Bibel-Kommentar: Der erste Brief des Johannes
So, wie die anderen Schriften des Neuen Testaments von der Richtschnur des wahren Glaubens nirgends abweichen und eine gewisse Form und ein gewisses Maß vorschreiben, wie man recht glauben und gottselig leben soll, so handelt dieser Brief dasselbe kurz ab, aber doch hell und deutlich. Denn der Apostel Johannes lehrt in diesem Schreiben von den Wohltaten des Erlösers Christi gewaltig und hält mancherlei herrlichen und beständigen Trost daraus bereit. Er nimmt auch die Liebe Gottes gegen uns und die Guttaten Christi zum Anlass, uns zur Liebe gegenüber dem Nächsten zu ermahnen. Darauf folgen noch weitere Erinnerungen, dass sich die Kirche vor falschen Lehrern hüten soll, die vom Sohn Gottes bereits damals nicht recht lehrten. Der Apostel kommt aber immer von einem Thema aufs andere, sodass er einmal vom Heiligen Wandel und der christlichen Liebe gegeneinander spricht, bald darauf Gottes Güte und Barmherzigkeit uns gegenüber rühmt. Darum hat der Redner nicht auf künstliche Formulierungen und Aufzählungen der Sachen nacheinander geachtet, weil er sich der christlichen Liebe und Einfalt beflissen hat.
Das 1. Kapitel
- Der Apostel rühmt sein Evangelium wegen der Würde und Vortrefflichkeit dessen, wovon es handelt, nämlich von Christus, dem Heiland der Welt, und er preist die Gewissheit der apostolischen Lehre.
- Danach erinnert er die Christen, dass sie die Gemeinschaft, die sie mit Gott haben, auch mit einem neuen Lebenswandel zeigen sollen.
- Er gibt danach den Gewissen, die im Hinblick auf die Sünden verwirrt sind, beständigen Trost. IV. Und er straft die Heuchler, die sich selbst zu viel Heiligkeit zumessen.
1. Das da von Anfang war, das wir gehört haben, das wir gesehen haben mit unsern Augen, das wir beschaut haben, und unsere Hände betastet haben, vom Wort des Lebens {Lk 1v2 Joh 1v14 2Petr 1v16}.
Das: Am Anfang behandelt der Apostel in wenigen Worten die Gewissheit der evangelischen Lehre, die uns den Heiland Christus vorhält, und bezeugt von seinem und dem geneigten Willen der anderen Apostel. Bald darauf ermahnt er zum heiligen, unsträflichen Wandel und hält denen einen Trost vor, die die Sünde in ihrem Gewissen empfinden, und mit Seufzen ein Verlangen zur Gnade Gottes haben.
Wort des Lebens: Davon haben wir Apostel bisher gepredigt, und predigen noch immer davon, nämlich vom Heiland Jesus Christus, der das ewige Wort Gottes und ein Wort des Lebens ist, durch dessen Guttat wir auch ewig leben werden. Dieses Wort ist von Anfang an gewesen, bevor die Welt erschaffen wurde, zumal durch dieses Wort die Welt gemacht worden ist. Und dieses Wort ist Fleisch geworden, was ebenso viel bedeutet, wie dass der Sohn Gottes Mensch geworden ist, um unserer Seligkeit willen und er hat unter uns gewohnt. So haben wir den Sohn Gottes im Fleisch und in seiner Menschheit mit uns reden gehört, haben ihn mit unseren Augen gesehen, und ihn täglich angeschaut, sodass kein Betrug unterlaufen konnte. Ja wir haben ihn auch mit unseren Händen angefasst und betastet, darum ist es gewiss und unfehlbar, was wir vom Heiland Jesus Christus vortragen und lehren. Deshalb sollen wir die Lehre der Apostel fest annehmen und behalten, weil sie von Sachen reden, die sie gesehen, gehört und erfahren haben. Und Christus ist der wahre, ewige Gott, weil er das Wort Gottes ist, welches bereits war, als die Welt erschaffen worden ist {Joh 1}. Durch dieses ist auch die Welt gemacht worden {1Mos 1}. Und dieses Wort Gottes ist ein Wort des Lebens. Denn es hat die Macht gegeben, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben {Joh 1}. Es macht auch diejenigen lebendig, die in Sünden tot waren, dass sie nachdem sie wiedergeboren und erneuert worden sind, in Gott leben. Es ist aber die Vereinigung des Wortes und der angenommenen menschlichen Natur so groß, dass wegen dieser persönlichen Vereinigung der Apostel sagt, er habe dieses Wort des Lebens mit seinen Händen angefasst. Denn wer Christus berührt, der hat recht und wahrhaft sagen können, er habe den Sohn Gottes, den wahren und ewigen Gott, mit seinen Händen berührt. Aus dieser sehr großen und nahen Vereinigung der beiden Naturen folgt, dass der Sohn Gottes der angenommenen menschlichen Natur seiner göttlichen Majestät, nicht nur dem Namen nach, sondern auch in Wahrheit mitgeteilt hat, also, dass Christus, auch nachdem er Mensch geworden war, allmächtig, allwissend und ständig gegenwärtig ist. Und weil die Apostel mit ihren Händen den Sohn Gottes, auch nach seiner Auferstehung, angerührt haben, so ist es sicher, dass die Ketzer Marcion, Eutyches und Schwenkfeld zusammen mit all denjenigen schwärmen, die leugnen, dass Christus ein wahrhaftes Fleisch habe, das ist, die gegen die wahre Menschlichkeit Christi diskutieren. Und wir haben einen großen Trost darin, dass der Sohn Gottes Mensch geworden ist. Denn weil er in der Gestalt unser Bruder ist, so sollen wir uns alles Gute, Hilfe und Beistand von ihm erwarten.
2. (und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und zeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, welches war bei dem Vater und ist uns erschienen);
Erschienen: Durch die Menschwerdung des Wortes. Denn Gott (sagt Paulus) ist im Fleisch geoffenbart {1Tim 3}.
Gesehen: Dieses Wort, das Mensch geworden ist, unser Leben ist, haben wir mit unseren Augen gesehen, wie bereits kurz zuvor gemeldet.
Zeugen: Denn darum sind wir zum Apostelamt berufen worden, dass wir von dem Sohn Gottes, wie er menschliche Natur an sich genommen hat und von seinen Guttaten, zeugen sollen.
Leben: Nämlich Christus, der das ewige Leben gibt und schenkt.
Erschienen: Zu den letzten Zeiten, durch die Menschwerdung. Wir sollen aber dem Sohn Gottes, Jesus Christus, ewig Lob und Dank sagen, dass er um unserer Seligkeit willen, aus dem Schoß des Vaters du uns gekommen ist, damit er uns von den gnädigen Willen seines himmlischen Vaters vergewissert und uns elende und verlorene mit seinem Tod aus dem Rachen des Satans und der Hölle erlöste.
3. was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch, auf dass auch ihr mit uns Gemeinschaft habet, und unsere Gemeinschaft sei mit dem Vater und mit Sohn, Jesu Christo {Joh 17v21}.
Verkündigen wir euch: Nämlich Christus, der Heiland der Welt und sein Evangelium. Welcher verständige Mensch aber wollte nicht viel lieber die Schriften der Apostel lesen, als die spitzfindigen Gedichte der Philosophen oder der weltweisen Heiden, von den göttlichen Sachen und das unnütze Geschwätz der Schultheologen, die zur Gewissheit des christlichen Glaubens und zur wahren Gottseligkeit nichts nutzen.
Gemeinschaft habt: Und durch den Glauben eben dieser geistlichen Guttaten mit uns teilhaftig werden, die wir aus der Erkenntnis unseres Heiland, Jesus Christus, erlangt haben denn die rechtschaffene Liebe freut sich nicht nur, wenn ihr geholfen wird, sondern sie lockt auch andere zur Gemeinschaft der himmlischen Güter.
Jesus Christus: Das ist die Gemeinschaft, in die wir euch aufnehmen möchten, dass wir durch den Glauben an Christus mit Gott versöhnt, seine Freunde und Erben der himmlischen Götter sind. Denn Gott will, dass wir mit ihm der ewigen Seligkeit teilhaftig werden und sie genießen. Was ist das jedoch für eine große Gnade und Güte des himmlischen Vaters und seines eingeborenen Sohnes, Jesus Christus, dass Gott uns arme, elende Sünder als seine Freunde erkennt und will, dass wir der himmlischen Seligkeit teilhaftig werden? Diese Gemeinschaft mit Gott, dem Vater und seinem Sohn, unseren Heiland, wird all denen mitgeteilt, die wahrhaftig an Christus glauben und es wird kein rechtschaffener Christ von dieser Gemeinschaft ausgeschlossen. Darum ist es eine teuflische Hoffart, noch dazu gereicht es der ganzen christlichen Kirchen zur Schmach, dass die Jesuiten, so eine neue Art der Heuchler, deshalb besser sein wollen, als andere Christen, weil sie in der Gesellschaft Jesu Christi seien. Denn wenn sie allein diese Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes haben, so würden alle anderen Christen von dieser Gemeinschaft ausgeschlossen werden müssen. Es ist aber sicher, dass die, die nicht in der Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes sind, auch keine Erben des Himmelreichs sind und der ewigen Seligkeit mit Gott nicht teilhaftig werden. Darum verstoßen die Jesuiten mit ihrer neuen Heuchelei alle anderen Christen von dieser seligen Gesellschaft und Gemeinschaft, zu denen Gott all die, die an Christus glauben, fähig macht und für würdig erachtet, sie schließen sie davon aus und verdammen sie, soweit sie es können in den Abgrund der Hölle. Und was ist es, dass sie sich vielmehr Jesuiten, als Christen nennen? Gerade, als ob nichts Jesus eben der gleiche wäre, der Christus ist. Daraus muss folgen, dass entweder alle rechtschaffenen Christen Jesuiten, das ist, Brüder Jesu Christi sind, und mit ihm mit Erben des Himmelreichs, wie Paulus bezeugt {Röm 8}. Oder (welches ebenso gewiss ist) dass die Jesuiten keine Christen sind. Darum mögen sich solche Heuchler zum Teufel verkriechen, die sich allein eine solche Gemeinschaft und Gesellschaft mit dem Vater und dem Sohn zu messen, dass sie sogar andere, die besser sind, als sie selbst, davon ausschließen. Denn dies ist keine wahre Demut, die sie ausgeben, sondern ein teuflischer Stolz und Übermut.
4. Und solches schreiben wir euch, auf dass eure Freude völlig sei.
Völlig sei: Darum hat er uns für gut angesehen, euch mit diesen Brief anzusprechen und im christlichen Glauben samt der wahren Gottseligkeit zu stärken, dass ihr in der Erkenntnis der Guttaten Christi zunehmt und euch mehr und mehr freut, dass ihr in der Gesellschaft und Gemeinschaft der himmlischen Güter mit dem Vater und dem Sohn Jesus Christus gekommen seid. Denn die getreuen Diener der Kirche Christi sollen mit Fleiß dahin sehen, dass sie ihren Zuhörern mit vielfältigen Unterrichtungen und Ermahnungen zu immer größerer Erkenntnis Christi und mit größeren Fleiß zur Gottseligkeit führen. Und es ist das der Christen rechtschaffene und beständige Freude, dass sie wissen, sie sind in der Gesellschaft und Gemeinschaft der himmlischen Güter. Diese Güter können Diebe weder stehlen, noch kann es durch Unglücksfälle von einem genommen werden.
5. Und das ist die Verkündigung, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen, dass Gott ein Licht ist, und in ihm keine Finsternis {Joh 8v12}.
Verkündigung: Oder Lehre, die wir von Christus empfangen haben und aus seinem Befehl euch vorhalten. Denn damit die Christen sich der Gemeinschaft Gottes nicht nur rühmen und daneben ein Leben führen, anders als ist den Christen gebührt und zusteht, so ermahnt sie Johannes, dass sie so leben sollen, wie es sich gebührt, sofern sie mit Christus Gemeinschaft haben wollen.
Licht ist: Mit „Licht“ meint Paulus die wahre Heiligkeit und Unschuld, und einen solchen Wandel, der des Lichtes und des Lobens wert ist. Ebenso nennt er die Finsternis Bosheit, Unreinheit, gottloses Wesen und einen solchen Wandel, der vom Fürsten der Finsternis, nämlich vom Teufel ist, der das Licht nicht dulden mag. Denn der Apostel Paulus spricht auch von dieser Sache: Lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts. Lasst uns ehrbar wandeln am Tag, nicht in Fressen und Saufen, nicht in den Kammern und in Unzucht, nicht in Streit und Neid, sondern zieht an den Herrn Jesus Christus, und seid geduldig mit eurem Leib, aber doch so, dass er nicht geil wird {Röm 13}.Deswegen ist die Meinung des Apostel Johannes folgende: Ich will euch daran erinnert haben, dass unser Gott, dessen Gemeinschaft wir uns rühmen, ein reines Licht ist, das ist, die Heiligkeit, Frömmigkeit, Reinheit, Gerechtigkeit und Güte selbst und es ist keine Bosheit, Ungerechtigkeit Unrecht und Unreinheit in ihm. Wenn wir uns deswegen rühmen wollen, wir seien in seiner Gemeinschaft und wir führen dennoch ein unreines, lasterhaftes und ungerechtes Leben (denn d. h. im Finsteren wandeln), so scheint es, dass wir mit diesem Ruhm die Wahrheit sparen und andere mit unserer Heuchelei betrügen. Weil Gott solche für seine Gesellen nicht erkennt. Wenn wir aber heilig, unsträflich, gottselig, rein und gerecht sind (denn d. h. im Licht wandeln, so ist es bekannt und offenbar, dass wir untereinander Gesellen und Brüder in Christus sind, und in der heiligen und heilsamen Gesellschaft mit dem Vater und dem Sohn leben. Die sich deswegen rühmen, dass sie durch den Glauben an Christus gerechtfertigt und Erben des ewigen Lebens sind, unterdessen aber in öffentlichen Sünden und groben Lastern liegen, die liegen und gehören nicht zur wahren Gemeinschaft der Kirche, obwohl sie in der äußeren Versammlung der Kirche bleiben und sie sind nicht in der Gemeinschaft der himmlischen Güter.
6. So wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und wandeln in Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit.
7. So wir aber im Licht wandeln, wie er im Lichte ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde {Hebr 9v14}.
Und: Damit niemand wegen seiner begangenen Sünden sich Gedanken macht, als wäre er nicht in der Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes, so setzt der Apostel einen Trost hinzu und sagt: Wenn wir an Jesus Christus glauben, so sind wir rein von allen Sünden um des Blutes willen des Sohnes Gottes, das er für uns vergossen hat. Denn kein Blut eines anderen Menschen hätte uns von Sünden reinigen und für die Sünden des ganzen menschlichen Geschlechts genug tun können, aber das Blut des Sohnes Gottes konnte es tun, darum sagt Paulus, Gott habe seine Gemeinde mit seinem Blut erlöst. Und die Alten haben richtig gesagt, dass ein einziges Tröpfchen des Blutes Christi die Sünden der ganzen Welt versöhnen könnte. Wenn uns deswegen unsere Sünden in unserem Gewissen beschweren, so sollen wir diesen Trost fassen, dass nicht nur eines unschuldigen und reinen Menschen, wie es Adam vor dem Fall gewesen ist, Blut, sondern das Blut des Sohnes Gottes für uns vergossen sei, und dass dieses Blut uns nicht nur von wenigen, oder geringen, oder verzeihbaren Sünden allein, sondern von allen Sünden rein macht, wenn wir an Christus glauben. Denn diesem, sagt Petrus, geben alle Propheten Zeugnis, dass durch seinen Namen, alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen {Apg 10}.
8. So wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. {1Kön 8v46 Spr 20v9 Jak 3}.
So: Wie der Apostel die Kleinmütigen tröstet, so widerlegt er die Heuchler, die wegen des guten Tones sich selbst in ihrem Wandel zu viel Heiligkeit zumessen.
Nicht in uns: Wir erkennen uns selbst nicht recht oder wahrhaft, und haben die christliche Religion nicht gut gelernt, wenn wir uns ständig für heilig einschätzen. Darum betrügen die Wiedertäufer und Mönche sich selbst, und nicht Gott, die sich eine Vollkommenheit zu messen, als ob sie nicht mehr sündigen würden. Und wenn sie leugnen, dass sie sündigen, so lügen sie meisterlich. Denn es gibt keinen Menschen, der nicht sündigt, sagt Salomon im 1. Buch der Könige im Kapitel 8. Und wenn wir in diesem Leben nicht mehr sündigen, so müsste man diese Bitte aus dem Vaterunser entfernen: Vergib uns unsere Schuld. Obwohl nun viele von ihnen öffentlich nicht sagen dürfen, sie hätten keine Sünde, oder sie würden nicht sündigen, so steckt doch ein solcher Stolz in den Herzen der Heuchler verborgen. Aber ein frommer Christ betet mit dem königlichen Propheten David: Wer kann merken, wie oft er fehlt? Verzeihe mir auch die verborgenen Fehler {Ps 19}.Und: Wenn du Sünden zu rechnen willst, Herr, wer wird bestehen? Psalm 130. Deswegen sehen die schlecht auf ihre Seligkeit, die vor Gott unschuldig sein wollen. Denn diese werden zusammen mit dem Pharisäer, der seine Tugenden vor Gott rühmte, verdammt {Lk 18}.
