die Ursache nicht wissen.
22. Doch ich sage euch: Es wird Tyrus und Sidon erträglicher ergehen am Jüngsten Gerichte denn euch.
Erträglicher ergehen: Denn obwohl die Einwohner zu Tyrus und Sidon um ihres gottlosen Lebens willen werden verdammt werden, so wird doch nicht so ein schweres Urteil der Verdammnis über sie gefällt werden, werden auch leichtere (obwohl ewige) Strafen ausstehen, als die Städte, welche das Evangelium gehört, die Wunderwerke gesehen, und dennoch verachtet haben. Es sind aber die Städte Tyrus und Sidon mit viel Abgötterei, Geiz und Unzucht befleckt gewesen, jedoch übertrifft die Verachtung des Evangeliums, und dass man sich diesem widersetzt, wenn es ihm angeboten wird, alle anderen Laster, wenn die Menschen nach den ihnen offenbarten Wort Gottes dennoch in ihrer Bosheit fortfahren. Um dieses Tuns willen auch Deutschland schwere Strafe von Gott zu erwarten hat.
23. Und du, Kapernaum, die du bist erhoben bis an den Himmel, du wirst bis in die Hölle hinuntergestoßen werden. Denn so zu Sodom die Taten geschehen wären, die bei dir geschehen sind, sie stünde noch heutigentags.
Erhoben: Weil ich dich mit meinen Predigten und Wunderzeichen sehr berühmt gemacht habe. Denn es ist keiner anderen Stadt solche Ehre widerfahren, das so viel und große Wunderzeichen darin geschehen wären, als ich in dir getan habe.
Gestoßen werden: Und also aller Ehren und Würden genommen, jedermanns Gespött sein, auch endlich dem höllischen Feuer zuteilwerden, und solches um deiner großen Widerspenstigkeit und Undankbarkeit willen gegen das angebotene Evangelium.
Sodom: Bei dem schandlosem und lasterhaften Volk.
Stünde noch: Denn es hätten die Sodomiten Buße getan, wie die Niniviten, dass sie um Erlass der Strafe gebeten und Verzeihung bekommen hätten, damit sie nicht samt der ganzen umliegenden Landschaft und Städten durch Schwefel und Feuer vom Himmel verdorben wären, wie geschehen. Denn eine rechtschaffene Buße hebt auch die leiblichen Strafen auf, oder mildert sie doch {Jer 18}.
24. Doch ich sage euch: Es wird der Sodomer Land erträglicher ergehen am Jüngsten Gerichte denn dir.
Erträglicher ergehen: Und nicht so hart gestraft werden. Man weiß ja, was für schreckliche Schande und Laster die Sodomiter wider die Natur begangen haben {1Mos 19}, und werden dennoch die viel schlimmer geachtet, welche, nachdem sie die Lehre des Evangeliums gehört, keine Buße tun wollen. Und wenn auch heute keine Wunderwerke geschehen, so wird doch eben die gleiche Lehre verachtet, welche von Christo mit Wunderzeichen, von denen hier geschrieben wird, bestätigt wurden. Darum sollen wir uns vor der Verachtung des göttlichen Wortes, als vor dem allergrößten und verdammlichsten Laster, mit Fleiß hüten, und wo wir aus Schwachheit des Fleisches gestrauchelt oder gefallen sind, dass wir bald wieder umkehren und Buße tun.
25. Zu derselben Zeit antwortete Jesus und sprach: Ich preise dich, Vater und Herr des Himmels und der Erde, dass du solches den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart {Lk 10v21}.
Zeit: Als die Apostel von ihrer ersten Reise wiedergekommen waren und angezeigt hatten, wie sie bei dem allgemeinen Volk unter den Israeliten mit großem Nutzen gelehrt hatten, da hat sich Christus im Geist gefreut über den glücklichen Fortgang des Evangeliums.
Sprach: Dass er seinem himmlischen Vater in Gegenwart der Jünger Lob und Dank sagte.
Solches: (Nach Luther) Das Evangelium und Glauben.
Offenbart: Denn nachdem die Weisen dieser Welt mein Evangelium nicht verstehen, sondern verachten, so hast Du den einfältigen Leuten, welche gegen andere wie Kinder zu rechnen sind, die Augen des Herzens aufgetan, dass sie mein Evangelium mit dankbaren Herzen annehmen, mit Glauben ergreifen und selig werden. Darum sollen wir uns nicht daran ärgern, wenn wir sehen, dass die weisesten und vortrefflichsten Leute in dieser Welt dem Evangelium nicht huldigen, weil es ihnen verborgen ist und sie aus gerechtem Urteil Gottes geblendet sind, dass sie mit sehenden Augen nicht sehen. Darum Paulus spricht: Seht an, liebe Brüder, euren Beruf. Nicht viel Weise nach dem Fleisch, nicht viel Gewaltige, nicht viel Edle sind berufen, sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, dass er die Weisen zuschanden macht {1Kor 1}. Es können aber die Weisen dieser Welt dann selig werden, wenn sie den Wahn ihrer Weisheit ablegen, und zu Narren werden, das ist, wenn sie erkennen, dass sie in göttlichen Sachen nichts verstehen, und der göttlichen Weisheit zu unterrichten sich ergeben. Denn also spricht Paulus ein anderes Mal: Niemand betrüge sich selbst, welche unter euch sich denken, Weise zu sein, der werde ein Narr in dieser Welt, dass er möge weise sein {1Kor 3}.
26. Ja, Vater, denn es ist also wohlgefällig gewesen vor dir.
Vor dir: Und hast Du alles am besten und weislich gemacht, dass dein Tun niemand beschimpfen kann. Darum, was dir gefällt, mir und jedermann auch gefallen soll, und sei alles nach deinem Willen, anstatt aller Ursachen genügend verantwortet. Denn ob man wohl etliche Ursachen vorbringen kann, warum Gott nicht allen Menschen die Augen des Herzens auftut, damit sie die himmlische Wahrheit annehmen und selig werden. So ist doch die sicherste Ursache, Gottes Wille, welcher nicht anders sein kann, als dass er gut unter allerbeste sei, weil es keine sterblichen oder ungerechten Menschen, sondern des allmächtigen Gottes Wille ist. Also auch in anderen Sachen, wenn wir für seines göttlichen Tuns keine Ursache wissen können, sollen wir demütig sagen: Ja Vater, also hat es dir wohl gefallen.
27. Alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater. Und niemand kennt den Sohn denn nur der Vater; und niemand kennt den Vater denn nur der Sohn, und wem es der Sohn will offenbaren {Ps 8v7 Mt 28v18 Joh 3v35}.
Alle Dinge: Ich habe alle Gewalt von meinem himmlischen Vater empfangen in meiner Menschheit, nach welcher ich euer Bruder bin: Darum, was ich will, das kann ich auch bald ins Werk setzen, und was ich anordne oder verheiße, das ist im Himmel kräftig und bestätigt. Weil also Christus vom Vater alles übergeben ist, so hat er auch die Macht, dass er bei seiner Kirche überall, besonders aber im Heiligen Abendmahl, kann und will gegenwärtig sein. Und weil ihm alles übergeben ist, so werden ganz sicher die, welchen er die Erbschaft des ewigen Lebens verheißt, diese auch gewiss erlangen.
Der Vater: Dies setzt Christus dazu, damit er nicht dafür möchte angesehen werden, als gehe mehr von ihm aus, denn seiner Person schlechtes Ansehen mitbrächte. Wenn wir also von dem Sohn richtig urteilen wollen, wer er sei, so sollen wir das Vater Stimme hören, welcher von ihm gezeugt hat: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich ein Wohlgefallen habe, den sollt ihr hören {Mt 3}.
Offenbaren: Denn wenn nicht der Sohn Gottes vor Zeiten mit den Altvätern und Propheten geredet hätte, so würden sie Gott nicht erkannt haben. Besonders Gott (den Vater) niemand jemals gesehen. Aber der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat es uns verkündigt {Joh 1}. Wenn wir darum den Willen des himmlischen Vaters gegen uns erkennen wollen, so lasst uns den eingeborenen Sohn hören, welcher mit seinen allerliebsten und holdseligsten Verheißungen den väterlichen und geneigten Willen Gottes, uns zu betrachten und mit Glauben anzunehmen, vorstellt: Handelt so freundlich und klar mit uns, dass man eben daraus erkennen kann, was seines Vaters Wille gegen uns ist.
28. Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken!
Beladen seid: Es sind zwar viele Lasten, Arbeit, Mühe und große Beschwerden, damit das menschliche Geschlecht heftig beladen wird, aber keine größere Last ist, als die Sünde, welche das Gewissen beschwert. Wer nun mit irgendeiner Last gedrückt wird, der rufe Christus aus Glauben an und begehre seine Hilfe. Denn das heißt, zu ihm kommen. Wir sollen aber zu ihm kommen, und nicht zu den Heiligen, welche unser Gebet nicht hören, noch unser Anliegen sehen. Denn Abraham weiß von uns nicht, und Israel kennt uns nicht. Du aber Herr bist unser Vater und unser Erlöser, von alters her ist das dein Name {Jes 64}. Wir sollen auch alle zu Christus kommen, und durch unsere Unwürdigkeit uns nicht abschrecken lassen, so wird er uns erquicken und trösten, und unsere Trübsal lindern, sie auch zu seiner Zeit ganz wegnehmen.
29. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen {Jer 6v16}.
Mein Joch: Solches fordert Christus zur Dankbarkeit wiederum von uns. Denn er beruft uns mit seinem Evangelium nicht zur Freiheit und zum Mutwillen des Fleisches, sondern zum gottseligen Gehorsam, damit wir seinen Willen begehren zu gehorchen, und das Kreuz, welches er uns auflegt, geduldig zu tragen. Solchen schuldigen Gehorsam sollen wir zur Dankbarkeit, als ein Joch, willig auf uns nehmen.
Demütig: Wie ihr denn meine Sanftmut, und wahrhafte, aber gar nicht zum Schaden angemaßte Demut vor Augen seht, welcher zu folgen euch gebühren soll.
Ruhe finden: Und ein ruhiges Gewissen haben. Denn welche der Sanftmütigkeit sich befleißigen und der wahren Demut nachstreben, die leben viel ruhiger, als welche, die störrisch, hochtrabend, und aufgeblasen sind und in allem ihrem Tun, den strengen Weg nachgehen, alles verfechten, und mit dem Kopf durch die Wand wollen.
30. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.
Mein Joch: (Nach Luther) Das Kreuz ist eine leichte Last denen, die das Evangelium schmecken und fühlen.
Ist leicht: Darum wir uns desto weniger zu beschweren haben, das Joch Christi auf und zu nehmen. Und obwohl unser verdorbenes Fleisch dem Geist immer widerstrebt und den Geboten Gottes ungern will Gehorsam leisten oder das Kreuz tragen. Jedoch, sofern der Mensch aus Gott wiedergeboren ist, leistet er willigen Gehorsam. Daher Johannes der Apostel sagt: Seine Gebote sind nicht schwer {1Joh 5}. So viel denn die Trübsal angeht, so ist Gott getreu, der uns nicht lässt versucht werden über unser Vermögen {1Kor 10}. Und geht der Teufel mit seinen Märtyrern viel unfreundlicher um, als Gott der Herr mit denen, die er unter dem Kreuz prüft. Darum sollen wir in allen unseren Trübsalen zum Heiland Christo fliehen und ihm unsere Dankbarkeit wiederum zeigen.
Das 12. Kapitel
- Christus verteidigt seine Jünger, weil sie am Sabbat Ähren ausreißen. Und als er eines Menschen verdorrte Hand am Sabbat wieder zurechtbringt, ärgert die Pharisäer solches. Weil sie ihm auch deswegen mit List nachtrachten, geht er ihnen aus dem Weg. Erledigt einen Menschen, der besessen, taub und stumm war, vom Teufel und beweist wider die Pharisäer, dass er die Teufel nicht durch Beelzebub, sondern durch den Finger Gottes austreibe. Und zeigt zugleich den Unterschied an zwischen der Sünde wider des Menschen Sohn, und der Lästerung wider den Heiligen Geist. Da aber die Pharisäer und Schriftgelehrten ein Zeichen von ihm vom Himmel begehren, schlägt er ihnen dies ab und heißt sie, mit dem Zeichen des Propheten Jona zufrieden zu sein, unterwirft sich danach der Ninive dem Urteil und der Verdammnis. Als seine Mutter und Verwandten ihn zur Hochzeit begehren anzusprechen, gibt er zur Antwort, dass er für die Mutter und Brüder erkenne, welche sich befleißigen, den Willen seines himmlischen Vaters zu tun.
1. Zu der Zeit ging Jesus durch die Saat am Sabbat; und seine Jünger waren hungrig, fingen an, Ähren auszuraufen, und aßen.
Saat: Nämlich, auf einem Fußpfad, der durch die Saat führte, und war es um die Zeit der Ernte, da das Korn reif geworden war.
Auszuraufen: Welches ihnen denn zu tun freistand und im Gesetz Mose zugelassen war {5Mos 23}. Wie auch von den Weinbergen und Trauben eben dergleichen gestattet war. Heutigentags aber soll man eines jeden Landes Sitten und Gewohnheiten nach leben und niemand in solchen Sachen beschweren.
2. Da das die Pharisäer sahen, sprachen sie zu ihm: Siehe, deine Jünger tun, was sich nicht ziemt, am Sabbat zu tun.
Sahen: Wie, nämlich Christi Jünger Ehren ausrissen, urteilten sie schnell, es würde der Sabbat dadurch gebrochen.
Nicht ziemt: Weil Gott der Herr den Israeliten alle Arbeit am Sabbat verboten hat. Es verstanden aber die groben Esel die rechte Meinung des Gesetzes nicht. Denn Gott hatte geboten, dass man am Sabbat ruhen sollte von der täglichen Handarbeit, besonders aber von solcher, dadurch der Gottesdienst verhindert, und die Leute müde gemacht würden. Aber die Erholung und Erquickung des Leibes hatte er nicht verboten, sonst hätte man am Sabbat auch nicht essen dürfen. Aber die Pharisäer und ihresgleichen Heuchler wollten die Satzungen von den Zeremonien steif gehalten haben und stritten damit auf den natürlichen Gesetzen. Und wird heutigentags im Papsttum einer härter gestraft, der gegen eine Kirchensatzung handelt, als der einen Ehebruch begeht.
3. Er aber sprach zu ihnen: Habt ihr nicht gelesen, was David tat, da ihn und die mit ihm waren, hungerte {1Sam 21v6}!
Er aber sprach: Nämlich, Christus, verteidigt seine Jünger.
4. wie er in das Gotteshaus ging und aß die Schaubrote, die ihm doch nicht ziemten zu essen, noch denen, die mit ihm waren, sondern allein den Priestern?
Den Priestern: Die vom Geschlechte Aarons waren. Wie das Gesetz davon ausdrücklich lautet: {3Mos 24} Aber hat solche heiligen Brote, die allein für die Priester (im Gesetz Mose) bestimmt waren, David, der seine Ankunft aus dem Stamm Juda hatte, und seine Gefährten, die keine Priester waren, gegessen, weil für sie kein anderes Brot zur Hand war {1Sam 21}. Da nun Gott solches David nicht als Unrecht angerechnet hat, dass er im Fall der Not, den Hunger zu stillen, heiliges Brot gegessen, dem Gesetz Mose zuwider, so sind auch meine Jünger dafür zu entschuldigen, dass sie den Hunger stillen und Ähren ausreißen. Denn in den Gesetzen Mose ist die Not an kein Gesetz gebunden. Aber die natürlichen Gesetze der zehn Gebote muss man um keiner Not willen übertreten.
5. Oder habt ihr nicht gelesen im Gesetz, wie die Priester am Sabbat im Tempel den Sabbat brechen und sind doch ohne Schuld {4Mos 28v9}?
Oder: Christus bringt noch eine andere Entschuldigung für seine Jünger vor.
Brechen: Wenn sie die Tiere zum Opfer schlachten, ihnen die Haut abziehen, sie zerstückeln, waschen, auf den Altar legen, und mit Feuer verbrennen: heißt das nicht, am Sabbat arbeiten?
Ohne Schuld: Denn wer beschuldigt die Priester darum, dass sie den Sabbat brechen? Darum wird nicht durch eine jede Arbeit der Sabbat gebrochen.
6. Ich sage aber euch, dass hier der ist, der auch größer ist denn der Tempel.
Größer ist: Denn da ihr vielleicht möchtet vorwenden, die Priester werden durch den heiligen Tempel Gottes entschuldigt, in welchem sie arbeiten. So sage ich, dass eben solche Entschuldigung bei meinen Jüngern auch stattfindet: Weil ich viel mehr und besser bin als der Tempel zu Jerusalem, vielmehr bin ich der Tempel der allerheiligsten Dreifaltigkeit, in welchem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt. Darum da die Gegenwart des steinernen Tempels die Priester von der Übertretung des Sabbats entschuldigt, so entschuldigt vielmehr meine Gegenwart meine Jünger in gleichem Tun. Denn wer Christus durch den Glauben gegenwärtig bei sich hat und vom Heiligen Geist regiert wird, dessen Werke gefallen Gott wohl, obgleich sie den Heuchlern missfallen.
7. Wenn ihr aber wüsstet, was das sei: Ich habe Wohlgefallen an der Barmherzigkeit und nicht am Opfer, hättet ihr die Unschuldigen nicht verdammt {Mt 9v13}!
Wenn: Christus bringt noch eine dritte Ursache, damit er seine Jünger verteidigt.
Das sei: Und was es bedeute, dass im Propheten Hosea Kapitel 6 geschrieben steht.
Nicht verdammt: Und ein ungerechtes Urteil über sie gefällt, als sie den Sabbat übertreten hätten, es zeigt aber Gott der Herr in dem Spruch des Propheten an, wie er viel mehr begehre, dass ein Mensch dem anderen behilflich sei, als dass man die levitischen Zeremonien halte, ja, es sind ihm die Zeremonien zuwider, und habe ein Missfallen daran, wenn die Liebe gegen den Nächsten dadurch versäumt wird. Wenn ihr Heuchler das verstündet, so wüsstet ihr auch, dass meine Jünger den Sabbat nicht übertreten, indem sie Ähren ausgerissen haben, um den Hunger zu stillen. Denn welche den Zeremonien so gehorchen, dass sie die Liebe des Nächsten darüber aus der acht lassen, die sind keine rechten Diener Gottes.
8. Des Menschen Sohn ist ein Herr auch über den Sabbat.
Des: Jetzt folgt die vierte Ursache, welche Christus zu seiner Jünger Verteidigung vorbringt.
Ein Herr: Ich bin Gott der Herr, der den Sabbat eingesetzt hat, der ich auch nach meiner angenommenen menschlichen Natur, als des Menschen Sohn, Vater alle Gewalt empfangen habe im Himmel und auf Erden. Darum, wenn sie auch tatsächlich mit dem Ausreißen der Ähren den Sabbat gebrochen hätten. So bin doch ich ein Herr des Gesetzes, daher habe ich die Macht, mit diesem Gesetz, welches ich gegeben, zu handeln, darum sollt ihr meinen Jüngern keinen Schaden antun. Denn Christus ist kein Schuldiener des Gesetzes, hat sich aber dem Gesetz freiwillig unterworfen, auf dass er die, so unter dem Gesetz waren, erlöste {Gal 4}. Doch hat Christus mit diesen Schutzreden seiner Jünger den Sabbat nicht wollen aufheben, sondern nur allein die falsche Auslegung des Gesetzes widerlegen, darauf die Pharisäer mit großer Macht drangen. Und obwohl wir heutigentags im Christentum den jüdischen Sabbat zu halten nicht verbunden sind. Jedoch weil wir gute Ordnung für unsere Feiertage haben, so sollen wir sie nicht mit unnötigen Werken entheiligen, sondern vielmehr heilig halten mit Anhörung und Betrachtung des göttlichen Wortes.
Über den Sabbat: (Nach Luther) Wer an Christus glaubt, ist ein Herr über alle Gesetze, und wird nicht beschuldigt vom Gesetz.
9. Und er ging von dort weiter und kam in ihre Schule.
Und: Jetzt folgt ein neuer Streit, den Christus mit den Pharisäern über den Sabbat gehabt hat, davon auch Markus 3 Lukas 6 handeln.
Schule: Darinnen man der Prophetenschriften ablesen und zu erklären pflegte, auch das allgemeine Gebet miteinander hielt.
10. Und siehe, da war ein Mensch, der hatte eine verdorrte Hand. Und sie fragten ihn und sprachen: Ist‘s auch recht am Sabbat heilen? Auf dass sie eine Sache wider ihn hätten.
Verdorrte Hand: Die er weder regen noch bewegen konnte.
Heilen: Einen kranken Menschen? Sie fragten ihn aber nicht in der Meinung, dass sie die Wahrheit begehrten von ihm zu lernen, sondern damit sie eine Antwort von ihm herauskitzeln wollten, dass sie ihn verlästern konnten.
Hätten: Ihn anzuklagen, als einen Verächter des Gesetzes Mose. Denn etliche forschen und fragen nach einer Sache, nicht, damit sie etwas lernen, sondern dass sie es tadeln und verwerfen. Das sind des Teufels Knechte.
11. Aber er sprach zu ihnen: Welcher ist unter euch, so er ein Schaf hat, das ihm am Sabbat in eine Grube fällt, der es nicht ergreift und heraufhebt?
Aufhebe: Oder aus der Grube ziehe, und lässt sich durch den Sabbat daran nicht hindern.
12. Wie viel besser ist nun ein Mensch denn ein Schaf! Darum mag man wohl am Sabbat Gutes tun.
Denn ein Schaf: Ist es nun am Sabbat zugelassen, dass man ein Schaf mag beim Leben erhalten, warum sollte man denn nicht auch, vielmehr einem armen kranken Menschen zu Hilfe kommen, seinen Jammer mildern und lindern, und in wiederum zurechtbringen oder erquicken?
Gutes tun: Und den Leuten mit Hilfe erscheinen, die diese bedürfen. Dieser Bericht Christi lehrt uns nicht allein, wie man den Sabbat richtig halten soll, sondern zeigt auch denjenigen, welche mehr und größeren Fleiß auf unvernünftige Tiere legen, als auf Menschen.
13. Da sprach er zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus; und sie ward ihm wieder gesund gleichwie die andere.
Sprach er: Nämlich, Christus, ungeachtet der Pharisäer Bosheit und giftiges Herz.
Gesund: Es hat die Rede Christi einen solchen Nachdruck gehabt, dass auf seinem Befehl die Hand sofort wieder zurechtgebracht und kein Mangel daran gefunden wurde, da er sie vorher weder regen noch bewegen konnte. Denn Christus ist ein allmächtiger Mensch und ewiger Gott. Und hat uns mit seinem Beispiel gelehrt, dass die pharisäischen Satzungen manchmal richtig übergangen werden, auch dass man dem Nächsten Gutes tun und böser Leute Nachrede in solchem Fall nicht achten. Solle
14. Da gingen die Pharisäer hinaus und hielten einen Rat über ihn, wie sie ihn umbrächten.
Hinaus: Wie sie solches Wunderwerk gesehen, dadurch aber nicht gebessert, sondern vielmehr Ärger und neidischer auf Christus geworden, und ihn mehr angefeindet haben als je zuvor.
Umbrächten: Weil sie sahen, dass er von wegen seiner herrlichen Wunderwerke immer ein größeres Ansehen bekam, sie aber beim Volk in Verachtung gerieten. Denn Hass und Neid treiben die Menschen zu bösen Anschlägen, daraus endlich Mord und Totschlag entsteht. Wenn auch die Feinde des Evangeliums mit ausreichenden Gründen und Ursachen der reinen Lehre nicht widersprechen können, so wenden sie sich zum Verfolgen, und sehen, wie sie diese beginnen können.
15. Aber da Jesus das erfuhr, wich er von dort. Und ihm folgte viel Volks nach, und er heilte sie alle.
Er fuhr: Was sie im Sinn hätten, meidet er ihre Gemeinschaft, damit er sich nicht vor der Zeit in unnötige Gefahr begebe. Denn wir sollen der Gefahr aus dem Wege weichen, solange wir es mit guten Gewissen tun können.
Sie alle: Obwohl es ihm nicht verborgen war, dass sie über ihn schreien würden, kreuzige, kreuzige ihn. Denn wir sollen den Leuten Gutes tun, obgleich wir wissen, dass die Welt undankbar ist, weil uns Gott unsere Guttaten vergelten und belohnen will.
Nicht meldeten: Denn Christus hat nicht gewollt, dass seine Wunderwerke zur Unzeit ausgeschrien würden, damit es nicht das Ansehen gewönne, als begehrte er durch des Volkes Zulauf und Beifall, sich ein weltliches Königreich anzurichten. Wir sollen uns auch vor allem Schein des Bösen mit Fleiß hüten.
17. auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht:
Erfüllt würde: So hat unser Evangelist sich vorgenommen, in seinem Evangelium hin und wieder zu beweisen, dass Jesus von Nazareth der verheißene Messias ist, von dem die Propheten zuvor geweissagt haben, so führt er an diesem Ort einen Spruch des Propheten Jesaja von Christus mit ein. Darin gelehrt wird, mit was großer Sanftmut, Lindigkeit und Freundlichkeit er sich der elenden Menschen werde annehmen, sie sind gleich am Leibe bestraft, oder an der Seele ängstlich und betrübt. Und dass er sein Amt mit höchster Demut, Sanftmut und Lindigkeit verrichten werde.
18. Siehe, das ist mein Knecht, den ich erwählt habe, und mein Liebster, an dem meine Seele Wohlgefallen hat; ich will meinen Geist auf ihn legen, und er soll den Heiden das Gericht verkündigen.
19. Er wird nicht zanken noch schreien, und man wird sein Geschrei nicht hören auf den Gassen.
20. Das zerstoßene Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen, bis dass er ausführe das Gericht zum Sieg.
21. Und die Heiden werden auf seinen Namen hoffen.
Hoffen: So lautet die Weissagung von Christo, wie sie aus dem Propheten Jesaja vom Evangelisten Matthäus angezogen wird, der es dabei bleiben lässt, dass es als die Meinung von Menschen vorgebracht wurde, obwohl die Worte im Propheten nicht immer zutreffen, welche also lauten (Kapitel 42): Siehe, das ist mein Knecht, Jesus Christus, welcher obwohl er ewiger Gott ist, jedoch so hat er in seiner menschlichen Natur Knechtsgestalt an sich genommen {Phil 2}. Ich erhalte ihn (in seinem bitteren Leiden), damit er nicht zugrunde gehe, sondern den Tod überwinde, und wieder auferstehe, und mein Auserwählter (ist dieser Heiland, dazu bestimmt, dass er das menschliche Geschlecht erlöse) an welchem meine Seele Wohlgefallen hat (dass ich ihn inniglich liebe, und meine höchste Lust und Freude an ihm habe). Ich habe ihm meinen Geist gegeben (dass sich auch alle die vortrefflichen Gaben des Heiligen Geistes aufs Reichlichste über ihn ausgegossen habe). Er wird das Recht unter die Heiden bringen (dass er unter den Heiden und Völkern Recht spreche und Urteile fällen wird, wie eine Obrigkeit es zu tun pflegte, doch wird es einen gelindes und den zerschlagenen Gewissen sehr tröstliches und angenehmes Urteil sein, von der Vergebung der Sünden aus Gnaden). Der wird nicht schreien, rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen (er wird kein Schreier noch Schnarcher sein, sondern ganz milde und sanftmütig), das verstoßene Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen (die elenden trübseligen Leute, besonders aber, welcher Herzen durch die Predigt des Gesetzes zerschlagen und zerknirscht sind, auch die, welche kaum noch ein Funken Glauben haben, wird er nicht wollen zu Grunde richten und verstoßen, sondern aufs Freundlichste mit ihnen umgehen, und die zerschlagenen Herzen mit seinem Evangelium heilen), den Funken des Glaubens mit seinem Wort und Geist aufblasen, dass es endlich zur hellen Flamme eines beständigen Vertrauens zu Gott werde. Er wird das Recht wahrhaftig halten lehren (dass er die reine Lehre, so von den Hohepriestern, Pharisäern und Schriftgelehrten gefälscht war, wieder hervorbringen wird). Er wird nicht mürrisch noch schrecklich sein (er wird die Leute nicht böse ansehen, noch mit Gewalt wider jemand anfahren), auf dass er auf Erden das Recht anrichte, und die Inseln werden auf sein Gesetz warten. Er wird den Menschen durch das Evangelium, welches er zu seiner Zeit in der ganzen Welt wird lassen ausbreiten, mit Gnaden helfen, sowohl den Heiden als Juden. Darum auch die Heiden an ihn glauben und die Seligkeit erlangen werden. Hätte aber Christus anders abgemalt werden können, als an diesem Ort vom Propheten beschrieben wurde? Wenn man die ganze evangelische Geschichte durchliest, so sieht man, wie gut alle Handlungen Christi mit dieser Beschreibung übereinstimmen. Darum ist nichts gewisser, denn dass dieser Jesus von Nazareth, Christus, sei der verheißene Heiland der Welt. Weil nun die Christen von Christo den Namen führen, sollen sie auch seine Tugenden, als Sanftmut, Demut, Leutseligkeit und Guttätigkeit ihm lernen nachzutun.
22. Da ward ein Besessener zu ihm gebracht, der war blind und stumm; und er heilte ihn also, dass der Blinde und Stumme beides, redete und sah.
Da: Jetzt folgt ein herrliches Wunderwerk, über welchem sich ein großer Streit zwischen Christus und den Pharisäern erhob.
Besessener: Ein armer elender Mensch. Doch sind die viel elender, deren Herz der Satan also besessen und in seiner Gewalt hat, dass er sie treibt, wozu er will. Welchen Sinn er geblendet hat, dass sie die Wahrheit nicht erkennen können, und welche Zunge er also regiert, dass sie nichts Nützliches reden oder aussprechen können.
Und sah: Nachdem der Teufel ausgetrieben war. Denn der Sohn Gottes ist in die Welt gekommen, dass er die Werke des Teufels zerstöre {Joh 3}. Darum lasst uns in aller Widerwärtigkeit, die uns vom Satan begegnet, mit einem gottseligen Gebet zu Christo fliehen.
23. Und alles Volk entsetzte sich und sprach: Ist dieser nicht Davids Sohn?
Davids Sohn: Von dem die Propheten geweissagt haben? Ja er ist es. Denn er eben die Wunderwerke tut, welche die Propheten zuvor gesagt haben, die er tun werde. Hat also Gott der Herr immer seine Auserwählten, welche die himmlische Wahrheit erkennen und annehmen.
24. Aber die Pharisäer, da sie es hörten, sprachen sie: Er treibt die Teufel nicht anders aus als durch Beelzebub, der Teufel Obersten.
Aber: Folgt, wie die Pharisäer und Schriftgelehrten dies Wunderwerk angesehen haben, davon auch Markus in Kapitel 3 schreibt.
Pharisäer: Welche aus Neid und Hass Christus in allen seinem Tun sich widersetzten.
Hörten: Wie das allgemeine Volk aus den Wunderwerken Christi urteilte, dass er der verheißene Messias wäre.
Obersten: Und tut es nicht aus göttlicher Kraft diese Wunderwerke, sondern ist selber vom Teufel besessen, und durch der Teufel Obersten, den wir zur Verachtung Beelzebub, einem Mückenkönig zu nennen pflegen, befiehlt er den geringeren Teufeln, dass sie weichen müssen. Darum ist er ein Schwarzkünstler, und kein Prophet von Gott geschickt. Dies ist eine schreckliche Gotteslästerung gewesen, und wert, dass sie auf der Stelle mit Donner und Blitz widerlegt worden wäre. Wir sehen aber dabei, wie die verstockten Leute, auch in dem hellsten Licht der himmlischen Wahrheit, mutwillig blind sind, und mangelt es ihnen am Verstand nicht, alles, auch das Beste, so geredet wurde oder geschehen, auf das Schlimmste zu deuten.
25. Jesus vernahm aber ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Jedes Reich, so es mit sich selbst uneins wird, das wird wüste, und eine jegliche Stadt oder Haus, so mit sich selbst uneins wird, kann nicht bestehen.
Gedanken: Denn Christus ist auch nach seiner menschlichen Natur ein Herzenskundiger.
Sprach: Dass er ihre Lästerung mit gutem Grund widerlegte.
Nicht bestehen: Dessen ihr mir selber werdet müssen Recht geben, dass kein Regiment, keine Stadt oder auch Haushaltung Bestand haben kann, sondern wird gestürzt und zugrunde gehen, wenn innerliche Spaltungen einreißen. Welcher verständige Mensch wollte denn sagen, der Satan wäre so unbesonnen, dass er sein eigenes Reich begehrte zu zerstören? Wie doch geschehen müsste, wenn ein Satan den anderen mit Gewalt austriebe. Aber es ist ganz gewiss und nicht zu leugnen, dass alle Teufel mit höchster Einigkeit sich dahin bemühen, damit ihr Reich fest und beständig bleibe, wie die tägliche Erfahrung bezeugt. Darum müsste der im Kopf nicht ganz richtig sein, welcher sagen wollte, dass die Teufel miteinander stritten. Weil denn keine Regierung oder Haushaltung bei innerlicher Uneinigkeit lange bestehen kann, so sollen wir der gottseligen Einigkeit uns befleißigen.
26. So denn ein Satan den andern austreibt, so muss er mit sich selbst uneins sein; wie mag denn sein Reich bestehen?
27. So ich aber die Teufel durch Beelzebub austreibe, durch wen treiben sie eure Kinder aus? Darum werden sie eure Richter sein.
Kinder aus: Durch wessen Kraft oder Gewalt geschieht solches, dass sie die Teufel austreiben? Wollt ihr sagen, dass sie auch einen Teufel durch den anderen austreiben? Das tut ihr aber nicht, sondern haltet solche Zeichen eurer Kinder für göttliche Werke, und da ich eben diese Wunderwerke tue, wie sie, so verlästert ihr meine Wunderwerke als teuflisch, da ihr doch eben diese an euren Kindern mit Verwunderung gerühmt habt.
Richter sein: Und am Jüngsten Tage das Urteil wider euch fällen, wie böse und falsch ihr meine Wunderwerke verlästert habt. Dass Christus von ihren Kindern sagt, versteht er, meines Erachtens, da durch die 12 Apostel, und die 70 Jünger, welche er kurz zuvor in alle Städte ausgesandt hatte, dahin er selber auch kommen wollte, das Evangelium vom Reich Gottes zu predigen. Denn diesen hatte er Macht gegeben, nicht allein die Krankheiten zu heilen, sondern auch die Teufel auszutreiben. Und waren diese (wie Lukas meldet) wiedergekommen, mit der fröhlichen Nachricht, wie auch die Teufel in seinen Namen ihnen Untertan wären {Lk 10}. So waren auch sonst noch andere mehr, die dieser Zeit im Namen Christi Teufel austrieben, davon Lukas 9 berichtet. So liest man nichts davon, dass die Pharisäer die 12 Apostel oder 70 Jünger Wunderwerke verlästert hätten. Und waren die Apostel, wie auch die 70 Jünger Israeliter vom jüdischen Geschlecht. Darum sie nach hebräischer Sprache des jüdischen Volkes Kinder genannt werden. Obwohl nun Christus nach dem Fleisch auch ein Israelit oder Jude gewesen, dennoch beneideten sie ihn, als ob er ein Samariter gewesen wäre. Konnten aber die Pharisäer in den Wunderwerken der Jünger die göttliche Kraft erkennen, und solche nicht dem Satan zuschreiben, so hätten sie auch ebenso von den Wunderwerken Christi urteilen sollen, wenn sie nicht an seiner Person aus lauter Hass und Neid sich geärgert hätten. Denn der Neid und Hass bringen zuwege, dass man an dem einen beschimpft, was man an einem anderen lobt.
28. So ich aber die Teufel durch den Geist Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.
Gekommen: Das ist, weil offenbar und am Tage, dass ich die Teufel nicht durch Beelzebub, der Teufel Obersten, sondern durch den Heiligen Geist, in der Kraft des allmächtigen Gottes austreibe, so ist es nicht zu verleugnen und gewiss, dass des Messias Reich, welches richtigerweise das Reich Gottes genannt wird, vor der Tür ist, und dass der Messias gekommen ist, als ein Überwinder des Satans und Erlöser des menschlichen Geschlechtes. Darum sollt ihr mich erkennen, und mit dankbaren Herzen aufnehmen. Weil es danach gewiss ist, dass das in den Propheten verheißene Reich des Messias gekommen ist. So schwärmen die Juden heute, welche seit über 6000 Jahre auf einen anderen Messias warten.
29. Oder wie kann jemand in eines Starken Haus gehen und ihm seinen Hausrat rauben, es sei denn, dass er zuvor den Starken binde und alsdann ihm sein Haus beraube?
Beraube: Nun seht ihr ja, wie ich den Satan mit Gewalt anfalle, und wie ich die elenden Leute aus seiner Tyrannei errette, darum wenn ihr noch bei Sinnen und nicht durch die Teufel böse wärt, so könntet ihr leicht spüren, dass ich ein Feind, Überwinder und Herr des Satans, nämlich, Gott selber bin, der um der Erlösung willen des menschlichen Geschlechtes, menschliche Natur an sich genommen habe. Wir haben uns dessen zu trösten und zu freuen, dass der Teufel durch Christus unseren Heiland überwunden und so gebunden ist, dass er an denen, die an Christus glauben, kein Recht noch Gewalt oder Anspruch hat. Gleichwie nun die wilden Tiere, wenn sie an Ketten liegen und gefesselt sind, sich zwar grimmig stellen können, aber doch keinen Schaden tun mögen, es gehe denn jemand gar zu nahe an sie heran. Also kann der Satan uns auch nicht ins Verderben stürzen, wo wir nicht mit Sünden wider das Gewissen und zu nahe zu ihm halten und freiwillig in Gefahr begeben.
30. Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.
Zerstreut: Will so viel sagen: Ihr seht, wie so viel ungleiche, ja widerwärtige Tätigkeiten meine und des Satans sind. Er besitzt, plagt und macht die Menschen unsinnig. Ich aber reiße sie aus seiner Gewalt, mache sie gesund, und gebe ihnen ihre Vernunft wieder. Er beraubt die Menschen ihres Gesichtes und der Sprache, ich stelle solches alles wieder her. Wer sieht es nicht, dass all unser Tun und unsere Tätigkeiten im Gegensatz stehen? Wie wollten wir denn es miteinander halten, dass ich die Teufel durch den obersten Teufel austreiben sollte? Es wird aber ein immerwährender Streit sein zwischen Christo und dem Teufel, des Weibessamen und der Schlange. Also bleibt auch ein ewiger Streit zwischen dem Satan und Christi Gliedern, und kann und darf keine rechtschaffene Einigkeit oder beständigen Frieden unter ihnen hoffen, bis zum Jüngsten Tage, wenn der Satan mit allen seinen Gliedern zur Hölle gestürzt wird, und alle Frommen vor ihm zu Frieden und Ruhe kommen.
31. Darum sage ich euch: Alle Sünde und Lästerung werden den Menschen vergeben, aber die Lästerung wider den Geist wird den Menschen nicht vergeben.
Darum: Jetzt lehrt Christus, was die Pharisäer für eine schreckliche Sünde taten, indem sie die göttlichen Wunderwerke Christi wider ihr eigenes Gewissen verlästert und solche Beelzebub dem obersten Teufel zugeschrieben haben. Dieses beschreibt auch Markus im 3. Kapitel.
32. Und wer etwas redet wider des Menschen Sohn, dem wird es vergeben; aber wer etwas redet wider den Heiligen Geist, dem wird es nicht vergeben, weder in dieser noch in jener Welt.
Noch in jener: (Nach Luther) Das hier Matthäus spricht, (weder in dieser noch in jener Welt) sagt Markus so: Er hat keine Vergebung ewig, sondern ist schuldig des ewigen Gerichtes.
Jener Welt: Das heißt: Er wird in Ewigkeit keine Vergebung haben, sondern einer ewigen Missetat schuldig sein. Wie denn der Evangelist Markus solches also erklärt im 3. Kapitel. Darum schwärmen die Katholiken, welche aus diesem Ort schließen wollen, es sei nach diesem Leben ein Fegefeuer, darin etliche Sünden abgebüßt und verziehen werden. Soviel aber die Sünde in den Heiligen Geist angeht, muss man behutsam davon lehren, damit nicht die geängstigten Gewissen in Verzweiflung geraten. Einmal ist es gewiss, dass das Leiden Christi eine Versöhnung ist für die Sünde der ganzen Welt {1Joh 2}. Und dass des Sohnes Gottes, Jesu Christi Blut uns reinigt von aller unserer Sünde {1Joh 1}. Wer darum mit bußfertigem Herzen zu Christo seine Zuflucht hat, wenn er gleich wider das Gewissen schwer gesündigt, als wie David mit dem Ehebruch und Totschlag getan, der erlangt gewiss Vergebung seiner Sünden. Aber es tun nicht alle Menschen Buße und glauben nicht alle an Christus. Und wird zwar denen, die das Evangelium Christi aus lauter Unwissenheit lästern und verfolgen, gesagt, dass sie wider des Menschen Sohn reden, und nicht wider den Heiligen Geist. Wie denn ein solcher der Apostel Paulus gewesen ist vor seiner Bekehrung, der das Evangelium Christi als eine ketzerische Lehre gelästert und die Christen verfolgt hat. Aber was er da getan, das hat er unwissend getan, und gemeint, er tue Gott einen angenehmen Dienst daran. Die Pharisäer dagegen waren durch die Wunderwerke Christi, derer sie viel vor Augen gesehen, in ihren Gewissen überzeugt, dass es göttliche Wunderwerke sind, und dass Christus von Gott gesandt sei. Trotzdem, weil sie seiner Person feind waren, lästerten sie die wunderbaren Werke des Heiligen Geistes, nicht aus Unwissenheit, sondern aus lauter Bosheit, wider ihr eigenes Wissen und Gewissen, und legten sie dem Satan zu. Dies heißt den Heiligen Geist lästern. Denn da sie wussten, dass es des Heiligen Geistes eigene Werke waren, das nannten sie aus unglaublicher giftiger Bosheit ein teuflisches Werk. Denn dass sie Christus in ihrem Gewissen besser gekannt haben, obwohl sie es sehr fleißig verleugneten, bezeugt ihr Kamerad Nikodemus, der auch ein Pharisäer, und nicht nur für seine Person, sondern der im Namen aller zu Christus spricht: Meister, wir wissen, dass Du bist ein Lehrer von Gott gekommen, denn niemand kann die Zeichen tun, die Du tust, es sei denn Gott ist mit ihm {Joh 3}. Und wie groß der Pharisäer Bosheit gewesen ist, damit sie sich unterstanden, Christ die Ehre zu unterdrücken, ist genügend zu erkennen, dass, da die Hüter des Herrn Grabes verkündigt, Christus wäre von den Toten erstanden, sie den Hütern Geld geben, und damit bestochen haben, dass sie sagen sollten, Christi Jünger wären in der Nacht gekommen und hätten den Leichnam Jesu gestohlen {Mt 28}. Darum haben die Pharisäer und ihresgleichen den Mittler Christus verworfen und nicht allein ihn, sondern auch seine Wunderwerke verlästert, nicht aus Unwissenheit oder Einfalt, wie viele andere, sondern aus halsstarriger, verstockter und ganz teuflischer Bosheit. Welche nun also das Evangelium Christi verlästern, die begehen nicht nur eine Lästerung wider des Menschen Sohn, sondern wider den Heiligen Geist, und bekommen keine Vergebung solcher Sünde, weil sie keine Buße tun. Von dieser Sünde redet auch der Apostel zu den Hebräern (Kapitel 6 und 10). Und Johannes, da er sagt: Es sei eine Sünde zum Tode, dafür man nicht bitten solle {1Joh 5}. Welche aber Buße tun und nach dem Mittler Christo mit Seufzen und sehnlichem Verlangen rufen, die haben gewiss nicht wider den Heiligen Geist gesündigt, sondern wider des Menschen Sohn, darum werden sie auch zu Gnaden aufgenommen, obwohl sie schwergefallen sind. Es sollen aber alle Kirchendiener erinnert sein, dass sie von dieser Sache nicht freventlich reden oder urteilen, damit die zarten Gewissen nicht niedergeschlagen werden, dass man sich später nicht genügend wiederaufrichten und trösten kann.
33. Nehmt an, ein Baum ist gut, so wird die Frucht gut; oder setzt einen faulen Baum, so wird die Frucht faul; denn an der Frucht erkennt man den Baum {Mt 7v17 v18}.
Nehmt an: Christus schimpft weiter auf der Pharisäer große Bosheit und zeigt an, woher solche Lästerungen, die sie ausstoßen, kommen, nämlich aus einem giftigen verstockten Herzen.
Frucht gut: Also, wenn der Mensch fromm ist, so wird er auch gottselige Reden führen, dagegen ein verkehrter, gottloser Mensch nur Böses vorbringen kann.
Den Baum: Also erkennt man auch aus eurem giftigen und lästerlichen Reden euer teuflisches und boshaftes Gemüt.
34. Ihr Otterngezüchte, wie könnt ihr Gutes reden, die ihr böse seid? Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.
Böse seid: Was kann aus eurem giftigen Herzen anderes kommen, als schreckliche Gotteslästerung, dadurch Gott am heftigsten erzürnt, der Nächste aber geärgert und verdorben wird? Weil nun Christus selber, der doch sonst ganz sanftmütig gewesen ist, die Gotteslästerlichen Pharisäer so hart angegriffen hat, so soll man es frommen Kirchendienern auch nicht für übel nehmen, wenn sie, durch der Widersacher schrecklicher Lästerung bewegt, aus einem göttlichen Eifer die gotteslästerlichen Leute scharf widerlegen.
Über: Darum ist es kein Wunder, dass ihr nichts als Gotteslästerungen ausstoßt, weil euch das Gift aus dem Herzen zum Munde herausgeht. Denn die Rede ist ein Zeichen des Gemütes.
35. Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus seinem guten Schatz des Herzens, und ein böser Mensch bringt Böses hervor aus seinem bösen Schatz.
Des Herzens: Denn wie ein jeder in seinem Herzen gesinnt ist, so redet er auch. Ist das Herz mit wahrer Gottseligkeit begabt und geziert, so wird dieser Mensch gottselige heilsame Reden vorbringen. Liegt aber eine Grundsuppe der Bosheit in seinem Herzen verborgen, so wird er Gottlose, lästerliche, schädliche Reden ausstoßen. Welcher für einen frommen und ehrlichen Mann gehalten werden will, der rede gottselige und ehrliche Sachen und enthalte sich von schandbaren und ärgerlichen Reden, damit er nicht gottlos und für ein Unflat gerechnet werde.
36. Ich sage euch aber, dass die Menschen müssen Rechenschaft geben am Jüngsten Gericht von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben.
Unnützen Wort: Das keinen Nutzen hat, sondern den Nächsten viel mehr ärgert als bessert. Wenn man nun von einem jeden unnützen Wort Rechenschaft geben soll, wie viel schwere Rechenschaft werdet ihr Pharisäer von euren schrecklichen Lästerungen Gottes dem gerechten Richter am Jüngsten Tage geben müssen? Weil denn Gott von einem jeden unnützen Wort Rechenschaft fordern will, so sollen wir uns hüten, dass wir nicht gottlose, schandbare, oder auch unflätige Reden treiben. Wie Paulus uns auch ermahnt {Eph 4}. Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Munde gehen. Weil aber kein Mensch auf Erden so behutsam sein kann, dass er nicht häufig etwas rede, welches sich nicht gebührt, so sollen wir von der Gerechtigkeit Gottes zu seiner Barmherzigkeit rufen und mit David sagen: Herr sei mir gnädig nach deiner Güte und nach deiner großen Barmherzigkeit {Ps 51}. Und: Gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht, denn vor dir wird kein lebendiger gerecht {Ps 143}. Wenn wir aber unsere Sünde bekennen, so ist er getreu und gerecht, dass er uns unsere Sünden vergibt, und reinige uns von aller Untugend {1Joh 1}.
37. Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden und aus deinen Worten wirst du verdammt werden.
Verdammt werden: Dieser Spruch ist auch wieder gegen die Pharisäer gerichtet, und will Christus sagen: Wer Gutes redet, der wird für Gut geachtet und beurteilt werden, wer aber Böses redet, den wird man auch für einen bösen und leichtfertigen Menschen halten. Wenn wir also eines Menschen Natur erkennen wollen, so sollen wir auf seine Rede, doch ohne falsch, fleißig Achtung haben. Denn wenn die Menschen frei herausreden, wie sie es meinen, ohne Heuchelei, so geben sie ihr Gemüt zu erkennen, dass man ihnen ins Herz sehen kann.
38. Da antworteten etliche unter den Schriftgelehrten und Pharisäern und sprachen: Meister, wir wollten gerne ein Zeichen von dir sehen {Mt 16v1}.
Sehen: Es hatte der Herr Christus die Pharisäer ernstlich beschimpft, dass sie sein herrliches Wunderwerk verlästert hatten, aber sie waren dadurch nicht besser geworden, sondern griffen Christus noch einmal an, und begehrten ein solches Zeichen von ihm, dass ihren ungläubigen und verstockten Herzen, nach ihrer Meinung, eine Überzeugung sein könnte. Waren ihnen also die Zeichen nicht gut genug, welche Christus mit Heilung der Kranken, Austreibung der Teufel, Reinigung der Aussätzigen und Auferweckung der Toten verrichtete, sondern forderten Zeichen von ihm vom Himmel, wie das war, da ihren Vorfahren in der Wüste das Manna vom Himmel gegeben wurde. Denn also sagten sie zu Christus {Joh 6}: Was tust Du für ein Zeichen, auf das wir sehen, und glauben dir? Was wirkst Du? Unsere Väter haben Manna gegessen in der Wüste. Denn die menschliche Vernunft ist so verwegen, dass sie Gott vorschreiben darf, auf was für Weise er die himmlische Wahrheit in der Menschen Herzen bestätigen soll, und verachtet dabei die Mittel, welche Gott zur Aufrichtung und Stärkung des Glaubens gegeben hat. Denn viele sagen oder denken, wenn jemand von den Toten auferstehen würde und berichtete, was für ein Zustand es mit den Seelen in der anderen Welt hätte, so wollten sie glauben, und dem Worte Gottes gehorchen. Aber sie hatten doch das unfehlbare Wort Gottes, welches mit vielen Wunderwerken genügend bestätigt war, dem sie dennoch nicht glaubten.
39. Und er antwortete und sprach zu ihnen: Die böse und ehebrecherische Art sucht ein Zeichen, und es wird ihr kein Zeichen gegeben werden denn das Zeichen des Propheten Jona.
Art: Dieses gottlose Personal, welches nach so viel herrlichen Wunderwerken, die ich getan habe, dennoch aus Unglauben und verstockten Herzen, immer neue Zeichen haben will, ist nicht von der heiligen Patriarchen Geschlecht und Art, sondern sind Hurenkinder, und haben nicht das geringste vom Glauben oder Gottseligkeit, so in dem Patriarchen gewesen, an sich. Denn die heiligen Patriarchen haben Gott geglaubt, auch ohne Wunderzeichen, und auf des Messias Zukunft mit großem Verlangen gehofft. Aber diese unartigen Kinder, oder vielmehr losen Hurenkinder, werden durch die aller herrlichsten Wunderwerke nicht bewegt, dass sie an mich ihren Messias glauben, sondern sie verachten mich noch dazu und halte mich für einen Gaukler, der ich bereits sein soll, ihnen ihres Gefallens ein Spiel zur Unterhaltung zu machen. Wie aber die Juden nicht rechtmäßige Nachkommen der Patriarchen waren, so sind die römischen Päpste keine rechten Nachkommen der Apostel. Denn wie es zur wahren Gottseligkeit nicht genug ist, der Vorfahren Heiligkeit zu rühmen, so ist es in der Kirche nicht genug, die rechte Lehre zu erzählen mit dem Wandel der Vorfahren. Und wie die Juden von ihren heiligen Vorfahren aus der Art schlagen. So auch die römischen Päpste von der Apostel rechten Nachkommenschaft. Auch verachten die Juden Christus. So martern und plagen die römischen Päpste Christus in seinen Gliedern auf das Schrecklichste. Darum, wie Christus den Juden gesagt: Wenn ihr Abrahams Kinder wäret, so hättet ihr Abrahams Werk. Und ihr seid aus dem Vater dem Teufel {Joh 8}. So kann von den römischen Päpsten recht gesagt werden: Wenn ihr der Apostel ordentliche Nachkommen wäret, so würdet ihr der Apostel Glauben lehren und dem Predigtamt recht vorstehen. Aber ihr seid aus dem Vater dem Teufel, weil ihr der Apostel Lehre als eine Ketzerei verdammt und deren rechten Lehre Bekenner verbrennt.
40. Denn gleichwie Jona war drei Tage und drei Nächte in des Walfisches Bauch, also wird des Menschen Sohn drei Tage und drei Nächte mitten in der Erde sein.
Erde sein: Denn obwohl die gottlosen Leute nicht wert sind, dass ihretwegen Wunderwerke geschehen sollen. Jedoch so wird ein Wunderwerk ihnen allen kundwerden, dass ich werde sterben und mit meinem Leibe im Grabe bleiben bis an den dritten Tag, danach will ich von den Toten wieder auferstehen, wie der Prophet Jona drei Tage im Bauch des Walfisches gewesen, und danach am dritten Tage wieder lebendig an das Land geworfen wurde {Jon 2}. Denn dieser ist mit seinem Tun ein Vorbild gewesen meines Todes, Begräbnis und Auferstehung. Und wie Jona, als er aus dem Bauch des Walfisches entgangen, den Niniviten gepredigt, es würde die Stadt Ninive nach 40 Tagen untergehen, dieser Strafe jedoch die Niniviten mit wahrer Buße zuvorgekommen. Also werden nach meiner Auferstehung die Apostel in meinen Namen der Juden und anderer die Buße und Vergebung der Sünden predigen. Und wie den Niniviten vierzig Tage, also werden die Juden vierzig Jahre zugelassen werden, darin sie mögen Buße tun. Aber weil sie die Zeit ihrer Heimsuchung nicht erkennen, noch ihrem Unglauben abstehen und Buße tun werden, so wird die Stadt Jerusalem zerstört und das ganze Land verwüstet werden. Sie aber, die Juden werden von Gott darum verstoßen werden, ins Elend kommen und verschmachten und ewig zugrunde gehen. Das wird ihnen Zeichen genug sein, dass sie Gott mit Gnaden heimgesucht und den Messias gesandt habe, mit dem sie auf Schändlichste umgegangen sind. Denn welche dem Wort Gottes nicht glauben wollen, die lernen endlich mit ihrem unwiederbringlichen Schaden und Nachteil, dass sie die angebotene Gnade Gottes zu ihrem Verderben verachtet haben.
41. Die Leute von Ninive werden auftreten am Jüngsten Gerichte mit diesem Geschlechte und werden es verdammen; denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und siehe, hier ist mehr denn Jona.
Die: Christus fängt jetzt kräftig an zu schimpfen auf die Bosheit, Widerspenstigkeit und Undankbarkeit des jüdischen Volkes, besonders aber der Pharisäer und Schriftgelehrten, und tut solches mit dem Vergleich von denen, welche die angebotene Gnade Gottes angenommen und diese recht gebraucht haben.
Verdammen: Dass sie urteilen, diese gottlosen Leute sind nichts Besseres wert, denn dass sie mit ewiger Qual gepeinigt werden, weil sie, die Niniviten, das Predigtamt des Propheten Jona, der sie zur Buße ermahnt, nicht verachtet, wie diese, verruchten Leute meine Predigten und Wunderwerke verachten, verlachen, und lästern.
Predigt Jona: Als er sie vor der anstehenden Gefahr warnte.
Mehr denn Jona: Nämlich, ich selber bin vorhanden, der ewige Sohn Gottes und versprochen den Messias, dessen Vorbild der Prophet Jona gewesen ist: Darum sie desto schwererer Strafe sie müssen gegenwärtig sein, je größer die Guttaten die sie ausgeschlagen haben, die ihnen von Gott angeboten wurden.
42. Die Königin von Mittag wird auftreten am Jüngsten Gerichte mit diesem Geschlecht und wird es verdammen; denn sie kam vom Ende der Erde, Salomons Weisheit zu hören. Und siehe, hier ist mehr denn Salomo.
Königin: Welche um des Gerüchtes willen von König Salomon einen weiten Weg bis nach Jerusalem gezogen war.
Zu hören: Und indem sie aus einem besonderen Verlangen die rechte Weisheit zu lernen nach Jerusalem zum König Salomon gezogen war, hat sie das Wort Gottes gelernt, ist zu Gott bekehrt worden und hat die ewige Gottseligkeit erlangt. Diese Geschichte mag man lesen {2Chr 9}.
Mehr denn Salomon: Nämlich, ich der wahre ewige Gott selbst lehre die himmlische Wahrheit und lege den Menschen die göttliche Weisheit vor, nichtsdestoweniger werde ich von den Gottlosen und verruchten Leuten verspottet und habe kein Gehör bei ihnen. Es ist darum gewiss, dass diejenigen, welche viel und gute Gelegenheit hatten, die ewige Seligkeit zu erlangen, und sie dennoch verachtet, desto schwerere Strafen in jenem Leben werden ausstehen müssen, je größer die Guttaten Gottes, die sie verachtet haben. So wird auch die Königin von Mittag im Jüngsten Gericht diejenigen verdammen, welche kaum zwei oder drei Schritte bis zur Kirche haben, darin sie den Weg zur Seligkeit lernen könnten, und dennoch das Wort Gottes nicht begehren zu hören.
43. Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen ausgefahren ist, so durchstreift er dürre Stätten, sucht Ruhe und findet sie nicht.
Wenn: Folgt eine sehr harte und ernste Predigt, gegen die, welche von Gott zur Erbschaft des ewigen Lebens berufen und eine Zeit lang zu Gnaden und Kindern Gottes aufgenommen wurden. Sich aber doch von Gott abwenden, ihn verachten, und sein Evangelium verwerfen.
Ausgefahren: Es ist aber der Satan nicht nur ausgefahren, wenn er von einem leiblich besessenen Menschen ausgetrieben wurde, sondern auch, wenn ein Mensch, der noch nicht wiedergeboren war, aus seiner Gewalt gerissen wurde, was im Alten Testament geschah durch das Sakrament der Beschneidung, im Neuen Testament aber geschah es durch das Sakrament der heiligen Taufe.
Suche Ruhe: Oder Herberge, dass er ein Ziel und einen Platz bekomme, um zu bleiben. Denn der Satan sonst keine Ruhe haben kann, er tue denn Schaden und bringe einen Menschen ins Verderben.
44. Da spricht er denn: Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin. Und wenn er kommt, so findet er es müßig, gekehrt und geschmückt.
Umkehren: Und will versuchen, ob er diesen Menschen wieder in seine Gewalt bringen kann, bei welchem er seine Herrschaft verloren hatte. Denn der Satan strebt mit höchstem Fleiß danach, dass er diejenigen wieder unter sein Joch zwinge, welche aus seiner Tyrannei einmal errettet sind.
Geschmückt: Und zwar so zubereitet, dass es einen Gast schön empfangen kann, ja so ganz offen und behütet, dass ein jeder da hineingehen und es unter seine Gewalt bringen kann. Es ist aber das Haus müßig (leer), mit Besen gekehrt und geschmückt, dass es einen jeden, der da hinein möchte, aufnehmen kann, wenn des Menschen Herz sicher ist und die Gelegenheit zu sündigen nicht meidet, sondern sich vielmehr aus fleischlicher Sicherheit, dem Satan zu besitzen übergibt, und sich auch noch anbietet.
45. So geht er hin und nimmt zu sich sieben andere Geister, die ärger sind denn er selbst; und wenn sie hineinkommen, wohnen sie dort, und es wird mit diesem Menschen später ärger, denn es vorher war. Also wird es auch diesem bösen Geschlecht gehen.
Er hin: Nämlich, der Satan, wenn er sieht, er hat eine Gelegenheit bekommen, so nimmt er diese mit Willen an.
Ärger sind: Es bringt aber der Satan dann mehr ärgere Geister mit sich, wenn er den Menschen nicht nur in ein allgemeines, sondern in viele große und schreckliche abscheuliche Laster stürzt, wie man bei denen sieht, welche aller Gottseligkeit den Rücken gewandt, und meinen, sie dürften tun, was sie nur gelüstet.
Später ärger: Darum er den Menschen später eine viel schlimmere Verdammnis an den Hals legt. Von diesen und ihresgleichen, die, wie gehört, aller Gottseligkeit absagen, schreibt Petrus der Apostel also: So sie entflohen sind dem Unflat der Welt, durch die Erkenntnis des Herrn und Heilandes Jesu Christi, werden sie aber wiederum in diese geflochten und überwunden, ist mit ihnen das Letzte ärger geworden denn das Erste. Denn es wäre ihnen besser, dass sie den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt hätten, denn dass sie ihn erkennen, und sich von dem heiligen Gebot abkehren, das ihnen gegeben ist {2Petr 2}.
Gehen: Dass es immer schlimmer und in die ewige Verdammnis gestürzt wird. Denn es wurden die Israeliten durch die Beschneidung zu Kindern Gottes aufgenommen und hatten die prophetische Weissagung gehört, daraus sie eine Erkenntnis Gottes schöpfen könnten. Weil sie aber die ewige Seligkeit mit keinem rechten Ernst sich anlegen ließen, sondern nur nach Ehre und Reichtum trachteten und das Evangelium Christi samt seinen Wunderwerken verachten, sind sie in einem verkehrten Sinn gegeben worden, dass sie nicht nur von einem Teufel besessen waren, welcher sie ständig plagte, bis er diese gottlosen Leute ins ewige höllische Feuer gestürzt hatte. Darum sollen wir unsere Herzen verwahren, mit stetiger Betrachtung des göttlichen Wortes und christlichem Gebrauch des Heiligen Abendmahl, auch herzlichen und in brünstigem Gebet, damit der Satan nicht wieder über uns herrscht, sondern dass wir im Tempel des Heiligen Geistes bleiben, so werden wir das Ende unseres Glaubens, nämlich, das ewige Leben, welches in Christo uns verheißen ist, erlangen.
46. Als er noch zu dem Volk redete, siehe, da standen seine Mutter und seine Brüder draußen, die wollten mit ihm reden {Lk 8v20}.
Volk redete: Welches ihm zuhörte, von den ersten gemeldeten Sachen predigen.
Bruder: Oder Freunde und Blutsverwandte, welche nach Art der hebräischen Sprache Brüder genannt wurden. Es beschreibt aber diese Geschichte auch Markus im 3. Kapitel.
47. Da sprach einer zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen mit dir reden.
Mutter: Dieses ist an der Heiligen Jungfrau Maria nicht zu loben, sie auch nicht ohne Sünde gewesen ist, weil sie Christus zur Unzeit in seiner Predigt unterbricht. Denn es müssen auch die Allerheiligsten Leute auf Erden bitten: Vergib uns unsere Schuld.
48. Er antwortete aber und sprach zu dem, der es ihm ansagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?
Meine Mutter: Dass ich um ihretwillen sollte hinausgehen, und das Amt zu predigen unterlasse?
Meine Brüder: Die mich bitten, zur Unzeit hinauszugehen? Ich achte sie nicht für so wichtig, dass ich um ihretwillen jetzt aufhören müsste zu predigen. Denn wenn ich mein Amt verrichte, erkenne ich keine fleischliche Blutsfreundschaft, Bruderschaft oder Verwandtschaft. Mit diesem Beispiel will Christus uns nicht lehren, dass man die Eltern verachten soll, oder Freunde und Verwandte nicht annehmen, sondern will uns erinnern, dass wir unseren göttlichen Beruf den Verwandten zu gefallen, nicht unterlassen sollen, und zeigt an, dass er im Amt des Messias keinen als Gefährten erkannte, auch seine Mutter nicht. Darum sündigen die Katholiken schwer, dass sie das Amt des Heilandes zwischen Christo und seiner Mutter Maria nicht unterscheiden.
49. Und reckte die Hand aus über seine Jünger und sprach: Siehe da, das ist meine Mutter und meine Brüder.
Meine Brüder: Denen ich jetzt zu getan und verbunden bin, ihnen auch (als der Messias) mit ebenso großer Zuneigung gewogen bleibe, als meiner Mutter und anderen Blutsverwandten.
50. Denn wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mein Bruder, Schwester und Mutter.
Willen tut: Der ist mir, als den Messias und Seligmacher, ebenso lieb und angenehm, als wenn er mein ganz naher Verwandter wäre. Das ist aber des himmlischen Vaters Wille, dass wir an Christus glauben, und aus solchem Glauben ein gottseliges Leben führen. Darum, wer an Christus glaubt, und der wahren Gottseligkeit von Herzen sich bemüht, der soll gewiss wissen, dass er dem Sohn Gottes so lieb sei, als wenn er mit ihm ganz nahe und verwandt wäre. Nach diesem hohen adeligen Stamm sollen wir mit Fleiß trachten, welcher viel besser und nützlicher ist als der andere weltliche Adel.
Das 13. Kapitel
- Christus will den Zustand seines Reiches erklären, dazu benutzt er viele Gleichnisse. Als, von viererlei Samen, vom Weizen und Unkraut, vom Senfkorn, vom Sauerteig, vom Schatz, den jemand auf einen Acker findet, vom Kaufmann, der eine köstliche Perle kauft, vom Fischernetz, damit böse und gute Fische gefunden werden. Danach will Christus, wer sich vornimmt, dass er die Heilige Schrift behandeln will, der soll aus seinem Schatz Altes und Neues vorbringen. Als er nach Nazareth kommt, bemerkt er, dass kein Prophet in seinem Vaterland angenehm ist.
1. An demselben Tage ging Jesus aus dem Hause und setzte sich an das Meer.
An: Es hatte Christus nun mit der Predigt des Evangeliums und seinen herrlichen Wunderwerken viel Zuhörer bekommen. Und es ist kein Zweifel, es ist dem größten Teil mit der Buße nicht ernst gewesen, sondern sie haben die Lehre Christi zu des Fleisches Freiheit missbraucht, und sind zwar der Pharisäer überdrüssig gewesen, haben aber der Erinnerungen Christi zur Änderung und Verbesserung des Lebens auch nicht geachtet. Darum ist ein Ärgernis entstanden, als ob die Lehre Christi böse wäre und auch solche Früchte brächte. Diesem Ärgernis (welches immer von der Predigt des Evangeliums entsteht) begegnet Christus mit etlichen Gleichnissen, und zeigt an, wie der Mangel an der Lehre des Evangeliums nicht ist, sondern an den Leuten, und geht es in der Welt niemals gut, dass nicht Gut und Böse durcheinandergemengt wären.
An das Meer: Wo er einen großen Platz hatte, das Volk zu lehren. Denn es waren bei seinen Predigten oft eine so große Menge, dass die Zuhörer in den Häusern und Schulen nicht alle Platz hatten. Trotzdem hat er keine heimlichen Winkelpredigten gehalten, wie es die Wiedertäufer tun, welche heimlich in den Wäldern zusammenkommen, und zu ihren Predigten nur solche Leute rufen, die es mit ihnen halten, auch niemand anderen zulassen. Dieses ist ein gewisses Zeichen, dass ihre Lehrer vom Fürsten der Finsternis getrieben werden.
2. Und es versammelte sich viel Volks zu ihm, also dass er in das Schiff trat und saß. Und alles Volk stand am Ufer.
Und saß: Nachdem er das Schiff ein wenig vom Land hat fahren lassen, damit ihn das Volk nicht bedrängte. Gleiches beschreiben auch Markus im 4. und Lukas im 8. Kapitel. Obwohl nun Christus durch seine Allmacht hätte können sich einen Thron mit großer Majestät und Herrlichkeit in der Luft verschaffen, wie er dem Propheten Jesaja im Gesicht erschienen, ehe er Mensch geworden war, so hat er doch die Knechtsgestalt an sich behalten und gebrauchen wollen, bis er das Werk der Erlösung vollendet hat. Darum ist er allen menschlichen Schwachheiten unterworfen gewesen, ausgenommen allein die Sünde.
3. Und er redete zu ihnen mancherlei durch Gleichnisse und sprach: Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen.
Durch Gleichnisse: Es haben aber diese Gleichnisse, welche Christus im Predigen gebrauchte, unterschiedliche Wirkungen gehabt, weil die Zuhörer nicht gleich gesinnt waren. Denn welche sie gehört und ihre Seligkeit sich nicht mit Ernst lassen angelegen sein, die haben sie durch die Ohren gehen lassen, und als ein vergebliches Geschwätz verachtet. Welche aber ein herzliches Verlangen nach dem ewigen Leben hatten, die haben solche Gleichnisse zu Herzen gefasst und mit Bewunderung zugehört, dass unter diesen wichtigen und heilsamen Sachen begriffen wären, haben auch nicht nachgelassen, bis sie verstanden, was dadurch angedeutet würde. Und diese haben die Lehre, so ihnen in diesen Gleichnissen erzählt wurden, im guten Gedächtnis behalten. Sie sind für die frommen Leute keine dunklen Reden oder Sprichwörter gewesen, sondern nur denen, die mehr menschliches als göttliche Sachen suchten, sind ihnen vorgekommen, als gebe man ihnen lauter Rätsel auf, die sie nicht verstehen oder erraten könnten.
4. Und indem er säte, fiel etliches an den Weg; da kamen die Vögel und fraßen es auf.
5. Etliches fiel in das Steinige; da es nicht viel Erde hatte, und ging bald auf, darum dass es nicht tiefe Erde hatte.
6. Als aber die Sonne aufging, verwelkte es, und dieweil es nicht Wurzel hatte, ward es dürr.
7. Etliches fiel unter die Dornen; und die Dornen wuchsen auf und erstickten es.
8. Etliches fiel auf ein gutes Land und trug Frucht, etliches hundertfältig, etliches sechzigfältig, etliches dreißigfältig.
Dreißigfältig: Die Erklärung dieses Gleichnisses und was es bedeutet, wird etwas später folgen.
9. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Der höre: Er merke fleißig darauf und fasse es gut zu Herzen, welches er fassen und verstehen kann, was dieses Gleichnis bedeutet, denn es ist nicht eine schlechte oder geringe Sache, davon hier gehandelt wird.
10. Und die Jünger traten zu ihm und sprachen: Warum redest du zu ihnen durch Gleichnisse {Mk 4v10 Lk 8v9}?
Durch Gleichnisse: Warum bringst Du deine Lehre nicht ohne Gleichnisse ganz einfach und einfältig vor?
11. Er antwortete und sprach: Euch ist es gegeben, dass ihr, das Geheimnis des Himmelreichs vernehmt; diesen aber ist es nicht gegeben.
Gegeben: Durch Gottes Gnade. Es hält aber Christus hier nicht die zwölf Apostel allein gegen die ganze übrige Menge seiner Zuhörer, darunter ohne Zweifel etliche Auserwählte waren, welche ob sie wohl nicht sofort, doch später die Gleichnisse Christi verstehen lernten. Denn Christus hat gewollt, dass die Apostel einmal selbst öffentlich predigen sollten, was er ihnen besonders erklärt hatte, besonders da er zuvor gesagt: Was ich euch in Finsternis sage, das redet ihr im Licht. Und was ihr mit den Ohren hört, dass predigt auf den Dächern {Mt 10}. Christus stellt hier einen Vergleich an, zwischen seinen frommen und gelehrigen Jüngern und den geblendeten verstockten Zuhörern und will zu verstehen geben, dass die Frommen verstehen werden, was er sage, die Bösen aber durch dieses nicht gebessert.
12. Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, von dem wird auch genommen, was er hat {Mt 25v29 Mk 4v25 Lk 8v18 v19 v26}.
Wer da hat: (Nach Luther) Wo das Wort Gottes verstanden wird, da vermehrt es sich, und bessert den Menschen. Wo es aber nicht verstanden wird, da nimmt es ab und ärgert den Menschen.
Fülle habe: Will so viel sagen: Ihr und eures gleichen, die ihr meine Lehre mit aufrichtigen Herzen zuhört und einen guten Geschmack von der wahren Erkenntnis Gottes empfunden habt, werdet von Tag zu Tag zunehmen und die Geheimnisse der evangelischen Lehre, welche ins Himmelreich führt, je länger je besser verstehen. Aber der andere gottlose Haufen, so nur meinen Predigten nachläuft, um etwas Neues zu hören, und nicht was zur Seligkeit nötig ist, zu wissen begehrt, wird nichts von dem, was ich sage verstehen und seiner Bosheit wegen gerechterweise gestraft werden. Trifft hier mein Sprichwort zu: Den Reichen gibt man, den Armen nimmt man, auf dass die, so viel Güter haben, noch reicher werden, welche aber wenig haben, ärmer werden. Also wird man auch in der Erkenntnis Gottes zunehmen, davon ihr bereits ein kleines Stück erkannt habt. Aber der große Haufen, so nur fleischlich gesinnt ist und keine richtige Erkenntnis Gottes hat, die selber auch nicht begehrt zu bekommen, wird geblendet werden, und je länger je weniger verstehen. Denn sie sind es nicht wert, dass ihnen die himmlische Wahrheit immer hell und deutlich vorgelegt werde. Welche aber Gott der Herr mit seinem Wort und Heiligen Geist zu erleuchten angefangen hat, die begabt er je länger je mehr mit seinen herrlichen Erkenntnissen und vermehrt seine Gaben reichlich in ihnen. Die Verstockten aber werden aus gerechtem Urteil Gottes je länger je ärger, und mit der Zeit auch zu Unmenschen und Gottesverächtern, wie das viele Beispiele bezeugen.
13. Darum rede ich zu ihnen durch Gleichnisse. Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht und mit hörenden Ohren hören sie nicht; denn sie verstehen es nicht.
Sie nicht: Sie sehen meine herrlichen Wunderwerke und glauben dennoch nicht an mich: Sie hören viel meiner vortrefflichen Predigten, in denen ich ohne Gleichnisse die heilsame Lehre, und was ihnen zu wissen nötig ist, auf das Klarste vorlege, und werden sie doch nicht im geringsten dadurch gebessert. Darum ist der Mangel nicht an der Lehre, sondern an den Zuhörern, wenn die Wahrheit gelehrt, aber nicht angenommen wird.
14. Und über ihnen wird die Weissagung Jesajas erfüllt, die da sagt: Mit den Ohren werdet ihr hören und werdet es nicht verstehen, und mit sehenden Augen werdet ihr sehen und werdet es nicht vernehmen {Jes 6v9 Joh 12v40 Apg 28v26 Röm 2v8}.
Nicht vernehmen: Darum ist es ebenso viel, als wenn sie es nie gesehen oder gehört hätten.
15. Denn dieses Volkes Herz ist verstockt, und ihre Ohren hören sie schlecht, und ihre Augen schlummern, auf dass sie nicht mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, dass ich ihnen hülfe.
Schlummern: Dass sie diese gegen das Licht des Evangeliums tun und die Wahrheit nicht ansehen wollen. Es wird aber dieser Spruch aus dem Propheten Jesaja (Kapitel 6) im Neuen Testament gar häufig benutzt, welcher von der Verblendung und Verstockung des jüdischen Volkes weissagt. Doch muss man solche Weissagung keineswegs so verstehen, als ob Gott den Menschen seine wahre Erkenntnis und also auch die Seligkeit nicht gönne, oder dass Gott die sehenden blind mache. Denn nach dieser Meinung würde Gott einen Grund der Sünden sein, was aber zu sagen und zu denken nicht allein ungereimt ist, sondern auch gottlos wäre. Sondern der Prophet will so viel sagen, Gott straft aus seinem gerechten Urteil an den Menschen die Beachtung der Religion und ihre hohe Sicherheit, dass solche verkehrten Leute, wenngleich sie das helle Wort Gottes hören und dennoch nicht dadurch gebessert oder selig werden, weil sie ihre Seligkeit nicht achten, sondern in fleischlichen Sachen sich immer weiter vertieft haben. Mit dieser Weissagung des Propheten Jesaja stimmt auch überein der Spruch von Paulus, da er sagt: Die Ankunft des Antichristen geschehe nach der Wirkung des Satans mit allerlei Lügen und Zeichen und Wundern und mit allerlei Verführung zur Ungerechtigkeit, unter denen, die verloren werden, dafür, dass sie die Liebe zur Wahrheit nicht haben angenommen, dass sie selig werden. Darum wird Gott ihnen kräftige Irrtümer senden, dass sie die Lügen glauben, auf dass gerichtet werden alle, die der Wahrheit nicht glauben, sondern haben Lust an der Ungerechtigkeit {2Thes 2}. Dass aber Gott etliche mitten aus ihrem rohen Leben auf eine bessere Meinung ändert, solches muss man seiner unendlichen Barmherzigkeit zuschreiben. Und haben diese Ursache, Gott immer für diese willkommene Barmherzigkeit zu preisen, jene aber können sich über die Gerechtigkeit Gottes nicht beklagen {Lk 10v23}.
16. Aber selig sind eure Augen, dass sie sehen, und eure Ohren, dass sie hören.
Sie hören: Denn diese die aller unglücklichsten Leute, welche durch die Anschauung der himmlischen Wahrheit und des göttlichen Lichtes geblendet werden. Also sind am allerglücklichsten, welche Ohren haben, die da hören und Augen, die da sehen, das ist, welche die himmlischen Geheimnisse verstehen, und sind unter diesen vor allen die besten, die Apostel und andere fromme Menschen, so zu der Zeit Christi gelebt, und den Sohn Gottes im Fleisch sahen, wie er in ihrer Gegenwart Wunderwerke tat, auch seine Lehre, wenn er predigte, zugehört haben. Darum rühmt Christus hier solche Glückseligkeit der Apostel und anderer, Leute zur selben Zeit, und hält sie nicht allein gegen die Gottlosen, Blinden und Verstockten, sondern auch gegen die heiligen Patriarchen und Propheten, welche Christus zwar im Glauben, aber nicht im Fleisch gesehen haben.
17. Wahrlich, ich sage euch: Viel Propheten und Gerechte haben begehrt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.
Gerechte: Sowohl die Erzväter als andere heilige Menschen, auch die frommen Könige im Alten Testament.
Nicht gehört: Darum seid ihr auch vor den anderen ganz glückselig, nicht allein, dass ihr keine verstopften Ohren habt, sondern auch, weil ihr gegenwärtig seht und hört, was vor Zeiten den allerheiligsten Menschen zu sehen und zu hören gegeben war. Denn mit was für großer Freude meint ihr wohl, dass die heiligen Erzväter, frommen Könige und anderen heiligen Leute so von Anfang der Welt her gelebt und ihre einzige Hoffnung auf mich, der Welt Heiland, setzten, wären überschüttet worden, wenn ihnen solche Glückseligkeit widerfahren wäre, dass sie mich, den Sohn Gottes, im Fleisch mit leiblichen Augen gegenwärtig sehen und hätten hören können? Mit was für herzlicher Lust würden sie ihre Augen auf meine Wunderwerke geworfen haben? Mit was für großer Begierde hätten sie meiner Predigt zugehört? Denn die heiligen Erzväter haben Christus allein mit den Augen des Glaubens gesehen, dass er sollte zukünftig sein {Joh 8} und sind durch den Glauben an den zukünftigen Messias selig geworden. Aber die Apostel haben Christus mit dem Glauben und mit leiblichen Augen gesehen und sind deswegen glückseliger gewesen als die Erzväter. Wir sehen Christus heutigentags mit dem Glauben, der schon gekommen ist, und sind daher etwas geringer als die Apostel, aber glückseliger als die Erzväter. Darum sollen wir Gott dem Herrn für solche große Guttat Lob und Dank sagen. Denn selig sind die, die da glauben, wenngleich sie nicht sehen {Joh 20}.
18. So hört nun ihr dieses Gleichnis von dem Sämann!
Dieses Gleichnis: Wie ich es euch erklären will, auf dass ihr sie einmal auch mit einem anderen Nutzen es wiederum erklärt und auslegen könnt. Der Same ist das Wort Gottes: Der Sämann ist, der das Wort Gottes predigt. Der Äcker sind die Zuhörer, bei welchen sich eine große Ungleichheit findet.
19. Wenn jemand das Wort von dem Reich hört und nicht versteht, so kommt der Böse und reißt es weg, was da gesät ist in sein Herz; und der ist der, der an den Weg gesät ist.
Wort: Das Evangelium, welches den Weg zum Himmel zeigt.
Nicht versteht: Darum er es auch nicht recht zu Herzen nimmt: ein solcher behält das Wort nicht und bringt auch keine Frucht.
Böse: Der böse Geist und Feind des menschlichen Geschlechtes.
Reißt es weg: Denn weil er das Wort nicht versteht, so haftet es auch nicht bei ihm, dass es einwurzelt und Frucht brächte. Darum schlägt ihn der Satan die Andacht aus dem Sinn, dass er das Wort Gottes als unverständliche dunkle Reden und Sprichwörter, die nichts nützen, aus der acht lässt. Das sind solche Leute, welche, nachdem sie das Wort des Evangeliums gehört, solches nicht im Herzen bewegen oder betrachten, auch nicht zu verstehen begehren, was sie gehört haben, sondern legen sich auf andere Dinge, welche die Seligkeit nicht angehen. Darum verachten sie die Lehre des Evangeliums, als die da ungereimt, dunkel und zu nichts nütze sei, und richten ihre Gedanken auf andere Sachen, welches durch des Teufels besondere Arglistigkeit und Bosheit angestiftet wird.
20. Der aber auf das Steinige gesät ist, der ist es, wenn jemand das Wort hört und es bald aufnimmt mit Freuden.
Steinige: Deren Herz hart ist wie ein Stein, der oben mit ein wenig Erde beworfen wurde.
Mit Freuden: Weil ihm die Lehre des Evangeliums am Anfang wohl gefällt, welche ein neues himmlisches Königreich verkündigt.
21. Aber er hat keine Wurzel in sich, sondern er ist wetterwendisch; wenn sich Trübsal und Verfolgung erhebt um des Worts willen, so ärgert er sich bald.
Nicht Wurzel: Das Wort Gottes haftet nicht fest in seinem Herzen.
Wetterwendisch: Der den Mantel nach dem Wind hängt und sich zum Evangelium bekennt, weil es noch gut geht.
Ärgert er sich: Über eine Sache, die ihm neu und ungewohnt vorkommt, fängt an, die Wahrheit des Evangeliums anzuzweifeln, und meint, sie sei nicht die richtige himmlische Lehre, weil sie die großen Weisen und Mächtigen in dieser Welt verwerfen, lästern und verfolgen, und dessen Bekenner Gott in so große Gefahr kommen lässt. Darum fällt er vom Evangelium ab, wie der Dreck vom Rad, denn er will keine Verfolgung oder Gefahr haben, sondern Reichtum, Ehre, Wollust und alle guten irdischen Dinge. Diese sind, welche zum Evangelium Lust haben, weil sie von der schweren Last und Beschwerde der Menschensatzungen befreit, und hoffen, sie wollen bei dem Bekenntnis des Evangeliums, in dieser Welt ein gutes Leben haben, nachdem sie viele große Bürden losgeworden sind. Aber wenn Gott anfängt, ihren Glauben durch Trübsal und Verfolgungen zu bewähren, so ärgern sie sich darüber, lassen die Bekenntnisse des Evangeliums fahren und richten sich nach dem Teil, der ihnen glücklicher und sicherer scheint. Von diesen hat man zu unseren Zeiten viel gesehen, besonders da die Kirchen durch die unselige Verfolgung irregemacht wurde.
22. Der aber unter die Dornen gesät ist, das ist, wenn jemand das Wort hört und die Sorge dieser Welt, und der Betrug des Reichtums erstickt das Wort und bringt nicht Frucht.
Der: Jetzt folgt der dritte Teil der Leute, die das Wort Gottes ohne Nutzen hören.
Dornen: Dessen Herz ganz mit Dornen überwachsen ist und der sich fast nur mit weltlichen Sachen bemüht, hält viel auf weltliche Ehre und Reichtum, trachtet nach Geld und Gut, zeitliche Ehre und Wollust, und er sieht nur darauf, wie er solche Dinge bekommen und behalten möge. Darum, obgleich er das Wort Gottes hört und es nicht verwirft, sondern als die Wahrheit annimmt, bessert er sich jedoch mit seinem Leben nicht. Reichtum besitzen und Ehre erlangen ist nicht die Ursache, dass einer gottlos und verdammt wird. Denn es sind auch von dem Patriarchen etliche reich gewesen, und es haben fromme Könige im Alten Testament in hohen Ehren gesessen. Sondern das verdirbt die Reichen und Mächtigen, dass sie sich auf Reichtum verlassen und an Ehre und Wollust sich ganz vertiefen, dass sie nicht mit Ernst an ihre Seligkeit denken. Darum heißt Paulus die Reichen nicht ihren Reichtum wegwerfen, sondern sie sollen diesen richtig gebrauchen. Den Reichen dieser Welt (spricht Paulus) gebietet, dass sie nicht stolz sind, auch nicht hoffen auf den ungewissen Reichtum, sondern auf den lebendigen Gott, der uns reichlich gibt und allerlei zu genießen, (sage ihnen aber) dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken gerne geben, behilflich sind, Schätze sammeln, sich selbst einen guten Grund auf das zukünftige, dass sie ergreifen das ewige Leben {1Tim 6}.
23. Der aber in das gute Land gesät ist, der ist, wenn jemand das Wort hört und versteht es und dann auch Frucht bringt; und etliche tragen hundertfältig, etliche aber sechzigfältig, etliche dreißigfältig.
Der aber: Lasst uns jetzt auch von dem vierten Teil der Menschen vernehmen, welche allein aus der Predigt des Evangeliums Frucht bringen.
Gute Land: Dessen Herz sich mit einem guten Land vergleichen kann.
Versteht es: Darum er es in seinem Herzen behält, dass es bei ihm einwurzelt, und glaubt wahrhaftig an Christus, aus welchem Glauben er auch Frucht bringt.
Dreißigfältig: Denn obwohl das Wort Gottes bei allen, die es wahrhaftig annehmen, Frucht bringt, so sind sie doch in den Wirkungen einander nicht gleich. Etliche tragen viel Früchte, nachdem sie vortreffliche Gaben für andere und einen großen Eifer haben, andere bringen zwar nicht so viel Früchte und sind doch auch nicht unfruchtbar. So kann auch nach Gelegenheit eines jeden Berufes einer mehr Frucht bringen als der andere. Als, ein frommer Fürst, der die reine Lehre des Evangeliums mit großem Eifer befördert und mit Fleiß danach trachtet, dass er Kirchendiener, die etwas taugen, und fromme Untertanen habe, der bringt hundertfältig Frucht, da ein anderer frommer Mensch, der für sich selber lebt, kaum dreißigfältige Frucht trägt. Also, ein vortrefflicher Kirchendiener, der vielen Kirchen mit großem Nutzen dient, schafft mehr Frucht, als ein anderer, der nur eine Kirche zu versehen hat. Welche aber die hundertfältige Frucht auf die Jungfrauenschaft, die sechzigfältige auf den Witwenstand und die dreißigfältige auf den Ehestand deuten, die treffen den rechten Verstand dieses Gleichnisses nicht. Denn es ist außer allen Zweifels und wird niemand leugnen dürfen oder können, dass die heiligen Erzväter im Ehestand viel reichere Früchte des Glaubens gebracht haben, als manche Jungfrau, wenn sie ohne Ehe keusch und züchtig gelebt und einen gottseligen christlichen Wandel geführt hat. Wir werden aber aus diesem Gleichnis erinnert, dass die Schuld nicht des Samens, sondern des Ackers ist, wenn die Ernte dem Ackermann nicht so reichlich gibt, als er gehofft hat. Also ist der Mangel nicht an dem Worte Gottes, sondern an denen, die dieses mit solchem Herzen annehmen, wie sie richtigerweise sollten. Darum, da nicht alle Zuhörer des Evangeliums gute Früchte bringen, so muss man darum die Lehre des Evangeliums keines Irrtums oder der Ketzerei beschuldigen.
24. Er legte ihnen ein anderes Gleichnis vor und sprach: Das Himmelreich ist gleich einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte.
Anderes Gleichnis: Denn weil sich viele Leute auch daran stoßen, wenn sie sehen, dass in der christlichen Kirche viel Böses sich mit untermengt, so urteilen sie aus böser Leute Tun von dem Frommen gleiches auch. Darum hat Christus diesem Ärgernis mit folgendem Gleichnis auch begegnen wollen.
Acker säte: So verhält es sich in der Kirche Gottes, da durch die Predigt des Evangeliums vom Reiche Gottes Christo eine Kirche gesammelt wird, als wenn jemand einen guten Samen auf seinen Acker säte. Dieses Gleichnis erklärt Christus später in diesem Kapitel, darum wir solche Erklärung daraus nehmen wollen, denn wir haben keinen besseren Ausleger, als Christus selbst. Der den guten Samen sät, ist Jesus Christus, denn Christus pflanzt die Kirche, in welcher viel fromme und heilige Leute sind, durch die Predigt des Evangeliums. Der Acker aber ist die Welt. Der gute Same sind die Kinder des Reichs, nämlich fromme Leute, die das Evangelium mit wahrem Glauben annehmen und Erben des Himmelreiches werden. Diese sind wie der gute Same, der in die Welt gesät wird, und sind auch wahre Glieder der Kirche Gottes. Denn die Welt nicht einen einzigen Tag länger würde stehen bleiben, wenn alle Menschen gottlos wären: Aber Gott verschont die Gottlosen eine Zeit lang um der Frommen willen, die unter ihnen sind.
25. Da aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon.
Feind: Dieses ist der Teufel: Das Unkraut sind die Kinder des Teufels oder der Bosheit, wie später berichtet wird. Doch schafft der Satan die Menschen nicht, sondern es werden die Gottlosen Satans Kinder genannt, welche zwar aus der Erschaffung ihren Leib und ihre Seele von Gott haben, aber durch des Teufels Bosheit ganz verkehrt oder verdorben sind, dass sie entweder voller Heuchelei stecken, oder allerlei schreckliche Laster begehen, etliche auch mit Ketzereien die Kirche Gottes vergiften und verwirren. Solche mengt der Satan in die Welt unter die frommen und gottseligen Leute mit ein. Und weil die Kirche in der Welt ist, finden sich auch solche gottlosen Leute in der Kirche. Darum wurde in der Kirche zu Korinth einer gefunden, der sich nicht gescheut hat, seine Stiefmutter zu ehelichen {1Kor 5}, und an einem anderen Ort beschreibt Paulus im Korinther Brief: Ich fürchte, wenn ich komme, dass ich euch nicht finde, wie ich will, und ihr mich auch nicht findet, wie ihr wollt, dass nicht Hader, Neid, Zorn, Zank, böse Nachreden, Ohrenblasen, Aufblasen, und Aufruhr da sei. Dass ich nicht noch einmal komme, und mich mein Gott demütigt bei euch und muss Leid tragen über viele, die zuvor gesündigt und nicht Buße getan haben für die Unreinigkeit und Hurerei und Unzucht, die sie getrieben haben {2Kor 12}. Von den Ketzern aber, welche der Satan in der Kirche selbst erweckt, oder darin als ein schädliches Unkraut ausgestreut, redet eben derselbe Apostel auf diese Meinung: Ich weiß, dass nach meinem Abschied werden unter euch kommen schreckliche Wölfe, die der Herde nicht verschonen werden, auch aus euch selbst werden Männer aufstehen, die da verkehrte Lehre reden, die Jünger an sich zu ziehen {Apg 20}. Darum, weil der Satan das Unkraut nicht nur in der Welt, sondern in den Kirchen Christi selbst auch streut, so schwärmen die Wiedertäufer, welche eine solche Kirche suchen, darin kein Mangel sei, und nichts schief gehe. Jedoch, je sicherer und unachtsamer die Vorsteher der Kirchen des weltlichen Regiments und in der Haushaltung sind, je mehr Böses und Unruhe entstehen.
26. Da nun das Kraut wuchs und Frucht brachte, da fand sich auch das Unkraut.
Fand sich: Denn die bösen Leute werden nicht sofort in der Kirche erkannt, sondern sie schleichen heimlich ein, bis sie endlich, wenn sie die Gelegenheit sehen, sich hervortun und ihre Bosheit an den Tag geben. Darüber werden dann viele in einer solchen Sache sehr geärgert.
27. Da traten die Knechte zu dem Hausvater und sprachen: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn das Unkraut?
28. Er sprach zu ihnen: Das hat der Feind getan. Da sprachen die Knechte: Willst du denn, dass wir hingehen und es ausjäten?
Ausjäten: Durch diese Knechte werden die unerfahrenen und unverständigen Leute angedeutet, welche einen unzeitigen Eifer haben, und wenn sie etwas in der Kirche oder im weltlichen Regiment oder in der Haushaltung sehen, das nicht richtig ist, so wollen sie es alles mit großem Ernst ausreißen. Besonders aber haben junge angehende Regenten, Kirchenlehrer und Hausväter diesen Mangel häufig an sich. Also wollten etliche Apostel Feuer vom Himmel über die Samariter fallen lassen {Lk 9}. Zum anderen Teil, wenn sie lange gefaulenzt und geschlafen haben, dass durch ihre Unachtsamkeit viele Mängel eingerissen sind, so wollen sie später solche mit einem Mal ausreißen. Aber solche gewalttätigen und unzeitigen Reformen bringen mehr Unruhe und Schaden, als dass sie sollten Nutzen schaffen. Doch will Christus nicht, dass die Kirchendiener die Laster und Irrtümer in der Kirche gar nicht gestraft werden, wie er auch nicht verbietet, dass man die Unbußfertigen nicht müsse ordentlicherweise in den Bann tun. So nimmt er so wenig der weltlichen Obrigkeit das Schwert, dass sie nicht dürfte die Übeltäter mit gebührendem Ernst zur Strafe ziehen {Röm 13}. Und sagt dem Hausvater nicht, dass er bei seinen Kindern und Angestellten etwas übersehen soll, wenn sie Unrecht tun, sondern, wie gesagt, so verwirft er den unzeitigen Eifer. Besonders aber hat er zu verstehen geben wollen, dass es nicht immer unter den Leuten recht und gut zu gehen werde, dass nicht böse Leute in der Kirche große Ärgernisse erregten, denn es werden immer Böse und Fromme miteinander vermengt sein und bleiben bis zur Ernte. Die Ernte aber ist das Ende der Welt, und der Jüngste Tag. Die Schnitter sind die Engel. Wie man nun in der Ernte das Unkraut zusammenbindet und ins Feuer wirft, so wird es auch am Ende der Welt zugehen. Denn des Menschen Sohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alle Ärgernisse, das ist, alle Gottlosen und verruchten Menschen, die anderen ein Ärgernis waren, und die da Unrecht tun, und werden in den Feuerofen, nämlich ins höllische Feuer geworfen, da wird sein ein ewiges Heulen und Zähneklappern. Dann werden die Gerechten, welche dem Evangelium geglaubt und aus Glauben ein gottseliges Leben geführt haben, leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich, mit unaussprechlicher Ehre und Herrlichkeit. Darum sollen wir uns nicht ärgern, wenn wir sehen, dass in der Kirche auch böse Leute sind, und nichts aus unzeitigem Eifer vornehmen. Wir sollen uns aber der Ernte erinnern und uns befleißigen, damit wir dann kein Unkraut sind, auf das wir nicht in den höllischen Feuerofen geworfen werden, sondern dass wir ein guter Weizen sind, der in das Haus des Vaters gesammelt wird, wo wir im Reich des himmlischen Vaters wie die Sonne leuchten möchten. Ich habe dies Gleichnis hier etwas weitläufiger erklären wollen, damit nicht später die Erklärung noch einmal wiederholt werden müsste.
29. Er aber sprach: Nein, auf dass ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, so ihr das Unkraut ausjätet.
30. Lasst beides miteinander wachsen bis zur Ernte; und um der Ernte Zeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuvor das Unkraut und bindet es in Bündel, dass man es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheuern.
31. Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das Himmelreich ist gleich einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und säte auf seinen Acker {Lk 13v18 v19}.
Anderes Gleichnis: Denn weil viele Leute sich daran stoßen und ärgern, dass das Reich Christi auf Erden einen geringen und schlechten Anfang hat, welches durch die einfältige Predigt des Evangeliums angerichtet wird, und meinen, es werde keinen Erfolg haben, so will Christus solchem Ärgernis mit den folgenden zwei Gleichnissen begegnen. Und wird die erste von dem Evangelisten Markus (Kapitel 4) auch beschrieben.
Himmelreich: Nämlich die Predigt des Evangeliums, dadurch die Menschen zum Himmelreich gebracht werden.
Senfkorn: (Nach Luther) Es gibt kein Wort mehr verachtet denn das Evangelium, und doch kein kräftiges, denn es macht gerecht, die daran glauben.
32. Welches das kleinste ist unter allem Samen; wenn es aber gewachsen ist, so ist es das größte unter dem Kohl und wird ein Baum, dass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen unter seinen Zweigen.
Zweigen: Wer wollte es aber glauben, wenn es nicht die Erfahrung beweisen würde, dass aus einem solchen geringen Korn so große Pflanzen aufwachsen sollten? Das sehen wir auch an den Körnern der Äpfel und Birnen, wie gering und klein sie sind, wenn man sie gegen den Baum hält, der daraus hervorwächst. Wenn wir darum sehen, dass an einem Ort das Reich Gottes einen geringen Anfang hat, so sollen wir die Kraft des göttlichen Wortes betrachten, und nicht zweifeln, es werde einen gewaltigen Fortgang nehmen. Denn ist das Reich Christi nicht schlecht und gering gewesen, da er seine zwölf Apostel in die ganze Welt ausgesendet hat? Denn hat das Christentum innerhalb wenig Jahren in der ganzen Welt so sehr zugenommen, dass es auch ganz mächtige Königreiche behauptet hat.
33. Ein anderes Gleichnis redete er zu ihnen: Das Himmelreich ist einem Sauerteig gleich, den ein Weib nahm und vermengte ihn unter drei Scheffel Mehl, bis dass es ganz durchsäuert war.
Anderes Gleichnis: Mit dem gleichen Inhalt des vorigen.
Sauerteig: (Nach Luther) Das ist auch das Wort, welches den Menschen erneuert.
Ganz durchsäuert: Denn der Sauerteig, so unter dem Mehl mit Wasser vermengt wurde, hat er nicht aufgehört zu wirken, bis alles miteinander sauer wurde, wenn es auch gleich noch so viel gewesen wäre. Sonst wird der Sauerteig in der Schrift häufig als etwas Böses verstanden, als von der Verfälschung der Lehre oder des Wandels geredet wird. Wie auch Christus seinen Jünger gesagt hat sie sollen sich hüten vor dem Sauerteig der Pharisäer und Schriftgelehrten, das heißt, vor ihrer falschen Lehre {Mt 16}. Und Paulus, da er von dem Blutschänder zu Korinth schreibt: Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäuert {1Kor 5}? Aber hier zeigt Christus an, dass, gleichwie ein wenig Sauerteig einen ganz großen Teig durchdringt und ihn ganz durchsäuert, so dringt auch das Evangelium aus göttlicher Kraft durch die ganze Welt, dass, obwohl am Anfang kaum zwei oder drei das Evangelium annehmen, dennoch endlich Christus eine große Kirche gesammelt wird. In dieser Form ist zu Athen erst ein geringer Anfang der christlichen Kirche gewesen, denn ihr waren ganz wenig, die glaubten, darunter nur Dionysius, ein Ratsherr, und eine Frau, Damaris wird genannt {Apg 17}. Darum sollen wir an dem Fortgang des Evangeliums nicht verzagen. Denn wenn nur eine Person in einer Stadt das Evangelium angenommen hat, so wird dieser Sauerteig mit der Zeit weiter durchdringen.
34. Solches alles redete Jesus durch Gleichnisse zu dem Volk und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen {Mk 4v2 v33}.
Gleichnisse: Denn was in Gleichnissen vorgebracht wird, obgleich es nicht sofort jedermann versteht, so bleibt es doch in der frommen Menschen Herzen fest haften.
35. Auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht: Ich will meinen Mund auftun in Gleichnissen und will aussprechen die Heimlichkeiten von Anfang der Welt.
Der Welt: Das heißt: Ich will große Dinge erzählen, welche vor vielen 100 Jahren in der Kirche Gottes sich zugetragen haben, und will denkwürdige Sprüche hinzusetzen, die gut zu merken sind. Denn die Hebräer nennen große wichtige Sachen und herrliche Sprüche auch Gleichnisse. Es reimt sich aber dieser Spruch des Psalms nicht übel zu den Gleichnissen Christi. Denn gleichwie Assaph im gleichen Psalm erzählt, was für ein Unterschied unter den Israeliten war, von denen etliche Gott geglaubt und selig geworden sind, andere aber sich widerspenstig gezeigt, und Gott sich widersetzten, darum sie auch zugrunde gingen und ins Verderben geraten sind. Also lehren uns die bisher erzählten und nachfolgenden Gleichnisse Christi, dass unter den Zuhörern des Evangeliums etliche glauben und die Seligkeit erlangen, andere aber nicht gläubig werden und darum wie das Unkraut im ewigen Feuer brennen müssen. Die Gleichnisse Christi aber, weil sie von dem natürlichen Leben berichten, wie vom Ackerbau und dergleichen Sachen, sollen uns der geistlichen Sachen erinnern, so dadurch abgebildet werden. Also, so oft wir einen Bauern sehen, welcher den Samen in die Erde bringt, sollten wir Gott bitten, er wolle schaffen, dass das Wort Gottes, wenn es von uns gehört wird, auf ein gutes Land falle und viel Früchte bringen. So oft wir Unkraut auf dem Acker sehen, sollen wir uns erinnern, dass wir uns an der Gottlosen Bosheit und verkehrtem Tun nicht ärgern, welche sich in der Kirche Gottes mit einmengen.
36. Da ließ Jesus das Volk von sich und kam heim. Und seine Jünger traten zu ihm und sprachen: Deute uns dieses Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker!
Dieses Gleichnis: Welche, weil sie zuvor erklärt wurden, wir hier nicht wiederholen wollen, sondern nur die Worte des Textes hier setzen. Wer weitere Erklärung möchte, findet sie oben in diesem Kapitel.
37. Er antwortete und sprach zu ihnen: Des Menschen Sohn ist es, der da guten Samen säet.
38. Der Acker ist die Welt. Der gute Same sind die Kinder des Reichs. Das Unkraut sind die Kinder der Bosheit.
39. Der Feind, der sie sät, ist der Teufel. Die Ernte ist das Ende der Welt. Die Schnitter sind die Engel.
40. Gleichwie man nun das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird es auch am Ende dieser Welt gehen.
41. Des Menschen Sohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alle Ärgernisse und die da Unrecht tun,
42. und werden sie in den Feuerofen werfen; da werden sein Heulen und Zähneklappern.
43. Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich. Wer Ohren hat zu hören, der höre {Dan 12v3 Mt 2v15}!
Der höre: Und wer es fassen kann, der fasse es. Denn etliche Zuhörer sind durch ihre eigene Schuld ganz unverständig, dass sie in der Erklärung himmlischer Sachen so ungeschickt sind, als ein Esel zum Instrument spielen, weil alle ihre Gedanken nur auf den zeitlichen Handel gerichtet sind.
44. Abermal ist gleich das Himmelreich einem verborgenen Schatz im Acker, welchen ein Mensch fand und verbarg ihn und ging hin vor Freuden über den selbigen und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.
Abermal: Also, die Apostel hatten ihre Häuser verlassen und sich mit Christus in Gefahr begeben, hätte mancher meinen mögen, sie wären nicht schlau. Darum lehrt Christus, sein Evangelium ist ein solcher gewaltiger und köstlicher Schatz, um dessen Willen wir alle zeitlichen Güter gering achten sollen, nur dass wir den erlangen und behalten mögen. Darum tun diese recht klug, welche das Evangelium allen anderen Sachen vorziehen.
Schatz: (Nach Luther) Der verborgene Schatz ist das Evangelium, das uns Gnade und Gerechtigkeit gibt, ohne unseren Verdienst. Darum wenn man es findet, macht es Freude, das ist, ein gutes fröhliches Gewissen, welches man mit keinem Werk zustande bringen kann. Das Evangelium ist auch die Perle.
Verbarg ihn: Dass er sich es nicht anmerken ließ, wie er einen solchen Schatz im Acker gefunden hätte.
Was er hatte: Denn wenn jemand das Evangelium vom Reich Christi hört und versteht, was für ein vortrefflicher Schatz darin verborgen liege, der bekommt ein solches Verlangen danach, dass er viel eher alles, was ihm sonst in dieser Welt lieb gewesen, begehrt zu verlieren, als diesen himmlischen Reichtum, den er im Evangelium findet. Denn das Evangelium bringt und bietet uns an, Vergebung aller unserer Sünden und das ewige Leben. Wenn sich einer nun nichts lieber wünschen soll, als dass er diesen Schatz haben möge, so wird ihm doch gesagt, dass er im Acker verborgen liegt. Wer will aber im Acker einen Schatz suchen und nicht viel mehr Erdklumpen? So scheint auch das Predigtamt des Evangeliums vor der Welt gering und nicht beachtet, und zu dem, was stolze aufgeblasene Leute und Irrgeister sind, keine himmlischen Schätze darin.
45. Abermal ist gleich das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte.
Perlen suchte: Es ist aber wohl zu verwundern und zu erbarmen, dass die Welt die Perlen und Edelsteine so hoch achtet, dass sie oft eine große Summe Geld dafür aufwendet, da doch solches alles den Menschen auch nicht vom zeitlichen, viel weniger vom ewigen Tode erretten oder befreien kann. Dabei das Evangelium Christi, welches, wenn es mit Glauben ergriffen wird, das ewige Leben bringt und in alle Ewigkeit glückselig macht, kaum um eine taube Nuss zu kaufen begehrt. Oh, der großen Torheit oder vielmehr Unsinnigkeit.
46. Und da er eine köstliche Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte die selbige.
47. Abermal ist gleich das Himmelreich einem Netz, das ins Meer geworfen ist, damit man allerlei Gattung fängt.
Netz: So ist es mit dem Evangelium, wenn es gepredigt wird, wie man das Himmelreich bekommen soll, beschaffen, wie mit einem Fischfang. Und lehrt dieses folgende Gleichnis eben das Gleiche, wie das vorige vom Unkraut, dass nämlich in der Kirche Gottes, darin das Evangelium gepredigt wird, nicht nur gute, sondern auch böse und Maulchristen gefunden werden.
48. Wenn es aber voll ist, so ziehen sie es heraus an das Ufer, sitzen und lesen die guten in ein Gefäß zusammen; aber die faulen werfen sie weg.
Sie weg: Gleichermaßen werden durch die Predigt des Evangeliums in der äußerlichen Gemeinschaft der Kirchen versammelt Gute und Böse. Denn etliche nehmen das Evangelium Christi mit reinem Herzen an und befleißigen sich, ein Leben zu führen, das dem Evangelium angemessen ist. Andere suchen unter dem Schein der evangelischen Lehre die Freiheit des Fleisches oder andere Dinge, das sich nicht gebührt. Diese sind entweder dem Evangelium öffentlich eine Schande, oder führen ein heuchlerisches Leben, dass man sie in dieser Welt von den Frommen nicht unterscheiden kann. Aber am Jüngsten Tage wird endlich eine vollkommene Absonderung der Frommen von den Bösen geschehen, davon Christus in den folgenden Worten handelt.
49. Also wird es auch am Ende der Welt gehen. Die Engel werden ausgehen und die Bösen von den Gerechten scheiden
50. und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein.
Feuerofen: Nämlich, in das höllische Feuer, da die verdammten Menschen ewige Pein leiden werden, welche das Evangelium Christi nicht wahrhaftig und mit Ernst angenommen haben. Darum mögen die Heuchler achthaben, dass sie beizeiten Buße tun, damit sie nicht mit den bösen Fischen in die ewige Pein geworfen werden. Die Frommen aber sollen sich nicht daran ärgern, wenn immer wieder in der Kirche etliche Heuchelei und Bosheit entdeckt wird. Denn das evangelische Netz zieht nicht nur gute, sondern auch böse Fische an sich.
51. Und Jesus sprach zu ihnen: Habt ihr das alles verstanden? Sie sprachen: Ja, Herr.
52. Da sprach er: Darum, ein jeglicher Schriftgelehrter, zum Himmelreich gelehrt, ist gleich einem Hausvater, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt.
Schriftgelehrter: Der mit der Heiligen Schrift umgeht, dass er andere lehre und darin unterrichte.
Zum Himmelreich gelehrt: (Nach Luther) Ist, das Himmelreich fördern, andere lehren, und zum Himmel bringen.
Neues: (Nach Luther) das Evangelium.
Altes: (Nach Luther) das Gesetz.
Hervorholt: Denn es muss der, welcher andere lehren will, wie sie das Himmelreich erlangen sollen, in der himmlischen Lehre gut unterrichtet sein, dass er nach Gelegenheit der Personen, Zeit, und Ort, auch nach der Sache Beschaffenheit, die heilsame Lehre nützlich vorbringen kann. Gleichwie ein reicher Hausvater nicht nur für ein Jahr Vorrat hat, sondern bald Altes bald Neues hervorbringt, nachdem es die Not und der Nutzen fordert. Denn der wird andere schlecht lehren, welcher selber nichts weiß, und soll niemand sich vornehmen, wenn er die Bibel einmal durchgelesen, in ein theologisches Buch gesehen, vor dem einfältigen Volk eine Predigt tun kann, dass er darum ein vollkommener Kirchenlehrer sei. Denn es können sich viele Fälle zutragen, da man mehr Kunst und Witz brauchen muss, damit die verwirrten Gewissen recht unterrichtet werden. Darum soll ein Kirchendiener immer weiterlernen, damit er das, was zuvor besteht, noch besser verstehen lernen und den Zuhörern deutlicher vorhalten könne. Und weil Paulus den Timotheus gebietet, dass er soll mit Lesen anhalten {1Tim 4}, der doch in geistlichen Sachen eine gute Erkenntnis gehabt und von Jugend an auch in der Heiligen Schrift unterrichtet wurde {2Tim 3}. Wie viel mehr sollen die im Studieren fleißig sein, welche dem Timotheus bei Weitem nicht gleichen mögen? Die faulen Mietlinge aber, welche nur danach trachten, wie sie mögen ihre Besoldung einnehmen und ihrer Obrigkeit vor den Augen dienen, werden Christus, dem obersten Hirten, einmal schwere Rechenschaft geben müssen.
Davon: Dass er auch an anderen Orten predigte, durch seine Wunderwerke bekannt würde, und vielen helfe. Denn wir sollen Fleiß daranlegen, dass wir die Zeit, welche uns Gott der Herr in dieser Welt gönnt, zur Ausbreitung seiner Ehre und Beförderung des nächsten Wohlfahrt gut anlegen.
54. und kam in sein Vaterland und lehrte sie in ihren Schulen, also auch, dass sie sich entsetzten und sprachen: Woher kommt diesem solche Weisheit und Taten?
Vaterland: Nämlich nach Nazareth, wo er erzogen wurde.
Schulen: Das beschreibt auch Markus im 6. Kapitel. Denn der Mann, so viel wie möglich um alle Menschen sich wohl verdienen soll, wie viel mehr soll man seinem Vaterlande Gutes erzeigen und sich befleißigen?
Entsetzten: Die seine Landsleute waren, denen es seltsam vorkam, dass er so gewaltig predigte und solche herrlichen Wunderwerke tat.
Weisheit: Wo hat er wohl so gut studiert, dass er so gelehrt geworden ist?
55. Ist er nicht eines Zimmermanns Sohn? Heißt nicht seine Mutter Maria und seine Brüder Jakob und Joses und Simon und Judas?
Zimmermanns Sohn: Ein ungelehrter Laie, der unseres Wissens nie studiert hat, woher hat er denn solche Kunst und große Kraft herbekommen, dass er auch Wunder tun kann?
Brüder: Das heißt: Blutsverwandte, welche nach Gewohnheit der hebräischen Sprache Brüder genannt werden.
56. Und seine Schwestern, sind sie nicht alle bei uns? Woher kommt ihm denn das alles?
Bei uns: Also, dass uns sein ganzes Geschlecht sehr gut bekannt ist.
57. Und ärgerten sich an ihm. Jesus aber sprach zu ihnen: Ein Prophet gilt nirgend weniger denn in seinem Vaterlande und in seinem Hause {Mk 6v4 Lk 4v24 Joh 4v44}.
Ärgerten sich: Denn ob sie wohl in Christus eine ungewöhnliche Erfahrenheit in der Heiligen Schrift spürten und seine herrlichen Wunderwerke vor Augen sahen, so hielten sie ihn dennoch für keinen Propheten, viel weniger für den Messias, nur der Ursache wegen, dass sie ihn von Jugend auf gekannt und wussten, wie seine Verwandten in einem ganz schlechten geringen Stand waren, der vor der Welt kein Ansehen hatte. Aber man soll die Lehre des göttlichen Wortes nicht nach dem Geschlecht und der Herkunft, sondern nach den Gaben, die ihnen Gott verliehen hat, ansehen und schätzen.
Weniger: Das heißt: Vortreffliche Leute, besonders aber die Lehrer der Kirche, sind nirgends weniger und geringer geachtet, als in ihrem Vaterlande und bei den ihren. Denn die Landsleute versündigen sich oft an vortrefflichen Leuten durch Torheit und Neid oder Missgunst. Mit Torheit zwar, dass sie meinen, es habe einer nicht weitergelernt von der Zeit an, da er in seiner Kindheit bei ihnen gewesen ist. Mit Neid aber, weil sie sich besorgen, wenn jemand unter ihnen hervorkommt, dass sie desto weniger gelten werden, da sie doch viel mehr so sollten gesinnt sein, dass sie sich freuten, wenn fromme Leute aus ihrem Ort entstünden und es hielten, dass solche Personen dem ganzen Vaterlande eine Ehre und Zierde wären. Denn wenn ein Glied wird herrlich gehalten, so sollen sich alle anderen Glieder mitfreuen {1Kor 12}.
58. Und er tat da nicht viel Zeichen um ihres Unglaubens willen.
Unglaubens willen: Der Unglaube stand ihm im Wege und verhinderte, dass er ihnen wenig Guttaten mit Wunderwerken zeigen konnte. Denn obwohl Christus nach seiner unendlichen Allmacht hätte tun können, was er gewollt, wie er auch heutigentags noch kann. Jedoch verhindern es die ungläubigen Leute, dass er seine Guttaten nicht reichlich genug über sie ausschütten kann. Denn der Glaube ist gleich das Gesetz oder das Geschirr, damit man die göttlichen Gaben empfängt, je größer nun das Geschirr, nämlich, der Glaube ist, je mehr Guttaten empfängt man von Gott nach dem Spruch Christi, welchen er oft wiederholt: Dir geschehe, wie Du glaubst: Und, dein Glaube hat dir geholfen.
Das 14. Kapitel
- Der Tod von Johannes dem Täufer wird beschrieben. Christus sättigt mit fünf Broten und zwei Fischen 5000 Menschen, also, dass noch zwölf Körbe mit Brocken übergeblieben sind. Danach kommt er um die vierte Nachtwache mit seinen Jüngern in große Not auf dem Meer. Sie halten ihn für ein Gespenst. Petrus aber begibt sich auf das Wasser, will Christus entgegengehen und versinkt. Aus dem Wunderwerk von dem gestellten Unwetter werden die Jünger in der Erkenntnis Christi gestärkt. Im Lande Genezareth werden viele Kranke und Besessene, die man zu Christus bringt, von ihm gesund gemacht.
1. Zu der Zeit kam das Gerücht von Jesu vor den Vierfürsten Herodes.
Zu: Der Evangelist Matthäus erzählt jetzt die Geschichte von Johannes dem Täufer, welchen Herodes hatte zu sich bringen lassen, wie dies auch Markus im 6. Kapitel, und Lukas im 9. Kapitel beschreiben.
Vierfürsten: Denn es war das Königreich Juda nach dem Tode des großen Herodes in vier Fürstentümer zerteilt worden, deren eines dieser Herodes besaß, dieser nun, da er hörte, dass Jesus viel und große Wunderwerke tat, und ihm das Volk zulief, machte er sich Gedanken, dieser Jesus dürfte wohl eben der Johannes sein, welchen er enthaupten lassen hat, und sei von Gott wieder lebendig gemacht worden. Darum hat er angefangen, sich zu fürchten, er möchte das Volk an sich hängen, ihn überfallen, und sich an ihm rächen wollen.
Vierfürsten: (Nach Luther) Juda war in vier Herrschaften geteilt. Darum nannte man die Herren Vierfürsten.
2. Und er (Herodes: sprach (aus Furcht: Zu seinen Knechten: Dieser ist Johannes der Täufer; er ist von den Toten auferstanden, darum tut er solche Taten.
Taten: Die Gott durch ihn geschehen lässt, damit er dem Volk bekannt werde, wie er ein Prophet sei von Gott gesandt, den Zustand in der Kirche und in dem Regiment zu verbessern. Darum wehe mir, dass ich einen solchen Mann so schrecklich erwürgen und hinrichten ließ. Da sieht man, was für eine grausame Marter ein böses Gewissen macht. Darum sollen wir uns mit allem Fleiß hüten, dass wir nicht gegen das Gewissen sündigen. Ist aber unser Gewissen verwundet worden, so sollen wir bald Buße tun und an Christus den Erlöser glauben, so werden wir, nachdem wir durch den Glauben gerechtfertigt wurden, Friede mit Gott haben {Röm 5}. Wenn denn das Gewissen wiederum geheilt ist, so sollen wir mit Fleiß anfangen, dass wir es nicht von Neuem wiederum verwunden. Weil aber Gott zu Zeiten, nachdem die Sünde bereits vergeben und der Sünder zu Gnaden aufgenommen wurde, dennoch zeitliche Strafen zu schicken pflegt, sollen wir diese mit Geduld demütig aufnehmen, so wird sie Gott mildern, oder auch ganz und gar wiederum wegnehmen. Aber Herodes hat nicht Buße getan, sondern begehrte, Christus auch zu erwürgen, von dem er glaubte, dass es Johannes der Täufer war, so vom Tode auferstanden. Indem er nun durch ungebührliche Mittel sein Reich zu erhalten sich bemühte, hat er es verloren. Denn er wurde mit der Ehebrecherin Herodias in die Verbannung verwiesen, wie Josephus es beschreibt in seinem 18. Buch von alten Geschichten (Kapitel 9,10 und 14). Denn was die Gottlosen fürchten, das wird ihnen begegnen. Und was wir durch ungebührliche Mittel begehren zu erhalten, das wird uns aus dem gerechten Urteil Gottes entzogen, darum sollen wir in allen Dingen der Gottseligkeit nachstreben.
3. Denn Herodes hatte Johannes gegriffen, gebunden und in das Gefängnis gelegt von wegen der Herodias, seines Bruders Philippus Weib.
Denn: Der Evangelist erzählt die Ursache, warum Herodes aus bösem Gewissen sich gefürchtet habe.
Weib: Welche Herodes seinem Bruder entführt hatte, und mit ihr zusammen wohnte. Diese Herodias hasste Johannes sehr, darum auch Herodes Johannes in Ungnade warf.
4. Denn Johannes hatte zu ihm gesagt: Es ist nicht recht, dass du sie hast.
Hast: Zum Weibe. Und obwohl im Gesetz Mose geordnet war, dass, wenn ein Israeliter ohne Kinder stirbt, sollte dann der Verstorbenen Bruder die hinterlassene Witwe ehelichen und des Verstorbenen Samen und Namen erhalten. So hatte doch dieses Gesetz in diesem Fall nicht stattgefunden, weil Herodes seines Bruders Tod nicht erwartet, sondern noch zu Lebzeiten ihm sein Weib entführte, also zugleich einen Raub und Ehebruch begangen, welches beides den Gesetzen und der Ehrbarkeit zuwider war. Es überreden sich aber etliche hohe Personen selber falsch, dass ihnen alles zugelassen sei, und freistehe, gerade als ob sie nicht einen Herrn im Himmel hätten, dem sie einmal über alles Rechenschaft geben müssen.
5. Und er (Herodes: hätte ihn gerne getötet, fürchtete sich aber vor dem Volk; denn sie hielten ihn für einen Propheten.
Getötet: Der ehebrecherische Herodias zu Gefallen. Denn die Wahrheit wird angefeindet und verfolgt. Darum sollen die Kirchendiener ihr Amt treu und recht verrichten, nicht allein mit Trösten, sondern auch mit Schimpfen und Strafen, und durch keine Feindschaft oder Gefahr sich abschrecken lassen, weil sie Gott zum Schützer und Vergelter haben, der ihnen alles reichlich belohnen wird.
Volk: Dass es nicht etwa einen Aufstand gegen ihn gebe.
Propheten: Der von Gott gesandt wurde, darum er in großem Ansehen bei ihnen war.
6. Da aber Herodes seinen Jahrestag beging, da tanzte die Tochter der Herodias vor ihnen. Das gefiel Herodes wohl.
Da: Obwohl Herodes sich eine Zeit lang scheute, dass er Johannes nicht durfte umbringen, um des Volkes willen, so fand doch die Herodias, als eine gottlose Teufelsbestie, Gelegenheit, dadurch sie es schaffte, dass Johannes getötet wurde.
Jahrestag: Dass er ein stattliches Bankett hielt, und alle seine vornehmsten Hofdiener zu Gast geladen hatte.
Vor ihnen: Den Räten und Offizieren des Hofes, so bei ihm an der Tafel saßen.
Herodes: Der ohne Zweifel vom Wein erhitzt war. Denn die betrunkenen Leute verwundern sich oft über ein Ding und loben es, welches sie sonst scheuen und beschimpfen, wenn sie nüchtern sind. Denn es ist ja ein übler Zustand gewesen, dass eine Königstochter vor der Tafel in Gegenwart vieler Leute tanzte wie eine Gauklerin. Die Tänze aber, welche können geduldet werden, sollen ehrlich, züchtig und zu rechter Zeit geschehen, damit nicht aus einem ehrlichen Vergnügen, ein unzüchtiges Hurenleben werde.
7. Darum verhieß er ihr mit einem Eide, er wollte ihr geben, was sie fordern würde.
Fordern würde: Markus setzte hinzu: Die Hälfte seines Königreiches. So geht es also bei Hofe zu, dass die, welche mit den meisten Gütern begabt werden, die es am wenigsten verdient haben und die, welche treu dienen, daneben aus der acht gelassen werden. Daraus sind viele Sprichwörter gekommen, dass man sagt: Der großen Herren Gut ist nicht derer, die es verdienen, sondern denen es das Glück gönnt. Und: Die Pferde, die den Hafer bauen, essen ihn nicht.
8. Und als sie zuvor von ihrer Mutter zugerichtet war, sprach sie: Gib mir her auf einer Schüssel das Haupt Johannes des Täufers!
Und: Jetzt folgt, was das närrische Mädchen gebeten hat, nachdem sie eine solche stattliche Verheißung empfangen hatte.
Mutter: Der Herodias, welche nach des Mädchens Rat gefragt hatte. Denn die ehelose Hure diese Gelegenheit ergriff, damit sie Johannes loswurde, auf das Herodes nicht einmal durch des Johannes treuherzige Erinnerungen sich eines Besseren bedächte, und sie wiederum verstieße. Zu wünschen wäre es, dass die Kinder des Lichtes auch jede Gelegenheit Gutes zu tun wahrnehmen, wie die Kinder dieser Welt jede Gelegenheit sehen, wie sie Schaden tun können. Es hätte aber das Mädchen wohl können etwas Ehrliches begehren, und das ihr am meisten genutzt hätte. Aber der Teufel hat sie durch Zutun der Mutter Herodias dermaßen geblendet, dass sie fordert, was vielen schädlich war und ihr nichts genutzt hat. Also werden viele Menschen vom Teufel betört, dass sie eine Lust dazu haben, davor die Natur sonst eine Abscheu hat. Denn wo würde man sonst so bald ein Mädchen finden, dass eine Lust hat einen Kopf zu sehen welchem einem Menschen abgehauen, und herumgetragen wird, und nicht vielmehr davor heftig erschreckt, als sich dazu freuen?
9. Und der König wurde traurig; doch um des Eides willen und derer, die mit ihm zu Tische saßen, befahl er es ihr zu geben(Den Kopf Johannes in einer Schüssel).
Wurde traurig: Über diese unverhoffte Bitte. Denn obwohl ihm die freien Strafpredigten des Johannes zuwider waren und ihn ärgerten, so betrübte es ihn doch als eine schwere Sache, dass er ihn sollte umbringen lassen, denn er war ein ganz heiliger und unsträflichen Mann, den das Volk als einen Propheten Gottes hoch in Ehren hielt.
Eides willen: Der ihm unbedacht entfahren war.
Tische saßen: Vor welchen er nicht wollte als ein leichtfertiger und wankelmütige Mensch angesehen sein, weil er dazu es mit einem Eid versprochen hatte, den er zu leisten im Sinn hätte. Ohne Zweifel auch darum, damit er der Herodias einen Gefallen erzeigen wollte. Wir sollen uns aber hüten, dass wir nicht leichtfertig und unbedacht schwören. Wenn wir aber mit einem Eid, auch einem Feinde, etwas versprochen haben, dass wir mit gutem Gewissen leisten können, so sollen wir es halten, wenngleich es mit unserem großen Schaden geschieht. Aber solche Eide, denen man nicht ohne Sünde wider Gott nachkommen kann, sind allerdings aufzuheben und zu vernichten. Denn wer einem solchen Schwur nachkommt, der begeht eine zweifache Sünde. Erstlich, dass er übel schwört, und danach, dass er solchen gottlosen Eid hält.
10. Und schickte hin und enthauptete Johannes im Gefängnis.
Enthauptete: Durch einen Richter (wie Markus Kapitel 6 bezeugt). Dieses Beispiel lehrt, dass häufig auch fromme und heilige Leute dem Henker in die Hände kommen. Aber solch eine Sache vergilt ihm Gott mit ewiger Herrlichkeit. Und weil Johannes der Täufer als ein vortrefflicher Mann vor Gott aus der zeitlichen Gefahr nicht errettet wurde, so werden wir daran erinnert, dass wir nicht meinen sollen, Gott habe uns darum nicht lieb, weil er mit zeitlicher Hilfe uns nicht immer beispringt.
11. Und sein Haupt wurde hergetragen in einer Schüssel und dem Mädchen gegeben; und sie brachte es ihrer Mutter.
Hergetragen: So ist also der fröhliche Geburtstag des Herodes durch den Tod des unschuldigen und heiligen Mannes in Leid und Traurigkeit geändert worden. Denn ohne Zweifel waren etliche von den Gästen über diese böse Tat erschrocken, aber durften es sich nicht anmerken lassen. Also geschieht es oft, dass der Gottlosen herrliche und mit großer Pracht ausgestatteten Feiern einen schlechten Ausgang gewinnen.
12. Da kamen seine Jünger und nahmen seinen Leib und begruben ihn und kamen und verkündigten das Jesu.
Begruben ihn: Leisteten ihm also den letzten Dienst, weil sie anders ihr gutherziges Gemüt auf keine andere Weise ihm zeigen konnten. Wir sollen solchem Beispiel auch folgen, bei denen, welchen wir sonst nicht weiter dienen oder nützlich sein können, dass wir sie wenigsten ehrlich zu Erden bestatten.
Verkündigten: Des Herodes tyrannisch Tat und den traurigen und erbärmlichen Fall des heiligen Mannes, Johannes des Täufers. Denn wenn wir unseren Freunden unsere Not klagen, so ist es eine Erleichterung unseres Elendes.
13. Da das Jesus hörte, wich er von dort auf einem Schiff in eine Wüste allein. Und da das Volk das hörte, folgte es ihm nach zu Fuß aus den Städten.
Wich er: Nicht aus Furcht vor dem Tod, denn er hätte den Herodes mit dem Donner niederschlagen können. Aber er hat sich nicht gegen diesen Tyrannen mit Gewalt setzen wollen, anzuzeigen, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist. Und hat uns damit erinnert, dass wir der Gottlosen Wüterei sollen aus dem Wege gehen, so viel mit gutem Gewissen geschehen kann.
Hörte: Dass Christus wäre in die Wüste gegangen, nachdem sie fleißig danach fragten, wo er möchte hingegangen sein.
Ihm nach: Damit sie seine Predigten hörten und die Hilfe und Heilung der Krankheiten begehrten.
14. Und Jesus ging hervor und sah das große Volk; und es jammerte ihn derselben und heilte ihre Kranken.
Kranken: Die sie oft mit sich gebracht haben. Denn es jammert Christus wahrhaftig unser Elend, darum sollen wir Hilfe bei ihm suchen, so auch diese uns nötig ist, und werde uns gewisslich auf die Weise helfen, wie es uns am nützlichen ist.
15. Am Abend aber traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Dies ist eine Wüste, und die Nacht fällt daher; lass das Volk von dir, dass sie hin in die Märkte gehen und sich Speise kaufen.
Am: Die folgende Geschichte wird auch von den anderen drei Evangelisten beschrieben, Markus 6, Lukas 9 und Johannes 6.
Fällt daher: Weil der Tag schon fast vorüber war.
16. Aber Jesus sprach zu ihnen: Es ist nicht Not, dass sie hingehen; gebt ihr ihnen zu essen!
Nicht Not: Denn welche Christus folgen, das heißt, die sein Wort mit Ernst hören und lernen, und also zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen, die sind Gott angenehm. Denen will Christus auch die nötige Unterhaltung geben, und sie mit Nahrung versorgen {Mt 6}.
17. Sie sprachen: Wir haben hier nichts denn fünf Brote und zwei Fische.
Zwei Fische: Wer wollte aber mit einem solchen geringen Vorrat so viel Tausend Menschen speisen und sättigen? Denn die menschliche Vernunft zählt nach der Mathematik der Personen und überschlägt das Vermögen. Wenn sie aber sieht, dass es nicht aufgeht und der Personen mehr sind, als der Proviant reicht, so setzt sie ein Misstrauen in Gott, und denkt nicht so weit, dass Gott aus wenig unzählig machen kann.
18. Und er sprach: Bringt mir sie her!
Sie her: Die fünf Brote und zwei Fische. Denn Christus lässt sich an seiner Freigebigkeit und Guttätigkeit durch unsere Rechenkunst nicht hindern.
19. Und er hieß das Volk sich lagern auf das Gras und nahm die fünf Brote und die zwei Fische, sah auf gen Himmel und dankte und brach es und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk.
Lagern: Wie sie getan haben, die anderen Evangelisten dieses auch melden. Wir sollen Christus auch gehorchen und auf seinen Befehl uns zu Tisch setzen, welches geschieht, wenn wir die Werke unseres Berufes treu verrichten und ihm vertrauen. Er werde uns Nahrung verschaffen, obgleich wir kein oder ein geringes Einkommen vor Augen sehen.
Nahm: Stellte sich also so und machte sich dazu bereit, dass er diese Leute speisen wollte.
Dankte: Seinem himmlischen Vater, dass er solche Nahrung gegeben hätte. Obgleich sie dem äußerlichen Ansehen nach, gering war, bat er auch um den Segen und das Gedeihen zu solcher Nahrung. Denn wenn wir Gott dem Herrn für ein geringes Einkommen Lob und Dank sagen, so wird Gott durch unsere Dankbarkeit auch gelockt und verursacht, dass er mit seinem Segen solches, was wir vorhaben, mehrt, damit es für uns und die anderen genug ist.
20. Und sie aßen alle und wurden satt und hoben auf, was übrigblieb von Brocken, zwölf Körbe voll.
Hoben auf: Nämlich, die Apostel auf den Befehl Christi.
Übrigblieb: Von den fünf Broten und zwei Fischen. Denn die Brocken, die uns überbleiben, sollen nicht verschwendet, sondern auch behalten werden, dass sie uns und unseren Nächsten zur anderen Zeit können zu Nutzen kommen. Darum sündigen die schrecklich, welche ihr Gut vertun, weil sie meinen, dass sie viel zu verzehren haben.
21. Die aber gegessen hatten, waren bei fünftausend Mann ohne Weiber und Kinder.
Fünftausend: Dieses ist ein ganz herrliches großes Wunderwerk Christi gewesen, dass er so viele Leute mit fünf Broten und zwei Fischen nicht nur gesättigt, sondern auch viel mehr über gelassen wurde, als zuerst, ehe man angefangen hatte zu essen und vorhanden war. Und bestätigt dies Wunderwerk, wie auch die anderen alle, die Lehre Christi, dass er der Welt Heiland und der wahre Messias ist. Dieses soll auch unseren ängstlichen Sorgen helfen, damit wir uns um die tägliche Nahrung martern und plagen pflegen, denn es lehrt, dass Gott uns wohl mit wenigem als mit vielem unterhalten kann. Dass aber der himmlische Vater nicht allein will, sondern auch uns ernähren und kleiden kann, beweist Christus an einem anderen Ort ausführlich {Mt 6}.
22. Und alsbald trieb Jesus seine Jünger, dass sie in das Schiff traten und vor ihm herüberfuhren, bis er das Volk von sich ließe {Mk 6v45}.
Ließe: Denn er wusste, wie das Volk mit dem Gedanken umging, dass sie ihn zum König erwählen möchten. Damit nun seiner Jünger Volk nicht auch auf solche Meinung gebracht und gezogen würde und sie als Anfänger oder Mithelfer und Beförderer eines Aufruhrs möchten angesehen werden, ließ er sie voranziehen, und mit dem Schiff über das Wasser fahren. Er aber hat gesehen, wie er vom Volk abkommen konnte, und ist auf einem Berg allein geflohen, damit er nicht zum König von ihnen erklärt würde {Joh 6}. Denn weil Christi Reich nicht von dieser Welt ist, sollen wir uns mit allem Fleiß hüten, dass wir oder die Unseren keine Ursache zum Aufruhr geben oder helfen, damit dem Evangelium Christi übel nachgeredet werde.
23. Und da er das Volk von sich gelassen hatte, stieg er auf einen Berg alleine, dass er betete. Und am Abend war er dort alleine.
Betete: Zu seinem himmlischen Vater, dass er gnädig verhüten wollte, damit solch unbedachtes Vornehmen des Volkes nicht etwa aufkämme und der Obrigkeit vorgebracht würde, welche dieses sonst zum Anlass nehmen würde, das Volk um solcher seiner Tat willen zu strafen. Denn wenn eine Gefahr uns oder den Unseren von den Verleumdern zu besorgen ist, so soll man Gott emsig und fleißig anrufen, dass er das Vorhaben unserer Verleumder verhindere.
24. Und das Schiff war schon mitten, auf dem Meer und litt Not von den Wellen; denn der Wind war ihnen wider.
Litt Not: Davon melden auch die Evangelisten Markus und Johannes, beide im 6. Kapitel. Denn welche Christus glauben und gehorchen, die geraten manchmal eine Zeit lang in große Gefahr, damit ihr Glaube und Gehorsam bewährt werde.
25. Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer.
Vierten Nachtwache: Das ist kurz vor Tagesanbruch.
Nach Luther: Denn die Nachtwache teilte man damals in 4 Wachen von je 3 Standen.
Ging auf dem Meer: Nicht anders als auf dem trockenen Land. Wir sollen die Majestät des Menschen Christi betrachten, dass man seine Gewalt nicht nach anderer Menschen Tun messen darf.
26. Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und sprachen: Es ist ein Gespenst! und schrien vor Furcht.
Erschraken sie: Wie über eine neue ungewöhnliche Sache, was sie von Christus nie gesehen hatten.
Gespenst: Man hat auch zu diesen Zeiten Gespenster gesehen. Es sind aber die Gespenster, welche zu Unzeiten erscheinen, nicht der Menschen Seelen, sondern der bösen Geister Phantasien. Solche lässt Gott manchmal erscheinen, auf dass er die ruchlosen Weltkinder überzeuge, es sind Teufel, mit welchen die Gottlosen nach diesem Leben in alle Ewigkeit werden gequält und gepeinigt werden.
27. Und alsbald redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin es; fürchtet euch nicht!
Redete: Als er den Schrecken der Jünger und ihre falsche Meinung gespürt hatte.
Ich bin’s: Euer Meister und Erhalter, und kein Gespenst.
Euch nicht: Denn es wird euch kein Leid widerfahren. Welche Christus in ihrem Beruf in eine Gefahr bringt, die führt er auch heraus.
28. Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so heiß mich zu dir kommen auf dem Wasser.
Kommen: Das macht Petrus hier in diesem Fall sehr gut, dass er sich nicht auf das Wasser begeben will und in Gefahr, es sei denn, es werde ihm befohlen. Denn man soll sich nicht außerhalb seines ordentlichen Berufes mutwillig in Gefahr begeben.
29. Und er sprach: Komm her! Und Petrus trat aus dem Schiff und ging auf dem Wasser, dass er zu Jesu käme.
Ging: Nämlich nicht aus eigener, sondern fremder und Christi Kraft.
30. Er sah aber einen starken Wind. Da erschrak er und hob an zu sinken, schrie und sprach: Herr, hilf mir!
Erschrak er: Und hatte Angst, dass ihn der Wind umstieße und er zugrunde ginge.
Hilf mir: Damit ich nicht untergehe. Hier sieht man in Petrus einen starken Glauben, als er auf dem Meer geht, und wiederum einen schwachen, da er anfängt zu sinken. Weil denn die Schwachheit unseres Fleisches so groß ist, sollen wir Gott oft bitten, und anrufen, dass er unseren Glauben in uns mehren möchte.
31. Jesus aber reckte bald die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: O du Kleingläubiger, warum zweifeltest du?
Zweifelst Du: Ob ich Dich auch erhalten würde? Denn wenn wir an der Hilfe Gottes zweifeln, so geraten wir in Unglück. Darum sollen wir uns an seinen Verheißungen festhalten und nicht wanken.
32. Und sie traten in das Schiff, und der Wind legte sich.
Legte sich: Also auch, wenn man Christus im Gewissen mit Glauben annimmt, so wird es ruhig.
33. Die aber im Schiff waren, kamen und fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrlich Gottes Sohn.
Gottes Sohn: Nämlich, sein eingeborener Sohn, wahrer Gott, und der Welt Heiland. Denn ob sie wohl Christus vorher auch erkannt hatten, so sind sie durch dieses Wunderwerk in ihrem Glauben noch mehr gestärkt worden und haben in der Erkenntnis Christi zugenommen. Also nimmt auch heutigentags der Glaube in uns zu, wenn wir aus einer Gefahr errettet werden, dass wir Gottes Güte und Allmacht je länger je mehr daraus lernen erkennen.
34. Und sie schifften hinüber und kämen in das Land Genezareth.
35. Und da die Leute am selbigen Ort sein gewahr wurden, schickten sie aus in das ganze Land umher und brachten allerlei Ungesunde zu ihm.
36. und baten ihn, dass sie nur seines Kleides Saum anrührten. Und alle, die da anrührten, wurden gesund {Mt 9v21 Mk 3v10 Lk 6v19}.
Anrührten: Damit sie ihre Gesundheit wiederbekommen möchten. Dies beschreibt auch Markus im 6. Kapitel. Es hat aber das Anrühren der Kleider den Kranken ihre Gesundheit gebracht, solange Christus Wunderwerke tun wollte, gleichwie die eherne Schlange diejenigen erhalten hat, welche von den Schlangen gebissen wurden, solange solche Ordnung Gottes dauert. Dass aber der heiligen Gebeine und Kleider auch nach ihrem Tode nützlich sein sollen, die Krankheiten vertreiben, davon hat man weder Befehl noch Verheißung von Gott, darum ist es ein Aberglaube. Dass auch alle Wunderwerke Christi den Menschen nicht schädlich, sondern nützlich und lauter Guttaten waren. Er hat eben damit andeuten wollen, er sei ein Heiland aller derer, die auf ihn trauen.
Das 15. Kapitel
- Christus schimpft mit den Pharisäern, dass sie ihre Satzungen, die sie aus eigener Willkür erdacht, höher achteten als die ausdrücklichen Gebote Gottes und zeigt an, dass die Speise, in ihrem rechten Brauch, den Menschen nicht verunreinigen, sondern die bösen Gedanken, Reden und Taten. Er rettet eines kananäischen Weibes Tochter aus des Teufels Gewalt. Heilt eine große Menge kranker Leute, die mit schweren Krankheiten oder Gebrechen des Leibes behaftet waren. Speist mit sieben Broten und ein paar Fische viertausend Mann, dass sie sieben Körbe mit Brocken überbehalten.
1. Da kamen zu ihm die Schriftgelehrten und Pharisäer von Jerusalem und sprachen:
Da: In dem ersten Teil dieses Kapitels wird erklärt, was man von Menschensatzungen halten soll. Davon heutigen Tages unter uns und den Katholiken ein großer Streit ist. Es beschreibt aber solchen Handel auch Markus im 7. Kapitel.
Von Jerusalem: Was für Heuchler, weil sie den Tempel Gottes in ihrer Stadt gegenwärtig bei sich hatten, sich viel heiliger und andächtiger dachten, als die anderen.
2. Warum übertreten deine Jünger der Ältesten Aufsätze? Sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen.
Aufsätze: Denn unsere Ureltern (wollen die Pharisäer sagen) haben aus einem gottseligen Bedenken geschlossen, dass die Israeliten ihre Hände mit Fleiß waschen sollen, wenn sie von irgend einem weltlichen Geschäft kommen, Speise zu sich nehmen, damit nicht, da sie aus Unwissenheit etwas Unreines angerührt hätten, auch die Speise verunreinigt werde und sich selbst vor Gott auch verunreinigen. Diese nützliche Satzung verachten deine Jünger und geben damit zu verstehen, dass sie Verächter der Religion und der Kirche sind. Wenn Du nun ein Prophet wärest, solltest Du ihnen solche Freiheit nicht gestatten. Es hatte aber Gott im Gesetz Mose geboten, wenn jemand etwas Unreines angerührt hatte, dass Gott der Herr nach den levitischen Satzungen für unrein erkannt, so sollte er sich mit Wasser waschen und unrein geachtet werden bis an den Abend (3. und 2. Buch Mose). Und war diese Satzung nicht nötig, man wüsste denn gewiss, dass einer etwas Unreines angerührt hätte. Aber die pharisäische Satzung bestand auch auf solches Waschen, wenn sich der Mensch nichts bewusst war, dass er etwas Unreines angerührt hätte. Gerade, als wenn die Heuchler das ganze Gesetz leicht hätten erfüllen können, dass sie auch Platz und Raum genug hätten, andere Menschensatzungen zu halten. Denn die Heuchler sind an dem Gesetz Gottes nicht vergnügt, sondern erdenken sich immer neue Satzungen, mit denen sie der Menschen Gewissen belasten und so hart spannen, dass sie keinen Finger mehr rühren können, sie müssten sich an irgendeiner dieser Satzungen vergreifen. Man redet aber hier nicht davon, dass man etliche Satzungen um gute Ordnung willen stellt, daran man die Gewissen nicht verbindet, und die ihren Nutzen in der Kirche haben.
3. Er antwortete und sprach zu ihnen: Warum übertretet denn ihr Gottes Gebot um eurer Aufsätze willen?
Aufsätze willen: Seid ihr nicht ganz unverschämte Leute, dass ihr meine Jünger anklagt, um der Übertretung einer Menschensatzung, welche doch kein Wort Gottes hat? Wo aber kein Gesetz ist, da ist auch keine Übertretung des Gesetzes. Daneben aber achtet ihr nicht, oder wollt es nicht achten, dass ihr um eurer Aufsätze willen euch an dem ausdrücklichen Gebot Gottes vergreift. Daran sieht man, dass ihr die Menschensatzungen den Geboten Gottes weit vorzieht. Was ist aber das für ein ungereimter und gottloser Handel?
4. Gott hat geboten: Du sollst Vater und Mutter ehren; wer aber Vater und Mutter flucht, der soll des Todes sterben {5Mos 16 Eph 6v2 3Mos 20v9 Spr 20v20}.
Geboten: Denn ich will es mit einem Beispiel beweisen, was ich von euch geredet habe, dass es wahr sei, und ihr selber nicht leugnen könnt.
Todes sterben: Das sind Gottes ausdrückliche und ernste Gebote {2Mos 20 21}, denn er hat die Ehre der Eltern so hochgestellt, dass er eine ernste Strafe daraufsetzt, damit der Eltern Ansehen geschützt und erhalten würde.
5. Aber ihr lehrt: Wer zum Vater oder zur Mutter spricht: Wenn ich es opfere, so ist es dir viel nützer, der tut wohl.
Viel nützer: (Nach Luther) Das heißt, Gott wird dir dafür viel bescheren.
Viel nützer: Du wirst einen viel größeren Nutzen davon haben, wenn ich die Güter, welche ich dir als meinem Vater oder Mutter könnte, Gott opfere, als wenn ich sie dir selber gebe. Denn es hielten die Juden so und waren dessen von den Pharisäern überredet, wenn die Kinder ihre Güter zum Gottesdienst geweiht hätten, stünde es ihnen nicht mehr frei, dass sie von solchen Gütern ihren Eltern dürften behilflich sein, wenn sie auch gleich großer Armut litten.
6. Damit geschieht es, dass niemand künftig seinen Vater oder seine Mutter ehrt; und habt also Gottes Gebot aufgehoben um eurer Aufsätze willen.
Ehrt: Der eure närrischen Satzungen halten will. Es wird aber im Papsttum nicht mit gleichem Ernst darauf geachtet, das, was die Eltern oder Kinder einmal zum Gottesdienst versprochen haben, das kann nicht auf andere Weise oder Nutzen verwendet werden, wenngleich es auch die Liebe gegen Eltern erforderte? Darum sind die Katholiken auch so grobe Heuchler wie die Pharisäer. Auch hat man hier in Acht zu nehmen, dass Christus durch die Eltern nicht deren Gehorsam und die äußerliche Ehrerbietung verstehe, sondern auch die Nahrung, welche man den Eltern schuldig ist.
Aufsätze willen: Denn wer diese alle halten will, der muss von Not wegen die Gebote Gottes übertreten. Besonders es also mit dem Gottesdienst beschaffen ist, dass je mehr man im Aberglauben auf die Menschensatzungen hält, dadurch weniger die Gebote Gottes erfüllt werden. Und findet man heute im Papsttum viele, welche es für eine große Sünde halten, wenn man am Freitag Fleisch isst, aber dagegen das ganze Jahr hindurch Hurerei treibt, dazu sich keines Zornes oder Strafe Gottes dabei fürchtet.
7. Ihr Heuchler, es hat wohl Jesaja von euch geweissagt und gesprochen:
Gesprochen: Kapitel 29. Da er in der Person des allmächtigen Gottes von den gleichen Heuchlern, wie ihr es seid, redet.
8. Dies Volk naht sich zu mir mit seinem Munde und ehrt mich mit seinen Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir.
Von mir: Denn die Heuchler führen Gottes Namen immer im Munde, und bemühen sich mit viel Beten Gott zu loben. Aber im Herzen haben sie weder Liebe noch Gottesfurcht. Sie gehen aber meistens mit solchen Gottesdiensten um, die entweder von ihnen selbst, oder von anderen abergläubischen Leuten erdacht wurden. Aber wie Gott die Heuchler hasst, also sind ihm die Menschensatzungen, wenngleich sie noch so fest gehalten werden, nicht angenehm, besonders wenn der Wahn eines verdienstlichen Werkes dazu kommt. So hat er einen Gräuel daran und verflucht sie in den Abgrund der Hölle. Hier sieht man, wie Gott an diesem Ort die Heuchler wehrt, welche sich äußerlich fromm stellen, wie auch die tun, die ihre Stundengebete Gott dem Herrn abzählen und unterdessen im Herzen keine rechtschaffene Erkenntnis und Furcht Gottes haben. Auch hört man, wie die, die so einen selbst erwählten Gottesdienst feiern, ihre Zeit vergeblich verlieren.
9. Aber vergeblich dienen sie mir, dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschen Gebot sind.
10. Und er rief das Volk zu sich und sprach zu ihnen: Hört zu und vernehmt es!
Und: Weil trotzdem der Kirche Gottes viel daran gelegen ist, dass sie von den Menschensatzungen richtig unterrichtet werde, so zeigt Christus in den folgenden Worten an: Und lehrt nicht allein die Apostel, sondern auch das ganze Volk, was von den pharisäischen Satzungen zu halten ist.
Vernehmt es: Merkt es euch mit Fleiß, damit ihr richtig versteht, was ich sage.
11. Was zum Munde eingeht, das verunreinigt den Menschen nicht, sondern was zum Munde ausgeht, das verunreinigt den Menschen.
Menschen nicht: Vor Gott: Darum mit ungewaschenen Händen essen, wenn einer gleich aus Unwissenheit etwas Unreines angerührt hätte, macht den Menschen in seinem Gewissen und vor dem Gericht Gottes nicht unrein. Und es sind euren Vorfahren und euch im Gesetz nicht darum besondere Essen verboten worden, als ob solche Speise eines Menschen Gewissen verunreinigte. Sondern mein himmlischer Vater hat diesen Rat gegeben, um eure Gesundheit zu erhalten, zum Teil auch mit solcher äußerlichen Reinlichkeit euch erinnern wollen, dass ihr euch vor aller geistlichen Unreinigkeit hüten sollt. Ich sage euch zwar nicht das Gesetz Gottes, welches euch vom Unterschied der Speise gegeben ist, zu übertreten. Aber doch will ich auch nicht, dass ihr euch den pharisäischen Satzungen immer ergebt, und meint, eure Gewissen werden vor Gott verunreinigt, wenn ihr manchmal mit ungewaschenen Händen esst.