9. So wir aber unsere Sünde bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünde vergibt und reinigt uns von aller Untugend {Spr 28v13}.
So: Denn es könnte einer fragen, was man für sich selbst tun soll. Die Antwort darauf gibt der Apostel in folgenden Worten.
Aller Untugend: Sodass uns keine Sünde, auch die Erbsünde nicht, die in uns wohnt, zugerechnet wird. Denn die Sünden werden vergeben, nicht denen, die sie leugnen, viel weniger, die sie handhaben und verteidigen. Sondern die sie dem Herrn bekennen. Denn so steht es auch in den Psalmen: Ich bekenne dir meine Sünden und verhehle meine Missetaten nicht. Ich sprach: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen, da hast du mir die Missetaten meiner Sünden vergeben {Ps 32}. Saul verteidigt seine Sünde und wurde von Gott verworfen {1Sam 15}. David bekennt seine Sünde, die viel schrecklicher war als die des Saul, und hört den herrlichen Trost, Gott hat deine Sünde weggenommen und du wirst nicht sterben. Obwohl nun das das allerbeste Bekenntnis ist, wenn wir dem Herrn unsere Sünden bekennen, so tun jedoch die auch nicht Unrecht, die den Kirchendienern ihre Sünden offenbaren, wovon ihre Gewissen gedrückt und beschwert sind, damit sie beständigen Trost empfangen. Aber die päpstliche Ohrenbeichte, als eine mörderische Marter des Gewissens, worin alle und jede Sünde ausführlich zu erzählen gefordert wird, hilft nichts. Denn sie ist im Wort Gottes nicht geboten, und ist den Gewissen, und oftmals auch dem Leib und den Gütern, schädlich.
10. So wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.
So: Der Apostel fährt noch weiter fort, zu erklären, was es für eine große Bosheit ist, wenn jemand leugnet, dass er ein Sünder sei.
Ihn zum Lügner: Nämlich, Gott und seinen eingeborenen Sohn strafen wir Lügen, und haben die christliche Religion nicht recht gelernt, sondern stecken in gräulichen Irrtümern und dicker Finsternis. Denn das Wort Gottes bezeugt, dass alle Menschen Sünder sind. Wer deshalb in irgendeinem Religionsartikel dem Wort Gottes nicht glaubt, der straft Gott Lügen, und der ist vor ihm nicht besser, als irgendein Dieb, Mörder oder Ehebrecher. Auch hat man zu beachten, dass diejenigen die christliche Religion nicht richtig erfasst und gelernt haben, die auf ihre eigene Gerechtigkeit und Unschuld vor dem Gericht Gottes vertrauen. Denn diese werden ewig zuschanden werden, weil geschrieben steht: Herr, gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht, denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht {Ps 143}.
Das 2. Kapitel
- Der Apostel rühmt abermals die Guttat der Seligkeit, die durch Christus erworben ist.
- Und er fordert von den Christen einen neuen Gehorsam, besonders aber die Liebe zum Nächsten.
- Solche Erinnerung richtet er auf jedes Alter.
- Er warnt danach vor dem Antichristen und den falschen Lehrern.
- Schließlich ermahnt er zu Beständigkeit in der erkannten Wahrheit des Evangeliums.
1. Meine Kindlein, solches schreibe ich euch, auf dass ihr nicht sündigt. Und ob jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christus, der gerecht ist {Röm 8v34 Hebr 7v25 9v24}.
Meine Kindlein: Mit diesem seligen Zuspruch lehrt der Apostel die Kirchendiener, wie sie gegenüber ihren Zuhörern gesinnt sein sollen, nämlich so, dass sie ein väterliches Herz für sie haben, und keine Schärfe gebrauchen, wo Freundlichkeit und eine holdselige Rede Platz haben kann. Es mengt aber der Apostel Johannes in diesem Brief ständig Trost und Ermahnungen durcheinander, wie er auch in diesem Kapitel allerlei ernstliche Ermahnungen hinzufügt, dass man sich vor falschen Lehrern hüten soll.
Nicht sündigt: Denn es ist alles dahin ausgerichtet, und so anzusehen, was ich bisher geschrieben habe, als ich euch ermahnte, dass ihr im Licht wandeln sollt, damit ihr nicht aus der Gemeinschaft Gottes und seines Sohnes ausgeschlossen werdet, und ich gesagt habe, dass wir mit dem Blut Christi von unseren Sünden gereinigt worden sind, wenn wir die begangenen Sünden nicht leugnen, sondern Gott demütig bekennen. Nicht, dass ihr die Lehre der Gnade missbraucht zur Sünde, und euren bösen Begierden den Zaum verhängt, sondern vielmehr, dass ihr mit dankbaren Herzen einem so gnädigen und Barmherzigen himmlischen Gott und Vater dient, und euch hütet, ihn zu beleidigen. Denn man soll die Güte Gottes zum Sündigen nicht missbrauchen.
Jemand sündigt: Und Gott schwer beleidigt hat, so soll er darum nicht verzagen.
Gerecht ist: Nämlich, gnädig, gütig und sanftmütig. Denn so wir das Wort, Gerecht, im Neuen Testament sehr oft gebraucht. Sonst wird Christus auch daher gerecht genannt, weil er keine Lust am Tod und Verderben des Sünders hat, sondern vielmehr will, dass er sich bekehrt und leben soll. Darum sitzt er zur Rechten Gottes und vertritt uns {Röm 8}. Und der himmlische Vater schlägt die Fürbitte Christi für die bußfertigen Sünder nicht aus. Denn was wollte er seinem eingeborenen lieben Sohn, versagen.
2. Und derselbe ist die Versöhnung für unsere Sünde, nicht allein aber für die unsere, sondern auch für die der ganzen Welt.
Für unsere Sünden: Da er um unseretwegen ein Versöhnungsopfer war, als er sich selbst am Stamm des Kreuzes opferte.
Für die unsere: Sünden, nämlich, hat er genug getan, die wir in jetziger Zeit leben.
Ganzen Welt: Die er durch sein heiligstes und vollkommenste Opfer bei seinem himmlischen Vater ausgesöhnt hat, damit alle, die an Christus glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Deswegen soll niemand aus Kleinmütigkeit sich selbst von diesem allgemeinen und sehr lieblichen Trost ausschließen, sondern ganz sicher glauben, dass in den Sünden der ganzen Welt auch seine Sünden inbegriffen sind, die Christus völlig ausgesöhnt hat. Darum soll er keineswegs verzagen. Denn nach empfangener Taufe wird den Sündern, wenn sie auch schwer gesündigt haben, Platz und Raum gegeben, dass sie wieder umkehren können, Buße tun und selig werden. Denn Johannes redet mit den getauften Christen, die mit dem Heiligen Geist begabt sind, als er sagt: Ob jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus. Darum haben die Novatianer fantasiert, die denen, die schwer gefallen sind, nach der Taufe die Buße und Verzeihung abgeschlagen haben. So beflecken sich auch diejenigen mit schreckliche Abgötterei, die meinen, dass ihre menschlichen Verdienste eine Versöhnung für ihre Sünden sein könnten, denn d. h. die menschlichen Verdienste auf den Thron des Mittlers Christi stellen.
3. Und an dem merken wir, dass wir ihn kennen, so wir seine Gebote halten.
Gebot halten: Vom Trost kommt Johannes wieder auf die Ermahnung und erinnert die Christen, dass sie auf dem Wege der Gebote Gottes wandeln sollen. Denn der Apostel wusste wohl, dass bereits damals, (wie es auch heutzutage viel geschieht) nicht wenige gab, die sich zwar der Erkenntnis Christi rühmten, daneben aber im Wandel keine besondere Gottseligkeit zeigten. Die Gebote Gottes aber halten heißt hier nicht, einen völligen Gehorsam leisten, den einen solchen Gehorsam kann kein Mensch in diesen Leben erreichen, sondern von dem wird gesagt, dass er die Gebote Gottes hält, der aus wahrem Glauben von Herzen sich bemüht, den Geboten Gottes zu gehorchen, obwohl er sich daneben mit dem Apostel Paulus gemeinsam beklagen muss: Das Gute, dass ich will, das tue ich nicht, sondern dass böse, das ich nicht will, das tue ich.
4. Wer da sagt: Ich kenne ihn (Gott den Vater), und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in solchem ist keine Wahrheit.
Keine Wahrheit: Sondern er betrügt sich selbst und andere mit ihm. Es will also der Apostel Johannes den falschen Wahn derjenigen widerlegen, die meinen, sie haben die heilsame Erkenntnis Gottes, und einen wahren Glauben, wenn sie daneben nach ihren Fleischeslüsten leben. Es sollen deshalb diejenigen, die ohne Gottesfurcht leben, und seine Gebote zu halten sich nicht bemühen, wissen, und ganz sicher davon ausgehen, dass sie den wahren Glauben an Christus noch nicht haben. Denn ein guter Baum bringt auch gute Früchte {Mt 7}. Und die Kirchendiener müssen solchen Heuchlern die Sicherheit und die Schläfrigkeit mit scharfen Predigten des Gesetzes vertreiben, und sie zum Fleiß guter Werke ermuntern, damit sie nicht als unfruchtbare Bäume umgehauen, und ins ewige höllische Feuer geworfen werden {Lk 13}.
5. Wer aber sein Wort hält, in solchem ist wahrlich die Liebe Gottes vollkommen. Daran erkennen wir, dass wir in ihm sind.
Vollkommen: Und liebt der Gott den Herren wahrhaftig aus einem Herzen, wer seinem Wort glaubt und gehorcht. Das Wort vollkommen, wird hier und an anderen vergleichbaren Stellen der Heuchelei und den falschen Schein entgegengesetzt. Und es meint nicht eine solche Vollkommenheit, woran es an nichts mangelt, die in jener Welt aufbewahrt wird. Wir werden aber Gott umso vollkommener und herzlicher lieben, je fleißiger wir seine Gebote halten. Denn die wir sehr lieben, denen möchten wir gefallen, und wir verhüten mit Fleiß, dass wir sie nicht beleidigen.
Ihm sind: Wenn wir uns nämlich um Gottseligkeit bemühen, so ist es ein sicheres Zeichen und Zeugnis, dass wir durch den Glauben unserem Heiland Christus wahrhaft eingepflanzt und einverleibt sind. Denn gleichwie man von einer Rebe, die guten Früchte trägt, sicher weiß, dass sie wahrhaft am Weinstock ist {Joh 15}. Denn wie wollten sie sonst Früchte bringen? So kann man von einem Menschen, der wahrhaftig gute Werke tut, sicher sagen, dass er Christus wahrhaftig eingepflanzt ist. Darum können wir unserem Beruf durch die Übung guter Werke fester machen, wie Petrus bezeugt.
6. Wer da sagt, dass er in ihm bleibt, der soll auch wandeln, gleichwie er gewandelt hat {Mt 11v29 Phil 2v5 1Petr 2v21}.
Bleibt: Und seinem Heiland zu eingepflanzt ist, dass er ihm wahrhaftig und standhaft anhängt.
Gewandelt habt: Dass er sich das Beispiel Christi in seinem ganzen Leben vorstellt und diesem, seinem Heiland, nachzufolgen sich bemüht. Die rechtschaffene Nachfolge Christi aber besteht darin, dass wir Gott ehren, anrufen, preisen, unsträflich leben, unseren Beruf mit Fleiß erfüllen, dem Nächsten gutes Tun und das Kreuz und Trübsal geduldig tragen. Denn wir müssen Christus auf zweierlei Weise betrachten zum einen, als einen Erlöser, dass wir an ihn glauben danach, als ein Beispiel und Spiegel der wahren Gottseligkeit, dass wir ihm folgen und unsere Dankbarkeit gegenüber Gott erklären. Dieses beides führt Christus in wenigen Worten zusammen, als er sagt: Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Und danach: Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig {Mt 11}.
7. Brüder, ich schreibe euch nicht ein neu Gebot, sondern das alte Gebot, das ihr habt von Anfang gehabt. Das alte Gebot ist das Wort, das ihr von Anfang gehört habt.
Brüder: Der Apostel fährt noch weiter fort, die Christen zu ermahnen, dass sie die Gottseligkeit und die Liebe üben sollen.
Gehabt: Ich bringe euch keine neue Lehre, wenn ich die Gottseligkeit und die Liebe von euch fordere, sondern die, die auch die Propheten im Alten Testament gepredigt haben, und die uns unser Heiland Jesus Christus so oft selbst vorgehalten hat. Denn die Lehrer der Kirchen sollen sich hüten, dass sie keine neue Lehre einführen, die in der Heiligen Schrift keinen Grund hat. Wie auch die Zuhörer keine neue Lehre annehmen sollen.
Gehört habt: Und dessen ich euch jetzt wiederum erinnere.
8. Wiederum ein neu Gebot schreibe ich euch, das da wahrhaftig ist bei ihm und bei euch; denn die Finsternis ist vergangen, und das wahre Licht scheint jetzt {Röm 13v12 1Thes 5v5 v8}.
Neues Gebot: Es ist also die Lehre von der Liebe gleichzeitig eine alte und eine neue Lehre. Eine alte in der Form, dass sie auch in den Schriften der Propheten gelehrt worden ist. Eine neue Lehre aber ist es, weil sie Christus wiederum erneuert hat, und uns die Liebe mit seinem Beispiel und seinen Geboten fleißig zu üben befohlen hat, als er sagt: Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, gleichwie ich euch geliebt habe {Joh 13}. Darum will Johannes hier so viel sagen: Ich bringe euch eine alte Lehre vor, die jetzt durch den Befehl Christi und mit dem Beispiel seiner Liebe neu und wiederum erneuert worden ist. Denn das ist der Wille Gottes ständig gewesen, und der ist es noch, dass wir uns untereinander lieben sollen.
Bei euch: Das ist: Die rechte wahre Liebe, hat sich in Christus erzeigt und sehen lassen, der uns so geliebt hat, dass er sein Leben für seine Schafe gelassen hat. Und lässt sich auch die wahre Liebe in euch, als rechtschaffene Christen sehen, wenn er sie mit den Werken zeigt. Denn Gleichwie Christus nicht nur zum Schein uns geliebt hat, soll auch unsere Liebe nicht nur auf den Schein gerichtet sein, sondern wahrhaftig, aufrichtig und sich ohne Falsch zeigen.
Scheint jetzt: Nachdem durch den hellen und klaren Schein der reinen evangelischen Lehre die Finsternis der Religion vertrieben worden ist, will es sich gebühren, dass ihr ein solches Leben führt, welches das Licht leiden mag. Und obwohl die Juden das Gesetz und die Schriften der Propheten auch vor der Ankunft Christi gehabt hatten, so war doch die reine Lehre durch die Pharisäer und Schriftgelehrten mit ihren falschen Auslegungen sehr verdorben und verdeckt, sodass sie wahrhaftig im finsteren wandelten, bis Christus und die Apostel durch die Predigt des Evangeliums das Licht des göttlichen Wortes wiederum hervorbrachte. Zu unserer Zeit ist uns diese große Guttat auch widerfahren, dass durch Dr. Luther das Licht des göttlichen Wortes wiederum an den Tag gekommen ist, wo zuvor die Lehre des Evangeliums durch die Theologie und durch die Menschensatzungen verdunkelt, und mit Finsternis überzogen war. Darum sollen wir in unseren ganzen Wandel uns zeigen, dass wir im Licht und nicht mehr im Finsteren wandeln. Denn wir können freilich heutzutage keine Entschuldigung vorbringen, als ob wir die Wahrheit nicht gewusst hätten.
9. Wer da sagt, er sei im Licht, und hasst seinen Bruder, der ist noch in Finsternis {1Joh 3v14 v15 2Petr 1v9}.
Wer: Jetzt zeigt der Apostel an, welches die sind, die mit dem Licht des göttlichen Wortes wahrhaft erleuchtet sind. Denn viele rühmen sich ansonsten mit dem Mund, dass sie die himmlische Wahrheit wissen, obwohl diese doch in ihrem Herzen nicht eingewurzelt ist. Darum ermahnt der Apostel die Christen zur Liebe, damit sie im Werk zeigen, wie sie das Evangelium Christi recht gelernt haben.
In Finsternis: Und betrügt sich selbst, der meint, dass er die evangelische Lehre recht ergriffen hat, wenn er noch Hass und Neid gegen seinen Bruder trägt. Sein Herz ist auch noch nicht recht erleuchtet. Denn in den Herzen, in denen das Licht des Evangeliums leuchtet und scheint, daraus er erkennt, mit welch großer Liebe Christus ihn geliebt hat, der wird um Christi willen seinen Bruder lieben und ihm und Christi willen seine Fehler verzeihen. Daneben soll er sich auch der Ermahnung Paulus erinnern: Seid unter einander freundlich, herzlich und vergebt einer dem anderen, sowie Gott euch vergeben hat in Christus {Eph 4}.
10. Wer seinen Bruder liebt, der bleibt Licht, und ist kein Ärgernis bei ihm.
Im Licht: Und gibt damit zu verstehen, dass er wahrhaft erleuchtet ist, der die brüderliche Liebe hat, und diese übt. So kann auch ein solcher Christ sich damit trösten, dass er in der wahren und heilsamen Erkenntnis Christi bleiben und beharren wird, und wer Christus so erkennen gelernt hat, der wird vom Heiligen Geist regiert werden, dass er nicht anstößt und ins Verderben fällt. Wer aber ein Herz voller Hass und Neid hat, der soll wissen, dass er Christus noch nie richtig erkannt hat, sondern er steckt noch in dicker und verderblicher Finsternis, sodass er von Neid und Hass geblendet ist und nicht sieht, was er tun soll. Wenn er also fortfährt, wird er wie ein Blinder in seinem Tun schrecklich sich anstoßen, und sich und anderen schaden, und ins ewige Verderben fallen. Darum, damit wir in unserem Wandel nicht anstoßen, fallen und zu Grunde gehen, so soll uns die Liebe Christi vorleuchten, womit er uns geliebt hat, und solcher mit Fleiß nachfolgen, den Nächsten zu lieben, besonders aber die Brüder, die sich mit uns zur rechten Religion bekennen, dann werden wir von Tag zu Tag sicherer werden, dass wir die rechte und heilsame Erkenntnis Christi erlangt haben, und wahrhaft erleuchtet sind. Denn die rühmen sich mit Unwahrheit, dass sie Gott kennen und in geistlichen Sachen sehr geschickt sind, an welchen sich nicht das geringstes einer rechtschaffenen Liebe zeigt.
11. Wer aber seinen Bruder hasst, der ist in Finsternis und wandelt in Finsternis und weiß nicht, wo er hingeht; denn die Finsternis hat seine Augen verblendet {Joh 12v35}.
12. Liebe Kindlein, ich schreibe euch, dass euch die Sünden vergeben werden durch seinen Namen. Apg. 10.43.
Kindlein: Mit diesem holdselige Namen spricht der Apostel die ganze Kirche an, und stärkt die Christen mit den folgenden Worten in der wahren Erkenntnis des Evangeliums und im Vertrauen ihrer Seligkeit. Denn er streut ständig unter die Ermahnungen, Trost mit unter. So sollen auch die Kirchendiener ihre Ermahnungen und besonders die Strafpredigten mäßigen, dass die Zuhörer nicht kleinmütig werden und ihre Herzen nicht von den Kirchendienern abwenden.
Seinen Namen: Nämlich Christi. Denn das ist die vornehmste Ursache, weswegen ich diesen Brief an euch zu schreiben mir vorgenommen habe, damit ich euch der Vergebung der Sünden vergewissere, die euch um Christi willen täglich widerfährt, so oft ihr Gott von Herzen um Verzeihung bittet. Wenn wir uns deswegen mit Ernst um die wahre Gottseligkeit bemühen, und in der Zwischenzeit doch gelegentlich in Sünden fallen, so sollen wir darum nicht verzagen: Denn denen, die wahrhaftig Buße tun, wird die Verzeihung niemals abgeschlagen. Und wer nie gefallen ist, der könnte nie wieder aufstehen. So sagt man, die Künste werden dadurch gelernt, wenn man oft Fehler macht. Darum ist es kein Wunder, wenn wir uns in der Gottseligkeit üben, dass wir gelegentlich vom Satan, der Welt unserem Fleisch über den Tisch gezogen und betrogen werden. Es werden uns aber die Sünden um Christi willen verziehen und nicht im Namen von Petrus, Paulus, der Jungfrau Maria oder im Namen eines anderen Heiligen. Denn die Verdienste dieser haben uns nicht Vergebung der Sünden erlangt.
13. Ich schreibe euch Vätern; denn ihr kennt den, der von Anfang ist. Ich schreibe euch Jünglingen; denn ihr habt den Bösewicht überwunden. Ich schreibe euch Kindern; denn ihr kennt den Vater.
Anfang ist: Nämlich Jesus Christus, dessen Gottheit keinen Anfang hat, weil sie von Ewigkeit her ist und in seiner Erkenntnis habe ich euch stärken wollen, die ihr bereits habt, dass ihr darin fest bestehen bleibt. Denn wir sollen wegen der Schwäche unseres Fleisches nicht an der Sicherheit der evangelischen Lehre zweifeln, zumal die Lehre des Evangeliums wahrhaft ist und sicher bleibt, auch wenn wir in unserem Wandel oft straucheln.
14. Ich habe euch Vätern geschrieben, dass ihr den kennt, der von Anfang ist. Ich habe euch Jünglingen geschrieben, dass ihr stark seid, und das Wort Gottes bei euch bleibt, und den Bösewicht überwunden habt.
Bösewicht: Nämlich den Teufel. Deshalb wünsche ich euch mit diesem Brief Glück dazu, dass ihr durch den Glauben an Christus als tapfere Kriegsleute gegen den Satan gestritten, und ihn überwunden habt, sodass er keinen Anspruch mehr auf euch hat. Darum wendet Fleiß auf, dass ihr Überwinder bleibt, damit er euch nicht mit seinen listigen Stricken der fleischlichen Lüste wiederum fängt und in seine Gewalt bringt. Denn weil der Satan den jungen Menschen, die etwas hitziger und von heftiger Natur sind, mehr nachstellt als anderen, so will ihnen gebühren, dass sie sich als tapfere Kriegsleute gut vorsehen und die Angriffe des Feindes mit großer Tapferkeit bekämpfen, wie sie es tun können, wenn sie die bösen Begierden dämpfen, und sich davon nicht überwinden lassen.
Den Vater: Im Himmel, auch in eurem noch zarten und jungen Alter. Denn auch die Kinder, wenn sie getauft sind, haben eine rechte und heilsame Erkenntnis Gottes, so viel zu ihrer Seligkeit nötig ist. Darum müssen sie auch einen wahren Glauben haben. Und es ist auch Johannes der Täufer, als er noch im Mutterleib gewesen ist, bevor er in diese Welt geboren wurde, mit dem Heiligen Geist erfüllt worden und hat Christus, seinen Heiland, da dieser noch im Leib der Jungfrau Maria gewesen ist, erkannt. Darum fantasieren die Wiedertäufer, die leugnen, dass die Kinder einen Glauben haben können.
Geschrieben: Und wiederhole dieses abermals, dass ihr Jesus Christus, den ewigen Sohn Gottes bereits recht erkannt habt. Darum lasst euch von dieser Erkenntnis eures Heiland nicht abführen, sondern zieht eure Kinder darin auf, und stärkt sie darin. Es ist aber diese Wiederholung nicht vergebens. Denn es verhilft viel, die Herzen der Menschen zu stärken und zu trösten, wenn man das gleiche, dazu auch noch mit den gleichen Worten wiederholt und uns vorgetragen wird.
Ich: Aus dem gleichen Grund redet der Apostel auch die jungen Burschen wieder an, die den vielen Versuchungen des Satans unterworfen sind.
Überwunden habt: Und deshalb lobe ich euch Jünglinge, in diesem meinem Brief und ermahne euch, dass ihr so fortfahrt, wie ihr bisher dem Teufel tapfer Widerstand geleistet habt, und die Lehre des Evangeliums standhaft behaltet, und ihr bereits häufig im Kampf gegen den Satan den Sieg errungen habt. Weil demnach der Satan den jungen Menschen insbesondere nachstellt, damit er sie im Glauben und im Wandel verderben kann, so soll man sie mit Fleiß ermahnen, und vorsichtige mit ihnen umgehen, damit sie auf den rechten Weg bleiben und nicht durch Wollust oder Ehre, entweder zur falschen Religion, oder zum gottlosen Wandel geführt werden. Den Kindern spricht er nicht wiederum zu, weil die Kinder fast keine Anfechtungen empfinden und in ihrer Einfalt leichter zur ewigen Seligkeit erhalten werden
15. Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. So jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters.
Habt: Es folgt jetzt eine herrliche und sehr notwendige Erinnerung, dass wir unsere Herzen in den Wolllüsten dieser Welt nicht versenken sollen. Mit der Welt und was in der Welt ist, versteht er nicht die Menschen und andere gute Geschöpfe Gottes, sondern das verdorbene Wesen der Welt, wie zum Beispiel allerlei Schande und Laster, die von der verkehrten Welt begangen werden. Desgleichen Ehre und Wollust, auch Reichtum, wenn er mit Bosheit erlangt worden ist. Darum heißt die Welt lieben nichts anderes, als weltliche Glückseligkeit und verbotene ungebührliche Wolllüste der ewigen Seligkeit vorzuziehen, wie aus dem, was danach folgt, gut abzunehmen ist.
Des Vaters: Der im Himmel ist. Denn wir können nicht zugleich Gott und dem weltlichen Wollüsten dienen. Weil der Gott beleidigt, der den bösen Begierden nachhängt. Ein solcher war Demas, von dem Paulus schreibt: Demas hat mich verlassen und die Welt lieb gewonnen {2Tim 2}.
16. Denn alles, was in der Welt ist (nämlich des Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffärtiges Leben), ist nicht vom Vater, sondern von der Welt.
Denn: Jetzt erklärt der Apostel in den folgenden Worten, was er unter der Welt versteht.
Als Unzucht, Völlerei und Trunkenheit. (Nach Luther) Fleischeslust ist Hurerei. Augenlust ist Geiz und Reichtum. Hoffärtiges Leben ist die Gier nach Ehre, Gewalt, Lob und oben ausfahren.
Augen Lust: Wenn einer reinen Überfluss braucht in Kleidern, Schmuckstücken, Gebäuden und ähnlichen Dingen. Ebenso verhält es sich mit der Geldgier, dass einer viel Gold und Silber hat, womit die Augen erfreut werden.
Hoffärtiges Leben: Allerlei Übermut, Stolz, Ehrgeiz und unersättliche Begierde nach hohen Dingen.
Von der Welt: Sie sind deren verdorbenes Werk und sind vom Teufel in die Welt gebracht worden, als einem Fürsten dieser Welt und sie geschehen nicht auf Anordnung Gottes, des himmlischen Vaters und sie gefallen ihm auch nicht. Die deswegen unter die Kinder Gottes gezählt werden wollen, die müssen sich von der Unzucht, der Völlerei, der Üppigkeit, dem Geiz, dem Übermut, der Hoffart und Ehrsucht enthalten.
17. Und die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit {1Kor 7v31}.
In Ewigkeit: Das ist: Diese verdorbene Welt, und die weltlichen Wollüste und Güter, sind alle vergänglich und werden zunichte. Darum hat auch die Wollust der Gottlosen keinen Sinn, sondern dauert nur einen Augenblick, und wer sich darauf legt, verliert sie in kurzer Zeit und er geht auch selbst zu Grunde. Die aber Gott fürchten, heilig und unsträflich Leben, die werden Schätze im Himmel finden, und in alle Ewigkeit in höchster Freude und Glückseligkeit mit Gott leben. Ist es aber nicht ein unsinniges Wesen, dass man die irdischen und vergänglichen Güter den ewigen und himmlischen vorzieht? Denn welcher verständige Mensch wollte nicht viel lieber eine kurze, geringe Wollust entbehren, als die ewige Freude? Wer wollte nicht viel lieber hier eine Zeit lang in Verachtung leben, als dort der ewigen himmlischen Herrlichkeit beraubt sein?
18. Kinder, es ist die letzte Stunde; und wie ihr gehört habt, dass der Widerchrist kommt, und nun sind viel Widerchristen worden; daher erkennen wir, dass die letzte Stunde ist.
Kinder: Bis hierhin hatte Apostel zur brüderlichen Liebe ermahnt und gewarnt, dass wir uns nicht in die Wolllüsten dieser Welt verwickeln sollen, noch den fleischlichen Begierden nachhängen. Jetzt heißt der uns, vor falschen Lehrern zu hüten.
Letzte Stunde: Wir leben in den letzten Zeiten und im letzten Teil der Welt. Darum sollt ihr nicht zweifeln, der Satan wird viele falsche Lehrer erwecken. Denn die Welt wird in ihrer Dauer in dreierlei Zeiten geteilt. Die 1. ist gewesen, ohne das geschriebene Gesetz. Die andere hat das geschriebene Gesetz gehabt, in der 3. ist Christus gekommen, und nach dem Christus erschienen ist, darf man keine andere Lehre mehr vom Himmel erwarten. Wenn deswegen jemand eine neue Lehre auf die Bahn bringt, die weder mit dem Gesetz noch dem Evangelium übereinstimmt, den soll man für einen Verführer und für einen Apostel des Teufels halten.
Widerchrist: (Nach Luther) Das ist: Den Mann heißt man Endechrist.
Kommt: Denn dieses beginnt bereits erfüllt zu werden, wovon ich euch vor der Zeit erinnert habe.
Viel Widerchristen: Es sind bereits viele falsche Lehrer vorhanden, die die Lehre des Evangeliums verfälschen und in dem Stück Christus zuwider sind, weil sie eine solche Lehre ausstreuen, die seiner Lehre widerstrebt.
Stunde ist: Auch wenn wir sonst kein Anzeichen hätten, so wäre das Anzeichen genug, dass wir in der letzten Zeit leben, weil so viele falsche Lehrer aufstehen. Denn je näher das Ende der Welt heranrückt, umso gräulicher wütet der Satan, damit er uns durch verkehrte Menschen die reine Lehre raubt. Es nennt aber Johannes all diejenigen Antichristen, die die reine himmlische Lehre verfälschen und von Christus schlecht lehren, unter denen der Papst in Rom der vornehmste ist, der zwar die Person Christi nicht leugnet, aber doch sein Amt ganz und gar verdunkelt. Der auch ebenso sehr gegen die rechtschaffenen Christen wütet, wie früher die heidnischen Regenten und heutzutage die Türken es tun.
19. Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns. Denn wo sie von uns gewesen wären, so wären sie ja bei uns geblieben; aber auf dass sie offenbar würden, dass sie nicht alle von uns sind {1Kor 11v19}.
Nicht von uns: Sie sind nie recht unseres Sinnes gewesen.
Geblieben: Und hätten nicht durch eine andere Lehre sich von uns abgesondert.
Offenbar würden: Darum ist dieses geschehen, aus Gottes Verhängnis und das bekannt würde, wie nicht alle die Christen sind, die sich zum Christentum bekennen. Denn so wie es bei einem Fischfang zugeht, dass gute und schlechte Fische gefangen werden, so ist es, wo das Evangelium gelehrt und Christus eine Kirche gesammelt wird, da verfügen sich zu dieser auch etliche leichtfertige und unbeständige Menschen, die auf Neuheiten Lust haben, die aber, wenn sie sich eine Zeit lang so gestellt haben, als wären sie in der Lehre einig, so fangen sie danach etwas Neues an, bringen neue Meinungen auf die Bahn, verführen etliche und sondern sich mit diesen von der Kirche ab. Von diesen Verführern spricht der Apostel Paulus, als er die Ältesten in Ephesus gesegnet hat, folgendermaßen: Aus euch selbst werden aufstehen Männer, die da verkehrte Lehre reden, die Jünger an sich zu ziehen {Apg 20}. Darum unterstehen sich die Katholiken sehr ungereimt, unsere evangelische Kirche der Ketzerei und des Irrtums zu bezichtigen, während Sektierer, Wiedertäufer, Zwinglianer, Schwenkfeld und andere von uns ausgegangen sind. Denn in gleicher Weise hätte auch der Evangelist Johannes eine unrechte Meinung haben müssen, weil er bekennt, dass aus seiner Kirche, die er gepflanzt hat, Antichristen, das ist, falsche Lehrer, ausgegangen sind. Weil aber sicher ist, dass der Satan, wenn das Evangelium gepredigt wird, Rotten und Trennungen in der Kirche anrichtet, sollen die Kirchendiener umso fleißiger wachen, damit sie solche Fürsten des Teufels schnell merken, und die falsche Lehre bereits am Anfang unterdrücken.
Und: Damit die Zuhörer des Apostels Johannes nicht in den Wahn geraten würden, als würde er sie in dieser Sache daran erinnern, weil er sie so unverständig hält, dass sie die falschen Lehrer nicht erkennen könnten, oder so leichtfertig, dass sie ihre Irrtümer billigen würden, so will Johannes solchen Gedanken mit den folgenden Worten zuvorkommen.
Heilig ist: Ihr seid mit dem Heiligen Geist begabt, der die geistliche Salbung ist, damit ihr zu geistlichen Priestern gesalbt seid, und ihr habt diese Salbung von Jesus Christus, der den Heiligen Geist in die Herzen der Gläubigen schickt. Dieser Geist führt euch in alle Wahrheit, sodass ihr die Lügen von der Wahrheit sehr wohl unterscheiden könnt. Darum, wenn ihr eine Lüge an einem Lehrer spürt, so wisst ihr euch gleich vor ihm zu hüten. Deshalb, was ich euch geschrieben habe, habe ich nicht in der Meinung geschrieben, als ob ihr nicht ausreichend gefasst und gerüstet wäret, um euch vor den falschen Lehrern zu hüten. Jedoch habe ich euch zum Überfluss ermahnen wollen, damit ich euren Fleiß, den ihr bereits habt, umso mehr erwecke, damit euch der Satan mit seinen Listen umso weniger verwirren kann. Deswegen sollen die Kirchendiener mit ihren Zuhörern so umgehen, dass diese nicht meinen, man würde sie verachten und es ist ein großer Trost, dass uns der Heilige Geist geschenkt wird, der uns leitet und regiert, dass wir nicht in schädliche Irrtümer verwickelt werden, oder in ihnen verderben. Auch soll man in dieser Regel des Johannes fleißig merken, dass keine Lügen aus der Wahrheit kommen. Wenn wir deswegen sehen, dass ein Lehrer eine falsche Meinung halsstarrig verteidigt, sollen wir ihn so schnell wie möglich fahren lassen und sicher daraus schließen, er werde vom Satan, als einem Vater der Lügen, getrieben und sei ohne allen Zweifel auch in etlichen anderen Artikeln der Lehre nicht rein. Denn ein Irrtum ist selten allein. Und wenn aus einer Lehre solche ungereimten Sachen folgen, die gegen die Artikel des Glaubens oder gegen die Gebote Gottes sind, so ist diese Lehre auch falsch. Denn aus der Wahrheit kommt Wahrheit. Und es tun diejenigen recht, die sich von den Schriften schwärmerischer Menschen enthalten. Denn sie streuen den Samen ihrer Irrtümer aus, damit die, die nicht behutsam sind, davon eingenommen werden, bevor sie sich‘s versehen.