Ausgeht: Denn aus dem Munde gehen heraus gottlose lästerliche Reden, Betrug, Falschheit, böse Anschläge und dergleichen, welche aus einem verkehrten Herzen durch den Mund gehen, die den Menschen verunreinigen und machen, dass ihm Gott feind wird. Dieser Spruch Christi kann gar nicht oft genug den abergläubischen Unterschied der Speise im Papsttum hervorgebracht werden. Denn es ist nicht daran gelegen, ein Christen Mensch esse gleich was für Speise, was es auch für eine sei, Fleisch oder Fische, wenn nur sein Herz nicht beschwert wird mit Fressen und Saufen, und der Schwachgläubige durch einen unzeitigen Gebrauch der christlichen Freiheit nicht geärgert wird. Man spricht aber hier nicht von der Gesundheit des Leibes, wie dieser unterhalten werde oder nicht. Denn darin mag man sich bei den ersten Berichten erkundigen, und nicht bei den Predigern. Besonders soviel es das Gewissen angeht, so ist den Reinen, das heißt, den Gläubigen an Christus alles rein {Tit 1}. Und wird das Verbot der Speise im Neuen Testament von dem Apostel Paulus eine Teufelslehre genannt {1Tim 4}.
12. Da traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Weißt du auch, dass sich die Pharisäer ärgerten, da sie das Wort hörten?
Hörten: Du sagst, ein Mensch, der mit ungewaschenen Händen esse, werde nicht verunreinigt. Denn sie meinen, es gehe der Frömmigkeit Gutes ab, wenn die alten Aufsätze nicht gehalten werden. Es ist aber dies ein solches Ärgernis, dazu ihm einfach keine Ursache gegeben wird, sondern welches sich einer selber macht, wenn er die reine Lehre hört, und sich daran ärgert. Denn wir sollen die göttliche Lehre nicht nach der Menschen Willen und Wohlgefallen beugen.
13. Aber er antwortete und sprach: Alle Pflanzen, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt, die werden ausgerissen.
Alle Pflanzen: (Nach Luther) Alle Lehre und Werke, die Gott nicht wirkt im Menschen, sind Sünde, und hier sieht man, dass der freie Wille nichts kann.
Ausgerissen: Mein Vater hat die abergläubischen Satzungen nicht geordnet. Darum werden sie zugrunde gehen und mit der Zeit ausgerissen werden, wie das Unkraut, welches vom Gärtner nicht gepflanzt wurde. Obwohl nun die Katholiken ihre zum Teil Gottlosen und zum Teil abergläubischen Satzungen halsstarrig behalten, auch mit dem Schwert und Feuer zu verteidigen sich unterstehen, die werden dennoch ausgerissen, wie auch die falsche Lehre, welche häufig lange in der Kirche herumschleicht, endlich von Gott ausgerissen, und wie das Unkraut weggeworfen wird.
14. Lasst sie fahren! Sie sind blind und Blindenleiter. Wenn aber ein Blinder den andern leitet, so fallen sie beide in die Grube {Lk 6v30 Röm 2v19}.
Fahren: Solche Lehrer, wie die abergläubischen Pharisäer sind, welche Gottesdienste erdichten ohne den Befehl Gottes, und die Gewissen mit vermeintlichen Sünden beschweren, die aber vor Gott keine Sünden sind. Und warum wolltet ihr ihnen folgen, die euch ihrer Voreltern kindische und unnütze Satzungen aufdrängen? Sie wissen selbst die rechte Religion nicht, noch wie man Gott recht dienen soll, sondern sie verführen das unverständige Volk, welches sich über ihre abergläubischen Satzungen verwundert, sie hochhebt und meint, der vornehmste Gottesdienst stecke darin, wenn man diese halte.Aber das ist keine rechte Erkenntnis von Gott und der wahren Gottseligkeit.
Grube: Denn wie will ein Blinder dem anderen den Weg zeigen können? Diesen Spruch Christi sollen die sicheren und unachtsamen Leute sich wohl zu Gemüte führen, welche sich den Wolllüsten und anderem weltlichen Handel so ganz ergeben, dass sie ihnen die Augen so blenden, die rechte Religion von der falschen nicht mehr unterscheiden, sondern sagen, mein Pastor wird für meine Seele Gott dem Herrn müssen Rechenschaft geben. Verführt er mich, so wird es über ihn kommen, denn ich habe ihm meine Seele zu versorgen befohlen. Aber wenn ein Blinder den anderen leitet (spricht Christus), so fällt nicht allein der Leiter, sondern auch der geleitet wird, in die Grube des ewigen Verderbens. Das muss man aber von den Irrtümern verstehen, welche den Grund der christlichen Religion zerstören, um mit den Glaubens Artikeln, Geboten Gottes oder Sakramenten, so von Gott eingesetzt sind, streiten. Sonst sind andere geringere Irrtümer, welche sowohl den Lehrern, sofern sie nicht aus Bosheit, sondern aus Unwissenheit sündigen, als Zuhörer verziehen werden.
15. Da antwortete Petrus und sprach zu ihm: Deute uns dies Gleichnis!
Deute uns: Denn die Apostel hatten es noch nicht richtig verstanden, was es bedeutet, dass Christus gesagt hatte, der Mensch werde nicht dadurch verunreinigt, was in den Mund gehe, und mochte ihnen ein dunkles Sprichwort sein, von wegen ihres Unverstandes, welches doch aber ganz deutlich von Christus gesagt wurde. Solches erzählt auch Markus im 7. Kapitel. Bei diesem Unverstand der Jünger, welchen Christus eine lange Zeit an ihnen erduldete, sollen wir erinnert sein, dass wir die einfältigen und unverständigen Leute nicht bald ermahnen, sondern sie in der Gottseligkeit besser unterrichten.
16. Und Jesus sprach zu ihnen: Seid ihr denn auch noch unverständig?
Unverständig: Ihr solltet eigentlich von mir mehr gelernt haben, als dass ich in einer solchen deutlichen und nicht dunklen Sache euch nicht zu unterrichten wüsste.
17. Merkt ihr noch nicht, dass alles, was zum Munde eingeht, das geht in den Bauch und wird durch den natürlichen Gang ausgeworfen?
Bauch: Alle natürliche Speise, so man einnimmt, kommt nicht ins Herz, sondern in den Bauch und Magen, und was übrig ist, das nicht zur Nahrung des Leibes gehört, hat wiederum seinen Ausgang. Darum verunreinigt die Speise einen Menschen nicht vor Gott. Die Zwinglianer sind hier nicht ganz bei Sinnen, dass sie diesen Spruch Christi lästerlich missbrauchen, um zu beweisen, der Leib Christi werde mit dem Munde nicht empfangen und gegessen, denn sonst, sprechen sie, würde er wieder ausgeworfen. So eine Bosheit und Lästerung wäre es wert, dass sie nicht mit der Feder, sondern mit einem Donner und Blitz widerlegt würde. Sollten aber das Menschen und nicht viel mehr ungeheure wilde Tiere und Unmenschen sein? Sollte denn kein Unterschied sein unter dem Leib Christi, welcher voller Gottheit ist (denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig), und dem Rindfleisch, welches man genießt und einen Teil davon unserem Leibe zur Nahrung gibt, den anderen Teil aber, so er zur Nahrung nicht dienlich ist, wieder ausgeworfen wird? Aber Gott wird solche Lästerungen zu seiner Zeit rächen und strafen.
18. Was aber zum Munde herausgeht, das kommt aus dem Herzen, und das verunreinigt den Menschen.
Aus dem Herzen: Daraus kann man sehen, wie Christus lehrt, dass des Menschen Herz eine Werkstatt aller Bosheit ist. Darum wird keiner vor Gottes Gericht mit seiner Unschuld bestehen können. Darum sollen wir uns vor Gott demütigen und über unsere Unreinigkeit herzliche Reue und Leid tragen, daneben aber an Christus glauben, damit uns unsere Sünden vergeben und nicht zugerechnet werden. Auch sollen wir den alten Adam austreiben, auf dass er nicht, was er im Herzen ausbrütet durch den Mund oder andere Glieder ins Werk richte. Denn es ist nichts Verdammliches an denen, die an Christus Jesus sind, welche nicht nach dem Fleische wandeln {Röm 8}.
19. Denn aus dem Herzen kommen arge Gedanken: Mord, Ehebruch, Hurerei, Dieberei, falsche Zeugnisse, Lästerung {1Mos 6v5 8v21}.
20. Das sind die Stücke, die den Menschen verunreinigen. Aber mit ungewaschenen Händen essen verunreinigt den Menschen nicht.
Menschen nicht: Darum sollen wir uns nicht durch den Unterschied der Speise und anderen gleichen Menschensatzungen ein Gewissen machen lassen, sondern vielmehr meiden, was uns vor Gott unrein macht.
21. Und Jesus ging aus von dort und entwich in die Gegend von Tyrus und Sidon.
Tyrus und Sidon: Welches zwei herrliche Gewerbe und Handelsstädte waren am Meer. Es beschreibt aber die folgende Geschichte auch der Evangelist Markus im 7. Kapitel.
22. Und siehe, ein kanaanäisch Weib ging aus der selbigen Grenze und schrie ihm nach und sprach: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich mein! Meine Tochter wird vom Teufel übel geplagt.
Ging aus: Dass sie Christus suchte, um ihn um Hilfe anzurufen, damit der ihre Tochter wieder gesund machte, welche vom Teufel jämmerlich geplagt wurde.
Sohn Davids: Denn ich glaube, dass Du der versprochene Messias und Heiland der Welt bist, welcher nach der Propheten Weissagungen aus dem Stamm Davids seine Ankunft hat: Denn das Gerücht von deinen Wunderwerken ist überall weit und breit bekannt und bezeugt, dass Du dem menschlichen Geschlecht zum Guten gesandt bist, darum hilft mir elendem hoch betrübtem Weibe. Dieser heidnischen Frau gottseliges Gebet gibt zu erkennen, dass sie eine zwar noch geringe, aber doch die rechte Erkenntnis Christi gehabt hat. Denn Christus ist nicht nur der Juden, sondern auch der Heiden Heiland und Erlöser.
23. Und er antwortete ihr kein Wort. Da traten zu ihm seine Jünger, baten ihn und sprachen: Lass sie doch von dir; denn sie schreit uns nach.
Kein Wort: Hier hören wir ein wunderbares Kunststück Christi, in dem er seine Meinung, seinen Willen und sein Vorhaben versteckt, bis zur richtigen Zeit. Denn wir denken oft, dass Gott unser Gebet nicht erhört.
Jünger: Die Mitleid mit dieser armen Frau hatten, weil sie so jämmerlich schrie.
Uns nach: Sie wird nicht nachlassen, bis sie ihrer Tochter Gesundheit bei dir bekommen hat, darum, damit sie mit ihrem Geschrei Dir und uns nicht mehr lästig ist, so hilf ihr doch, weil Du doch sonst jedermann hilfst, der Dich anruft. Wir sollen aber einer für den anderen bitten, nämlich, ein Lebendiger für den anderen Lebendigen. Dass aber die Katholiken aus solcher Bitte schließen, man müsse die verstorbenen Heiligen anrufen, damit sie Gott für uns bitten, reimt sich überhaupt nicht. Denn von den heiligen Leuten, die in Christo entschlafen sind und ruhen, steht geschrieben: Abraham weiß von uns nicht, und Israel kennt uns nicht {Jes 64}.
24. Er antwortete aber und sprach: Ich bin nicht gesandt, denn nur zu den verlorenen Schafen von dem Hause Israel {Mk 10v6}.
Hause Israel: Meine Aufgabe ist jetzt, dass ich die verführten Israeliten suche und mit meinen Predigten wieder zu dem himmlischen Reich bringe, auch meine Wunderwerke und guten Taten mache. Gleiche Anfechtungen haben häufig unsere Herzen auch, dass wir denken, vielleicht bist Du kein Kind Gottes, weil er Dein Gebet nicht erhört, und bist zur Seligkeit nicht auserwählt, weil Du spürst, dass Dein Gebet bei Gott nicht Platz hat. Aber man muss solche Anfechtungen darüber gehen lassen, aus dem Sinn schlagen, auch mit dem Gebet immer weiter anhalten, wie wir sehen, dass das kananäische Weiblein dies getan hat.
25. Sie kam aber und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir!
Kam: Trotzdem sie durch die vorige Antwort, als ein heidnisches Weib, dem Ansehen nach ohne Hilfe abgewiesen wurde.
Hilf mir: Denn ich kann nicht von dir ablassen, bis ich meine Tochter wieder gesund habe.
26. Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht fein, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde.
Antwortete: Dass er ihren Glauben noch mehr prüfte, obwohl er sich bereits vorgenommen hatte, er wollte ihr helfen.
Hunde: Ich bin jetzt dazu gesandt, dass ich meine Guttaten den Israeliten als Kinder gebe, und nicht den unreinen Heiden als Hunde. So denken wir oft in unserem Gewissen, wenn wir Christus anrufen, dass er zu und sagt: Du bist ein Hund, hast dich oft zu deinem vorigem schlechten Leben hinreißen lassen, und bist nicht wert, dass Gott sich Deiner weiter annehme, oder Dich erhören sollte: Die Kinder liebt er, aber der Hunde achtet er nicht. Nichtsdestoweniger sollen wir im Beten fortfahren, nach dem Beispiel dieses kananäischen Weibes.
27. Sie sprach: Ja, Herr; aber doch essen die Hunde von den Brotsamen, die von ihrer Herren Tisch fallen.
Ja Herr: Es stimmt, dass es nicht richtig wäre, wenn jemand den Kindern das Brot vor dem Maul wegnehme und es den Hunden hinwirft. Aber diese deine Ausrede gilt daher nicht und hindert Dich wenigsten nicht daran, dass Du mir armen Weibe nicht solltest können eine Wohltat erzeigen. Denn ich begehre nicht, dass um meinetwillen die Israeliten, als Kinder deiner Guttaten, sollten einen Mangel haben, sondern, dass von dem, so sie übrighaben, mir, als einem Hund auch etwas zukommt und zum besten Gedeihen möge, und geht durch die mir erzeigte Guttat den Kindern an ihrer Nahrung nichts verloren. Darum lass mich ruhig ein Hund sein. Dennoch wird man mir die Brotsamen nicht können abschlagen, welche von Deinen überschwänglichen Guttaten überbleiben. So sollen wir uns auch vor Gott demütigen, so wird er unser Elend ansehen.
28. Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: O Weib, Dein Glaube ist groß; Dir geschehe, wie Du willst! Und ihre Tochter ward gesund zu derselben Stunde.
Wie Du willst: Denn der Glaube erlangt alles, was er glaubt. Wie auch an anderen Orten Christus spricht: Alles was ihr bittet, in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr es empfangen werdet, so wird es euch werden {Mk 2}.
Gesund: Also, dass der Satan aufhören musste, sie zu plagen, der sie besessen hatte. Wie nun dieses kananäische Weib nicht aufgehört hat, bis sie ihre Tochter Gesundheit erlangt hatte, so sollen auch wir für unsere Kinder Wohlfahrt sorgfältig sein. Besonders aber dahin sehen, dass sie durch die Taufe wiedergeboren, aus des Satans Gewalt erlöst, Kinder Gottes und Erben des Himmelreiches werden. Auch dass die Krankheit des alten Adam durch gute und gottselige Erziehung und durch das Predigtamt des göttlichen Wortes von Tag zu Tag, je länger je mehr geheilt werde, damit sie einmal mit uns die ewige Seligkeit bekommen, welches viel besser, auch nötiger ist, als wenn wir uns damit bemühen, dass wir ihnen viel Geld und Gut hinterlassen.
29. Und Jesus ging bald von dort und kam an das galiläischen Meer und ging auf einen Berg und setzte sich allda.
Allda: Ohne Zweifel, dass er nach seiner Gewohnheit dem Volk eine Predigt getan hat, die er darauf mit Wunderwerken bestätigte, dass man dabei erkennen könne, dass seine Lehre von Gott wäre.
30. Und es kam zu ihm viel Volks die hatten mit sich Lahme, Blinde, Stumme, Krüppel und viel andere und warfen sie Jesu vor die Füße; und er heilte sie {Mt 2v5}.
Füße: Kam das Volk zu ihm mit der Bitte, er möchte sie wieder gesund machen.
Heilte sie: Denn Christus nimmt sich der Menschen Elend an, und wenn er aus Glauben angerufen wird, so hilft er, doch auf die Weise, wie es zu unserer Seelen Gesundheit am besten ist.
31. Das sich das Volk verwunderte, da sie sahen, dass die Stummen redeten, die Krüppel gesund waren, die Lahmen gingen, die Blinden sahen, und priesen den Gott Israels.
Verwunderte: Über so viele und große Wunderwerke, die Christus tat.
Stummen redeten: Denn Christus unter anderem auch Stummen und Tauben geholfen hat, wie Markus sagt im 7. Kapitel.
Gott Israel: Der diesen Heiland in die Welt gesandt hat.
32. Und Jesus rief seine Jünger zu sich und sprach: Es jammert mich des Volks; denn sie beharren nun wohl drei Tage bei mir und haben nichts zu essen; und ich will sie nicht ungegessen von mir lassen, auf dass sie nicht verschmachten auf dem Wege.
Und: Jetzt folgt ein Wunderwerk Christi, welches dem im vorigen Kapitel gleicht. Denn wie er dort mit fünf Broten und zwei Fischen fünftausend Mann gespeist, so macht er hier mit sieben Broten und ein paar Fische fünftausend Mann satt, welches auch Markus im 8. Kapitel berichtet.
Wege: Bevor sie wieder nach Hause kommen. Heute würde man wohl wenige finden, die drei Tage ungegessen bei Christus bleiben. Denn es können etliche kaum eine Stunde in der Kirche bleiben, darin doch auch das Evangelium Christi richtig gelehrt wird. Es erbarmt sich aber Christus besonders, und jammert ihn der Zuhörer, die um seinetwillen Schaden leiden, und die sein Wort fleißig hören, daneben auch ihren eigenen Nutzen nicht achten, über diese wacht er, dass sie nicht umkommen.
33. Da sprachen zu ihm seine Jünger: Woher mögen wir so viel Brot nehmen in der Wüste, dass wir so viel Volks sättigen?
Brot nehmen: Denn die menschliche Vernunft richtet ihre Augen nur auf das, was gegenwärtig ist, betrachtet aber nicht die Majestät und Allmacht Gottes.
34. Und Jesus sprach zu ihnen: Wie viel Brots habt ihr? Sie sprachen: Sieben und ein wenig Fischlein.
Wie viel: Es hat aber Christus nicht darum gefragt, dass er die Zahl nicht wüsste, sondern damit das Wunderwerk wegen der wenig Brote desto besser zu erkennen wäre.
Wenig: Es liegt aber Gott dem Herrn nichts daran, es sei gleich wenig oder viel vorhanden, wenn er es segnen will.
35. Und er hieß das Volk sich lagern auf die Erde.
Lagern: Wie geschehen. Man soll aber Gott gehorchen, wenn wir auch gleich meinen, es ist nicht gut, was er uns sagt. Denn der Ausgang wird es so machen, dass wir ihm recht gefolgt haben.
36. Und nahm die sieben Brote und die Fische, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk.
Dankte: Seinem himmlischen Vater, für das, was gegenwärtig war, in dem Willen, seine Zuhörer damit zu speisen. Denn wenn wir für das Gegenwärtige Gott von Herzen danken, so gibt er später mehr, denn wir hätten bitten dürfen.
Jüngern: Wie aber Christus durch die Hand der Jünger dieses Volk gespeist hat, so versorgt er noch heute fromme Leute, aus welcher Hand wir unsere Nahrung empfangen, doch gibt es Christus in der Wahrheit alles.
37. Und sie aßen alle und wurden satt und hoben auf, was überblieb von Brocken, sieben Körbe voll.
Satt: Denn Gott kann auch mit einem geringen Vorrat eine große Menge Volk speisen und sättigen, wenn wir ihn nur mit Ernst anrufen, ehren, ihm dienen und unser Amt tun, ihn auch nicht versuchen. Wir versuchen aber Gott, wenn wir die Gottseligkeit nicht beachten, unseren Beruf aus der acht lassen und nichtsdestoweniger der Nahrung und alles dessen, was wir bedürfen, uns trösten.
38. Und die da gegessen hatten, der waren viertausend Mann, ausgenommen Weiber und Kinder.
Weiber und Kinder: Deren ohne Zweifel auch nicht eine geringe Anzahl gewesen, unter denen der wenigste Teil Christo dem Herrn für solche seine Guttaten recht dankbar erzeigt haben. Denn später ruft ein großer Teil, kreuzige, kreuzige ihn. Darum sollen wir nicht müde werden, für Gutes zu danken. Denn was die Welt nicht belohnt, das wird Gott belohnen.
39. Und da er das Volk hatte von sich gelassen, trat er in ein Schiff und kam in die Grenze Magdala.
Trat er: Also dass Christus an diesem Ort nicht bleiben, noch sein vollbrachtes Wunderwerk bei den Nachbarn gerühmt haben wollte. Denn wo man recht tut, da folgt für sich selbst Ruhm und Ehre.
Das 16. Kapitel
- Christus sagt den Pharisäern und Schriftgelehrten, welche ein Zeichen vom Himmel forderten, dass sie mit dem bisher gesehenen Zeichen zufrieden sein sollten, und stellt ihnen dem Propheten Jonas als Vorbild. Er warnt die Jünger vor dem Sauerteig der pharisäischen Lehre, und verkündigt ihnen, wie weit sie in seiner Erkenntnis zugenommen. Da Petrus in aller anderen Jünger Namen das Wort führt und ein herrliches Bekenntnis tut, befiehlt er ihm die Schlüssel des Himmelreiches. Als er ihn aber von seinem Vorhaben des Leidens berichtet, wird der mit einem ernsten Verweis abgefertigt. So ermahnt Christus alle die, so sich bemühen, die Seligkeit zu bekommen, dass sie nicht aus Furcht der Gefahr die Wahrheit verleugnen.
1. Da traten die Pharisäer und Sadduzäer zu ihm, die versuchten ihn und forderten, dass er sie ein Zeichen vom Himmel sehen ließe.
Da: Obwohl die Pharisäer und ihresgleichen Heuchler viel und große Wunderwerke Christi gesehen hatten, dass sie nicht vorwenden konnten, ihren Unglauben zu beschönigen, dennoch suchen sie einen Schein, als ob Christus nur irdische und nicht himmlische Wunderwerke bisher getan hätte. Dies beschreibt auch Markus im 8. Kapitel.
Pharisäer und: Was die Pharisäer für Leute gewesen sind, ist aus dem Vorigen bekannt. Die Sadduzäer aber hatten eine besondere Sekte. Sie führten in dieser Welt keinen bösen Wandel, sondern wurden in ihrem äußerlichen Leben für gerecht angesehen. Denn ihr Name bringt solches mit sich. Dieser bedeutet so viel, als einer, der der Gerechtigkeit nachstrebt. Sie glaubten aber an keine Auferstehung der Toten, auch nicht das es Engel oder Geister gäbe. Und waren sonst die Pharisäer und Sadduzäer einst einander sehr entgegen, also, dass es häufig zum öffentlichen Streit und Zank zwischen ihnen kam, wie zu sehen ist in Apostelgeschichte 23. Aber gegen Christus waren sie sich untereinander eins. Denn welche sonst mit großer Feindschaft wider einander streiten, die werden in dem der Sachen eins, wo Christus mit seinem Evangelium unterdrückt werden soll.
Versuchten ihn: Und nicht, dass sie etwas begehrten von ihm zu lernen, dadurch sie möchten gebessert werden, sondern dass sie etwas sehen oder hörten, welches sie später verlästern konnten.
Sehen ließe: Denn sie gaben vor, dass sie bisher zwar vortreffliche Wunderwerke von ihm gesehen hätten, die aber doch nur erdig wären, weil sie auf Erden geschahen, als, dass er kranke Leute gesund machte, darum begehrten sie etwas Himmlisches von ihm, so wie sie es meinten, da Mose den Kindern Israel das Manna vom Himmel gegeben hatte. Denn ein solches Wunderwerk fordern sie ausdrücklich von ihm (Johannes 6). Denn gottlose und verstockte Leute suchen immer eine Ausrede und Entschuldigung ihres Unglaubens, und finden zwar etwas, dass sie bei dem allgemeinen Volk vorwenden, aber solche Wünsche bestehen nicht vor Gottes Gericht. Gleichwie aber die Pharisäer und Sadduzäer die Wunderwerke Christi irdisch achteten, darum, dass sie auf Erden geschahen, da sie doch wahrhaftig Himmlische waren. Also finden sich auch heutzutage Heuchler, wie die Schwenkfelder (ein Kirchenlehrer zur Zeit Luthers, 1540 wurde vom schmalkaldischen Konvent der lutherischen Theologen seine Aburteilung beschlossen), welche die Sakramente Christi als irdische Sachen und die zur Seligkeit wenig Nutzen ansehen, weil sie auf Erden gespendet werden, da sie doch in Wahrheit himmlische sind, welche von Gott selbst, unsere himmlische Seligkeit zu befördern, eingesetzt wurden.
2. Aber er antwortete und sprach: Des Abends sprechet ihr: Es wird ein schöner Tag werden, denn der Himmel ist rot;
3. und des Morgens sprechet ihr: Es wird heute Unwetter sein, denn der Himmel ist rot und trübe. Ihr Heuchler! Des Himmels Gestalt könnt ihr urteilen; könnt ihr denn nicht auch die Zeichen dieser Zeit urteilen?
Heuchler: Die ihr euch stellt, als sucht ihr die Wahrheit und Ehre Gottes, was euch aber am wenigsten am Herzen liegt. Denn an der Abendröte des Himmels könnt ihr als Zeichen erkennen, dass es schönes Wetter am nächsten Tag gibt, und aus der Morgenröte könnt ihr erkennen, ob es am nächsten Tag Regenwetter gibt. Warum könnt ihr denn nicht aus den Zeichen und Wunderwerken, die ich bisher getan habe, erkennen, dass die Zeit des Messias gekommen ist? Denn die Propheten haben zuvor geweissagt, dass zu der Zeit des Messias dem Blinden die Augen geöffnet und den Tauben die Uhren aufgetan werden, auch werden die Lahmen springen wie ein Hirsch, und die stummen werden reden {Jes 35}. Ist solches nicht alles durch mich geschehen. Darum, wenn ihr der Prophetenweissagungen gegen meine Wunderwerke halten wollt, so könnt ihr viel gewisser schließen, dass der Messias gekommen ist, als ihr aus des Himmels Gestalt von dem Wetter zu urteilen pflegt. Man soll aber die Weissagungen des Alten Testamentes von Christo gegen seine Lehre und Taten, die im Neuen Testament beschrieben sind, halten, so werden wir dadurch unseren Glauben wunderbar stärken, wie wir in der Apostelgeschichte lesen von denen zu Athen, dass sie es getan haben. Aber die Leute, die sich dieser Welt ergeben, erhalten dich, die Sachen zu erforschen, die zur Seligkeit nichts nutzen. Dagegen, was zur Ehre Gottes und der Seelen Wohlfahrt gehört, danach trachten sie wenig. Um dieser vorsätzlichen Fahrlässigkeit und Unwissenheit willen sie ewig gestraft werden.
Zeichen: (Nach Luther) Durch die Zeichen bezeichnet Christus seine Wundertaten, die verkündigt waren, dass sie geschehen sollten zu Christi Zeiten.
4. Diese böse und ehebrecherische Art sucht ein Zeichen, und soll ihr kein Zeichen gegeben werden denn das Zeichen des Propheten Jona. Und er ließ sie und ging davon.
Art: Welche verkehrt und verstockt ist, und sich ihrer Ahnen, der heiligen Patriarchen, fälschlich rühmen, weil sie aus der Art schlägt.
Zeichen: Vom Himmel, und ist mit den herrlichen Wunderwerken, die auf Erden vor ihren Augen getan, nicht genug. Aber ich will mich nicht nach ihrem verkehrten Willen richten.
Jonas: Denn wie dieser, nachdem er drei Tage im Bauch des Fisches gewesen, ausgegangen, und den Leuten in Ninive die Buße gepredigt hat, ihnen vierzig Tage gegeben, nach welchen sie zu Grunde gehen würden (diesem Unheil sie doch mit wahrer Buße zuvorgekommen sind). Also, wenn ich wieder aus dem Grabe lebendig hervorkomme, will ich durch meine Apostel den Juden predigen lassen Buße und Vergebung der Sünden, und ihnen vierzig Jahre zu ihrer Bekehrung Platz und Raum geben. Aber weil sie (wenig ausgenommen) nicht Buße tun werden, sondern mein Evangelium noch dazu verfolgen, und mich verlästern, so werden sie nach den vierzig Jahren verstoßen, und von dem Angesicht Gottes verworfen werden. Das wird ihnen dann augenscheinlich ein Zeichen und helles Zeugnis genug sein, dass der Messias gekommen ist, welchen sie verworfen hatten. Wenn also Gott den Willen hat, ein Land um seiner großen Misshandlungen und Übertretungen willen zu strafen, so lässt der zuvor bei den Einwohnern das Wort Gottes rein und lauter predigen, auf dass sie Buße tun, wollen sie sich aber nicht bekehren, so folgen schwere Strafen danach: Also wird es Deutschland auch ergehen, welches nun viele Jahre lang das Wort Gottes ohne großen Nutzen hört.
Ließ sie: Die widerspenstigen Heuchler. Denn was soll er mit solchen verstockten Leuten anfangen? Einen ketzerischen Menschen soll man meiden (spricht Paulus), wenn er einmal oder zweimal ermahnt ist (Titus drei).
5. Und da seine Jünger hinübergefahren hatten, hatten sie vergessen, Brot mit sich zu nehmen.
Zu nehmen: Und da sie solches gewahr geworden, haben sie sich besorgt, dass sie um solcher Fahrlässigkeit willen von Christus möchten gescholten werden.
6. Jesus aber sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!
Sprach: Nicht um dieser, sondern anderer Ursache willen.
Sauerteig: Dass ihr mit ihrer falschen Lehre nicht eingenommen und vergiftet werdet. Denn dass dieses Christi Meinung gewesen, wird der Evangelist bald selber zu erkennen geben. Es wird aber die falsche Lehre an diesem Ort ein Sauerteig genannt, weil sie die Reinheit des Glaubens fälscht, und verdirbt. Gleichwie Paulus die Laster und groben Sünden oder bösen Beispiele, der durch andere zur Gemeinschaft der Sünden gereizt und gezogen werden, Sauerteig nennt, da er sagt: Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert {1Kor 5}. Es kann auch um einer anderen Ursache willen die falsche Lehre mit dem Sauerteig verglichen werden; so, wie der Sauerteig einen ganzen Teig sauer macht. Also, wenn ein guter Artikel der Religion gefälscht ist, so schwächt er auch die anderen (denn es folgt ein Irrtum aus dem anderen, dass sie entweder nicht richtig verstanden werden oder nicht mehr nützlich sind). Wie zum Beispiel, wer die Gottheit Christi leugnet, dem sind alle anderen Artikel zur Seligkeit nicht mehr nütze. So schleicht auch die falsche Lehre in der Kirche herum, kriecht fort und dringt immer weiter durch, wie ein Sauerteig, bis eine ganze Gemeinde dadurch eingenommen und verdorben wird.
7. Da dachten sie bei sich selbst und sprachen: Das wird‘s sein, dass wir nicht haben Brot mit uns genommen.
Genommen: Darum hat unser Meister mit verdeckten Worten auf unsere Fahrlässigkeit gedeutet, denn weil die Jünger Christi den rechten Verstand seiner Worte nicht vernahmen, dass er nämlich von den Verfälschungen der reinen Lehre redete und davor warnte. Sie meinten, es würde ihnen ihre Unachtsamkeit angezeigt, dass sie kein Brot mit sich genommen hatten, und würde er durch das Wort Sauerteig auf das Brot gedeutet haben. Also geschieht es, dass, wenn jemand ein böses Gewissen hat, wird er argwöhnisch, glaubt, es gehen alle Reden auf ihn und werden von jedermann darum angesehen.
8. Da das Jesus vernahm, sprach er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, was bekümmert ihr euch doch, dass ihr nicht Brot mitgenommen habt?
Vernahm: Was sie dachten und untereinander murmelten.
Genommen: Meint ihr, ich habe so große Sorge wegen des Brotes?
9. Vernehmt ihr noch nichts? Denkt ihr nicht an die fünf Brote unter die Fünftausend und wie viel Körbe ihr da aufgehoben habt {Mt 14v17 Joh 6v9}?
Nichts: Dass meine Macht so groß ist, dass ich mich und euch unterhalten kann, wenn auch wenig oder gar kein Brot vorhanden ist.
Fünftausend: Die mit den fünf Broten gespeist und gesättigt wurden.
10. Auch nicht an die sieben Brote unter die Viertausend, und wie viel Körbe ihr da aufgehoben habt {Mt 15v34}?
Viertausend: Dieses Wunderwerk ist noch viel neuer als das Vorige. Seid ihr denn so ganz unverständig und vergesslich, dass ihr nicht mehr wisst, was ich auch in diesem Stück als in anderen Notfällen tun kann? Denn es will Christus, wenn wir Gottes Güte an anderer Leute Beispiele erkennen, die wir entweder in der Heiligen Schrift lesen, oder von frommen Leuten hören, dass wir solche zu unserem Nutzen gebrauchen, und die Sorge der irdischen Sache auf Gott dem Herrn werfen, auch gewiss schließen, wenn wir zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen, so werde uns das andere alles zufallen {Mt 6}. Es soll uns auch der Jünger Grobheit, die Worte Christi zu verstehen, die Sicherheit und Schlafsucht vertreiben, damit wir das Wort Gottes mit Fleiß hören, und recht betrachten, auch dass wir es nicht in einem unrechten Verstand ziehen und deuten.
11. Wie versteht ihr denn nicht, dass ich euch nicht sage vom Brot, wenn ich sage: Hütet euch vor dem Sauerteige der Pharisäer und Sadduzäer?
12. Da verstanden sie, dass er nicht gesagt hatte, dass sie sich hüten sollten vor dem Sauerteige des Brots, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.
Lehre: Die Lehre der Pharisäer macht die Menschen zu Heuchler und die der Sadduzäer sicheren und rohen Leuten. Darum soll man sich vor diesen beiden hüten, dass man zu keiner Seite ausweicht. Weil auch Christus die falsche Lehre zu meiden befiehlt, gibt er damit zu verstehen, wie der Satan auf alle Gelegenheiten achtet, damit er die himmlische Lehre mit menschlichem Wahn fälschen und verkehren kann, darum sollen wir wachen und beten, auf dass wir die reine Lehre behalten.
13. Da kam Jesus in die Gegend der Stadt Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, dass des Menschen Sohn sei {Mk 8v27 Lk 9v18}?
Da: Nachdem Christus seine Jünger nun eine lange Zeit in der himmlischen und göttlichen Lehre unterrichtet hatte, so hielt er es für richtig, dass er sie einmal hörte, damit bekannt würde, was sie gelernt, und wie weit sie in seiner Erkenntnis gekommen waren.
Philippi: Diese Stadt wurde von dem Sohn des Herodes, dem römischen König zu Ehren gebaut.
Sohn sei?: Es fragte aber Christus nicht aus Ehrgeiz, als ob er sich selber gerne loben hörte, wie es sonst ruhmträchtige Leute zu tun pflegen, sondern will hören, was für verschiedene Meinungen und Urteile unter den Leuten von ihm gesagt werden. Damit er einen Anlass hätte, die Jünger in seiner Lehre noch weiter zu unterweisen und in wahrem Glauben und Bekenntnis zu bestätigen. Die, welche nach einem nichtigen Ruhm streben, die machen sich mehr für andere Leute zum Spott, als dass sie ihr Ansehen dadurch verbessern und vermehren können.
14. Sie sprachen: Etliche sagen, du bist Johannes der Täufer; die andern, du bist Elia; etliche, du bist Jeremia oder der Propheten einer.
Der Täufer: Der von den Toten wieder auferstanden ist.
Elias: Der Prophet, welcher vor Zeiten unter dem König Ahab gelebt und lebendig in den Himmel aufgenommen wurde, wie im 2. Buch der Könige Kapitel 2 steht. Denn die Juden glauben, dass dieser leiblich werde wieder vom Himmel kommen, welchen Wahn sie aus dem Spruch des Propheten Maleachi nehmen, der da sagt: Siehe, ich will euch senden den Propheten Elia, bevor denn da komme der große und schreckliche Tag des Herrn, der soll das Herz der Väter bekehren zu den Kindern, und das Herz der Kinder zu ihren Vätern {Mal 4}.
Jeremia: Der Prophet, so von den Toten wieder auferstanden ist. Weil Du angekündigt hast, dass über die Stadt und den Tempel zu Jerusalem ein großes Unglück geschehen werde. Gleich, wie auch Jeremias vorzeiten den Juden der Stadt und des Tempels Zerstörung zuvor verkündigt hat.
Propheten einer: Nämlich, der vorigen alten Propheten, und bist wieder lebendig geworden, auf dass Du den Zustand der israelitischen Kirche besserst. Hier hören wir, wie viele unterschiedliche Meinungen der Menschen es von Christo gegeben hat, welche doch alle auch viel auf ihn hielten. Darum sind das doppelte Narren, welche das Urteil von der Religion so lange denken aufzuschieben, bis eine allgemeine Einhelligkeit getroffen wurde, daraus man später schließen könne, welche die beste um Gott dem Herrn angenehmste Religion sei. Denn auf solche Einigkeit wird man vor dem Jüngsten Tage vergebens hoffen.
15. Er sprach zu ihnen: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?
Denn ihr: Ich begehre eure Meinung auch zu hören, was ihr von meiner Person haltet. Denn wir sollen nicht wankelmütig sein und uns nach der Meinung anderer Leute richten, dass wir bald diese, bald jene, der Wahrheit ähnlich erhalten, und nichts Gewisses bei uns selber beschließen. Sondern wir sollen in unserem Gewissen dessen versichert sein, was man von Christo glauben müsse, und welches der rechte Weg zur ewigen Seligkeit ist. Denn der Apostel Paulus verwirft die, welche immer lernen und niemals zur Erkenntnis der Wahrheit kommen {2Tim 3}.
16. Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn.
Sprach: Im Namen seiner und aller Apostel.
Christus: Der versprochene Messias und Heiland der Welt.
Sohn: Mit Gott dem Vater, gleich ewig und eines Wesens wahrer Gott und Mensch, aus dem Geschlecht Davids daher der Messias geboren werden sollte. In diesem kurzen Bekenntnis hat Petrus die ganze reine Lehre von Christus, Person und Amt zusammengefasst. Denn indem er ihn des lebendigen Gottes Sohn nennt, sieht er auf seine göttliche Natur und ewige Gottheit. Da er ihn aber Christus oder Messias nennt (denn beides ist einerlei, und heißt so viel wie als ein Gesandter), deutet er auf seine menschliche Natur. Denn vom Messias ist zuvor geweissagt worden, dass er aus dem Geschlecht Davids sollte geboren werden und kommen {2Sam 7}. Er nennt ihn aber Christus oder einen Gesalbten, weil er vom Heiligen Geist zum Propheten gesalbt war, der uns des Vaters Willen deutlich offenbart und zum Priester, der allein unsere Sünden vollkommen versöhnte. Und zum König, der mit dem Predigtamt des Wortes und Heiligen Geistes uns regiert und gegen den Teufel und die Welt schützt. Mit diesem Bekenntnis Petri werden auch erworben alle anderen Religionen, welche mit der reinen christlichen Religion nicht übereinstimmen. Denn Türken und Juden leugnen, dass Jesus von Nazareth der Sohn Gottes ist. Die römischen Heuchler lassen sich zwar mit Worten hören, dass sie es mit dem Bekenntnis Petri halten. Wenn sie aber wahrhaft glauben würden, Jesus ist Christus, das heißt, der Einzige, der unserer Sünden versöhne, würden sie nicht bestreiten, dass die Sünden mit der Menschen Verdienste bei Gott abgetragen würden. Darum werden diese allesamt von Petrus dem Apostel als Gottlose und Ketzer verdammt.
17. Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.
Und: Jetzt folgt, wie Christus von dem Bekenntnis des Petrus geurteilt hat.
Selig bist Du: Dass Du mich für den Sohn Gottes und der Welt Heiland erkennst. Denn die rechte Erkenntnis Christi bringt ewiges Leben und Seligkeit {Joh 17}.
Nicht offenbart: Diese meine heilsame Erkenntnis hast Du nicht aus Deinem menschlichen Verstand oder fleischlicher Geschicklichkeit erlangt, sondern mein himmlischer Vater hat dir solches, was Du recht von mir bekannt hast, durch den Heiligen Geist offenbart. Denn die wahre Erkenntnis Gottes kann weder durch die Weisheit der Welt ergründet, noch durch menschliche Scharfsinnigkeit und Spitzfindigkeit des Verstandes zuwege gebracht werden, denn sie wird von Gott gegeben. Doch muss man nicht auf besondere Entzückungen oder Offenbarungen außer dem Worte Gottes warten. Denn der Heilige Geist erleuchtet die Menschen durch das Wort. Und hatte Petrus Christi fast drei Jahre predigen gehört.
18. Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.
Bist Petrus: Es gefällt mir sehr gut, wegen Deines gottseligen guten Bekenntnisses. Ich habe dir vor der Zeit den Namen gegeben und Dich Petrus genannt, welches mich auf den heutigen Tag auch nicht gereut. Weil Du jetzt ein solches Bekenntnis von mir getan hast, welches ein richtiger Fels und Grundstein der wahren christlichen Religion, nämlich, dass ich sei, der eingeborene Sohn Gottes, Christus und Heiland der Welt. Denn wer mit wahrem Glauben auf dieses Bekenntnis sich gründet, der wird gewiss das ewige Leben erlangen. Um dieser Ursache willen will ich mein Evangelium (davon, dein Bekenntnis ein kurzer Begriff ist) in der ganzen Welt predigen lassen, auf dass, wer dieses dein gottseliges Bekenntnis oder mein Evangelium mit Glauben ergreift, derselbe als auf einen harten Felsen baut, gegen alle Anläufe des Satans zum ewigen Leben erhalten wird. (Ist darum die Kirche Christi nicht auf die Person Petrus gebaut, sondern auf sein Bekenntnis und seine Lehre). Denn sonst würde die Kirche auch Petrus übel gegründet sein, weil er Christus verleugnete, und dazu geschworen hat. Sie wäre auch auf ein schlechtes Fundament gegründet, da später Christus zu ihm gesagt:Heb Dich Satan von mir. Sie hätte auch keinen beständigen Grund gehabt, da er, auch nachdem er den Heiligen Geist am Pfingsttage empfangen hatte, einen Unterschied bei den Juden machte, um welcher Ursache willen ihm Paulus ins Angesicht widersprach. Und weil Petrus meist nur den Juden gepredigt, aber weniger unter den Heiden gelehrt, so hätten die Heiden kaum ein paar Krümel dieses Fundamentes bekommen. Darum nicht die Person, sondern das Bekenntnis Petrus der Grund ist, darauf die Kirche steht).
Pforten: Früher hielt man in den Toren Gericht, darum weil diese eine Macht und Majestät bedeuten. Und will hier Christus lehren, dass alle Macht des Satans, die er hat, mit allen seinen Gliedern, die Kirche Gottes nicht und stürzen kann. Dieses ist ein herrlicher Trost, dessen nicht allein die ganze Kirche, sondern ein jedes Glied sich darüber freuen kann und soll. Darum schreibt der Apostel Paulus von sich und allen denen, die wahrhaftig an Christus glauben: Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, noch Gewalt, weder gegenwärtiges noch zukünftiges, weder hohes noch tiefes, noch keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist unserem Herrn {Röm 8}.
Höllenpforte: (Nach Luther) Die Höllenpforten sind alle Gewalt wider die Christen, als da sind Tod, Hölle, weltliche Weisheit und Gewalt.
19. Und will dir des Himmelreichs Schlüssel geben. Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein.
Schlüssel geben: Dass Du den Menschen den Himmel auf- und zuschließen kannst. Es sind aber die Schlüssel des Himmelreiches das Predigtamt des göttlichen Wortes, damit den unbußfertigen Sündern die Verdammnis (denn das heißt, den Himmel zuschließen) und dem Bußfertigen die Vergebung der Sünden (denn das hießt, den Himmel auftun) verkündigt wird. Wenn nun in dieser Form den Unbußfertigen angezeigt wird, dass Gott über sie zürnt, und will sie um ihrer Sünden willen ewig strafen, so werden sie gebunden und mit Ketten zur ewigen Verdammnis gefesselt. Wenn aber den Bußfertigen die Vergebung der Sünden verkündigt wird, so werden sie davon befreit, von den Banden ihrer Schuld frei gemacht und zu Erben des Himmelreiches wieder aufgenommen. Wird also (will Christus sagen) vor meinem himmlischen Vater bestätigt werden, was Du auf Erden in Deinem Predigtamt, berichten wirst, nach Anleitung der himmlischen Lehre, welche die Unbußfertigen binden und die Bußfertigen lösen heißt. Darum sollen alle bußfertigen Sünder wissen, wenn sie von einem Diener des Evangeliums absolviert werden, dass sie auch wahrhaftig vor Gott im Himmel absolviert und freigesprochen wurden. Die Unbußfertigen dagegen, dessen wiederum versichert sind, dass die Ankündigung der ewigen Verdammnis, welche auf Erden durch den Kirchendiener geschieht, wahrhaftig auch im Himmel kräftig ist. Denn also redet Christus von eben dieser Sache nach seiner Auferstehung, als er die Apostel in ihrem Predigtamt wieder einsetzte, dessen sie, allem Ansehen nach, waren verlustig geworden. Welchen ihr die Sünde erlasst, denen sind sie erlassen und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten {Joh 20}. Wenn jedoch ein Kirchendiener um irgendeinen eigenen Nutzen willen, oder damit er einer Gefahr entgehe oder aus Gunst einen Unbußfertigen absolviert und freispricht, oder einem Bußfertigen aus einem besonderen Hass und Neid die Sünde behält, so ist deren vor Gott nicht gültig, denn er geht außer dem ihm vorgestreckten Ziel seines Amtes und Berufes. Es sind aber diese Worte, vom Binden und Lösen, erlassen und behalten, nicht Petrus allein gesagt, sondern auch allen anderen Aposteln. Denn Petrus hatte für alle Apostel geantwortet, und hat Christus bald danach eben dieselben Worte, von der Macht zu binden und zu lösen, zu allen Aposteln miteinander geredet (Kapitel 18). So gehört auch diese Verheißung allen Dienern des Evangeliums, anders hätte die Kirche nach Petrus und den anderen Apostel sterben müssen und die Schlüssel des Himmelreiches wären verloren. Und würde in so vielen hundert Jahren keiner in den Himmel kommen.
Die Katholiken aber sind besonders ungeschickt und tölpisch, da sie aus diesen Worten Christi den allgemeinen Primat den Vorzug des römischen Papstes über alle anderen Kirchen, wie auch seine Tyrannen, zu behaupten sich unterstehen. Denn sie bringen so ungereimte Dinge zusammen, damit sie ihren Irrtum zu bestätigen glauben. Die sagen, Christus habe die Schlüssel des Himmelreiches Petrus und nicht den anderen Aposteln gegeben; darum, was die anderen Apostel für eine Gewalt gehabt, das haben sie allein von Petrus empfangen, als dem Fürsten der Apostel. Petrus sei das Fundament der ganzen Kirche gewesen und zu Rom als ein allgemeiner Bischof 25 Jahre gesessen. Alle nach ihm folgenden römischen Bischöfe (die jetzt Päpste heißen) sind Petrus ordentliche Nachkommen. Also, dass sie eben diesen Vorzug, wie Petrus, haben, über die allgemeine Kirche. Darum haben sie die Schlüssel und die Gewalt, nicht allein die Sünde zu erlassen und zu behalten, sondern es haben auch die Päpste Macht von Gott, die Reiche dieser Welt zu bestellen, neue Gesetze zu machen, daran die Gewissen gebunden sind, den bösen Geistern im Fegefeuer zu gebieten, den Heiligen Engeln im Himmel zu befehlen, in der Summe, alles nach ihrem Willen und Wohlgefallen zu tun, also das, wenngleich der römische Papst viel Tausend Seelen mit sich zur Hölle führte, dennoch niemand dürfte dagegen reden. Das sind lauter grobe und erkennbare Lügen. Denn es sind dem Apostel Petrus die Schlüssel nicht allein gegeben worden. Und es wird in der Schrift nirgends angezeigt, dass Petrus jemals zu Rom gewesen sei. Wenn er wirklich zu Rom sollte 25 Jahre im Papsttum gesessen sein, so folgt daraus, dass er der Kirche 15 Jahre länger vorgestanden war, denn er gelebt hat, wie man aus den Berechnungen klar erkennen kann. Also sind die Päpste keine Nachkommen Petri, weil sie die Lehre von Petrus auf das Schärfste hassen und verfolgen mit Feuer und Schwert. Es ist ihm auch keine allgemeine Gewalt gegeben worden über alle Kirchen, sondern eines jedem Bischofsamt ist, dass er seine Kirche versehe und versorge. Das Haupt aber aller Bischöfe und Kirchen ist nicht der Papst zu Rom, sondern Christus: Es gehören auch die Schlüssel, deren sie sich rühmen, nicht dazu, dass man die Reiche dieser Welt damit öffne oder schließe, gebe oder nehme, noch dass man sie zum Fegefeuer, welches nirgends ist, gebrauchen müsste. So gelten sie ebenso wenig, um neue Gesetze zu machen, mit denen die Gewissen beschwert werden. Denn das streitet gegen die christliche Freiheit, welche Paulus so hoch gerühmt und gepriesen hat. Darum hat das ganze Primat des Papstes nicht den Apostel Petrus zum Grund, sondern ist erbaut auf lauter Lügen und Betrügereien. Daher es auch, Gottlob, zu fallen angefangen hat, es wird noch mehr fallen, bis es ganz zugrunde geht.
20. Da verbot er seinen Jüngern, dass sie niemand sagen sollten, dass er Jesus, der Christ, wäre.
Christ wäre: Der versprochene, Messias und Heiland der Welt. Denn Christus sah, dass seine Jünger noch immer von einem irdischen Reich träumten, und dass das Volk einen solchen Messias begehrte, durch welches Regiment, oder zum wenigsten unter seinem Schein und Deckmantel, sie sich von der damaligen römischen Obrigkeit befreien könnten. Darum besorgte sich Christus, es möchten die Jünger von der Offenbarung des Messias nicht richtig lehren, besonders, weil sie die Gaben des Heiligen Geistes noch nicht empfangen hatten, welche später ihnen am Pfingsten gegeben wurden. Und sagte ihnen, dass die schweigen sollten. Weil ohnehin die Zeit des Leidens Christi nahte. Denn wenn die Juden Christus erkannt hätten, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. Denn wenn die Wahrheit, mit menschlichem Wahn gemischt, gelehrt wird, so tut solches mehr Schaden als Nutzen, dessen der Bauern Aufruhr ein Beispiel war, welches darum entstand, dass etliche von der christlichen Freiheit nicht richtig lehrten, als ob sie die leibliche Dienstbarkeit aufhebe.
21. Von der Zeit an fing Jesus an und zeigte seinen Jüngern, wie er müsste nach Jerusalem gehen und viel leiden von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und am dritten Tage auferstehen.
Viel leiden: Damit er so den Aposteln den falschen Wahn, welchen sie von dem weltlichen Reich des Messias gefasst hatten, ausredete und sie vorbereitete, damit sie sich an seinem Leiden später nicht ärgerten.
Schriftgelehrten: Welche von ihrer großen Kunst und Weisheit im Gesetz Gottes, bei dem Volk ein großes Ansehen hatten.
Getötet werden: Dazu einen schmählichen Tod am Kreuz sterben.
Auferstehen: Von den Toten. Dies war der Trost, welchen Christus der traurigen Predigt hinten anhängt. Gleichwie aber Christus den Jüngern sein Leiden zuvor verkündigt, damit sie sich nicht so sehr darüber ärgerten. Also sollen wir auch der Trübsal uns erinnern, damit wir nicht plötzlicher Sachen überfallen und irregemacht werden. Denn alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, müssen Verfolgung leiden, wo nicht von den Menschen, so werden sie doch vom Satan geplagt. Wie aber Christus damals keine ärgeren Feinde gehabt hat als die Hohepriester, Pharisäer und Schriftgelehrten. Also ist heutigentags dem Evangelium Christi niemand mehr entgegen als die römischen Päpste und Jesuiter. Wir mussten aber einen solchen Messias haben, nicht der die Welt mit leiblichen Waffen ausrüstet, die Königreiche einnehmen und die Seinen in dieser Welt mächtig und zu großen Herren macht. Denn solches alles nützt nicht zur rechten und ewigen Wohlfahrt; sondern der den schrecklichen Tod des Kreuzes litt, auf dass er den Fluch, welcher auf uns lag, wegnehme und mit seinem Tode unsere Sünden für Gott versöhnte und bezahlte.
22. Und Petrus nahm ihn zu sich, fuhr ihn an und sprach: Herr, schone dein selbst; das widerfahre dir nur nicht!
Zu sich: Dass er ihn von den Jüngern ein bisschen beiseite führte, nachdem Christus die zuvor gesprochenen Worte von seinen Leiden geredet hatte.
Fuhr ihn an: Und redete ernst zu ihm, dass er sich nicht vorsätzlich und mit Willen in solch ein Unglück zu stürzen bedenken möchte.
Nur nicht: Was sagst Du da, lieber Herr, willst Du Dich selbst in den Tod geben, und dessen Du Dich wohl befreien könntest? Achte auf Deine Wohlfahrt, auch auf unsere Wohlfahrt. Wie hat Dir nur solches ungereimtes in den Sinn kommen können, dass Du wissentlich und mit Willen begehrst, ums Leben zu kommen und uns alle in ein solches Leid bringst, darin wir geraten würden, wenn wir Dich, als unseren liebsten Herrn und Meister, verloren hätten. Diese fleischliche Weisheit Petri ist zur Unzeit ganz ungereimt und närrisch gewesen. Denn wenn Christus ihm gefolgt wäre, so wäre das menschliche Geschlecht nicht erlöst worden. So sieht man darum, wie der Mensch, wie er natürlicherweise ist, nichts anderes kann, als nur närrisch und ungeschickt sein, in Sachen, welche die ewige Seligkeit betreffen.
23. Aber er wandte sich um und sprach zu Petrus: Heb dich, Satan, von mir! Du bist mir ärgerlich; denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.
Ärgerlich: Und willst mich daran hindern, dass ich meinen Beruf nicht nachkomme, dazu ich von Gott berufen bin.
Menschlich ist: Du bist jetzt nicht so gesinnt, dass Du mein Tun Gott gefällt, sondern rätst nur dazu, was dem Menschen Fleisch wohltut. Denn der menschliche Verstand flieht vor dem Kreuz, und meint, es sei schändlich und schädlich, sucht aber dagegen das Paradies auf dieser Welt, welches doch umsonst ist. Man lernt auch hier, dass der ein Satan genannt wird, welcher einen von seinem rechtmäßigen Beruf abhalten und abschrecken will, darum soll man solchen kein Gehör geben, es sind gleich Freunde, Kinder, Eheweib. Auch hat man hier zu merken, dass Christus Petrus ernstlich schimpft, den er doch nicht hasste, sondern lieb hatte. Also werden wir auch manchmal von Gott dem Herrn gescholten, wenn wir von ihm gezüchtigt werden, darum sollen wir nicht meinen, er ist uns feind. Denn welchen Gott lieb hat, den züchtigt er, stäupt aber einen jeglichen Sohn, den er aufnimmt {Hebr 12}.
24. Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir {Mt 10v38 Lk 14v27}.
Da: Also hat Christus von seinem Kreuz oder Leiden geredet, so nimmt er gleich die Gelegenheit an die Hand und predigt vom Kreuz und Leiden aller Frommen, ermahnt auch einen jeden, dass er seine Trübsal mit Geduld aufnehme. Diese Erinnerungen machen auch Markus 8) und Lukas 9).
Nachfolgen: Dass wer will mein rechter Jünger sein und in meine Fußstapfen treten, damit er auch nach mir zur himmlischen Herrlichkeit eingehe, der muss nicht nur auf seinen leiblichen Nutzen sehen, sondern gesinnt sein, als wenn ihn dieses Lebens Glückseligkeit nichts anginge, und hätte er alle Dinge, die in diesem vergänglichen Leben lieb und wert sind, absagt. Er soll auch die Trübsale, welche ihm Gott auflegt, geduldig tragen, und sich selber ihm zum Beispiel vorstellen, dass er bereit ist, durch mancherlei Trübsal zum ewigen Leben einzugehen. Kann darum Christus niemand richtig folgen, nur der allein, welcher seinen eigenen Nutzen nach hinten setzt, und ihm zu folgen bereit ist, obgleich er aller zeitlichen Güter darüber sollte verlustig werden. Denn das heißt, sich selbst verleugnen. Es nimmt aber ein Christen Mensch so sein Kreuz auf sich, nicht wenn er sich selber ein Kreuz oder eine Trübsal des Leibes erwählt und auflegt, sondern wenn er das Unglück geduldig leidet, welches Gott ihm schickt. Die nun so Christo in seinem Leiden mit Geduld folgen, die werden ihm auch folgen in der Auferstehung und im Himmel, da sie mit ihm der ewigen Seligkeit genießen werden.
25. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden {Mt 10v39 Mk 8v35 Lk 9v24 Joh 12v25}.
Erhalten will: Durch Verleugnung der evangelischen Wahrheit, oder durch andere unordentliche Mittel.
Verlieren: Und in den ewigen Tod oder Verdammnis fallen. Was aber das für ein Gewinn ist, dass man wenige Tage dieses Lebens erhalte und dagegen das ewige Leben verscherze, kann ein jeder für sich ausmalen. Darum soll man das kurze zeitliche Leben nicht zu hoch achten, dass man um desselben willen das Evangelium Christi verleugnen wollte.
Finden: Und anstatt dieses zeitlichen, kurzen und vergänglichen Lebens das ewige himmlische Leben erlangen, dessen kein Ende sein wird. Was ist das für ein guter Tausch und Wechsel, wenn wir für das zeitliche Leben die ewige Freude und Herrlichkeit empfangen. Wer wollte denn nicht viel lieber dieses Leben und alles, was er hat, verlassen, als dass er Christus verliere?
26. Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele? Oder was kann der Mensch geben, damit er seine Seele wieder löse {Mk 8v36}?
Seele: Denn es sind aller Welt Güter und Königreiche mit der Seelen Seligkeit nicht zu vergleichen. Darum sollen die Kirchendiener, Obrigkeiten und Hausväter fleißig wachen, ein jeder in seinem Beruf, damit er durch ihre Fahrlässigkeit die Seelen nicht umkommen lasse. Und soll ein jeder Christ seiner Seelen Seligkeit höher schätzen als allen Reichtum und alle Wollüste dieser Welt.
Wieder löse: Denn wenn die Seele einmal in die Hölle verstoßen ist, so kann sie mit keinem Geld, wenn es auch noch so viel wäre, wieder daraus erlöst werden. Und obwohl die, so in diesem Leben wahrhaftig Buße tun, Verzeihung ihrer Sünden erlangen, so findet man doch auch, die, nachdem sie Christus verleugnet haben, nicht mehr mit Petrus sich wiederum zu ihm bekehren, sondern mit Judas dem Strick zueilen und mit keinem weltlichen Schatz die verlorene Seligkeit wiederum erkaufen können. Darum sollen wir uns erinnern, nicht was uns in dieser Welt nützlich sein mag, sondern was uns in jener Welt befördern möge.
27. Denn es wird je geschehen, dass des Menschen Sohn komme in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln; und alsdann wird er einem jeglichen vergelten nach seinen Werken {Mt 26v64 Röm 2v6 2Kor 5}?
Engeln: In unzähliger Menge: Gleichwie die großen Herren und Monarchen viel vortreffliche Leute bei und um sich haben.
Vergelten: Denn des Menschen Sohn wird den Erdkreis richten und die wahre Gottseligkeit mit ewiger Herrlichkeit belohnen, die Bosheit aber mit ewiger Pein strafen. Wie nun ein jeder sein wird, wenn ihn Gott der Herr aus diesem Leben beruft, danach wird er auch in jenem Leben hören ein Urteil über ihn fällen. Denn welche Buße tun und an Christus glauben, denen werden die Sünde nicht zugerechnet {Röm 3 4}. Und werden ihnen die guten Werke vergolten werden, welche sie aus Glauben getan haben {Mt 25}. Welche aber ohne wahre Buße und Glauben an Christus aus dieser Welt abscheiden, die werden alle ihre Sünden vor Gottes Gericht bringen, und um derselben willen verdammt werden. Und muss man doch darum das ewige Leben nicht unserem Verdienst zuschreiben, sondern dem Erlöser Christus, der uns durch den Glauben aus Gnaden gerecht macht {Eph 2 Röm 3}.
28. Wahrlich, ich sage euch, es stehen etliche hier, die nicht schmecken werden den Tod, bis dass sie des Menschen Sohn kommen sehen in seinem Reich.
Wahrlich: Weil Christus von seiner herrlichen Zukunft und seinem himmlischen Reich geredet hatte, aber willens war, seinen drei Jüngern, Petrus, Jakobus und Johannes, bald danach, noch vor ihrem Tode, gleichsam einen Vorgeschmack seines Himmelreichs durch die wunderbare Erklärung auf dem Berge, welche im folgenden Kapitel beschrieben wird, zeigte. So hat er hier mit wenig Worten seinen Aposteln eine Andeutung gemacht, und ihnen dazu eine Hoffnung gemacht, davon auch gelesen wird in Markus 9 und Lukas 9.
Das ist: (Nach Luther) Wer an mich glaubt, der wird den Tod nicht sehen {Joh 8v51}.
Reich: Einige von euch Aposteln, sollen ein Stück von meinem Reich und von meiner himmlischen Herrlichkeit sehen, bevor ich sterbe. Heutigentags findet man auch unter den Christen, aber doch wenig, die auch in einer Verzückung liegen, und etwas von der himmlischen Herrlichkeit und Seligkeit des anderen Lebens empfinden, was aber für eine Freude es sei, das können sie mit Worten nicht aussprechen. Dergleichen etwas, aber noch viel ein Größeres, ist gewesen, dass der Apostel Paulus vor seinem Tod in den dritten Himmel und ins Paradies entzückt worden ist {2Kor 12}. Welche aber in diesem Leben ein solches nicht empfinden, die sollen trotzdem im wahren Glauben beharren und in der Hoffnung der ewigen Herrlichkeit und Seligkeit warten. Denn der Glaube soll sich auf Gottes Wort und nicht auf unsere Vernunft gründen.
Das 17. Kapitel
- Christus wird auf einem Berge verklärt. Das zeigt an, wie Johannes der Elias sei, von dem der Heilige Geist zuvor geweissagt, dass er in den letzten Zeiten kommen würde. Bringt einen Mondsüchtigen, an dem die Apostel nichts ausrichten können, ganz leicht wieder zurecht und meldet die Ursache, warum der Satan auf der Apostel Befehl nicht weichen wollte. Rühmt darauf mit trefflichen Worten die große Kraft eines wahren Glaubens. Lehrt noch einmal, wie er müsse dem Tode übergeben werden, und dass er werde am dritten Tag wiederauferstehen. Petrus gibt auf den Befehl Christi ein Geldstück, welches er durch ein Wunderwerk bekommen hatte.
1. Und nach sechs Tagen nahm Jesus zu sich Petrus und Jakobus und Johannes, seinen Bruder, und führte sie beiseite auf einen hohen Berg.
Und: Es hatte am Ende des vorigen Kapitels Christus gesagt, dass etliche von denen, die bei ihm standen, den Tod nicht schmecken würden, bis sie des Menschen Sohn kommen sehen in seinem Reich. Darum er solches jetzt wollte ins Werk richten, und in der Gegenwart von drei Zeugen, Petrus, Jakobus, und Johannes, einen Geschmack von seinem Reich und himmlischer Herrlichkeit sehen lassen. Ist danach von diesen drei Aposteln auf einen hohen Berge verklärt worden, wie auch Markus in Kapitel 9, und Lukas in Kapitel 9 solche Geschichten beschreiben.
6 Tagen: Von der Zeit an zu rechnen, da Christus seinen Jüngern von seinem Leiden gepredigt hatte.
Berg: Etliche sind der Meinung, dies sei der Berg Thabor gewesen, in Galiläer gelegen.
2. Und ward verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß als ein Licht.
Verklärt: Indem er auf diesen Berg sein Gebet getan hat, wie Lukas es bezeugt. Also, dass ihn die drei Jünger in großer und unaussprechlicher Majestät und himmlischer Herrlichkeit gesehen haben.
Licht: So weiß und hell, dass es kein Maler auf Erden so weiß machen kann, wie Markus sagt (Kapitel 9). Diese Verklärung Christi bezeugt, dass er der versprochene Messias ist, der nicht allein jetzt und der in himmlischer Herrlichkeit regiert, sondern auch allen, die an ihn glauben, das ewige Leben geben wird. Denn er wird unseren nichtigen Leib, der jetzt vielen Schwachheiten und Gebrechlichkeiten unterworfen ist, verklären, dass er ähnlich werde seinem verklärten Leibe, nach der Wirkung, damit er kann auch alle Dinge ihm untertänig machen {Phil 3}.
3. Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia, die redeten mit ihm.
Erschienen ihnen: Auch in himmlischer Majestät und Herrlichkeit.
Redeten: Von seinem Ausgang, den er erfüllen sollte zu Jerusalem, wie Lukas meldet: Das heißt, sie besprachen sich mit ihm von seinem Leiden, Sterben und der Auferstehung, und handelten also von seines Mittlers Amt, damit er die Sünde büßen, den Teufel überwinden und die Hölle zerstören würde. So ist dieses das vornehmste und allerheilsamsten Hauptstück unserer christlichen Religion, dass Christus mit seinem Leiden und die Sünden der ganzen Welt gebüßt, und dafür genug getan hat. Und diskutieren diese drei vortrefflichen Personen in der ganzen Welt nicht von den Chören der Engel und dergleichen Sachen, welchen die Katholiken so viel nachgrübeln und erforschen sich unterstehen. Denn dies ist der Inhalt der ganzen Lehre Christi, dass man in seinem Namen predigen soll Buße und Vergebung der Sünden {Lk 24}. Da nun die Jünger für sich selbst Mose und Elias erkannten, die sie nie gesehen, so werden wir bestimmt einander im ewigen Leben auch kennen.
4. Petrus aber antwortete und sprach zu Jesu: Herr, hier ist gut sein; willst du, so wollen wir hier drei Hütten machen, dir eine, Mose eine und Elia eine.
Petrus: Der auch verzückt gewesen ist und vor Entsetzen und Verwunderung kaum wusste, was er redete.
Gut sein: Darum wollen wir in dieser Freude, Majestät und Herrlichkeit immer bleiben und dagegen Weib, Kinder und alles Zeitliche fahren lassen, auch ein eventuelles weltliches Königreich, darauf wir gehofft, nicht mehr bedenken. Ich wollte mich an keinen anderen Ort mehr wünschen.
Drei Hütten: Auf dass wir drei immer beisammen sind und wir eure Majestät und Herrlichkeit mit höchster Freude anschauen mögen. Wir bedürfen von uns aus keiner Hütte, wenn wir nur deiner Majestät ohne Aufhören sehen, so haben wir genug. Es hatte Petrus kaum einen Geschmack von der himmlischen Freude empfunden, siehe, so vergisst er von nun an alle irdischen Sachen, und begehrt nicht mehr das irdische Leben. Wir sollen auch an himmlische Sachen denken, und ein Verlangen danach haben, gegen welche alle irdischen Schätze und Reichtümer lauter Armut und die nichts zu rechnen ist, alle irdische Herrlichkeit und Ehre, nur Schmach und Unehre, alle zeitlichen Wollüste nichts denn Schmerzen und Wehe zu achten sind. Zudem sind die himmlische Freude und Herrlichkeit nicht vergänglich, sondern unendlich, ewig, wie Petrus es bezeugt {1Petr 1}.
5. Da er noch also redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören.
Wolke: Also, dass es sich ansehen ließ, als würden sie damit umfangen und überzogen.
Lieber Sohn: Und ein Geborener, den ich als mich selber liebe, weil er aus meinem Wesen geboren ist. Um welches willen mir auch alle anderen angenommenen Kinder lieb und angenehm sind.
Hören: Dass ihr glaubt, was er euch sagt, und tut, was er euch befiehlt. Denn diesen habe ich nicht allein zum Mittler, sondern auch zum Propheten und Lehrer gesandt. Der erste Teil dieser Predigt, nämlich, dies ist mein lieber Sohn, ist aus dem 2. Psalm genommen. Das andere steht im Propheten Jesaja, Kapitel 42. Hier wird von Christus gesagt: An welchem meine Seele ein Wohlgefallen hat. Der dritte Teil ist genommen aus dem 5. Buch Mose, Kapitel 18. Da ganz ernstlich befohlen wird, dass man den Propheten, welchen Gott in dieser Welt senden werde, hören soll. Beweist demnach der erste Teil von der ewigen Gottheit Christi, welche er durch die ewige Geburt hat vom Vater. Der zweite, wie er dem Vater so wohlgefalle, und dass um seinetwillen auch wir vom Vater geliebt werden. Der dritte Teil lehrt, dass wir alles glauben und tun müssen, was Christus sagt und befohlen hat, wenngleich auch unsere menschliche Vernunft dagegen ist.
6. Da das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken sehr.
Hörten: Nämlich, solche Stimme Gottes des himmlischen Vaters.
Erschraken sehr: Denn die menschliche Natur, so durch die Auferstehung von den Toten noch nicht verändert und wiederum erneuert worden ist, ist viel zu schwach dazu, als dass sie die himmlische Majestät erdulden könnte. Darum, auf dass wir der himmlischen Güter und Freuden genießen können, so ist es nötig, dass das Sterbliche unsterblich werde {1Kor 15}.
7. Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht!
Rührte sie an: Und stärkte sie zugleich mit diesem seinem Anrühren.
Euch nicht: Denn es hat keine Gefahr, sondern diese Erscheinung ist euch und allen Auserwählten zum Guten geschehen. Denn Gott offenbart uns seine Gegenwart nicht darum, dass wir verderben, sondern dass er uns selig mache.
8. Da sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand denn Jesus alleine.
Alleine: Denn Mose und Elias waren wieder verschwunden. Es können aber die verklärten Leiber erscheinen und verschwinden, so oft sie wollen. Und bezeugt diese Erscheinung der Klarheit Christi, wie auch die gehörte Stimme des Vaters, dass Jesus von Nazareth der ewige Sohn Gottes sei und Heiland des menschlichen Geschlechts, der um unseretwillen ins Fleisch gekommen ist.
9. Und da sie vom Berge herabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt dies Gesicht niemand sagen, bis des Menschen Sohn von den Toten auferstanden ist.
Gesicht: Das heißt, die Verklärung und Offenbarung meiner Majestät.
Niemand sagen: Denn es ist jetzt nicht die Zeit dazu, dass man es öffentlich ausbreitet. Dieses beschreiben auch Markus im 9. Kapitel und Lukas im 9. Kapitel. Denn die Jünger Christi verstanden noch nicht genügend, was es für eine Gelegenheit mit seinem Himmelreich hätte, weil sie mit einem fleischlichen Wahn vom irdischen Reich eingenommen waren, und hätten ihre Zuhörer irgendeinen Aufruhr wider die Obrigkeit erregen können. Wenn auch die himmlische Majestät Christi einem jeden damals wäre kundgeworden, so hätte später niemand Hand an ihn legen dürfen. Aber anders wäre das menschliche Geschlecht nicht erlöst worden. Darum sollen die Kirchendiener darauf achten, dass sie die Lehre nach der Zuhörer Verstand und zu ihrer Besserung richten. Denn mit den Schwachen muss man anders umgehen als mit den Starken und dem Beispiel von Paulus folgen, da er sagt: Ich konnte nicht mit euch reden als mit Geistlichen, sondern als mit Fleischlichen, wie mit jungen Kindern in Christo. Milch habe ich euch zu trinken gegeben und nicht Speise. Denn ihr konntet noch nicht, auch konntet ihr noch jetzt nicht, weil ihr noch fleischlich seid. {1Kor 3}.
10. Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Was sagen denn die Schriftgelehrten, Elia müsse zuvor kommen?
Schriftgelehrten: Welche das Gesetz und die Propheten in den Schulen zu erklären pflegen.
Zuvor kommen: Vor der Auferstehung der Toten, und vor dem Jüngsten Tage. Denn als die Jünger hörten, dass Christus von seiner Auferstehung redet, meinten sie, diese würde nicht geschehen vor dem Jüngsten Tage. Und weil sie zuvor gehört hatten, dass er am dritten Tage von den Toten wiederauferstehen würde, so haben sie angefangen zu schließen, der Jüngste Tag wäre ganz nahe vor der Tür. Weil sie aber auch in den Schulen die Schriftgelehrten hörten lehren, aus dem Propheten, Maleachi, Kapitel 4, dass Elias vor dem schrecklichen Tag des Herrn kommen würde, damit der alles wieder zurechtbrächte So hatten sie zwar Elias auf dem Berge gesehen, aber er war bald wieder verschwunden und hatte nichts auf Erden zurechtgebracht. Darum sind sie in einen Zweifel gekommen, was von dieser Sache zu halten ist. Denn sie waren auch in dem Wahn, er müsste, nach der Weissagung des Propheten Elias, persönlich wieder in diese Welt kommen, mit den Leuten umgehen, und was in der Lehre oder verdorben war, wiederum zurechtbringen. Danach würde Christus erst sterben und am dritten Tage, welcher zugleich der Welt Ende und ein Anfang des himmlischen Lebens sein würde, wiederauferstehen. Es wird auch diese Frage der Jünger beschrieben, in Markus 9.
11. Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Elia soll ja zuvor kommen und alles zurechtbringen.
Zuvor kommen: Es haben die Schriftgelehrten aus der Weissagung des Propheten Maleachi in diesem Fall recht gelehrt, aber es ist solches bereits erfüllt. Denn Johannes der Täufer ist dieser Elias gewesen, der da hat sollen zukünftig sein und die Menschen zur Buße rufen vor dem schrecklichen Tag meines Leidens, der dem Satan das Regiment aus den Händen reißen wird. Aber viele Juden haben das Ansehen und Amt Johannes des Täufers nicht erkannt, denn etliche sagten, er habe einen Teufel. Aber Herodes ist noch weiter gegangen, hat ihn lassen in das Gefängnis werfen und töten.
12. Doch ich sage euch: Es ist Elia schon kommen, und sie haben ihn nicht erkannt, sondern haben an ihm getan, was sie wollten. Also wird auch des Menschen Sohn leiden müssen von ihnen.
Von ihnen: Nämlich von Juden und Heiden, dass sie ihm viel Schmach anlegen werden und töten. Denn also sind die Leute in dieser Welt, dass sie sich vortreffliche und hochbegabte Lehrer wünschen, die ihnen den Weg zur Seligkeit zeigen. Wenn sie ihnen aber von Gott geschickt werden, so verfolgen sie diese, schmähen und lästern sie, ja bringen sie auch wohl ums Leben, wenn sie es können.