21. Ich habe euch nicht geschrieben, als wüsstet ihr die Wahrheit nicht, sondern ihr wisst sie, und wisst, dass keine Lüge aus der Wahrheit kommt.
22. Wer ist ein Lügner, ohne der da leugnet, dass Jesus der Christus sei? Das ist der Widerchrist, der den Vater und den Sohn leugnet.
Wer: Der Apostel Johannes nimmt als Beispiel eine falsche und gottlose Lehre, die zu dieser Zeit bereits in der Kirche eingeschlichen war.
Christ sei: Dies ist einer von den vornehmsten falschen Lehrer punkten und Lügen des Satans, den der Teufel durch die irrigen Lehrer ausgestreut, dass etliche leugnen, Gott habe keinen gleich ewigen Sohn, noch dass dieser Mensch geworden sei, wollen auch nicht gestehen, dass er ein Mittler und Heiland des menschlichen Geschlechts ist. In dieser Sekte behalten die Juden den Vorzug, die schlicht leugnen, dass Jesus von Nazareth der Christ und versprochene Messias sei. Am gleichen Strick ziehen die Türken und Arianer, die zwar bekennen, dass Jesus ein Prophet und ein vortrefflicher Mann gewesen ist, aber sie wollen daneben nicht gestehen, dass er der ewige Sohn Gottes sei. Aber von solchen Christus, der nur ein reiner Mensch und nicht auch zugleich ewiger Gott ist, weiß die Heilige Schrift nichts. Denen sind sehr nahe verwandt diejenigen, die zwar bekennen, dass Jesus der ewige Sohn Gottes sei und wahrer Gott, aber sein Amt verdunkeln und lehren, dass wir mit unserem Verdienst Vergebung der Sünden und das ewige Leben erlangen. Diese verleugnen zwar Jesus nicht vollkommen, entziehen ihm aber das Amt Christi oder des Messias, und tun in verstohlenen, heimtückischer Weise, genau das gleiche, was die Juden öffentlich tun. Denn der Apostel Paulus hat nicht vergebens von denen gesagt, die durch ihre eigenen Werke selig werden wollten: Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt und seid von der Gnade gefallen {Gal 5}.
Das: Jetzt zeigt Johannes an, was er von allen vorher erwähnten Sekten hält.
Leugnet: Denn wie viele von ihnen auch solche Lehren vorbringen, die uns die Person und das Amt Christi verfälschen, die sind schlicht Widersacher Christi und nicht für Hirten, sondern für reißende Wölfe zu halten.
23. Wer den Sohn leugnet, der hat auch den Vater nicht.
Vater nicht: Dies ist eine sehr nützliche und heilsame Lehre, die zu wissen hoch notwendig ist. Denn wer sich einen solchen Gott einbildet, der keinen eingeborenen Sohn hat, der mit ihm gleich ewig und eines Wesens ist, der verfehlt den wahren Gott, und ehrt Gott nicht, sondern nur den Dünkel seines Herzens. Darum, obwohl die Juden, Türken und Arianer sich rühmen, sie glauben an Gott den Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde, so lügen sie doch und betrügen sich selbst und haben gar keinen Gott.
24. Was ihr nun gehört habt von Anfang, das bleibe bei euch. So bei euch bleibt, was ihr von Anfang gehört habt, so werdet ihr auch bei dem Sohn und Vater bleiben.
Was: Der Apostel setzt eine Ermahnung hinzu, dass sie bei der rechten und reinen Lehre, die sie gelernt haben, bleiben sollen.
Von Anfang: Wie ihr von uns Aposteln früher unterrichtet worden seid, dieselbe Lehre, die ihr von uns empfangen habt soll nicht aus euren Herzen kommen.
Bleiben: Und nicht von dem wahren Gott abweichen, sondern beides, dem Vater und Sohn zum gnädigen Gott haben, und in dieser seligen Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes ständig bleiben. Man soll deswegen die erste Lehre behalten. Denn das erste ist auch das wahrhaftigste. Die erste Lehre aber ist gewesen, die der Sohn Gottes im Paradies vorgebracht hat, die in den folgenden Zeiten gefälscht worden ist. Und da sie Gott mehrmals durch der Propheten Predigtamt wieder anrichten hat lassen, ist sie doch danach von neuen Verfälschungen wiederum verdorben worden. Nach solchen hat Christus selbst die himmlische Lehre gereinigt und heller ans Licht gebracht als zuvor, aber sie ist nichtsdestoweniger danach mit Ketzereien, menschlichen Vorstellungen und Satzungen verdunkelt worden. Schließlich hat sie Gott zu diesen letzten Zeiten durch Dr. Luther wiederum hervorgezogen, aber die Zwinglianer, Wiedertäufer, Schwenkfeld und ihresgleichen Schwärmer haben sich bald gefunden und die Lehre des Evangeliums an vielen Orten in Deutschland übel zugerichtet. Darum, wo sie bisher rein geblieben ist, soll man sie fest und steif behalten.
25. Und das ist die Verheißung, die er uns verheißen hat: das ewige Leben.
Und: Der Apostel zeigt ferner an, was die zu erwarten haben, die die reine Lehre und den wahren Glauben an Christus standhaft behalten.
Ewige Leben: Dieses werden diejenigen erlangen und davontragen, die in der rechten Lehre und dem wahren Glauben bis ans Ende beharren. Die aber die gesunde Lehre verlassen, die werden ins ewige Verderben fallen.
26. Solches habe ich euch geschrieben von denen, die euch verführen.
Geschrieben: Zur Erinnerung, damit ihr euch mit Fleiß vor den falschen Lehrern hütet. Ich habe auch gutes Vertrauen auf euch, dass ihr in der reinen Lehre beständig bleiben werdet.
27. Und die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt bei euch, und dürft nicht, dass euch jemand lehre, sondern wie euch die Salbung allerlei lehrt, so ist‘s wahr, und ist keine Lüge; und wie sie euch gelehrt hat, so bleibt bei ihm.
Empfangen habt: Nämlich, den Heiligen Geist, den euch Christus gegeben hat, dass er euch auf den Weg der Wahrheit leitet, dieser Geist der Wahrheit, der die heilsamste Salbe ist, wird von euch nicht weichen, sofern ihr ihn nur nicht mit mutwilligen Sünden und Lastern betrübt und austreibt. Obwohl nun die Gläubigen mit dem Heiligen Geist begabt sind, von dem sie regiert werden soll man sie dennoch, sowohl mündlich, als auch schriftlich ermahnen, dass sie auf dem rechten Weg bleiben. Denn der Heilige Geist wirkt durch das Predigtamt des Wortes und hält die Frommen zur Gebühr an.
Und: Der Apostel mildert abermals seine Ermahnungen ab, damit es nicht den Anschein gewinnen würde, als ob er an ihrer Beständigkeit in der rechten Religion zweifeln würde.
Lehre: Wie man die rechte Religion behalten könne.
Die Salbung: Das ist: Der Geist Christi, den er euch gegeben hat, unterrichtet euch nicht nur in einem Artikel der Religion, sondern auch in allen anderen, dass ihr es für recht haltet und was er euch lehrt, das ist sicher, wahrhaft, beständig und nicht falsch.
Bei diesem: Behaltet diese Lehre, die der Geist der Wahrheit euch gelehrt hat. An dieser Stelle will der Apostel jedoch die fantasiereichen Verzögerungen etlicher Menschen keineswegs billigen, die alles, was ihnen einfällt für Offenbarungen des Geistes rühmen, und unterdessen von dem ausdrücklichen Wort Gottes abweichen. Denn der Heilige Geist lehrt uns durch das Wort, das entweder geredet oder geschrieben ist. Und könnten wir dieses Wort nicht recht verstehen, wenn nicht zugleich der Heilige Geist unsere Herzen erleuchten würde.
28. Und nun, Kindlein, bleibt bei ihm, auf dass, wenn er offenbart wird, dass wir Freudigkeit haben und nicht zuschanden werden vor ihm in seiner Zukunft.
Und: Der Apostel ermahnt abermals zur Standhaftigkeit.
Bei ihm: Was ihr durch das Wort von dem Geist Gottes, der euch erleuchtet, gelernt habt, dabei verharrt.
Freude haben: Und ihn mit Freuden anschauen mögen.
Schanden werden: Dass wir nicht mit ewiger Schande und Schmach von ihm verworfen und verstoßen werden. Denn welche die reine Lehre des Evangeliums nicht behalten haben, die werden Christus nicht anschauen können, egal ob es Lehrer oder Zuhörer sind. Darum ist eine Standhaftigkeit notwendig.
29. So ihr wisst, dass er gerecht ist, so erkennt auch, dass, wer recht tut, der ist von ihm geboren.
So: Von der Handlung, dass man sich vor falschen Lehrern hüten soll, wendet sich der Apostel wiederum zur Ermahnung, dass wir gerecht, heilig und unsträflich leben sollen.
Gerecht ist: Und heilig. Nämlich unser Herr und Gott, bei dem gar keine Ungerechtigkeit und Unreinheit statt hat.
Geboren: Er ist ein Kind und Erbe Gottes, aus Wasser und Geist wiedergeboren, der aus Glauben Gutes wirkt. Wenn wir deswegen aus wahrem Glauben Gutes tun, so werden wir dadurch auch vergewissert, und schließen richtig daraus, dass wir wahrhaft in der Zahl der Kinder Gottes sind, die das ewige Leben und die himmlische Erbschaft erlangen werden. Darum sollen wir in der Gottseligkeit nicht träge sein, sondern freudig und alle Mühe und Arbeit mit Geduld ausstehen.
Das 3. Kapitel
- Zunächst wird von der Würde und dem Glück der Kinder Gottes gehandelt.
- Danach untersteht er sich, mit mancherlei Gründen die Gläubigen dahin zu überreden, dass sie sich um ein neues Leben bemühen sollen.
1. Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, dass wir Gottes Kinder sollen heißen! Darum kennt euch die Welt nicht, denn sie kennt ihn nicht.
Seht: Der Apostel fährt noch weiter fort, die Christen zu ermahnen, dass sie gottselig leben und rechtschaffene Liebe gegeneinander üben sollen.
Sollen heißen: Ist dies nicht eine große Liebe Gottes, unseres himmlischen Vaters, uns gegenüber, dass er uns arme, elende Sünder so hoch gewürdigt und zu solcher Glückseligkeit erhoben hat, dass wir Erben der himmlischen und ewigen Gütern sind? Darum will es uns gebühren, dass wir wahrhaft und von Herzen dankbar gegenüber Gott sind, diese Dankbarkeit nicht nur mit Worten, sondern auch in der Tat zeigen. Und die Kinder Gottes soll nicht so leben, wie die Kinder des Teufels, was unserer herrlichen Aufgabe sehr schlecht anstehen würde.
Ihn nicht: Darum ist es kein Wunder, dass die Welt von den Kindern Gottes viel anderes hält und sie nicht dafür erkennt, sondern vielmehr urteilt, sie seien von Gott verstoßen und verworfen, und sie sind eine unnütze Last der Erde, die man aus der Welt schnellstmöglich wegräumen müsste. Denn die Weltkinder kennen Gott den himmlischen Vater und seinen Willen nicht, wie sollten sie dann seine Kinder erkennen? Diesen Trost sollen wir dem verkehrten Urteil der Welt entgegensetzen, und diese als nicht so hoch achten oder uns anfechten lassen, wenn die gottlosen Menschen und Heuchler uns für einen Fluch halten, und uns für Ketzer und die schändlichsten Menschen fälschlicherweise ausschreien, denen man das Brot wegnehmen müsse, damit die Welt wieder sauber würde. Denn unser himmlischer Vater urteilt ganz anders von uns, und hält uns für seine lieben Kinder.
2. Meine Lieben, wir sind nun Gottes Kinder, und ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen, wie er ist {Röm 8v29}.
Meine: Johannes fährt noch weiter fort, seine vorige Meinung zu bestätigen.
Sein werden: Es zeigt sich noch nicht in der Realität und vor Augen, in welch große Herrlichkeit und Majestät wir im anderen, himmlischen und ewigen Leben sein werden.
Ihm gleich: Nämlich, unserem Bruder Christus. Denn wir werden in jenem Leben nicht nur vollkommen gerecht und heilig sein, sondern Christus wird auch unseren nichtigen Leib verklären, dass er seinem verklärten Leib ähnlich sein wird {Phil 3}. Und die Gerechten werden leuchten wie die Sonne im Reich ihres Vaters {Mt 13} auch werden wir dann nicht nur die völlige Majestät Christi sehen, sondern auch die Heilige Dreifaltigkeit vollkommen und nicht mehr in dunklen Worten anschauen und Gott erkennen, wie wir von ihm erkannt sind und die himmlische Herrlichkeit von ihm empfangen. So wie eine polierte Materie, wenn sie gegen das Licht der Sonne gehalten wird, deren Glanz so in sich einfängt, dass man sie kaum anschauen kann. Darum, wenn du einen frommen Menschen siehst, der entweder arm, krank oder wegen seines Alters hässlich und Ungestalt ist, Salomons einhergeht, und von der Welt vollkommen verachtet wird, so sollst du daran denken, du bist einer von den Kindern Gottes, den du in jener Welt mit himmlischer Majestät und Herrlichkeit geziert und geschmückt wieder sehen wirst. Darum verachte ihn nicht wegen seiner äußeren Gestalt, sondern zeige dich ihm gegenüber freundlich und gutwillig und sei ihm mit rechtschaffener Liebe wohl gewogen.
3. Und ein jeglicher, der solche Hoffnung hat zu ihm, der reinigt sich, gleichwie er auch rein ist.
Und: Nachdem der Apostel das verkehrte Urteil der Welt von den Kindern Gottes widerlegt hat, so fängt er jetzt wiederum an, die Christen zu ermahnen, dass sie heilig und unsträflich leben sollen.
Zu ihm: Seinem Gott, dass er von diesem die ewige Erbschaft empfangen wird.
Reinigt sich: Dass er sich um Reinheit, Heiligkeit und Unschuld bemüht, und sich von aller Befleckung und Unreinheit dem der Sünde so weit wie möglich enthält, weil er weiß, dass sein Gott der reinste und heiligste ist. Die deswegen nach ihrem Wohlgefallen leben und sich mit Schande und Laster beflecken, die rühmen sich vielleicht mit Worten, dass sie auf die himmlische Erbschaft warten, aber im Herzen haben sie freilich keine Hoffnung dazu, sonst würden sie sich nach dem Willen Gottes, der der Allerheiligste ist, richten.
4. Wer Sünde tut, der tut auch Unrecht; und die Sünde ist das Unrecht.
Auch Unrecht: Und handelt gegen das Gesetz Gottes.
Das Unrecht: Was gegen Gottes Willen und Befehl geschieht. Und wer gegen das Gesetz Gottes sündigt, der sündigt auch gegen Gott, der das Gesetz gegeben hat und beleidigt. Darum sollen wir mit Fleiß vermeiden, alles was dem Gesetz Gottes zuwider ist, damit wir unserem himmlischen Vater nicht erzürnen.
5. Und ihr wisst, dass er ist erschienen, auf dass er unsere Sünden wegnehme; und ist keine Sünde in ihm {Jes 53v9 Joh 8v46 2Kor 5v21 1Petr 2v22}.
Er: Nämlich, der Sohn Gottes ist darum in diese Welt gekommen, dass er die schwerste Last unserer Sünden, die uns bis zur Hölle hinunterdrücken würde, von uns wegnehmen kann. Warum wollten wir denn von neuem unsere Gewissen mit Sünden beschweren? Und weil demnach Christus keine Sünde begangen hat, und auch kein Betrug in seinem Mund gefunden worden ist, so will es uns ständig gebühren, dass wir lernen, die Unschuld, Heiligkeit Wohltätigkeit unseres Erlösers nachzumachen. Besonders weil er sagt: Lernt von mir {Mt 11}. Und gibt unsere Erlösung den Frommen keinen Anlass zum sündigen, sondern ermuntert vielmehr die Trägen, dass sie sich um die Gottseligkeit bemühen. Und wir sollen Christus auf zweierlei Weise betrachten. Zum einen, als einen Erlöser, danach als ein Vorbild der Gottseligkeit, dem man folgen soll.
6. Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer da sündigt, der hat ihn nicht gesehen noch erkannt.
Ihm bleibt: Nämlich in Christus, als eine Rebe an einem Weinstock.
Sündigt nicht: Er begibt sich nicht in ein unordentliches, lasterhaftes Leben, in rohe Sicherheit und verstockte Bosheit. Denn sündigen heißt an dieser Stelle nicht, aus fleischlicher Schwäche gelegentlich etwas zu übertreten, sondern ein schandloses und ungebührendes Leben zu führen. Ansonsten gibt es keinen Christen, der nicht manchmal, ja auch täglich sündigt. Das Gute, dass ich will, das tue ich nicht, sondern dass Böse, dass ich nicht will, das tue ich {Röm 7}. Die Christen aber fürchten Gott und bemühen sich um die wahre Gottseligkeit. Hingegen verhängen die Gottlosen ihren Begierden den Zaum ohne jede Gottesfurcht, und haben Lust zu den Lastern. Und ein Christenmensch gleicht einem, der auf einem Fußweg mit Fleiß und sorgsam einhergeht, und sich hütet, dass er nicht den Schmutz weder auf der einen noch auf der andern Seite hinein tritt. Jedoch geschieht es bisweilen, dass ihn entweder ein starker Wind treibt oder er sich nicht ausreichend vorsieht, und mit einem Fuß in den Dreck tritt, oder vielleicht auch ausrutscht, dass er hinein fällt. Dieses tut ihm dann leid, er zürnt mit sich selbst, steht schnell wieder auf, macht sich wieder sauber, so gut er kann und hütet sich in Zukunft noch besser. Aber die Gottlosen gehen mit Fleiß in den Dreck, haben Lust auf den Wust der Sünde und wollen nicht auf dem Fußweg der Gerechtigkeit wandeln. Auch wenn sie sich so stellen, als würden sie etwas Rechtes tun, so ist es ihnen doch kein Ernst und es geschieht nicht um der Ehre Gottes und der Wohlfahrt des Nächsten willen, sondern entweder, dass sie von Menschen gepriesen werden, oder weil sie sich einen Nutzen davon erhoffen, und so den Menschen gefällig sind, und vor den Augen dienen.
7. Kindlein, lasst euch niemand verführen! Wer recht tut, der ist gerecht, gleichwie er gerecht ist.
Verführen: Und von gottlosen Menschen zum sündigen Reizen und antreiben, dass ihr deren gottlosen Wesen und Leben nachfolgen wollt. Denn man soll sich vor den ärgerlichen Reden dieser rohen Menschen, die bisweilen von ihnen vorgebracht werden, damit sie ihre Sünden unbedeutender machen, und den Zorn Gottes, samt der Höllenstrafe verachten und verlachen, die Ohren verstopfen. Wer kann sich (so sagen sie) denn in den Himmel heben. Der Teufel (sagen sie) ist nicht so schwarz, als man ihn malt, und die Hölle nicht so heiß, wie sie die Pfaffen machen. Also, Gott hat den Himmel den Gänsen nicht erschaffen. Und dergleichen gottlose Reden mehr. Wenn wir nun solche gottlosen Reden hören, sollen wir der Ermahnung Paulus uns erinnern, als er sagt: Böses Geschwätz verdirbt gute Sitten {1Kor 15}. Darum sollen wir solche Reden an den Ohren vorbeigehen lassen, und uns ihrer nicht annehmen.
Recht tut: Und sich dessen nicht nur mit Worten rühmt. Denn die die Gerechtigkeit des Glaubens rühmen und daneben ein ungerechtes und lasterhaftes Leben führen, die sind nicht gerecht, weder vor Gott noch vor den Menschen.
Er gerecht ist: Nämlich unser Heiland Jesus Christus, der niemals eine Sünde getan hat, dem wir mit Fleiß nachfolgen sollen.
8. Wer Sünde tut, der ist vom Teufel; denn der Teufel sündigt von Anfang. Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre {Joh 5v18}.
Von Anfang: Als der, bald nachdem er erschaffen worden war, von Gott abgefallen ist, gesündigt und das menschliche Geschlecht in Sünde gestürzt hat, und er von dieser Zeit an nie aufgehört hat zu sündigen, sondern Lust zur Sünde hat und auch andere dazu reizt. Darum zeigen die das Ebenbild des Satans, und nicht dass des himmlischen Vaters, die sich über die Laster des Unrechten freuen und sich darin wie die Säue im Kot wälzen.
Zerstöre: Der Sohn Gottes ist darum Mensch geworden, damit er zerstört, was der Satan ins Werk gerichtet hat, und was dieser verdorben hat, er wiederum zurecht bringen kann. Die Werke des Teufels aber sind, die Menschen zum sündigen anzutreiben und sie danach ins ewige Verderben zu stürzen. Darum sollen wir daran denken, warum der Sohn Gottes in diese Welt gekommen ist, nämlich, dass er die Werke des Teufels aufhebt und zerstört, und wir sollen dem Satan in seinen Werken nicht helfen, sondern sein Tun verhindern und ihm starken Widerstand leisten, und weil wir durch Christus von unseren Sünden erlöst sind, sollen wir uns nicht selbst wieder in die Stricke des Teufels verwickeln. Es halten sich aber an den Satan und sind Christus zuwider, die sich auf Schande und Laster legen, und im vollen Lauf der Hölle entgegen rennen.
9. Wer aus Gott geboren ist, der tut nicht Sünde; denn sein Same bleibt bei ihm, und kann nicht sündigen; denn er ist von Gott geboren {1Joh 5v18}.
Nicht Sünde: Die wahrhaftig Gottes Kinder sind, die hängen ihren Begierden nicht nach, werfen die Furcht Gottes nicht hinter sich zurück, und meiden ein sicheres rohes Leben, weil sie vom Heiligen Geist regiert und erhalten werden, damit sie aus der Gnade Gottes nicht schließlich herausfallen. Denn obwohl sie gelegentlich straucheln und fallen, so stehen sie doch wieder auf und tun Buße. Obwohl es nun geschehen kann, dass etliche in der Taufe nicht wahrhaft wieder geboren werden (wie der Zauberer Simon die Taufe nur zum Schein und aus falschem Herzen und nicht mit Ernst angenommen hat) jedoch muss man nach der allgemeinen Regel der heiligen Schrift glauben, dass die, besonders die Kinder, die getauft werden, in der Taufe wahrhaft wiedergeboren werden. Denn Paulus nennt die Taufe ein Bad der Wiedergeburt. Und der gleiche Apostel sagt: Wie viele von euch getauft sind, die haben Christus angezogen {Gal 3}. Darum sind die nicht recht dran, die die Taufe und die Wiedergeburt so unterscheiden, dass sie leugnen, die Taufe sei ein Werkzeug, wodurch wir wieder geboren werden und sagen, sie sei allein ein Zeichen der Wiedergeburt, die wohl über viele Jahre später erst erfolgen könne. Denn das läuft den Worten Christi zuwider, als er sagt: Dass wir aus Wasser und Geist wiedergeboren werden {Joh 3}. Denn gleichwie das Wort Gottes ein Instrument oder Werkzeug ist, wodurch die Auserwählten zu Gott bekehrt werden, obwohl nicht alle, die das Wort Gottes hören, Buße tun, so ist die Taufe ein Instrument und Werkzeug der Wiedergeburt, obwohl etliche, die die Taufe nicht mit Ernst annehmen, sondern böse Buben und Verführer sind, nicht wiedergeboren werden. Wer aber getauft ist und dem Evangelium glaubt, der soll es gewiss dafür halten, dass er wahrhaftig in der Zahl der Kinder Gottes und ein Erbe der himmlischen Güter ist. Denn wir haben eine gewisse Verheißung Christi, der da sagt: Predigt das Evangelium allen Geschöpfen, wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden {Mk 16}.
10. Daran wird‘s offenbar, welche die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels sind. Wer nicht recht tut, der ist nicht von Gott, und wer nicht seinen Bruder lieb hat.
Daran: Der Apostel fährt noch weiter fort, auf die Gottseligkeit zu dringen und zwischen richtigen und falschen Christen zu unterscheiden.
Teufels sind: Als wollte er sagen: Ich will euch zeigen, wie ihr die Kinder Gottes von den Kindern des Teufels unterscheiden könnt.
Lieb hat: Dass er kein ehrbares und gottseliges Leben führt und die Liebe gegenüber dem Nächsten nicht zeigt, der ist kein Kind Gottes.
11. Denn das ist die Botschaft, die ihr gehört habt von Anfang, dass wir uns untereinander lieben sollen {Joh 13v34 15v12}.
Botschaft: Die uns Christus hell und klar verkündigt hat, dass wir Liebe gegeneinander haben sollen, wenn wir unter seine Jünger und Miterben gezählt werden wollen. Darum, wer keine Liebe in seinem Herzen hat, der soll wissen, dass er auch keinen Anteil hat mit Christus an der himmlischen Erbschaft. Ein neues Gebot (sagt Christus) gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, gleichwie ich euch geliebt habe, auf dass auch ihr einander lieb habt. Dabei wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt {Joh 13}. Darum sollen wir uns untereinander lieben und die Liebe mit allerlei Diensten und Gutwilligkeit gegeneinander erklären.
12. Nicht wie Kain, der von dem Argen war und erwürgte seinen Bruder. Und warum erwürgte er ihn? Dass seine Werke böse waren und seines Bruders gerecht {1Mos 4v8}.
Wie Kain: Sollen wir nämlich unseren Nächsten Übles tun.
Argen war: Nämlich vom Teufel, weshalb er auch in seines Vaters, als eines Mörders Art geschlagen ist. Und es werden uns die Taten böser Menschen in der Schrift nicht darum vorgehalten, dass wir sie nachtun, sondern dass wir sie meiden sollen.
Erwürgt er ihn: Ohne dass sein Bruder Abel etwas getan hätte, dass des Todes würdig gewesen wäre. Übt nicht auch so die Obrigkeit an den Übeltätern billige Rache? Freilich nicht. Sondern das war die Ursache, weshalb Kain seinen Bruder Abel umbrachte, weil er sah, dass Gott seinen Bruder ihm vorzieht wegen seiner Frömmigkeit, er aber wegen seiner Bosheit von Gott gehasst wurde. Denn Gott sah Abel und sein Opfer gnädig an, Kain aber und sein Opfer sah er nicht an, sondern verachtete es {1Mos 4}. Darum ist Abel von seinem Gottlosen Bruder verfolgt und erwürgt worden, nicht dass er so übel gehandelt hätte, sondern weil er fromm und unserem Herrn Gott lieb und angenehm gewesen war.
Verwundert: Der Apostel kommt auf die allgemeine Lehre von der Geduld in der Verfolgung, und regt diese kurz an, danach kommt er wieder auf sein eigentliches Vorhaben.
Welt hasst: Denn sie hasst und verfolgt euch nicht, weil ihr es verschuldet hättet, und nichts Besseres verdient hättet, sondern sie plagt euch aus dem Grund, weil euer gottseliger Wandel ihrer Bosheit zuwiderläuft und ihn öffentlich verwirft. Darum sollt ihr euch der Verfolgungen nicht schämen. Denn es ist viel besser, um der Gerechtigkeit als um einer Übeltat willen zu leiden {1Petr 4}. Besonders, weil uns Christus eine reiche Belohnung versprochen hat, als er sagt: Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn das Himmelreich gehört Ihnen {Mt 5}.
14. Wir wissen, dass wir aus dem Tode in das Leben kommen sind; denn wir lieben die Brüder. Wer den Bruder nicht liebt, der bleibt im Tode {3Mos 19v17 1Joh 2v11}.
Wir: Der Apostel wendet sich wieder auf sein Vorhaben, dass er uns ermahnt, wie wir Liebe üben sollen.
Gekommen sind: Auch wenn wir von der Welt verachtet und geplagt werden, so ist uns doch dieses ein sicheres Zeichen und Zeugnis, dass wir der Verdammnis und dem ewigen Tode entgehen werden. Hingegen aber haben wir die ewige Seligkeit sicher zu erwarten, nicht , als ob wir sie bereits besitzen würden, weil wir den Nächsten lieben. Doch nicht, dass wir um solcher, unserer Liebe willen, Vergebung der Sünden und das ewige Leben erlangen würden, denn diese widerfährt uns allein um des Verdienstes Christi willen, wenn wir es mit Glauben ergreifen, sondern dass unser Glaube und unsere Hoffnung von der ewigen Seligkeit so oft vergewissert wird, so oft wir ein gutes Werk tun, weil solche guten Früchte bezeugen, dass der Baum gut ist {Mt 7}.
Wer: Der Apostel hält immer eines gegen das andere, damit man umso besser spüren und sehen könne, wie weit Bosheit und Frömmigkeit voneinander entfernt sind.
Nicht liebt: Dass er keine brüderliche Liebe in seinem Herzen hat, der ist noch in seinen Sünden und wird der Verdammnis nicht entgehen, weil ihm bewiesen werden wird, dass er keinen wahren und gerecht machenden Glauben hat. Denn ein rechter Glaube ist durch die Liebe tätig {Gal 5}.
15. Wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger; und ihr wisst, dass ein Totschläger nicht hat das ewige Leben bei ihm bleibend.
Totschläger: Vor Gott, wenn er auch ansonsten seinem Bruder mit keinem Finger anrührt. Darum ist es kein Wunder, dass er der Verdammnis nicht entgeht, weil er seinen Bruder viel mehr hasst, als liebt.
Bleibend: Denn obgleich jemand die Hoffnung des ewigen Lebens gehabt hätte, so hat er doch diese wiederum verloren, wenn er zum Totschläger geworden ist. Und alle diese sind Totschläger, die ihre Brüder hassen. Es hassen aber alle die ihre Brüder, die sie nicht lieben. Denn ein Christ hasst oder liebt seinen Mitbruder, und es gibt kein Zwischending. Wer sich also das Unglück seines Nächsten nicht zu Herzen gehen lässt, dass er ihm die Werke der Liebe erweist, obwohl er kann, der hasst diesen vor Gott, und in seinem Herzen. Wie viel mehr aber ist der ein Totschläger vor Gott, der mit Rachgier gegenüber seinem Nächsten brennt und ihm aus giftigem Herzen Böses wünscht, oder ihn mit Schmach und Scheltworten angreift? Deswegen gibt es unsagbar viele Totschläger in der Welt, die die weltliche Obrigkeit zwar nicht alle nach den weltlichen Satzungen zur Strafe ziehen kann, aber Gott wird sie der ewigen Strafe ziehen.
16. Daran haben wir erkannt die Liebe, dass er sein Leben für uns gelassen hat; und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen {Joh 15v13 Eph 5v2}.
Daran: Damit sich nicht jemand selbst betrügt und einredet, er habe die brüderliche Liebe, wenn es doch nicht so ist, so deckt der Apostel auch diesen falschen Schein auf.
Brüder lassen: Wenn wir sie von Herzen lieben und in der Tat zeigen wollen, dass wir die brüderliche Liebe haben. Es will aber der Apostel nicht, dass ein frommer und unschuldiger Mensch für einen Lasterhaften und Übeltäter die Strafe des Todes ausstehen soll. Denn dies wäre Unsinn und keine Frömmigkeit. Sondern seine Meinung ist, dass wir in unserem Beruf um des Nächsten willen keine Gefahr scheuen sollen, und unsere Mitchristen nicht in Nöten stecken lassen sollen, wenn wir Ihnen zu Hilfe kommen können, auch wenn es unter Gefahr unseres Lebens geschehen sollte. So wie jemand, der bei der Pest denen dient, denen er es wegen seines Amtes schuldig ist, und sie nicht verlässt, wenn er auch dabei angesteckt werden sollte und stirbt, der lässt wahrhaftig sein Leben für die Brüder. Oder wer einen unschuldigen Menschen vor der Obrigkeit durch ordentliche Mittel verteidigt und sich vom Zorn der Obrigkeit, wenn diese tyrannisch handelt, nicht schrecken lässt, der lässt sein Leben für die Brüder. Auch der, der in einer Feuersbrunst oder Überschwemmung seinem Bruder in der Gefahr zur Seite springt und sich nicht darum kümmert, dass er auch in Gefahr schweben könnte, und umkommen könnte, der lässt das Leben für die Brüder. Der von der Obrigkeit in den Krieg geführt wird, dass er gegen die Feinde streitet, sein Vaterland schützt und Gerechtigkeit, Ehrbarkeit und die Religion handhabt, von dem wird zu Recht gesagt, dass er sein Leben für die Brüder lässt, egal ob er in der Schlacht umkommt, oder als ein Sieger wieder heimkehrt. Denn er ist bereit gewesen, für die Brüder, für das Gesetz und für das Vaterland zu sterben.
17. Wenn aber jemand dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darben und schließt sein Herz vor ihm zu: wie bleibt die Liebe Gottes bei ihm {Joh 4v20 5v1}?
Wenn: Der Apostel rügt diejenigen meisterlich, die Christen sein wollen und doch nicht nur ihr Leben für die Brüder nicht lassen, sondern auch für die Bedürftigen Brüder von ihren Gütern nichts abgeben.
Ihm zu: Dass er kein Mitleid mit ihm hat und sich nicht um ihn kümmert, der kann nicht sagen, dass er Gott, seinem Herrn, standhaft und rechtschaffen liebt und auch wenn es früher das Ansehen gehabt hat, als würde er Gott lieben, so ist doch ausreichend zu spüren, dass diese Liebe in seinem Herzen erloschen ist. Denn wer seinen Nächsten, den er sieht, nicht liebt, wie wollte dieser Gott lieben, den er nicht sieht? Davon spricht er im folgenden 4. Kapitel des Johannes.
18. Meine Kindlein, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.
Mit der Tat: Denn es ist nicht genug, dass man mit Worten viel von der Liebe rühmt und sich freundlich stellt, danach aber, wenn es zum Treffen kommt, die Hand wegzieht, sondern man muss die Liebe auch im Werk und mit der Tat beweisen. Zumal Gott aller Heuchelei feind ist. Und die mit Worten viel versprechen, aber tatsächlich nichts leisten, die sind so wie die Wolken, die das Ansehen haben, als wollten sie einen fruchtbaren Regen geben, was jedoch nicht geschieht {2Petr 2}.