13. Da verstanden die Jünger, dass er von Johannes dem Täufer zu ihnen geredet hatte.
Dem Täufer: Dass dieser der Elias wäre, von welchem der Prophet Maleachi geweissagt hatte. Es ist darum diese Weissagung längst erfüllt worden. Dass man aber im Papsttum glaubt, Elias und der Prophet Henoch werden vor dem Jüngsten Tage leiblich wiederkommen und die Welt reformieren, davon hat man kein Zeugnis in der Heiligen Schrift. Wenn aber der, der mit Recht Elias genannt werden kann, welcher mit einem hohen Geist und göttlichem Eifer begabt ist, dass er die Kirche Gottes vom Aberglauben, falscher Lehre, und Abgötterei reinige, so hat nach der Apostelzeit den Namen des Elias keiner besser tragen können als die Erinnerungen von Doktor Martin Luther, der die christliche Lehre wieder rein hervorgebracht und ans Licht gezogen hat.
14. Und da sie zu dem Volk kamen, trat zu ihm ein Mensch und fiel ihm zu Füßen
und: Jetzt folgt eine sehr denkwürdige Geschichte von einem mondsüchtigen Menschen, dem die Apostel nicht helfen konnten. Christus aber hat ihn gesund gemacht, welche auch Markus 9 und Lukas 9 erzählen.
15. und sprach: Herr, erbarme dich über meinen Sohn; denn er ist mondsüchtig und hat ein schweres Leiden; er fällt oft ins Feuer und oft ins Wasser.
Mondsüchtig: Dass er nach des Mondes Lauf zu gewissen Zeiten schrecklich geplagt und vom Teufel, der ihn besessen, jämmerlich gemartert wird. Es gebührt aber frommen Eltern, dass sie für ihre Kinder fleißig Sorge tragen, damit sie an Leib und Seele gesund werden, und gibt dieses Beispiel des Mondsüchtigen, der besessen war, zu erkennen, dass etliche Krankheiten zugleich von natürlichen Ursachen und besonderen Klagen des Satans entstehen. Solche Krankheiten werden vergeblich allein mit leiblicher Arznei geheilt, sondern es ist auch ein inbrünstiges Gebet neben der Arznei nötig.
Wasser: Dass ihn der Satan also umtreibt und ihn begehrt, ums Leben zu bringen. Denn der Satan stellt unserem Leib, unserer Seele und unserem Gut nach. Darum hat Gott den Frommen der Engel Schutz zugeordnet.
16. Und ich habe ihn zu deinen Jüngern gebracht, und sie konnten ihm nicht helfen.
Nicht helfen: Die Ursache aber, warum die Apostel diesem Menschen nicht helfen und ihn gesund machen konnten, obwohl sie sonst von Christus Macht empfangen hatten, die Teufel auszutreiben, werden wir später hören.
17. Jesus aber antwortete und sprach: O du ungläubige und verkehrte Art, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch dulden? Bringt mir ihn hierher!
Dulden: Bis ihr im Glauben zunehmt? Wie habe ich nur ungelehrige Jünger und Zuhörer, die meiner Lehre nicht fähig sind? Muss ich denn euren verkehrten Wahn und Unglauben so lange übersehen? Denn es ja ein Geringes ist, dass ihr noch immer aus meinen Wunderzeichen nichts gelernt habt. Und schimpft Christus mit diesen Worten nicht nur den Vater, dessen Sohn geplagt wurde, sondern auch seine Apostel und Jünger Unglauben, wie aus dem, was bald folgt, zu sehen ist. Denn es sind auch fromme Leute nicht so stark im Glauben, wie sie wohl sollten sein, und ringt der Glaube mit dem Unglauben oft so stark, dass es scheint, als liege der Glaube unten, bis er wiederum hervorbricht und aus dem Misstrauen sich herausreißt. Weil aber Christus unsere großen Schwachheiten trägt und um dieser willen uns nicht verwirft, so ist es richtig, dass wir unserer christlichen Mitbrüder Schwachheiten, die wir nicht verbessern können, dulden.
18. Und Jesus bedrohte ihn; und der Teufel fuhr aus von ihm, und der Knabe wurde gesund zu dieser Stunde.
Bedrohte ihn: Den Teufel, welcher den Knaben so schrecklich peinigte und plagte {Lk 9}, dass er ihm befahl auszufahren. Denn Christus ist in diese Welt gekommen, dass er die elenden Leute aus des Satans Gewalt und Tyrannei errette. Und es ist die Gewalt des Satans so groß, welche Christus nicht überwinden könnte.
19. Da traten zu ihm seine Jünger besonders und sprachen: Warum konnten wir ihn nicht austreiben?
20. Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Um eures Unglaubens willen. Denn ich sage euch: Wahrlich, so ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so möget ihr sagen zu diesem Berge: Heb‘ dich von hier dorthin! so wird er sich heben, und euch wird nichts unmöglich sein {Lk 17v6}.
Unglaubens willen: Denn wenn ihr meiner Zusage fest geglaubt hättet, da ich euch Macht gegeben, die Teufel auszutreiben, so hättet ihr auch diesen Teufel austreiben können.
Senfkorn: Also, dass er zwar klein, aber doch ein rechter Glaube ist.
Nichts unmöglich: Welches ihr nicht in wunderbarerweise ausrichten könntet, wenn ihr Glauben habt. Man muss aber diese Worte Christi von dem Glauben verstehen, damit man Wunderwerke tut. Davon auch Paulus redet, da er sagt: Wenn ich allen Glauben hätte, also dass sich auch Berge versetzte {1Kor 13}. Und es ist kein Zweifel, die Apostel hätten können Berge versetzen, wenn es ihr Beruf so erfordert hätte, und sie geglaubt, dass sie es auch gewisslich ausrichten, was ihr Beruf mit sich brächte. Denn so viel kann sich ein jeder selbst versprechen, was in der Macht seines Berufes ist. Unser Beruf heutigentags aber ist nicht, dass wir sollen Berge versetzen oder Tote erwecken. Darum können wir auch solchen Glauben nicht haben. Weil es uns nicht befohlen ist, dass wir sollen Wunderwerke tun. Aber doch können wir auf eine andere Weise Berge versetzen, wenn wir Buße tun, und an Christus glauben. Denn dabei versetzen wir einen großen Berg unserer Sünden von uns auf den Erlöser Christus. Und wenn wir mit dem Berge der Trübsal gedrückt werden, aber mit einem gottseligen Gebet unser Elend in den Schoß des himmlischen Vaters ausschütten, und bitten, dass er uns nicht wolle lassen versucht werden über unser Vermögen, so schieben wir auch diesen Berg von uns, dass er uns nicht unterdrücken kann.
21. Aber diese Art fährt nicht aus denn durch Beten und Fasten.
Aber: Jetzt zeigt Christus an, welches die Ursache der Schwachgläubigkeit in den Jüngern gewesen ist. Daher ist es geschehen, dass sie den Teufel nicht ausräumen können: Weil sie nicht inbrünstig genug gebetet haben.
Beten und Fasten: Denn durch ein inbrünstiges Gebet erlangt man Hilfe von Gott und Stärkung des Glaubens. Das Fasten aber macht das Gebet inbrünstiger. Und wird hier dem Gebet und Fasten nicht zugemessen, dass sie etwas verdienen, als ob wir um solcher Werke willen von Gott erlangen, was wir wollen, sondern es wird angezeigt, dass wenn man was Großes von Gott bekommen will, ein laues und kaltes Gebet nichts ausrichtet, welches von einem fahrlässigen und auch schläfrigen Herzen kommt. Es werde aber das Gebet durch Nüchternheit und Fasten aufgemuntert, ernstlicher, und inbrünstiger gemacht. Denn bei einem vollen Bauch findet sich eine schlechte Andacht.
22. Da sie aber ihr Wesen hatten in Galiläa, sprach Jesus zu ihnen: Es ist zukünftig, dass des Menschen Sohn überantwortet werde in der Menschen Hände {Mt 20v18}.
Da: Weil die Zeit des Leidens Christi sich, je länger je mehr, nahte, so erinnerte er seine Jünger oft, wie er leiden und sterben müsse, damit er ihnen den falschen Wahn nehme und ausredete, welchen sie zuvor von dem weltlichen Reich Christi vernommen hatten, und denn auch, dass er das Ärgernis an ihnen, so viel wie möglich, verringerte, welches sie aus seinem Leiden empfangen würden. Dieses melden auch Markus 9 und Lukas 9.
Menschen Sohn: Nämlich, ich, Jesus Christus des Maria Sohn.
23. Und sie werden ihn töten; und am dritten Tage wird er auferstehen. Und sie wurden sehr betrübt.
Betrübt: Denn bisher hatten sie von keinem Leiden, sondern von großer weltlicher Herrlichkeit geträumt. Es ist aber nützlich und nötig, dass wir auch von Kreuz und Trübsal beizeiten erinnert werden, auf dass wir uns zum selben rüsten und gefasst machen. Jedoch, damit uns die Predigten vom Kreuz nicht zu sehr erschrecken, sollen wir nicht nur an den Tod, sondern auch an die Auferstehung denken; das heißt, wir sollen nicht allein auf die Trübsal und Widerwärtigkeit sehen, sondern auch auf die Erlösung, welche uns Gott verheißen hat).
24. Da sie nun nach Kapernaum kamen, gingen zu Petrus, die den Zinsgroschen einnahmen, und sprachen: Pflegt euer Meister nicht den Zinsgroschen zu geben?
Einnahmen: Steuer für die Obrigkeit. Denn es mussten alle Juden damals (wie auch Josephus bezeugt) der römischen Obrigkeit jährlich einen Zins geben.
25. Er sprach: Ja. Und als er heimkam, kam ihm Jesus zuvor und sprach: Was erscheint dich, Simon? Von wem nehmen die Könige auf Erden den Zoll oder Zins, von ihren Kindern oder von den Fremden?
Ja: Unser Meister gibt den Zinsgroschen, wie andere Leute, darum will ich’s ihm anzeigen.
Zuvor: Mit einer Frage, ihn zu versuchen, weil ihm nicht verborgen war, wovon die Diener der Obrigkeit mit Petrus gehandelt hatten.
Ihren Kindern: Die aus dem königlichen Geschlecht gekommen sind.
Fremden: Die solche Freiheit, wie die königlichen Kinder, nicht haben.
26. Da sprach zu ihm Petrus: Von den Fremden. Jesus sprach zu ihm: So sind die Kinder frei.
Frei: (Nach Luther) Obwohl Christus frei war, gab er doch den Zins seinen Nächsten zu willen. Also ist ein Christ seinetwegen in allen Dingen frei, und gibt sich doch seinen Nächsten willig zu Dienst.
Frei: Daher auch ich, weil ich von dem königlichen Geschlecht Davids gekommen bin, und von allem Zins sollte frei sein, wenn es in der Welt recht zuginge, und man der Billigkeit nach leben wollte. Es ist aber kein Zweifel, wenn Christus den Zins hätte wollen abschlagen, es würde ihm Petrus tapfer beigestanden sein. Aber Christus hat sich seine Freiheit zur Unzeit nicht gebrauchen wollen.
27. Auf dass aber wir sie nicht ärgern, so gehe hin an das Meer und wirf die Angel, und den ersten Fisch, der herauffährt, den nimm; und wenn du seinen Mund auftust, wirst du einen Stater finden. Diesen nimm und gib ihn für mich und dich.
Nicht ärgern: Sie uns nicht für aufrührerische Leute ausschreien, wenn wir den Zins zu geben uns weigerten. Daher man meinem Evangelium übel möchte nachreden, nun, so wollen wir lieber den Zins bezahlen. Denn wir müssen unsere Freiheiten so gebrauchen, dass wir niemand ein Ärgernis geben.
Stater: (Nach Luther) Ist ein Lot, wenn es Silber ist, so macht es einen halben Gulden.
Stater: Welcher als zwei Groschen oder einen halben Gulden gilt.
Und dich: Damit sie keine Ursache haben, über uns zu klagen. Es hat also Christus mit seinem Beispiel gelehrt, dass die Christen der Obrigkeit sollen Zoll und Zins, und dergleichen mehr ist, treu und willig geben. Wie auch der Apostel Paulus befiehlt {Röm 13}. Gleichwie aber Petrus, als ein Fischer, aus dem Fischfang konnte seine Zinsen bezahlen. Also wird ein jeder von seinem Beruf so viel Geld können zu Wege bringen, dass er den Zins und die Steuer bezahlt, wenn er nur in seinem Beruf tapfer fortfährt und Gott um seinen Segen anruft. Die Obrigkeit aber soll die Untertanen mit nicht zu großen Zinsen beschweren. Denn es steht einem Hirten zu, dass er die Schafe schere, aber nicht schinde.
Das 18. Kapitel
- Als die Jünger um den Vorzug im Reiche Christi miteinander zanken, werden sie der Demut erinnert. Die zum Ärgernis Ursache geben, denen wird der ewige Fluch verkündigt. Und wird uns die Gelegenheit und alles, was zu Sünden reizt, zu meiden befohlen. Christus erklärt durch ein Gleichnis, was für ein großes Verlangen er habe nach der Menschen Seligkeit. Zeigt danach an, wie die Uneinigkeit, so unter den Christen entstanden, abzulegen sind, rühmt die Kraft und Wirkung der ordentlichen Absolution und begabt der Gläubigen Gebet mit einer herrlichen Verheißung. Und er erklärt, wie oft man dem Nächsten verzeihen soll, mit einem Gleichnis vom Knecht, der von seinem Mitknecht 100 Groschen Schuld mit großem Ernst forderte, da er doch hingegen 10.000 Pfund schuldig war.
1. Zu derselben Stunde traten die Jünger zu Jesus und sprachen: Wer ist doch der Größte im Himmelreich?
Zu: Die Jünger Christi streben noch einmal nach dem Vorzug. Aber Christus erinnert sie der Demut und Niedrigkeit. Das melden auch Markus und Lukas im 9. Kapitel.
Himmelreich: Nämlich in deinem Reich, in welchem Du bald die Regierung anfangen wirst. Obwohl die Apostel das Reich Christi ein Himmelreich nannten, so waren sie doch in dem Wahn, dass es auf weltliche Weise würde verwaltet werden, wie ihre Reden und Taten bezeugen. So stritten sie auch nicht über das Apostelamt und die Gaben, wie sie Wunderzeichen tun, die sie bereits empfangen hatten, einer wie der andere, sondern sie fragten wer der Nächste nach dem König Christus sein würde. Denn es waren etliche unter den Jüngern, die meinten, solche Würde gebührte ihnen vor allen anderen. Man kann daher auch sehen, dass an vortrefflichen Kirchendienern etliche Mängel sind, weil die Apostel selber um den Vorzug miteinander zankten. So sind alle Menschen also gesinnt, von wegen ihrer verdorbenen Natur, dass sie begehren, immer höher zu steigen, und zu kommen, um lieber zu herrschen, als Dienen zu wollen.
2. Jesus rief ein Kind zu sich und stellte das mitten unter sie
3. und sprach: Wahrlich, ich sage euch, es sei denn, dass ihr euch umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen {Mt 19v14 Mk 10v14 1Kor 14v20}.
Umkehrt: Und eure vorige Meinung ändert, mit Ablegung eures Stolzes und Ehrgeizes.
Kommen: Denn die Stolzen haben im Himmelreich keinen Platz. Besonders Gott den Hoffärtigen widerstrebt, den demütigen aber Gnade gibt. Und werden die Kinder an diesem Ort gerühmt, von wegen ihrer Einfalt und wahrer Demut. Denn die Kinder streben nach keiner Herrschaft oder keinem Königreich, sondern glauben, was sie von ihren Eltern hören, wenn sie auch erzürnt wurden, so lassen sie sich leicht wiederum versöhnen. Darum sollen wir es den Kindern nachtun, auf dass wir mit ihnen ins Himmelreich kommen und den Hochmut fallen lassen, dazu unserem himmlischen Vater trauen und nicht zweifeln, was er rede, das sei wahr, auch Unrecht vergessen, was uns von unserem Nächsten zugefügt wurde.
4. Wer nun sich selbst erniedrigt wie dies Kind, der ist der Größte im Himmelreich.
Größte: Denn je mehr sich einer demütigt, je größere Ehre und Herrlichkeit er im Himmel bekommen wird.
5. Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.
Und: Damit nicht jemand glaube, er werde aller seine Ehre und Würde verlustig werden, wenn er in der Demut den Kindern folge, so zeigt Christus an, was für ein hohes Ansehen die Kinder bei Gott haben. Damit wir Lust bekommen ihnen, gleich zu werden.
Mich auf: Und will ich alle Guttaten, die er einem solchen Kinde erzeigt, dahin rechnen, als wären sie mir selbst geschehen. Diese Verheißungen Christi soll uns lustig machen, dass wir uns der kleinen Kinder, besonders aber der Weisen treu annehmen, dass will Christus selber zu seiner Zeit belohnen.
6. Wer aber ärgert dieser Geringsten einen, die an mich glauben, dem wäre besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt, und er ersäuft würde im Meer, da es am tiefsten ist {Mk 9v42 Lk 17v1}.
Ersäuft würde: Denn so wäre seiner Seele der beste Rat gegeben, als dass er Ärgernis gibt und den ewigen Zorn Gottes auf sich lädt. Darum sollen wir uns mit Fleiß hüten, dass wir vor den Kindern nichts reden oder tun, dadurch sie mögen geärgert werden. Denn gleichwie man ins Wachs leicht ein Zeichen drücken kann, weil es weich ist, so geht es an den Kindern in ihren Herzen ganz leicht ein, was nicht richtig geredet oder getan wird. Danach tun sie es nach, und was sie in der Kindheit Unrecht gelernt, das legen sie nicht ab, wenn sie erwachsen sind. Auch hat man hier wohl zu beachten, dass Christus sagt: Die Kinder glauben an ihn, welches doch die Wiedertäufer aus einem närrischen Wahn nicht gestehen wollen. Denn obwohl es sonst bei der Taufe der Erwachsenen richtig ist, dass sie das Wort des Evangeliums hören und aus der Predigt den Glauben empfangen, kann der Heilige Geist jedoch in den Kindern den Glauben auch ohne äußerliche Predigt erwecken. Denn Johannes der Täufer noch im Mutter Leibe mit dem Heiligen Geist begabt wurde, und hat Christus, seinen Heiland erkannt.
7. Wehe der Welt der Ärgernisse halben! Es muss ja Ärgernis kommen; doch wehe dem Menschen, durch welchen Ärgernis kommt!
Wehe: Durch die Gelegenheit von den Kindern, welche manchmal geärgert werden, nimmt Christus den Grund, dass er eine ernste Predigt tut, wie man sich vor dem Ärgernis hüten soll, damit wir niemand Ärgernis geben. Diese Predigt findet man auch bei Markus im 9. Kapitel. Das Ärgernis aber, davon Christus hier handelt, ist eine Rede oder Tat, damit unser Nächster durch unsere Schuld geärgert wird.
Welt: Oder gottlosen Leute in der Welt, welche schrecklich darüber gestraft werden, dass sie so viel und große Ärgernisse geben.
Kommen: Denn weil das menschliche Geschlecht durch die Sünde so total verdorben ist, so kann es nicht anders sein, als dass überall große Ärgernisse vorkommen. Und weil die Menschen häufig sündigen, so kann es nicht ausbleiben, dass durch ihre verkehrten Reden und Taten viele geärgert werden. Darum dürfen wir uns auf dieser Erde nicht eine solche Kirche einbilden, in welcher kein Ärgernis geschehen würde.
Kommt: Dass er Ursache dazu gibt. Welche aber recht tun, die geben keine Ursache zum Ärgernis, wenngleich die Heuchler und andere an ihren Reden und Taten sich ärgern. Denn auch die Pharisäer sich daran ärgerten, wenn Christus am Sabbat jemand gesund machte, und war doch darum die Schuld solchen Ärgernisses des Herrn Christi nicht. Ein solches Ärgernis heißt „genommen“, aber nicht „gegeben“. Wenn aber jemand Anlass zum Ärgernis gibt, der wird schwere Strafe von Gott bekommen.
8. So aber deine Hand oder dein Fuß dich ärgert, so haue ihn ab und wirf ihn von dir. Es ist dir besser, dass du zum Leben lahm oder als ein Krüppel eingehst, denn dass du zwei Hände oder zwei Füße hast und wirst in das ewige Feuer geworfen {Mt 5v30 Mk 9v43}.
So: In den folgenden Worten, die auch im 5. Kapitel stehen, lehrt Christus, dass wir uns nicht allein hüten sollen, damit wir anderen kein Ärgernis geben, sondern dass wir auch selbst nicht geärgert oder zu Sünden gereizt werden. Darum sollen wir, so viel immer möglich, die Gelegenheit zu sündigen meiden. Als wollte Christus sprechen. Du sollst dich mit solchem Fleiß vor Sünden hüten, damit Du nicht ärger gemacht und geärgert wirst. Das, wenn ein Glied an deinem Leibe dich ärgert und zu Sünden reizt, Du dieses viel eher verlustig zu werden bereit bist, als Du der Sünde Raum gibst. Denn es ist besser, ein Glied zu verlieren, als in das höllische Feuer geworfen zu werden. Wenn wir aber der Sache recht nachdenken, so sind es nicht eigentlich die Glieder an sich, welche uns ärgern, sondern die Sünde, so in den Gliedern steckt, macht uns Ärger und reizt und zum Sündigen. Darum auch nicht nötig ist, dass wir leiblicherweise uns selber die Hände oder Füße abhauen oder die Augen ausreißen, denn das hieße wider das 5. Gebot misshandelt. Sondern es ist nötig, dass wir den alten Adam, das heißt, die Sünde töten und dämpfen. Davon der Apostel Paulus redet: So tötet nun eure Glieder, die auf Erden sind, Hurerei, Unreinigkeit, schändliche Brunst, böse Lust und den Geiz, welcher ist Abgötterei {Kol 3}. Siehe das heißt, die Glieder abhauen, wenn die in uns wohnende Sünde gehindert werde, dass sie uns nicht in grobe Sünden stürzen. So sollen wir verhüten, dass wir durch unsere Hände, Augen oder Füße nicht geärgert werden. Wie im 5. Kapitel ausführlich davon geschrieben ist.
9. Und so dich dein Auge ärgert, reiß es aus und wirf es von dir. Es ist dir besser, dass du einäugig zum Leben eingehst, denn dass du zwei Augen hast und wirst in das höllische Feuer geworfen.
10. Seht zu, dass ihr nicht jemand von diesen Kleinen verachtet! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen immer das Angesicht meines Vaters im Himmel.
Seht: Christus wendet sich wieder zu der kleinen Kinder Lob und Ruhm, dass sie niemand aus Verachtung von wegen ihrer geringen Person versäume oder ärgere. Denn es sind die Kinder Gottes dem himmlischen Vater besonders befohlen, also, dass er auch einen jedem Kind seine Engel zu Hütern geordnet hat, welche Engel immer das Angesicht des himmlischen Vaters sehen und seinen Befehl, die Kinder zu leiten und zu bewahren ausrichten. Darum sollen wir uns aufmuntern, dass wir auch Achtung auf die Kinder haben und Gott dem Herrn danken, dass er ihnen die Engel zu Hütern geordnet hat. Denn wir nicht fahrlässiger sein sollen in der Erziehung der Kinder, weil sie Gott in seiner Hut hat, sondern Gottes Fürsorge soll unsere Sorge aufmuntern.
11. Denn des Menschen Sohn ist gekommen, selig zu machen, was verloren ist {Lk 19v10}.
Verloren ist: Weil er nun der Erlöser des ganzen menschlichen Geschlechtes ist, so ist er auch um der Kinder willen, sie zu erlösen, in die Welt gekommen. Darum sind die Kinder vor Gott nicht geringer als die Erwachsenen. Hier hört man, dass auch die Kinder durch den Sohn Gottes mussten erlöst werden, weil sie mit der Erbsünde behaftet sind. Dieser Trost aber, dass Christus gekommen ist, selig zu machen, was verloren ist, geht alle Christen an. Denn welche empfinden, dass sie um der Sünde willen verlorene Menschen sind, die sollen zum Herrn Christus ihre Zuflucht haben und all ihr Vertrauen auf ihn setzen.
12. Was erscheint euch? Wenn irgendein Mensch hundert Schafe hätte und eins unter diesen sich verirrte, lässt er nicht die neunundneunzig auf den Bergen, geht hin und sucht das verirrte {Lk 15v4}?
Was: Christus erklärt, weil ihm die Gelegenheit dazu an die Hand gegeben wurde, durch ein schönes Gleichnis, mit was für einem großen Verlangen er der Menschen, darunter auch der Kinder Seligkeit begehre, als wollte er sprechen: Gleichwie ein treuer Hirte, wenn er nur ein Schaf verloren hat, nicht weniger, sondern vielmehr sorgfältig dafür ist, als für die ganze Herde, und wenn er es wiederbekommt, sich mehr darüber freut, als über die anderen Schafe alle. Also ist mein himmlischer Vater nicht weniger sorgfältig für eines Kindes als vieler anderer Wohlfahrt. Und ist meines himmlischen Vaters Wille nicht, dass ein Kind verloren werde, um welcher Ursache willen er auch mich den Kindern ebenso wohl, und nicht weniger, als den Erwachsenen zum Heiland geschickt hat. Darum sollen wir der Kinder ewige Seligkeit zu befördern keinen Fleiß noch Mühe sparen. Wir werden aber nur dann unserem Amt genugtun, wenn wir die Kinder zur Taufe bringen, dass sie dort aus Wasser und Geist wiedergeboren werden und die Guttaten Christi ihnen zugeeignet werden, auch nach empfangener Taufe sie mit allem Fleiß zur wahren Gottseligkeit aufziehen.
13. Und so sich es begibt, dass er es findet, wahrlich, ich sage euch, er freut sich darüber mehr denn über die neunundneunzig, die nicht verirrt sind.
14. Also auch ist es vor eurem Vater im Himmel nicht der Wille, dass jemand von diesen Kleinen verloren werde
15. Sündigt aber dein Bruder an dir, so gehe hin und strafe ihn zwischen dir und ihm allein. Hört er dich, so hast du deinen Bruder (oder Nächsten oder Mitchristen) gewonnen {3Mos 19v17 Lk 17v3 Gal 6v1 Jak 5v18}.
An dir: Wenn er dich bedrückt, und unrichtigerweise beleidigt, so sollst Du nicht sofort vor anderen ihn verklagen, sondern begehren, Dich mit ihm zu vertragen. Es gibt uns aber diese Predigt Christi einen Bericht, wie die Uneinigkeit denn und streitigen Sachen, so unter den Gläubigen vorkommen können, sollen entschieden werden, damit kein Ärgernis daraus entstehe. Aber die römischen Päpste haben diese Worte Christi, wie auch andere in der Heiligen Schrift, schändlich missbraucht und mit ihrem Bann große Unruhe in der Kirche und dem weltlichen Regiment erregt. Den sie in den Bann getan haben, welche sie nur gewollt, auch die Kaiser, dazu oft ohne eine richtige Ursache, nur aus lauter Hass und Neid, und die Untertanen wider ihre Obrigkeit aufgehetzt. So toben auch die Wiedertäufer deswegen wider die reine Kirche, weil in dieser nicht ein solcher Bann gesetzt und verordnet wurde, wie sie begehren, und wollen, dass man solche Kirche für keine rechte Kirche halten soll, welche nicht den Bann hat, der bei den Wiedertäufern angeordnet ist. Obwohl nun wir die Kirchenzucht nicht schwächen, viel weniger ganz aufheben wollen, so kann man jedoch auch nicht leugnen, und findet es sich in den Umständen, dass zur Zeit Christi und der Apostel es einen anderen Zustand in der Kirche und dem weltlichen Regiment hatte, als es zu unserer Zeit im Christentum ist. Denn zu dieser Zeit bestand die Obrigkeit zum größten Teil aus Heiden. Darum, wenn die Christen vor ihnen zankten, wurden sie von denselben verspottet, und gab solcher Zank ein so großes Ärgernis. Welches auch der Apostel Paulus an den Korinthern ernstlich tadelt, da er sagt: Wie darf jemand unter euch, so er einen Handel hat mit einem anderen, hadern vor den Unrechten und nicht vor den Heiligen? Und etliche Zeilen weiter: Ein Bruder hadert mit dem anderen, dazu vor den Ungläubigen {1Kor 6}. Darum lehrt Christus, wie man solch streitigen Handel unter den gläubigen Christen entscheiden soll. Damit es nicht nötig ist, dass man den Heiden mit großem Ärgernis zulaufe. Und ist dieses Gebot zum guten Teil nur auf eine Zeit lang angesehen gewesen, welches dort galt, wo keine gottselige und christliche Obrigkeit zu finden war. Zwar kann noch heutigentags diese Regel eingesetzt werden, besonders an den Orten, wo Christus eine kleine Kirche hat, und dennoch die Obrigkeit der päpstlichen Religion s ergeben ist, dass wenn zwischen evangelischen Personen ein Streit geschehe, dieser auf die Weise, welche Christus hier vorschreibt, beigelegt würde, und nicht vor den päpstlichen Gerichtspersonen sich miteinander zankten, dazu, wie zu geschehen pflegt, öffentlich einander ausmachten. Daneben aber achten wir den rechten und ordentlichen Bann, dadurch die Sünder wieder auf den rechten Weg gebracht werden, auch nützlich und nötig sind in der Kirche.
Hört: Dass er von seiner Ungebühr absteht und für die zugefügte Unbilligkeit dir einen Abtrag zu tun begehrt.
Gewonnen: Und wird so ein Glied der rechten Kirche bleiben, der sonst in seiner Ungerechtigkeit verloren würde. Denn die Ungerechten werden das Reich Gottes nicht besitzen, wie Paulus bezeugt in {1Kor 6}.
16. Hört er dich nicht, so nimm noch einen oder zwei zu dir, auf dass alle Sache besteh auf zwei oder drei Zeugen Mund {5Mos 19v15 Hebr 10v28}.
Dich nicht: Dass er Deine gutherzige Erinnerung verachtet und in seinem falschen Tun halsstarrig fortfährt.
Oder zwei: Fromme und christliche Männer, die ihn auch ernstlich ermahnen, dass er aufhöre, Dir weiter lästig zu sein.
Munde: Und Du ihn mit solchen Zeugen überführen könntest, wie er in seinem Unrecht, dass er Dir zugefügt hat, überzeugt, und davon abzustehen ermahnt hast, damit er später vor der Gemeinde keine Unwissenheit vorgeben könnte.
17. Hört er die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er die Gemeinde nicht, so halt ihn als einen Heiden und Zöllner.
Gemeinde: Bringe den ganzen Handel einer christlichen Versammlung der Gläubigen vor, dass sie damit handle, und bei ihm anhalte, damit er tut, was einem frommen und Christenmenschen richtigerweise zusteht.
Zöllner: Halte ihn für einen gottlosen Menschen, der nicht zum Reich Gottes gehört. Dafür soll ihn auch die ganze Gemeinde halten und ihm die ewige Verdammnis drohen, welche ihm von wegen seiner Ungerechtigkeit, davon er nach so vielen Erinnerungen nicht abstehen will, auch gewisslich geschehen wird. Aber in groben Sünden und schweren Lastern haben diese unterschiedlichen Erinnerungen keinen Platz, als im Totschlag, Ehebruch und dergleichen. Denn was wäre das für ein ungereimtes Tun, wenn man einen Totschläger erst dann vor Gericht stellt, bis er zwei oder drei Morde begangen hat? Und sagt Paulus den, der die Blutschande mit seiner Stiefmutter begangen, sofort von der Kirche auszuschließen, ohne diese vorangegangenen Erinnerungen. Heutigentags können wir in den streitigen Sachen, die wir mit dem Nächsten haben, in dieser Form recht fortfahren, dass, da uns jemand Unrecht getan, wir ihn nicht gleich vor der Obrigkeit verklagen, denn das wäre unfreundlich gehandelt. Sondern wir sollen ihn zuvor ohne Öffentlichkeit erinnern, dass er sich recht erzeigt: Tut er es, nun gut, wo nicht, so mögen wir noch einen oder zwei fromme Männer zu uns nehmen, die er leiden mag, und die ein Ansehen bei ihm haben, und also wieder mit ihm handeln. Will das auch nicht bei ihm nutzen, so steht es uns frei, die Sache der Obrigkeit vorzubringen, und ihr dieses anheimzustellen, dass sie es richte. In geistlichen Sachen hat es die Meinung: Wenn einer die Kirche mit einem unordentlichen Leben ärgert, so soll ihn der Prediger vor Ort verhören, bestimmt aber wenn er zum Abendmahl des Herrn gehen will, erinnern, sagt er Besserung zu, so ist es gut, denn von der Zukunft sollen wir nicht urteilen. Fährt er aber in seinem bösen und ärgerlichen Leben fort, so mag der Prediger einen oder mehr fromme und gottselige Leute zu sich nehmen, und die ihn noch einmal zur Rede stellen. Bessert er sich, so ist es wieder gut. Verachtet er aber diese Erinnerung auch, so soll man die Sache in einer Kirchenversammlung vorbringen, und dort soll er ermahnt werden. Wenn er sich dann daran nicht halten will, so soll man ihn vor der Gemeinde öffentlich in den Bann tun. Geht er dann in sich selbst, und richtet sein Leben an zur Besserung, so soll er in die Gemeinschaft der Kirche wieder aufgenommen, und von seinen Sünden absolviert werden.
18. Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein {Mt 16v9 Joh 20v23}.
Wahrlich: In den folgenden Worten gibt Christus zu erkennen, was es für einen Nachdruck habe, wenn die Kirche durch einen Kirchendiener jemand in den Bann tut oder absolviert.
Gebunden sein: Das heißt: Wenn ihr jemand darum, dass er ohne Buße in Sünden fortfährt, die Verdammnis verkündigt (denn das heißt, einen Sünder binden und gleichsam mit Banden des göttlichen Zornes verstricken), solches wird im Himmel gelten und Kraft haben, und wird ein solcher der ewigen Seligkeit verlustig werden.
Los sein: Wenn ihr einen bußfertigen Sünder die Vergebung der Sünden anzeigt und ihn von seinen Sünden lossprecht, so wird er wahrhaftig im Himmel als ohne Sünde gezählt und von allen seinen Sünden befreit sein. Darum sollen wir die Bedrohung der ewigen Verdammnis fürchten und das Leben bessern, die Absolution mit wahrem Glauben empfangen, Gott dem Herrn dafür danken und uns weiter mit Fleiß hüten, dass wir nicht wiederum in schwere Sünden fallen.
19. Weiter sage ich euch: Wo zwei unter euch eins werden auf Erden, warum es ist, das sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel.
Weiter: Aus den folgenden Worten Christi ist leicht zu erkennen, wie hoch er seine Kirche hier auf Erden achtet.
Vater: Der seine Kirche so sehr liebt, dass wo zwei in einer Sache miteinander übereinkommen, um dieses zu bitten, der ihnen solche Bitte nicht abschlagen will. Hiermit will er zu verstehen gegeben, was das Gebet für eine große Kraft hat. Man muss aber die Worte Christi von den Sachen verstehen, die zu bitten, ehrlich, christlich, und von Gott zu geben verheißen sind. Denn ungebührliche Sachen begehren, ist gegen alles Recht.
20. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.
Meinem Namen: Dass sie mein Wort hören, betrachten, beten oder Dank sagen.
Nach Luther: Nach meinem Befehl und mir zur Ehre, so geht es auch alles gut aus.
Unter ihnen: Dass ich ihr Gebet erhöre und ihrer Bitte nachkomme. Denn ob wir wohl Christus in dieser Welt mit leiblichen Augen nicht sehen, so sollen wir doch darum an seiner Gegenwart nicht zweifeln, besonders, wenn man in der Kirche zusammenkommt, dass man Gottes Wort hört und die Sakramente bekommt. Er ist aber zugegen, dass er bestätige und tue, was die Kirche auf seinen Befehl und seine Verheißungen handelt, bittet und glaubt. Diese Verheißung betrachten die Zwinglianer nicht, welche Christus mit seiner Menschheit an einem gewissen Ort des Himmels einschließen, und ihm auf Erden keinen Platz lassen vor dem Jüngsten Tage.
21. Da trat Petrus zu ihm und sprach: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist es genug siebenmal?
Wie oft: Denn nachdem Petrus aus dem vorigen Worten Christi gehört, dass man dem Nächsten verzeihen soll, wenn er uns Gewalt und Unrecht getan oder sonst beleidigt, sofern er sich bessert. So hat er es für ihn gut angesehen, zu fragen, wie weit sich solche Verzeihung erstrecke, ob man so oft vergeben müsse, so oft der andere seine Sünde und Unrecht erkennt und um Verzeihung bittet. Denn er dachte, es wäre eine ganz ungereimte Sache.
Siebenmal: Dass ich dem, der mich beleidigt hat, siebenmal verzeihe und später Feindschaft mit ihm habe, mich auch an ihm zu rächen begehre, weil er, dem Ansehen nach, ganz verkehrt ist, trotz vieler guten Taten mir immer noch Schlechtes tut. Es ist aber dies eine allgemeine Plage unter den Leuten, dass sie eine oder mehr unrechte Dinge, die ihnen zugefügt werden, übersehen oder auch verzeihen. Wenn sie aber zu oft beleidigt werden, so werfen sie einen unversöhnlichen Hass und Neid auf den Nächsten, begehren sich zu rächen, und habe nicht eher Ruhe, bis sie die empfangene Unbilligkeit doppelt wiederum wettmachen.
22. Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir, nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal {Lk 17v4}.
Siebzigmal siebenmal: Welches macht 490. Es wird aber eine gewisse Zahl für eine ungewisse gesetzt. Und hat Christus mit dieser Antwort so viel andeuten wollen, dass man dem Nächsten so oft verzeihen soll, so oft er es begehre. Doch wird hier nicht gehandelt vom Amt der Obrigkeit, von Eltern oder Lehrmeistern, welche die ihnen Untergebenen und anbefohlenen Personen sollen zu Recht und in der Zucht halten, auch nachdem es die Sache an ihr selbst erfordert, was strafwürdig ist, keineswegs übersehen; sondern Christus redet hier von besonderen Beleidigungen, da wir nicht sollen rachgierig sein, doch also, dass ein jeder, was sein Beruf ist, nicht aus der acht lasse, da ihm es von seinem Amte obliegt, was Unrecht ist, zu strafen und zu verbessern. Wenn es aber nicht unser Beruf ist, wird uns befohlen dem Nächsten zu verzeihen und die Rachgierigkeit einzustellen.
23. Darum ist das Himmelreich gleich einem König, der mit seinen Knechten rechnen wollte.
Darum: Weil es unserem Fleisch so schwerfällt, wenn man dem Nächsten so oft verzeihen soll, so will uns Christus mit einem schönen Gleichnis ganz ernstlich dazu ermahnen.
Rechnen wollte: Denn in der Ordnung der Kirche geht es mit den Sündern so zu, die rachgierig sind, als sie mit einem König, der mit seinen Dienern Rechnung halte, und selber die Rechnung hören wollte, damit er wissen möchte, wie man mit seinem Gut und Willen umginge. Es fordert aber Gott der Herr Rechnung von uns, wenn wir in unserem Gewissen die Größe unserer Schuld, nämlich, der Sünden ernsthaft anfangen zu empfinden.
24. Und als er anfing zu rechnen, kam ihm einer vor, der war ihm zehntausend Pfund schuldig.
Zu rechnen: Dass er seiner Diener Ausgaben und Einnahmen zählte und sie gegeneinanderhielt, ob sie zusammen stimmten.
Pfund schuldig: Nach unserer Rechnung sind das heute 90 Tonnen Gold. Mit dieser großen Summe des Geldes hat Christus anzeigen wollen, wie unsere Schuld vor Gott so groß und viel ist, dass sie kein Mensch bezahlen kann, und dass niemand für seine eigene, viel weniger für andere Leute Sünden genügend tun kann. Darum wir hätten sterben und verderben müssen, wenn der Sohn Gottes nicht wäre Mensch geworden und uns mit seinem Tod erlöst hätte.
25. Da er es nun nicht konnte bezahlen, hieß der Herr verkaufen ihn und sein Weib und seine Kinder und alles, was er hatte, und bezahlen.
Verkaufen: Denn in diesen Zeiten wurden von den Schuldnern, die nicht bezahlen konnten, ihr ganzes Personal und all ihr Hab und Güter verkauft, dass man von dem Gelde, das man dafür bekam, dem Gläubiger seine Schuld erstatten könne. Und lehrt dies Stück des Gleichnisses, dass um der Sünde willen nicht allein wir, sondern auch alles, was wir haben, dem Fluch unterworfen ist. Denn also steht geschrieben: So Du nicht gehorchen wirst der Stimme des Herrn Deines Gottes etc. Der Fluch wird sein Dein Gut und Dein übriges: Verflucht wird sein die Frucht Deines Leibes, die Frucht Deines Landes, die Frucht Deiner Ochsen und die Frucht Deiner Schafe {5Mos 28}. Welches man aber so nicht verstehen muss, als ob die Kinder um der Eltern und die Weiber um der Männer willen verdammt würden. Sondern dieser Fluch geht über die Verwandten nur in zeitlichen Gütern, es sei denn, dass sie durch ihre eigene Bosheit auch die ewige Strafe über ihren Hals laden.
26. Da fiel der Knecht nieder und betete ihn an und sprach: Herr, habe Geduld mit mir! Ich will dir es alles bezahlen.
Nieder: Er tat aus großer Demut vor dem König einen Fußfall.
Alles bezahlen: So hofft der Mensch, dass er den zornigen Gott mit äußerlichen Werken versöhnen könnte, daher hat man im Papsttum so mancherlei Weise gesucht, dadurch man Gott versöhnen möchte, und hat man mancherlei Klöster und Orden erdacht, dazu freiwillige Trübsal erlitten, damit man glaubte, Gott für die begangenen Sünden zu bezahlen. Und ist dieses Gebet im Papsttum sehr gebräuchlich gewesen: Herr, verleihe mir das Leben, dass ich meine Sünde möge büßen. Da die elenden Leute nicht gedacht oder verstanden, dass sie, je länger sie lebten, je mehr sie auch sündigten. Darum ihnen, wie diesem Knecht, alle ihre Schuld zu bezahlen, unmöglich war. Also ist es uns auch unmöglich, dass wir mit unseren Werken für unsere Sünden könnten genug tun, denn sonst hätten wir der Leiden Christi nicht bedurft.
27. Da jammerte den Herrn desselben Knechts und ließ ihn los, und die Schuld erließ er ihm auch.
Los: Dass weder er noch sein Personal durften verkauft werden. Das ist eine Art und Weise, dadurch wir können selig werden, dass nämlich Gott sich unser erbarmt und alle unsere Sünden, um des Mittlers Christi willen, uns nachlässt und schenkt. Denn wir werden nicht durch unsere Verdienste, sondern durch die Barmherzigkeit Gottes erhalten, wie Paulus spricht: Nicht aus den Werken der Gerechtigkeit, die wir getan haben, sondern nach seiner Barmherzigkeit macht der uns selig {Tit 3}.
28. Da ging dieser Knecht hinaus und fand einen seiner Mitknechte, der war ihm hundert Groschen schuldig. Und er griff ihn an und würgte ihn und sprach: Bezahle mir, was du mir schuldig bist!
Groschen: 100 Groschen sind ca. ein paar Hundert gegen viele Millionen. Darum hat Christus mit diesem Vergleich lehren wollen, dass es schlechte und geringe Sünden sind, die unser Nächster gegen uns begeht, wenn man sie gegen die Sünden rechnen und halten will, damit wir uns gegen Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erden, täglich vergreifen. Darum sollten wir unseres Nächsten Missgriff nicht so hoch anrechnen, wie wir zu tun pflegen.
Würgte ihn: Dass er ihn ungestüm anfiel, bei dem Hals erwischte und mit ganzer Gewalt hin und her zog, dass anzusehen war, als erwürgte er ihn.
Bezahle mir: Oder Du sollst nicht wieder lebendig aus meinen Händen kommen. Hier sieht man, wie hart und grausam des Menschen Herz ist, was richtigerweise zu verwerfen ist, dass wir gegen den Nächsten so streng sind, und uns nicht erinnern, wie wir vor Gottes Gericht, wenn wir sollten eine Rechnung dafür tun, gar nicht bestehen könnten.
29. Da fiel sein Mitknecht nieder und bat ihn und sprach: Habe Geduld mit mir! Ich will dir es alles bezahlen.
30. Er wollte aber nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis dass er bezahlte, was er schuldig war.
31. Da aber seine Mitknechte solches sahen, wurden sie sehr betrübt und kamen und brachten vor ihren Herrn alles, was sich begeben hatte.
Betrübt: Denn wenn fromme Leute sehen, dass andere so hart und grausam sind, seufzen sie darüber, dieses Seufzen durch die Wolken dringt, und vor Gottes Angesicht kommt, dass er darum zur Rache verursacht und aufgebracht wird.
32. Da forderte ihn sein Herr vor sich und sprach zu ihm: Du Schalksknecht! Alle diese Schuld habe ich dir erlassen, dieweil du mich batest;
33. solltest du denn dich nicht auch erbarmen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe?
Erbarmt habe: Denn es soll uns immer angelegen sein, dass wir es mit Wohltätigkeit und Sanftmut unserem himmlischen Vater nachtun.
34. Und sein Herr wurde zornig und überantwortete ihn den Peinigern, bis dass er bezahlte alles, was er ihm schuldig war.
Peinigern: Die ihn im Kerker peinigen und die Bezahlung von ihm herauszwingen sollten. Hieraus scheint, dass die Schuldner vorzeiten nicht nur ins Gefängnis geworfen, sondern auch darin gepeinigt wurde, auf dass seine Freunde und Verwandten umso mehr darauf bedacht waren, wie sie seine Schuld abgelegten, und ihn aus dem Kerker brächten.
Schuldig war: Denn er nicht eher aus dem Kerker gelassen wurde. Weil aber die Summe der Schuld (wie wir oben gehört) so groß war, dass diese zu bezahlen und abzulegen ihm unmöglich gewesen, so hat er auch niemals können frei noch von der Peinigung erlöst werden.
35. Also wird euch mein himmlischer Vater auch tun, so ihr nicht vergebt von eurem Herzen, ein jeglicher seinem Bruder seine Fehler.
Auch tun: Dass er alle eure Sünden, die er bereits längst verziehen und vergeben hat, von Neuem wiederum hervorsuchen und in die Rechnung bringen wird. Euch auch in den höllischen Kerker stoße, dass wir dort von den Teufeln ewig gepeinigt werden. Es ist darum nicht zu leugnen, dass die keine Vergebung der Sünden haben, welchen dem Nächsten seine Missgriffe oder Beleidigungen nicht verzeihen wollen. Denn so ihr (spricht Christus) den Menschen ihre Fehler vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben, wo ihr aber den Menschen ihre Fehler nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Fehler auch nicht vergeben {Mt 6}. Wir sollen uns aber hier daran erinnern, dass diese Lehre das Amt der Obrigkeit und Eltern nicht aufhebt, wie sie wider die ungehorsamen Untertanen und Kinder nicht zürnen dürfen, noch das Unrecht strafen. Jedoch sollen sie solchen ihrem Amt so vorstehen, dass sie es nicht aus Hass oder Rachgierigkeit tun.
Das 19. Kapitel
- Jesus gibt eine Antwort auf die Frage der Pharisäer von der Ehescheidung. Predigt von drei Arten der Beschneidung. Legt den Kindern, die zu ihm gebracht werden, die Hände auf. Antwortet einem jungen Mann, der ihn fragte, wie man die Seligkeit erlangen müsste, und nimmt die Gelegenheit dazu, zu erklären, was für Hindernisse den Reichen in den Weg gelegt werden, dass sie sehr schwer ins Himmelreich kommen. Welche aber um der Wahrheit willen ihre Güter verlieren, denen werden reiche Erstattungen dieses gegenwärtigen und des künftigen Lebens versprochen.
1. Und es begab sich, da Jesus diese Rede vollendet hatte, erhob er sich aus Galiläa und kam in die Grenzen des jüdischen Landes jenseits des Jordans.
Erhob sich: Als er von dort wegging und sich dann in andere Städte begab. Denn es hat Christus an vielen Orten des Landes Israel predigen wollen, damit er seinem Beruf nachkommt. Welches auch Markus im 10. Kapitel kurz meldet. Denn es soll uns die Mühe zu reisen von der Errichtung unseres Amtes nicht abschrecken, dass wir um desselben willen von unserem Beruf wollten ablassen.
2. Und es folgte ihm viel Volks nach; und er heilte sie dort.
Volks nach: Dass sie seine Predigten hörten und seine Wunderwerke sehen möchten, auch die schlimmsten Krankheiten geheilt würden.
Heilte sie: Es sind aber die Wunderwerke Christi lauter Guttaten gewesen, anzuzeigen, er sei darum in die Welt gekommen, nicht dass die Menschen verderben, sondern dass er sie erhalten wolle.
3. Da traten zu ihm die Pharisäer, versuchten ihn und sprachen zu ihm: Ist es auch recht, dass sich ein Mann scheide von seinem Weibe um irgendeine Ursache?
Versuchten ihn: Wie sie dem Herrn Christus eine Frage vorlegten von der Ehescheidung, ob diese zugelassen wäre oder nicht? Und taten es doch nicht darum, dass sie die Wahrheit begehrten zu lernen, sondern sie hofften, Christus würde so antworten, dass er entweder die Leute mit einem guten liebenden Herzen von sich abwendig machte, oder aber das gemeine Volk vor den Kopf stieß, welches die Ehescheidung gar zu sehr missbrauchte. Hiervon handelt auch Markus im 10. Kapitel.
Weibe: Die er nicht lieb hat, und mit der er weiter zu wohnen sich scheut. Wie denn viele Dinge unter Eheleuten vorkommen, dadurch ihre Herzen getrennt werden. Es steht aber im Gesetz Mose so geschrieben: Wenn jemand eine Frau nimmt und sie ehelicht und sie nicht Gnade findet vor seinen Augen, um etwa einer Unlust willen, so soll er einen Scheidebrief schreiben und ihr in die Hand geben und aus seinem Hause lassen {5Mos 24}. Darum meinten die Pharisäer, Christus würde aus der Not gegen dieses Gesetzes Mose sprechen, oder der Juden Leichtfertigkeit und schamloses Wesen, welches allen ehrlichen Leuten missfiel, richtig nennen, damit zu beiden Teilen etwas hätten, das sie an Christus tadeln möchten. Denn die Feinde der reinen Lehre suchen allerlei Gelegenheit, zu lästern, weil sie von solchem Geist getrieben werden, der daher den Namen hat, dass er ein Teufel, das bedeutet, ein Lästerer heißt {1Mos 1v27}.
4. Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Habt ihr nicht gelesen, dass, der im Anfang den Menschen gemacht hat, der machte, dass ein Mann und Weib sein sollte,
Ein Mann und ein Weib: Und hat nicht zwei Männer und ein Weib erschaffen, dass ein Weib viele Männer zugleich haben müsste: wie er auch nicht zwei Weiber und einen Mann gemacht hat, dass der Mann, so oft es ihm gelüste, mit den Weibern abwechseln dürfte. Darum ist Gottes Wille gewesen, dass ein Mann sein Weib, so ihm Gott gegeben, mit keiner anderen in der Zeit ihres Lebens vertauschte, noch ein Weib einen anderen Mann nehme, beides zur Zeit ihres Lebens. So oft darum eine Frage kommt, die das Gewissen des Menschen, so soll man aus der Heiligen Schrift die Berichte einholen und die Sprüche der Schrift gegeneinander halten, damit der rechte Verstand daraus genommen werde. Und wenn man an einer Sache zweifelt, muss man auf die erste Einsetzung sehen. Wenn das die Zwinglianer heutigentags bei dem Handel am Abendmahl des Herrn täten, so wäre die Kirche vieler Unruhe entledigt gewesen.
5. und sprach: Darum wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und an seinem Weibe hängen, und werden die zwei ein Fleisch sein {1Mos 2v24 1Kor 6v16}.
Sprach: Nämlich, Gott der Herr, durch den Mund Adams. Denn dieser aus Erleuchtung des Heiligen Geistes, als ihm Gott die Eva zuführte, solches Wort ausgesprochen hatte.
Hängen: Denn die Eheleute verlassen die Eltern, nicht was die Ehre und Dienst, der Frömmigkeit und Freundlichkeit angeht, welche sie die ganze Zeit ihres Lebens den Eltern zu leisten schuldig sind; sondern so viel die tägliche Gemeinschaft und Beiwohnung betrifft, gehen sie von den Eltern aus und suchen ihre eigene Behausung.
6. So sind sie nun nicht zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.
Nicht scheiden: Denn wer unrechtmäßigerweise eine Ehe scheidet, der scheidet nicht zwei Menschen, sondern zerreißt einen Leib voneinander. Es fügt aber Gott noch heutigentags die Menschen zusammen, welche in ordentlicherweise zum Ehestand gehen. So kann auch solche Ehe, die zwar anfangs in ungebührlicher Weise, die wider der Eltern Willen vollzogen wurde, bestehen, wenn später der Eltern Wille dazukommt. Wenn aber Personen zusammen heiraten, welche nach Ausweisung, des göttlichen Gesetzes nicht können zusammenkommen, da soll man nicht meinen, dass solche von Gott zusammengefügt wurden, sondern der Teufel hat sie zusammengebracht. Darum soll man solche Ehe trennen, und die Blutschande strafen. Es wird aber eine Blutschande begangen, wenn einer mit der zusammen ist, die ihm im ersten Grad verwandt oder verschwägert ist, es sei gleich in gerader oder ungerader Linie. Welche aber ordentlicherweise in den Ehestand gehen, oder zwar durch ungebührliche Mittel den Ehestand sich einzulassen angefangen, aber später die ordentliche Bestätigung des Ehestandes dazubekommen, die sollen wissen, dass sie von Gott zusammengefügt wurden. Darum sie in solchem Stand, da sie von Gott berufen sind, Gott selig und friedlich leben, und wenn ihnen etwas Widerwärtiges begegnet, geduldig tragen sollen.
7. Da sprachen sie: Warum hat denn Mose geboten; einen Scheidebrief zu geben und sich von ihr zu scheiden {5Mos 24v1 Mt 5v31 Mk 10v4}!
Von Ihr: Nämlich, von einem feindseligen Weibe, willst Du das Gesetz Mose der Unehrbarkeit beschuldigen, und sagen, dass es der ersten göttlichen Einsetzung des Ehestandes zuwider ist? Denn der Satan benutzt durch seine Leute die Heilige Schrift auch, aber in einem falschen und verkehrten Verstand.
8. Er sprach zu ihnen: Mose hat euch erlaubt, zu scheiden von euren Weibern, von eures Herzens Härtigkeit wegen; von Anbeginn aber ist es nicht also gewesen.
Härtigkeit wegen: Denn Mose als ein weiser Gesetzgeber und der vom Geist Gottes regiert wurde, hat die Ehescheidung zugelassen, weil eure Väter dergleichen Exempel zuvor in Ägypten gesehen hatten, und hat sie lassen gehen, nicht dass er sie lobte oder billigte, sondern damit ihr Juden, die ihr ein halsstarriges und unbändiges Volk seid, nicht Ärgeres begeht und die feindseligen Frauen irgendwie umbrächtet. Denn welche im Regiment sitzen, die müssen häufig etwas übersehen, nicht dass es richtig, sondern damit Schlimmeres verhütet werde. Und hat Gott es zugelassen, dass die Patriarchen viel Weiber nahmen, und auch ihren Nachkommen, dieses, bis auf die Zeit des Messias, damit das israelitische Volk größer und ausgebreitet würde, obwohl solches Tun mit der ersten Einsetzung des Ehestandes nicht übereinstimmte.
Nach Luther: Etliche Gesetze lehren, etliche wehren, jene lehren das Beste, diese wehren dem Bösen, dass es nicht ärger werde, darum des Bösen mehr verhindert werde, gleichwie das weltliche Schwert auch tut.
Gewesen: Der Ehestand ist am Anfang nicht darum eingesetzt worden, dass er sollte wiederum getrennt und zerrissen werden.
9. Ich sage aber euch: Wer sich von seinem Weibe scheidet (es sei denn um der Hurerei willen) und freit eine andere, der bricht die Ehe. Und wer die Abgeschiedene freit, der bricht auch die Ehe.
Hurerei willen: Dass sein Weib einen Ehebruch begangen hat.
Bricht die Ehe: Damit er nicht um einer kleinen Ursache willen von ihr abgesondert wird, und darum von sich ausstößt und mit einer anderen wohnt, so befleckt er sich mit dem Laster des Ehebruchs, und ist der Grund darum, dass seine ausgestoßene Frau eine Ehebrecherin wird {Mt 5}. Wenn sie einen anderen heiratet, dass sie von dem vorigen noch um keiner rechtmäßigen Ursache willen geschieden wurde.
Auch die Ehe: Weil er mit ihr schläft, die vor Gott noch eines anderen Ehefrau ist. Davon lest auch in Markus 10 und Lukas 16. Darum wo ungebührliche Ehescheidungen vorkommen, da wird viel Schlimmeres geschehen, wenn sie auch vor den Leuten als nicht strafwürdig angesehen werden. Es kann aber eine rechtmäßige Ehescheidung stattfinden. Wenn entweder der Ehemann oder die Ehefrau einen Ehebruch begeht, da soll man dem unschuldigen Teil zulassen, dass es mit einer anderen Person sich verheiratet, wenn es Lust dazu hat. Danach kann auch die Ehe geschieden werden, wenn die eine Person ihren Ehegatten böswillig verlässt und davonläuft, und also mit der Tat viel Jahre sich davon scheidet und absondert. Denn es ist doch nicht zu glauben, dass ein solcher loser Mensch, es sei gleich Mann oder Weib, an anderen Orten keusch und züchtig lebe. Ferner wird der Ehestand getrennt durch die Religion, so einander durchaus in allen Stücken zuwider ist. Denn wenn eine ungläubige Person die Gläubigen verlässt, und keine Hoffnung mehr ist, dass sie möchte wieder in den vorigen Ehestand treten, so hat die gläubige Person freie Macht, sich anderweitig zu verheiraten. Wie denn von diesem Fall gehandelt wird in {1Kor 7}. Wenn aber schwere Uneinigkeit und Zwietracht zwischen den Eheleuten vorkommen, außer den hier gezeigten Fällen, so sollen sie mit einander sich wieder versöhnen oder, da sie nicht wollen alle beide ohne ihr bleiben, wie an den genannten Orten Paulus lehrt. Wenn aber um unverträgliche Zwietracht einer Person die Absonderung geschieht, da wird der Ehestand nicht getrennt, sondern durch des Richters Urteil erkannt und ausgesprochen, dass solche Personen die Eheleute gewesen. Ansonsten hat man noch andere wichtigere Gründe, die im weltlichen Rechten stehen, um welcher Willen die Ehe von einer ordentlichen Obrigkeit nicht unrecht getrennt wird, da von hier zu handeln nicht nötig ist. Die Ehescheidung aber, so aus lauter Leichtfertigkeit und nur darum geschehen, dass ein Teil seines Ehegatten überdrüssig geworden ist, sind niemals recht oder zugelassen, sie auch von ehrbaren Heiden nicht gebilligt wurden. Und ist zu Rom der Erste gewesen, mit Namen Carbilius, welcher nach Erbauung dieser Stadt im 5. Jahrhundert und 20. Jahr, sein Eheweib, mit schlechtem Ruf von sich gestoßen hat.
10. Da sprachen die Jünger zu ihm: Steht die Sache eines Mannes mit seinem Weibe also, so ist es nicht gut ehelich werden.
Also: Dass die Eheleute mit einen solchem unauflöslichen Band verstrickt sind und der Mann sein Weib, die im viel im Wege und überlästig ist, nicht von sich lassen kann, so wäre es ja viel besser, dass man ohne ihr bliebe, als mit Stricken des Ehestandes sich verknüpfen, davon man später nicht wieder frei werden kann. Also sind auch heutigentags ihrer viel gesinnt, wenn sie die Beschwerden des Ehestandes betrachten, und sich zu Gemüte führen, so halten sie den ledigen Stand für sicherer, als den Ehestand, darum sie zwar von der Ehe sich enthalten, aber nicht von den Weibern. In welchem Tun sie den Aposteln überhaupt nicht folgen. Denn ein anderes ist es, ohne Ehe leben, und ein anderes, keusch leben. Aber die Hurer und Ehebrecher wird Gott richten {Hebr 13}.
11. Er sprach aber zu ihnen: Das Wort fasst nicht jedermann, sondern denen es gegeben ist.
Nicht jedermann: Es steht nicht in jedermanns Gewalt, sich vom Ehestand zu enthalten und dennoch danach keusch und züchtig zu leben, sondern steht allein denen zu, welchen die Gabe von Gott besonders gegeben ist, dass sie nicht brennen, noch den Ehestand begehren. Dass dieses allzu wahr ist, bezeugt vieler Leute unreines Leben im Papsttum, die ohne Ehe sich verlobt haben. Darum sollten sie dem Befehl Paulus folgen, da er sagt: Wer sich nicht enthalten, der heirate. Es ist besser heiraten, denn Brunst leiden {1Kor 7}.
12. Denn es sind etliche verschnitten, die sind aus dem Mutterleibe so geboren, und sind etliche verschnitten, die von Menschen verschnitten sind, und sind etliche verschnitten, die sich selbst verschnitten haben um des Himmelreichs willen. Wer es fassen mag, der fasse es.
Denn: Christus erzählt von dreierlei Leuten, die sich vom Ehestand enthalten können.
Geboren: Dass sie nicht nur allein keine Wohnung zusammen begehren, sondern auch sonst zum Ehestand ganz untauglich sind.
Von Menschen: Von denen, die zum Ehestand und zum Kinder zeugen untüchtig gemacht wurden. Wie man denn vor Zeiten an der Königen- und Fürstenhöfe solcher Leute viel gebraucht hatte.
Sich selbst: (Nach Luther) Das dritte Verschneiden muss geistlich sein, nämlich, willige Keuschheit, sonst wäre es einerlei mit dem anderen, das leiblich geschieht.
Sich selbst: Also, dass sie sich vom Ehestand enthalten, weil sie keine Flamme der Unzucht empfinden oder doch bald wiederum dämpfen können, und tun solches darum, dass sie dem Predigtamt des Evangeliums desto besser und ungehindert ausführen können. Besonders, da ihr Beruf es erfordert, dass sie nicht nur an einem Ort das Evangelium predigen, sondern ein apostolisches Amt haben, und durch mancherlei Länder reisen, den Samen des Evangeliums ausstreuen. Denn das Himmelreich an diesem Ort, wie an vielen anderen mehr in der Schrift, eben so viel heißt, als das Predigtamt des Evangeliums. Es wird aber dieser Spruch Christi unrecht ausgelegt von denen, welche sagen, sie verschneiden sich um des Himmelreiches willen, sei nichts anderes, als mit einem Gelübde außer der Ehe keusch zu bleiben, sich binden und meinen, dass solche Leute das Himmelreich zu erlangen sehr geschickt sind. Zwar können diese mit etwas weniger Hindernis Gott dienen, welche mit dem Band der Ehe nicht verkürzt sind, als die Eheleute. Nach dem Spruch Paulus: Wer nicht heiratet, der sorgt, was den Herrn angehört, dass sie heilig sind, beide am Leibe und auch am Geist. Der aber heiratet, der sorgt, was die Welt angehört, wie sie oder er dem Partner gefalle {1Kor 7}. Aber doch will Gott darum nicht, dass jemand außer der Ehe zu bleiben auferlegt werde, so man die Gabe nicht dazu hat. Darum Paulus gleich darauf hinzutut: Solches sage ich zu eurem Nutzen, nicht dass ich euch einen Strick an den Hals werfe {1Kor 7}. Weil die Stricke des ehelosen Standes viel tausend Seelen ins Verderben gezogen haben, so hätte man die Klöster und dergleichen Gelübde längst sollen abgeschafft haben. Aber die römischen Päpste haben mehr an ihre Küche, als an der Seelen Heil und Seligkeit gedacht. Denn sie sehen, dass der ehelose Stand, er sei gleich so unrein als er immer wolle, eine gute Stütze des Römischen Reiches ist.
Fasse es: Wer die Gabe von Gott hat, dass er außer dem Ehestand keusch, dazu ohne Ärgernis leben kann, der mag solche Gabe gebrauchen. Aber es hat nicht ein jeder solche Gabe, wie oben gemeldet.
13. Da wurden Kindlein zu ihm gebracht, dass er die Hände auf sie legte und betete. Die Jünger aber fuhren sie an.
Da: Jetzt folgt eine kurze aber sehr denkwürdige Geschichte, von den Kindern, die zu Christus gebracht wurden, welche auch Markus im 10. Kapitel und Lukas im 18. Kapitel erzählen. Denn es brachten die gottseligen Eltern zur gleichen Zeit ihre Kinder zu Christo, welchen sie für einen Propheten und Messias hielten, und baten ihn, dass er seinen himmlischen Vater über diese Kinder anrufen wollte, damit sie in der Gottseligkeit auferzogen würden und einmal das ewige Leben erlangten, dass er auch zum Zeugnis seines kräftigen Gebetes den Kindern die Hände auflegte. Diesem Beispiel sollen alle christlichen Eltern folgen, dass sie ihrer Kinder ewige Wohlfahrt befördern, denn die Kinder bekommen von uns durch ihre erste Geburt eine traurige Erbschaft, nämlich die Sünde, den Zorn Gottes und die ewige Verdammnis. Daher sie auch Kinder des Zornes genannt werden {Eph 2}. Darum sollen wir solches Übel verbessern und Anordnung tun, dass wir sie Christo vortragen, und Erben des Himmelreiches werden. Wir bringen aber unsere Kinder dann zu Christus, wenn wir sie, da sie noch im Mutterleibe sind, dem Sohn Gottes in unserem Gebet befehlen, und da sie geboren werden, zur Taufe befördern, in der Gottseligkeit auch erziehen, und mit gutem Beispiel des Lebens ihnen vorangehen.
Sie an: Nämlich, die Eltern, welche Christus mit ihren Kindern nachliefern, die sie vielmehr, nach ihrer Meinung, den Kindermädchen zu warten übergeben, als zu Christus bringen sollten, der wohl mit anderen wichtigeren Geschäften zu tun hätte. Die Wiedertäufer treiben die Kinder auf eine andere Weise von Christo, nämlich dass sie ihnen die Taufe versagen, dadurch sie Christo einverleibt werden. Denn sie meinen, die Kinder sind so fromm und unschuldig, dass sie der Taufe und Wiedergeburt nicht bedürfen, weil sie noch keine äußerlichen Sünden begehen. Sie sollten sich aber des Spruches erinnern: es sei denn, dass jemand wiedergeboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Und wird gleich darauf der Grund hinzugesetzt: Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch, und was vom Geist geboren wird, das ist Geist {Joh 3}. Das heißt, alle Menschen sind von ihrer ersten Geburt wegen, die sie von den Eltern haben, Fleisch und fleischlich gesinnt. Aber ein solcher fleischlicher Sinn ist eine Feindschaft gegen Gott und widerstrebt dem Gesetz Gottes. Darum, welche allerdings fleischlich sind, die können das Reich Gottes nicht bekommen. Daher die Taufe auch den Kindern nötig ist, dass sie durch diese wiedergeboren und geistlich werden und aus Adams Kindern Gottes Erben und Erben des Himmelreiches gemacht werden.
14. Aber Jesus sprach: Lasst die Kindlein und wehrt ihnen nicht, zu mir zu kommen; denn solcher ist das Himmelreich.
Das Himmelreich: Es waren aber diese Kinder der Israeliten durch die Beschneidung in den Bund Gottes aufgenommen worden. Darum sagt Christus, dass sie Erben des Himmelreiches sind. Weil aber heutigentags anstatt der Beschneidung die Taufe gekommen ist, so sollen wir nicht zweifeln. Wir haben in unseren Häusern so viel Erben des Himmelreiches, als wie wir Kinder haben, wenn sie im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit getauft sind. Darum auch kein Zweifel besteht, unser himmlischer Vater werde sie, als seine Kinder ernähren und unter dem Schutz der heiligen Engel erhalten. Wir aber sollen sie auch als Erben des Himmelreiches uns mit allem Fleiß und Treue wohl befohlen sein, und nicht versäumen, was zu ihrer Seligkeit dienlich sein mag.
15. Und legte die Hände auf sie und zog von dort.
Auf sie: Dass er ihnen von seinem himmlischen Vater die ewige Seligkeit gewünscht und den rechten Segen mitgeteilt hat. Und hat es Christus nicht dafürgehalten, dass seiner Majestät etwas abgehe, wenn er sich der kleinen Kinder annehme. Denn die rechte Majestät besteht darauf, wenn man von Gold und Edelsteinen schimmert, sondern wenn man elenden und bekümmerten Leuten mit Trost beisteht und Hilfe tut.
16. Und siehe, einer trat zu ihm und sprach: Guter Meister, was soll ich Gutes tun, dass ich das ewige Leben möge haben?
Und: Jetzt folgt ein Gespräch Christi des Sohnes Gottes mit einem reichen Menschen, der Christus fragt, wie man das ewige Leben erlangen soll. Dieses findet man auch in Markus und Lukas im 18. Kapitel.
Gutes tun: Denn ich halte Dich für einen heiligen Propheten, von Gott dazu gesendet, dass Du uns lehrst, wie wir sollen ins Himmelreich kommen. Darum sage mir, was ich für gute Werke tun kann, dadurch ich das ewige Leben verdienen kann?
17. Er aber sprach zu ihm: Was heißt du mich gut? Niemand ist gut denn der einige Gott. Willst du aber zum Leben eingehen, so halte die Gebote.
Mich gut?: (Nach Luther) Gleichwie Christus spricht {Joh 7v16}: Meine Lehre ist nicht mein. Also auch hier, ich bin nicht gut, denn er redet von sich selbst nach der Menschheit, durch welche er uns immer zu Gott führt.
Einige Gott: Als wollte er sprechen. Ich sehe, dass Du weder Dich selbst noch andere Leute, wie sie jetzt nach dem Fall des menschlichen Geschlechtes beschaffen sind, erkennst. Denn Du meinst, die sind gut, welche keine äußerlichen groben Sünden begehen, darum Du das verdorbene Wesen, welches dem Menschen angeboren ist, nicht empfindest. Und obwohl Du jetzt an mir nicht mehr siehst und erkennst, als einen einfachen Menschen, dennoch nennst Du mich gut, verstehst aber es so, dass Du auch gut bist, weil Du bisher äußerlich ein ehrbares Leben geführt hast. Aber ich gestehe es nicht, dass Du gut bist, sage auch, dass alle anderen Menschen von Natur böse sind, und sei Gott allein gut zu nennen. Ich aber bin Gott und Mensch in einer Person, darum ich zwar mit dem Vater und Heiligen Geist gut bin, dagegen bist Du ein Sünder, wie auch alle anderen Menschen Sünder und böse sind. Bestätigt darum diese Antwort Christi der Arianer gottlose Lehre gar nicht, da sie die Gottheit Christi leugnen. Denn Christus sagt nicht, ich bin nicht gut, sondern verwirft die Heuchelei dieses Jünglings, der sich und alle anderen ehrbaren Leute für gut schätzt und die verdorbene Natur nicht betrachten, welche in allen Menschen ist, allein Christus ausgenommen.
Gebote: Gottes, denn weil Christus sah, dass dieser Jüngling seine Sünden, besonders die innerlichen, nicht kannte, so weist er ihn zum Gesetz Mose, dass er daraus seine Mängel und Fehler verstehen und erkennen lerne. Und sind zwar keine anderen Werke, die Gott gefallen, ohne allein die, welche in seinen Geboten von den Menschen gefordert werden. Es wird aber dieser Jüngling zum Gesetz gewiesen, die bußfertige Sünderin, wie auch der Schächer am Kreuz nicht, sondern es wird ihnen Vergebung der Sünden und das ewige Leben versprochen. Warum? Weil diese beiden Personen ihre Sünden bereits erkannten, der Jüngling aber Sünde noch nicht kannte.
18. Da sprach er zu ihm: Welche? Jesus aber sprach: Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis geben {2Mos 20v12};
Welche: Denn es verwundert sich der Jüngling, dass ein solcher Prophet als Christus war, nichts anderes und Weiteres erforderte, als die Gebote des Gesetzes, und hoffte, wenn er mit Fragen weitermachen würde, Christus würde ihm vielleicht etwas Herrlicheres zeigen, als in den 10 Geboten stand. Darum fährt er mit den Fragen fort.
19. ehre Vater und Mutter, und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.
Dich selbst: Es erzählt aber Christus mit Fleiß die Gebote, welche man meint, dass sie von ehrbaren Leuten in dieser Welt gehalten werden, damit er des Jünglings verborgene Heuchelei herauslockte.
20. Da sprach der Jüngling zu ihm: Das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf; was fehlt mir noch?
Mir noch: Zum ewigen Leben, damit ich dieses erlangen möchte. Diese Heuchelei steckt noch in vieler Herzen, dass sie meinen, sie haben die Gebote Gottes durchaus gehalten, wenn sie einen äußerlichen Gehorsam einigermaßen leisten. Aber Gott erfordert auch, dass die innerlichen Bewegungen des Herzens seinem Gesetz gleichförmig werden.
21. Jesus sprach zu ihm: Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe, was du hast, und gib es den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach.
Sprach zu ihm: Dass er seine Heuchelei ans Licht brächte und anzeigte, wie er Gott nicht so hoch liebte, als seine Güter.
Vollkommen sein: Und begehrst etwas zu tun. Nun gut, so will ich Dir etwas vorlegen, dass ich erfahre, ob Du Gott so herzlich liebst, dass Du um seinetwillen alles das Deine zu verlassen bereit bist: Denn das heißt, Gott den Herrn von ganzem Herzen und von ganzer Seele lieben. So wird bald klar werden, ob solche Vollkommenheit in Dir ist, wie Du Dir einbildest. (Nach Luther) Vollkommenheit ist eigentlich Gottes Gebot halten. Darum ist es klar, dass dieser Jüngling die Gebote im Grunde nicht gehalten hat, wie er doch meint. Das zeigt ihm Christus damit, dass er ihm die rechten Werke der Gebote vorhält, und urteilt, dass kein Reicher selig werde, da dieser Jüngling auch einer ist. Nur werden diese selig, die Gottes Gebote halten.
Himmel haben: Also dass Dir Gott solchen Verlust der zeitlichen Güter mit Geistlichen und ewigen Gütern reichlich belohnen wird.
Mir nach: Wie Du siehst, dass meine Jünger mir folgen, und sei bereit, Gutes und Böses mit mir auszustehen, höre meine Predigten und habe Acht auf meine Wunderwerke, auf dass ich Dich mit der Zeit zum Predigtamt meines Evangeliums gebrauchen kann. Hier irren sich alle sehr, welche meinen, dass die Gebote Gottes von einem sterblichen Menschen vollkommen können erfüllt werden. Es irren die noch viel schwerer, welche sich bereden, dass man noch übrige gute Werke tun könne, die man Gott nicht schuldig ist. Am allermeisten irren die, welche glauben, die Vollkommenheit eines Christen bestehe darin, wenn jemand alle seine Güter unter die Armen austeilt. Denn Christus hat an diesem Ort nicht eine allgemeine Regel vorgeschrieben, danach alle Menschen sich zu richten hätten, wie sie zur Vollkommenheit gelangen könnten. Sondern es ist ein besonderer Befehl, dadurch Christus dieses Jünglings Gehorsam erkunden wollte. Gleichwie Gott vor Zeiten dem Abraham befahl, dass er seinen einzigen Sohn Isaak opfern sollte, nicht der Meinung, dass er im Ernst begehrte, dass solches geschehe, sondern dass Abrahams Gehorsam bekannt würde. Und hätte vielleicht Christus, wenn er gesehen, dass der Jüngling seine Güter zu verkaufen bereit war, ihn wiederum davon abgehalten, wie der Engel des Herrn dem Abraham nicht gewährte, dass er seinen Sohn Isaak opferte. So ist auch des Jünglings Heuchelei bis auf heute offenbar geworden. Weil er diesen Befehl, nachzukommen, nicht im Geringsten im Sinn hatte, wie aus den folgendem zu sehen ist.
22. Da der Jüngling das Wort hörte, ging er betrübt von ihm; denn er hatte viel Güter.
Von ihm: Und war nicht bedacht, dass er Christo dergestalt folgte, oder ihm Gehorsam leisten wollte.
Viel Güter: Darum es ihm ganz schwer vorkam, dass er derselben alle miteinander sollte verlustig werden. Uns ist zwar heutigentags nicht befohlen, dass wir alle unsere Güter verkaufen, und das Geld unter die Armen austeilen sollen, aber es wird von uns gefordert, dass wir von dem, was wir übrig haben, den Armen zu Hilfe kommen. Denn euer Überfluss (spricht Paulus) soll ihren Mangel erstatten {2Kor 8}.
23. Jesus aber sprach zu seinen Jüngern: Wahrlich, ich sage euch, ein Reicher wird schwerlich ins Himmelreich kommen.
Sprach: Dass er anfing, eine allgemeine Predigt zu tun von allen Reichen, die ihre Güter mehr als Gott lieben. Wovon auch Markus im 10. Kapitel und Lukas im 18. berichten.
Kommen: Der Evangelist Markus erklärt diese Worte also: Liebe Kinder, wie schwer ist es, dass die, so ihr Vertrauen auf Reichtum setzen, ins Reich Gottes kommen. Darum nicht der Reichtum für sich selbst, sondern sein Missbrauch verworfen wird.
24. Und weiter sage ich euch: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.
Komme: Darum ist derjenigen Fleiß hoch zu schimpfen, welche nur danach trachten, dass sie mögen reich werden, und sich unterdes mit ihrem Gewissen oder Himmelreich nicht viel bekümmern. Die wiederum derjenigen Fahrlässigkeit auch nicht zu loben ist, welche dass ihre unnütz vertun und verschwenden, und nicht daran denken, wie sie Frau und Kinder ehrlich ernähren mögen. Jene nennt Paulus Götzendiener, von diesen aber sagt er, dass sie den Glauben verleugnet haben, und ärger sind denn die Heiden {1Tim 5}.
25. Da das seine Jünger hörten, entsetzten sie sich sehr und sprachen: Je, wer kann denn selig werden?
Selig werden: Weil sowieso viel Arme in die Verdammnis kommen, wie wird es denn zugehen, wenn es so schwer und fast unmöglich ist, dass ein reicher Mensch selig werde?
26. Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist es unmöglich, aber bei Gott sind alle Dinge möglich.
Sie an: Nämlich, seine Jünger aufs Allerfreundlichste.
Unmöglich: Dass ein Geiziger weicher und der sein Vertrauen auf Reichtum stellt, selig werde.
Alle Dinge möglich: Darum kann es eines reichen Menschen Herz ändern, dass er allein auf Gott seine Hoffnung setzt und von seinen Gütern dem Nächsten reichlich gibt. Solche Reichen werden selig, wie gewesen ist, Abraham, David, Hiskia Josia und viele andere mehr. Darum sagt der Apostel Paulus, den Reichtum nicht wegwerfen, sondern sagt, man solle ihn recht gebrauchen, da er also spricht: Den Reichen dieser Welt gebiete ich, dass sie nicht stolz sind, auch nicht hoffen auf den ungewissen Reichtum, sondern auf den lebendigen Gott, der uns reichlich allerlei gibt zu genießen, dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gerne geben, behilflich sind, Schätze sammeln, und gibt ihnen einen guten Grund, dass sie das ewige Leben ergreifen {1Tim 6}.
27. Da antwortete Petrus und sprach zu ihm: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt; was wird uns dafür?
Petrus: Welcher die Gelegenheit wahrnimmt und fragt, was sie, die Jünger, für eine Belohnung dafür empfangen werden, dass sie ihre eigenen Sachen bis daher nicht beachtet und gelassen haben und Christus gefolgt sind. Dieses erzählen auch Markus im 10. und Lukas im 18. Kapitel.
Alles: Unser Schiff, Netz, unsere Güter und was wir Eigenes gehabt haben.
Nachgefolgt: Bis hierher, dass wir Deine Lehre hören und Deine Wunderwerke sehen.
Dafür: Was haben wir für eine Belohnung davon zu erwarten, dass wir so willig und gehorsam gewesen sind? Denn obwohl Petrus und die anderen Apostel weder Königreiche noch Fürstentümer um Christi willen verlassen hatten, so war ihnen ihr Schiff eben das, was einem König sein Königreich ist. Obwohl nun dieser Ruhm Petri von einem anderen hätte mögen übel aufgenommen oder gar verlacht werden, so antwortet doch Christus seinen Jüngern aufs Freundlichste und tröstet sie.
28. Jesus aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch, dass ihr, die ihr mir seid nachgefolgt, in der Wiedergeburt, da des Menschen Sohn wird sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit, werdet ihr auch sitzen auf zwölf Stühlen und richten die zwölf Geschlechter Israels.
Wiedergeburt: Wenn Himmel und Erde wiederum erneuert und die Sünden in den Auserwählten ausgelöscht wurden, dass ihre sterblichen Leiber die Unsterblichkeit angezogen haben.
Zwölf Stühlen: Man muss aber dies nicht so verstehen, als ob es im anderen Leben solcher äußerlichen Spektakel oder Schauspiele sein würden, wie in dieser Welt. Das Sitzen aber und Richten oder Urteilen über andere ist ein majestätisches Tun. Darum hat Christus mit diesen Worten andeuten wollen, dass er mit himmlischer und unaussprechlicher Herrlichkeit diejenigen begaben werde, welche um seinetwillen, was ihnen in diesem Leben lieb ist, verlassen haben. Es verlassen aber um seinetwillen das ihre, nicht die, so ihren Gütern und Verwandten absagen und in die Klöster sich verkriechen, sondern welche bereit sind, alles, ja auch das Leben viel eher zu verlieren, als ihren Beruf fahren lassen oder gegen Gott sündigen.
29. Und wer verlässt Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Weib oder Kinder oder Äcker um meines Namens willen, der wird es hundertfältig nehmen und das ewige Leben ererben.
Und: Damit nicht jemand denken möchte, Gott würde nur im anderen Leben den Verlust der zeitlichen Güter erstatten, so setzt Christus noch einen anderen Trost hinzu.
Ererben: Dieses sagt Markus also: Wahrlich ich sage euch, es ist niemand, so er verlässt Haus oder Bruder oder Schwester oder Vater oder Mutter oder Weib, oder Kinder oder Äcker um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der nicht hundertfältig empfange, jetzt in dieser Zeit, Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker mit Verfolgungen und in der zukünftigen Welt das ewige Leben {Mk 10}. Diese Reden Christi muss man richtig verstehen. Denn Christus verspricht, dass solches, was wir um seinetwillen und seines Evangeliums willen meinen verloren zu haben, auf eine andere Weise uns reichlich wiederum soll erstattet werden. Wie zum Beispiel, Petrus hat um Christi und des Evangeliums willen sein Haus, seine Freunde, Brüder und Schwestern verlassen. Aber wo er hingekommen ist, da sind ihm die Häuser der Gläubigen offen gestanden, und hat für wenig Brüder viele christliche Brüder gefunden, welche (wie Paulus von den Galater schreibt) die Augen, wenn er es begehrt, ausgerissen und ihm gegeben hätten. Also erweckt Gott auch heutigentags fromme Leute, welche der verjagten Christen Elend und Trübsal mit ihrer Freundlichkeit um Guttätigkeit lindern. Es wird aber hinzugesetzt, mit Verfolgungen anzuzeigen, dass solche Belohnung nicht darum ohne Kreuz und Trübsal sein werde, damit wir nicht von einer goldenen Zeit in dieser Welt träumen. Das soll aber unser vornehmster Trost sein, dass all denen, die aus Glauben an Christus ihre Habe und Güter um des Evangeliums willen verlustig werden oder diese in Gefahr setzen, das ewige Leben verheißen wird. Denn ich halte es dafür (spricht Paulus), dass dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit nicht wert sind, die an uns sollen offenbart werden {Röm 8}.
30. Aber viele, die da sind die Ersten, werden die Letzten, und die Letzten werden die Ersten sein {Mt 20v16 Mk 10v31 Lk 13v30}.
Aber viel: Diese Worte Christi zielen auf die folgenden Gleichnisse. Und Christus hat damit gelehrt, wie es geschehen könnte, dass die, so am Anfang das Evangelium Christi mit großem Eifer annehmen, danach fahrlässig werden oder auch ganz davon abfallen. Dahingegen andere, welche langsamer zur Erkenntnis Christi kommen, häufig mit großer Freudigkeit darin fortfahren, dass sie auch den Ersten können vorgezogen werden. Darum, welche Christus zeitlich zu dienen angefangen haben, sollen sich dessen nicht überheben noch die anderen kleinmütig werden, so Christus langsam erkennen lernen.
Das 20. Kapitel
- Zuerst erfolgt das Gleichnis vom Hausvater, der Arbeiter in seinen Weinberg schickt. Danach wiederholt Christus seine Predigt von seinem Leiden, Sterben und Auferstehen. Die Mutter der Kinder Zebadäi bittet für ihre Söhne, die sie im Reich Christi hoch angestellt sehen möchte, was ihr aber abgeschlagen wird. Dieses nimmt Christus als Gelegenheit, dass er seinen Jüngern die weltliche Herrschaft ganz untersagt, und sie viel mehr zu Demut und zum Dienst ermahnt. Nach solcher wird ein herrliches Wunderwerk von Christi erzählt, dass er zwei Blinden in der Nähe von Jericho erwiesen hat.
1. Das Himmelreich ist gleich einem Hausvater, der am Morgen ausging, Arbeiter zu mieten in seinen Weinberg.
Das: Das folgende Gleichnis von den Arbeitern, so in den Weinberg berufen wurden, lehrt, dass Gott in der Leute Berufung zur Erkenntnis Christi aus freier Willkür handle, also, dass er etliche später, etliche früher beruft und erleuchtet, aber doch allen einerlei Lohn gibt, die aus Glauben Christo gedient haben. Welches Tun der menschlichen Vernunft unvernünftig vorkommt, und darum meint sie, Gott handele nicht recht, dass er eine kurze Zeit der Arbeit mit gleicher Belohnung vergelte, und so auch die, die viel und lange Zeit mit Mühe gearbeitet haben, gleich belohnt werden. Man kann aber nicht alle und jedes Pünktlein dieses Gleichnisses zum gegenwärtigen Vorhaben deuten, und sollen es damit genügen lassen, wenn das vornehmste Stück dieses Gleichnisses eintritt.
Ist gleich: Es verhält sich mit dem Beruf der Menschen, wenn sie durch die Predigt des Evangeliums zum Himmelreich berufen werden, eben als wenn ein Hausvater Arbeiter ruft, die in seinen Weinberg arbeiten sollen, und zwar etliche früher, andere etwas später in den Weinberg schickt, aber am Ende alle gleich bezahlte.
2. Und da er mit den Arbeitern eins ward um einen Groschen zum Tagelohn, sandte er sie in seinen Weinberg.
Tagelohn: Dass er einen jeden für seine Arbeit, die er am Tag tun würde, einen Groschen bezahlen wollte.
Seinen Weinberg: Der Weinberg ist die Kirche Gottes {Jes 5}. Es arbeiten aber im selben Weinberg, welche aus Glauben an Christus Gutes wirken, und all ihr Tun zur Beförderung der Ehre Gottes und des Nächsten Wohlfahrt zu richten sich bemühen. Der Groschen ist die ewige Seligkeit, welche allen denen verheißen ist, die an Christus glauben und gottselig leben. Jedoch können wir das ewige Leben mit unseren Werken nicht verdienen, weil wir dem Gesetz Gottes in diesem Leben niemals vollkommen genugtun. Das Gesetz aber verkündigt den Fluch allen, die nicht bleiben, in allem, was geschrieben steht im Buch des Gesetzes {5Mos 27}. Darum wenn das Urteil aus dem Gesetz über uns sollte gefällt werden, so verdienten wir nicht den Groschen der Seligkeit, sondern den ewigen Fluch. Aber durch den Glauben an Christus werden uns die Sünden vergeben, und werden wir zu Erben des Himmelreiches eingesetzt. Darum werden wir auch aus Gnaden selig und nicht aus Werken, auf dass sich nicht jemand rühme {Eph 2}. Nichtsdestoweniger wird das ewige Leben in der Schrift etliche Male ein Lohn genannt, weil es die guten Werke belohnt, welche von denen geschehen, die gerechtfertigt sind, und nicht von denen, die noch sollen gerechtfertigt werden, geschehen.
3. Und ging aus um die dritte Stunde und sah andere an dem Markt müßig stehen.
Dritte Stunde: Welches nach unserer Uhr um 9 Uhr Vormittag ist, denn die Hebräer teilten den Tag in zwölf Standen. Also, dass sie des morgens mit dem Sonnenaufgang anfingen zu zählen, und wenn sie wiederum unterging, war es bei ihnen zwölf.
4. Und sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was recht ist.
5. Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und neunte Stunde und tat gleich also.
Sechste und neunte: Das ist, um den Mittag, und um drei Uhr, oder Vesperzeit nach Mittag.
Gleich also: Dass er etliche vom Müßiggang abmahnte und sie in seinen Weinberg schickte.
6. Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand andere müßig stehen und sprach zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag müßig?
Elfte Stunde: Das heißt, eine Stunde vor Abend. Das aber zu ungleichen Standen Arbeiter in den Weinberg geschickt werden, wird dadurch angezeigt, dass etliche zeitlicher und früher, etliche langsamer zur Erkenntnis Christi berufen werden.
7. Sie sprachen zu ihm: Es hat uns niemand genötigt. Er sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg, und was recht sein wird, soll euch werden.
8. Da es nun Abend ward, sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Schaffner: Rufe die Arbeiter und gib ihnen den Lohn und hebe an den Letzten bis zu den Ersten.
Ersten: Also dass Du einem jeden einen Groschen gibst, dem Letzten so viel wie dem Ersten.
9. Da kamen, die um die elfte Stunde genötigt waren, und empfing ein jeglicher seinen Groschen.
Seinen Groschen: Denn welche auch in Todesnot, wie der Schächer am Kreuz, zu Christus bekehrt werden, die werden das ewige Leben erlangen. Und die sind es, von denen gesagt wird, dass sie um die elfte Stunde in den Weinberg gekommen sind. Denn mit einer wahren Buße kommt niemand zu spät.
10. Da aber die ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und sie empfingen auch ein jeglicher seinen Groschen.
11. Und da sie den empfingen, murrten sie wider dem Hausvater
Murrten: Dieses Stück von dem Gleichnis hat nicht den Verstand, als ob man in jenem Leben über den Lohn des ewigen Lebens zanken und hadern würde, sondern zeigt an, wie die Leute in dieser Welt so widersinnig urteilen, von der Güte des himmlischen Vaters, der auch die zu Gnaden aufnimmt und ihnen das ewige Leben schenkt, welche ihren bösen Gelüsten länger als Christo gedient, wenn sie trotzdem ernstlich Buße getan haben. Eine solche Klage findet sich auch in dem Gleichnis vom verlorenen Sohn {Lk 15}. Aber wir sollen mit unseren unzeitigen witzigen Gedanken zu Hause bleiben.
12. und sprachen: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleich gemacht, die wir des Tages Last und Hitze getragen haben.
13. Er antwortete aber und sagte zu einem unter ihnen: Mein Freund, ich tue dir nicht unrecht. Bist du nicht mit mir eins geworden um einen Groschen?
14. Nimm, was dein ist, und gehe hin! Ich will aber diesem Letzten geben gleichwie dir.
15. Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem Meinen? Siehst du darum scheel, dass ich so gütig bin?
Scheel: Und bist so neidisch auf deinen Nächsten, dass ich ihm Gutes tue, und mich freigiebig gegen ihn erzeige. Denn es soll keiner den bußfertigen Sündern ihre Seligkeit missgönnen, sondern vielmehr von Herzen sich darüber mit ihnen freuen. Weil auch im Himmel Freude ist über einen Sünder, der Buße tut, mehr denn über 99 Gerechte, die der Buße nicht bedürfen {Lk 15}.
16. Also werden die Letzten die Ersten, und die Ersten die Letzten sein. Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt {Mt 22v14}.
Letzten: Das will so viel sagen. Es geschieht oft, dass die, so zu Anfang in der Religion eifrig und hitzig waren, danach nur noch lau sind, und die zuerst das Ansehen gehabt, als interessiere sie keine Religion, später die eifrigsten Christen werden, also dass sie nicht zu Unrecht den Vorigen im Reich Gottes vorzuziehen sind. Häufig geschieht es auch, dass viele zu der Erkenntnis Christi berufen werden, aber wenige diese wahrhaftig annehmen, weil sie nicht erwählt sind. Diesen letzten Spruch Christus nicht darum vorbrachte, dass er uns von der allgemeinen Verheißung des Evangeliums abführe, zu erkundigen, ob wir erwählt sind oder nicht; sondern es geht auch um die Heuchler, welche das angebotene Evangelium Christi verwerfen und von sich stoßen. Denen ist das Evangelium ein Geruch des Todes zum Tode, welche aber an Christus glauben, denen ist es ein Leben zum Leben {2Kor 2}. Denn das Evangelium ist eine Kraft Gottes, selig zu machen, alle die daran glauben {Röm 1}.
17. Und er zog hinauf gen Jerusalem und nahm zu sich die zwölf Jünger besonders auf dem Wege und sprach zu ihnen {Mk 10v32 Lk 18v31}:
Und: Im Folgenden predigt Christus seinen Jüngern noch einmal von seinem Leiden, damit er ihnen den falschen Wahn, welchen sie von dem weltlichen Reich Christi gefasst hatten, aus dem Herzen risse, und sie durch sein Leiden und Tod desto weniger geärgert würden. Gab aber auch zugleich damit zu verstehen, dass er sich willig und ungezwungen in den Tod begebe. Darum sein Leiden die vollkommenste Versöhnung aller unserer Sünden war. Hiervon tun auch Meldung Markus am 10. und Lukas im 18. Kapitel.
18. Siehe, wir ziehen hinauf gen Jerusalem, und des Menschen Sohn wird den Hohepriestern und Schriftgelehrten überantwortet werden, und sie werden ihn verdammen zum Tode.
Zum Tode: Denn die Heuchler, welche die falsche Lehre und falsche Religion verteidigen, sind grausam.
19. Und werden ihn überantworten den Heiden, zu verspotten und zu geißeln und zu kreuzigen. Und am dritten Tage wird er wiederauferstehen.
Den Heiden: Nämlich dem römischen Landpfleger Pilatus und seinen Kriegsleuten.
Auferstehen: Von den Toten. Gleichwie Christus seinen Jüngern sein Leiden zuvor verkündigt. Also sollen auch wir uns gefasst machen, allerlei Trübseligkeit auszustehen. Denn welche in Christo Gott selig leben wollen, die müssen Verfolgung leiden {2Tim 2}. Wir sollen uns aber auch der Auferstehung erinnern, das heißt, der Erlösung und ewigen Freude, die wir nach dem Jammertal dieses Leben zu erwarten haben. Obwohl nun Christus wusste, dass die Jünger noch ganz unverständig waren, und diese seine Weissagung von seinem Leiden nicht verstehen würden, so hat er sie dennoch dieser Sachen früh erinnern wollen, und hat diese Predigt der Jünger Glauben nach der Auferstehung Christi sehr gestärkt. Da diese sie sich wiederum zu Gemüte führten, wie der Ausgang mit der Weissagung auch übereinstimmt. Wir sollen die Kirche auch treu unterrichten. Denn obwohl bei den Zuhörern es das Ansehen hat, als würden sie dessen wenig gebessert, so wird doch die reine Lehre zu rechter Zeit ihre Früchte bringen.
20. Da trat zu ihm die Mutter der Kinder des Zebedäus mit ihren Söhnen, fiel vor ihm nieder und bat etwas von ihm.
Da: Wie so wenig oder nichts die Jünger Christi aus der vorhergehenden Predigt Christi zur selben Zeit gelernt, bezeugt die nachstehende Geschichte, an die auch Markus denkt im 10. Kapitel.
Söhnen: Jakobus und Johannes, sie aus der Zahl der zwölf Apostel waren, und nach dem Fleisch Christi Blutsverwandte.
21. Und er sprach zu ihr: Was willst du? Sie sprach zu ihm: Lass diese meine zwei Söhne sitzen in deinem Reiche, einen zu deiner Rechten und den andern zu deiner Linken.
Was willst Du: Was willst Du, dass Du vor mir einen demütigenden Fußfall tust?
Deinem Reich: Denn es waren die Jünger in dem Wahn um ein weltliches Reich Christi noch ganz ersoffen, darum im selben Reich (welches einzunehmen, nach ihrer Meinung Christus damals auf der Reise nach Jerusalem war) diese beiden Jünger, Jakobus und Johannes, und den anderen zehn gerne wären die Vornehmsten gewesen. Solcher Unverstand und Ehrgeiz an diesen beiden Jüngern (in welchem Urteil doch die anderen zehn auch krank waren, wie sich später befinden wird) lehrt uns, dass auch fromme und vortreffliche Leute ihre menschlichen Schwächen haben, die man zwar an ihnen wissen, aber sie doch nicht also anfeinden soll, dass wir ihretwegen auch die Personen selbst scheuen oder anfeinden wollten. Sondern wir müssen in diesem Fall einer des anderen Schwachheit tragen, und die Gefallenen mit Sanftmut wiederaufrichten.
22. Aber Jesus antwortete und sprach: Ihr wisst nicht, was ihr bittet. Könntet ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde, und euch taufen lassen mit der Taufe, da ich mit getauft werde? Sie sprachen zu ihm: Jawohl.
Was ihr bittet: Denn mein Reich ist nicht ein weltliches Reich, wie ihr meint, und es ist nicht richtig beurteilt, dass mir von wegen der fleischlichen Verwandtschaft, damit ihr angetan seid, den Vorzug habt in meinem geistlichen Reich. Darum kann ich Euch in diesem Stück nicht folgen. Wir bitten auch häufig von Gott solche Sachen, die wir richtigerweise nicht erlangen sollen. Darum wenn wir nicht erhört werden, so sollen wir denken, es sei uns gesagt: Ihr wisst nicht, was ihr bittet.
Den Kelch: (Nach Luther) Den Kelch trinken ist das Leiden. Das Fleisch aber will immer Wohltaten, denn dass es gekreuzigt wird, lieber erhöht, denn es erniedrigt wird.
Trinken werde: Als wollte er sprechen: Ihr geht jetzt mit den Gedanken um, dass ihr nur nach weltlicher Herrschaft, Majestät, und Hoheit trachtet, da ihr euch vielmehr solltet zum Kreuz rüsten und gefasst machen. Denn wer mit mir regieren will, der muss zuvor viel Trübsal erdulden. Gleichwie einem ein Becher oder Kelch auszutrinken vorgestellt wird, also ist einem jeden Christen sein Teil der Trübsal abgemessen und bestimmt. Darum sollen wir unseren Teil der Trübsal mit Geduld austrinken und nicht zweifeln. Wir nehmen eine ganz gesunde und heilsame Arznei ein, die zu unserer Seelen Wohlfahrt dienlich ist, wenn sie gleich dem Leibe nicht gut aussieht.
Getauft werde: Was zuvor mit dem Kelch bedeutet wurde, das wird auch jetzt durch die Taufe verstanden. Nämlich Widerwärtigkeit und Trübsal. Denn welche vor Zeiten getauft wurden, die gab man ins Wasser und zog sie wieder heraus. Darum, wenn wir mit Unglück gedrückt werden, so sollen wir denken, dass wir zwar von Gott dem Herrn ins Wasser der Trübsal gegeben werden, aber durch seine Hilfe auch wiederum daraus kommen, damit wir ihn in alle Ewigkeit preisen mögen. Aber lasst uns hören, was die beiden Apostel auf diese Frage zur Antwort geben.
Jawohl: Wir sind bereit, allerlei Gefahr mit Dir auszustehen, sofern Du uns nur diese bitte gewährst, dass wir nur mit Dir regieren, und zu Deiner Rechten, der andere zu Deiner Linken sitzen möge. Denn ehe wir das Elend versuchen, so denken wir uns selber ganz stark zu sein. Aber der Apostel Flucht im Leiden Christi gibt genügend zu erkennen, wie standhaft die sind, welche aus fleischlicher Verwegenheit sich mutig stellen.
23. Und er sprach zu ihnen: Meinen Kelch sollt ihr zwar trinken und mit der Taufe, da ich mit getauft werde, sollt ihr getauft werden, aber das Sitzen zu meiner Rechten und Linken zu geben, steht mir nicht zu, sondern denen es bereitet ist von meinem Vater.
Getauft werden: Denn die Christen sind der Trübsal nicht enthoben, obgleich das Fleisch sehr ungern leidet.
Wir nicht zu: Denn ich bin jetzt im Stande meiner Erniedrigung und in der angenommenen Gestalt eines Knechtes. Darum ist es jetzt nicht mein Amt, dass ich die Sitze und Ehrenstände im Himmel austeile, da einer oben an, der andere am nächsten Ort sitze. Dies wird mein himmlischer Vater machen, der eine Ordnung macht, mit was für Ehren er einen jeden Gläubigen begaben will. Diese Antwort Christi ist ein Zeichen seiner Demut, dabei wir erinnert werden, dass wir uns nicht unterstehen sollen zu verrichten, was uns nicht befohlen ist. Und lehrt auch, dass wir vielmehr darauf sollen bedacht sein, wie wir der ewigen Seligkeit mögen teilhaftig werden, als dass wir aus Vorwitz uns unterstehen zu erkundigen, wer im Himmel oben sitzen werde. Ferner sollen hier alle die lernen, welche ihre Blutsverwandten zu vornehmen Ämter befördern wollen, obwohl sie dazu nicht tauglich sind.
24. Da das die Zehn hörten, wurden sie unwillig über die zwei Brüder.
Hörten: Was Johannes und Jakobus an den Herrn Christus für eine Bitte getan hatten.
Unwillig: Dass sie einen solchen Vorzug vor den anderen Aposteln begehrt hatten, denn es war keiner unter ihnen, der sich nicht gleicher Ehre würdig achtete. Darum nicht allein die beiden Apostel mit dem Ehrgeiz behaftet waren, sondern es sind auch die anderen alle im selben Irrtum krank gewesen, wie auch Markus im 10. Kapitel bezeugt. Denn es sind alle Menschen aus einerlei Materie geformt, die mit Sünden behaftet ist. Darum sollen wir behutsam und in der Furcht Gottes wandeln, und des Fleisches Gelüste dämpfen.
25. Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Ihr wisst, dass die weltlichen Fürsten herrschen, und die Oberherren haben Gewalt {Mk 10v41 Lk 22v25}.
Zu sich: Doch nicht in der Meinung, dass er sie im Zorn hart anfahre oder von sich ließe, wie sie es wohl verdient hätten, sondern dass er sie unterrichtete, und ihrem Mangel besserte. In welchem Fall wir es dem Herrn Christo nachtun sollen, dass wir unsere Mitchristen und Schwächen dulden, und so viel wie möglich dieselben verbessern.
26. So soll es nicht sein unter euch, sondern so jemand will unter euch gewaltig sein, der sei euer Diener;
Nicht sein unter euch: Denn es sind die Reiche dieser Welt und das Himmelreich weit voneinander unterschieden. Also verhält sich auch ein großer Unterschied unter den Fürsten dieser Welt und den Aposteln oder Kirchendienern. Denn die weltlichen Fürsten herrschen über ihre Untertanen und Diener, und die gebieten ihnen mit Gewalt, was sie wollen getan haben. Aber das Predigtamt der Kirche ist keine Herrschaft über die Mitgehilfen oder auch über die ihm anbefohlene Herde {1Petr 4}. Und wenn ein Kirchendiener im Himmelreich zu großen Ehren kommen will, so wird er nicht auf den Weg dahin gelangen, wenn er sich anderen in diesem Leben vorziehen will, sondern wird es auf viel andere Weise zuwege bringen müssen, nämlich, wenn er den anderen dient.
27. Und wer da will der Vornehmste sein, der sei euer Knecht,
28. gleichwie des Menschen Sohn ist nicht kommen, dass er ihm dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele {Phil 2v7 1Tim 2v6 Tit 2v14}.
Menschen Sohn: Christus stellt sich selbst ihnen zum Beispiel vor, als wollte er sprechen, des Menschen Sohn (der aller Menschen Herr ist) hat um der Menschen Seligkeit willen die Gestalt eines Knechtes an sich genommen und die Zeit über, in der er auf Erden in menschlicherweise lebte, mehr gedient als geherrscht, neben Taten und Diensten anderen erzeigt, als er empfangen hat. Ja er hat den Menschen zu dienen sich so gegeben, dass er auch sein Leben dazu gelassen hat, ohne sich zu beschweren, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben {Joh 3}. Darum sollen wir unserem Herrn Christus folgen und unter dem Schein des evangelischen Predigtamtes keine Herrschaft über andere suchen. Jedoch, wenn ein Kirchendiener ordentlicherweise zur Handlung weltlicher Geschäfte gezogen wird, so mag er seinem Nächsten in solcher Sache auch dienen, wie Mose und Samuel es getan haben. Aber daneben dahin sehen, dass durch die weltlichen Geschäfte die geistlichen Verrichtungen in der Kirche nicht gehindert werden.
29. Und da sie von Jericho auszogen, folgte ihm viel Volks nach.
Und: Jetzt folgt ein herrliches Wunderwerk Christi, welches er an zwei Blinden erzeigt, da er von Jericho nach Jerusalem zu seinem Leiden gereist ist.
Viel Volks: Welches von dem folgenden Wunderwerk ein unleugbares Zeugnis geben kann.
30. Und siehe, zwei Blinde saßen am Wege; und da sie hörten, dass Jesus vorüberging, schrien sie und sprachen: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich unser {Mk 10v46 Lk 18v35}!
Vorüberging: Von dessen überaus großer Freundlichkeit und Leutseligkeit gegen den elenden behafteten Menschen, wie auch an seiner unendlichen Macht, die vor der Zeit gute Berichte gehört hatten.
Sohn David: Wir glauben, Du bist der Messias, von dem die Propheten geweissagt haben, dass er aus dem Geschlecht und Stamme Davids kommen soll, darum hilf uns elenden Menschen. Diese beiden Blinden haben besser und mehr gesehen, als alle Hohepriester und Schriftgelehrten zu dieser Zeit. Denn sie erkannten Christus für den Messias und waren recht daran, da ihn die Hohepriester aus einem falsch gefassten Wahn für einen Verführer hielten. Und spüren wir hier alle, dass auch fromme Leute häufig mit großem Unglück überfallen werden, dazu oft nicht nur ein Unglück allein sich bei ihnen findet. Denn diese beiden frommen Männer wurden zugleich mit Blindheit und Armut geplagt. Wir sollen ihrem Beispiel folgen, dass wir Christus ganz, Gott und Mensch, anrufen, da in ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt {Kol 1}. Aber die verstorbenen Menschen sollen wir nicht anrufen, wenngleich sie auch noch so heilig gewesen, weil wir dazu keinen Befehl in der Heiligen Schrift haben, sondern dies vielmehr ausdrücklich verboten ist.
31. Aber das Volk bedrohte sie, dass sie schweigen sollten. Aber sie schrien viel mehr und sprachen: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich unser!
Schweigen sollten: Damit sie mit ihrem Geschrei Christo nicht lästig sind.
Vielmehr: Denn wir sollen uns durch keine Anfechtung und von der Anrufung des göttlichen Namens abschrecken lassen, ob wir uns selbst ganz unwürdig fühlen, dass wir Gott mit unserem Gebet so bedrücken sollten.
32. Jesus aber stand stille und rief sie und sprach: Was wollt ihr, dass ich euch tun soll?
Wollt ihr: Es fragte Christus nicht in der Meinung, als ob er nicht gewusst, was die Blinden begehrten; sondern er steht still und fragt sie, was wünscht ihr, damit er zu erkennen gibt, wie er sich der elenden und betrübten Leute annehme, und sei bereit, denen, die in Not stecken, zu helfen. Denn er tut, was die Gottesfürchtigen begehren, spricht der 145. Psalm.
33. Sie sprachen zu ihm: Herr, dass unsere Augen aufgetan werden.
Aufgetan werden: Wir bitten um kein Geld, sondern um unsere Gesundheit, dass Du uns diese gnädig willst wiedergeben. Diese Blinden sind viel anders gesinnt gewesen als etliche Bettler, welcher lieber wollen am Leibe bestraft sein und bleiben, als mit ihrer Handarbeit ihre Nahrung mit Ehren suchen.
34. Und es jammerte Jesum und rührte ihre Augen an. Und alsbald wurden ihre Augen wieder sehend, und sie folgten ihm nach.
Jammerte: Denn Christus ist ein Spiegel aller Barmherzigkeit.
Rührte: Das äußerliche Anrühren der Augen hat Christus dazu gebraucht, auf dass er lehrte, wie man die ordentlichen Mittel nicht verachten soll, welche Gott der Herr zur Beförderung unserer Seligkeit verordnet hat, als da sind in geistlichen Sachen heutigentags das Wort Gottes und die Sakramente.
Ihm nach: Zur Dankbarkeit preisten auf die göttliche Wohltat, welche ihnen von Christus erwiesen war. Wir sollen es dem Blinden in diesem Stück lernen nachzutun, dass wir für die Taten, so wir von Gott empfangen haben, dankbar uns erzeigen: Und solche Dankbarkeit nicht nur mit Worten, sondern auch in der Tat mit unserem Gehorsam bezeugen. Die aber sind ganz undankbar gegen Gott, welche nach entgangener Gesundheit ärger werden.
Das 21. Kapitel
- Der königliche Einzug in die Stadt Jerusalem wird beschrieben, wie auch die Reformierung im Tempel. Christus gestattet den Kindern, dass sie ihm das Wort Hosianna zuschreien, wegen der Pharisäer Neid und Lästerungen. Verflucht einen Feigenbaum, der nicht Frucht trug, und rühmt vor den Jüngern die Kraft eines rechten Glaubens. Verantwortet sich vor dem Rat zu Jerusalem wegen seiner angefangenen Reformierung und setzt ihrer Frage eine andere Frage entgegen, von der Taufe des Johannes. Weiter wird durch ein Gleichnis, dass die Zöllner und Huren eher das Reich Gottes erlangen werden, als die Pharisäer und Schriftgelehrten. Und erklärt mit einem anderen Gleichnis vom Hausvater, der einen Weinberg pflanzte, und etliche Knechte, endlich auch seinen Sohn zu den Weingärten anschickte, des jüdischen Volkes Bosheit und Undankbarkeit gegen dem geoffenbarten Messias.
1. Da sie nun nahe an Jerusalem kamen gen Bethphage an den Ölberg, sandte Jesus seiner Jünger zwei.
Da sie: Christus mit seinen Jüngern und dem Volk, das ihm nachfolgte. Es beschreibt aber der Evangelist in den folgenden Worten den königlichen Einzug Christi zu Jerusalem und richtet der Propheten Weissagungen darauf, auf dass wir erkennen, dieser Jesus von Nazareth sei der verheißene Messias, von dem die Propheten geweissagt haben. Diesen Einzug beschreiben auch Markus 2. und Lukas 19. und Johannes im 12. Kapitel.
Ölberg: An welchem der Ort gelegen war. Da hat Christus zuerst angefangen, Anordnung zu tun, was zum königlichen Einzug, wie einem solchen geistlichen Könige Zustand, gehörte.
2. und sprach zu ihnen: Geht hin in den Flecken, der vor euch liegt, und bald werdet ihr eine Eselin finden angebunden und ein Füllen bei ihr. Löst sie auf und führt sie zu mir!
Zu mir: Dass ich darauf einreite, denn es hat Christus mit einem besonderen Gepränge in die Stadt Jerusalem einziehen wollen, auf dass erfüllt würde, dass da gesagt ist durch den Propheten Jesaja: Sagt der Tochter Zion (das heißt, den Bürgern zu Jerusalem) siehe Dein Heil kommt, siehe, sein Lohn ist bei ihm {Jes 62}.
3. Und so euch jemand etwas wird sagen, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer; sobald wird er sie euch lassen.
Euch lassen: Es sieht darum Christus, als des Menschen Sohn, auch was nach der Gelegenheit dieser Welt ihm abwesend ist, darum sollen wir uns hüten, dass wir vor seinem Angesicht nicht Schändliches begehen. Und weil er auch der Menschen Gedanken und Willen weiß, so sollen wir alle Heuchelei und bösen Gedanken von uns treiben. Die Eselin aber bedeutet die Juden und das Füllen die Heiden. Denn die Juden wurden mit der Last des Gesetzes betrübt, da dagegen die Heiden ohne Gesetz lebten. Und es Christus beiden zum Heiland und König gegeben worden, dass sie durch den Glauben an ihn selig werden.
4. Das geschah aber alles, auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht:
5. Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen der lastbaren Eselin.
Tochter Zion: Verkündigt den Bürgern zu Jerusalem diese fröhliche Nachricht.
Zu Dir: Dass er sich Deiner erbarme und Dir helfe.
Sanftmütig: Demütig, und arm, so viel es die äußerliche Gestalt und den Prunk betrifft.
Eselin: Wenn nun die Juden nicht so verstockt und wie unverständige Klötze gewesen wären, so hätten sie wenigsten auf diesem Eintritt Christi mit dem Esel und der Weissagung des Propheten Zacharias in Kapitel 9 erkennen können, dass dieser Jesus von Nazareth der verheißene Messias und Heiland der Welt wäre. Es lehrt uns aber ein solcher demütiger und unansehnliche Einzug, dass Christi Reich nicht weltlich, sondern geistlich und himmlisch ist, in welchem ewige und himmlische Güter gefunden werden. So werden wir zugleich hierbei erinnert, wie das Reich Christi mit weltlicher Wehr und Waffen nicht erweitert werde, weil Christus mit keinem bewaffneten Heer und Reitern in Jerusalem eingezogen ist.
6. Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte,
7. und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf und setzten ihn darauf.
Befohlen hatte: Obgleich es ihnen ihrer Vernunft nach hätte mögen ungereimt vorkommen. Denn was Christus, unser Meister, sagt, das soll man glauben: und was er befohlen hat, willig tun.
8. Aber viel Volks breitete die Kleider auf den Weg; die andern hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg.
Kleider darauf: Anstatt eines Sattels, auf die Eselin und auch das Füllen. Denn ich halte es so, dass Christus erst auf die Eselin und danach auf das Füllen sich gesetzt, und also vielleicht etliche Male gewechselt habe. Wie auch Fürsten und Herren ihre Pferde oft zu wechseln pflegen, wenn sie reisen.
9. Das Volk aber, das vorging und nachfolgte, schrie und sprach: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!
Schrie: Dass es mit lauter und heller Stimme dem Herrn Christo Glück wünschte.
Hosianna: Das heißt: Wir bitten Dich Herr unser Gott, hilf dem Sohn Davids und verleihe ihm eine glückliche Regierung, dass es ihm alles glücklich und wohl vonstattengehe, welchen Du uns zum Heiland, König und Messias gesandt hast.
Nach Luther: Hosianna heißt auf Deutsch, ach hilf oder, ach gibt Glück und Heil.
In der Höhe: Gott, der Du höher bist als alle Himmel, hilf unserem König. Also tun ihm die recht, welche für ihre Obrigkeit glücklich und von langer Dauer um Regierung bitten. Aber doch soll man auch, und zwar zuerst Gott anrufen, dass er das Reich Christi befördere, und solches bei uns gegen so viel Anläufe und hinterlistigen Nachstellungen des Teufels erhalte. Es hatte aber dieses Volk eine große Unbeständigkeit. Denn ohne Zweifel viele unter diesen Juden gewesen sind, die hier dem neuen König Christo mit Freuden zugeschrien, aber wenige Tage danach vor Pilatus geschrien, kreuzige ihn, kreuzige ihn. Darum soll sich niemand auf des allgemeinen Volkes Kunst verlassen, sondern wir sollen unser Amt fleißig und mit Freuden verrichten und durch der Menschen Unbeständigkeit und Undankbarkeit uns nicht abschrecken lassen.
10. Und als er zu Jerusalem einzog, erregte sich die ganze Stadt und sprach: Wer ist der?
Stadt: Dass sie sich besorgte, es möchte ein neuer Tumult und Aufruhr entstanden sein, oder die Stadt würde vom Feind mit List überfallen.
Ist der: Dass er mit einer solchen Menge Volk in die Stadt kommt, und man ihm wie einen König zuschreit? Was werden wir uns Gutes von ihm zu erhoffen haben? Solches redeten die Bürger in der Stadt untereinander, welche nicht mit Christo hineingekommen, sondern zuvor darin waren. Denn ihrer viel besorgen sich ihrer Güter und ihres zeitlichen Friedens wegen, wenn sie dem Messias sollen die Tore auftun, dass er mit seinem Evangelium bei ihnen einziehe. Aber der das Himmelreich gibt, nimmt oder reißt keine weltlichen Königreiche zu sich.
11. Das Volk aber sprach: Das ist der Jesus, der Prophet von Nazareth aus Galiläa.
Von Nazareth: Denn der meiste Teil wusste nicht, dass Christus wäre zu Bethlehem geboren, sondern weil er zu Nazareth erzogen war, meinten sie, es wäre sein rechtes Vaterland. Dieser Irrtum hat viele Christen abgeschreckt, dass sie gesagt: Soll Christus aus Galiläa kommen? Spricht nicht die Schrift von den Samen Davids und aus dem Flecken Bethlehem, da David war, soll auch Christus kommen? Und später fragten andere den Nikodemus. Forsche, und siehe, aus Galiläa steht kein Prophet auf {Joh 7}. Es zeigt uns aber diese Unwissenheit der Juden, wie der Mensch fahrlässig und nicht fleißig ist im Forschen und Lernen der Sachen, die zu seiner ewigen Seligkeit gehören.
12. Und Jesus ging zum Tempel Gottes hinein und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß um der Wechsler Tische und die Stühle der Taubenkrämer.
Hinein: Verfügt also, als ein geistlicher König, nach seinem Einzug nicht in das Rathaus, sondern in den Tempel, denn er hat ja kein Amt in einer weltlichen Obrigkeit. Darum er sich mit des Tempels Reformierung bemühte, auf dass er anzeigte, wie es mit der Zeit geschehen würde, dass er die gefälschte Religion wiederum zu Recht brächte. Hiervon schreibt auch Markus im 2. Kapitel, mit wenig Worten, und Lukas im 19. Kapitel.
Taubenkrämer: Denn die Priester hatten in den Vorhöfen des Tempels einen öffentlichen Jahrmarkt angerichtet, auf dass, wer ein Opfer tun oder Geld zur Unterhaltung des Gottesdienstes machen wollte. Dazu war hier alles zu bekommen, auch das Geld, so er mitgebracht, in eine besondere Tempelmünze wechseln konnte. Besonders, da jemand aus dem Land der Heiden eine fremde Münze hatte. Und war dies nicht eine Beförderung der Ehre Gottes, obwohl es einen solchen Schein hatte; sondern zum Teil der Priester, zum Teil auch der Krämer und Wechsler Geiz war an dem allen Schuld. Weil von den Opfern eine Menge an die Priester und Krämer fiel, die so ihren Gewinn davon hatten. Ein solcher Handel geschieht auch im Papsttum hin und wieder. Also dass auch ein päpstlicher Poet vor ihrem Gottesdienst unter anderem ganz fein geschrieben hat: Der Himmel und Gott selber werden für Geld verkauft. Und siehe, dieser Handel der Priester und der päpstlichen Messpfaffen sind einander so gleich, dass sie nicht gleicher sein könnten. Also dass keiner um ein Haar besser als der andere, wobei das Papsttum noch schlimmer ist.
13. Und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus soll ein Bethaus heißen. Ihr aber habt eine Mördergrube daraus gemacht.
Sprach: Dass er für sein Tun genügend Gründe hatte.
Bethaus heißen: Und ist hauptsächlich dazu gebaut worden, dass dort das Volk zum Gottesdienst, den Gott selber eingesetzt hat, zusammen Gott anrufe und preise. Denn dies ist der Verstand der Worte des Propheten Jesaja im 26. Kapitel.
Ihr aber: Nämlich ihr Priester, Pharisäer und Schriftgelehrten zu Jerusalem.
Gemacht: Dass ihr die richtige Lehre und Verheißung von dem Messias verdunkelt, den richtigen Gebrauch der Opfer, wie sie auf Christus zeigen, das Volk nicht lehrt, noch zur wahren Buße führt; sondern richtet es an, dass es mit der Menge der Opfer, als mit dem Werk sich selbst, ohne Glauben und Besserung des Lebens, seine Sünde büßen soll. Damit ihr euren Geiz füllen, die armen Seelen töten, in welchem Stück ihr schlimmer seid als die Mörder. Denn diese bringen nur den Leib um, ihr aber erwürgt auch die Seelen. Darum ist die Verrichtung der falschen Religion dadurch die Seelen ins Verderben gestürzt werden, ein Mord der Seelen, obgleich solche Mörder einen ganz heiligen Schein und Wandel führen.
14. Und es gingen zu ihm Blinde und Lahme im Tempel, und er heilte sie.
Heilte sie: Mit diesen Wunderwerken er zu verstehen gab, was er zuvor getan hatte, dass solches Tun seines Amtes wegen Zustände, und er den Tempel zu reformieren Macht hatte. Denn er auch zuvor bereits mit herrlichen Wunderwerken bewiesen, und immer noch beweise, dass er der Messias wäre, von Gott gesandt, unter anderem auch dazu, dass er die Religion reformiere. Und diese Tat Christi ist ein besonderes Stück gewesen, welches ihm die Apostel nicht nachgetan haben. Denn der Kirchendiener Amt ist, mit dem Worte Gottes, die falschen Gottesdienste zu zerstören und abzuschaffen. Und welche unter dem Schein des Predigtamtes in der Kirche mit Gewalt einen Tumult erregen, die sind keine Nachfolger Christi, sondern seine Affen, und nimmt es am Ende einen bösen Ausgang mit ihnen.
15. Da aber die Hohepriester und Schriftgelehrten sahen die Wunder, die er tat, und die Kinder im Tempel schrien und sagten: Hosianna dem Sohn Davids! wurden sie entrüstet
Tat: Eben zur selben Zeit in dem Tempel des Herrn, dass er die kranken Leute gesund machte.
Hosianna: Das heißt, hilf lieber Gott unserem Messias, der aus dem Geschlecht Davids seine Ankunft hat.
Entrüstet: Und zornig, sowohl über die Kinder, dass sie Christo also zuschrien, als über Christus, dass er ihnen es nicht verbot.
16. und sprachen zu ihm: Hörst Du auch, was diese sagen? Jesus sprach zu ihnen: Ja! Habt ihr nie gelesen: Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast Du Lob zugerichtet?
Sagen: Dass sie Dir die Ehre des Messias zumessen? Warum sagst Du nicht sie sollen schweigen? Schämst Du Dich nicht, dass Du solche Lobsprüche annimmst, die Dir nicht gebühren? Dies ist eine große Blindheit an den Hohepriestern und Schriftgelehrten gewesen, so aus lauter Neid entstanden, dass sie ihm die Ehre des Messias nicht gegönnt, da sie doch so herrliche Wunderwerke von ihm gesehen hatten. Denn durch Neid und Hass werden die Leute, besonders in den Religionssachen sehr geblendet.
Ja: Ja natürlich habe ich es gehört, was die Kinder aus den Psalmen Davids von mir singen, daran sie recht getan haben. Denn solche Weissagung ist von mir zu verstehen. So hat auch der Heilige Geist zuvor geweissagt, dass die Kinder mich einmal preisen werden.
Gelesen: Was im 8. Psalm von mir geschrieben steht.
Lob zugerichtet: Das heißt, Du Gott machst, dass auch die Kinder und Säuglinge Dich loben. Diese Weissagung ist jetzt an mir erfüllt worden, indem sie mein Lob ausbreiten. Denn ob es wohl scheint, als wären die Kinder durch des Volkes Schreien bewegt und aufgebracht worden, dass sie also gesungen haben. Jedoch Christus dies nur für einen rechtschaffenen Lobpreis seines Namens erkennt, so ist es gewiss, dass es aus deren Kinder recht gottseligen Herzen durch Anregung des Heiligen Geistes, gekommen ist. Und ist auch daher unfehlbar, zu schließen, dass die Kinder mit dem Heiligen Geist erleuchtet werden, und Christus (nach dem Maß ihres Glaubens) erkennen, obgleich sie der äußerlichen Lehre und Unterrichtung noch nicht fähig sind. Darum sind die Wiedertäufer närrische Leute, welche meinen, in den Kindern, auch wenn sie gleich getauft wurden, sei ebenso wenig Erkenntnis Christi, als in einem Kalb oder einem Schwein, da doch Johannes der Täufer auch im Mutterleibe mit dem Heiligen Geist erfüllt wurde {Lk 1}.
17. Und er ließ sie da und ging zur Stadt hinaus gen Bethanien und blieb dort.
Blieb dort: Über Nacht. Es ist aber dies eine große Undankbarkeit an dem jüdischen Volk gewesen, dass aus allen Bürgern zu Jerusalem sich keiner gefunden hat, der Christus hätte begehrt zur Herberge aufzunehmen, und bei sich zu behalten. Aber es haben ohne Zweifel ihrer viele sich besorgt, dass sie dadurch möchten der Priester und Schriftgelehrten Feindschaft auf sich laden. Darum dürfen wir nicht auf Dankbarkeit hoffen. Wir sollen aber trotzdem unser Amt mit Fleiß willig tun und die Belohnung von Gott erwarten. Soll es uns auch nicht verwundern, wenn die Freunde in Gefahr uns verlassen, dass nur der Herr bei uns ist.
18. Als er aber des Morgens wieder in die Stadt ging, hungerte ihn.
Hungerte ihn: Diese Geschichte beschreibt auch Markus im 2. Kapitel. Dass aber Christus hungerte, der doch (als Gott) allem Fleisch Speise gibt. Dass er auch zu essen sucht auf einem Baum, und nichts findet, solches nimmt seiner ewigen Gottheit nichts, sondern gehört zum Stand seiner Erniedrigung und zu der Gestalt des Knechtes, die er in der menschlichen Natur an sich nahm. Solche Gestalt des Knechtes aber hat er nach seiner Auferstehung abgelegt, jedoch behält er die menschliche Natur in alle Ewigkeit. Darum soll es uns nicht wunder vorkommen, dass er im Stande seiner Erniedrigung die Zeit des Jüngsten Tages nicht gewusst hat.
19. Und er sah einen Feigenbaum an dem Wege und ging hinzu und fand nichts daran denn allein Blätter. Und sprach zu ihm: Nun wachse auf dir künftig nimmermehr keine Frucht! Und der Feigenbaum verdorrte alsbald.
Verdorrte: Dass Christus den unfruchtbaren Baum, der nur Blätter und keine Frucht hatte, durch seinen Fluch verdorren ließ, hat er damit zu verstehen gegeben, dass die Heuchler verflucht sind, welche einen äußerlichen Schein der Gottseligkeit haben, aber keine rechten guten Werke tun.
20. Und da das die Jünger sahen, verwunderten sie sich und sprachen: Wie ist der Feigenbaum so bald verdorrt?
21. Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch, so ihr Glauben habt und nicht zweifelt, so werdet ihr nicht allein solches mit dem Feigenbaum tun, sondern so ihr werdet sagen zu diesem Berge: Heb‘ dich auf und wirf dich ins Meer! so wird‘s geschehen.
Glauben habt: Christus rühmt hier die große Kraft und Wirkung eines rechtschaffenen Glaubens, hat uns aber damit gelehrt, dass wir ohne Glauben solche Dinge versuchen, die nicht in unserem Beruf sind. Denn das wäre ein Frevel und eine Verwegenheit, also nicht auf einen Glauben gegründet, und deswegen einen spöttischen Ausgang nehme. Ich halte es aber dafür und bin der Meinung, dieses ist ein allgemeines Sprichwort, welches zur selben Zeit sehr gebräuchlich war, wenn man von einem Ding, das einem Menschen unmöglich zu sein schien, reden wollte, dass man von Versetzung der Berge etwas vorgebracht hat. Daher auch der Apostel Paulus, als er von großen Wundern und Zeichen, die für den Menschen unmöglich scheinen, redet, spricht: Wenn ich allen Glauben hätte, also, dass ich auch Berge versetzte {1Kor 13}. Wenn darum die Apostel in ihrem Beruf ein Wunderzeichen taten, welches der menschlichen Vernunft als unmöglich vorkam, so haben sie Berge versetzt. Daher versetzen wir auch Berge, wenn wir die Beschwerden, so uns in unserem gemeinen oder besonderen vorgeworfen werden, mit Glauben überwinden und aus dem Wege räumen.
22. Und alles, was ihr bittet im Gebet, so ihr glaubt, so werdet ihr es empfangen {Mt 7v7 Mk 2v24 Lk 2v9 Joh 5v14}.
Ihr glaubt: Wir aber können glauben, dass wir erhört werden, wenn wir solche Dinge bitten, die im Vater Unser begriffen sind. Darum sollen wir mit festem Glauben bitten, und nicht zweifeln, wir werden gewisslich erhört werden.
23. Und als er in den Tempel kam, traten zu ihm, als er lehrte, die Hohepriester und die Ältesten im Volk und sprachen: Aus was für Macht tust du das, und wer hat dir die Macht gegeben?
Und: Die folgende Geschichte beschreibt auch der Evangelist Markus im 2. Kapitel und Lukas im 20. Kapitel.
Kam: Und darin öffentlich lehrte, wie er vor der Zeit auch getan hatte.
Ältesten: Oder Ratsherren in dem oberen Rat zu Jerusalem, welche Christus ernstlich zur Rede stellten.
Gegeben: Denn Du bist vor wenigen Tagen als sein König mit dem Volk in die Stadt eingezogen, hast Dich danach in den Tempel begeben, und einer Reformierung unterstanden, da Du doch weder aus dem priesterlichen Geschlecht bist, noch eines Ratsherren Amt trägst. Darum begehren wir, dass Du uns deutlich sagst, wer Dir eine solche Gewalt gegeben oder eingeräumt hat, dass Du die Kirche Gottes, unser ungeachtet, die Du nie darum um Rat gefragt hast, zu reformieren Dir darfst in den Sinn nehmen? Denn wenngleich eine Reformierung nötig ist und etwas zu verbessern wäre, so hätten wir doch solches zu seiner Zeit ohne Dich verrichten können. Genauso bekennen manchmal die römischen Päpste und ihre Anhänger, dass viele Mängel in der christlichen Religion eingerissen sind. Aber solche zu verbessern, stehe nicht den weltlichen Fürsten oder lutherischen Lehrern zu, sondern dem Papst zu Rom, und allein dem allgemeinen Konsilium.
24. Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Ich will euch auch ein Wort fragen; so ihr mir das sagt, will ich euch auch sagen, aus was für Macht ich das tue.
25. Woher war die Taufe Johannes? War sie vom Himmel oder von den Menschen? Da gedachten sie bei sich selbst und sprachen: Sagen wir, sie sei vom Himmel gewesen, so wird er zu uns sagen: Warum glaubtet ihr ihm denn nicht?
Menschen: Hat Johannes der Täufer aus menschlicher Willkür, ohne himmlischen Beruf, angefangen zu predigen und zu taufen, also, dass er Menschen Meinung lehrte, was ihm nur in den Sinn oder ins Maul gekommen ist? Oder aber ist er von Gott erweckt worden, dass er als ein Prophet den Willen Gottes den Menschen verkündigte? In dieser Frage Christi steckt ein Beweis verborgen: Johannes der Täufer ist von Gott gesandt, darum muss man seiner Lehre glauben. Dieser hat aber ausdrücklich gelehrt, dass ich der Messias bin, darum sollt ihr mich dafür erkennen, und es steht mir von Rechts wegen zu, dass ich den Tempel und den Gottesdienst reformiere. Wenn ihr Johannes glaubt, wie ihr es richtigerweise sollt, so dürfte sich die Frage überhaupt nicht stellen, aus was für einer Macht ich solches tue. Solche Verantwortung Christi haben die Juden gemerkt, wie aus dem Folgenden zu spüren ist.
Vom Himmel: Und sei er als ein Lehrer von Gott zu uns gesandt worden.
Ihm nicht: Denn er hat von mir gelehrt, dass ich der Messias bin.
26. Sagen wir aber, sie sei von Menschen gewesen, so müssen wir uns vor dem Volk fürchten; denn sie hielten alle Johannes für einen Propheten {Mt 14v5}.
Von Menschen: Und hat er aus eigener Willkür das Amt in der Kirche zu lehren und zu taufen auf sich genommen, ohne göttlichen Beruf oder Befehl.
Propheten: Darum, wenn wir würden sagen, Johannes wäre ein Verführer gewesen, so würden wir eine große Feindschaft vom Volk auf uns laden. Denn das würde sprechen, wir wären gottlose Leute und verachteten die Propheten, so sie von Gott gesandt wären.
27. Und sie antworteten Jesu und sprachen: Wir wissen es nicht. Da sprach er zu ihnen: So sage ich euch auch nicht, aus was für Macht ich das tue.
Wissens nicht: Es haben aber beide die Priester und Ältesten gelogen. Denn ihnen war nicht verborgen, dass Johannes ein vortrefflicher Prophet gewesen war, der von Gott gesandt wurde, aber sie wollten die Wahrheit nicht bekennen. Also findet man auch heutigentags viele, welche in Religionssachen ihre Meinung nicht deutlich vorbringen und mit der Sprache nicht herauswollen, nicht, dass sie die Wahrheit nicht wüssten, sondern, dass sie Sorge tragen, es bringe ihnen an ihrem Ansehen oder eigenem Nutzen Nachteile. Aber solche Wetterwendischen, die weder kalt noch warm sind, werden in die äußerste Finsternis verstoßen werden. Denn es wird sie Gott aus seinem Munde ausspucken {Apg 3}.
Auch nicht: Weil ihr nicht antworten wollt, was ihr von dem Predigtamt Johannes haltet, und ich sehe, dass ihr weder der himmlischen Wahrheit noch eurer eigenen Seligkeit viel achtet. Denn man soll das Heiligtum nicht den Hunden, noch die Perlen den Säuen vorwerfen {Mt 7}.
28. Was meint ihr aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem Ersten und sprach: Mein Sohn, gehe hin und arbeite heute in meinem Weinberge.
Was: Jetzt fängt Christus an, in diesem und endlich folgenden Kapiteln, den Hohepriestern, Pharisäern und Schriftgelehrten Heuchelei mit etlichen Gleichnissen vorzuhalten, und zeigt an, wie es ihnen so gar nicht um die rechte Religion zu tun ist, darum sie um ihres gottlosen Wesens willen von Gott werden verstoßen.
29. Er antwortete aber und sprach: Ich will es nicht tun. Danach reute es ihn und ging hin.
Ging hin: In den Weinberg zu arbeiten. Also ist es mit den Leuten so beschaffen, die ein böses und schändliches Leben führen, dass sie zuerst ihren ungebührlichen Gelüsten und Begierden den Zaum lassen, gerade, als ob sie Gott dem Herrn im Himmel allen Gehorsam aufgekündigt und abgesagt hätten. Unter denen doch viele sich später bekehren, Buße tun, ihr Leben bessern und dann weiter Gott dienen, auch also selig werden. Darum man nicht an allen Sündern verzagen soll.
30. Und er ging zum andern und sprach gleich also. Er antwortete aber und sprach: Herr, ja! und ging nicht hin.
Gleich also: Dass er in seinen Weinberg gehen, und darin arbeiten sollte.
Ja: Ich will in den Weinberg gehen, wie Du befohlen hast.
Nicht hin: Das sind die Heuchler, welche Gott den himmlischen Vater immer im Munde und auf der Zunge haben, aber im Herzen gottlos sind, und Gott weder fürchten, noch lieben, sondern seinen Worten widersprechen, und die rechtschaffenen Diener Gottes verfolgen.
31. Welcher unter den Zweien hat des Vaters Willen getan? Sie sprachen zu ihm: Der Erste. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch, die Zöllner und Huren mögen wohl eher ins Himmelreich kommen denn ihr.
Der Erste: Welcher zum Ersten den Gehorsam abgeschlagen, aber diesen später geleistet hat.
Eher: (Nach Luther) Viel möglicher ist es, dass Huren und Buben selig werden, denn hoffärtiger Heilige, denn jene müssen zuletzt ihre Sünde fühlen. Diese sterben in ihrer eigenen Heiligkeit, wenn sie nicht auf wunderliche Weise bekehrt werden.
Denn ihr: Denn ob sie wohl dem Ansehen nach, aus allem Gehorsam anfangs sich begehren zu entziehen, so tun doch ihrer viele wiederum Buße und erlangen die ewige Seligkeit. Diese gehen in das Himmelreich, ihr aber werdet um eurer verstockten Bosheit und Heuchelei willen ewig verloren sein und vom Himmelreich ausgeschlossen bleiben. Denn wo die Heuchler nicht ernstlich Buße tun, so werden sie nicht selig. Es braucht aber viel Mühe, bis man einen Heuchler zur Erkenntnis seiner Sünden bringen kann.
32. Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und ob ihr es wohl gesehen habt, tatet ihr dennoch keine Buße, dass ihr ihm danach auch geglaubt hättet.
Rechten Weg: Zur Seligkeit. Indem er euch predigte, dass ihr solltet Buße tun und rechtschaffene Früchte der Buße wirken, auch den Messias, sobald nach ihm kommen würde, mit Glauben annehmen. Aber ihr habt ihm nicht folgen wollen. Denn die Verstockten bekehren sich nicht, wenngleich ihnen alle Hindernisse ihres Unglaubens genommen und aus dem Wege geräumt sind.
Glaubten ihm: Und taten Buße. Den bußfertigen Sündern aber wird die Buße niemals versagt.
Wohl gesehen habt: Wie die Zöllner und Huren aus der Predigt des Johannes sich besserten und bekehrten, da habt ihr euch durch dieses Beispiel nicht bewegen lassen, dass ihr gedacht hättet, es sind auch viele Sünden in euch, besonders es euch Johannes deutlich zu erkennen gab, um welcher Willen ihr müsstet Gott um Verzeihung bitten. So oft wir darum sehen, dass böse Leute fromm werden, sollen wir in uns selber gehen und mit größerem Eifer als zuvor unser Leben nach der Richtschnur des göttlichen Wortes anzustellen uns bemühen.
33. Hört ein anderes Gleichnis! Es war ein Hausvater, der pflanzte einen Weinberg und führte einen Zaun darum und grub eine Kelter darin und baute einen Turm und tat ihn den Weingärtnern aus und zog über Land {Jer 2v21}.
Hört: Sprach Christus zu den Hohepriestern und Ältesten.
Gleichnis: Welches fast den gleichen Inhalt des vorigen hat. Denn die Hebräer hatte Lust zu Gleichnissen. Und wird dieses Gleichnis auch erzählt von Markus im 12. und Lukas im 20. Kapitel.
Hausvater: Dieses ist der himmlische Vater, der jedoch ein ganz reicher Hausvater ist, denn er hat alles erschaffen und alle Kreaturen in seiner Hand.
Weinberg: Nämlich eine Kirche und Gemeinde, die ihm Gott aus dem israelitischen Volk sammelte.
Zaun: Denn Gott hat die israelitische Kirche viele Jahre lang geschützt und bearbeitet, wie er auch noch heutigentags seine Kirche bewahrt und erhält.
Kelter: In welcher der Wein aus den Trauben gepresst wurde. Und hat Gott das Predigtamt seines Wortes und der Sakramente in der israelitischen Kirche eingesetzt, dass er liebliche Früchte herausbrächte, die ihm gefallen mochten. Dieser Ursache wegen ist auch in der heutigen Zeit das Predigtamt in der Kirche von Gott geordnet.
Turm: Zum Schutz, dass er Wächter daraufstellte, damit niemand den Weinberg beschädigte. Denn Gott hat der israelitischen Kirche Obrigkeiten und Könige gegeben, dass sie für dies Wohlfahrt der Kirche wachen sollten. Eben diese Guttat erzeigt er seiner Kirche auch noch heutzutage.
Aus: Welches damals besonders dazu geschehen ist, dass Gott dem Abraham und den Kindern Levi das Amt in der Kirche zu lehren und den Gottesdienst zu berichten, zur Ehre Gottes und der Kirchen Erbauung, auferlegt hat.
Über Land: Denn von der Zeit an, da Gott den Priestern nicht mehr sichtbar erschien, hat es auch das Ansehen gehabt, als wäre er übers Feld gezogen und verreist. Darum bald nach des Aarons Tod viele Verfälschungen in der Lehre eingerissen sind.
34. Da nun herbeikam die Zeit der Früchte, sandte er seine Knechte zu den Weingärtnern, dass sie seine Früchte empfingen.
Knechte: Das waren die Propheten, welche die Priester und das Volk ermahnen und aufmuntern sollten, dass sie Gott recht erkennen und gebührlich ehrten, da sie zuvor so schläfrig und träge zum rechten Gottesdienst waren.
35. Da nahmen die Weingärtner seine Knechte; einen stäupten sie, den andern töteten sie, den dritten steinigten sie {Apg 7v52}.
Steinigten sie: Sind also diese Knechte von den Weingärtnern übel empfangen worden. Denn die Heuchler können keine Erinnerung leiden und sind eines grausamen Gemütes, dass es sie nach der frommen Knechte Gottes Blut dürstete, welches sie auch vergießen, wenn es ihnen nur gut geht.
36. Abermal sandte er andere Knechte, mehr denn der Ersten waren; und sie taten ihnen gleich also.
Mehr: Denn es haben manchmal zu einer Zeit mehr denn einer und viel Propheten zugleich im israelitischen Königreich und im Königreich Juda gelehrt und gepredigt. Denn Gott unterlässt nichts, er versucht alles, damit die Gottlosen wieder auf den rechten Weg gebracht werden. Aber die Heuchler beharren in ihrer Unweise.
37. Danach sandte er seinen Sohn zu ihnen und sprach: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen.
Scheuen: Und ihm keine Schmach anlegen. Denn vor wem wollten sie sich sonst scheuen, wenn sie sich vor dem Sohn nicht scheuen wollten?
38. Da aber die Weingärtner den Sohn sahen, sprachen sie untereinander: Das ist der Erbe; kommt, lasst uns ihn töten und sein Erbgut an uns bringen!
Uns bringen: Denn welche die Kirche nach ihrem Gefallen und Willen regieren wollen, die verachten Christi Wort und versprechen den Menschen die Seligkeit durch die Werke, die sie tun. Diese setzen sich an Christi statt und unterstehen sich, ihm sein Erbgut zu entwenden.
39. Und sie nahmen ihn und stießen ihn zum Weinberge hinaus und töteten ihn.
Töteten ihn: Ist aber dem Sohn im Hause solche Unbilligkeit widerfahren, so soll es uns nicht wundern, wenn auch wir in dieser Welt hart gehalten werden.
40. Wenn nun der Herr des Weinbergs kommen wird, was wird er diesen Weingärtnern tun?
41. Sie sprachen zu ihm: Er wird die Bösewichte übel umbringen und seinen Weinberg anderen Weingärtnern geben, die ihm die Früchte zu rechter Zeit geben.
Geben: Sie haben zwar die Auslegung richtig getroffen, dass sie sich ihren Untergang selbst geweissagt haben. Denn Gott hat solche schädlichen und untreuen Lehrer verworfen und seinen Weinberg den Aposteln und deren Nachkommen gegeben. Und belegt Gott die Verfolger des Evangeliums mit schweren Strafen. Setzt auch anstatt der untreuen Kirchendiener andere ein.
42. Jesus sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen in der Schrift: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden; von dem Herrn ist das geschehen, und es ist wunderbarlich vor unseren Augen {Apg 4v2 Röm 9v33 1Petr 2v7}?
Eckstein geworden: Denn ob ihr mich verfolgt und auch ums Leben bringen werdet, den ihr nicht wert erachtet, der unter den allgemeinen Steinen oder Gliedern der Kirche Gottes sollte Platz haben. Siehe, so wird mich Gott von den Toten wiederum erwecken und zur höchsten Ehre erheben, auch zum Haupt der ganzen Kirche machen, auf diese, so aus zwei Völkern, als Juden und Heiden, wird versammelt werden, auf mich allein, als den rechten Eckstein bestehen, sich gründen, und also durch mich selig werden. Welches aus göttlicher Kraft geschah und in der ganzen Welt eine große Verwunderung verursachen wird. Gleichwie aber das Leiden Christi ihm auch eine Tür und Eingang gewesen zur unendlichen Majestät. Also sind auch unsere Trübsale uns zur größten Ehre förderlich.
43. Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird von euch genommen und den Heiden gegeben werden, die seine Früchte bringen.
Genommen: Um eurer Undankbarkeit willen wird die Predigt des Evangeliums dadurch den Menschen das Himmelreich angeboten und den Gläubigen geschenkt, euch aber entzogen und den Heiden vorgelegt werden, welche das Evangelium mit Freuden und wahrem Glauben annehmen werden, und aus diesem Glauben viele gute Werke tun. Wir in Deutschland sollen uns auch hüten, damit das Evangelium um unserer großen Undankbarkeit willen nicht wieder von uns genommen und anderen Völkern gegeben werde, welches es mit mehr Eifer und Ernst als wir annehmen.
44. Und wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf welchen er aber fällt, den wird er zermalmen.
Und: Christus fährt noch weiter fort von dem Eckstein zu reden und zeigt an, was es für Wirkungen haben werde bei denen, die nicht mit Glauben auf diesen erbaut sind, sondern ihn verwerfen.
Fällt: (Nach Luther) Es muss sich alles an Christus stoßen. Etliche zur Besserung, etliche zum Ärger.
Zermalmen: Das heißt: Welche sich an Christus stoßen und mit Gewalt gegen ihn laufen, wie die Ketzer und tyrannischen Verfolger es tun, die werden darüber zugrunde gehen. Dieses beschreibt die Geschichte der Kirche. Welche aber Christus, als den gerechten Richter in fleischlicher Sicherheit und gottlosen Wesen, dass sie darin beharrlich fortfahren, oder mit einem plötzlichen Tode überfallen werden, die werden auch ins ewige Verderben geraten. Welche aber mit wahrem Glauben auf diesen Stein erbaut sind, die werden ewig bestehen.
45. Und da die Hohepriester und Pharisäer seine Gleichnisse hörten, vernahmen sie, dass er von ihnen redete.
46. Und sie trachteten danach, wie sie ihn griffen; aber sie fürchteten sich vor dem Volk; denn es hielt ihn für einen Propheten.
Griffen: Dass sie ihn in ihre Gewalt bekämen und töteten.
Volk: Welches ihm damals noch anhing, darum sie nichts gegen ihn machen durften.
Propheten: Und war in großem Ansehen bei ihnen, von wegen seiner herrlichen Predigten, die sie von ihm hörten, und seiner gewaltigen Wunderwerke wegen, die durch ihn geschehen waren. Denn bis die Stunde kommt, so zu unserem Tode bestimmt ist, so vermögen der Menschen Feindschaften oder Listigkeiten nichts wider uns.
Das 22. Kapitel
- Am Anfang wird ein Gleichnis erzählt von einem König, der seinem Sohn eine Hochzeit gemacht, zu der die Geladenen nicht kommen wollten, und vom Gast, der kein hochzeitliches Kleid anhatte. Danach fragen die Pharisäer Christus, ob man dem Kaiser Steuern zahlen soll oder nicht. Christus macht die Sadduzäer zuschanden, welche der Toten Auferstehung spotteten. Und gibt einem Pharisäer Antwort, der ihn fragte, welches das vornehmste Gebot Gottes wäre.
1. Und Jesus antwortete und redete abermals durch Gleichnisse zu ihnen und sprach:
Antwortete: Oder sagte: Denn die Hebräer brauchten das Wort „antworten“ oft für sagen oder reden.
Gleichnisse: Wie auch Christus im vorigen Gleichnis der Hohepriester, Pharisäer und Ältesten oder Obersten des Volkes Heuchelei und Bosheit gestraft hat, so schimpft er in der folgenden die Undankbarkeit und Bosheit des Gottlosen Volkes, welche das Evangelium ebenso wohl verachteten wie die vorigen Heuchler.
2. Das Himmelreich ist gleich einem König, der seinem Sohne Hochzeit machte {Mt 25v1 }.
Hochzeit machte: Als wollte er sagen, die Kirche Gottes hier auf Erden ist so beschaffen, als wenn ein König seinem Sohn wollte Hochzeit machen. Denn der himmlische Vater vertraut seinem eingeborenen Sohn Jesus Christus die Kirche an, dass sie mit ihm ewig lebe, und der himmlischen Güter teilhaftig werde: Sie wird ihm vertraut durch den Glauben {Hos 12}.
3. Und sandte seine Knechte aus, dass sie die Gäste zur Hochzeit riefen; und sie wollten nicht kommen.
Riefen: Es hat aber Gott, der Herr damals angefangen, die Gäste zur Hochzeit zu berufen, wie die Patriarchen die Verheißung von Christo gepredigt haben. Eben das ist auch geschehen durch die Propheten, welche nach der Patriarchen Zeiten in der Kirche Gottes gelehrt haben.
Nicht kommen: Es wollen aber die nicht kommen und sind angewidert von der himmlischen Freude und wollen derer auch nicht teilhaftig werden, welche entweder die Abgötterei der rechten Religion vorziehen, oder in den fleischlichen Lüsten und Begierden sich vertiefen. Wie das Kains Nachkommen taten und die Juden so der Propheten Predigten verachtet haben.
4. Abermal sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Gästen: Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet und alles bereit; kommt zur Hochzeit!