19. Daran erkennen wir, dass wir aus der Wahrheit sind, und können unser Herz vor ihm stillen,
Daran: Der Apostel bringt noch einen anderen Grund vor, warum wir Liebe üben sollen, nämlich, dass wir ein ruhiges Gewissen haben und behalten.
Stillen: Wenn wir nämlich die wahre Liebe gegenüber den Brüdern üben, so empfangen wir eben damit ein Zeugnis in unserem Gewissen, dass wir Gott wahrhaftig und recht erkennen, und dürfen mit gutem und ruhigem Gewissen zu ihm treten, weil wir uns selbstbewusst sind, dass wir bis daher keine unfruchtbaren und faulen Bäume gewesen sind. Denn obwohl wir uns in Sachen der Rechtfertigung keineswegs auf unsere Verdienste verlassen sollen, jedoch, wenn wir durch den Glauben gerechtfertigt, und mit Gott versöhnt worden sind, so gibt es eine große Ruhe und Freude des Gewissens, weil wir wissen, dass wir uns um unseren Nächsten wohl verdient gemacht haben. Das will Petrus, als er sagt: darum tut desto mehr Fleiß, euren Beruf und Erwählung festzumachen {2Petr 1}.
20. dass, so uns unser Herz verdammt, dass Gott größer ist denn unser Herz und erkennt alle Dinge.
Verdammt: Dass er uns der Bosheit und Unrecht beschuldigt, und unser Gewissen uns überzeugt, dass wir den Brüdern nichts Gutes getan haben, sondern ihnen vielmehr alles Übel erwiesen haben, so stehen unsere Sachen sehr schlecht, und Gott wird uns vielmehr verdammen, auch werden wir sein Urteil über uns nicht verwerfen können, weil er alles weiß und auch unsere der Gedanken kennt, wie wollen wir dann vor ihm bestehen? Denn er kennt nicht nur das, was wir Übles getan haben, sondern auch, was wir Böses gedacht haben, ans Licht bringen. Wie soll man sich dann verhalten, wenn uns unser Herz anklagt? Soll man darum verzagen? Nein, sondern man soll Buße tun und wir sollen vor unseren Heiland Christus einen demütigen Kniefall machen, ihm bekennen, dass wir übel gelebt und unserem Nächsten mehr geschadet, als genutzt haben, ihn demütig um Verzeihung bitten und auf seinen vollkommenen Verdienst unser Vertrauen setzen, auch bitten, dass er uns seinen Heiligen Geist geben möge, der uns regiert und wir sollen zukünftig tun, was uns als Christen gebührt. So wird es geschehen, dass uns unser Herz und unser Gewissen nicht mehr verdammen wird. Denn gleichwie die Schulden, die wir bezahlt haben uns nicht mehr ängstigen, so sollen auch unsere Sünden, die mit dem Blut Christi durchgestrichen und getilgt worden sind, uns, die wir durch den Glauben mit Gott versöhnt sind, in unserem Gewissen keine Unruhe mehr machen.
21. Ihr Lieben, so uns unser Herz nicht verdammt, so haben wir eine Freudigkeit zu Gott {Ps 10v17 34v16 145v18 v19 Spr 15v29 Mt 21v22 1Joh 5v14 v15 Jak 5v16}.
Ihr: Jetzt zeigt der Apostel an, was es für ein großes Glück ist, wenn jemand ein fröhliches und ruhiges Gewissen hat.
Zu Gott: Dass wir mit fröhlichem Herzen vor Gott treten dürfen, wie die Kinder mit großem Vertrauen zu ihren Eltern gehen, wenn sie sich nichts Böses bewusst sind, und den Willen der Eltern getan haben. Dennoch werden wir durch die Werke vor Gott nicht gerechtfertigt, weil diese Freude und die Ruhe des Gewissens, die aus den guten Werken herkommt, nicht vor der Rechtfertigung hergeht, sondern danach folgt. Darum können unsere guten Werke keine Ursache unserer Rechtfertigung sein, weil was später folgt kann nicht die Ursache des vorangegangenen sein.
22. und was wir bitten, werden wir von ihm nehmen; denn wir halten seine Gebote und tun, was vor ihm gefällig ist.
Gefällig ist: Darum wird er uns, seinen lieben und gehorsamen Kindern nichts abschlagen. Und wir erlangen mehr von Gott, wenn wir ständig mit solcher Freude vor ihn treten und ihn bitten können.
23. Und das ist sein Gebot, dass wir glauben an den Namen seines Sohnes Jesu Christi und lieben uns untereinander, wie er uns ein Gebot gegeben hat {Joh 6v29 3Mos 19v18 Lk 10v27 Joh 13v34 15v12}.
Und: Der Apostel zeigt an, was wir den tun sollen, dass wir mit gutem Gewissen vor Gott treten können.
Gebot gegeben: Dass wir an ihn glauben und unseren Nächsten lieben sollen. Es ist deswegen das vornehmste Gebot Gottes, dass wir glauben an unseren Erlöser Jesus Christus. Denn wer nicht an den Sohn Gottes glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm {Joh 3}. Danach soll dieser Glaube durch die Liebe tätig sein, dass wir um Christi willen auch unseren Nächsten lieben, so wie er uns geliebt hat.
24. Und wer seine Gebote hält, der bleibt in ihm und er in ihm. Und daran erkennen wir, dass er in uns bleibt: an dem Geist, den er uns gegeben hat {Joh 14v23 15v10 Röm 8v9 1Joh 4v13}.
Gebot hält: Dass er an Christus glaubt und seinen Nächsten liebt, der ist eine Rebe an dem Weinstock Christi, welchem er so eingepflanzt ist, dass er von diesen nicht mehr abgesondert werden kann. Die deswegen an Christus glauben und aus Glauben Gutes wirken, die sollen gewiss wissen, dass sie nicht nur in der Gnade sind, sondern auch, dass sie darin bis ans Ende beharren werden, gegen den Zweifel der Katholiken.
Gegeben hat: Weil wir die Wirkung des Heiligen Geistes in uns empfinden, den wir von Christus empfangen haben, so schließen wir recht daraus, dass Christus durch den Glauben in uns wohnt, und dass er in uns bleiben wird bis ans Ende. Denn Christus wohnt in den Gläubigen, wie er sagt: Wer mich liebt, der wird meine Worte halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen {Joh 14}. So lange wir aber Christus bei uns behalten, wird der Satan keine Macht an uns haben, uns zu verderben. Denn obwohl er, wenn es ihm Gott zulässt, uns das zeitliche Leben nehmen kann, so kann er doch die Seele nicht umbringen. Darum sollen wir heilig leben und unsere Leiber, die Tempel Gottes sind, nicht mit Lastern besudeln, damit uns Gott mit seiner Gnade nicht verlässt.
Das 4. Kapitel
- Der Apostel handelt zunächst davon, wie man die falschen Lehrer erkennen und meiden soll.
- Danach rühmt er die Liebe Gottes, die Gott dem menschlichen Geschlecht erwiesen hat, und nimmt eine Ermahnung daher, dass man den Nächsten auch von Herzen lieben soll.
1. Ihr Lieben, glaubt nicht einem jeglichen Geist, sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind; denn es sind viel falsche Propheten ausgegangen in die Welt {Apg 20v28 v29 Röm 16v17 Phil 3v2 1Kön 22v22 Mt 7v15}.
Ihr: Der Apostel warnt abermals, dass wir uns vor falschen Lehrern hüten sollen, danach ermahnt er uns, dass wir der Liebe nachstreben sollen, und nimmt seine Beweise größtenteils aus der Liebe Gottes, womit er uns elende Sünder aufnimmt.
Jeglichen Geist: Das ist: Falschen Lehrern, die sich rühmen, dass sie aus der Erleuchtung des Heiligen Geistes reden.
Prüft: Gebt fleißig acht auf ihre Lehre, damit ihr merken könnt, ob sie rein und von Gott gesandt ist oder nicht.
Falsche Propheten: Denn wenn der Satan sieht, dass Christus eine Kirche gepflanzt wird, so bemüht er sich sehr schnell, diese mit falscher Lehre und Irrtümern zu verführen. Aber Gott erweckt in der Kirche vortreffliche Männer, die den Irrtum bald spüren und die die Kirche warnen, dass sie sich hüten soll. Von dieser Gabe des Heiligen Geistes erzählt Paulus unter anderem in seinem ersten Brief an die Korinther Kapitel 12.
2. Daran sollt ihr den Geist Gottes erkennen: Ein jeglicher Geist, der da bekennt, dass Jesus Christus ist in das Fleisch kommen, der ist von Gott;
Daran: Jetzt lehrt der Apostel, wie man die reinen Lehrer von den falschen unterscheiden kann.
Geist Gottes: Dass er durch einen Menschen redet.
Fleisch kommen: Es bekennen aber die, dass Jesus Christus ins Fleisch gekommen ist, die lehren, dass der Sohn Gottes von Ewigkeit her vom Vater geboren ist und danach in der Zeit menschliche Natur an sich genommen hat, so dass Christus aus zwei Naturen in einer unzertrennten Person besteht, und dass dieser Jesus Christus ist, das ist, der Heiland der Welt, der allein die Versöhnung ist für die Sünden der ganzen Welt. Die aber bekennen nicht, dass Jesus Christus ins Fleisch gekommen ist, die seine Gottheit leugnen, wie die Arianer und die seine Menschheit leugnen, wie die Eutychianer und Marcioniten, auch die, die Person Christi trennen und zerreißen, wie die Zwinglianer und die sagen, dass durch unseren eigenen Verdienst vor Gott die Sünden versöhnt werden, wie die Katholiken.
3. und ein jeglicher Geist, der da nicht bekennt, dass Jesus Christus ist in das Fleisch kommen, der ist nicht von Gott. Und das ist der Geist des Widerchrist, von welchem ihr habt gehört, dass er kommen werde, und ist jetzt schon in der Welt {1Joh 2v22 5v1}.
Jetzt schon: Der Apostel Johannes nennt aber alle falschen Lehrer, die dem Herrn entgegen und zuwider lehren und die reine Lehre von Christus verfälschen.
4. Kindlein, ihr seid von Gott und habt jene überwunden; denn der in euch ist, ist größer, denn der in der Welt ist.
Jene: Die falsch lehren, deren Irrtum habt ihr Recht erkannt und vermieden.
Welt ist: Nämlich der Satan. Darum seid ihr durch Gottes Hilfe entgangen, dass euch die falschen Lehrer nicht verführt und ins Verderben gebracht haben. So oft wir deswegen in Gefahr stecken, egal ob es den Leib oder die Seele betrifft, so sollen wir uns erinnern, dass Gott, der in uns ist, mächtiger ist als der Satan, und darum nicht zweifeln, es werde uns alles zum Besten und zu unserer Seligkeit dienen.
5. Sie sind von der Welt; darum reden sie von der Welt, und die Welt hört sie {Joh 15v19}.
Von der Welt: Und gottlose Menschen, die nur mit weltlichen Gedanken umgehen.
Reden sie: Und lehren solche Sachen, die den Kindern dieser Welt nach der menschlichen Vernunft zusagen und gefallen, und was vor der Vernunft einen Schein hat.
Hört sie: Nimmt ihre Lehre an und billigt sie, weil sie mit der Vernunft übereinstimmt. Denn die falsche Lehre ist der menschlichen Vernunft gemäß, und dem verdorbenen Fleisch angenehm. Darum hält die Welt solche Lehrer hoch und rühmt sie sehr. So lehren heutzutage die Calvinisten, was scheinbar ist und mit der menschlichen Vernunft begriffen werden kann, weshalb viele den Calvinismus annehmen und fördern, weil man nicht glauben darf, wenn gesagt wird, was mir mit unseren fünf Sinnen begreifen, und mit menschlichen Verstand fassen können.
6. Wir sind von Gott, und wer Gott erkennt, der hört uns; welcher nicht von Gott ist, der hört uns nicht. Daran erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums {Joh 8v47}.
Von Gott: Der hat uns Apostel gesandt, und nicht die falschen Lehrer.
Uns nicht: Sondern verwirft unsere Lehre, weil er von dem Geist Gottes nicht regiert wird.
Erkennen wir: Und können die rechte und falsche Lehre unterscheiden. Denn welche die apostolische Lehre hören, die werden vom Geist der Wahrheit regiert. Die aber diese nicht hören wollen, sondern andere Sachen, die der apostolischen Lehre zuwiderlaufen, vorbringen, die werden vom Geist des Irrtums getrieben, und sind vom Satan geblendet. Darum soll man die nicht hören, die im geringsten von der apostolischen Lehre abweichen, wenn sie auch die himmlischen Offenbarungen rühmen. Denn die Lehre der Apostel ist mit göttlichen Wunderwerken bestätigt, und man darf nach diesen auf keine anderen mehr erwarten. Darum sollen wir die unsinnige Weise des Mohamed, und die geistlosen Entzückungen der Wiedertäufer und Schwenkfelder verwerfen.
7. Ihr Lieben, lasst uns untereinander liebhaben; denn die Liebe ist von Gott; und wer lieb hat, der ist von Gott geboren und kennt Gott.
Ihr: Jetzt wendet sich der Apostel wieder zur Ermahnung, dass wir uns der brüderlichen Liebe befleißigen sollen.
Von Gott: Der ist der Anfang und der Ursprung der Liebe, der sie in unseren Herzen erweckt, sie sich gefallen lässt und belohnt.
Ist die Liebe: Wie wenn jemand ein Bild malen könnte, dass lauter Liebe wäre, dieses würde das Ebenbild Gottes, unseres gütigsten Vaters, sehr genau zeigen. Damit wir nun in unserem Gewissen ein Zeugnis haben, dass wir Kinder und Erben Gottes sind und die rechte, selig machende Erkenntnis Gottes haben, so sollen wir unseren Nächsten lieben. Denn die rühmen sich vergebens, dass sie Erben des Himmelreich sind, und dass sie Gott kennen, die nicht einmal die geringsten Anzeichen der christlichen Liebe von sich geben. Aber doch ist die brüderliche und christliche Liebe keine Ursache, sondern ein Kennzeichen und ein Zeugnis unserer Seligkeit.
9. Daran ist erschienen die Liebe Gottes gegen uns, dass Gott seinen Eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, dass wir durch ihn leben sollen {Joh 3v16 Röm 5v8 1Joh 3v16}.
Daran: Jetzt trägt der Apostel einen Beweis vor der Liebe Gottes, womit er uns ermahnt, dass wir uns auch untereinander lieben sollen.
Leben sollen: In einem ewigen und seligen Leben.
10. Darinnen steht die Liebe, nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden {1Joh 2v2}.
Die Liebe: Gottes, die er deutlich genug hat sehen lassen, und gezeigt hat, dass er uns geliebt hat, als wir noch seine Feinde gewesen sind.
Geliebt haben: Und so diese, seine Liebe gegen uns, mit unserer Liebe ihm abverdient hätten.
Unsere Sünde: Damit hat er seine Liebe uns gegenüber augenscheinlich genug erklärt. Hier hat man viel zu merken: Wenn der eingeborene Sohn Gottes in die Welt gesandt worden ist, so ist er freilich bei dem Vater gewesen, bevor er menschliche Natur an sich genommen hat, und hat nicht erst angefangen zu sein, als er Mensch geworden ist, wie die neuen Arianer in Siebenbürgen lästern. Wenn der eingeborene Sohn Gottes darum in die Welt gesandt worden ist, dass wir durch ihn leben sollen, so muss man mit Glauben zu diesem Heiland fliehen, der nicht in die Welt gekommen ist, um uns zu verderben, sondern um uns selig zu machen. Wenn nicht wir Gott, sondern er uns geliebt hat, dass er seinen Sohn gesandt hat, so ist es sicher, dass unsere Liebe und unsere guten Werke kein Grund unserer Seligkeit sind, sondern die reine Barmherzigkeit Gottes und seine unendliche Liebe, womit er uns, die wir seiner Gnade unwürdig gewesen sind, geliebt hat. Ist der Sohn Gottes die Versöhnung für unsere Sünde, so sollen wir nicht zweifeln, dass sie ganz bei Gott abgetragen und versöhnt ist. Darum sollen wir zu der Gnade des himmlischen Vaters ein gutes Vertrauen haben, und nicht andere Versöhner, wie die Jungfrau Maria oder andere Heiligen, an die Seite Christi stellen. Denn dass seine Versöhnung für die Sünden der ganzen Welt genug sei, haben wir oben gehört {1Joh 2}.
11. Ihr Lieben, hat uns Gott also geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben {Joh 15v12}.
Wir uns auch: Denn es gebührt uns, dass wir in die Art unseres himmlischen Vaters schlagen, und ihm folgen, damit wir uns für seine unendliche Liebe uns gegenüber dankbar zeigen, indem wir nach seinem Gebot uns untereinander lieben. Und dies ist das Ende der vorangegangenen Beweisführung des Johannes. Denn die sind undankbar, die nicht dem himmlischen Vater zu gefallen die Brüder lieben, weil er uns so hoch geliebt hat, dass er auch seinen eingeborenen Sohn nicht verschont hat, sondern diesen um unserer Seligkeit willen in den Tod gegeben hat.
12. Niemand hat Gott jemals gesehen. So wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist völlig in uns {2Mos 33v20 Joh 1v18 1Tim 6v16}.
Jemals gesehen: Dies ist ein weiterer Beweis. Wir können zwar mit unseren leiblichen Augen das Angesicht Gottes nicht anschauen und sehen, ob er gütig oder zornig gegen uns ist. Darum, wenn du wissen willst, ob dir Gott gnädig und gewogen ist, so Liebe deinen Nächsten und glaube fest daran, dass Gott dir nicht allein jetzt gewogen ist, sondern auch mit seiner Güte und Gnade ständig über dir wacht, und dass er dich mit vollkommener und beständiger Liebe meint. Denn Gott liebt die, die den Nächsten lieben, und die diesen beständig lieben, die verlässt Gott niemals. Darum sollen wir auch aus diesem Grund uns um den Nächsten wohl verdient machen, damit wir an der Liebe Gottes uns gegenüber umso weniger zweifeln.
13. Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat {1Joh 3v24}.
Bleiben: Und niemals von ihm geschieden werden, noch aus seiner Gnade fallen.
In uns: Bleibe, und uns nimmer verlassen werde.
Gegeben hat: Nämlich von seinem Heiligen Geist, der unsere Herzen mit rechtschaffener, brüderliche Liebe entzündet. Deswegen ist die brüderliche Liebe ein Zeugnis, dass wir den Heiligen Geist empfangen haben. Und der Heilige Geist ist uns als Pfand für unsere Erbschaft gegeben worden, mit diesem Geist sind wir auch versiegelt auf den Tag unserer Erlösung.
14. Und wir haben gesehen und zeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat zum Heiland der Welt.
Und: Jetzt schreitet der Apostel Johannes zur Bestätigung seiner himmlischen Lehre von dem Heiland Christus, und lehrt, wie man die reine Lehrer von den falschen unterscheiden soll.
Gesehen: Darum sind es nicht ungewisse Sachen, was wir von Jesus Christus, dem Erlöser und Heiland der Welt lehren, weil wir nichts aus der allgemeinen Sage, wovon wir ungefähr etwas gehört haben, vorbringen, sondern wir Apostel haben den eingeborenen Sohn Gottes im Fleisch gesehen, seine Predigten gegenwärtig gehört, seine Wunderwerke angeschaut und ihn für die Wohlfahrt des menschlichen Geschlechts ans Kreuz gehängt gesehen, wir haben ihn angefasst, nachdem er von den Toten wiederum auferstanden ist, und sind dabei gewesen, als er sichtbar in den Himmel gefahren ist. Darum bleibt beständig in dieser Lehre und lass keine Lehrer zu, die anderes lehren, die rechten Lehrer aber hört.
15. Welcher nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott {1Joh 3v24}.
Sohn ist: Nämlich, sein eingeborener Sohn, wahrer Gott und Erlöser der Welt.
In Gott: Dass der von der Liebe Gottes nicht geschieden werden wird, der Christus recht erkennen und bekennen wird. Man soll aber nicht meinen, dass wir dieses Wort (Jesus ist Gottes Sohn) nur mit dem Mund ausspricht, in Gott bleibt und Gott in ihm, denn das ist die Meinung des Apostels gar nicht, sondern er fasst mit wenigen Worten die ganze Bekenntnis der reinen christlichen Religion zusammen, und hat dieses Stück des Bekenntnisses besonders erzählt, dass er die Ebioniter von der Kirche ausgeschlossen hat, die bereits damals zu Lebzeiten des Apostels Johannes sagten, Jesus wäre zwar ein heiliger und frommer Mann gewesen, aber nicht der eingeborene Sohn Gottes, sondern nach dem allgemeinen Lauf der Natur durch Josef, den Zimmermann in Maria gezeugt. Es fordert der Apostel auch ein solches Bekenntnis der wahren Religion, die aus einem Gläubigen Herzen herkommt. Denn von denen, die die Wahrheit nur mit dem Mund bekennen, im Herzen aber diesen Glauben nicht haben, kann eigentlich und zu Recht gesagt werden: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir {Jes 29 Mt 15}.
16. Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
Uns hat: Indem er seinen eingeborenen Sohn um unserer Seligkeit willen in die Welt gesandt hat. Darum glauben wir von Herzen, dass der himmlische Vater uns mit väterlicher, großer Liebe, wohl gewogen ist. So oft wir uns aber erinnern, dass der Sohn Gottes unseretwegen in die Welt gekommen ist, sollen wir mit festen Vertrauen auf die Liebe Gottes gegen uns verlassen und sicher daraus schließen, dass der himmlische Vater uns herzlich liebt. Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben {Joh 3}.
Ist die Liebe: Denn er hat eine solch große Liebe, dass er selbst zu Recht die Liebe genannt werden kann, deshalb hat er auch an der brüderlichen Liebe so große Lust, dass er den herzlich lieben will, der seinen Nächsten wahrhaftig liebt. Ein solcher Mensch wird von Gott nicht abgeschieden werden, und Gott wird ihn niemals verlassen. Es hängt aber der Apostel in diesem Kapitel aneinander, die Liebe Gottes gegen uns, unsere Liebe gegenüber dem Nächsten, und unsere Liebe gegenüber Gott. Darum sollen wir uns nicht wundern, wenn der Apostel von einer Sache zur anderen kommt. Denn er preist einerseits die Liebe Gottes gegen uns, bald danach reizt er uns zur brüderlichen Liebe untereinander, und dann wiederum ermahnte er uns, Gott zu lieben und kommt schließlich wieder zur brüderlichen Liebe zurück. Und die Erinnerung der Liebe Gottes soll uns zur brüderlichen Liebe reizen, damit wir durch unsere Liebe in unserer Hoffnung gestärkt werden, dass Gott uns niemals mehr verlassen wird.
17. Daran ist die Liebe völlig bei uns, auf dass wir eine Freudigkeit haben am Tage des Gerichts; denn gleichwie er ist, so sind auch wir in dieser Welt {Lk 6v35 v36}.
Völlig: Das ist: Wir sollen uns auch darum bemühen, dass wir unter uns eine vollkommene Liebe haben und üben, wie sie in diesem Leben nur sein kann, damit wir mit größerem Vertrauen vor dem Richterstuhl Christi erscheinen können. Denn unser guter Wille, womit wir uns gegen Freunde und Feinde willfährig erzeigt haben, wird ein Zeugnis sein, dass ihr wahrhaftig Kinder Gottes sind, weil wir nach der Art des himmlischen Vaters gehen. Denn wie er in dieser Welt seine Sonne aufgehen lässt über Böse und Fromme, und es regnen lässt über gerechte und ungerechte {Mt 5}. So sollen auch wir Frommen und Bösen Gutes tun, und nicht auf irgendeine weltliche Belohnung sehen, die uns von Menschen geschehen könnte, sondern dass wir uns nach dem Willen unseres himmlischen Vaters richten, der will, dass wir um seinetwillen uns untereinander lieben. Denn obwohl wir vor dem Richterstuhl Gottes uns nicht auf unser Werk, sondern auf das Verdienst Christi verlassen müssen, so ist es doch auch wahr, dass die mit freudigen Gewissen auf den Tag des Gerichts warten, die aus Glauben sich um viele Menschen verdient gemacht haben, als die, die in den Werken der Liebe träger und fahrlässiger gewesen sind. Denn Christus wird sagen: Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mich gespeist {Mt 25}.
18. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe.
Fürchtet: Vor der herrlichen Ankunft Christi, der gibt zu erkennen, dass er in der brüderlichen Liebe nicht besonders zugenommen hat, oder weit gekommen ist. Aber wo die brüderliche Liebe im Herzen eines Menschen stark haftet, dass er ständig bereit ist, seinem Nächsten um Christi willen zu dienen, und Gutes zu zeigen, da treibt die Liebe solche Furcht vor dem jüngsten Gericht aus, und zwar zurecht, denn eine solche Furcht ängstigt das Gewissen. Und eine solche Angst und Pein soll fern von einem guten Gewissens sein. Darum, wer sich fürchtet vor dem Angesicht Christi zu kommen, der bekennt, dass seine Liebe lau und unvollkommen oder nicht rein ist. Die völlige Liebe aber nennt der Apostel nicht die, die zwar vollkommen ist, dass kein Zusatz mehr hinzugefügt werden könnte, weil solche Vollkommenheit in diesem Leben nicht sein kann, sondern Johannes setzt die völlige Liebe der falschen unterrichten Liebe entgegen, die nicht rein ist, wo die Menschen mit der Zunge und nicht auch mit dem Herzen lieben, wie oben berichtet, wenn unter dem Schein der Liebe nicht des Nächsten Nutzen, sondern sein eigener Vorteil gesucht wird. Wenn aber jemand wahrhaftig an Christus glaubt und seinem Nächsten zu nutzen und zu dienen von Herzen sich bemüht, und der Satan ihm dennoch einen Schrecken einjagen will, wenn er sich an das Jüngste Gericht erinnert, der soll daran denken, dass alle seine Sünden mit dem vollkommenen Verdienst und der Unschuld Christi zugedeckt sind, und dass er durch den Glauben gerechtfertigt worden ist. Dieser Glaube ist nicht falsch oder erdichtet, weil er bis hierhin an sich nicht müßig oder tot gewesen ist, sondern durch die Liebe tätig und kräftig war, und er soll so die Furcht austreiben und dem Satan die Schranken zeigen. Es mögen aber die wohl beachten, wie sie vor dem Gericht Gottes bestehen wollen, die dem Nächsten in diesem Leben nicht nur nichts Gutes getan haben, sondern ihm auch alle Schmach und Leid zugefügt, und deswegen noch keine Buße getan haben.
19. Lasst uns ihn lieben; denn er hat uns erst geliebt.
Lasst: Von der brüderlichen Liebe wendet sich der Apostel zu der, damit wir Gott lieben.
Erst geliebt: Darum ist es recht, dass wir ihn wiederum lieben, der uns so hoch geliebt hat, dass er seinen eingeborenen Sohn für unsere Seligkeit in den Tod gegeben hat. Deshalb ist unsere Liebe nicht die Ursache gewesen, dass Gott uns liebt, und deshalb kommt unsere Seligkeit nicht durch unseren Verdienst, sondern aus Gottes Erbarmen. Es wird aber als Dankbarkeit von uns gefordert, dass wir Gott wiederum lieben, und die Gott wahrhaftig lieben, die meiden auch heimliche Schande, damit sie ihren gütigsten himmlischen Vater nicht beleidigen.
20. So jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht?
So: Jetzt zeigt der Apostel an, woran man erkennen kann, dass jemand Gott wahrhaftig liebt oder nicht.
Hasst: Hier hat man zu merken, dass hassen und nicht lieben vor Gott dem Herrn eines wie das andere ist und gleich gilt, wie aus diesen Worten gut abzunehmen ist.
Nicht sieht: Denn wer wollte jemanden glauben, dass er Gott liebt, den er sein Lebtag lang mit Augen nicht gesehen hat, wenn er keine Zuneigung einer christlichen Liebe gegenüber dem trägt, der ihm täglich begegnet? Dessen Jammer und Bedürftigkeit sollte ihn dazu reizen, dass er sich wohltätig zeigt, weil Gott seiner Hilfe und seiner Wohltat nicht bedarf.
21. Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe {Mt 22v37 v39 Joh 13v34 15v12}.
Bruder liebe: Und so mit der brüderlichen Liebe bezeugt, dass er Gott wahrhaftig und mit Ernst liebt. Die deswegen die Brüder nicht lieben, die lieben Gott nicht. Die Gott nicht lieben, die sind keiner göttlichen Guttat wert, von allen, die ihnen Gott reichlich gezeigt hat. Die aber gegen Gott den Herrn so undankbar sich verhalten, die werden wiederum von ihm versäumt und in die äußerste Finsternis verstoßen werden. Darum sollen wir uns der evangelischen Lehre und des Glaubens an Christus so rühmen, dass wir diesen wahren Glauben durch die rechtschaffene brüderliche Liebe beweisen.
Das 5. Kapitel
- Der Apostel erzählt etliche herrliche Wirkungen des Glaubens und der Wiedergeburt, wie die Liebe Gottes und des Nächsten, den Gehorsam gegenüber den Geboten Gottes, und dass man diese zu halten sich bemüht, auch den Sieg gegen die Welt.
- Danach beweist er den Grund unseres Glaubens an Christus. 3. Und setzt zum Ende etwas vom Gebet hinzu und wie man der Todsünde entfliehen soll.
1. Wer da glaubt, dass Jesus sei, der Christus, der ist von Gott geboren. Und wer da liebt den, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der von ihm geboren ist.
Wer: Der Apostel sieht mit allem Fleiß dahin, dass wir die Reinheit der himmlischen Lehre, die Liebe gegenüber Gott und dem Nächsten und einen unsträflichen Wandel beisammen behalten, und dieses auch nicht mehr voneinander trennen. Darum mischt er dies so fleißig und oft durcheinander, dass er bald von dem einen, dann wieder von dem anderen handelt. Denn so wie sich die vergeblich der reinen evangelischen Lehre rühmen, die ohne die Liebe sind und ein lasterhaftes Leben führen, so rühmen sich wiederum die der Liebe und Heiligkeit im Wandel umsonst, die sich zu einer falschen Lehre bekennen. Diese sollen die sehr wohl beachten, die von den Zwinglianern um ihres äußeren scheinbaren Wandels willen an vielen Orten viel halten, sodass sie sich allmählich in ihre Irrtümer abführen lassen.
Geboren ist: Nämlich, seinen eingeborenen Sohn, Jesus Christus. Deshalb lieben die Türken und Juden Gott den Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde, nicht, egal was sie sagen. Denn wenn sie den Vater leben würden, so würden sie auch seinen eingeborenen Sohn lieben und den Sohn Gottes ehren.
2. Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten.
Kinder lieben: Denn weil die Christen von Gott dem himmlischen Vater als Kinder aufgenommen und Brüder Christi geworden sind, so sollen sie sich untereinander lieben.
Gebot halten: Denn so wie zuvor der Apostel gelehrt hat, wie man die rechtschaffene Liebe Gottes von der falschen unterscheiden soll, und gesagt hat, dass derjenige Gott nicht liebt, wer den Bruder nicht liebt. Also unterscheidet er auch jetzt die wahre Liebe des Nächsten von der falschen, und zeigt an, dass der den Bruder nicht liebt, der Gott nicht liebt, und seine Gebote nicht hält, sondern dem Menschen, der ihm lieb ist, zu gefallen tut, das dem Wort und Geboten Gottes zuwider ist. Also lieben die ihren Nächsten nicht, die zur falschen Lehre durch die Finger sehen. Und es lieben diese auch die Brüder nicht, die die Laster, die sie von Amts wegen strafen sollten, ungestraft hingehen lassen. Desgleichen haben die keine Liebe des Nächsten, die anderen zu sündigen helfen und denen folgen, die sie zur Unreinheit und Ungerechtigkeit anweisen. D. h. nicht den Nächsten, sondern die Bosheit lieben. Denn die rechtschaffene Liebe des Nächsten soll nach der Richtschnur der Gebote Gottes ausgerichtet und geformt werden. Und wir sollen Gott über alle Dinge lieben, dass wir seine Gebote keinem Menschen zu gefallen übertreten.
3. Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer {Joh 14v15 v21 v23 Mt 11v30}.
Halten: Die deswegen diese verachten, die lieben Gott nicht, wenn sie sich auch dessen rühmen.
Nicht schwer: Denn obwohl wir in diesem Leben das Gesetz Gottes nicht vollkommen erfüllen können, und es unserem verdorbenen Fleisch schwer fällt, die Gebote Gottes zu halten. Doch gehorchen wir jedoch mit Hilfe und Beistand des Heiligen Geistes den Geboten Gottes gern und von Herzen, soweit wir dies in der Schwäche dieses Fleisches können, und es wird manchem Teufelskind die Hölle saurer zu verdienen, als einem anderen der Himmel. Und obwohl wir vom Teufel, unserem Fleisch und der Welt zur Sünde gereizt werden und die bösen Beispiele einen Menschen sehr bewegen, der vorher für sich selbst zur Sünde geneigt ist, jedoch, wo das Herz mit wahrem Glauben gefasst ist, so überwinden wir schließlich die Anfechtungen.
4. Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
Geboren ist: Als Kinder Gottes, die überwinden alle Anfechtungen und werden von den Wollüsten dieser Welt nicht gefangen, lassen sich auch weder mit Drohungen, noch mit Trübsal von der wahren Gottseligkeit abtreiben. Denn obwohl auch gelegentlich fromme Menschen in große Sünden fallen, so verderben sie doch nicht darinnen, sondern, wenn sie gefallen sind, so stehen sie durch wahre Buße wieder auf, und erhalten schließlich den Sieg gegen den Teufel, die Welt und das Fleisch.
Der Sieg: Durch den Glauben überwinden wir alle Anfechtungen, die von dem Fürsten der Welt, dem Satan, von der Welt selbst und von unserem Fleisch, dass auch nach der Welt schmeckt, uns vorgeworfen werden. Denn je stärker unser Glaube ist, durch welchen wir an den wahren Gott in einem Wesen und in drei Personen glauben, und uns alles Gute aus seiner Gnade und Güte erwarten, je steifer werden wir den Anfechtungen widerstehen. Daher schreibt der Apostel den Hebräern alle vortrefflichen Taten, und den geistlichen Sieg der seligen Patriarchen allein dem Glauben zu {Hebr 11}. Darum sollen wir unseren Glauben oft stärken, was durch Anhörung und Betrachtung des Evangeliums Christi geschieht und durch den Empfang des Heiligen Abendmahl, das zur Stärkung unseres Glaubens eingesetzt ist
5. Wer ist aber, der die Welt überwindet ohne der da glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist {1Joh 4v15}?