Andere Knechte: Diese Ladung ist besonders dazu geschehen, als Johannes der Täufer, Christus, und die Apostel im jüdischen Lande predigten, und sagten, tut Buße und glaubt dem Evangelium, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. Und ist die gleiche Predigt des Evangeliums nach der Auferstehung Christi weiter fortgeführt worden, da die Apostel noch im jüdischen Lande das Evangelium Christi gepredigt, welches den Juden musste zuerst verkündigt werden.
5. Aber sie verachteten das und gingen hin, einer auf seinen Acker, der andere zu seiner Hantierung.
6. Etliche aber griffen seine Knechte, höhnten und töteten sie.
Töteten sie: Denn es sind zweierlei Art der Leute, die das Himmelreich nicht erlangen. Ein Teil verachtet das Evangelium und geht in der Zwischenzeit mit anderen Sachen um. Der andere Teil aber verfolgt auch die Lehre des Evangeliums.
7. Da das der König hörte, ward er zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an.
Hörte: Wie man mit seinen Dienern umgegangen war, und dass man ihnen allerlei Schmach angelegt hatte.
Stadt an: Dies ist erfüllt worden, da Gott den Juden die Römer auf den Hals schickte, ungefähr vierzig Jahre nach der Auferstehung Christi, die die Stadt Jerusalem zerstörten, die Bürger zum einen Teil erwürgten, zum anderen Teil in eine jämmerliche Sklaverei wegführten. Denn damals haben die Juden auch die Strafe des geschehenen Mordes ausstehen müssen, welche ihre Vorfahren an den Propheten begangen hatten, wie Christus ihnen zuvor gedroht hatte, da er sagt im folgenden 23. Kapitel: Siehe ich sende zu euch Propheten, Weise und Schriftgelehrte, und von diesen werdet ihr etliche töten und kreuzigen, und etliche werdet ihr geißeln in euren Schulen und werdet sie verfolgen von einer Stadt zur anderen. Auf dass über euch komme, alles das gerechte Blut, das vergossen ist auf Erden.
8. Da sprach er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Gäste waren es nicht wert.
Da: Wir haben vernommen, dass die Juden durch ihre eigene Schuld verstoßen, und das Himmelreich nicht teilhaftig geworden sind. Jetzt folgt, wie die Heiden an ihrer statt aufgenommen sind.
Nicht wert: Dass sie bei dieser königlichen Hochzeit sein sollten.
9. Darum geht hin auf die Straßen und ladet zur Hochzeit, wen ihr findet.
Straßen: Denn nachdem die Juden das Evangelium Christi verachteten und verfolgten, so hat sie Gott der Herr wiederum verachtet, und die Heiden zum Reich Christi berufen, welche das Evangelium mit großem Eifer angenommen haben. Daher auch Paulus und Barnabas gegen die halsstarrigen Juden zu Antiochia folgende Worte verkündigen lassen hat: Euch muss zuerst das Wort Gottes gesagt werden, nun ihr es aber von euch stoßt und achtet euch selbst nicht wert, das ewige Leben zu haben, siehe, so wenden wir uns den Heiden zu. Denn also hat uns der Herr geboten {Apg 13}. Wir sollen uns auch hüten, dass wir mit unserer Undankbarkeit und selbst des Reiches Gottes nicht unwürdig machen, und Gott der Herr sein Wort von uns nehme und anderen Völkern mitteilt. Denn hat Gott der natürlichen Zweige (der Juden) nicht verschont, so wird er unser vielleicht auch nicht schonen {Röm 2}.
10. Und die Knechte gingen aus auf die Straßen und brachten zusammen, wen sie fanden, Böse und Gute. Und die Tische wurden alle voll.
11. Da ging der König hinein, die Gäste zu besehen, und sah da einen Menschen, der hatte kein hochzeitliches Kleid an.
Da: Weil aber auch unter den Heiden, von denen, die dem äußerlichen Ansehen nach, das Evangelium angenommen haben, viele gewesen und noch sind, sich so verhalten, dass sie von der himmlischen Hochzeit richtigerweise ausgestoßen werden. So lehrt das folgende Stück dieses Gleichnisses, was es für Leute sind.
Hochzeitliches Kleid: (Nach Luther) Ist der Glaube. Denn das Evangelium verwirft die Werkheiligen und nimmt die Gläubigen an.
12. Und sprach zu ihm: Freund, wie bist du hereinkommen und hast doch kein hochzeitliches Kleid an? Er aber verstummte.
Freund: Also spricht er spöttisch mit ihm.
13. Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werft ihn in die äußerste Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappern;
Zähneklappern: Mit diesen Worten werden die ewigen und schrecklichen Strafen beschrieben, so die bekommen werden, welche kein hochzeitliches Kleid haben. Das hochzeitliche Kleid aber ist Christus, welchen wir auf zweierlei Weise anziehen. Denn wenn wir wahrhaftig an ihn glauben, so sind wir mit dem hochzeitlichen Kleid Christo, bekleidet und geschmückt, dass es vor den Augen des himmlischen Vaters alle unsere Sünden und Gebrechen bedeckt, uns aber sein ganzer Verdienst, welcher der allervollkommenste ist, zugerechnet wird. Auf diese Weise Christus anzuziehen, redet Paulus, da er spricht: Wie viel euer getauft sind, die haben Christus angezogen {Gal 3}. Danach ziehen wir Christus an, wenn wir in unseren ganzen Wandel seine Unschuld nachzufolgen uns befleißigen, davon Paulus also redet: Lasst uns ehrbar wandeln als am Tage, nicht in Fressen und Saufen, nicht in Kammern und Unzucht, nicht den Hader und Neid, sondern zieht an den Herrn Jesum Christus {Röm 13}.
14. Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.
Außererwählt: Denn wenn auch gleich viele durch die Predigt des Evangeliums zum ewigen Leben berufen werden, so lehrt doch die Erfahrung, dass etliche nicht rechtschaffene Christen, sondern Heuchler sind, welche dem Ansehen nach die christliche Religion annehmen, es ihnen damit aber nicht ernst ist. Und sollen uns diese Worte Christi die Hoffnung zum ewigen Leben nicht nehmen, sondern die Sicherheit vertreiben, dass wir uns aufmuntern, und Christus mit Glauben ernstlich ergreifen, auch die Bekenntnisse unseres christlichen Glaubens mit gottseligem Wandel zieren.
15. Da gingen die Pharisäer hin und hielten einen Rat, wie sie ihn fingen in seiner Rede.
Da: Weil Christus mit seinen Gleichnissen der Hohepriester, Pharisäer und Schriftgelehrten Heuchelei und Bosheit hart behandelte und ihnen ernstlich aufgezeigt hatte, begehrten sie, sich an ihm zu rächen, und legten ihm eine arglistige Frage vor, also, dass er nach ihrer Meinung, ohne große Gefahr zu ahnen, antworten könnte, sondern entweder damit er der weltlichen Obrigkeit in die Hände gerate, oder vom Volk mit Steinen zu Tode geworfen werde. Ganz gleichwie seine Antwort lauten wird. Hiervon tun auch Markus im 12. und Lukas im 20. Kapitel eine Nachricht.
Rede: Denn sie wollten, dass Christus sich selber in Gefahr brachte und verwickelte, damit sie nicht dafür angesehen würden, als wären sie an seinem Tod schuldig.
16. Und sandten zu ihm ihre Jünger samt des Herodes Dienern und sprachen: Meister, wir wissen, dass du wahrhaftig bist und lehrst den Weg Gottes recht und fragst nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen.
Ihre Jünger: Damit er ihren Betrug weniger merkte. Sie haben aber mit großem Fleiß solche Personen zu ihm geschickt, die sich fromm und einfältig stellen können, wie Lukas im 20. Kapitel.
Herodes Dienern: Welche ihrem Herrn Herodes etwas vorbringen sollten, da sie meinten, Christus würde etwas antworten, dass der Obrigkeit zum Nachteil geschehen möchte.
Sprachen: Dass sie ihm durch die geschickten Diener folgende Frage vorhalten ließen.
Recht: Dass Du die Wahrheit lehrst und den Leuten ohne Falsch zeigst, wie sie Gott recht dienen sollen. Sie geben also dem Herrn Christus aus einem boshaften Herzen ganz glatte Worte.
Achtest nicht: Wir wissen, dass Du in Deinen Predigten nicht darauf siehst, wie Du der Menschen Gunst erlangen möchtest, Dich auch nicht fürchtest, wenn jemand über dich zürnt, denn Du sagst einem jeden, ohne Ansehen der Person, was ihm zu sagen ist. Und werden zwar diese Tugenden von den Kirchendienern gefordert, dass sie die himmlische Wahrheit lehren, und dieses ohne Falsch, rein, und deutlich dem Volk vorhalten, auch nicht durch Kunst oder Verfolgungen vom rechten Wege sich abtreiben lassen. Denn ein Kirchendiener ist Gottes Gesandter, darum soll er unerschrocken reden, was er im Befehl hat. Gleichwie aber der Pharisäer Jünger, indem sie Christus loben, ihn begehren in Gefahr zu bringen. Also wenn wir von Gottlosen und arglistigen Leuten öffentlich in unserer Gegenwart gerühmt werden, so sollen wir uns hüten, dass man uns nicht etwa mit List nachstelle.
17. Darum sage uns, was erscheint dich? Ist es recht, dass man dem Kaiser Zins gebe, oder nicht?
Zins gebe: Können wir auch mit gutem Gewissen dem Kaiser Zins (Steuern) geben, weil wir doch eigentlich Gottes Volk sind? Sie hofften aber, Christus würde dieser Frage nicht entkommen, er müsste entweder in einem oder anderen Weg sich schuldig machen. Denn da er antworten würde, man sollte dem Kaiser den Zins nicht geben, so waren des Herodes Dienern vorhanden, welches sie dem Herodes verkündigt hätten, Christus wäre ein Aufrührer und lehnte sich gegen die Römer auf, da würde es dann um sein Leben geschehen sein. Sagte er aber, man sollte dem Kaiser die Zinsen geben, so wussten sie wohl, es würde das jüdische Volk solch eine Antwort nur ungern hören und Christus feind darum werden, ihm auch nicht mehr anhängen oder nachfolgen, sondern vielmehr helfen dass er arm würde, und ihn aus dem Wege räumen, weil er ein solcher Prediger wäre, der wider ihre Freiheit lehrt. Denn das Volk trug einen solchen Zins als Last des römischen Jochs mit großem Unwillen. Also gehen beschäftige Leute großer Herrenhöfe darauf aus, dass sie der reinen Kirchendiener hohen Köpfen verhasst machen, als ob sie sich wider die weltliche Obrigkeit setzten. Und ist der Untertanen Dankbarkeit so groß, dass sie nicht bedenken, was sie für eine große Guttat von der Obrigkeitsschutz empfangen, darum sie lieber ihr Geld im Wirtshaus verzehren, als ein Stück zur Erhaltung des Regimentes zu zahlen.
18. Da nun Jesus merkte ihre Schalkheit, sprach er: Ihr Heuchler, was versucht ihr mich?
Merkte: Denn es sind ihm aller Menschen Herzen bekannt.
19. Zeigt mir die Zinsmünze! Und sie reichten ihm einen Groschen.
20. Und er sprach zu ihnen: Wessen sind das Bild und die Überschrift?
21. Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist {Röm 13v7}.
So gebt: Als wollte er sprechen: Die römische Münze, die er jetzt gebraucht, soll euch täglich daran erinnern, dass ihr das Joch des Römischen Reiches auf euch genommen habt, warum weigert ihr euch denn zu tun, was Untertanen gegen die Obrigkeit zusteht? Es ist doch richtig, dass die Untertanen ihrer Obrigkeit Steuern zahlen, und Gehorsam leisten. Dazu aber sollt ihr der weltlichen Obrigkeit untertan und gehorsam sein, dass ihr den Gottesdienst mit der Zeit nicht aus der acht lasst, sondern gebt Gott, was sein ist. Darum sollen wir zwar der Obrigkeit gehorsam sein, aber diesen zu gefallen nicht gegen Gott handeln, noch was zum Gottesdienst gehört, versäumen.
22. Da sie das hörten, verwunderten sie sich und ließen ihn und gingen davon.
Sie sich: Über eine so gut bedachte und verständige Antwort.
Gingen davon: Mit Schimpf und Spott. Denn welche die Diener Gottes wollen zuschanden machen, die werden selber zuschanden.
23. An diesem Tage traten zu ihm die Sadduzäer, die da halten, es sei kein Auferstehen, und fragten ihn {Apg 23v24}
An: Als die Pharisäer mit schlechter Ehre gegen Christus sich in die Diskussion eingelassen und mit Scham abziehen mussten, machten sich die Sadduzäer an ihn, in der Hoffnung, sie wollten sich ritterlich mit ihm messen, und einen besseren stattlichen Sieg davon bringen. Dies erzählen auch Markus 12 Lukas 20. Es nahm aber diese Sekte unter den Juden nicht alle prophetischen Schriften an, sondern nur die fünf Bücher Mose, und glaubten die Sadduzäer an keine Auferstehung der Toten, sondern sagten, die Seelen stürben mit den Leibern, und wäre kein anderes Leben nach diesem zu hoffen. Sie glaubten nicht, dass Engel oder Geister wären, jedoch lehrten sie dazu, dass man ehrlich und Gottgefällig leben sollte, denn Gott vergelte die Ehrbarkeit und Aufrichtigkeit mit zeitlichen Guttaten in diesem Leben. Es ist aber schrecklich, zu hören, dass im Volk Gottes eine solche schreckliche Verfälschung der Religion eingerissen war, dass sich Leute fanden, welche die Auferstehung der Toten öffentlich leugnen durften. Und sind ohne Zweifel unter den Christen heutigentags auch viele, die es mit ihnen halten, obgleich sie es mit Worten nicht bekennen dürfen. Denn ihre Taten bezeugen es, dass sie kein anderes Leben nach diesem Leben glauben. Obwohl nun die Pharisäer und Sadduzäer in vielen Stücken der Lehre nicht übereinstimmten, so waren sie dann doch in einer Sache miteinander eins, dass sie Christus begehrten zu töten. Denn wenn Christus in seinen Gliedern soll verfolgt werden, so setzen und halten zusammen auch diejenigen, welche sonst nicht einer Meinung sind.
24. und sprachen: Meister, Mose hat gesagt: So einer stirbt und hat nicht Kinder, so soll sein Bruder sein Weib freien und seinem Bruder Samen erwecken.
Meister: Wir kommen zu Dir, dass wir Dich hören und begehren, etwas von Dir zu lernen.
Samen erwecken: Damit seine Güter nicht an ein anderes Geschlecht oder einen anderen Stamm fallen. Und der erste Sohn, der aus dem Weibe geboren wird, solle des Verstorbenen Erbgut antreten. Welches damals ein gutes Gesetz war, weil es Gott so geordnet hatte, damit die Erbgüter im Lande Kanaan nicht durcheinandergemengt werden, von einem Stamm zum anderen fielen, und daher auch unter den Stämmen selbst und Geschlechtern eine Verwirrung entstünde. Denn es wollte Gott den Unterschied der Stämme und Geschlechter erhalten bis zur Ankunft Christi, auf dass man wissen könnte, wie er aus Davids Geschlechts geboren wurde. Aber lasst uns hören, was die Sadduzäer Christi für eine Frage zu erörtern aufgaben.
25. Nun sind bei uns gewesen sieben Brüder. Der erste heiratete und starb, und weil er nicht Samen hatte, ließ er sein Weib seinem Bruder.
26. Desgleichen der andere und der Dritte bis an den Siebten.
Siebten: Also, dass immer einer nach dem anderen das Weib ehelichte, bis alle sieben Brüder dieses Weibes Ehemänner gewesen waren.
27. Zuletzt nach allen starb auch das Weib.
28. Nun in der Auferstehung, wessen Weib wird sie sein unter den sieben? Sie haben sie ja alle gehabt.
Sie sein: Es meinten aber die Sadduzäer, dass es ein ganz ungereimtes Tun sein würde, wenn ein Weib im anderen Leben sieben Männer haben sollte. Denn das würde doch wie ein Hurenleben aussehen? Darum weil sie solche ungereimten Dinge vorgebracht hatten, meinten sie, den Artikel von der Auferstehung der Toten darum umzustoßen. Denn die menschliche Vernunft bildet sich in den Artikeln unserer christlichen Religion ungereimte Sachen ein, und verspottet deswegen diese.
29. Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Ihr irrt und wisst die Schrift nicht noch die Kraft Gottes.
Kraft Gottes: Welche ihr nicht betrachtet, daher geschieht es, dass ihr die Auferstehung der Toten leugnet: Denn ihr meint, was euch unmöglich scheint, das sei Gott auch unmöglich, und bildet euch ein, weil ihr die Heilige Schrift nicht fleißig gelesen habt, es werde in jenem Leben eine Gestalt haben, wie auf dieser Welt, dass die Leute untereinander heiraten, handeln und wandeln werden. Aber wenn ihr die ganze Heilige Schrift fleißig gelesen und gut bedacht hättet, auch glauben würdet, dass Gott allmächtig ist, so wäret ihr nicht auf eine solche gottlose Meinung gekommen. Denn so entstehen die Irrtümer in der Religion, dass viele die Heilige Schrift nicht mit Ernst lesen, noch richtig bedenken, auch die Sprüche der Schrift nicht in der Furcht Gottes gegeneinanderhalten. In welchem Stück es den Katholiken heutigentags auch fehlt, welche die Schrift nicht ansehen und hoch achten. Wie auch Wiedertäufer, welche nicht Schrift durch Schrift erklären. Danach irrt man sich auch grob, wenn man die Allmacht Gottes nicht betrachtet und die Menschen von Gott urteilen, es sei ihm nicht mehr möglich, denn was sie für möglich halten. Darum die Zwinglianer in den Irrtum kamen, welches in ihren Kopf nicht zu bringen war, dass sie glaubten, ein wahrer Leib könne nicht zugleich an zwei oder mehr Orten sein.
30. In der Auferstehung werden sie weder heiraten noch sich heiraten lassen, sondern sie sind gleichwie die Engel Gottes im Himmel.
Heiraten lassen: Es werden im ewigen Leben weder die Männer Weiber, noch die Weiber sich nehmen lassen, sondern es wird eine andere Gelegenheit in jener Welt haben, denn ihr Sadduzäer euch einbildet.
Engel Gottes: Unter denen kein Ehestand ist, so sie werden auch im anderen Leben keiner Ehe bedürfen, weil die Zahl der Auserwählten wird erfüllt sein. Es werden auch die Auserwählten darum keinen Ehestand nötig haben, damit die Hurerei vermieden bleibe, weil sie von allen bösen Lüsten und Begierden befreit sein werden. Demnach nun das ungereimte Ding, so ihr die Auferstehung der Toten zu berichten, vorbringt, in jener Welt nicht stattfindet, ist daraus der Grund offenbar, dass euer Beweis gar nichts wert ist, und im Grunde nichts taugt. Denn wir sollen von Sachen, welche die künftige ewige Freude und Herrlichkeit dem ewigen Leben angeht, nicht nach unserer Vernunft denken, sondern aus dem Worte Gottes urteilen.
31. Habt ihr aber nicht gelesen von der Toten Auferstehung, das euch gesagt ist von Gott, da er spricht:
Gelesen: Im 2. Buch Mose im 3. Kapitel, was Gott euren vorfahrenden Israeliten sich selbst erwählt hat. Diese Bücher der Heiligen Schrift, dazu die Bücher, die ihr selbst für recht erkennt und annehmt, zeigen und beweisen, dass die Auferstehung der Toten darin begründet ist, und gelehrt werde.
32. Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen.
Der Lebendigen: Denn was nütze es sonst einem Menschen, dass er einen gnädigen Gott hätte, wenn dieser Mensch nichts mehr wäre nach seinem Tode? Aber diese drei Patriarchen, Abraham, Isaak und Jakob, waren damals längst gestorben, als Gott der Herr diese Worte geredet. Darum muss notwendig folgen, dass sie auch auf den heutigen Tag vor Gott, wo nicht mit dem Leibe, doch nach der Seele leben. Es hat aber Gott den Menschen nicht nur allein an der Seele, sondern auch am Leibe erschaffen. Gleichwie nun ihre Seelen nicht vernichtet werden, sondern vielmehr bei Gott im ewigen und seligen Leben sind. Also werden auch ihre Leiber nicht in der Verwesung gelassen, sondern wiederum lebendig gemacht, damit sie als ein ganzer Mensch, so von Leib und Seele besteht, der ewigen Unsterblichkeit genießen. Darum sollen wir gewiss schließen, dass die, welche gottselig sterben, vor Gott selig leben, und dass sie ihre Leiber am Jüngsten Tage wiederum empfangen, auch mit himmlischer Herrlichkeit begabt und geziert werden {1Kor 15}.
33. Und da solches das Volk hörte, entsetzten sie sich über seine Lehre.
Lehre: Weil er ihnen eine solche gottselige und gründliche Antwort gegeben hatte. Denn obwohl das Wort Gottes den verworrenen verstockten Leuten spöttisch vorkommt, so nehmen es doch die Auserwählten mit dankbaren Herzen an, und wird nie ohne Frucht gepredigt.
34. Da aber die Pharisäer hörten, dass er den Sadduzäern das Maul gestopft hatte, versammelten sie sich.
Da: In der folgenden Diskussion, welche Christus mit den Pharisäern gehabt hat, wird der Inhalt des Gesetzes und des Evangeliums erklärt. Denn die Pharisäer fragten vom Gesetz, so fragte der Herr Christus vom Evangelium. Diesen Handel beschreiben auch Markus im 12. und Lukas im 20. Kapitel.
Gestopft hatte: Also, dass sie ihm nicht mehr antworten, noch seine Lehre tadeln können.
Sie sich: Die Pharisäer, dass sie dennoch nicht aufhören, Christus mit List zu fangen, ob es ihnen doch vielleicht einmal gelingen möchte, dass sie ihm könnten beikommen, in seiner Rede etwas zu meistern, und dadurch ihn bei dem Volk verachtet und verhaftet zu machen.
35. Und einer unter ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und sprach:
Einer: Den sie für den Ratschlag ausgerichtet hatten, dass er die anderen vertreten sollte.
Schriftgelehrter: Der in der Heiligen Schrift gut erfahren und gelehrt geachtet wurde, und diese den anderen öffentlich erklärte.
36. Meister, welches ist das vornehmste Gebot im Gesetz?
Vornehmste Gebot: Dass wir als das Wichtigste und zuerst erfüllen sollen. Denn obwohl man Gott in allen seinen Geboten gehorsam sein soll, so ist doch ein Gebot größer als das andere und erfordert wichtigere Sachen von uns. Darum sind die nicht recht daran, welche nur mit den geringen sich bemühen, und meinen, sie haben damit den Sachen. Gott genuggetan, wenn sie daneben die wichtigsten unterlassen und versäumen.
37. Jesus aber sprach zu ihm: Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt {Lk 10v27}.
Gemüt: Also, dass Du alle Deine Kräfte und Vermögen daran übst, damit Du Gott lieben mögest, dass Du Dein ganzes Herz, Deine ganze Seele und Dein ganzes Gemüt mit der einen und rechtschaffenen Liebe Gottes umgebe, und damit bemüht bist, auf dass Du nicht denkst, nichts begehrst, und nichts zulässt, was Gott nicht haben will, auch nichts abschlägst, noch zu tun Dich wehrst, was Gott haben will, wenngleich es noch so schwer und mühsam wäre. Weil nun solche vollkommene Liebe Gottes bei keinem Menschen zu finden ist, so ist offenbar, dass keiner aus dem Gesetz oder durch die Werke gerecht werde. Denn nur in diesem einzigen Gebot kein Mensch genug tut. Das Gesetz aber droht den Fluch allen, die nicht bleiben in allem, was im Gesetz geschrieben steht {Gal 3}.
38. Dies ist das vornehmste und größte Gebot.
Größte Gebot: Welches geschrieben steht im 5. Buch Mose im 6. Kapitel.
39. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Das andere: Gebot, welches am Nächsten nach dem vorigen zu halten ist.
Dem gleich: Und soll keineswegs aus der acht gelassen werden. Denn wie das erste Gebot von der Liebe Gottes alles in sich begreift, was wir Gott zu leisten schuldig sind, so begreift dies alle Dienste und Absichten, die wir dem Nächsten erzeigen sollen.
Dich selbst: Also, dass Du ihm alle Liebe, Dienste und Freundlichkeit zeigst, welche Du begehrst, dass sie Dir von anderen widerfahren mögen, und Dich enthältst von alledem, dass Du nicht wolltest, dass es Dir geschehe. Denn alles (spricht Christus), was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch {Mt 7}. Es ist aber unser Nächster nicht nur unser Freund, sondern auch ein jeder, der unserer Hilfe bedarf, wenngleich er unser Feind wäre, wie das Gleichnis lehrt, von dem, der unter die Mörder gefallen war {Lk 10}.
40. In diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.
Gesetz und: Denn was das Gesetz von uns fordert und die Propheten von uns begehren, (wenn sie die zehn Gebote auslegen), das ist alles in diesen zwei Geboten begriffen. Denn wer Gott von ganzem Herzen liebt, der wird ihm keiner Kreatur und keinem Abgott vorziehen, ja keiner Kreatur, sondern allein Gott von ganzem Herzen anhängen. Wer seinen Nächsten lieben wird, wie sich selbst, der wird ihn in keiner Sache begehren zu beleidigen, sondern vielmehr seinen Nutzen zu fördern sich befleißigen. Die Liebe (spricht Paulus) tut dem Nächsten nichts Böses {Röm 13}. Obwohl wir nun nicht durch das Gesetz, sondern durch den Glauben gerecht werden, so sollen wir jedoch zur Dankbarkeit Gott von ganzem Herzen wiederum lieben, weil er uns zuerst geliebt hat und seinen Sohn gesandt zur Versöhnung für unsere Sünde {1Joh 4}. Wir sollen auch unseren Nächsten lieben um Christi willen. Denn das gebiete ich Euch (spricht Christus), dass ihr euch untereinander liebt, gleichwie ich euch auch geliebt habe {Joh 15}.
Da: Bisher ist vom Gesetz geredet worden, jetzt folgt vom Evangelium, das heißt, von dem Heiland und Erlöser Christus.
42. und sprach: Wie denkt ihr von Christus? Wessen Sohn ist er? Sie sprachen: Davids.
Von Christo: Was haltet ihr von dem verheißenen Messias?
Davids: Denn Gott hat dem David verheißen, dass aus seinem Geschlecht der Messias sollte geboren werden. Welches zwar an sich recht geantwortet, aber noch nicht genug war. Denn die Pharisäer keinen anderen Messias oder Christus erwarteten, als der nur ein Mensch wäre.
43. Er sprach zu ihnen: Wie nennt ihn denn David im Geist einen Herrn, da er sagt:
Im Geist: Das heißt: Aus Erleuchtung des Heiligen Geistes, als er von den Messias weissagte {Ps 110}.
44. Der Herr hat gesagt zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis dass ich lege deine Feinde zum Schemel deiner Füße.
45. So nun David ihn einen Herrn nennt, wie ist er denn sein Sohn?
Sein Sohn: Denn die Könige (wie David war) pflegen ja nicht ihre Söhne Herrn zu nennen, sondern der Sohn möchte vielmehr den Vater einen Herrn heißen. Aber ein Vater, der ein König ist, spricht so nicht mit seinem Sohn. Die Worte in den Psalmen lehren, dass Christus nicht nur wahrer Mensch sei, aus des Davids Geschlecht gekommen und geboren, sondern auch der wahre und ewige Sohn Gottes, welchen David für seinen Herrn erkannt hat. Es war aber nötig, dass unser Erlöser ein wahrer Mensch wurde, damit er sich dem Gesetz unterwerfe, und für uns leiden und sterben könnte. Also war es auch nötig, dass er Gott wäre, damit er in solchem Kampf den Sieg erhielt, und nicht unten liegen, auch dass seine Erfüllung des Gesetzes und sein Leiden eine vollkommene Versöhnung wäre für alle unsere Sünden. Denn es hätte ein einfacher Mensch nicht können für die ganze Sünde in der Welt genug tun. Daher Johannes spricht: Das Blut Jesu Christi, Gottes Sohn, macht uns rein von allen unseren Sünden {1Joh 1}. Soviel aber das Sitzen Christi zur Rechten des Vaters betrifft, verhält es sich so: Gott der Vater ist ein Geist {Joh 4}. Ein Geist aber hat weder Fleisch noch Blut {Lk 24}. Darum so ist ein Gott dem Vater nichts Fleischliches, auch wieder rechtes noch linkes. Es bedeutet aber die Rechte Gottes seine Allmacht {Ps 118}. Darum wenn gesagt wird, dass Christus zur Rechten des Vaters sitze, wird dadurch angezeigt, dass Christus nach seiner Menschheit eine unendliche Gewalt, nämlich, die Allmacht empfangen habe, damit der alles gegenwärtig regiert, nach seinem Wohlgefallen im Himmel und auf Erden {Mt 28 Eph 4}. Obwohl nun die Feinde Christi, als die Tyrannen und Ketzer, mit Verbeugungen und Lästerungen heftig gegen ihn toben, so werden sie dennoch unter seine Füße geworfen und wie Kot auf der Gasse zertreten werden {Ps 18}.
46. Und niemand konnte ihm ein Wort antworten, und durfte auch niemand von dem Tage an künftig ihn fragen.
Antworten: Denn diese beiden konnten sie nicht zusammenreimen, dass Christus ein Sohn Davids wäre, und zugleich auch David Herr, weil sie glaubten, der Messias würde ein Mensch und nicht wahrer Gott sein.
Fragen: Weil diese nun mit Schande abziehen mussten, so sie doch jedermanns Meister und Lehrer sein wollten.
Das 23. Kapitel
- Christus schimpft die Pharisäer und Schriftgelehrten verstockter Bosheit und schändlicher Heuchelei mit großem Ernst, und droht denen zu Jerusalem, darum, dass sie das Evangelium verachten, zeitliches und ewiges Verderben.
1. Da redete Jesus zu dem Volk und zu seinen Jüngern
Da: Der Evangelist beschreibt jetzt eine lange Predigt Christi, darin er die falsche Lehre und Heuchelei der Pharisäer und Schriftgelehrten verwirft. Denn man soll die Irrtümer der Lehre in der Kirche anzeigen und den falschen Lehren ihren heuchlerischen Schein abziehen, damit die Einfältigen nicht verführt werden und ins Verderben fallen.
2. und sprach: Auf Moses Stuhl sitzen die Schriftgelehrten und Pharisäer.
Auf Moses Stuhl sitzen: (Nach Luther) Wenn man anders und mehr als Mose Gesetz lehrt, so sitzt man nicht auf dem Stuhl von Mose, darum verwirft er auch später ihre Werke und Menschenlehre.
Stuhl sitzen: Dass sie das Lehramt in der Kirche Gottes führen, und die prophetischen Schriften auch öffentlich vorhalten.
3. Alles nun, was sie euch sagen, dass ihr halten sollt, das haltet und tut es; aber nach ihren Werken sollt ihr nicht tun. Sie sagen es wohl und tun es nicht.
Und tut es: Mit diesem Spruch unterstehen sich die Katholiken fälschlich, der römischen Päpste und ihrer Anhänger Tyrannei zu unterstützen, als ob man es für lauter göttliche Aussprüche müsste halten und annehmen, was sie im Konsilium oder sonst anordnen. Aber Christus sagt, man solle die Schriftgelehrten und Pharisäer dann hören, wenn sie auf Moses Stuhl sitzen, das ist, wenn sie Mose und der Propheten Lehre führen. Wenn sie aber ihren Aberglauben und falsche Meinungen vorbringen, so sagt Christus man soll fliehen. Denn also schreibt Matthäus im 16. Kapitel. Da verstanden sie (die Jünger), dass er nicht gesagt hatte, dass sie sich hüten sollten vor dem Sauerteig des Brotes, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.
Nicht tun: Ihr sollt die Art und Weise von den Heuchlern nicht nachtun, denn sie sind im Herzen nicht fromm, sondern stellen sich nur äußerlich so, sie lehren anders und leben anders. Und da sie, etwa dem Ansehen nach, gottselige Übung haben, so ist es ihnen doch kein rechter Ernst, sondern sie sind mit Menschensachen und heuchlerischen Satzungen besudelt. Das kann man auch heutzutage von etlichen Kirchendienern sagen, welche zwar recht lehren, aber übel leben. Deren Predigten, wenn man keine besseren Prediger haben kann, soll man zwar hören, aber ihrem Wandel darum nicht folgen.
4. Sie binden aber schwere und unerträgliche Bürden und legen sie den Menschen auf den Hals; aber sie wollen dieselben nicht mit einem Finger regen {Lk 2v46}.
Regen: Mit diesen Worten deutet Christus auf der Pharisäer Menschen Satzungen, welche sie unter die himmlische Lehre mit einmengen. Als wollte er sprechen: Das Gesetz ist zwar an und für sich eine schwere Last, die niemand tragen kann, (wie auch Petrus bezeugte in der Apostelgeschichte 15). Dennoch beschweren sie der Menschen Gewissen noch dazu mit ihren Menschen Satzungen; also, dass die elenden Leute kaum einen Tritt gehen können, sie müssen sich besorgen, dass sie etwas übertreten. Und halten sie doch selbst nicht das Geringste davon, was sie anderen so hart auflegen, besonders, wenn sie nicht bei den Leuten sind. Auf gleiche Weise haben die Messpfaffen und Mönche im Papsttum mit schier unzähligen Menschensatzungen die Gewissen geplagt und gemartert, da sie aber selbst ein gutes Leben hatten, und ihnen alles wohl sein lassen, dass sie selbst nicht den 100. Teil von den Dingen hielten, die sie anderen auferlegten. Darum sollen wir Gott danken, dass er uns aus der päpstlichen Tyrannei gnädiglich erlöst hat.
5. Alle ihre Werke aber tun sie, dass sie von den Leuten gesehen werden. Sie machen ihre Denkzettel breit und die Säume an ihren Kleidern groß {5Mos 6v8 22v12}.
Gesehen werden: Denn wenn sie auch etwas Gutes tun, so tun sie es doch nicht darum, dass sie Gott dienen, und seine Ehre befördern oder dem Nächsten um Gottes Willen Gutes tun, sondern, dass sie sich ein Lob der Heiligkeit und Frömmigkeit bei den Leuten zuwege bringen. Obwohl nun die recht gottseligen Menschen auch gute Werke tun, so suchen sie doch in denselben nicht ihrer eigenen Ehre und Ruhm, sondern Gottes, und befleißigen sich nicht so sehr, ihren Nächsten Nutzen zu befördern.
Sie: Jetzt erzählt Christus besonders etliche Stücke der pharisäischen Heuchelei, davon er bisher nur allgemein geredet hat.
Groß: Also, dass sie auch ihre Kleider so schneidern lassen hatten, damit sie ihrer besonderen Heiligkeit Zeugnis geben sollten. Was aber durch die Denkzettel und Säume der Kleider verstanden werde, meldet Mose im 4. Buch Mose, Kapitel 15. Da Gott befohlen hatte, dass die Israeliten aus mancherlei Farben Säume und Lappen an den Nähten ihrer Kleider machen sollten, auf dass, wenn sie diese ansehen, dabei erinnert werden, die Gebote Gottes zu halten. Welches eine nützliche Zucht und Lehre für das jüdische Volk war, weil sie noch unter dem Gesetz, als unter einem Zuchtmeister, sich verhalten. Aber die Pharisäer und Schriftgelehrten machten sich solche Säume an den Kleidern ganz breit, ließen hübsche große Zotten an den Enden der Kleider machen, damit man meinte, sie wären ganz fleißig, das Gesetz Gottes zu halten. Also wollten gern die Mönche, Nonnen und Jesuiter, dass man glaubte, es steckte eine besondere Heiligkeit in ihren Kleidern.
6. Sie sitzen gern obenan über Tisch und in den Schulen {Mk 12v38}.
Oben an: Denn sie überreden sich selbst, es gebühre ihnen der beste Ort bei den Mahlzeiten und in den öffentlichen Versammlungen, und wissen doch solches schön zu verbergen.
7. und haben es gerne, dass sie gegrüßt werden auf dem Markt und von den Menschen Rabbi genannt werden.
Gegrüßt: Im Stillen gefällt es ihnen, wenn man sich tief gegen sie verneigt, wenn man sie ansprechen will. Obwohl man gutherzigen frommen Leute nicht die Höflichkeit nehmen und zuwider sein lassen soll, jedoch wenn man das Ding es mit allerlei seltsamen Gebärden gar zu viel macht, so ist es ihnen zum höchsten zuwider und gefällt ihnen die schlechte Einfalt am besten. So will auch Christus hiermit die gebührliche Ordnung unter den Leuten, da einer dem anderen seinem Stand und Amt nach vorgezogen wird, nicht aufheben, sondern verwirft den Ehrgeiz, welcher bei den römischen Päpsten so groß ist, dass sie auch den Kaisern und Königen lästig waren.
Rabbi: Das heißt: Meister. Denn die Heuchler kitzeln sich selber mit großen Titeln.
8. Aber ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn einer ist euer Meister, Christus; ihr aber seid alle Brüder.
Nennen lassen: Die Titel in den Schulen sind Zeugnis der Geschicklichkeit und des ehrbaren Wandels. Gleichwie Christus mit diesen Worten nicht verbieten will, dass ein Sohn seinen Vater nicht sollte Vater nennen (denn es wäre dem 4. Gebot zuwider). Also hat er auch die Namen der Meister und Lehrer mit diesen Worten nicht aufheben wollen; sondern das verbietet Christus, dass sich niemand selber die Gewalt nimmt, und begehrt, man solle ihm in geistlichen göttlichen Sachen einfach glauben. Er erkläre gleich, was er wolle, wenn er es auch mit der Heiligen Schrift nicht beweisen kann. Einen solchen Stolz findet man heutigentags bei den päpstlichen Lehrern, welche in ihren Konzilien beschließen, was man glauben soll, da sie doch die Dinge, so sie bei Vermeidung des Banns zu glauben und zu tun vorlegen, aus der Heiligen Schrift nicht beweisen können, begehren es auch nicht zu tun. Aber der einige Christus allein hat das Zeugnis vom Himmel, dass man ohne weitere Bedenken oder Nachforschen annehmen soll, was er lehre, als dass es von dem himmlischen Vater gesagt ist: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe, den hört. Also sollen auch wir keine solche Gestalt und auf solche Weise einen Vater nennen, dass wir uns gegen ihn verbinden und verpflichten wollten, alles für gewiss und unfehlbar halten, was er sagt und rät. In welchem Tun viele übersehen, dass sie etliche Personen so hoch halten, und sich an ihnen vergaffen, als wären es irdische Götter, und nehmen ihre Irrtümer nicht allein an, sondern verteidigen diese auch noch halsstarrig. Daher kommt es, dass in der Welt so viel Sekten und Rotten entstehen.
9. Und sollt niemand Vater heißen auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist {Mal 1v6}.
10. und ihr sollt euch nicht lassen Meister nennen; denn einer ist euer Meister, Christus.
11. Der Größte unter euch soll euer Diener sein.
Diener sein: Dies ist besonders den Aposteln und Kirchendienern gesagt, dass sie unter dem Namen des Predigtamtes sich selbst keine Herrschaft über andere zumessen {1Petr 5}. Je größere Gabe nun einer vor den anderen hat, je williger er sein soll, anderen mit diesen Gaben zu dienen, die ihm von Gott verliehen sind. So sollen auch andere Christen, wenn sie bisweilen zu weltlichen Ehren erhoben wurden, nichtsdestoweniger in göttlicher Demut beharren, und nach Gelegenheit ihres Berufes jedermann zu dienen von Herzen sich befleißigen.
12. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht {Lk 14v2 18v14}.
Wird erhöht: Dies ist eine allgemeine Regel, die jedermann betrifft. Denn Gott widersteht den Hoffärtigen, aber an die Demütigen gibt er Gnade. Darum sollen wir uns vor Gott demütigen, dass wir uns für arme Sünder erkennen, und ihn um Gnade anrufen. Auch sollen wir gegen dem Nächsten ein demütiges Herz haben und behalten, so wird es geschehen, dass wir den Menschen lieb sind, und um Christi willen einmal in das himmlische Reich und Herrlichkeit versetzt werden.
13. Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließt vor den Menschen! Ihr kommt nicht hinein, und die hineinwollen, lasst ihr nicht hineingehen.
Heuchler: Die ihr euch fromm stellt, da doch gar keine Frömmigkeit in euch ist.
Zuschließt: Es schließen aber alle die das Himmelreich zu, welche nicht richtig lehren, denn dadurch treiben sie die Leute vom Eingang des Himmelreichs ab, und werden sie selbst auch verdammt, obwohl ihre Verdammnis schwerer ist, als die der Zuhörer. Darum sollen wir beachten, wem wir das Lehramt befehlen, auch was wir für Lehrer hören, und wie wir die Kirche lehren.
Nach Luther: Die Schlüssel sind die Gewalt zu lehren das Himmelreich, das lehrten sie nicht, sondern mit Menschenlehren hinderten sie, die da gerne rechte Lehre gehört hätten.
14. Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr der Witwen Häuser fresst und wendet lange Gebete vor! Darum werdet ihr desto mehr Verdammnis empfangen {Mk 12v40 Lk 20v47 2Tim 3v6}.
Gebete vor: Dass ihr mit einem Schein der Gottseligkeit armer Leute Güter an euch zieht, und Witwen und Waisen um das ihre bringt (denen dagegen helfen solltet), indem ihr ihnen eure Gebete für ihre Wohlfahrt versprecht und verkauft. Kein Maler hätte die Pfaffen und Mönche besser abmalen können, welche mit ihrem Gemurmel und anderer Gebete die andächtigen Witwen und andere einfältige Leute betörten, und was sehr böse war, nämlich für ihre heuchlerischen Gebete Güter, Äcker, Weinberge, Häuser, jährliche Zinsen und dergleichen empfingen.
Mehr Verdammnis: Ihr werdet desto tiefer in der Hölle sitzen, und größere Pein als andere leiden müssen.
15. Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr Land und Wasser umzieht, das ihr einen Judengenossen macht! Und wenn er es geworden ist, macht ihr aus ihm ein Kind der Hölle, zwiefältig mehr, denn ihr seid.
Judengenossen macht: Ihr lasst nichts unversucht, damit ihr aus eurer Heidenschaft einen Menschen zur jüdischen Religion bekehren möchtet. Denn die wurden Judengenossen, gleichsam als ein Keimling genannt.
Kind der Hölle: Denn ihr lehrt nicht die wahre Gottseligkeit, sondern laute Heuchelei. Und ist ein Heuchler, viel schwerer zu Gott zu bekehren, als ein heidnischer Mensch, der ein lasterhaftes Leben geführt hat. Dieser Spruch Christi reimt sich sehr gut auf die Wiedertäufer, welche sich Vorsteher nennen. Diese Buben durchstreifen Land und Leute, bis sie einen Menschen oder zwei, so er ein unordentliches Leben führt, von ihrem bösen Wandel auf die wiedertäuferische Meinung bringen. Welches aber nichts anderes ist, als aus einem Heiden einen Heuchler machen, der noch viel ärger wird, denn er zuvor gewesen ist. Darum sollen wir die Wiedertäufer meiden.
16. Wehe euch, verblendete Leiter, die ihr sagt: Wer da schwört bei dem Tempel, das ist nichts; wer aber schwört bei dem Golde am Tempel, der ist schuldig.
Verblendete Leiter: Die ihr anderen den Weg zur Seligkeit zeigen wollt, und sie auf den rechten Weg zu leiten euch untersteht, den ihr selbst nicht kennt.
Sagt: Und lehrt die Menschen falsch schwören.
Ist nichts: Er hat nicht gesündigt, und darf man ihn keines Meineides beschuldigen, obgleich er falsch geschworen hat.
Ist schuldig: Wenn er, nämlich, falsch geschworen hat, so kann man ihn richtigerweise des Meineides bezichtigen.
17. Ihr Narren und Blinden, was ist größer, das Gold oder der Tempel, der das Gold heiligt?
Gold heiligt: Denn das Gold heilig den Tempel nicht, sondern weil der Heilige Tempel Gottes mit Gold geschmückt ist, so wird auch das Gold für heilig geachtet.
18. Wer da schwört bei dem Altar; das ist nichts; wer aber schwört bei dem Opfer, das droben ist, der ist schuldig.
19. Ihr Narren und Blinden, was ist größer, das Opfer oder der Altar, der das Opfer heiligt?
20. Darum, wer da schwört bei dem Altar, der schwört bei demselben und bei allem, was droben ist.
21. Und wer da schwört bei dem Tempel, der schwört bei demselben und bei dem, der darin wohnt.
Darin wohnt: Nämlich, bei dem lebendigen Gott. Verwirft also Christus an diesem Ort die vergeblichen und unnötigen Schwüre, mit welchen die Menschen den Namen Gottes entheiligen und doch meinen, dass sie nicht sündigen. Hierher gehören die Worte Christi: Ich sage euch, dass ihr nicht schwören sollt bei allen Dingen {Mt 5}. Aber die ordentlichen Schwüre sind nicht verboten, wenn nämlich mit Nennung des Namens Gottes die Wahrheit entweder vor dem Richter oder sonst bestätigt wird, oder da jemand einen Eid dem anderen verspricht, dass er ihm wolle treu sein. Aber um einer jeden leichtfertigen Ursache willen soll man nicht schwören, damit wir nicht in den Missbrauch geraten, welchen Missbrauch Gott an diesem Ort auf das schärfste verboten hat.
22. Und wer da schwört bei dem Himmel, der schwört bei dem Stuhl Gottes und bei dem, der darauf sitzt.
23. Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr verzehntet die Minze, Till und Kümmel und lasst dahinten das Schwerste im Gesetz, nämlich das Gericht, die Barmherzigkeit und den Glauben. Dies sollte man tun und jenes nicht lassen.
Und Kümmel: Das heißt, ihr lehrt, man soll den Zehnten geben von alledem, so aus der Erde wächst. Wie zwar das Gesetz gebietet, dass man den Zehnten geben soll zur Erhaltung des Gottesdienstes und Nahrung der Armen, so gebt ihr den Zehnten mit solchem Aberglauben, dass ihr euch auch bemüht der Minze, des Kümmels und dergleichen anderer geringer Sachen, aber das fordert ihr nicht von anderen und leistet selber es auch nicht, daran vielmehr gelegen ist, und dass in der Heiligen Schrift besonders gefordert wird. Wie zum Beispiel, ihr erinnert die Obrigkeit nicht, dass sie soll Gerechtigkeit ausüben, der Waisen und Witwen Sachen erkennen und darin Recht sprechen. Ihr fordert und leistet selber nicht die Guttätigkeit gegen den Betrübten, wie es sich für barmherzige Leute gehört, ihr fordert und habt selber nicht den wahren Glauben an Gott und den Messias.
Nicht lassen: Denn man sollte dem Evangelium glauben, Gerechtigkeit in den Gerichten ausüben, und gegen den Elenden mitleidig sich erzeigen, daneben auch den Zehnten geben. Aber mit dem geringen Zehnten allein sich bemühen und große wichtige Sachen nicht beachten, das ist Heuchelei.
24. Ihr verblendete Leiter, die ihr Mücken siebt und Kamele verschluckt!
Siebt: (Nach Luther) Das heißt, ihr macht ängstliche Gewissen in geringen Stücken und achtet nicht der großen Stücke.
Verschluckt: Will so viel sagen, ihr tut eben, als wenn einer eine kleine Mücke fürchtet und ein ganzes Kamel schluckt. Dieses ist ein Sprichwort und redet in der Weise von denen, welche in geringen Sachen ganz sorgfältig sind, und große wichtige Dinge außer Acht lassen. Wir Deutsche sagen: Einen Löffel aufheben, und eine Schüssel zertreten. Solche Heuchler sind auch im Papsttum, die am Freitag und in der Fastenzeit das Fleisch scheuen. Aber das ganze Jahr durch mit Ehebruch, Hurerei und anderen groben Sünden sich beflecken.
25. Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr die Becher und Schüsseln auswendig reinlich haltet, inwendig aber ist es voll Raubes und Fraßes {Mk 7v4 Lk 2v39 v40}.
Fraßes: Das heißt, ihr verbringt viel Zeit mit der Reinigung mit Bechern und anderem Geschirr, damit nicht, da etwa ein Gefäß von der Anrührung eines unreinen Dinges verunreinigt wurde, ihr auch durch dieses unrein vor Gott werdet. Aber beachtet nicht, dass ihr durch den Gebrauch der Speise, so darin ist, verunreinigt werdet, welche ihr mit Betrug, Lügen, List und Gedichte eurer falschen heuchlerischen Lehre zuwege gebracht habt. Wie ihr euch daher keine Unreinigkeit besorgt, dass ihr die Speisen und Getränke zum Übermaß und zur Völlerei missbraucht. Darum, indem ihr die äußerliche Unreinigkeit meidet, bereitet ihr die innerliche, welche viel hässlicher ist.
Fraßes: (Nach Luther) Er will sagen. Wie sie alles zu sich gerissen und in Saus und Braus gelebt haben, aber nicht danach gefragt, wo Gott oder die Seelen bleiben. Die Schüsseln und Becher sind schön, aber die Speisen und der Trank darin sind Raub und Fraß.
26. Du blinder Pharisäer, reinige zum ersten das Inwendige an Becher und Schüssel, auf dass auch das Auswendige rein werde!
Rein werde: Räume die innerliche Unreinigkeit zuvor aus dem Wege, so wird dann die äußerliche Unreinigkeit leicht zu reinigen sein. Denn es ist vergebens, dass man sich einer äußerlichen Reinigung befleißigt, wenn Herz und Gedanken voller Unreinigkeit stecken.
27. Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr gleich seid wie die übertünchten Gräber, welche auswendig hübsch scheinen, aber inwendig sind sie voller Totenbeine und alles Unflats.
Unflats: Und faulem, hässlichen Gestank. Dies ist an sich laut und deutlich, dass es keiner besonderen Erklärung bedarf. Obwohl nun alle Menschen von Natur vor Gott unrein sind. Denn wer kann sagen, mein Herz ist rein {Spr 20}. Jedoch, welche Buße tun und an Christus glauben, die werden aus Zurechnung des Verdienstes Christi vor Gott rein und sauber geachtet {Apg 15v1}. Und wird ihnen der Heilige Geist gegeben, welcher immer von dem alten Adam etwas reinigt und ausfegt. Die Heuchler aber, welche an Christus nicht glauben, wenngleich sie vor den Leuten äußerlich dem Ansehen nach ein engelisches Leben führen, so sind sie doch vor den Augen der göttlichen Majestät ein Gräuel und ein Scheusal.
28. Also auch ihr; von außen scheint ihr vor den Menschen fromm, aber inwendig seid ihr voller Heuchelei und Untugend.
29. Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr der Propheten Gräber baut und schmückt der Gerechten Gräber
Gerechten: Deren Frömmigkeit in der Heiligen Schrift gerühmt wird.
30. und sprecht: Wären wir zu unserer Väter Zeiten gewesen, so wollten wir nicht teilhaftig sein mit ihnen an der Propheten Blut.
Teilhaftig sein: Und wollten unsere Hände mit dem unschuldigen Blut der Diener Gottes nicht befleckt machen.
31. So gebt ihr zwar über euch selbst Zeugnis, dass ihr Kinder seid derer die, die Propheten getötet haben.
32. Wohlan, erfüllt auch ihr das Maß eurer Väter!
Auch ihr: Denn ihr seid doch nicht um ein Haar besser als eure Gottlosen Väter, und schlagt gar nicht von ihnen aus der Art. Es ist aber dies spöttisch geredet, als wollte er sagen: Fahrt fort, wie es eure Väter angefangen haben, auf dass ihr vollends erfüllt, was ihr meint, das eure Voreltern, an der Bosheit angefangen, und noch möchte fehlen. Wenn aber dieses Maß voll ist, so wird es Zeit sein, dass euch Gott schrecklich strafe, und wie den Dreck aus den Häusern ganz und gar wegwerfe.
33. Ihr Schlangen, ihr Otterngezüchte, wie wollt ihr der höllischen Verdammnis entrinnen?
Entrinnen: Ihr giftigen Gottlosen und boshaften Leute werdet der ewigen höllischen Pein nicht entgehen. Diesen sind die Katholiken durchaus gleich, welche der Apostel und Märtyrer Gräber schön schmücken und zieren, und ihre Gebeine oder ihr Heiligtum (wie sie es nennen) mit großer Andacht ehren und zeigen. Denn gleichwie die Juden der Propheten Gräber sauber hielten, aber ihre Lehre hassten und verfolgten, also stellten sich die Katholiken, als hielten sie der Apostel und Märtyrer Gebeine für ganz heilig und wert, aber die, welche sich zu derselben Lehre bekennen, verfolgen sie mit dem Schwert und Feuer und begehren, sie aus dem Weg zu räumen. Wie auch die Juden von Christus recht genannt werden, Schlangen und Otterngezüchte, so verdienen die römischen blutdürstigen Heuchler solche Titel besonders gut, und ihnen wird mit den Juden die ewige höllische Verdammnis zuteilwerden.
34. Darum siehe, ich sende zu euch Propheten und Weise und Schriftgelehrte; und deren werdet ihr etliche töten und kreuzigen und etliche werdet ihr geißeln in euren Schulen und werdet sie verfolgen von einer Stadt zu der andern,
Schriftgelehrten: Das heißt: Lehre des Evangeliums und solche Leute, die in der Heiligen Schrift gut erfahren und tauglich sind, dass sie andere in der rechten Religion unterrichten. Denn Gott schickt seiner Kirche reine Diener, auch denen, die halsstarrig und widerspenstig sind, dass sie später vor Gott keine Entschuldigung haben.
Töten: Um der Predigt willen des Evangeliums. Denn gleichwie in einer Schlacht auf der Seite, welche den Sieg erhält, dennoch etliche den Heldentod sterben. Also hat Gott etliche zur Marter verordnet, nichtsdestoweniger behält die rechte Religion am Ende die Oberhand.
Zu der andern: Dass sie nirgends sicher sein können und bleiben. Darum sollen sich fromme Kirchendiener rüsten und gefasst machen, die Verfolgungen und Vertreibungen ins Elend zu dulden.
35. auf dass über euch komme alles das gerechte Blut, das vergossen ist auf Erden, von dem Blut an des gerechten Abels bis aufs Blut Zacharias, Barachias Sohn, welchen ihr getötet habt zwischen dem Tempel und Altar {1Mos 4v8 Hebr 4v4}.
Barachias: Der mit einem anderen Namen Jojada genannt wird {2Chr 24}.
Nach Luther: Dieser hat zwei Namen. Wie denn es der Brauch ist, zwei Namen in der Schrift und auch bei uns zu führen.
Getötet haben: Nämlich, eure Voreltern, in deren Fußstapfen ihr tretet, haben ihn umgebracht, darum dass er die Abgötterei aus göttlichem Eifer ernstlich strafte, wie solche Geschichte beschrieben wird {2Chr 24}.
36. Wahrlich, ich sage euch, dass solches alles wird über dies Geschlecht kommen.
Geschlecht: Der Juden, welches ganz gottlos und grausam ist. Werden also die Juden bezahlen müssen und gestraft werden, um aller der Grausamkeit willen, welche sie und ihre Gottlosen und blutdürstigen Voreltern von Anfang der Welt getrieben haben. Und es ist nicht unrecht, dass Gott der gottlosen Eltern Bosheit auch an ihren gottlosen Nachkommen straft.
37. Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind, wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel; und ihr habt nicht gewollt!
Du tötest: Denn es sind die Propheten zum größten Teil in der Stadt Jerusalem umgebracht worden.
Versammeln wollen: Durch die Predigt meines Wortes gleichwie in meinem Schoß, damit ich sie zu Erben des Himmelreiches mache. Denn wenn das Wort Gottes rein gepredigt wird, so begehrt der Sohn Gottes, als ewiger wahrer Gott, die Menschen in seinem Schoß zu sammeln. Aber der Menschen Undankbarkeit und Widerspenstigkeit, dass sie die angebotene Gnade Gottes von sich stoßen, ist über allen Maßen und unglaublich.
38. Siehe, euer Haus soll euch wüste gelassen werden.
Wüste: Die Religion und das Regiment werden bei euch zugrunde gehen und der Tempel samt der Stadt zerstört werden. Denn auf die Verachtung des göttlichen Wortes folgt der Untergang der Regimente und die Verwüstung der Länder und Städte.
39. Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!
Nicht sehen: Das will so viel sagen: Ihr hasst und feindet mich an, da ich doch euer Messias bin, darum will ich mich später aus euren Augen tun und nach meiner Auferstehung nicht mehr vor euch sehen lassen, bis an den Jüngsten Tag, da die seligen in meiner Zukunft mit großer Majestät und Herrlichkeit mir zuschreien und sagen werden, gelobt sei unser Gott Jesus Christus in alle Ewigkeit, der da kommt, auf dass er uns zur himmlischen und ewigen Freude einführe. Also nimmt Gott auch das reine Predigtamt seines Wortes von denen weg, welche undankbar sind; und die die reine Lehre anfeinden und verlästern, bekommen auch die rechte Lehre niemals wieder. Denn weil Gott der natürlichen Zweige, nämlich der Israeliten, nicht verschont hat, warum wollte er die schonen, die aus den Heiden zur Erkenntnis des Evangeliums berufen wurden, und solche Guttat mit Füßen treten {Röm 2}.
Das 24. Kapitel
- Dieses Kapitel handelt von der Zerstörung Jerusalems, und vom Ende der Welt, auch von mancherlei Zeichen, die zuvor geschehen werden.
1. Und Jesus ging hinweg von dem Tempel, und seine Jünger traten zu ihm, dass sie ihm zeigten des Tempels Gebäude.
Und: Der Herr Christus weissagt in diesem Kapitel von der letzten Zerstörung Jerusalems, die unter dem römischen Kaiser Titus geschah, und von dem Jüngsten Tage, auf den wir warten. Denn dass Christus von beidem zugleich redet, dazu hatten ihm seine Jünger Anlass gegeben, wie wir hören werden. Und beschreiben dies auch Markus im 13. und Lukas im 21. Kapitel.
Zeigten: Mit großer Verwunderung über einen solchen gewaltigen Bau. Denn obwohl der Tempel, welcher nach der Wiederkunft aus der Babylonischen Gefangenschaft von den Juden neu erbaut wurde, den vorigen Majestät und Herrlichkeit nicht gleichen konnte, wie es steht im Buch Esra, Kapitel 3, zu sehen. So hatte jedoch Herodes, unter welchem Christus geboren wurde, diesen ganz herrlich zurichten und herausstreichen lassen, damit er also die Juden, welche er mit vielen bösen Taten beleidigt hatte, um dieser Sache einigermaßen gewogen machen wollte, wie Josephus meldet. Darum der Tempel zu Jerusalem zu Christi Zeiten nicht so stattlich erbaut war, dass man ihn unter die Wunder der Welt gezählt hatte.
2. Jesus aber sprach zu ihnen: Seht ihr nicht das alles? Wahrlich, ich sage euch, es wird hier nicht ein Stein auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde {Lk 19v44}.
Zerbrochen werde: Es wird dieser herrliche Tempel zerstört und geschliffen werden. Denn obwohl der römische Kaiser Titus Vespasianus diesen Tempel von wegen seiner Herrlichkeit und berühmten Majestät gerne erhalten hätte. Jedoch haben die Kriegsknechte gegen seinen Willen Feuer hineingeworfen, und ist der Tempel von ihnen geplündert und zerstört worden. Denn es wollte Gott ein Beispiel seines Zornes sehen lassen, auf dass wir lernen verstehen, wie heftig ihm die Religion zuwider sei, welche mit Menschen Satzungen und fleischlichem Wahn befleckt ist. Gleichwie aber die Juden ihre Opfer, dadurch das Leiden Christi vorgebildet wurde, ein solches Werk verändert hatten, als ob um dieses Werkes willen für sich selbst Gott die Sünde verzeiht. Also ist dem Papsttum das Abendmahl des Herrn, welches uns an das Leiden Christi erinnert, in ein Messopfer verwandelt worden. Diese Entheiligung des Heiligen Abendmahl ohne Zweifel Gott der Herr zu seiner Zeit ernstlich strafen wird.
3. Und als er auf dem Ölberg saß, traten zu ihm seine Jünger besonders und sprachen: Sage uns, wann wird das geschehen, und welches wird das Zeichen sein deiner Zukunft und der Welt Ende?
Besonders: Dass sie ihn im Geheimen wegen dieser Sachen befragten, und Bericht begehrten. Denn öffentlich von des Tempels Zerstörung zu reden, geschah nicht ohne Gefahr.
Geschehen: Dass dieser herrliche Tempel also wird zerstört werden.
Zukunft: Dass Du in Deiner großen Majestät und Herrlichkeit kommen wirst.
Weltende: Denn die Jünger meinten, der Welt Ende und die Zerstörung des Tempels, wie auch die herrliche Ankunft Christi, da er ein irdisches Königreich anfangen, über die ganze Welt herrschen würde, müsste alles miteinander zu einer Zeit geschehen, und hielten es so, dass Christus mit großer weltlicher Majestät die ganze Welt reformieren würde. Obwohl nun die Zerstörung Jerusalems und das Ende der Welt zwei unterschiedliche Dinge waren, dazu ganz weit voneinander, so redet jedoch Christus von beidem zugleich, wie er gefragt wurde, und zeigt an, was für Zeichen vor der Zerstörung Jerusalems kommen würden, und welche vor dem Jüngsten Tag sich sehen lassen werden. Darum sind es Zeichen genug, dass man wohl Acht habe und fleißig unterscheide, welche Worte Christi auf die Zerstörung der Stadt gehen und welche auf seine herrliche Ankunft deuten. Obwohl ihrer etliche auch wohl auf beide könnten bezogen werden. Denn es ist die Zeit, welche vor der Zerstörung Jerusalems gegangen, der anderen fast gleich gewesen, die vor der Zukunft Christi hergeht. Gleichwie aber die Apostel auf ein weltliches Reich Christi erwarteten und gehofften. Also sucht unser verdorbenes Fleisch in Christo nur fleischlich und leibliche Güter.
4. Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Seht zu, dass euch nicht jemand verführe!
Seht zu: Der Herr Christus verkündigt zuerst etliche Zeichen, die vor der Zerstörung Jerusalems würden geschehen.
5. Denn es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin Christus! und werden viele verführen.
Namen: Dass sie sich für den Messias werden ausgeben.
Bin Christus: Der versprochen den Messias und König in Israel.
Viele verführen: Denn sie einen Haufen Leute, die schnell zum Glauben bereit, werden an sich hängen, und solche zur Aufruhr aufhetzen, darin sie doch samt dem falschen Christo zugrunde gehen werden. Denn einer mit Namen Theudas einen Aufruhr erregte, sich für Christus oder den Messias ausgab, hat aber sich und seine Anhänger ins Verderben gestürzt {Apg 5}. Danach hat ein Ägypter verdächtige Leute gesammelt und unter dem Schein des Messias das Königreich tyrannischerweise anzufallen sich unterstanden, der aber auch mit seinen Meuchelmördern umgekommen ist {Apg 21}. Solche Sachen tragen sich aus gerechtem Urteil Gottes zu. Denn welchen den rechten Christus, das ist, das reine Evangelium nicht annehmen wollen, die folgen später den falschen Christi, das heißt, den Verführern, von welchen sie betrogen und zugrunde gerichtet werden {2Thes 2}.
6. Ihr werdet hören Kriege und Geschrei von Kriegen; seht zu und erschreckt nicht! Das muss zum ersten alles geschehen; aber es ist noch nicht das Ende da.
Von Kriegen: Die entweder mit großer Grausamkeit geführt oder bald angehen werden. Also wird auch der Satan vor dem Jüngsten Tag so viele Völker zum Krieg ermuntern, als er immer kann.
Erschreckt nicht: Werdet darum nicht kleinmütig, sondern seht zu, dass ihr euch recht wisst darin zu verhalten.
Ende da: Der Welt, sondern es müssen noch andere mehr und schreckliche Dinge geschehen.
7. Denn es wird sich empören ein Volk über das andere und ein Königreich über das andere, und werden sein Pestilenz und teure Zeit und Erdbeben hin und wieder.
Über das andere: Als ob sich der ganze Erdkreis zusammengeschworen hätte, dass die Völker einander umbringen und aus dem Weg räumen wollten, und wird oft um einer geringen Sache willen ein Krieg angefangen.
8. Da wird sich allererst die Not anheben.
Anheben: Der noch viel größere Unfälle später folgen werden, welche das jüdische Volk werden überfallen, und zwar, wenn jemand Josephum, der den jüdischen Krieg beschreibt, liest, der wird sehen, dass das jüdische Volk mit den hier aufgeführten Unfällen vor der Zerstörung Jerusalems deftig geplagt wurde, und wenn zu dieser Zeit die Juden hätten wahrhaftige Buße getan, so hätten sie den nahenden Untergang verhüten können. Aber das menschliche Herz so verhärtet, dass es auch durch die Strafen Gottes nicht gebessert wird, wo nicht Gott mit seinem Wort und Geist das Selbige erreicht. So gehen auch vor dem großen Tage des Herrn vorher Erdbeben, Pestilenz, Hunger und dergleichen, welche uns erinnern, dass wir sollen Buße tun, und zu der herrlichen Zukunft Christi uns bereiten.
9. Alsdann werden sie euch überantworten in Trübsal und werden euch töten. Und ihr müsst gehasst werden um meines Namens willen von allen Völkern.
Namens willen: Das heißt: Um des Bekenntnisses willen des Evangeliums werdet ihr von Juden und Heiden Verfolgung leiden müssen. Denn die Heiden werden darüber toll und töricht werden, wenn ihr ihre Abgötterei werdet verwerfen. So werden die Juden ihrer heuchlerischen Gottesdienste Abschaffung und Verachtung auch nicht leiden wollen. Also wird noch heutigentags das reine Evangelium Christo von den Heuchlern und gottlosen Leuten angefeindet. Aber wir sollten getrost sein, wenn wir um der Wahrheit und nicht um der Übeltaten leiden.
10. Dann werden sich viele ärgern und werden sich untereinander verraten und werden sich untereinander hassen.
Ärgern: Welche bei dem Bekenntnis des Evangeliums keine Verfolgung, sondern sich zeitliches Glück erhoffen, die werden von der reinen Lehre wieder abfallen.
Verraten: Den Feinden des Evangeliums. Denn in der Verfolgung fallen etliche nicht nur von der rechten Religion aus Furcht der Strafe ab, sondern werden auch diejenigen Verräter, welche bei der reinen Lehre standhaft beharren. So werden dann viele Herzen Gedanken offenbar.
Hassen: Denn es pflegt aus der widerwärtigen Religion große Feindschaft zu erwachsen. Aber wir sollen uns darum von dem Bekenntnis der Wahrheit nicht abschrecken lassen.
11. Und es werden sich viel falsche Propheten erheben und werden viele verführen.
Viel verführen: Darum soll es uns nicht wundern, wenn der Satan Anstifter der Sekten erweckt, und die Menschen betört, dass sie den falschen Lehrern glauben. Wir aber sollen uns hüten, dass wir nicht Kinder sind, und mit anderen in Irrtum uns abführen lassen {Eph 4}.
12. Und dieweil die Ungerechtigkeit wird überhandnehmen, wird die Liebe in vielen erkalten.
Überhandnehmen: Das nämlich allerlei Laster und Untugenden, wie eine Sintflut, alles überschwemmen und überall in vollem Schwange gehen wird.
Erkalten: Also, dass die Menschen nur ihren, und nicht des Nächsten Nutzen suchen werden. Wir aber sollen uns befleißigen, dass zu diesen letzten Zeiten unsere Herzen nicht auch erkalten, und wir mit der großen Menge zum Bösen nicht folgen, dass wir uns in Schande und Laster stürzen wollten.
13. Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig.
Beharrt: Im rechten Glauben und wahrer Gottseligkeit. Denn es ist nicht genug an dem, dass man gut anfängt, wo man nicht auch bis ans Ende beständig bleibt. Um eine Beständigkeit sollen wir Gott mit inbrünstigem Gebet bitten.
14. Und es wird gepredigt werden das Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zu einem Zeugnis über alle Völker; und dann wird das Ende kommen.
Vom Reich: Gottes, welches uns im Evangelium angeboten und aufgetragen wird.
Zeugnis: Damit niemand eine Unwissenheit seiner Bosheit damit zu entschuldigen, vorzuwenden habe. Darum wird niemand den Lauf des Evangeliums hindern oder aufhalten können, und sollte er gleich unsinnig darüber werden. Wir sollen uns aber hüten, dass wir das Evangelium Christi nicht zum Zeugnis wider uns hören, sondern es mit Glauben annehmen. Denn es ist eine Kraft Gottes, selig zu machen, alle die daran glauben {Röm 1}.
15. Wenn ihr nun sehen werdet den Gräuel der Verwüstung, davon gesagt ist durch den Propheten Daniel, dass er steht an der heiligen Stätte (wer das liest, der merke darauf!),
Wenn: Bis hierher hatte Christus viel geredet von den Sachen, die vor dem Jüngsten Tage werden geschehen. Jetzt wendet er sich wieder von den Weissagungen über die Zerstörung Jerusalem zu.
Gräuel: (Nach Luther) Dieser Gräuel vor Gott muss ein schönes äußerliches Ansehen der Heiligkeit vor der Welt haben, damit die rechte Heiligkeit verwüstet wird, wie des Papstes Regiment, und vor Zeiten der Juden und Heiden Abgötterei waren.
Der Verwüstung: Welcher nämlich ein Zeichen der Verwüstung sein wird.
Merke darauf: Und denke solcher Weissagung mit Fleiß nach, was sie bedeute und in sich halte. Denn wenn diese wird ins Werk gerichtet und erfüllt wird, so wird der Stadt Jerusalem Untergang nicht mehr weit sein. Es hat aber Daniel im 9. Kapitel so geweissagt: Mitten in der Woche wird der Speiseopfer aufhören, und beiden Flügeln werden stehen Gräuel der Verwüstung, und ist beschlossen, dass bis ans Ende über die Verwüstung triefen wird. Diese Weissagung ist erfüllt worden, als der römische Kaiser Cajus ein abgöttisches Bild zu Jerusalem in den Tempel stellen ließ, welches ein Zeichen war, dass der Tempel bald von den Heiden würde entheiligt und die Stadt zerstört werden. Indem aber Christus uns zur Weissagung Daniels zeigt, will er, dass wir die Heilige Schrift mit Fleiß lesen sollen, in welcher er selber der vornehmste Zweck ist, den wir darin suchen sollen und erkennen lernen. Auf dass wir durch den Glauben an ihn die Seligkeit erlangen.
16. alsdann fliehe auf die Berge, wer im jüdischen Lande ist;
Alsdann: Wenn man nämlich die Zeichen des nahenden Unterganges, welche vom Propheten Daniel gezeigt wurden, sehen wird.
Fliehe: Damit er nicht in dem gewöhnlichen Unfall, welcher über das jüdische Land ergehen wird, zugleich mit weggerafft werde.
17. und wer auf dem Dach ist, der steige nicht hernieder, etwas aus seinem Hause zu holen;
Hernieder: Ins Haus, dass er in diesem suche, ob er noch etwas Köstliches, so er gerne hätte, mitnehmen könnte; sondern mache sich schnell davon, wo er einen sicheren Ort anzutreffen meint, da er seines Lebens möge fristen können.
Zu holen: Sondern schlage vielmehr alle seine Güter in den Wind, nur dass er sein Leben nicht in Gefahr bringt. Es will aber Christus uns mit diesen Worten lehren. Wenn uns Gott eine Gefahr zeigt und Raum gibt zu fliehen, so sollen unsere Güter oder andere nichtsnutzige Sachen nicht hindern oder uns dadurch aufhalten lassen, damit wir Gott nicht versuchen. Und liest man in der Geschichte der Kirche, dass die Christen kurz zuvor, ehe die Römer die Stadt Jerusalem belagert, vor der Gefahr gewarnt wurden. Darum sie aus der Stadt gewichen, und über den Jordan in einer Stadt, Pella genannt, wo sie sicher blieben. Wie Eusebius meldet im 3. Buch der Kirchen Historien Kapitel 5.
18. und wer auf dem Felde ist, der kehre nicht um, seine Kleider zu holen.
19. Wehe aber den Schwangeren und Säugerinnen zu der Zeit!
Und Säugerrinnen: Denn diese werden bei dem gefährlichen und sehr trübseligen Zustand schwer entrinnen können. Denn obwohl der Ehestand von Gott selber eingesetzt ist, so hat er jedoch zur Zeit der Verfolgung seine besonderen Beschwerden. Darum der Apostel Paulus den ledigen Personen, sofern ihnen die Gabe der Keuschheit außer der Ehe nicht versagt wäre, geraten, dass sie ohne ihr blieben, weil sie weniger Trübsal und Beschwerden empfinden würden, als wenn sie sich in den Ehestand begeben, besonders, um der damals gefährlichen Zeit willen {1Kor 7}.
20. Bittet aber, dass eure Flucht nicht geschehe im Winter oder am Sabbat,
Im Winter: (Nach Luther) Das ist in der Weise eines Sprichwortes geredet, als so viel gesagt: Seht, dass ihr zu rechter Zeit flieht, denn im Winter ist nicht gut wandern, und am Sabbat war es den Juden verboten.
Winter: Zu welcher Zeit die Reisen einem beschwerlicher vorkommen, und vielerlei Ungelegenheit mit dabei war.
Sabbat: Da man ruhen sollte, als eine mühselige Reise vornehmen. Es hat aber Christus nicht verboten, dass man am Feiertag durch die Flucht oder andere Mittel sein Leben nicht sollte begehren zu retten, sondern allein erinnert, dass wir Gott anrufen sollen, damit der unseren Unfall mildern möchte.
21. Denn es wird alsdann eine große Trübsal sein, als nicht gewesen ist von Anfang der Welt bisher und als auch nicht werden wird.
Werden wird: Diese Worte hat Christus nicht ohne Sinn geredet. Denn das jüdische Volk mit so viel und großem Unglück, als mit einer Sintflut überfallen wurde, dass man dergleichen Beispiele des göttlichen Zornes vom Anfang der Welt her zu keiner Zeit erfahren hat. Man lese die Geschichtsbücher vom jüdischen Krieg, so wird man sehen, dass der Ausgang dieser Weissagung Christi allerdings wahr wurde. Die Ursache aber solchen großen Unfalls ist gewesen, dass die Juden die Zeit ihrer Heimsuchung nicht erkannt haben, sondern die angebotene Gnade Gottes mit Füßen von sich gestoßen. Wir sollen uns aber hüten und vorsehen, dass wir mit unserer Undankbarkeit gegen das Evangelium Christi dergleichen Strafen uns auch nicht über den Hals ziehen.
22. Und wo diese Tage nicht würden verkürzt, so würde kein Mensch selig; aber um der Auserwählten willen werden die Tage verkürzt.