Glaubt: Der überwindet die Welt und alle Anfechtungen, wer an den Sohn Gottes, Jesus Christus, wahrhaftig glaubt. Wo man aber von Christus nicht recht hält, da behält der Satan die Oberhand und stürzt die Menschen ins ewige Verderben. Darum sollen wir jeden möglichen Fleiß aufwenden, dass wir die rechte Erkenntnis Christi haben und behalten.
6. Dieser ist‘s, der da kommt mit Wasser und Blut, Jesus Christus, nicht mit Wasser allein, sondern mit Wasser und Blut. Und der Geist ist‘s, der da zeugt, dass Geist Wahrheit ist.
Dieser: Der Apostel fährt noch weiter fort, uns den Erlöser Christus und seine Guttaten zu erklären.
Kommt: Denn Christus kommt zu uns durch das evangelische Predigtamt, damit der uns von dem gnädigsten Willen seines Vaters lehrt. Denn es wird von Christus richtig gesagt, dass er zu uns kommt, wenn er uns das Predigtamt des Evangeliums schenkt. Und auf diese Weise zieht der himmlische König durch alle Länder in der Welt, und herrscht überall. Es bringt uns aber Christus dreierlei Zeugnis von dem gnädigen Willen seines himmlischen Vaters uns gegenüber. Das Wasser, das ist, die Taufe. Das Blut, nämlich sein heiliges Abendmahl, worin wir mit dem Fleisch Christi gespeist und mit seinem Blut getränkt werden. Und den Geist, der der Heilige Geist ist, der den Gläubigen gegeben wird und der in unserem Herzen bezeugt, dass der Geist, also das Evangelium von Christus, die himmlische Wahrheit ist. Denn auch Paulus nennt das Evangelium einen Geist {2Kor 3}. Darum, damit durch die Predigt des Evangeliums der Heilige Geist den Gläubigen gegeben wird {Gal 3}. Die Taufe aber bezeugt, dass wir von Gott zu Kindern und Erben des Himmelreichs angenommen werden, das heilige Abendmahl versichert uns, dass unsere Sünden durch den Verdienst und das Leiden Christi verziehen und vergeben sind. Der Heilige Geist, der uns gegeben ist, gibt unserem Geist Zeugnis, dass wir Gottes Kinder sind {Röm 8}.
Geist Wahrheit ist: Nach Luther: Oder Geist ist, da ist auch keine Heuchelei, sondern es ist alles rechtschaffen und wahrhaftig mit ihm, was er redet, tut, lebt. Wo der Geist nicht ist, da ist Heuchelei und Lügen.
7. Denn drei sind, die da zeugen im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist; und diese drei sind eins.
Drei sind: Jetzt bringt der Apostel drei Zeugen im Himmel hervor. Obwohl nun diese Worte nicht in allen griechischen Büchern stehen, weil sie jedoch unserer rechten Religion nicht widerstreben, sondern mit dieser übereinstimmen, so soll man sie nicht außer Acht lassen und ihr Sinn ist folgender: Wir haben auch drei himmlische Zeugen, die keineswegs verworfen werden können, nämlich die Heilige Dreifaltigkeit und drei Personen in der Gottheit, die ein göttliches Wesen sind. Denn der Vater hat von seinem Sohn gesprochen: Dies ist mein lieber Sohn, an dem mich ein Wohlgefallen habe {Mt 3}. Und 17. Denn der Vater aber liebt seinen eingeborenen Sohn so hoch, dass er um seinetwillen auch uns lieb hat, wie Paulus sagt: Er hat uns angenehm gemacht in dem Geliebten {Eph 1}. Der Sohn aber zeugt von dem gnädigen Willen seines himmlischen Vaters uns gegenüber, wenn er sagt: So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle die, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben {Joh 3}. Der Heilige Geist, der am Pfingstsonntag den Aposteln vom Himmel gegeben worden ist, hat durch das Predigtamt des Evangeliums in der ganzen Welt von der Güte und Gnade des himmlischen Vaters uns gegenüber gezeugt und von den Guttaten Christi, die er uns gezeigt hat. Weil demnach die drei Personen der Gottheit von unserer Seligkeit zeugen, warum wollten wir denn daran zweifeln?
8. Und drei sind, die da zeugen auf Erden: der Geist und das Wasser und das Blut; und die drei sind beisammen.
Und: Der Apostel wiederholt, was er zuvor von den drei Zeugen auf Erden gesagt hat, um eine solch heilsame und notwendige Sache umso besser abbilden konnte.
Beisammen: Dass sie von einer Sache mit einhelliger Übereinstimmung zeugen und in einer Sache gleichsam sich zusammen verbinden. Denn man soll das Abendmahl des Herrn nicht versäumen, wenn man es haben kann, und es werden die, die es verachten, wegen ihrer Undankbarkeit schwer gestraft werden, wie es die Schwenkfelder tun. Auch soll man die Taufe nicht aufschieben, wie die Wiedertäufer. Und wir benötigen des innerlichen Zeugnis des Heiligen Geistes, das in unsere Herzen gegeben und erweckt wird, wenn wir das Evangelium Christi oft und fleißig hören, und Gott den Herrn um Vermehrung unseres Glaubens anrufen. Diese drei Stimmen in einer Sache überein, dass wir nämlich Gottes Kinder sind.
Nach Luther: Wo eines ist, da ist auch das andere. Denn Christi Blut, die Taufe und der Heilige Geist bezeugen, bekennen und predigen das Evangelium vor der Welt und in eines jeden Gewissens, der da glaubt, denn er fühlt, dass er durch Wasser und Geist mit Christi Blut erworben, gerecht und selig wird.
9. So wir der Menschen Zeugnis annehmen, so ist Gottes Zeugnis größer; denn Gottes Zeugnis ist das, das er gezeugt hat von seinem Sohne {Joh 8v17}.
So: Jetzt hält uns der Apostel das Ansehen dieses Zeugnisses zur Betrachtung vor.
Annehmen: Und diesem glauben, wenn zwei oder drei Fromme von einer Sache zeugen.
Größer: Darum soll man ihm viel mehr und fest glauben.
Seinem Sohn: Dass er sein ein geborener, lieber Sohn ist und der Heiland der Welt, den man hören soll.
10. Wer da glaubt an den Sohn Gottes, der hat solch Zeugnis bei sich. Wer Gott nicht glaubt, der macht ihn zum Lügner; denn er glaubt nicht dem Zeugnis, das Gott zeugt von seinem Sohn.
Bei ihm: In seinem Herzen, und ist seiner ewigen Seligkeit gewiss, dass er durch den eingeborenen Sohn Gottes erlöst wurde und ein Erbe des Himmelreichs ist.
Nicht glaubt: Da er durch die Predigt des Evangeliums die Vergebung der Sünden und das ewige Leben verheißt.
Seinem Sohn: Dass dieser der Heiland der Welt ist. Wenn deswegen einer an seiner Seligkeit zweifelt, so bezichtigt ihn Gott als einen Lügner. Daneben muss man hieraus schließen, dass auch in den anderen Artikeln christlicher Lehre diejenigen Gott Lügen strafen, die seinem Wort nicht glauben.
11. Und das ist das Zeugnis, dass uns Gott das ewige Leben hat gegeben, und solches Leben ist in seinem Sohn.
Das Zeugnis: Gottes, welches man ohne Zweifel glauben soll.
Seinem Sohn: Denn Gott will uns das ewige Leben und die Seligkeit geben, daran sollen wir nicht zweifeln. Wir können dies aber nicht anders erlangen, als durch Christus, weil niemand zum Vater kommt nur allein durch ihn {Joh 14}. Der Guttaten Christi aber werden diejenigen teilhaftig, die ihn, als den Heiland, mit wahrem Glauben ergreifen und annehmen. Die aber Christus nicht mit Glauben annehmen, die werden auch von der Erbschaft des ewigen Lebens ausgeschlossen werden. Deswegen sind von der Seligkeit alle Türken, Juden und Heuchler fremd, die das ewige Leben mit ihren Werken verdienen wollen. Denn sie haben Christus verloren und sind aus der Gnade gefallen, wenn sie durch ihre Werke gerecht werden wollen {Gal 5}.
12. Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht {Joh 3v36 5v24}.
13. Solches hab‘ ich euch geschrieben, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes, auf dass ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habet, und dass ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.
Wisst: Es lehren deswegen die Katholiken dem apostolischen Glauben zuwider, die anstatt des Glaubens und des sicheren Vertrauens zu unserer Seligkeit den Zweifel setzen.
Ihr glaubt: Und euer Glaube aus diesem meinem Schreiben mehr und mehr gestärkt wird. Zuvor hatte der Apostel gesagt, dass er denen schreibt, die an Christus glauben und er sagt auch jetzt wieder, er schreibe Ihnen, damit sie glauben, um anzuzeigen, dass, wer gläubig ist, in seinem Glauben täglich zunehmen soll und immer stärker wird.
14. Und das ist die Freudigkeit, die wir haben zu ihm, dass, so wir etwas bitten nach seinem Willen, so hört er uns {1Joh 3v22}.
Und: Jetzt lehrt der Apostel, was wir für einen großen Nutzen von dem wahren Glauben an Christus haben.
Zu ihm: Nämlich zu Gott haben wir aus der Erkenntnis des Mittlers Christi eine solche Zuversicht.
Hört er uns: Es ist aber eine große Guttat, dass wir mit unserem Gebet vor Gott treten dürfen, und dass er dieses erhört. Darum sollen wir oft und mit sicherem Vertrauen, dass wir es erlangen werden, beten. Und das Gebet wird erhört, welches nach seinem Willen und nicht dagegen geschieht. Wir bitten aber nach seinem Willen, wenn wir solche Dinge von ihm wünschen, die im Vater Unser, wenn es recht verstanden wird, inbegriffen sind, auch wenn wir nicht ständig die gleichen Worte gebrauchen.
15. Und so wir wissen, dass er uns hört, was wir bitten, so wissen wir, dass wir die Bitten haben, die wir von ihm gebeten haben {Lk 11v9 Joh 16v23}.
Wissen: Und Gottes allgemeine Verheißung mit Glauben ergriffen haben.
Haben: Und sollen nicht zweifeln, wir werden erlangen, was wir erbitten. Denn oft steht uns unser Unglauben im Weg und hindert uns, dass wir unsere Bitte nicht gewährt bekommen. Daher sagt Christus: Darum sage ich euch, alles was ihr bittet, in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr es empfangen werdet, so wird es euch werden {Mk 11}.
16. So jemand sieht seinen Bruder sündigen, eine Sünde nicht zum Tode, der mag bitten; so wird er geben das Leben denen, die da sündigen nicht zum Tode. Es ist eine Sünde zum Tode; dafür sage ich nicht, dass jemand bitte.
So: Weil der Apostel bewiesen hat, dass unser Gebet gewiss erhört wird, und zwar dass wir nicht nur für uns, sondern auch für die Brüder bitten sollen, so sollen wir besonders darum bitten, dass uns und anderen die Sünden vergeben werden. Davon handelt Johannes jetzt und lehrt, für welche Sünden wir bitten oder nicht bitten dürfen.
Nicht zum Tod: Dass er nicht in den Heiligen Geist gesündigt hat, so mag man wohl für ihn bitten und Gott den Herrn anrufen, dann wird Gott sein Gebet erhören, den Sünder bekehren, ihm die Sünde verzeihen, damit er das ewige Leben erlangt.
Sünde zum Tod: Nach Luther: Das ist, die Sünde in den Heiligen Geist, davon lies {Mt 12v31 Mk 3v28 v29}.
Jemand bitte: Denn man kann nicht hoffen, dass in einem solchen Fall für einen solchen Sünder etwas erlangt werden könnte.
17. Alle Untugend ist Sünde; und es ist etliche Sünde nicht zum Tode.
Untugend: Oder Ungerechtigkeit und was dem göttlichen Willen, den er in den 10 Geboten geoffenbart hat, zuwider ist.
Nicht zum Tod: Es sind nicht alle Sünden, auch die gegen das Gewissen begangen werden, zum Tod, sondern es ist eine Sünde zum Tod, die nicht verziehen wird, und wer diese begeht, der kehrt nicht wieder zurück zur Buße und erlangt keine Vergebung der Sünden, und auch nicht das ewige Leben. Es werden zwar alle Sünden denen vergeben, die Buße tun {Hes 33}. Denn es ist eine größere Freude über einen Sünder, der Buße tut, als über 99 Gerechte, die keine Buße benötigen {Lk 15}. Aber die im Heiligen Geist sündigen, wovon der Apostel an dieser Stelle spricht, die tun niemals Buße, sondern geraten entweder in ein sicheres, rohes Leben oder in schreckliche Verzweiflung. Und die Sünde im Heiligen Geist ist eine mutwillige und halsstarrige Widersetzung gegen die erkannte evangelische Wahrheit, wo einer nicht aus Schwachheit oder Furcht genötigt wird, das Evangelium Christi zu verleugnen, sondern aus reiner verstockter Bosheit die selig machende Lehre des Evangeliums mutwillig mit Füßen tritt, und sie mit giftigem Herzen lästert. Von dieser Sünde handelt Christus, in Matthäus 12, und der Apostel im Brief an die Hebräer im Kapitel 6 und 10. Solche Gottes Lästerer und Mamelucken haben sich in der ersten Kirche gefunden, und man hat auch zu unserer Zeit etliche gesehen, die sich nicht bekehrt haben, und in ihrer Bosheit dahingegangen sind.
18. Wir wissen, dass, wer von Gott geboren ist, der sündigt nicht, sondern wer von Gott geboren ist, der bewahrt sich, und der Arge wird ihn nicht antasten.
Wir: Der Apostel fügt jetzt einen Trost hinzu, damit seine Zuhörer nicht meinen könnten, er hätte sie in einen bösen Verdacht.
Geboren ist: Und so ein rechtes Kind Gottes und auserwählt ist.
Sündigt nicht: Dass er die schreckliche Sünde zum Tod nicht begeht.
Bewahrt sich: Und hütet sich mit Fleiß, dass er nicht in eine solche schreckliche Sünde gerät.
Nicht antasten: Der Teufel kann ihn nicht in eine solch abscheuliche Sünde stürzen. Dieser Trost wird uns nicht darum vorgehalten, dass wir uns in die fleischliche Sicherheit vertiefen sollen, sondern dass wir auf unsere Beharrlichkeit bis ans Ende gute Hoffnung haben und nicht zweifeln sollen.
19. Wir wissen, dass wir von Gott sind; und die ganze Welt liegt im Argen.
Von Gott sind: Als seine Kinder, die vom Geist Gottes regiert werden.
Im Argen: Und ist es Teufels eigen, von dem sie zu allerlei Sünde, Schande und Laster angetrieben wird. Darum sollen die Christen, als Kinder Gottes, sich nicht zu dem Haufen der Gottlosen Welt Kinder zuschlagen, dass sie deren verkehrten Wandel und Bosheit folgen wollen.
20. Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und hat uns einen Sinn gegeben, dass wir erkennen den Wahrhaftigen, und sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesu Christo. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.
Sinn gegeben: Das ist: Er, der Sohn Gottes hat uns gelehrt, wie wir den wahren Gott recht erkennen lernen können und wissen, dass wir durch den Glauben Christus, den wahren und ewigen Heiland, einverleibt sind und wie die Reben am Weinstock eingepflanzt sind. Dieser Christus ist der ewige, wahre Gott, durch den wir das ewige Leben erlangen. Darum soll jeder in seinem Gewissen dessen versichert sein, dass er die wahre Erkenntnis des Rechten Gottes hat und dass er ein Glied Christi ist, sich auch darum bemühen, dass er in Christus bleibt und nicht durch Unglauben oder schändliches Leben von ihm weicht. Und man hat an dieser Stelle ein herrliches Zeugnis von der Gottheit Christi. Denn der Apostel sagt ausdrücklich von Christus: Dieser ist der wahrhaftige Gott. Dieses Zeugnis sollen wir den Arianern entgegensetzen und uns dieses nicht nehmen lassen. Weil auch Christus das ewige Leben ist, so sollen wir unsere Seligkeit nicht in dem Verdienst der Heiligen oder in unserem eigenen Verdienst, sondern allein in ihm suchen.
21. Kindlein, hütet euch vor den Abgöttern! Amen {1Kor 10v14}.
Abgöttern: Dass ihr euch mit der Abgötterei verunreinigt.
Amen: Das ist: so geschehe es, ja es wird sicher geschehen und ihr werdet euch von jeder Befleckung der Abgötterei enthalten. Damals dienten aber nicht nur die Heiden den Abgöttern, sondern es wird auch heutzutage noch viel Abgötterei im Papsttum begangen, wovon später ausführlicher berichtet wird. Darum soll die Erinnerung des Apostels in den Ohren aller Christen ständig klingen, dass wir die Abgötterei verwerfen und Gott dem Vater, Sohn und dem Heiligen Geist, allein ehren: Dieser sei gelobt und gepriesen in Ewigkeit, Amen.