Verkürzt: Das heißt: Wenn nicht Gott selber solchem Unfall ein Ziel gesteckt und seinem Zorn ein Maß gesetzt hätte, so würde das ganze jüdische Volk im Grunde vertilgt werden. Aber weil Gott im selben Volk noch etliche Auserwählte hat, so wird er solchen Jammer abkürzen, damit sie nicht zugleich mit den anderen zugrunde gehen. Denn in den allgemeinen Strafen eines Landes nimmt Gott seine Auserwählten wahr, dass ein Unglück ihretwegen er aufhören muss, welches die Gottlosen wohl verdient hätten.
23. So alsdann jemand zu euch wird sagen: Siehe, hier ist Christus oder da! so sollt ihr‘s nicht glauben {Mk 13v2 Lk 17v23}.
Siehe, hier ist: (Nach Luther) Das sind die Sekten und Orden, die ein gutes Leben in äußerlichen Dingen oder mit Werken suchen, sind alle christlichen Klöster. Die Wüsten aber sind die Wallfahrten und Feldstifte.
Nicht glauben: Denn es werden auch nach meiner Auferstehung und Himmelfahrt gottlose und verruchte Leute sich finden, welche sich für den Messias ausgeben werden. Aber solchen soll man nicht glauben.
24. Denn es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen und große Zeichen und Wunder tun, dass verführt werden in den Irrtum (wo es möglich wäre) auch die Auserwählten {Lk 21v8}.
Falsche Christi: Welche sich selbst den Namen des Messias zumessen werden.
Falschen Propheten: Die sich rühmen werden, dass sie von Gott gesandt sind, zu lehren und zu predigen.
Wunder tun: Die sich unterstehen werden, mit falschen Wunderzeichen ihre Lehre zu befestigen. Soll man darum nicht allen Wunderzeichen einfach glauben. Denn auch der Apostel Paulus zuvor gesagt, dass der Antichrist sein Reich mit Wunderzeichen bestätigen werde {2Thes 2}.
Möglich wäre: Dies ist ein großer Trost, dass Christus lehrt, die Auserwählten können nicht verführt werden. Denn obwohl sie häufig in einen Irrtum geraten, so beharren sie doch bis ans Ende ihres Lebens nicht darin; sondern wenn sie den Betrug merken, so wenden sie sich wieder auf den rechten Weg. Man redet aber hier von solchen Irrtümern, die der Seelen Verderben verursachen, und nicht von anderen geringen Fehlern, dadurch der Grund des Glaubens nicht umgestoßen wird.
25. Siehe, ich habe es euch zuvor gesagt!
26. Darum, wenn sie zu euch sagen werden: Siehe, er ist in der Wüste! so geht nicht hinaus; siehe, er ist in der Kammer!, so glaubt es nicht.
Nicht hinaus: Der Meinung, dass ihr euren Messias draußen suchen wolltet. Denn der rechte Christus ist bereits gekommen, und darf man auf keinen Fall auf einen anderen warten. So viel aber meine andere herrliche Zukunft betrifft, wird es mit derselben nicht so beschaffen sein, dass mich einer dem anderen zeigen müsste an diesem oder jenem Ort auf Erden, in der Wüste oder in der Kammer.
27. Denn gleichwie der Blitz ausgeht vom Aufgang und scheint bis zum Niedergang, also wird auch sein die Zukunft des Menschen Sohnes.
Menschen Sohnes: Dass er mit seiner herrlichen Ankunft sich der ganzen Welt in einem Augenblick sichtbar mit unaussprechlicher Majestät und Herrlichkeit zeigen wird, gleichwie der Blitz schnell unter den Himmel überall sich sehen lässt. Welche darum nach meiner Himmelfahrt euch Christus in der Wüste oder an einem anderen Ort sichtbar zeigen wollen, die soll man für Verführer halten. Hier tun sich etliche Zwinglianer ganz unverschämt hervor, und missbrauchen diese Worte Christi boshafter Weise zu Verleugnung der Gegenwart des Leibes und Blutes Christi im Heiligen Abendmahl, da doch unleugbar ist, dass Christus sagt, man solle sich vor denen hüten, die sich den Namen des Messias fälschlich zumessen, aber seine unsichtbare Gegenwart auf Erden hat er nie verneint, sondern vielmehr gesagt: Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende {Mt 28}.
28. Wo aber ein Aas ist, da sammeln sich die Adler.
Wo aber ein Aas ist: (Nach Luther) Das ist ein Sprichwort und will so viel sagen: Wir werden uns wohl zusammenfinden, wo ich bin, werdet ihr auch sein. So wie Aas und Adler sich wohl zusammenfinden, und darf keinen besonderen Ort anzeigen.
Aas ist: Es hätten die Jünger mögen sagen: Wenn dich nun niemand hier auf Erden sichtbar zeigen kann, wie werden wir denn zu Dir versammelt werden, damit wir zugleich mit Dir mögen selig sein. Denn man weiß, was für grobe Gedanken die Apostel sich einbildeten, von einem weltlichen Reich Christi, das er, nach ihrer Meinung, hier auf Erden anrichten würde. Darum erklärte sich Christus gegen sie mit einem damals allgemeinen Sprichwort. Denn gleichwie die Adler das Aas leicht finden können, und dazu fliegen, und es nicht nötig, dass sie mit großer Mühe zusammengetrieben werden. Also werdet auch ihr am Jüngsten Tage ohne Mühe zu mir versammelt werden. Denn unser Herr Jesus Christus wird mit einem Feldgeschrei und Stimme des Erzengels, und mit der Posaune Gottes darnieder kommen vom Himmel, und die Toten werden auferstehen zuerst, danach wir, die wir leben und überbleiben, werden zugleich mit den selbigen hingerückt werden in den Wolken, dem Herrn entgegen, in der Luft, und werden also in Ewigkeit bei dem Herrn sein {1Thes 4}.
29. Bald aber nach der Trübsal dieser Zeit werden Sonne und Mond den Schein verlieren, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden sich bewegen {Mk 13v24 Lk 21v25}.
Bald: Der Herr Christus wendet sich wieder zu der Weissagung vom Jüngsten Tage, damit er diese vollführe. Es ist aber seine Meinung nicht, dass gleich im nächsten Jahr oder Monat nach der Zerstörung Jerusalems der letzte Tag kommen werde. Oder dass in kurzer Zeit alle diese Zeichen, so er hier erzählt, erscheinen werden, sondern es sei nach dem Evangelium Christi keine andere Lehre zu erwarten, und sei nichts mehr weiter, als dass wir auf seine herzliche Zukunft warten, und zu dieser uns würdig bereiten. Er spricht aber, dass es bald geschehen werde, auf dass er die Christen munter mache, und die Schlafsucht oder fleischliche Sicherheit ihnen austreibe. Daher Johannes sagt: Kindlein, es ist jetzt die letzte Stunde {1Joh 2}. Und zwar, obgleich von der Zeit an, da dieser Weissagung Christi geschehen, nunmehr über 2000 Jahre verlaufen sind, so sind doch 1000 Jahre vor Gott wie ein Tag. Wie der Apostel Petrus hiervon redet {2Petr 3}.
Bewegen: Es wird ein Ansehen haben, als ob der Himmel selbst erzitterte. Was nun von dem Verlust des Scheins an Sonne und Mond und von den Sternen Fall hier gemeldet wird, das verstehe ich einfach von den vielfältigen Finsternissen der Sonnen und des Mondes und von anderen Sternzeichen (wie man es nennt), daneben dergleichen feurige Zeichen mehr, die am Himmel und in der Luft geschehen werden. Denn das ist gewiss, je näher wir zu der Welt Ende kommen, je mehr Finsternisse geschehen. Und obwohl sie, wie auch die anderen Zeichen, ihre natürlichen Ursachen haben. Jedoch, gleichwie der Regenbogen, so auch seine natürliche Ursache hat, dennoch ein Zeichen der Gnade und Güte Gottes ist {1Mos 9}. Also sind auch die vielfältigen Finsternisse und oft erscheinende Feuerzeichen ein Zeichen des nahenden Jüngsten Tages. Darum sollen wir dieselben zwar nicht fürchten, aber doch, wenn wir sehen, zur Zukunft Christi uns desto mehr befleißigen und rüsten.
30. Und alsdann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohnes am Himmel. Und alsdann werden heulen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen kommen des Menschen Sohn in den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Alsdann: Wenn die zuvor gemeldeten Zeichen alle vorhanden sind.
Am Himmel: Dass man ihn sichtbar sehen wird. Gleichwie die Apostel ihn gesehen haben, wie er sichtbar in den Himmel gefahren ist.
Alle Geschlechter: Nämlich, alle Gottlosen werden den Richter Christus mit großen Schrecken ansehen. Aber die Auserwählten werden ihren Erlöser mit herzlicher Freude anschauen.
Herrlichkeit: Von einer unzähligen Menge der heiligen Engel umgeben und mit unaussprechlicher himmlischer Majestät geziert.
31. Und er wird senden seine Engel mit hellen Posaunen, und sie werden sammeln seine Auserwählten von den vier Winden, von einem Ende des Himmels zu dem andern. {1Thes 4v16}.
Posaunen: Mit einem großen himmlischen Schall, auf das erweckt werden, welche im Staub der Erde schlafen.
Vier Winden: Und Orten der Welt, auf dass sie mit Christo der ewigen und himmlischen Freude teilhaftig werden. Obwohl nun die Frommen in dieser Welt von mancherlei Unfällen umgetrieben werden, und ihrer viel im Elend sterben, etliche Körper zerhackt und verbrannt werden. So ist doch gewiss, dass sie alle in das Himmelreich versammelt werden, und wird kein Einziger zurückbleiben.
32. An dem Feigenbaum lernt ein Gleichnis. Wenn sein Zweig jetzt saftig wird und Blätter gewinnt, so wisst ihr, dass der Sommer nahe ist {Mk 13v28 Lk 21v29}.
An: Was jetzt als Nächstes folgt, muss man wiederum zu der Zerstörung Jerusalems rechnen, wie die Worte an sich selbst klar bezeugen. Denn Christus bald von der Stadt Zerstörung, bald von dem Jüngsten Tag redet. Derweil er von beiden war gefragt worden.
Lernt: Dass ihr dabei merkt und erkennt, wenn der Stadt und des Tempels Untergang nahe ist.
Saftig wird: Wie im Frühling zu geschehen pflegt, da sich eine neue Kraft in den Bäumen wiederum hervortut.
33. Also auch, wenn ihr das alles seht, so wisst, dass es nahe vor der Tür ist.
Seht: Nämlich die Zeichen, von denen ich vorhergesagt habe, dass sie vor der Stadt Zerstörung vorhergehen werden.
Tür ist: Nämlich, das Ende der Stadt Jerusalem und des jüdischen Regimentes Untergang. Und soll man die Vorboten nicht verachten, welche uns ein künftiges Unglück drohen, damit wir nicht unversehens überfallen werden.
34. Wahrlich, ich sage euch, dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis dass dieses alles geschieht.
Alles: (Nach Luther) Es wird solches alles anfangen zu geschehen, noch zu dieser Zeit, weil ihr lebt.
Alles geschieht: Denn es leben jetzt bereits Leute, die nicht sterben werden, ehe denn alles geschehe, was ich von der Stadt Jerusalem Zerstörung zuvor gesagt habe.
35. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen {Mk 13v31}.
Meine Worte: Oder Weissagungen, die werden nicht leer abgehen, sondern gewisslich erfüllt werden. Denn die göttlichen Drohungen von der Gottlosen und Unbußfertigen Strafen sind nicht vergebliche Wörter, um Schrecken zu verbreiten.
36. Von dem Tage aber und von der Stunde weiß niemand, auch die Engel nicht im Himmel, sondern allein mein Vater.
Tage: Wenn des Menschen Sohn kommen wird, denn Christus redet jetzt wiederum von der Zeit des Jüngsten Tages und warnt uns, dass wir nicht vergebens bemühen sollen, die Zeit genau zu erkunden, sondern dass wir vielmehr jede Stunde und jeden Augenblick zu seiner Zukunft bereit sind.
Engel nicht: Ja auch der Sohn nicht, wie Markus in Kapitel 13 bezeugt, denn als des Menschen Sohn, Christus, im Stande seiner Erniedrigung und in der Gestalt eines Knechtes sich verhalten, hat vor seiner Auferstehung nicht alle Geheimnisse wissen wollen. Aber jetzt, im Stande seiner Herrlichkeit, weiß er alles. Und gehörte es zum Stande seiner Erniedrigung, etliche Dinge nicht zu wissen. Es tut aber denen Übel, welche die Zeit des Jüngsten Tages ganz genau erkunden wollen, weil sie von verbotenen und unmöglichen Dingen grübeln.
37. Gleich aber wie es zu der Zeit Noahs war, also wird auch sein die Zukunft des Menschensohnes {1Mos 6v3 Lk 17v26}.
Gleich: Jetzt zeigt Christus an, was für ein Zustand in der Welt kurz vor dem Jüngsten Tage sein wird.
Zeit Noahs: Wie es zuging unter den Leuten zur Zeit der ersten. Sintflut, da die Welt im Wasser unterging. Also wird es auch zugehen um die Zeit der anderen Sintflut, welche im Feuer geschehen wird, nämlich, dass die Leute werden sicher und roh, und nur nach fleischlichen Dingen gesinnt sind.
38. Denn gleichwie sie waren in den Tagen vor der Sintflut: Sie aßen, sie tranken, sie freiten und ließen sich freien bis an den Tag, da Noah zu der Arche einging,
Sie freiten: Sie hatten einen guten Mut, waren fröhlich und guter Dinge, gingen nur mit weltlichen Sachen um, legten sich auf Fressen und Saufen und waren der Unzucht ergeben.
39. und sie achteten es nicht, bis die Sintflut kam und nahm sie alle dahin: Also wird auch sein die Zukunft des Menschensohnes.
Achteten es nicht: Was für ein großes Unglück über sie verhängt wäre, wenn sie den Predigten von Noah keinen Glauben gaben, welche die Welt, das heißt, der Welt Bosheit, verdammte, wie der Apostel im Hebräerbrief, Kapitel 2, bezeugt: Und achteten keiner Warnung, fürchteten sich auch vor keiner Strafe.
Alle dahin: Das alles, was auf Erden lebte, im Wasser umkam. Nur allein, mit den Seinen ausgenommen, welcher selbst mit seiner Familie im Kasten erhalten wurde.
Zukunft: Nämlich, der Tag des Herrn wird die unvorsichtigen Leute, welche in großer fleischlicher Sicherheit leben, unversehens überfallen. Es verwirft zwar Christus ehrliche und zu rechter Zeit angestellte Gastmahle nicht, viel weniger auch die Hochzeiten und Heirat, wenn die Menschen daneben Gott fürchten und mit einem gottseligen Gebet sich ihm befehlen; sondern er verdammt die fleischliche Sicherheit, da die Menschen alle Furcht Gottes nach hinten setzen, nur danach trachten, wie sie in dieser Welt gut leben. Von welcher fleischlichen Sicherheit auch Paulus redet, da er sagt: Der Tag des Herrn wird kommen, wie ein Dieb in der Nacht. Denn wenn sie werden sagen, es ist Friede, es hat keine Gefahr, so wird sie das Verderben schnell überfallen, gleichwie der Schmerz eine schwangere Frau, und werden nicht entfliehen {1Thes 5}.
40. Dann werden zwei auf dem Felde sein; einer wird angenommen und der andere wird verlassen werden.
Angenommen: Und der ewigen Seligkeit teilhaftig werden.
Verlassen werden: Als der von Gott verstoßen ist und der ewigen Verdammnis übergeben werde. Wird also am Jüngsten Tage eine wunderbare Absonderung der Leute geschehen, welche dieser Tag lebendig ergreifen wird. Denn sie werden nicht alle verdammt, auch nicht alle selig gemacht werden. Darum sollen wir uns bemühen, dass wir im wahren Glauben beharren, so werden wir in der Zahl sein, welche angenommen werden.
41. Zwei (Frauen: werden mahlen auf der Mühle; eine wird angenommen und die andere wird verlassen werden.
42. Darum wacht! Denn ihr wisst nicht, welche Stunde euer Herr kommen wird.
Wacht: Und habt Acht, dass ihr bereit seid auf den Tag des Herrn, damit, wenn er kommt, er euch so findet, wie es sein soll. Wir wachen aber dann, wenn wir im wahren Glauben und in der Gottseligkeit beharren, und uns von der fleischlichen Sicherheit, als von einem tiefen Schlaf, nicht lassen überfallen und unterdrücken.
43. Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausvater wüsste, welche Stunde der Dieb kommen wollte, so würde er ja wachen und nicht in sein Haus brechen lassen {Lk 12v39}.
Das: Christus will uns mit einem feinen Gleichnis aufmuntern, dass wir uns seiner Zukunft rüsten sollen.
Haus brechen: Damit uns nichts gestohlen würde, und er an seiner häuslichen Nahrung Schaden leidet: Wie viel mehr steht es euch an, dass ihr fleißig darauf achtet, damit ihr nicht an der Seele Schaden leidet, sondern, weil es gewiss ist, dass Christus kommen wird, wenn man es nicht glaubt? Was aber recht fromme und gottselige Christen sind, und den fleischlichen Begierden nicht nachhängen, die sind zu der Zukunft Christi immer bereit. Denn es ist nichts verdammliches (spricht Paulus) an denen, die in Christo Jesu sind, welche nicht nach dem Fleisch wandeln {Röm 8}.
44. Darum seid ihr auch bereit; denn des Menschen Sohn wird kommen zu einer Stunde, da ihr es nicht meint.
45. Welcher ist aber nun ein treuer und kluger Knecht, den sein Herr gesetzt hat über sein Personal, dass er ihnen zu rechter Zeit Speise gebe {Lk 12v42}?
Welcher: Der Herr Christus ermahnt uns noch mit einem anderen Gleichnis, dass wir in der wahren Gottseligkeit auf die Zukunft des Herrn uns rüsten sollen.
Gesetzt hat: Will so viel sagen: Wenn irgend ein Herr einen getreuen und klugen Knecht hat, dem er seine Haushaltung anvertraut, dass er den Arbeitern vorsteht, und er soll sein Amt fleißig und treu verrichten, so wird der Herr, wenn er wiederkommt von irgendeiner Reise und von der Treue des Knechtes erfährt, diesen mit seinen Gütern begaben. Wer darum seinen Beruf aus wahrem Glauben fleißig und treu wartet, der wird von Christo mit ewiger Herrlichkeit begabt werden, er werde jetzt gleich durch den Tod aus diesem Leben abgefordert oder am Jüngsten Tage ergriffen.
46. Selig ist der Knecht, wenn sein Herr kommt und findet ihn also tun!
47. Wahrlich, ich sage euch, er wird ihn über alle seine Güter setzen.
48. So aber jener, der böse Knecht, wird in seinem Herzen sagen: Mein Herr kommt noch lange nicht,
Böse Knecht: Dem auch die Haushaltung zu versehen befohlen ist, er aber untreu handelt, gegen die Arbeiter Wüterei treibt und sich den Wolllüsten ergibt, daneben aber die Geschäfte seines Herrn übel verrichtet, so wird der Herr unangemeldet zu diesem kommen, die Bosheit seines Knechtes erfahren, und ihn zur angemessenen Strafe ziehen. Solche boshaften Knechte aber sind, welche die christliche Liebe vergessen, wider ihren Nächsten (denn wir sind alle vor Gott Mitknechte) sich auflehnen, der Trunkenheit, Völlerei und Unzucht sich ergeben und Gott nicht fürchten, noch ihren Beruf mit Fleiß in der Gottseligkeit ausüben. Diese werde entweder der Tod oder der Tag des Herrn überfallen zu der Zeit, wenn sie es am wenigsten gehofft hätten. Sie werden also zugrunde gehen und zugleich mit den Heuchlern (welche sich fromm stellen) der ewigen Pein übergeben, dass sie ihre angemessenen Strafen empfangen, dass sie mit ewigem Heulen und stetigem Jammer geplagt und gemartert werden. Darum sollen wir Gott fürchten und in unserem Beruf unser Amt fleißig und in der wahren Gottesfurcht verrichten, auf dass wir mit jenem frommen Knecht für unsere Arbeit Belohnung in der ewigen Herrlichkeit und Seligkeit empfangen.
49. und fängt an zu schlagen seine Mitknechte, isst und trinkt mit den Trunkenen,
50. so wird der Herr desselben Knechts kommen an dem Tage, dessen er sich nicht versieht, und zu der Stunde, die er nicht meint,
51. und wird ihn zerscheitern und wird ihm seinen Lohn geben mit den Heuchlern. Da werden sein Heulen und Zähneklappern.
Das 25. Kapitel
- In diesem Kapitel wird zuerst ein Gleichnis von den zehn Jungfrauen, die auf dem Bräutigam warten, von den törichten und die klug sind, erzählt. Danach folgt ein anderes Gleichnis von einem Hausvater, der übers Feld zieht und unter seinen Knechten etliche Zentner austeilt, dass sie in der Zwischenzeit damit handeln sollen. Als er wiederkommt, fordert er Rechnung, wie ein jeder das Seine angelegt hat. Ferner wird der Prozess des Jüngsten Gerichtes erklärt.
1. Dann wird das Himmelreich gleich sein zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen aus, dem Bräutigam entgegen.
Dann: Der Herr Christus führt noch weiter Wort, zu ermahnen, dass wir zum Tag des Herrn sollen bereit sein, und tut solches mit einem Gleichnis von der Hochzeit. Und gedenkt Christus oft der Hochzeiten, vergleicht sich auch mit einem Bräutigam, auf dass er uns an seine Liebe erinnere, die er gegen seine Kirche trägt.
Lampen nahmen: Es ist aber bei etlichen Völkern vor Zeiten der Brauch gewesen, dass man dem Bräutigam Lampen oder Fackeln vorgetragen hat, in gewisser Anzahl, wie ein heidnischer Schreiber (Plutarchus) davon eine Nachricht gibt. Und ist Gott dem Herrn eine gebührliche Hochzeit nicht zuwider, wenn es ehrlich zugeht, und ein Maß darin gehalten wird. Die Zahl der zehn Jungfrauen deutet auf alle die Leute, welche das Evangelium Christus annehmen und sich zur rechten Religion bekennen. Unter denen handeln etliche weislich in den Sachen, welche zur ewigen Seligkeit gehören, andere lassen ihre Seligkeit aus der acht. Denn es werden die vor Gott weise geachtet, nicht welche im weltlichen Handeln listig und verschlagen sind, sondern die ihre Sachen also anstellen, dass sie mögen ewig selig werden.
2. Aber fünf unter ihnen waren töricht, und fünf waren klug.
3. Die Törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen nicht Öl mit sich.
Lampen: (Nach Luther) Die Lampen ohne Öl sind die guten Werke ohne Glauben, die müssen alle erlöschen. Das Ölgefäß aber ist der Glaube im Gewissen auf Gottes Gnade, der tut gute Werke, die bestehen. Wie aber hier das Öl keine der anderen gibt, also muss ein jeglicher für sich selbst glauben.
Nicht Öl: Das Öl bedeutet die geistlichen Tugenden, wie man es nennt, nämlich den Glauben, die Hoffnung, und die Liebe. Denn wer einen wahren Glauben hat an den Erlöser Christus und die Hoffnung, da er Errettung aus aller Widerwärtigkeit erwartet und die Offenbarung der künftigen Wohlfahrt, dazu die Liebe gegen Gott und dem Nächsten, der ist zu der Zukunft des Herrn gut bereitet, dass er vom Himmelreich auf keinen Fall ausgeschlossen wird.
4. Die Klugen aber nahmen Öl in ihren Gefäßen samt ihren Lampen.
5. Da nun der Bräutigam verzog, wurden sie alle schläfrig und entschliefen.
Entschliefen: Sowohl die klugen als die törichten Jungfrauen. Denn weil es sich ansehen lässt, als verziehe Christus mit seiner Zukunft, so werden auch die rechtschaffenen Christen häufig schläfrig, dass sie nicht immer mit solcher Freudigkeit auf die Zukunft Christi warten, als sie wohl sollten. Aber doch behalten sie den Glauben, die Hoffnung, und die Liebe, obwohl sie manchmal nicht so stark und tätig und inbrünstig sind.
6. Zur Mitternacht aber ward ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt; geht aus, ihm entgegen!
Kommt: Es wird aber gesagt, dass der Bräutigam zur Mitternacht kommt. Weil Christus mit seiner herrlichen Zukunft zur selben Zeit erscheinen wird, wenn man es am wenigsten glaubt.
7. Da standen diese Jungfrauen alle auf und schmückten ihre Lampen.
8. Die Törichten aber sprachen zu den Klugen: Gebt uns von eurem Öle; denn unsere Lampen verlöschen!
9. Da antworteten die Klugen und sprachen: Nicht also, auf dass nicht uns und euch gebreche. Geht aber hin zu den Krämern und kauft für euch selbst!
Gebreche: Darum können wir eure bitte nicht erhören. Denn ein fremder Glaube oder fremde menschliche Verdienste nutzen einem anderen nichts; sondern allein der Verdienst, wenn er mit Glauben ergriffen wird, nutzt und erhält die Gläubigen.
Kauft: Wir können euch von unserem Öl nichts geben, ihr mögt euch Öl verschaffen, wo ihr wollt, wir haben selbst nichts übrig. Wie sind denn die heuchlerischen Mönche so verwegen und unverschämt, dass sie den Leuten (wie sie es nennen) ihre guten Werke für Geld oder Güter verkaufen: nämlich böse Ware um gutes Geld?
10. Und da sie hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und welche bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit. Und die Tür ward verschlossen.
Verschlossen: Welches also dann geschieht, wenn der Mensch entweder durch den Tod unversehens hingerissen oder am Jüngsten Tage unbereitet überfallen wird.
11. Zuletzt kamen auch die anderen Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf!
12. Er antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euer nicht.
Kenne euer nicht: Und gehört hier nicht zu meiner Hochzeit. Diese Worte Christi habe nicht den Verstand, als ob Gott den bußfertigen Sündern oder auch die auf dem Totenbett ernstlich sich bekehren, nicht verzeihen will. Denn es ist große Freude im Himmel über einen Sünder, der Buße tut, als über 99 Gerechte, die der Buße nicht bedürfen {Lk 15}; sondern das ist die Meinung, dass die, welche ohne Vorbereitung aus dieser Welt scheiden, oder welche der Tag des Herrn unbereitet ergreifen wird, in jener Welt nichts mehr erlangen werden.
13. Darum wacht! Denn ihr wisst weder Tag noch Stunde, in welcher des Menschen Sohn kommen wird {Mt 24v42 Mk 13v33}.
Wache: Und macht euch gefasst zu dem Tag des Herrn. Welche darum nach so vielen Erinnerungen sicher sind, und ihre Seligkeit nicht achten, die werden richtigerweise verdammt.
14. Gleichwie ein Mensch, der über Land zog, rief seinen Knechten und tat ihnen seine Güter ein {Lk 19v12}.
Gleich: In dem nun folgenden Gleichnis erinnert uns Christus, dass wir die Zeit unseres Lebens und die Gaben, so uns von Gott gegeben wurden, wohl anlegen sollen, auf dass wir am Jüngsten Tag für unsere Treue und unseren Fleiß Belohnung empfangen.
Güter ein: Dass sie in der Zwischenzeit damit arbeiten sollten, und er einen Nutzen davon hätte. Also, nachdem des Menschen Sohn die Welt sichtbar verlassen hat, teilt er unter den Leuten mancherlei Gaben und Güter aus und will, dass sie diese so gebrauchen sollen, damit seine Ehre und des Nächsten Nutzen befördert werde. Obwohl nun Christus seine sichtbare Gegenwart der Welt entzogen, so ist er doch nicht desto weniger unsichtbarerweise bei seiner Kirche, bis ans Ende der Welt {Mt 28}.
15. Und einem gab er fünf Zentner, dem andern zwei, dem dritten einen, einem jeden nach seinem Vermögen, und zog bald hinweg.
Zentner: (Nach Luther) Die Zentner sind das befohlene Wort Gottes, wer das wohl treibt, der hat sehr viel und lehrt viele andere. Wer es lässig verwaltet, der hat wenig, denn es ist das gleiche Wort, aber es schafft durch etliche mehr, denn durch andere, darum ist es jetzt fünf, jetzt zwei Zentner genannt.
Vermögen: Nachdem er wusste, dass ein jeglicher dazu nützlich war, Sachen zu verrichten, so gab er ihnen viel oder wenig, dass sie zu verrichten hätten. Es sind aber die Gaben Gottes mancherlei, etliche geistlich, etliche leiblich. Gott gibt einem größere, anderen geringere, einem mehr, andere weniger Gaben. Denn er am besten weiß, zu welchen Sachen und Verrichtung ein jeder nützlich ist. Darum soll keiner dem anderen seine mehr oder größeren Gaben missgönnen, auch soll niemand mit seinen Gaben Stolz oder Pracht treiben, sondern sie zu Gottes Ehre und des Nächsten Nutzen gut anwenden.
16. Da ging der hin, der fünf Zentner empfangen hatte, und handelte mit diesen und gewann andere fünf Zentner.
17. Desgleichen auch, der zwei Zentner empfangen hatte, gewann auch zwei andere.
18. Der aber einen empfangen hatte, ging hin und machte eine Grube in die Erde und verbarg seines Herrn Geld.
Verbarg: Gewann also nichts damit, und bekam nicht mehr, denn er vorhin gehabt hatte. Darum etliche, nach Gestalt der Gaben, die sie von Gott empfangen haben, Gott dem Allmächtigen und ihren Nächsten fleißig zu dienen. Andere aber, entweder aus Fahrlässigkeit oder durch andere Laster gehindert, legen ihre Gaben übel an, oder gebrauchen sie gar nicht. Es ist so, als wenn sie dieselben in die Erde verscharrt hätten. Als, etliche verwahrlosen durch ihr stetiges Fressen und Saufen sich selbst an ihrem Leibe, Gesundheit, und Verstand, dass sie danach niemand mehr nützlich sind, und nichts mit ihnen auszurichten ist, da sie sonst wohl wären zu gebrauchen gewesen.
19. Über eine lange Zeit kam der Herr dieser Knechte und hielt Rechenschaft mit ihnen.
Hielt Rechenschaft: Dass sie eine Rechnung tun mussten, wie in der Zeit ein jeder sein Geld, das ihm vertraut worden war, angelegt hätte.
20. Da trat herzu, der fünf Zentner empfangen hatte, und legte andere fünf Zentner dazu und sprach: Herr, du hast mir fünf Zentner getan; siehe da, ich habe damit andere fünf Zentner gewonnen.
21. Da sprach sein Herr zu ihm: Ei, du frommer und getreuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen; ich will dich über viel setzen. Gehe ein zu deines Herrn Freude!
Über wenigem: Denn Gott fordert nicht mehr von uns, als wir nach unserer Beschaffenheit und unserer Gaben leisten können.
22. Da trat auch herzu, der zwei Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Zentner getan; siehe da, ich habe mit denselben zwei andere gewonnen.
23. Sein Herr sprach zu ihm: Ei, du frommer und getreuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen; ich will dich über viel setzen. Gehe ein zu deines Herrn Freude!
Freude: Denn Gott belohnt die Arbeit, so wir eine kurze Zeit verrichtet haben, mit ewigen Guttaten auf das aller reichlichste.
24. Da trat auch herzu, der einen Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist: du schneidest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, da du nicht gestreut hast.
25. Und fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in die Erde. Siehe, da hast du das Deine.
Fürchtete mich: Dass Du mit meinem Handel nicht wirst zufrieden oder vergnügt sein, ich ging gleich mit deinem Geld um und handelte damit, wie ich wollte. Mit diesen Worten wird auf derjenigen Leute Bosheit gedeutet, welche die Schuld ihres gottlosen Lebens auf Gott legen. Als da einer sagt, es sei doch das Gesetz zu halten unmöglich, ein anderer klagt über die ewige Vorsehung und Wahl Gottes, ein anderer wendet vor, er habe nicht viel Gaben empfangen, da er doch unterdes nicht begehrt zu tun, was er doch wohl hätte tun können.
26. Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du Schalk und fauler Knecht! Wusstest du, dass ich schneide, da ich nicht gesät habe, und sammle, da ich nicht gestreut habe,
27. so solltest du mein Geld zu den Wechslern getan haben, und wenn ich kommen wäre, hätte ich das Meine zu mir genommen mit Wucher.
Getan haben: Wenn Du ja sonst auch aus Furcht keine andere Handlung hättest dürfen damit anfangen.
Mit Wucher: Es will aber der Herr Christus mit diesen Worten den Wucher nicht richtig nennen. Denn dieser ist sowohl in der Heiligen Schrift als auch im weltlichen Recht verboten, sondern erinnert uns, dass wir uns hüten sollen, damit wir die Gaben, so uns mitgeteilt wurden, nicht ohne Nutzen und Frucht bei uns liegen lassen.
28. Darum nehmt von ihm den Zentner und gebt es dem, der zehn Zentner hat!
29. Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden {Mt 13v12 Mk 4v25 Lk 8v18}.
Gegeben werden: Dieses ist wie ein Sprichwort Weise geredet, welches Christus auf sein Vorhaben deutet. Denn so geht‘s in der Welt zu, dass man den Reichen immer mehr gibt, dadurch sie reicher werden. Hingegen nimmt man den Armen, dass sie ärmer werden. Und will Christus hiermit anzeigen, dass denen, die viele und große Gaben haben, und diese in dieser Welt gut anlegen, auch in diesem Leben noch mehr gegeben wird: Denen aber, welche wenig und geringe Gaben haben, und diese nicht recht gebrauchen, werden auch dieselben wiederum entzogen und genommen.
30. Und den unnützen Knecht werft in die äußerste Finsternis hinaus; da werden sein Heulen und Zähneklappern.
Hinaus: Denn welche ihre Gaben nicht recht gebrauchen, die werden in die ewige Finsternis verstoßen, dass sie dort immer Pein und Marter leiden. Darum soll ein jeder nach seinem Vermögen sich befleißigen, dass er seine Gaben gut gebraucht, damit er einmal seinem Herrn Christo Rechenschaft tun kann.
31. Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit.
Wenn: Jetzt handelt Christus von seiner herrlichen Zukunft, mit welcher Rede er uns aufmuntern will, dass wir uns dagegen recht gefasst machen, auf dass wir für unsere Frömmigkeit Belohnung empfangen, und nicht um unserer Bosheit willen gestraft werden.
Kommen wird: Zu richten die Lebendigen und die Toten.
Stuhl: Es nimmt Christus jetzt Worte, wie sie in dieser Welt gebräuchlich sind, damit er uns den Zustand in jener Welt einigermaßen erkläre.
32. Und werden vor ihm alle Völker versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, gleich als ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet.
Alle Völker: Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl Christi gestellt werden {Röm 14}. Und wird kein großer Herr vor diesem Gericht befreit sein.
Scheiden: Die Frommen von den Bösen durch die Arbeit seiner Engel {Mt 13}. Denn in dieser Welt sind Gute und Böse durcheinandergemengt. Aber in jener Welt wird eine rechte und ewige Absonderung der Frommen von den Bösen geschehen.
33. Und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken.
34. Da wird denn der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt!
Gesegneten: Es werden aber die gesegnet genannt, welche an den gesegneten Samen Abrahams Christus glauben.
Ererbt: Denn wir empfangen das Himmelreich als ein Erbe, und nicht aus unseren Werken. Gleichwie ein Kind ein Erbe ist seiner väterlichen Güter, nicht aus seinem Verdienst, sondern darum, dass er der Sohn im Hause ist. Also empfangen wir das Himmelreich, nicht aus unserem Verdienst, sondern weil wir aus Gnaden um Christi willen zu Kindern Gottes aufgenommen wurden {Röm 8}.
Bereitet ist: Wenn uns denn in jenem Leben das ewige Himmelreich bereitet ist, warum achten wir denn dieses zeitliche und vergängliche Leben und Sachen so hoch? Warum scheuen wir uns um des Himmelreiches willen, die ewigen Güter dieser Welt in den Wind zu schlagen?
35. Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich getränkt. Ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich beherbergt.
Gespeist: Es zeigt sich aber die rechte Liebe ganz besonders, wenn der Nächste in großer Angst ist. Denn welche dem Nächsten nur dienen, wenn es ihm gut geht, und nicht auch in Widerwärtigkeit, die tragen keine rechtschaffene Liebe zu ihm.
36. Ich bin nackend gewesen, und ihr habt mich bekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu mir kommen.
37. Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dich gespeist, oder durstig und haben dich getränkt?
38. Wann haben wir dich einen Gast gesehen und beherbergt, oder nackend und haben dich bekleidet?
39. Wann haben wir dich krank oder gefangen gesehen und sind zu dir gekommen?
Zu Dir gekommen: Denn die Frommen rühmen ihre guten Werke, und was sie den nächsten auch schuldiger Liebe erzeigt, nicht heuchlerischerweise mit vielen großen Worten.
40. Und der König wird antworten und sagen zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan {Spr 19v17}.
Geringsten Brüdern: Denn was für Guttaten den Aposteln Christi erzeigt wurden, oder den reinen Dienern des Evangeliums noch erwiesen werden, oder auch einem jeden Christen, er sei gleich so gering er immer wolle, um Christi willen mitgeteilt wird, dient Christus nicht anders, als wenn sie ihm selbst an seiner eigenen Person geschehen wären. Darum sollen wir um unseres Heilandes Christi willen gegen unsere Mitchristen guttätig uns erzeigen und wohltätig finden lassen.
41. Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Geht hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist, dem Teufel und seinen Engeln {Ps 6v9 Mt 7v23 Lk 13v27}!
Engeln: Den anderen bösen Geistern. Denn es ist nicht nur ein Teufel, sondern es gibt viele, welche unter einem Obersten, als Feind des menschlichen Geschlechtes, die christliche Kirche anfechten auf verschiedene Art und Weise, wie sie nur immer können.
42. Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich nicht gespeist. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich nicht getränkt.
Nicht gespeist: Denn die Kinder dieser Welt nehmen sich nur ihrer Güter an und beachten die Liebe gegen den Nächsten nicht, bemühen sich aber mit vielen scheinbaren und andächtigen Zeremonien.
43. Ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich nicht beherbergt. Ich bin nackend gewesen, und ihr habt mich nicht bekleidet. Ich bin krank und gefangen gewesen, und ihr habt mich nicht besucht.
44. Da werden sie ihm auch antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich gesehen hungrig oder durstig oder einen Gast oder nackend oder krank oder gefangen und haben dir nicht gedient?
Nicht gedient: Denn die Gottlosen wollen es nicht eingestehen, dass sie die christliche Liebe bereits vergessen haben.
45. Dann wird er ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr nicht getan habt einem unter diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan.
Nicht getan: Denn was man frommen Leuten versagt, da man ihnen helfen wollte und könnte, das versagt man den Sohn Gottes selbst.
46. Und sie werden in die ewige Pein gehen, aber die Gerechten in das ewige Leben {Dan 12v3 Joh} Ewige Pein: Wo der Gottlosen Feuer nicht verlöschen, und ihr Wurm nicht sterben wird {Mk 9}.
Ewige Leben: Denn was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, und in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott bereitet denen, die ihn lieben {1Kor 2}. Darum sollen wir danach trachten, dass wir durch den Glauben an Christus der selbigen ewigen Wohltaten teilhaftig werden.
Das 26. Kapitel
- Der Herr Jesus Christus macht deutlich, wie sein Leiden naht. Die vornehmsten im jüdischen Volk gehen darüber zu Rate, wie sie Christus mögen umbringen. Christus wird im Hause Simons des Aussätzigen mit köstlichem, wohlriechendem Wasser begossen. Judas verspricht, Christus zu verraten um 30 Silberlinge. Christus hält mit seinen Jüngern Ostern, und deutet mit dem Finger auf seinen Verräter. Setzt das heilige Abendmahl ein. Als seine Jünger über das nahe Leiden Christi von Herzen erschrecken, richtet er sie auf, und tröstet sie, und sagt ihnen zuvor, wie sie ihn zum einen Teil verlassen, zum anderen Teil auch verleugnen werden. Er wird von Judas mit einem Kuss verraten und kommt in der Feinde Hände. Petrus untersteht sich, Christus mit dem Schwert zu schützen. Christus wird zum Hohepriester Kaiphas geführt, wo falsche Zeugen gegen ihn aussagen. Und wird allerhand grausamer Mutwillen wider ihn getrieben. Petrus verleugnet Christus dreimal.
1. Und es begab sich, da Jesus alle diese Reden vollendet hatte, sprach er zu seinen Jüngern:
Und: Jetzt fängt der Evangelist Matthäus an, das Leiden unseres Herrn Jesu Christi zu beschreiben, darin aller frommen Christen vornehmste Trost steht: Welches die Propheten zuvor verkündigt haben: Dessen Vorbild Isaac war, da er sollte geopfert werden. Josef, da er von seinen Brüdern verkauft wurde. Jonas im Bauch des Walfisches. Das durch so viele Opfer im Alten Testament, besonders aber durch das Osterlamm, bedeutet werden. Davon auch Christus, als er auf dem Berge verklärt wurde, mit Mose und Elia sich besprach. Und zu welchem Gedächtnis der Herr Christus sein Abendmahl eingesetzt hat. Der vornehmste Nutzen aber seines Leidens ist in dem kurzen Spruch Christi begriffen: Gleichwie Mose in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also muss des Menschen Sohn erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben {Joh 3}. Darum, wenn wir in unserem Gewissen um der Sünden willen angeklagt werden, so sollen wir das Leiden Christi dagegenhalten. Denn das Blut Jesu Christi, Gottes Sohn, reinigt uns von allen unseren Sünden {1Joh 1}. Danach, weil alle Christen geistliche Glieder Christi sind, und deswegen ihrem Haupt Christus müssen ähnlich werden, so lernen wir aus dem Leiden des Herrn Christi, was der Frommen Glück in dieser Welt ist, dass sie, nämlich auf mancherlei Weise angefochten, und geplagt werden. Wir sollen aber auch bei dem Beispiel Christi Geduld lernen, und mit gewisser Hoffnung erwarten, Christus werde uns gewisslich durch die zeitliche Trübsal zur ewigen himmlischen Freude führen. Denn wir müssen durch viel Trübsal in das Reich Gottes eingehen {Apg 14}. Darum sollen wir diese beiden Stücke häufig in der ganzen Historie des Leidens Christi besonders beachten, so werden wir sie nicht ohne großen Nutzen betrachten. Es ist aber bekannt, dass die Historie des Leidens Christi von den vier Evangelisten mit großem Fleiß beschrieben werden. Und fängt sie Markus an im 14., und Lukas im 22., und Johannes im 13. Kapitel.
2. Ihr wisst, dass nach zwei Tagen Ostern wird, und des Menschen Sohn wird überantwortet werden, dass er gekreuzigt werde.
Gekreuzigt werde: Das will so viel sagen, mein Leiden und Sterben kommt näher herzu. Und bin ich das rechte Osterlamm, welches geopfert werden soll. Es war aber den Juden im Alten Testament befohlen, dass sie jedes Jahr das Opferfest halten sollten zum Gedächtnis der Erlösung aus Ägypten, dadurch das Blut des Osterlammes, welches an den Pfosten der Häuser geschmiert wurde, die darin waren, am Leben erhalten wurden, dass sie der Würgeengel nicht umgebracht hat. Auch war den Israeliten verboten, dass sie die ganze Zeit während des Osterfestes, welches acht Tage dauerte, kein gesäuertes Brot essen durften, sondern nur ungesäuertes. Und mussten sie zum Osterlamm Gewürze gebrauchen, damit es eine Lust zu essen machte. Aber unsere richtige und rechtschaffene Erlösung aus der Dienstbarkeit ist, dass Christus uns durch seinen Tod von der Tyrannei des Teufels erlöst hat: Und wenn wir mit seinem Blut durch den Glauben besprengt werden, so hat der Würger, der Satan, keine Macht an uns. Es müssen aber die, so an Christus glauben, sich enthalten von dem Sauerteig unreiner Lehre {Mt 16}. Und von dem Sauerteig eines unreinen Wandels {1Kor 5}. Und setzt uns Christus auch die bitteren Gewürze des Kreuzes vor, auf dass wir mehr Lust und ein größeres Verlangen ihn, als unseren Erlöser, empfangen. Und hat Christus sein Leiden wollen so oft vorher verkündigen, auf dass wir sehen, wie er nicht gezwungen zum Tode gerissen wurde, sondern aus unmäßiger Liebe gegenüber dem menschlichen Geschlecht freiwillig für uns gelitten hat. Niemand (spricht er) nimmt mein Leben von mir, sondern ich lasse es von mir selber. Ich habe es Macht zu lassen, und ich habe es Macht wieder zu nehmen {Joh 10}.
3. Da versammelten sich die Hohepriester und Schriftgelehrten und die Ältesten im Volk in dem Palast des Hohepriesters, der da hieß Kaiphas,
4. und hielten Rat, wie sie Jesum mit List griffen und töteten.
Töteten: Ohne Aufstand. Diese Ratsversammlung wird auch beschrieben bei Markus im 14. und Lukas im 22. Kapitel. Es ist aber eine Strafe der Sünden, wenn wir leiden müssen, dass über uns beratschlagt wird, wie man uns wolle fangen oder umbringen. Denn wir sind alle Übeltäter vor Gott, und wert, dass man über unseres Leibes Strafe Rat hielte. Aber Christus hat diese Strafe der Sünden unschuldigerweise gelitten, auf dass wir vor Gottes Gericht als frei gezählt würden. Wir sollen uns aber nicht darüber verwundern, wenn auch heutigentags der Hohepriester und Papst zu Rom samt seinen Kardinälen und Anhängern darüber beratschlagt, wie er die Christen vertilgen wolle. Aber Christus hat ein Mitleiden mit den Frommen und wacht für die Unschuldigen, über welche Leib und Leben gottlose Leute miteinander zu Rate gehen.
5. Sie sprachen aber: Ja nicht auf das Fest, auf dass nicht ein Aufruhr werde im Volk!
Im Volk: Denn es kamen viele Tausend Juden auf das Osterfest nach Jerusalem zusammen, aus allen Orten. So war das Gerücht von den Wunderwerken Christi weit und breit erschollen. Darum sie sich sorgen mussten, dass nicht etwa zur selben Zeit, da eine solche Menge Volk zu Jerusalem sich befand, der größte Teil dem Herrn Christo möchte günstig und wohl gewogen sein, wegen der vielen Guttaten, die ihnen oder den ihrigen erzeigt wurden, ein Aufstand wider sie entstünde, und sie darüber viel eher als Christus ums Leben kämen. Dennoch, da ihnen bald hernach die Gelegenheit vom Verräter Judas an die Hand gegeben und ihnen unverhofft angeboten wurde, standen sie von ihrer vorigen Meinung ab, und glaubten, ehe sie solche erwünschte Gelegenheit versäumen wollten, wie sie Christus durch den Tod loswerden konnten.
Bethanien: In einem Dorf nahe bei Jerusalem gelegen
Aussätzigen: Welcher vor der Zeit aussätzig war, aber Christus ihn davon gereinigt und gesund gemacht hatte.
7. trat zu ihm ein Weib, das hatte ein Glas mit köstlichem Wasser und goss es auf sein Haupt, da er zu Tisch saß.
Sein Haupt: Obwohl es nun zur selben Zeit Brauch war, dass man über den Mahlzeiten wohlriechende Sachen brauchte. So ist doch diese aus einer besonderen Anregung des Heiligen Geistes geschehen, wie aus dem Folgenden zu sehen. Es ist aber das ganze Haus des Geruchs voll geworden. Und beschreibt diese Geschichte auch Markus im 14. Kapitel.
8. Da das seine Jünger sahen, wurden sie unwillig und sprachen: Wozu dient dieser Unrat?
Dieser Unrat: Sollte man das köstliche Wasser so unnütz verschütten, welches viel besser hätte können angelegt werden? Denn man findet viele Leute, die meinen, es sei alles verloren und verspielt, was man zur Beförderung der Ehre Gottes anwende. Es ist aber auch eine Strafe der Sünden, wenn man leiden muss, dass andere einen ein Ding missgönnen, welche Strafe Christus auf sich genommen, und für uns gelitten hat, damit er sich denn um das menschliche Geschlecht sehr wohl verdient gemacht hat.
9. Dieses Wasser hätte mögen teuer verkauft und den Armen gegeben werden.
10. Da das Jesus merkte, sprach er zu ihnen: Was bekümmert ihr das Weib? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.
Merkte: Dass die Jünger mit solchem Tun des Weibes unzufrieden waren.
Bekümmert ihr: Lieber spart euch eure unzeitige und närrische Weisheit bei diesem Mal und macht der Frau keine Anfechtung, als ob sie unrecht in diesem Stück gehandelt hätte.
Gutes Werk: (Nach Luther) Da sieht man, dass der Glaube allein das Werk gut macht. Denn alle Vernunft hätte dies Werk verdammt, wie auch die Apostel selbst taten. Denn die Werke sind die besten, die man nicht weiß, wie gut sie sind.
Getan: Und mir eine besondere Ehre bewiesen, indem sie mit diesem Wasser mich beschüttet hat.
11. Ihr habt immer Arme bei euch; mich aber habt ihr nicht immer.
Bei euch: Und könnt ihnen Gutes tun, wann ihr wollt.
Nicht immer: In der Gestalt sichtbar und gegenwärtig bei euch, dass ihr meine Person dergleichen Ehre erzeigen könntet. Darum hat diese Frau weislich gehandelt, dass sie mich mit dem wohlriechenden Wasser begossen hat, weil sie noch Zeit und Gelegenheit dazu hat. Welche diese Worte missbrauchen und dahin deuten, dass sie die Gegenwart Christi im Heiligen Abendmahl damit ausschließen wollen, die irren sich grob. Denn Christus redet hier von seiner sichtbaren Gegenwart, auf welche Weise er heutigentags nicht mehr bei uns ist. Nichtsdestoweniger ist er bei seiner Kirche unsichtbarerweise nach seiner Verheißung, da er gesagt hat. Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende {Mt 28}.
12. Dass sie dies Wasser hat auf meinen Leib gegossen, hat sie getan, dass man mich begraben wird.
Begraben wird: Das heißt: Sie hat mich damit vor meinem bevorstehenden Begräbnis zugerüstet, und solches aus heimlichem Antrieb des Heiligen Geistes getan. Denn es pflegten die Juden der verstorbenen Leichname, besonders welche sie bei ihren Lebzeiten ganz lieb hatten, und in Ehren gehalten, nicht nur mit köstlichen Spezereien zu bestreichen, sondern auch mit gut riechendem Wassern zu überschütten, auf dass sie vor der Verwesung möchten lange erhalten bleiben. Und bestätigt zwar ein ehrliches Begräbnis die Hoffnung der Auferstehung in uns. (Nach Luther) Lasst es doch gehen, es ist die Letzte, die sie mir gibt, denn ich soll doch sterben.
13. Wahrlich, ich sage euch, wo dies Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.
Dies Evangelium: Dass ich euch werde zu predigen auferlegen.
Ihrem Gedächtnis: Darum sie durch diese Tat eine besondere Ehre erzeigte, einen berühmten Namen bekommen wird. Denn welche Christus ehren und seinen Namen zur Ehre befördern keine Kosten sparen, die erlangen auch nach ihrem Tode einen rechtschaffenen beständigen Ruhm und guten Namen.
14. Da ging hin der Zwölfen einer, mit Namen Judas Ischariot, zu den Hohepriestern
15. und sprach: Was wollt ihr mir geben? Ich will ihn euch verraten. Und sie boten ihm dreißig Silberlinge.
Verraten: Dies melden auch Markus im 14. und Lukas im 22. Kapitel. Es ist aber eine Strafe der Sünden, wenn man von denen verraten wird, um die man sich verdient hat und von welchen man das Beste zu hoffen pflegt. Diese Strafe hat Christus unschuldig auf sich genommen, unsere Sünden zu büßen und abzutragen. Es schaden aber oft die heuchlerischen Bekannten und heimlichen Feinde der Kirche mehr, als die äußerlichen und öffentlichen.
Silberlinge: Ich glaube aber, dass ein Silberling nicht viel weniger gegolten habe, als heute ein kleines Geldstück. Und hatte der Prophet Zacharias längs zuvor geweissagt, dass Christus und dreißig Silberlinge sollte verkauft werden (Kapitel 2). Weil nun der Geiz Judas zu einer solchen schrecklichen Tat antrieb und verursacht, so sollen wir mit allem Fleiß uns davor hüten. Denn der Geiz ist eine Wurzel allen Übels, wie Paulus bezeugt im 1. und Timotheus im 6. Kapitel.
16. Und von dem an suchte er Gelegenheit, dass er ihn verriet.
17. Aber am ersten Tage der süßen Brote traten die Jünger zu Jesu und sprachen zu ihm: Wo willst du, dass wir dir bereiten, das Osterlamm zu essen?
Der süßen Brote: Oder das Osterfest, da man anfing süß oder ungesäuertes Brot zu gebrauchen.
Wo willst Du: In welchem Hause zu Jerusalem begehrst Du das Osterlamm zu essen? Dies beschreiben auch Markus im 14. und Lukas am 22. Kapitel. Denn es hat Christus den Brauch mit dem Osterlamm halten wollen, wie Mose solches beschreibt, 2. Mose 12. Auf dass er durch seine vollkommene Erfüllung des Gesetzes uns vom Fluch des Gesetzes erlöste {Gal 4}.
18. Er sprach: Geht hin in die Stadt zu einem und sprecht zu ihm: Der Meister lässt dir sagen: Meine Zeit ist hier; ich will bei dir die Ostern halten mit meinen Jüngern.
Zu einem: Den euch ein Mensch zeigen wird, der einen Wasserkrug trägt, und euch wird entgegenkommen (wie Markus meldet). Denn in welches Haus dieser geht, da sollt ihr auch hineingehen.
Zu ihm: Nämlich zu dem Hausherrn im selbigen Hause.
Der Meister: Jesus von Nazareth, welcher Dir nicht unbekannt ist.
Ist hier: Dass ich vollstrecke und zu Ende bringen, um welches willen ich besonders in dieser Welt gekommen bin.
Bei Dir: In Deinem Hause habe ich im Sinn, das Osterlamm zu essen, welches Dir nicht zuwider sein wird. Denn Christus nur einen Ort hatte, da er begehrte einzukehren, und keine Speise oder Proviant hatte. Der aber abwesend einen Menschen sieht, einen mit einem Wasserkrug, der sieht ohne Zweifel auch nicht ohne großen Widerwillen und Verdruss die, die so dem Wein ergeben sind und die Weinflaschen auszutrinken wissen. Und versorgte eben der selbige die im Elend verjagten und vertriebenen Leute mit notdürftiger Herberge und Unterschlupf.
19. Und die Jünger taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Osterlamm.
Bereiteten: Auf dass des Herrn Christi Kosten in des guten und frommen Mannes Hause, der Christus auf sein Begehren mit seinen Jüngern zur Herberge aufnahm. Denn man soll Christus folgen und gehorchen in allem, das er uns befiehlt.
20. Und am Abend setzte er sich zu Tische mit den Zwölfen.
Zu Tische: In der bestellten Herberge zu Jerusalem und aß mit seinen Jüngern das Osterlamm, welches ist des Herrn Vorbild, der da sollte gekreuzigt werden. Und hat Christus mit diesem letzten Abendmahl an solchen Vorbildern des Alten Testamentes ein Ende gemacht. Da sie auch eine gute Weile gegessen, ist Christus vom Tisch aufgestanden und hat seinen Jüngern die Füße gewaschen, wie solche Geschichte beschrieben wird vom Evangelisten Johannes im 13. Kapitel. Und hat mit solchem Tun uns ein Beispiel der wahren Demut und rechtschaffener christlichen Liebe hinterlassen wollen.
21. Und da sie aßen, sprach er: Wahrlich, ich sage euch, einer unter euch wird mich verraten.
Sie aßen: Dass sie nach dem Füße waschen, wieder mit dem Essen fortfuhren.
Mich verraten: Das sagt auch Markus im 14. Kapitel. Es ist aber eine Strafe der Sünden, wenn man sehen muss einen Menschen neben sich am Tisch sitzen, der einem nichts Gutes gönnt, und wohl auch nach Leib und Leben trachtet. Solche Strafe hat Christus viel eher leiden wollen, als dass unsere Sünden hätten sollen unversöhnt bleiben. Aber solche untreuen Leute sind dem Herrn nicht verborgen, und er wird sie zu seiner Zeit zur Strafe ziehen.
22. Und sie wurden sehr betrübt und hoben an, ein jeglicher unter ihnen, und sagten zu ihm: Herr, bin ich es?
Sehr betrübt: Welche nämlich unter den Jüngern sich unschuldig wussten.
23. Er antwortete und sprach: Der mit der Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten.
Schüssel taucht: Denn ich habe es gesagt, und wiederhole es noch einmal, bleibe auch dabei, dass einer von diesen meinen Tischgenossen mich verraten und den Feinden ans Messer liefern wird. Es sieht aber Christus auf die Weissagung des 41. Psalm, da in der Person Christi also steht: Auch mein Freund, dem ich mich vertraut habe, der mein Brot aß, tritt mich unter die Füße. Es hat aber Christus den Verräter nicht wollen in dieser Stunde beim Namen nennen, auf dass er ihm Platz noch Anlass geben zur Buße. Und hat Christus ein Mitleiden mit denen, stärkt auch seine Auserwählten in der Hoffnung und Geduld mit seinem Beispiel, welche ihre Verräter bei und um sich leiden müssen.
24. Des Menschen Sohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch wehe dem Menschen, durch welchen des Menschen Sohn verraten wird! Es wäre ihm besser, dass dieser Mensch nie geboren wäre.
Geschrieben steht: Als wollte er sprechen: Ich nehme zwar mein Leben willig auf mich, damit ich das menschliche Geschlecht erlöse, wie die Propheten vorher schon geweissagt haben.
Wehe dem Menschen: Denn er sich die ewige Strafe damit über den Hals zieht. Denn obwohl Gott aller Menschen Sünden zuvor weiß, so ist doch solch ein Vorwissen kein Grund daran, dass einer aus irgendeinem Grunde sündigen müsste. Darum sind solche vor Gott nicht entschuldigt.
Nie geboren wäre: Als dass er um solch schrecklicher Tat willen sich in die ewige Verdammnis stürzt. Diese ernstliche Warnung Christi, damit er sich unterstand, den Verräter Judas von seinem schändlichen Vornehmen abzuhalten, erinnert uns, dass Gott keinen Gefallen hat am Tode des Sünders, sondern dass er sich bekehre, und lebe {Hes 33}.
25. Da antwortete Judas, der ihn verriet, und sprach: Bin ich es, Rabbi? Er sprach zu ihm: Du sagst es.
Judas: Denn als die Jünger durch den Evangelisten Johannes im Geheimen durch etliche Bemerkungen von Christo sich erkundigt hatten, wer der Verräter sei, und auf Judas gedeutet worden war, tritt er endlich selber auch hervor, und fragt, nicht als ob er um seinen Anschlag, den er bereits vorher in den Sinn genommen hatte, nicht wüsste, sondern dass er meinte, er wollte mit solchen Fragen den Argwohn der Verräterei von sich schieben.
Bin ich es: Der Dich verraten wird. Also stellen etliche die Prediger zur Rede, und wollen wissen, ob man sie in der Predigt gemeint habe. Und indem sie sich wollen, weiß brennen, als wären sie unschuldig, geben sie eben damit zu verstehen, dass sie die richtigen Schuldigen sind. Es wäre aber viel besser, dass sie Buße täten, als dass sie mit frommen Kirchendienern zanken, und sich stellen, als wären sie unschuldig.
Du sagst es: Du hast recht und die Wahrheit geredet. Denn Du bist eben dieser Mann, der mich verraten und meinen Feinden zu überliefern im Sinn hat.
26. Da sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach es und gab es den Jüngern und sprach: Nehmt, esst; das ist mein Leib.
Da: Folgt die Einsetzung des heiligen Abendmahls, welches auch Markus im 14. und Lukas am 22. Kapitel beschreiben.
Dankte: Seinem himmlischen Vater. Denn man soll Gott dem Herrn für Speise und Trank, Lob und Dank sagen.
Brach es: Denn die süßen Brote, welche bei den Israeliten auf das Osterfest gebraucht wurden, waren fast wie Kuchen gebacken, und deswegen besser zu brechen als zu schneiden. Es sind aber hier die Zwinglianer zum einen Teil ganz witzig, welche meinen, man könne das Abendmahl des Herrn nicht richtig halten, wo man nicht auch Kuchen backe, und denselben danach breche.
Mein Leib: Wird darum nicht nur das Brot, sondern auch der Leib Christi im Heiligen Abendmahl gegeben und empfangen. Denn Christus ist kein Lügner, dass er uns mit vergeblichen Worten umgebe. Wir haben aber den Leib Christi dann bei uns gegenwärtig, wenn wir denselben nach seiner Einsetzung essen, und nicht wenn wir das Sakrament herumtragen, oder es anzubeten aufstellen.
27. Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinkt alle daraus!
Alle daraus: Darum machen es die Katholiken übel, welche die Sakramente zerstückeln und den Laien nur den halben Teil geben, den Priestern aber allein das Ganze lassen. Denn Christus hat nicht zweierlei Abendmahl eingesetzt, eins für die Laien und ein anderes für die Priester, sondern gewollt, dass eins allen gemein wäre.
28. Das ist mein Blut des Neuen Testaments, welches vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.
Neuen Testaments: Darauf das Neue Testament gegründet und bestätigt ist. Nämlich, der Neue Bund, darin uns Gott, ohne Ansehen unserer Werke oder Verdienste, Vergebung aller unserer Sünden, und das ewige Leben aus Gnaden anbietet. So wir denn nicht mit Wein, sondern mit dem Blut Christi erlöst sind. Und Christus uns im Heiligen Abendmahl eben dieses gibt, damit wir erlöst wurden, so ist ja klar und offenbar, dass uns nicht nur Wein, sondern auch das Blut Christi zu trinken gegeben wird. Denn der Wein ist nicht das Neue Testament. Es empfangen aber einerlei Speise und Trank im Heiligen Abendmahl, sowohl die Bußfertigen als die Unbußfertigen, die Bußfertigen zwar zur Seligkeit, die Unbußfertigen aber zum Gericht.
Der Sünden: Das heißt, durch welche Guttat vielen, nämlich, den Gläubigen, Vergebung der Sünden widerfährt. Denn obwohl Christus (in dem er für uns gelitten) die Versöhnung ist, nicht nur für unsere, sondern auch für der ganzen Welt Sünde {1Joh 2}, so kommt doch sein Leiden nur denen zu nutzen, die an ihn glauben {Joh 3}. Denn wer dem Evangelium Christi nicht glaubt, der wird verdammt werden. Darum sollen wir uns durch wahre Buße zum würdigen Empfang des Heiligen Abendmahl bereiten, auf dass wir es zur Seligkeit empfangen.
29. Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, da ich es neu trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.
Trinken: (Nach Luther) Das heißt, wir werden weiter keinen leiblichen Wandel miteinander haben, und das soll das Letzte sein.
Vaters Reich: Denn obwohl Christus nach seiner Auferstehung nicht sofort in den Himmel gefahren, sondern noch vierzig Tage lang mit seinen Jüngern umging und zu etlichen unterschiedlichen Zeiten mit ihnen gegessen und getrunken hat. So ist er doch auch damals in seines Vaters Reich gewesen, als er auf Erden sichtbar sich aufgehalten hat. Darum schwärmen die Zwinglianer, welche das Reich des Vaters an einen gewissen Ort abmessen.
30. Und, da sie den Lobgesang gesprochen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.
Lobgesang: Oder Danksagung, wie auch Markus im 14. Kapitel meldet. Denn wie man mit einem gottseligen Gebet die Mahlzeit empfangen soll, also soll man nach dem Essen Gott dem Herrn Lob und Dank sagen. Es hat aber Christus nach den vorigen Worten, noch vor dem Lobgesang oder der Danksagung, eine ganz holdselige und liebliche Predigt gehalten, welche der Evangelist Johannes im 14. Kapitel beschreibt. Darin Christus die Apostel und die Kirche getröstet hat und einen guten Mut gemacht, weil er sie in keiner Gefahr verlassen, sondern zum ewigen Leben erhalten wolle. Nachdem sie aber vom Essen aufgestanden, hat der wiederum auf dem Weg eine lange und trostreiche Predigt getan wider allerlei Trübsal. Daneben auch seinem himmlischen Vater mit einem inbrünstigen Gebet seiner Kirche befohlen: Welches alles von dem Evangelisten Johannes im 15., 16. und 17. Kapitel mit Fleiß verzeichnet wurde.
31. Da sprach Jesus zu ihnen: In dieser Nacht werdet ihr euch alle ärgern an mir; denn es steht geschrieben: Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen.
An mir: Von wegen meines schrecklichen Zustandes, der mir begegnen wird. Also dass ihr mich auch verlassen werdet. Dieses meldet auch Markus im Kapitel 14. Denn das Kreuz und die Trübsal der Kirchen ärgern die Schwachen sehr, dass sie an der Wahrheit der evangelischen Lehre anfangen zu zweifeln, derweil sie sich keine Widerwärtigkeit, sondern weiß nicht was für zeitliches Glück bei dem Evangelium erhoffen.
Geschrieben: Im Propheten Sacharja, 13. Kapitel. Und obwohl die Worte an diesem Ort etwas anders lauten, so ist es doch die gleiche Meinung. Obwohl nun solche Weissagung eigentlich auf Christus und seine Jünger, die durch die Flucht zerstreut wurden, geht, so reißt doch Gott der Herr häufig auch die getreuen Kirchendiener und Hirten, um der Zuhörer Undankbarkeit willen, unversehens weg, da die Schafe häufig in mancherlei Sekten und Meinungen getrennt werden.
32. Wenn ich aber auferstehe, will ich vor euch hingehen in Galiläa.
In Galiläa: Und euch dort öfter erscheinen und freundlich mit euch sprechen werde. Setzt also Christus einen lieblichen Trost hinzu. Darum sollen wir in allen Nöten der Auferstehung, das heißt, der Erlösung uns erinnern. Denn der Herr verstößt nicht ewig, sondern er verzeiht wohl und erbarmt sich wieder, nach seiner großen Güte, spricht der Prophet Jeremia in seinen Klageliedern, Kapitel 2.
33. Petrus aber antwortete und sprach zu ihm: Wenn sie auch alle sich an dir ärgerten, so will ich doch mich nimmermehr ärgern.
Nimmermehr ärgern: Und dich in keinerlei Weise oder Wege verlassen, die Gefahr sei gleich so groß, als sie immer wolle. Denn bevor die Gefahr da ist, sind wir herzhaft und mutig, und halten unser Fleisch für kräftig und trauen ihm viel zu tun zu, aber fälschlich.
34. Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir, in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.
Verleugnen: Hierbei werden wir an unsere Schwachheit erinnert, auf dass wir Gott um Hilfe anrufen, und nicht immer verzagen und zugrunde gehen.
35. Petrus sprach zu ihm: Und wenn ich mit dir sterben müsste, so will ich dich nicht verleugnen. Desgleichen sagten auch alle Jünger {Joh 18v1}.
Alle Jünger: Das sie viel lieber ihr Leben für ihn geben wollten.
36. Da kam Jesus mit ihnen zu einem Hof, der hieß Gethsemane, und sprach zu seinen Jüngern: Setzt euch hier, bis dass ich dorthin gehe und bete.
Und bete: Dies erzählen auch Markus im 14. und Lukas im 22. Kapitel. Wir schütten aber dann unser Anliegen ohne Scheu in den Schoß des himmlischen Vaters aus, wenn wir niemand, oder doch wenig Leute um uns haben. Und soll man in der Gefahr zum Gebet fliehen.
37. Und nahm zu sich Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus und fing an zu trauern und zu zagen.
38. Da sprach Jesus zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibt hier und wacht mit mir!
Meine: (Nach Luther) Geistliche Leiden Christi im Garten.
In den Tod: Ich werde mit solcher Herzensangst überfallen, dass ich fast vor großem Herzeleid sterbe. Denn es hat Christus den Zorn Gottes wider die Sünde des menschlichen Geschlechtes, welche er zu büßen auf sich genommen, empfunden.
Wache mit mir: Auf dass ihr nicht auch in Anfechtung fallt, und mir einen Trost sein könnt. Denn in Trübsal begehrt ein Mensch vom anderen Trost. Aber die besten Freunde lassen einen auch in Stich, wie bald später gesagt wird. Und hat man hier an diesem Ort den Stand der Ernüchterung Christi wohl gut wahrzunehmen.
39. Und ging hin ein wenig, fiel nieder auf sein Angesicht und betete und sprach: Mein Vater, ist es möglich, so gehe dieser Kelch von mir; doch nicht, wie ich will, sondern wie du willst.
Von mir: Das heißt: Erlass mir diese Trübsal und gib, dass ich der bevorstehenden Gefahr entrinnen kann, wenn es ohne Nachteil Deiner Ehre und der Menschen Seligkeit geschehen kann.
Du willst: Also geschehe es, denn ich meinen menschlichen Willen Deinem göttlichen Willen unterwerfen. Hier hat man vielerlei zu merken. In Gefahr, Schrecken und Angst, soll man zum Gebet fliehen. Die Furcht und Begierde, dem Tod zu entgehen, ist für sich selbst nicht Sünde, sondern eine Strafe der Sünden, welche Christus für uns gelitten hat. Einem jeden Christen ist ein gewisses Maß der Trübsal verordnet, wie Wein im Kelch. Wenn wir diese nicht abbitten können, so sollen wir es geduldig (also zu reden) austrinken und bitten, dass nicht unser, sondern Gottes Wille geschehe. Danach hat man hier auch von zweierlei Willen Christi Bericht zu nehmen, den menschlichen und den göttlichen wider Monotheisten Ketzerei, welche die Person Christi nicht recht erkannt, und derselbe nur einen Willen nämlich, den göttlichen, den menschlichen aber nicht zumessen.
40. Und er kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?
Seinen Jüngern: Bei denen Christus im Stande seiner Erniedrigung, als bei seinen Freunden, Trost sucht, aber er findet weder Hilfe noch Trost bei dem schläfrigen Personal. Und es ist eine Strafe der Sünden, dass man bei denen keine Hilfe findet, bei welchen man es am meisten erhofft hätte. Aber Christus hat mit uns, wie immer, ein Mitleiden.
Wachen: Dass Du und die anderen mich wenigstens mit eurer Rede ein wenig erquickt und einen Trost gebt.
41. Wacht und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt. Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.
Fallt: Obwohl wir nun mit dem Leibe nicht immer wachen können, was auch nicht nötig ist, so gebührt uns jedoch, dass wir, besonders in Gefahr, ein waches Herz haben. Und ist ein inbrünstiges Gebet nötig, damit der Satan uns nicht also schrecke und den Strick über uns werfe, dass wir tun, was einem Christen Menschen übel ansteht.
Ist schwach: Als wollte er sprechen: Ich merke zwar, dass ihr, nachdem ihr wiedergeboren und geistlich seid, willig wäret, mit mir euch in Gefahr zu begeben. Aber euer Fleisch ist erstarrt, und vor Furcht und Schrecken schläfrig. Darum sollt ihr euch selber mit dem Gebet aufmuntern, und ein Herz fassen, damit ihr nicht wieder die Gebühr begeht, das euch nicht wohl ansteht.
42. Zum andern Mal ging er wieder hin, betete und sprach: Mein Vater, ist‘s nicht möglich, dass dieser Kelch von mir gehe, ich trinke ihn denn; so geschehe dein Wille.
Dein Wille: Wenn es anders nicht sein kann, als dass ich der nahenden Gefahr ausstehen muss, siehe, so bin ich bereit für das menschliche Geschlecht zu leiden.
43. Und er kam und fand sie abermal schlafend, und ihre Augen waren voll Schlafs.
Voll Schlafs: Vor Traurigkeit, wie Lukas meldet. Denn die Traurigkeit macht ein unlustiges und schläfriges Gemüt.
44. Und er ließ sie und ging abermals hin und betete zum dritten Mal und redete dieselben Worte.
Dritten Mal: Denn man soll mit dem Gebet anhalten und immer fortfahren, obgleich es sich ansehen lässt, als finden wir weder bei Gott noch bei den Menschen Hilfe. Und wenn wir nicht von Stand an Hilfe spüren, so wird jedoch unser Herz von Gott gestärkt, dass es die Trübsal desto besser ertragen kann.
45. Da kam er zu seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Ach, wollt ihr nun schlafen und ruhen? Siehe, die Stunde ist hier, dass des Menschen Sohn in der Sünder Hände überantwortet wird.
Und ruhen: Dies ist ein ernster Verweis, den er seinen Jüngern gibt. Als wollte er sprechen, es ist jetzt nicht Zeit, dass man schlafe und faulenze, als wäre es alles sicher. Denn es ist große Gefahr vorhanden.
46. Steht auf, lasst uns gehen! Siehe, er ist da, der mich verrät!
Gehen: Es geht aber Christus seinem Verräter und seinen Feinden entgegen, anzuzeigen, dass er ungezwungen und aus freiem Willen für das menschliche Geschlecht sterbe. Denn er, der kurz zuvor vor der Betrachtung des Todes zitterte, tritt jetzt seinem Leiden mit beherztem Mut unter die Augen. Denn wenn wir die ersten Schrecken und Anläufe des Todes, mit der Hilfe Gottes, überwunden haben, so wird es später leidenschaftlicher, und wird das Herz mit göttlichem Beistand gestärkt, dass es das Kreuz ertragen kann.
47. Und als er noch redete, siehe, da kam Judas, der Zwölfen einer, und mit ihm eine große Schar mit Schwertern und mit Stangen von den Hohepriestern und Ältesten des Volks.
Zwölfen einer: Aus der Zahl der zwölf Apostel, der Christo Leute zuführen sollte, die er durch seine Predigt zu ihm bekehrt hätte.
Mit Stangen: Dass sie mit Gewalt dazwischenschlügen, wenn jemand Christo wollte zu Hilfe kommen. Solches beschreiben auch Markus im 14., Lukas im 22., und Johannes im 18. Kapitel. Denn die Feinde des Evangeliums sind in ihrem Vorhaben, wenn sie der Kirche mit List nachtrachten, gar furchtsam, weil das Gewissen sie bange macht.
Hohepriestern: Die Christus, der durch die Opfer, welche sie täglich verrichteten, so oft vorgebildet wurde, für den Messias hätten sollen erkennen und annehmen, die schicken ihre Knechte gegen ihn aus, dass sie ihn mit Gewalt fangen und binden sollen.
Ältesten: Nämlich vor den Ratsherren zu Jerusalem, welche sich dahin hätten befleißigen und bemühen sollen, dass Christus, und seine Apostel das Evangelium ungehindert in der Stadt Jerusalem und anderswo predigen, und ausbreiten könnten. Es ist darum nichts Neues, wenn der Papst zu Rom, welcher sich für einen Statthalter Christi fälschlich ausgibt, etliche Obrigkeiten reizt, dass sie mit einmütigem Herzen und Waffen gegen Christus streiten.
48. Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen gegeben und gesagt: Welchen ich küssen werde, der ist es; den greift.
Zeichen: Dabei sie Christus erkennen und von seinen Jüngern unterscheiden könnten, damit sie nicht den Unrechten erwischten.
Der ist es: Der richtige Schuldige, nämlich der Jesus von Nazareth, dessen ihr begehrt.
Greift: Und führt ihn ganz gewiss, dass er euch nicht wieder entkomme.
49. Und alsbald trat er zu Jesu und sprach: Gegrüßt seist du, Rabbi! und küsste ihn.
Gegrüßt: (Nach Luther) Das ist böses Deutsch. Wir grüßen also auf Deutsch, guten Abend, Glück zu etc.
Küsste ihn: Denn es war bei den Hebräern gebräuchlich, dass man zum Gruß einen auch küsste zum Anzeigen einer besonderen Freundschaft.
50. Jesus aber sprach zu ihm: Mein Freund, warum bist du gekommen? Da traten sie hinzu und legten die Hände an Jesum und griffen ihn.
Gekommen: Meinst Du, ich merke es nicht, wie Du mich durch den Kuss meinen Feinden verrätst? Eben das tun auch heutigentags diejenigen, welche sich stellen, als hätten sie eine rechte Liebe zu der wahren Religion, und hindern doch unterdessen diese mit falschen Praktiken, möchte auch wünschen, dass sie gar unterdrückt, und vertilgt würde. Denen nicht sehr ungleich sind, welche auch in weltlichen Sachen sich gegen den Nächsten freundlich stellen, und doch dabei mit umgehen, wie sie ihn mögen ins Verderben bringen.
Da: (Nach Luther) Leiblich Leiden Christi im Garten.
Griffen ihn: Dies steht auch bei Markus im 14., Lukas im 22. und Johannes im 18. Kapitel. Dass man ihn nun gefangen und gebunden hat, ist eine Strafe der Sünden, welche Christus viel lieber ausstehen und dulden wollte, als zulassen, dass wir mit des Satans Banden zur ewigen Verdammnis gebunden würden. So werden auch manchmal die Christen in diesem Leben unschuldigerweise ins Gefängnis geworfen: Die sollen aber wissen, dass ihnen solches keine Schande sei, sondern vielmehr eine Ehre und Zierde, dazu besser, als wenn sie mit Gold und Edelsteinen umhängt wären.
51. Und siehe, einer aus denen, die mit Jesu waren, reckte die Hand aus und zog sein Schwert aus und schlug des Hohepriesters Knecht und hieb ihm ein Ohr ab.
Einer: Welches Petrus war, wie Johannes bezeugt. Denn auch die Nachfolger Christi häufig aus urzeitlichem Eifer zu viel tun.
Knecht: Welcher Malchus hieß, wie Johannes es bezeugt.
52. Da sprach Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert an seinen Ort; denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.
53. Oder meinst du, dass ich nicht könnte meinen Vater bitten, dass er mir zuschickte mehr denn zwölf Legionen Engel {1Mos 9v6}?
Schwert nimmt: (Nach Luther) Das Schwert nehmen, die es ohne ordentliche Gewalt gebrauchen.
Nimmt: Es nehmen aber diejenigen das Schwert, welche nicht zum Amt der Obrigkeit behoben sind und ungebührliche Rache üben, die in den Gesetzen und weltlichen Rechten verboten sind. Aber die Obrigkeit, und welchen, denen die Obrigkeit das Schwert gibt, die können dasselbe ordentlicherweise und mit gutem Gewissen gebrauchen.
Umkommen: Der Obrigkeit im Lande wird der Gebrauch des Schwertes nicht untersagt.
Legion: Eine Legion ist eine Anzahl von 12500 Kriegsleuten, nach allgemeiner Rechnung. Was darum zwölf Legionen für eine große Menge sein würden, ist leicht zu errechnen. Es sind aber unzählige viele Engel von Gott erschaffen worden, zu seiner Ehre, und des menschlichen Geschlechtes Wohlfahrt {Dan 7 Hebr 1}.
54. Wie würde aber die Schrift erfüllt? Es muss also gehen.
Erfüllt: Denn wenn ich der Engel Hilfe gebrauchen wollte, wie ich wohl könnte, damit ich aus der Feinde Hände entkomme, so würden der Propheten Weissagungen nicht erfüllt werden, welche von meinem Leiden reden, und würde der Welt Sünden auch unversöhnt bleiben. Gleichwie aber Christus viel lieber seiner Majestät eine Zeit lang sich entäußern wollte, als das unserer Seligkeit nicht hätte sollen Rat geschafft werden. Also sollen auch wir viel eher unseren eigenen Nutzen versäumen, als dass wir den Nächsten ließen Schaden nehmen und ins Verderben geraten.
55. Zu der Stunde sprach Jesus zu den Scharen: Ihr seid ausgegangen als zu einem Mörder mit Schwertern und mit Stangen, mich zu fangen; bin ich doch täglich gesessen bei euch und habe gelehrt im Tempel, und ihr habt mich nicht gegriffen.
Scharen: Die ihn zu fangen und zu binden gekommen waren, wie auch Markus im 14. und Lukas am 22. Kapitel melden.
Nicht gegriffen: Wenn ihr aber eine richtige Ursache, mich zu fangen und zu binden habt, so hättet ihr es wohl damals getan, als wir im Tempel öffentlich mehr als einmal gelehrt, und wäre es nicht nötig gewesen, bei dunkler Nacht mich zu fangen, dazu mit Waffen, als wenn ihr einen Mörder überfallen wolltet, da ich mich doch nie so gezeigt habe, dass man mit Waffen gegen mir handeln dürfte. Warum legt ihr mir denn eine solche Schmach an? Denn obwohl wir uns selbst nicht rächen sollen, so ist doch eine ordentliche Entschuldigung der unschuldig empfangenen Schmach erlaubt.
56. Aber das ist alles geschehen, dass erfüllt würden die Schriften der Propheten. Da verließen ihn alle Jünger und flohen.
Propheten: Welche von meinem Leiden geweissagt haben.
Flohen: Auch Petrus nicht ausgenommen, obwohl er sich später bald gewendet und von fern, dazu mit großer Furcht und erschrockenem Herzen, Christo nachfolgte. Denn die fleischliche Kühnheit dauert in großer Gefahr nicht lange, sondern verschwindet. Es ist aber Christus allein gefangen genommen und hingeführt worden, anzuzeigen, dass er allein der Mittler sei zwischen Gott und den Menschen, und dass sein Verdienst allein die Versöhnung ist, für die Sünde der ganzen Welt, darum man ihm in dieser Sache keinen Heiligen an die Seite stellen soll. Dies ist also der erste Teil des Leidens Christi, die der Evangelist erzählt hat, wie es sich zugetragen, bis Christus vor das Konsilium der Hohepriester gebracht wurde.
57. Die aber Jesum gegriffen hatten, führten ihn zu dem Hohepriester Kaiphas, dahin die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammelt hatten {Joh 18v13}.
Kaiphas: Der in diesem Jahr das Amt eines Hohepriesters verwaltete.
Schriftgelehrten: Die mit der Erklärung des Gesetzes umgingen.
Ältesten: Etliche der vornehmsten Ratsherren in der Stadt Jerusalem.
Versammelt hatten: Dass sie miteinander darüber sich beratschlagen, wie sie Christus möchten zum Tode verdammen. Davon auch Markus im 14. und Lukas am 22. Kapitel schreiben. Es kamen aber die Hohepriester und andere aus besonderer arglistiger Meinung in der Nacht zusammen, auf dass sie gleichsam eine Vorbereitung machten zu der öffentlichen Verdammung und Beurteilung Christi, so am folgenden Morgen sollte ausgesprochen werden. Darum verhörten sie Christus in der gleichen Nacht und suchten falsche Zeugen, damit sie am anderen Tage in einer allgemeinen Versammlung des Konsilium mit mehr Schein der Gerechtigkeit und Billigkeit ihn verdammen könnten. Solche heimlichen Versammlungen halten auch die römischen Päpste mit ihren Anhängern, in welchen sie darüber zurate gehen, wie sie das Evangelium Christi mögen dämpfen und ausrotten.
58. Petrus aber folgte ihm nach von ferne bis in den Palast des Hohepriesters und ging hinein und setzte sich zu den Knechten, auf dass er sähe, wo es hinauswollte.
Hinauswollte: Mit Christo, und was es für ein Ende mit ihm nehmen würde: Aber macht es nicht in der Meinung, dass er Christus da vor jedermann bekennen und mit ihm leiden wollte, darum er besser getan, wenn er wäre aus des Hohepriesters Hof geblieben. Obwohl es nun an ihm selbst nicht unrecht ist, dass man zu Hofe lebt, sofern man nur kein gottloses Leben führt. So geschieht es doch nicht ohne Gefahr, wenn man an den Höfen sich aufhält, wo das Evangelium Christi verlästert wird und nicht Platz findet. Denn ihrer viele Christus endlich dort verleugnen, obgleich sie es anfangs auch nicht im Willen gehabt haben.
59. Die Hohepriester aber und Ältesten und der ganze Rat suchten falsch Zeugnis wider Jesum, auf dass sie ihn töteten,
Hohepriester: Welche mit dem Hohepriesteramt jährlich umwechselten, und einer um den anderen dieses verwaltete.
Ganze Rat: So viele ihrer damals beieinander versammelt waren.
60. und fanden nichts. Und obwohl viel falsche Zeugen herzutraten, fanden sie doch nichts. Zuletzt traten herzu zwei falsche Zeugen
Fanden nichts: Das einen Schein hätte und darauf sie hätten sich berufen können. Vor Gericht zu stellen, anzuklagen und mit Verleumdungen zu beschweren, sind Strafen der Sünden, welches alles Christus für uns gelitten, damit wir nicht vor Gottes Gericht angeklagt und verdammt würden. Wenn auch die Feinde des Evangeliums der Christen Religion oder Wandel nachforschen, so tun sie es nicht darum, dass sie die Wahrheit begehren zu erkundigen, sondern dass sie einen Schein suchen, ihre Tyrannei zu bemänteln.
61. und sprachen: Er hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen denselben bauen.
Bauen: Dies war eine Verleumdung. Denn Christus hatte gesagt: Brechet diesen Tempel, und am dritten Tage will ich ihn aufrichten {Joh 2}. Er aber (spricht Johannes) redet von dem Tempel seines Leibes. Denn in Christo, als in dem allerheiligsten Tempel, wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig {Kol 2}. Was nun Christus von seinem Leibe gesagt, das deuteten diese falschen Zeugen auf den Tempel zu Jerusalem. Es konnten aber die Juden nicht leiden, dass man von ihrem Tempel verächtlich redete, und meinten, was dagegen gesagt würde, das würde wider Gott selbst vorgebracht. Auf gleiche Weise verlästern uns heutigentags die päpstlichen Heuchler. Denn wenn wir lehren, dass die Sünden nicht mit guten Werken versöhnt werden, so schreien sie, wir verbieten gute Werke. Wenn wir sagen, man soll den Heiligen keine göttliche Ehre erzeigen, so lästern sie, wir schmähen Die Heiligen, und dergleichen Dinge mehr.
62. Und der Hohepriester stand auf und sprach zu ihm: Antwortest du nichts zu dem, was diese wider dich zeugen?
Zeugen: Es stellt sich aber der Hohepriester und Heuchler, als ob er Christi Verantwortung und Entschuldigung begehrte anzuhören, damit er nicht ungehört verdammt würde, da er doch wohl wusste, dass es lauter Verleumdungen und Lügen waren, was wider Christus vorgebracht wurde. Denn die Feinde des Evangeliums wollen das Ansehen nicht haben, als handelten sie gegen Recht und Ordnung, darum sie oft ordentliche Prozesse anstellen, welche doch voll heimlicher List und böser Praktiken sind.
63. Aber Jesus schwieg stille. Und der Hohepriester antwortete und sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du bist Christus, der Sohn Gottes.
Schweig stille: Denn offenbare Verleumdungen und grobe offensichtliche Lügen sind keine Antwort wert.
Der Hohepriester: Kaiphas, welcher in diesem Jahr das hohe Priestertum verwaltete.
Lebendigen Gott: So lieb Dir Gottes Ehre ist, und Du diese von Herzen meinst.
64. Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an wird es geschehen, dass ihr sehen werdet des Menschen Sohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen in den Wolken des Himmels.
Du sagst: Und bist recht daran, denn ich bin Christus der ewige Sohn Gottes. Obwohl nun Christo nicht verborgen war, dass die Hohepriester und ihre Anhänger diese seine Antwort ihm für eine Gotteslästerung deuten und anziehen würden, so hat er jedoch die Wahrheit darum nicht verschwiegen. Denn man soll die Bekenntnisse der Wahrheit um der Gefahr oder Verleumdung willen nicht verhehlen.
Sehen werdet: Als wollte er sprechen: Ihr verachtet mich zwar jetzt, und geht schändlich mit mir um, aber es wird die Zeit bald kommen, da es offenbar werden wird, dass ich zur Rechten des Vaters sitze, das heißt, dass mir alle Gewalt gegeben sei, im Himmel und auf Erden. Denn ich will den Heiligen Geist über meine Apostel ausgießen, dass sie mit mancherlei Sprachen reden und herrliche Wunderzeichen in meinem Namen tun werden. Danach, wenn es mein himmlischer Vater für gut ansehen will, ich vom Himmel mit großer Majestät und Herrlichkeit wiederkomme, zu richten die Lebenden und die Toten. Dass dies der Verstand der Worte Christi sei, ist aus der 1. Predigt von Petrus zu erkennen, da er sagt: Nun er (Christus) durch die Rechte Gottes erhöht ist, und empfangen hat die Verheißung des Heiligen Geistes vom Vater, hat er ausgegossen dies, dass ihr seht und hört. Und bald danach: So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesum, den ihr gekreuzigt habt, zu einem Herrn und Christ gemacht hat {Apg 2}. Gleichwie aber Christus durch sein Leiden und seine Schmach in die Herrlichkeit eingegangen ist, also müssen auch wir durch viel Trübsal in das Himmelreich kommen {Apg 14}.
65. Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat Gott gelästert; was bedürfen wir weiter Zeugnis? Siehe, jetzt habt ihr seine Gotteslästerung gehört.
Zerriss: Welches bei den Hebräern gebräuchlich war, wenn ihnen etwas zu Ohren kam, das unangenehm und schrecklich war zu hören.
Gelästert: Indem er sich für Christus, und einen Sohn Gottes ausgibt.
Zeugnis: Damit wir ihn seiner Bosheit überzeugen müssten.
66. Was erscheint euch? Sie antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig.
erscheint Euch: Um diesen Menschen, wie man mit ihm umgehen müsse. Es haben aber diese Hohepriester in geistlichen Sachen einen besseren Verstand gehabt, als die Arianer. Denn die Hohepriester hatten gemerkt, dass Christus sich selber die wahre und ewige Gottheit zumesse, indem er sich einen Sohn Gottes nenne. Aber die Arianer drehen solch ein Zeugnis der Gottheit Christi in böser Weise um, darum werden diese Hohepriester die Arianer am Jüngsten Gericht um ihrer Bosheit willen verdammen.
Sie: Die sich bei dem nächtlichen Konsilium befanden und diesem beigesessen waren.
Schuldig: Es hat aber Christus geduldet, dass er zum Tode verurteilt wurde, auf dass wir des ewigen Lebens teilhaftig würden.
67. Da spuckten sie aus in sein Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Etliche aber schlugen ihn ins Angesicht
Sie: Die Diener der Hohepriester, nachdem sie gehört, was für ein Urteil gegen ihn ausgesprochen wurde.
68. und sprachen: Weissage uns, Christi, wer ist es, der dich schlug?
Dich schlug: Denn sie hatten ihm das Angesicht verdeckt, damit er nicht sehen konnte, wer ihn schlug, und danach seiner gespottet, dass er raten sollte, wer es getan hatte. Verspottet werden ist eine Strafe der Sünden {5Mos 28}. Aber Christus hat solche Schmach geduldet, dass er sich anspucken und ins Angesicht schlagen ließ, damit er die verbotenen Wollüste büßte, mit welchen wir Gott schwer erzürnen. Diese Tat erzählen auch Markus im 14. und Lukas am 22. Kapitel.
69. Petrus aber saß draußen im Palast. Und es trat zu ihm eine Magd und sprach: Und du warst auch mit dem Jesu aus Galiläa.
Petrus: Jetzt folgt von dem schweren Fall Petrus, welchen auch Markus im 14. und Lukas am 22. und Johannes im 18. Kapitel beschreiben.
Aus Galiläa: Du bist auch ein Ketzer, und einer von seinen Jüngern.
70. Er leugnete aber vor ihnen allen und sprach: Ich weiß nicht, was du sagst.
Was sagst du sagst: Ich verstehe Deine Meinung nicht und muss nicht antworten.
71. Als er aber zur Tür hinausging, sah ihn eine andere und sprach zu denen, die da waren: Dieser war auch mit dem Jesu von Nazareth.
72. Und er leugnete abermal und schwur dazu: Ich kenne den Menschen nicht.
Menschen nicht: Und habe niemals mit ihm zu tun gehabt. Denn wir machen kein Ende mit dem Sündigen, bis uns Gott wiederum zurückzieht.
73. Und über eine kleine Weile traten hinzu, die da standen, und sprachen zu Petrus: Wahrlich, du bist auch einer von denen; denn deine Sprache verrät dich.
Da standen: Die auf den Dienst ihrer Herren warteten.
74. Da fing er an sich zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne den Menschen nicht. Und alsbald krähte der Hahn.
Verfluchen: Dass er ihm alles Unglück auf den Hals wünscht, wenn er den Jesum von Nazareth jemals gekannt hätte. Hier sieht man, wie Petrus nach und nach von einer Sünde in die andere und immer schwerer fällt. Denn er zuerst Christus einfach verleugnet, später einen Schwur dazu tut, zuletzt sich selber auch verflucht. Und sieht man auch bei seinem Beispiel, was für ein wichtiges Ding es ist um das menschliche Vertrauen. Darum sollen wir Gott um Kraft und Hilfe ersuchen.
75. Da dachte Petrus an die Worte Jesu, da er zu ihm sagte: Ehe der Hahn krähen wird, wirst du mich dreimal verleugnen. Und ging hinaus und weinte bitterlich.
Weinte bitterlich: Über seinen sündigen Fall. An diesem Beispiel Petri haben alle bußfertigen Sünder, besonders aber, welche aus Schwachheit das Evangelium verleugnet haben, einen Trost, dass sie nicht verzagen. Denn der Petrus verziehen hat und seine so oft wiederholte, dazu mit Eid bestätigte Verleugnung ihm nicht zurechnete, der wird auch allen denen, die wahrhaftig Buße tun, ihre Sünden vergeben und nachlassen. Denn es ist große Freude über einen Sünder, der Buße tut, als über 99 Gerechte, die der Buße nicht bedürfen {Lk 15}. Darum sollen wir unsere Sünden bereuen und unser Vertrauen auf den Mittler Christus setzen, so werden wir auch mit Petrus zu Gnaden aufgenommen werden.
Das 27. Kapitel
- Christus wird dem weltlichen Richter Pilatus vorgestellt. Judas verzweifelt und erhängt sich selbst. Für die dreißig Silberlinge, welche Judas in den Tempel warf, wird ein Töpferacker gekauft zum Begräbnis der Pilger. Als Pilatus dem Volk die Wahl gibt, ziehen sie Barrabas Christo vor. Pilatus wäscht die Hände, meint damit die Schuld des vergossenen unschuldigen Blutes auf die Juden allein zu schieben. Lässt aber Christus geißeln, und treiben die Kriegsleute allen Mutwillen mit ihm. Simon von Kyrene wird gezwungen, dass er das Kreuz nachtragen muss. Als Christus dürstet, wird ihm Essig mit Galle vermischt gegeben. Seine Kleider werden geteilt, und wird ihm am Kreuz allerhand Schmach angetan. Darauf geschehen etliche Wunderzeichen, vor und nach dem Tode Christi. Christus wird begraben. Und das Grab wird mit Hütern verwahrt.
1. Des Morgens aber hielten alle Hohepriester und die Ältesten des Volkes einen Rat über Jesum, dass sie ihn töteten {Mk 15v1 Lk 22v66 Joh 18v28}.
Morgens: Nach dem nächtlichen Konsilium wird am nächsten Tag sehr früh dieses wieder zusammen gefordert, da eine viel größere Versammlung vornehmer Personen sich fand, als die vorige Nacht beieinander gewesen waren. Denn sich dort eingefunden hatten alle Hohepriester, Schriftgelehrten, Pharisäer und vornehmsten Ratsherren, wie die anderen Evangelisten bezeugen. Es war aber in diesem Konsilium eben das wiederholt, was in der vorigen Nacht verhandelt und beratschlagt wurde. Nämlich, dass sie Christus mit Verleumdungen beschweren und zum Tode verdammten, welches alles Matthäus mit wenig Worten beschreibt.
Über Jesum: Sie haben ihn aber wiederum gefragt, ob er Christus, der Sohn Gottes sei, und da er das bekannt hatte, haben sie ihn als einen Gotteslästerer öffentlich beschuldigt und verurteilt, dass er des Todes wert sei. Dies erzählen auch Lukas weitläufig im 22. Kapitel und Markus etwas kürzer im 13. Kapitel. Es ist aber Christus vom jüdischen Konsilium zum Tode verurteilt worden, auf dass wir vor dem Gottes Gericht freigesprochen würden. Und es soll uns heutigentags auch nicht wundern, wenn die römischen Päpste und ihre Gesandten auf den Konzilien diese Lehre Christi verdammen. Denn es ist diese Ratsversammlung der Juden dem Konsilium zu Trient sehr gleich gewesen. Der Hohepriester hatte das höchste Ansehen bei allen Juden, seine Beisitzer waren anstatt der Lehrer im geistlichen Recht, man ging nicht darauf aus, dass man die Sache begehrte zu erörtern, sondern dass Christus mit seinem Evangelium verdammt würde. Ebenso ist es im Konsilium zu Trient auch zugegangen. Darum wir diese Verbannung für nichtige Larven halten sollen.
2. Und banden ihn, führten ihn hin und überantworteten ihn dem Landpfleger Pontius Pilatus.
Banden ihn: Nachdem sie das Urteil des Todes über Christus ausgesprochen hatten.
Landpfleger: Der Römer. Denn sie durften damals niemand töten, deshalb sie den römischen Landpfleger darum ersuchten. Ebenso begehren auch die Päpste zu Rom von weltlichen Obrigkeiten, dass sie die Satzungen des Konsilium zu Trient handhaben und vollstrecken sollen.
3. Da das sah Judas, der ihn verraten hatte, dass er verdammt war zum Tode, reute es ihn und brachte wieder die dreißig Silberlinge den Hohepriestern und den Ältesten
4. und sprach: Ich habe übel getan, dass ich unschuldig Blut verraten habe.
Übel getan: Denn das Gewissen wacht endlich auf, und beschuldigt den Sünder zum höchsten.
5. Sie sprachen: Was geht uns das an? Da siehe du zu! Und er warf die Silberlinge in den Tempel, hob sich davon, ging hin und erhängte sich selbst {Apg 1v18}.
Das an: Dass Du Dir darüber ein Gewissen machst, wir sind froh, dass wir unseren Feind in Händen haben.
Du zu: Wie Du Dein Gewissen stellst, Du hast ihn uns überliefert, wir achten es wenig, wie Du Gott dem Herrn darüber wärst Rechenschaft geben, und ob Du ihn für schuldig oder unschuldig hältst. Denn welche der Welt zu gefallen Gott erzürnen, die werden danach von der Welt verspottet.
Erhängte sich: Wir sollen uns darum vor dem Geiz hüten. Denn der Reichtum macht den Menschen nicht selig. Und was unrecht erworben ist, dass sticht das Gewissen sehr.
6. Aber die Hohepriester nahmen die Silberlinge und sprachen: Es taugt nicht, dass wir sie in den Gotteskasten legen; denn es ist Blutgeld.
Gotteskasten: Zum Heiligen Schatz, daraus man das Geld zur Unterhaltung des Gottesdienstes wahrnimmt.
Blutgeld: Damit eines Menschen Leib zum Tode verkauft wurde. Besorgten sich also die Hohepriester, dass sie möchten eine große Sünde begehen, wenn sie das Blutgeld zum heiligen Schatz legten. Glaubten aber nicht, dass sie sündigten, indem sie einen heiligen und unschuldigen Menschen zum Tode verdammten. Denn die Heuchler sieben Mücken sind, und verschlucken Kamele {Mt 23}.
7. Sie hielten aber einen Rat und kauften einen Töpferacker darum zum Begräbnis der Pilger.
Der Pilger: Wenn jemand von den Heiden nahe bei Jerusalem stürbe, dass er auf den Acker begraben würde.
8. Daher ist dieser Acker genannt der Blutacker bis auf den heutigen Tag.
Heutigen Tag: Da dieses von dem Evangelisten Matthäus beschrieben wurde.
9. Da ist erfüllt, was gesagt ist durch den Propheten Jeremia, da er spricht: Sie haben genommen dreißig Silberlinge, damit bezahlt ward der Verkaufte, welchen sie kauften von den Kindern Israel,
Jeremia: Soll Zacharias heißen, der diesen Spruch hat (Kapitel 3), und bezeugt diesen prophetischen Spruch, dass der Sohn Gottes um dreißig Silberlinge sollte verkauft und dieses Geld später zu einem Töpferacker verwendet werden. Da aber Christus, der Sohn Gottes, um eine solche schlechte Summe Geldes von unseren wegen hat wollen geschätzt werden, sollen wir wissen, wenn wir wahrhaftig an Christus glauben, dass wir dagegen vor dem himmlischen Vater geachtet sind, und unterdes geduldig leiden, wenn die Welt nichts von uns hält und uns als einen Fluch ausschreit.
10. und haben sie gegeben um einen Töpferacker, als mir der Herr befohlen hat.
11. Jesus aber stand vor dem Landpfleger. Und der Landpfleger fragte ihn und sprach: Bist du der Juden König? Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst es.
Landpfleger: Pontius Pilatus, von der weltlichen Obrigkeit. Dies melden auch Markus 15, Lukas 23 und Johannes im 18. Kapitel.
Juden König: Denn es sagen etliche, Du gibst Dich für der Juden König aus. Es haben aber die Welt Kinder viel mehr Sorgen dazu, dass nicht jemand eine Herrschaft anfange, als sich damit zu besorgen, damit die Leute nicht etwa durch falsche Lehre zur Hölle gestürzt werden.
Du sagst: Und hast recht geredet, denn ich bin der Juden König.
12. Und da er verklagt ward von den Hohepriestern und Ältesten, antwortete er nichts.
Und Ältesten: Welche, wie die anderen Evangelisten melden, ihn verlästern, dass er das Volk zum Aufruhr bewegte, und verbiete, dem Kaiser Steuern zu geben.
Nichts: Denn es war beides eine ganz öffentliche Lüge, dass auch seinen Feinden dieses widerwärtige Spiel bewusst war. Ist es darum nötig, dass wir uns offenbarer Lügen immer verantworten und entschuldigen. Es ist aber Christus des Aufruhrs fälschlich beschuldigt worden, auf dass er die aufrührerischen Gedanken, Anschläge und Vorhaben büßte.
13. Da sprach Pilatus zu ihm: Hörst du nicht, wie hart sie dich verklagen?
Verklagen: Und was sie Dir für Übeltaten anlegen? Denn es nahm dem Landpfleger Wunder, dass er sich so gar nicht begehrte zu verantworten, da er doch auf Leib und Leben angeklagt war. Und ist zwar löblich, dazu einer Obrigkeit Amt wegen zum höchsten nötig, dass sie beide Parteien höre.
14. Und er antwortete ihm nicht auf ein Wort, also dass sich auch der Landpfleger sehr verwunderte.
Ihm nicht: Und widersprach auch keinem der ihm vorgeworfenen Laster, weil es ihm nicht unbekannt war, dass der Landpfleger selber sehr gut wusste, dass es lauter Lügen und Verleumdungen waren, was man ihm anlegte. So hat er auch der Ursache wegen geschwiegen, weil er nicht begehrte, losgesprochen zu werden, damit er das Werk unserer Erlösung vollführte und zu Ende brächte.
Verwunderte: Warum er sich nicht entschuldigte und sein Leben zu retten begehrte. Denn die Kinder dieser Welt meinen, man solle viel tun, um das zeitliche Leben zu erhalten, als dass man sein Amt treulich ausübte.
15. Auf das Fest aber hatte der Landpfleger die Gewohnheit, dem Volk einen Gefangenen loszugeben, welchen sie wollten.
Sie wollten: Die Juden. Diese Geschichte erzählen Markus im 15., Lukas im 23., und Johannes im 18. Kapitel. Er kann aber erkennen, dass die Juden solches erdacht hatten, damit sie das Osterfest desto herrlicher und ansehnlicher machten, welches zum Gedächtnis der Erlösung aus Ägypten eingesetzt war. Aber ihr Tun hatte nicht genügend Gründe. Denn das Gesetz Mose befahl, dass man die Übeltäter sollte am Leben strafen, und sie auf keinen Fall frei machen. So ist es eine unzeitige Gnade, wenn man der bösen Buben schont, auf das fromme und ehrliche Leute, ihretwegen desto mehr in Gefahr kommen.
16. Er hatte aber zu der Zeit einen Gefangenen, einen sonderlichen vor andern, der hieß Barabbas.
Sonderlichen: (Nach Luther) Matthäus will sagen, dass Pilatus den ärgsten Mörder vorgeschlagen hat, damit die Juden nicht mehr für ihn bitten könnten. Aber sie hätten eher den Teufel selbst losgegeben, ehe sie Gottes Sohn freigelassen. So geht es noch heutigen Tages immer weiter.
Barrabas: Welcher einen Aufruhr mit Mord begangen hatte.
17. Und da sie versammelt waren, sprach Pilatus zu ihnen: Welchen wollt ihr, dass ich euch losgebe, Barabbas oder Jesus, von dem gesagt wird, er sei Christus?
Christus: (Nach Luther) Pilatus redet höhnisch zu den Juden und spricht: Ihr sagt, dieser sei Christus, das heißt, König (wie ihr es nennt). Ich sehe aber, dass er ein armer unschuldiger Mensch ist.
18. Denn er wusste wohl, dass sie ihn aus Neid überantwortet hatten.
Aus Neid: Denn er hatte nichts Böses getan. Darum stellt er Christus einen ganz bösen Buben und verschrien Menschen an die Seite, in der Hoffnung, die Juden würden einen unschuldigen Menschen, der ihnen viel Gutes erzeigt hatte, einem Mörder und Übeltäter nicht vorziehen. Dies Zeugnis Pilatus, dass er gewusst, wie Christus aus Neid wäre ihm zum Tode überantwortet worden, zeigt an, dass Christus nicht um seiner, sondern um unsere Sünde willen gelitten hat.
19. Und da er auf dem Richterstuhl saß, schickte sein Weib zu ihm und ließ ihm sagen: Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten; ich habe heute viel erlitten im Traum von seinetwegen.
Und: Jetzt folgt noch ein anderes Zeugnis der Unschuld Christi.
Gerechten: Jesus von Nazareth, und hüte Dich, dass Du Dich nicht an ihn vergreifst.
Seinetwegen: Weil ich gemerkt habe, dass er ohne sein Verschulden gefangen, und zum Tode geführt werde, darum entschuldige Dich nicht, wenn Du ein ungerechtes Urteil über ihn fällst, Du vielleicht dessen einmal bezahlen musst. Also weiß Gott unsere Unschuld an den Tag zu bringen, wenn wir nicht daran gedenken.
20. Aber die Hohepriester und die Ältesten überredeten das Volk, dass sie um Barabbas bitten sollten und Jesum umbrächten.
Aber: Jetzt folgt wiederum ein Vergleich von Barrabas mit Christus.
Umbrächten: Oder begehrten, dass er umgebracht würde. Dies melden auch Markus, 15 und Lukas, 23. Denn Christus hat keine ärgeren Feinde, als die Heuchler, wie heutigentags die Jesuiten sind.
21. Da antwortete nun der Landpfleger und sprach zu ihnen: Welchen wollt ihr unter diesen zweien, den ich euch soll losgeben? Sie sprachen: Barabbas.
22. Pilatus sprach zu ihnen: Was soll ich denn machen mit Jesu, von dem gesagt wird, er sei Christus? Sie sprachen alle: Lass ihn kreuzigen!
Er sei Christus: (Nach Luther) Johannes deutet dieses Wort so: Soll ich euren König kreuzigen?
23. Der Landpfleger sagte: Was hat er denn Übels getan? Sie schrien aber noch mehr und sprachen: Lass ihn kreuzigen!
Übles getan: Da ihr ihn so schnell tot haben wollt. Ich finde keine Ursache des Todes an ihm.
Schrien: Wie viel meint man aber wohl, dass unter diesen Schreiern gewesen sind, die kurz zuvor am Palmtage dem Herrn Christus zugeschrien: Hosianna dem Sohn Davids, gelobt sei der da kommt im Namen des Herrn. Darum soll man sich auf die allgemeine Gunst des Volkes nicht verlassen, weil es etwas ganz Unbeständiges ist und bald eines anderen Sinnes wird. Es hat aber Christus gewollt, dass ihm ein Übeltäter vorgezogen und dieser freigesprochen würde, auf dass die Übeltäter, wenn sie Buße tun, durch die Kraft des Verdienstes Christi vor dem Gericht Gottes frei- und losgesprochen werden.
24. Da aber Pilatus sah, dass er nichts schaffte, sondern dass ein viel größeres Getümmel ward, nahm er Wasser und wusch die Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig an dem Blut dieses Gerechten; seht ihr zu!
Nichts schaffte: Obwohl er fleißig dahin gearbeitet hatte, dass er Jesum freimachte, und der Juden Gemüter begütigen möchte. Besonders die anderen Evangelisten erzählen, dass Pilatus allerlei versuchte, ob er ihn freimachen könnte.
Sehe ihr zu: Wie ihr Gott und den Menschen dieser unschuldigen Person wegen werdet einmal Rechenschaft geben. Denn ich will hiermit öffentlich bezeugen, dass er mit meinem Willen nicht gekreuzigt werde. Dies sagen auch Markus, 15, Lukas, 23 und Johannes im 19. Kapitel. Aber Pilatus, der sonst bei anderem Personal und bösem Handel konnte es abwehren und richten, hätte auch hier Mittel und Wege sollen zu finden wissen, wie er diesen unschuldigen Menschen aus ihren Händen errettet hätte. Jedoch weil die Juden geschrien hatten (besonders die anderen Evangelisten bezeugen), lässt Du diesen frei, so bist Du des Kaisers Freund nicht, hat er viel lieber Gott erzürnt, als in des Kaisers Ungnade gefallen wollen, obwohl er später wegen anderer Ursachen beim Kaiser in Ungnade gekommen, und im Elend sterben musste. Und sieht man bei diesem Beispiel, wie die weltlichen Tugenden bei einem Menschen, der nicht recht gottesfürchtig ist, keinen Bestand haben, sondern leicht verschwinden, wenn er wider seinem Gewissen handelt. Welche auch der Menschen Gunst höher achten als Gottes Gnade, die werden später eben von den Leuten, welchen sie zu Gefallen gesündigt haben, geplagt und verfolgt. Darum sollen wir allein auf Gott und nicht auf Menschen sehen.
25. Da antwortete das ganze Volk und sprach: Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder!
Unsere Kinder: Gott der Herr räche und strafe es an uns und unsere Nachkommen, wenn diesem Menschen nicht der Tod geschieht. Du Pilatus, musst Dich deswegen nicht bekümmern, wir wollen die Strafe für Dich leiden, folge uns, dass Du ihn zu kreuzigen verurteilst. Mit diesem Gottlosen Wunsch haben die Juden ihnen und allen ihren gottlosen Nachkommen schreckliche Strafen über den Hals gezogen, dass sie von Gott verstoßen sind, im Elend herumziehen, dazu in großer Verachtung ein jämmerliches Leben führen.
26. Da gab er ihnen Barabbas los; aber Jesum ließ er geißeln und überantwortete ihn, dass er gekreuzigt würde.
Geißeln: Nämlich, bevor er da einwilligte, dass Christus zu kreuzigen übergeben würde, hat er ihn zuvor mit Geißeln jämmerlich zurichten lassen und ihn später den Juden vorgeführt, dass ihm das Blut am Leibe herunterrann, auf dass sie zum wenigsten durch solch ein elendes Spektakel zum Mitleiden bewegt würden. Aber es war solches auch vergebens. Darum er den unschuldigen Christus viel lieber wollte kreuzigen lassen, als sich seinetwegen in eine vermutete Gefahr zu stürzen. Ist darum Christus vor dem weltlichen Gericht unschuldig zum Tode verdammt worden, auf dass wir vor Gottes Gericht von unseren Sünden freigesprochen werden, und das ewige Leben erlangen. Und es solches ist nichts Neues in der Welt, dass die Schuldigen freigesprochen und die unschuldigen Christen getötet werden. Aber solche Richter werden mit Pilatus in die höllische Pein verstoßen werden.
27. Da nahmen die Kriegsknechte des Landpflegers Jesum zu sich in das Richthaus und sammelten über ihn die ganze Schar.
Richthaus: An einem besonderen Ort, der ihnen meinte, dazu gut gelegen zu sein.
Ganze Schar: auf dessen von vielen desto mehr mit Gespött und Verhöhnung herumgezeigt würde. Gerade als ob er nicht bereits Schmach und Schmerzen genug gelitten hätte, und es an dem ohnehin schon zu viel war, dass man ihn zum Tode verurteilt hatte. Aber wie zuvor die Knechte der Hohepriester nach ihrem nächtlichen Konsilium das Urteil über ihn gefällt hatten, meinten sie, sie müssten ihm alle Schmach anlegen, die sie nur erdenken könnten. Also gehen auch jetzt die Kriegsleute, nachdem vor dem weltlichen Gericht der Stab über ihn gebrochen wurde, ganz unbarmherzig mit ihm um, als ob es am kreuzigen nicht genug gewesen wäre. Dies erzählt auch Markus im 15. Kapitel.
28. Und zogen ihn aus und legten ihm einen Purpurmantel an
Purpurmantel an: Zum Gespött und umso größerer Schmach. Hier hat Christus den Überdruss und das üppige Wesen an der Kleidung gebüßt.
29. und flochten eine Dornenkrone und setzten sie auf sein Haupt und ein Rohr in seine rechte Hand und beugten die Knie vor ihm und verspotteten ihn und sprachen: Gegrüßt seist du, der Juden König!
Haupt: Weil er sich für einen König der Juden ausgegeben hatte.
Gegrüßt: Hier hat Christus unseren Ehrgeiz gebüßt.
30. Und spuckten ihn an und nahmen das Rohr und schlugen damit sein Haupt.
Schlugen: Also, dass die Stacheln von den Dornen dem Herrn Christus ins Haupt drangen, daraus das Blut häufig floss. Er ist aber geschlagen und verwundet worden um unsere Sünde willen, und durch seine Wunden sind wir geheilt {Jes 53 1Petr 2}.
31. Und da sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Mantel aus und zogen ihm seine Kleider an und führten ihn hin, dass sie ihn kreuzigten.
Seine Kleider: Es hat aber Gott gewollt, dass Christus in seinen und nicht in fremden Kleidern zum Tode geführt würde, auf das ihn jedermann erkennen könnte, und man es nicht dafür hielt, es wäre ein anderer für ihn gekreuzigt, wie der türkische Koran lügt. Heutigentags treiben auch etliche Kriegsleute das Gespött mit Christus, wenn sie mit schrecklichen Lästerungen entweder Gott, und mit Tyrannei wider den Nächsten toben.
32. Und indem sie hinausgingen, fanden sie einen Menschen von Kyrene mit Namen Simon; den zwangen sie, dass er ihm sein Kreuz trug.
Gingen: Dass sie Christus zur Wallfahrt führten, da er sollte gekreuzigt werden.
Zwangen sie: Da er sich dessen am wenigsten versah und ohne Ahnung vom Feld kam, dass er in die Stadt ginge.
Trug: Solches melden auch die anderen zwei Evangelisten, Markus 15 und Lukas 23. Denn als Christus sein Kreuz einen guten Teil des Weges selber getragen hatte, und es sich mit ihm ansehen ließ, als würde er ganz matt und kraftlos, besorgten sie sich, dass sie ihn etwa nicht lebendig konnten an das Kreuz bringen, und er sterben möchte, ehe er gekreuzigt würde. Hatten also die Gottlosen überhaupt kein Mitleiden mit Christo und seinen Gliedern, dass sie derselben Angst und Schmerzen viel größer machen, als zu lindern begehrten. Gleichwie aber dieser Simon das Kreuz gezwungen tragen musste, also nimmt auch unser Fleisch das Kreuz Christi mit großem Unwillen auf sich.
33. Und da sie an die Stätte kamen mit Namen Golgatha, das heißt verdeutscht Schädelstätte,
Schädelstätte: Da viele Schädel oder Hirnschalen lagen von den Übeltätern, die vorher dort gerichtet wurden. Solches beschreiben auch Markus im 15. und Lukas am 23. Kapitel. Denn es hat Christus an dem abscheulichen Ort der Übeltäter den Tod leiden wollen, auf dass er uns die ewige Herrlichkeit erwerbe. (Nach Luther) Schädelstätte heißt, da man die Übeltäter richtet, wo der Galgen mit viel Totenköpfen sich befindet.
34. gaben sie ihm Essig zu trinken, mit Galle vermischt; und da er es schmeckte, wollte er nicht trinken.
Zu trinken: Als ihn dürstete, da man doch sonst die Übeltäter, so zum Tode geführt werden, mit starkem und lieblichem Wein zu laben pflegte. Damit ja keine Unbarmherzigkeit an Christus unterlassen würde. Und hat hier Christus für unser Übermaß und Trunkenheit seinem himmlischen Vater genuggetan.
35. Da sie ihn aber gekreuzigt hatten, teilten sie seine Kleider und warfen das Los darum, auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten: Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und über mein Gewand haben sie das Los geworfen.
Gekreuzigt hatten: Und indem er am Kreuz hing, sie ihm viel Schmach anlegten. Es hat aber Christus am Kreuz sterben wollen. Weil die Schrift spricht: Verflucht ist jedermann, der am Holz hängt {5Mos 22}. Darum hat auch Christus am Holz gehangen als ein verfluchter Mensch, auf dass er uns vom Fluch des Gesetzes erlöste {Gal 3}. Denn gleichwie Mose in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also musste auch des Menschen Sohn erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben {Joh 3}. Wir aber sollen zur Dankbarkeit unseren alten Adam kreuzigen, auf das er seine Begierde nicht erfüllen kann, nach dem Spruch des Apostel Paulus: Welche Christus angehören, die kreuzigen ihr Fleisch samt den Lüsten und Begierden {Gal 5}.
Teilten: Die Kriegsknechte unter dem Kreuz und ließen Christus zusehen.
Los darum: Nämlich, um den Rock, welcher aus einem Stück und ungenäht war.
Propheten: David, der in der Person Christi solche Worte redet {Ps 22}. Es ist aber dies nicht eine geringe Schmach gewesen, dass man um die Kleider Christi gespielt hat, und hat Christus sich seiner Kleider berauben lassen, auf das wir mit seiner Gerechtigkeit und Unschuld bekleidet würden. Denn wie viel euer in Christo getauft sind, die haben Christus angezogen, wie Paulus spricht {Gal 3}. Wenn wir aber auch unseres Hausrates und unsere Güter um Christi willen beraubt werden, so sollen wir es geduldig leiden: Denn wir werden es hundertfältig wieder empfangen, und das ewige Leben dazu.
36. Und sie saßen allda und hüteten sein.
Hüteten sein: Nämlich, die Kriegsknechte, bis er stürbe, auf dass niemand käme, und ihn zu erlösen sich unterstände.
37. Und oben zu seinem Haupt hefteten sie die Ursache seines Todes beschrieben, nämlich: Dies ist Jesus, der Juden König.
Juden König: Dieses erzählen auch Markus im 15, Lukas im 23 und Johannes im 19. Kapitel. Und hat Pilatus die Überschrift den Juden zu Spott und Verachtung in lateinischer, griechischer und hebräischer Sprache bezeichnet. Aber Gott hat des Pilatus Sinn regiert, dass er unwissend der Wahrheit Zeugnis gegeben. Denn Christus ist wahrhaftig der König, welchen Gott den Israeliten verheißen hatte. Es ist auch die Überschrift in drei Sprachen geschrieben, anzuzeigen, dass das Evangelium von dem himmlischen König Christo sollte ausgebreitet werden in der ganzen Welt, und wer diesem König seine Seele zu bewahren befiehlt, der wird durch keine List des Teufels Schaden nehmen.
38. Und da wurden zwei Mörder mit ihm gekreuzigt, einer zur Rechten und einer zur Linken.
Linken: Als ob Jesus der allergrößte Mörder wäre. Er hat aber gewollt, dass er unter die Mörder gehängt wird, auf dass wir unter die Kinder Gottes gezählt werden.
39. Die aber vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe
Lästerten ihn: Wie auch Markus und Lukas in den oben angeführten Orten bezeugen.
40. und sprachen: Der du den Tempel Gottes zerbrichst und baust ihn in drei Tagen, hilf dir selber! Bist du Gottes Sohn, so steig herab vom Kreuz.
Dir selber: Bring dich nun selber aus der Gefahr und befreie Dich von dieser Marter, so Du kannst.
41. Desgleichen auch die Hohepriester spotteten sein samt den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen:
Hohepriester: Welche nur darum hinausgegangen waren, auf dass sie mit dem Blick auf die Mater Christi ihr boshaftes Gemüt an ihm kühlten.
42. Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen. Ist er der König Israels, so steige er nun vom Kreuz, so wollen wir ihm glauben.
Geholfen: Und so viele Leute von ihrer Krankheit gesund gemacht.
Nicht helfen: Warum schafft er sich nicht selber Rat, der anderen so viel geraten und geholfen hat?
König Israel: Der versprochen den Messias und Heiland der Welt.
Glauben: Dass er dieser Mann ist, von dem die Propheten geweissagt haben, dass er kommen werde.
43. Er hat Gott vertraut, der erlöse ihn nun, lüstet es ihn; denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn {Ps 22v9}.
Lüstet es ihn: Dass er ihn liebt und ein Wohlgefallen an ihm hat.
Gottes Sohn: Solches beweise er jetzt mit der Tat, dass er wahrhaftig der Sohn Gottes ist, für den sein himmlischer Vater Sorge trage.
44. Desgleichen schmähten ihn auch die Mörder, die mit ihm gekreuzigt waren.
Mörder: Von denen doch einer sich noch vor seinem Tode zu Christus bekehrt hat, wie der Evangelist Lukas meldet. Da aber Christus diese Lästerungen geduldet, hat er der Menschen Gotteslästerungen und Flüche damit gebüßt. Wenn darum gottlose Leute auch uns in unserer Trübsal mit teuflischen Schmach- und Lästerworten anfahren, so sollen wir es geduldig leiden und nicht verzweifeln; wir werden desto größere Ehre im Himmel bekommen. Denn der Knecht ist nicht größer als sein Herr.
45. Und von der sechsten Stunde an ward eine Finsternis über das ganze Land bis zu der neunten Stunde.
Sechsten: Welches bei uns mittags um 12 Uhr ist.
Neunte: Das ist bei uns um 3 Uhr. Dies erzählen auch Markus im 15. und Lukas am 23. Kapitel. Es ist aber diese Finsternis der Sonne nicht natürlich gewesen, weil das Osterfest auf dem Vollmond gehalten werden musste; sondern es hat die Sonne durch ein besonderes Wunderwerk der Erde ihren Schein entzogen und den Tod des Schöpfers nicht ansehen wollen. So hat auch diese Finsternis bedeutet, die Verblendung des jüdischen Volkes, welche später erfolgen würde.
46. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut und sprach: Eli, Eli, lama asabthani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Eli: Diese Worte sind aus dem 22. Psalm genommen. Dort wird ein großer Teil des Leidens Christi erzählt. Christus aber, als ein Mensch, hat sich in solcher Trübsal von Gott verlassen gefühlt, nicht dass er verzagt, sondern weil er keine äußerliche Hilfe empfunden. Und hat Christus diese schwere Anfechtung erlitten, auf dass wir in Anfechtungen nicht verzagen. Und wenn wir meinen, wir sind nicht allein von Menschen, sondern auch von Gott verlassen, so sollen wir doch die Hoffnung behalten und nicht zweifeln, es werde der Trost darauf folgen, dass wir unsere Seele Gott befehlen können.
47. Etliche aber, die da standen, da sie das hörten, sprachen sie: Der ruft den Elia.
Hörten: Wie Christus die Worte des Psalms ausschrie. Sie verstanden die hebräische Sprache wohl, welche von der syrischen, so damals gebräuchlich, nicht sehr unterschieden war, so spotteten sie dennoch Christus, und stellten sich, als hätten sie es nicht verstanden. Denn der Satan freut sich, wenn er Christi und seiner Glieder spotten kann. Aber es wird ihnen darum nicht geschenkt werden.
48. Und bald lief einer unter ihnen, nahm einen Schwamm und füllte ihn mit Essig und steckte ihn auf ein Rohr und tränkte ihn.
Tränkte ihn: Auf dass erfüllt würde, was geschrieben steht im 69. Psalm: Sie geben mir Galle zu essen, und Essig zu trinken in meinem großen Durst. Womit Christus, der wiederum unsere Schwelgereien versöhnen wollte, nicht einen Schluck Wein haben konnte, dadurch er seine großen Schmerzen hätte lindern können.
49. Die andern aber sprachen: Halt, lass sehen, ob Elia komme und ihm helfe!
Elias komme: Weil er Elias geschrien hatte. Wir sollen uns aber hüten, dass wir der Elenden nicht spotten.
50. Aber Jesus schrie abermals laut und verschied.
Laut: Da er gesagt: Vater in Deine Hände befehle ich meinen Geist {Lk 22}.
Verschied: Es geben alle vier Evangelisten vom Tod Christi eine Nachricht. Und es ist Christus gestorben um unserer Sünde willen {Röm 4}. Auf dass dieselben durch den Tod des Sohnes Gottes versöhnt würden, und wir das ewige Leben bekommen. Er ist aber für alle gestorben, auf dass die, so da leben, weiter nicht sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist {2Kor 5}.
51. Und siehe da, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke, von oben an bis unten aus.
Und siehe: Jetzt folgt, was sich nach dem Tode Christi zugetragen hat. (Nach Luther) Hier wendet es sich und wird ein ganz neues Wesen. Wie denn der Prophet spricht: Seine Ruhe wird Ehre sein.
Unten aus: Wie Markus sagt in Kapitel 15 und Lukas am 23. Dieser Vorhang hing in dem allerheiligsten Teil des Tempels, darin niemand gehen durfte, denn nur der Hohepriester, und das nur einmal im Jahr. Warum solcher Vorhang zerrissen wurde, wird dadurch angezeigt, wie jetzt der rechte Hohepriester, Jesus Christus, in das Allerheiligste eingegangen ist, und der ganzen Welt Sünde versöhnt hat. Darum muss jetzt das levitische Priestertum abgetan werden, welches nur ein Vorbild und Schatten des Priestertums Christi gewesen ist.
52. Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und standen auf viele Leiber der Heiligen, die da schliefen,
Erbebte: So ein Erdbeben, dadurch die Gräber geöffnet wurden, bedeutet, dass durch die Kraft des Todes Christi die Erde die Toten nicht immer behalten kann.
Standen auf: Was jetzt Matthäus allein erzählt, ist nicht am gleichen Tage geschehen, da Christus gestorben, sondern am Tage seiner Auferstehung, und erzählt solches der Evangelist ihr zuvor.
53. und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die Heilige Stadt und erschienen vielen.
Seiner Auferstehung: Nämlich, nach der Auferstehung Christi ist dies alles geschehen. Denn Christus musste der Erstling werden, der von den Toten auferstand {1Kor 15}. Man hält es aber dafür, dass diese Heiligen, sobald nach Christo auferstanden, die Erzväter des Alten Testaments gewesen sind. Weil nun diese Heiligen von den Bürgern zu Jerusalem sind erkannt worden, da sie diese doch nie zuvor gesehen hatten, so ist kein Zweifel, es werden die Seligen im anderen Leben einander auch kennen.
54. Aber der Hauptmann und die bei ihm waren und bewahrten Jesum, da sie sahen das Erdbeben und was da geschah, erschraken sie sehr und sprachen: Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!
Aber: Der Evangelist wendet sich nun wieder zu dem, was sich weiter zugetragen hat, weil Christus noch am Kreuz hing: Welches auch von Markus im 15. und im 23. Kapitel bei Lukas erzählt wird.
Geschah: Dass nämlich die Felsen zerrissen, weil Gott zornig war, dass man den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt hatte.
Gewesen: Den wir gekreuzigt haben. Darum haben wir uns ganz grob an Gott versündigt. Welche deswegen den lebendigen Christus gekreuzigt hatten, die erkennen ihn jetzt, da er tot ist, tun Buße und werden gläubig. So wird auch die Kirche durch Verfolgungen nicht vertilgt, sondern nur mehr ausgebreitet. Und hat Gott auch unter den Kriegsleuten seine Auserwählten.
55. Und es waren viel Weiber da, die von ferne zusahen, die da Jesu waren nachgefolgt aus Galiläa und hatten ihm gedient,
Gedient: Haben also diese frommen Frauen Christus in großen Ehren gehalten, sowohl zu seinen Lebzeiten als im Tode. Davon schreiben auch Markus im 15. und Lukas am 23. Kapitel.
56. unter welchen waren Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus und Josefs, und die Mutter der Kinder des Zebedäus.
Kinder Zebedäus: Jakobus und Johannes. Diese sahen der Kreuzigung Christi von ferne zu. Denn wenn uns Trübsal überfällt, so sehen auch oft die rechten Freunde von ferne unserem Unfall zu, welches doch noch zu erleiden ist, wenn sie sich nur nicht zu unseren Feinden schlagen.
57. Am Abend aber kam ein reicher Mann von Arimathia, der hieß Joseph, welcher auch ein Jünger Jesu war.
Am: Das Begräbnis Christi wird auch von allen vier Evangelisten beschrieben, wie Markus 15/Lukas 22 und Johannes 19.
Joseph: Denn nicht in den Tod Jesu bewilligt hatte, obwohl er einer des Rates zu Jerusalem war {Mk 15 Lk 23}.
58. Der ging zu Pilatus und bat ihn um den Leib Jesu. Da befahl Pilatus, man sollte ihm ihn geben.
Leib Jesu: Dass er ihn möchte von dem Kreuz nehmen, und ehrlich zur Erde bestatten. Dieser zuvor heimliche Jünger Christi ist jetzt beherzter als die Apostel selbst, deren keiner sich des verstorbenen Christi annehmen durfte. Denn es geschieht oft, dass, welche zu Anfang in dem Bekenntnis Christi etwas furchtsam sind, zu den allergefährlichsten Zeiten die standhafteren Bekenner Christi werden, und wiederum, die zuvor sehr mutig und beherzt gewesen, später kleinmütig und verzagt werden.
Ihn geben: Nämlich den Leichnam Jesu, auf dass er bestattet würde.
59. Und Joseph nahm den Leib und wickelte ihn in eine reine Leinwand.
Leinwand: Welche vorher mit wohlriechenden Spezereien bestrichen war, wie die anderen Evangelisten melden. Ob nun wohl bei uns die verstorbenen Leichname nicht mit solchen Kosten zubereitet werden, wie zu Zeiten der Hebräer geschehen, so sollen wir doch unsere Toten ehrlich begraben, auf dass wir öffentlich bezeugen, wir glauben an eine Auferstehung der Toten.
60. Und legte ihn in sein eigen neues Grab, welches er hatte lassen in einen Felsen hauen, und wälzte einen großen Stein vor die Tür des Grabes und ging davon.
Neues Grab: Indem aber Christus in ein neues Grab gelegt wurde, hat er damit aller gottseligen frommen Christen Gräber geheiligt, dass sie Schlafkammern sind, in denen unsere Leiber ruhen, bis sie zur ewigen Seligkeit auferstehen {Jes 56}.
Großen Stein: Es hat aber Gott gewollt, dass das Grab mit einem großen Stein verschlossen würde, auf dass die Feinde nach der Auferstehung Christi mit keinem einzigen Schein der Wahrheit lästern könnten, man hätte seinen Leib heimlich weggetragen.
61. Es war aber allda Maria Magdalena und die andere Maria, die setzten sich gegen das Grab.
Andere Maria: Welcher kurz zuvor gedacht wurde, und haben diese beiden das Grab ihres lieben Herrn mit vielen Tränen angeschaut. Denn es bleibt in den Auserwählten der Glaube und die Liebe Gottes, auch bei viel großem Herzeleid, obwohl es manchmal das Ansehen hat, als sei dies ganz verloschen.
62. Des andern Tages, der da folgt nach dem Rüsttag, kamen die Hohepriester und Pharisäer sämtlich zu Pilatus
Des: Diese folgende Geschichte beschreibt der Evangelist Matthäus allein.
63. und sprachen: Herr, wir haben gedacht, dass dieser Verführer sprach, da er noch lebte: Ich will nach drei Tagen auferstehen.
64. Darum befiehl, dass man das Grab verwahre bis an den dritten Tag, auf dass nicht seine Jünger kommen und stehlen ihn und sagen zum Volk: Er ist auferstanden von den Toten, und werde der letzte Betrug ärger denn der Erste.
Der Erste: Denn das Volk würde ihn mit noch größerem ernstem Eifer anhängen, von dem sie glauben würden, dass er von den Toten auferstanden wäre, als sie getan, da er noch im Leben gewesen ist. Hier sieht man, wie ein unruhiges Ding es ist mit einem bösen Gewissen.
65. Pilatus sprach zu ihnen: Da habt ihr die Hüter; geht hin und verwahrt, wie ihr wisst.
Hüter: Und so gestatte ich, dass ihr aus meinen Kriegsleuten Hütern nehmen möget, welche und wie viele ihr wollt.
Ihr wisst: Dass ihr die Sache am besten ausrichten könnt, ich will es nicht verhindern.
66. Sie gingen hin und verwahrten das Grab mit Hütern und versiegelten den Stein.
Versiegelten: Damit kein Betrug oder eine Fälschung geschehe. Indem aber die Feinde des Evangeliums die Ehre Christi begehren, zu verdunkeln und zu verhindern, auch sein Gedächtnis zu vertilgen. So braucht Gott nach seiner unendlichen Weisheit, eben solch ein Tun zur Ausbreitung der Ehre Christi, dass dieser für den einzigen Messias und Erlöser des menschlichen Geschlechtes erkannt werde, welchen für sein allerheiligstes und heilsames Leiden sei Lob, Ehre und Preis in alle Ewigkeit, Amen.
Das 28. Kapitel
- Die Auferstehung Christi wird vielen bekannt. Christus zeigt an, wie ihm alle Gewalt gegeben sei im Himmel und auf Erden, und schickt die Jünger aus in die ganze Welt zu predigen und zu taufen, und verheißt uns seine völlige Gegenwart mit Hilfe und Trost.
1. Am Abend aber des Sabbats, welcher anbricht am Morgen des ersten Feiertages der Sabbate, kamen Maria Magdalena und die andere Maria, das Grab zu besehen.
Abend: (Nach Luther) Die Schrift fängt den Tag an am vergangenen Abend, und an diesem Abend Ende, ist der Morgen danach. Also spricht hier Matthäus: Christus sei am Morgen auferstanden, der des Abends Ende und Anbruch des ersten Feiertages war. Denn sie zählten die sechs Tage nach dem hohen Osterfest alle heilig und fingen an am nächsten nach dem Osterfest.
Anbricht: Das heißt, als der erste große Sabbat vorüber war, und der andere Feiertag des Morgens anbrach, an welchen Christus in aller Frühe auferstanden war. Weil nun die Auferstehung Christi von den Toten der Hauptpunkt unserer Seligkeit ist, so sollen wir seine Erscheinung und nach seiner Auferstehung fleißig kennenlernen, auf dass wir die Seligkeit, die uns dadurch erworben ist, gewiss ist. Es haben aber von der Auferstehung Christi die Propheten geweissagt, und ist diese auch mit etlichen Figuren im Alten Testament vorgebildet worden. So hat Christus selber häufig solche zuvor verkündigt. Darum lasst uns sehen, wie sie offenbart und bestätigt wurden.
Magdalena: Welche zuvor eine große Sünderin gewesen ist, aber später sich zu Christus bekehrt hat, von welcher auch Christus sieben Teufel ausgetrieben hat.
Gesehen: Das Vorhaben, dass sie Jesum salben wollten, wenn sie dazu kommen konnten, weil sie ihn für tot hielten. Wie auch Markus im 16., und Lukas am 24. Kapitel, sowie Johannes im 20. erzählen. Obwohl nun diese gottseligen Frauen sich irrten, indem dass sie Christus im Grabe suchten, so ist doch ihre gottselige Zuneigung gegen den Herrn Christus zu loben, dass sie ihm auch nach seinem Tode begehren, Ehre zu tun, und von der Liebe Christi durch keine Gefahr sich abhalten lassen. Denn es soll uns von der Liebe und Ehre Christi nichts abschrecken.
2. Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein von der Tür und setzte sich darauf.
Und siehe: Diese folgende Geschichte beschreibt Matthäus allein.
Kam: Mit einer besonderen Majestät, und herrlichem Ansehen, dass er die Auferstehung Christi offenbar mache. Darum er durch ein Erdbeben die Leute dazu aufmuntern wollte, seine Botschaft zu vernehmen. Gleich als wenn an einem hohen Fest die großen Glocken läuten, dass die Leute zur Anhörung der Predigt zusammenkommen sollen.
Hinzu: Zum Grabe, darin Christus gelegen war.
Setzte sich: Auf dass er denen, die zu ihm kamen, das leere Grab zeigte und von der Auferstehung Christi predigte. Denn Christus war bereits auferstanden.
3. Und seine Gestalt war wie der Blitz und sein Kleid weiß wie der Schnee.
Weiß: Denn die guten Engel nehmen solche Gestalten an, nachdem die Sache beschaffen ist, welche sie zu verrichten haben.
4. Die Hüter aber erschraken vor Furcht und wurden, als wären sie tot.
Tot: Da sie das Erdbeben gespürt, des Engels Majestät gesehen, sind sie darüber so bestürzt worden, dass sie nicht gewusst, wo sie waren, als wenn einer in einer Ohnmacht liegt. Es werden aber die Gottlosen von Gott erschreckt zu ihrem Verderben, und die Frommen zu ihrer Seligkeit.
5. Aber der Engel antwortete und sprach zu den Weibern: Fürchtet euch nicht; ich weiß, dass ihr Jesum, den Gekreuzigten, sucht.
Euch nicht: Denn ich bin nicht darum erschienen, dass ich euch schrecke, sondern dass ich euch Traurigen tröste und fröhliche Nachricht verkündige. Solches wird auch von den anderen Evangelisten erzählt. Denn die guten Geister pflegen die geängstigten und bekümmerten Herzen nicht noch mehr zu schrecken, sondern aufzurichten und zu trösten. Darum sollen die erschrockenen Gewissen einem solchen Geist nicht zuhören, der sie noch mehr schreckt.
6. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht die Stätte, da der Herr gelegen hat!
Nicht hier: Nämlich der Gestalt, wie ihr ihn sucht, dass er nicht tot wäre.
Auferstanden: Von den Toten, und lebt in himmlischer Herrlichkeit. Weil aber Christus auferstanden ist, so sind unsere Sünden versöhnt, und werden wir, als die wir durch den Glauben lebendige Glieder Christi sind, auch auferstehen zur ewigen Seligkeit {1Kor 15}. Wir sollen aber die Auferstehung und den Sieg Christi auch so betrachten, dass wir von Sünden geistlich auferstehen, und in einem neuen Leben wandeln {Röm 6}.
Gesagt hat: Zu seinen Jüngern, vor seinem Leiden. Verkündigt also der Engel nichts Neues, das mit den Worten Christi nicht stimmte. Darum soll man den Geistern nicht glauben, welcher etwas verkündigen, das mit der Heiligen Schrift, so bereits genügend bestätigt ist, nicht übereinkommt.
Seht die Stätte: So werdet ihr finden, dass der Ort leer sei, und dabei erkennen können, dass der Christus von den Toten wiederum erstanden ist.
7. Und geht eilend hin und sagt es seinen Jüngern, dass er auferstanden sei von den Toten. Und siehe, er wird vor euch hingehen nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt.
Seinen Jüngern: Es hat aber Christus die Frauen dazu erwählt, dass sie den Aposteln seiner Auferstehung verkündigen sollten, weil Gott zu seinem Tun einen schlechten Anfang braucht. Danach hat er auch damit anzeigen wollen, dass man das weibliche Geschlecht nicht verachten soll.
Sehen: Denn da er euch und vielen anderen erscheinen wird. Darum seht zu, dass ihr euch an diesem Ort verfügt. Es hat aber Christus zuvor gesagt, als er mit seinen Jüngern zum Ölberg gegangen, dass er nach seiner Auferstehung in Galiläer lebendig erscheinen würde, nicht der Meinung, dass er sich nirgends wollte sehen lassen, sondern dass er in Galiläer vielen Gläubigen zugleich sich erkennen geben wollte. Und er ist dort von mehr als fünfhundert Brüdern oder Christen zugleich gesehen worden, wie Paulus bezeugt {1Kor 15}. Von welcher Erscheinung auch am Ende dieses Kapitels etwas gesagt werden soll.
8. Und sie gingen eilend zum Grabe hinaus mit Furcht und großer Freude und liefen, dass sie es seinen Jüngern verkündigten. Und da sie gingen, seinen Jüngern zu verkündigen,
Eilend: Denn die gottseligen Frauen begehrten, die Apostel Christi solche Freude als erste teilhaftig zu machen. Weil der rechtschaffene Glaube durch die Liebe tätig ist {Gal 5}.
9. siehe, da begegnete ihnen Jesus und sprach: Seid gegrüßt! Und sie traten zu ihm und griffen an seine Füße und fielen vor ihm nieder.
Füße: Denn sie ihn schnell erkannten, und meinten, sie wollten ihn jetzt nicht mehr von sich lassen, weil sie ein so großes Verlangen bisher nach ihm gehabt haben. Wir behalten Christus recht, wenn wir an ihn glauben.
10. Da sprach Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündigt es meinen Brüdern, dass sie gehen nach Galiläa; dort werden sie mich sehen.
Euch nicht: Seid getrost und unerschrocken, es steht alles gut. Denn Christus ist den Frommen ein holdseliger Tröster und kein strenger Richter.
Brüdern: Den Aposteln, welche er seine Brüder nennt, trotzdem sie ihn schändlich verlassen hatten, zum Teil auch verleugnet. Hat aber damit anzeigen wollen, dass er die bußfertigen Sünder nicht nur zu Gnaden aufnehme, sondern auch für Brüder erkenne. Er erinnert uns mit seinem Beispiel, dass wir denen, die uns nicht beigestanden haben, von Herzen verzeihen sollen.
11. Da sie aber hingingen, siehe, da kamen etliche von den Hütern in die Stadt und verkündigten den Hohepriestern alles, was geschehen war.
Hütern: Die von den Menschen dazu bestellt waren, dass sie die Auferstehung Christi verhindern sollten, die müssen durch Gottes Vorsehung selbst Zeugnis geben. Und obwohl die Hohepriester sich unterstanden, solche der Hüter Aussage zu vertuschen, so ist doch die Wahrheit an den Tag gekommen. Also richtet Gott der Feinde Anschläge, die sie gegen die Wahrheit machen, dahin, dass es widersinnig ausgeht, und viel anders als die Gottlosen meinten.
12. Und sie kamen zusammen mit den Ältesten und hielten einen Rat und gaben den Kriegsknechten Geld genug
13. und sprachen: Sagt, seine Jünger kamen des Nachts und stahlen ihn, dieweil wir schliefen.
Schliefen: Aber diese Lügen hatten gar keinen Schein. Denn die Jünger, so voll Furcht waren, sich zu den gewappneten Kriegsleuten nicht halten dürfen, hätten auch den schweren Stein so stillschweigend nicht können abheben, dass keiner von den Hütern erwacht wäre.
14. Und wo es würde auskommen bei dem Landpfleger, wollen wir ihn stillen und schaffen, dass ihr sicher seid.
Auskommen: Dass ihr so fahrlässig Wache bei dem Grab gehalten habt, und er euch darum strafen würde.
Stillen: Dass er euer schone, und auch keine Strafe deshalb tue.
Sicher seid: Und euch nichts widerfahren soll. Denn man muss viel Lügen dazu gebrauchen, wenn man eine Lüge beschönigen will. Und sind die Feinde des Evangeliums so halsstarrig und verstockt, dass sie auch wider ihr Gewissen die öffentliche Wahrheit zu unterdrücken sich unterstehen.
15. Und sie nahmen das Geld und taten, wie sie gelehrt waren. Solches ist eine gemeine Rede geworden bei den Juden bis auf den heutigen Tag.
Gelehrt waren: Denn der Geiz ist eine Wurzel allen Übels, und wenn er den Menschen einmal besessen hat, so treibt der ihn zu allerlei Schande und Laster.
Tag: Da Matthäus dies beschrieben, dass, nämlich, die Jünger den Leib Jesu gestohlen hätten, und hat der allgemeine gottlose Haufen solche närrischen Lügen geglaubt. Denn der gottlose Pöbel glaubt der Lügen lieber und eher als der Wahrheit.
16. Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf einen Berg, dahin Jesus sie beschieden hatte.
Aber: Zwischen der vorigen Erscheinung Christi und welche jetzt folgt, sind viel andere mehr geschehen, die von den anderen Evangelisten beschrieben werden. Diese aber ist die vornehmsten gewesen, und eben diese, von welcher Christus zuvor geweissagt hatte, da er gesagt, in dieser Nacht werdet ihr euch alle an mir ärgern. Wenn ich aber auferstehen werde, will ich vor euch hingehen in Galiläa {Mt 26}. Von dieser herrlichen Erscheinung haben auch die Engel geredet, da sie den Frauen die Auferstehung Christi verkündigt, und tut auch Markus eine kurze Anregung davon in Kapitel 16.
Beschieden hatte: Dass er dort von vielen Jüngern zugleich sich wollte sehen lassen. Man hält es aber dafür, dass dies eben der Berg Thabor gewesen sei, da Christus zuvor, verklärt wurde. Weil aber nun so ein Gerücht aufkam, dass Christus auf diesem Berge erscheinen würde, haben sich auch die anderen Jünger Christi dahin begeben, die noch ein gutes Herz zu ihm gehabt, also, dass ihre über die 500 sich dort befunden, welche Paulusbrüder nennt {1Kor 15}.
17. Und da sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; etliche aber zweifelten.
Nieder: Und beteten ihn an, als ihren Gott und Schöpfer.
Zweifelten: Sogar schwach ist unser Fleisch, darum sollen wir stets um Vermehrung des Glaubens bitten.
18. Und Jesus trat zu ihnen, redete mit ihnen und sprach: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.
Zu ihnen: Näher hinzu, auf dass er ihnen allen Zweifel nehme.
Mit ihnen: Besonders aber mit den Aposteln, hat sich also nicht nur allein sehen, sondern auch hören lassen.
Gegeben: Denn nach der Gottheit bin ich bereits vorher, je und je gewesen, ein Herr des Himmels und der Erden und aller Kreaturen. Aber nach der Menschheit habe ich solche Majestät und Gewalt in der Zeit empfangen, da ich doch den meisten Teil unter der Knechtsgestalt verborgen gehalten war. Jetzt aber bin ich in die völlige Besitzung dieser eingetreten und will solche weiter völlig gebrauchen, wie es mir gefällt. Es ist darum Christus auch nach der Menschheit allmächtig. Denn alle Gewalt ist nichts anderes als die Allmacht, diese ist nicht der Gottheit, sondern der Menschheit gegeben. Denn der Gottheit kann nichts gegeben werden, das sie vorher nicht gehabt hätte. Es hat aber Christi Menschheit alle Gewalt, nicht aus ihr selbst, sondern aus der Gottheit, mit der sie persönlich vereinigt ist.
19. Darum geht hin und lehrt alle Völker und tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Darum: Weil ich, nämlich die Regierung über Himmel und Erde empfangen habe, so will ich euch in die ganze Welt ausschicken, wenn ihr den Heiligen Geist am Pfingsttage empfangen habt.
Lehrt: Predigt mein Evangelium nicht nur den Juden, wie bisher geschehen, sondern auch den Heiden. Denn Christus ist auch den Heiden zum Seligmacher gesandt worden.
Tauft sie: Denn die Taufe ist nötig, auf dass wir aus Wasser und Geist wiedergeboren werden {Joh 3}. Und ist die Taufe ein Zeugnis, dass wir vom Vater, Sohn und Heiligen Geist zu Gnaden aufgenommen werden, und Erben des ewigen Lebens sind. Daher Petrus die Taufe nennt den Bund eines guten Gewissens. Und dass die Taufe nicht nur im Namen des Vaters, sondern auch des Sohnes, und des Heiligen Geistes mitgeteilt wird, bezeugt solches die einige und ewige Gottheit des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes, obwohl die Personen der Dreifaltigkeit untereinander ihren Unterschied haben. Die Wiedertäufer aber schließen aus diesem Spruch Christi ganz ungereimt, dass man die Kinder nicht taufen soll, sondern nur diejenigen, welche der Lehre bereits fähig sind. Denn wenn man die Erwachsenen und alten Personen tauft, als da sein mögen, Juden oder Türken, so ist kein Zweifel, man müsse sie zuvor in der christlichen Religion unterrichten, besonders auch die Apostel Christi so gehalten haben. Wenn aber ein Hausvater den Glauben Christi angenommen hatte, so tauften sie sein ganzes Personal, wie die Apostelgeschichte ausdrücklich bezeugt. Darum wurde Hausvater, der sich zu Christus bekehrt hat, deshalb soll man seine Kinder taufen, dass sie Christus einverleibt werden.
20. Und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe! Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
Befohlen: Christi Befehl aber und Gebot ist, dass wir im Glauben, Hoffnung, Liebe, Geduld und so in einem unsträflichen Wandel bis ans Ende beharren. Diesem Befehl Christi sollen wir mit allem Fleiß nachkommen.
Bei euch: Denn ob ich wohl bald sichtbar in den Himmel fahren werde, so will ich doch unsichtbarerweise auf Erden bei euch sein, auf dass ich euch beistehe, regiere, und zur ewigen Seligkeit erhalte. Weil nun Christus nicht sagt: Meine Gottheit wird bei euch sein, sondern, ich bin bei euch bis an der Welt Ende, so sollen wir nicht zweifeln, der ganze Christus, als Gott und Mensch, sei wahrhaftig gegenwärtig bei uns, der Sohn schütze, regiere und handle, auf dass wir endlich mit seiner Hilfe in das ewige Leben eingehen, welches Christus uns verdient hat. Welchem mit dem Vater und heiligem Geist sei Lob, Ehre und Preis in alle Ewigkeit, Amen.
Ende des Evangeliums Matthäus