Bibel-Kommentar: Die Apostelgeschichte des Lukas
Das andere Teil des Evangeliums nach Lukas von der Geschichte der Apostel
Dieses Buch der Heiligen Schrift lehrt, wie Christus, der da sitzt zur Rechten des Vaters, und im Himmel und auf Erden regiert, sein Evangelium in der ganzen Welt ausgebreitet und sein geistliches Reich auf Erden durch das Predigtamt der Apostel angerichtet hat. Es zeigt auch an, was die Apostel für eine Lehre von Christus geführt haben, wodurch sie Juden und Heiden zu Christus bekehrt und unzählig viele Menschen für Christus gewonnen und unterworfen haben. Denn es werden viele herrliche Predigten der Apostel beschrieben, woraus wir die rechte und heilsame Erkenntnis Christi lernen können. Und es werden gewaltige Wunder und Zeichen erzählt, die die Apostel im Namen und durch die Kraft des Herrn Jesus Christus getan haben, womit die Lehre des Evangeliums und unsere ganze christliche Religion bestätigt worden sind. Man findet auch in diesem Buch, wie gräulich der Satan die Kirche Gottes verfolgt und das Predigtamt des Evangeliums entweder zu unterdrücken oder doch zu behindern sich unterstanden hat. Auf der anderen Seite aber wird angedeutet, dass Christus seine Kirche und das Predigtamt auf wunderbare Weise erhält und das Wüten des Teufels abwehrt. Besonders lehrt dieses Buch, sowohl mit Predigten als auch mit Beispielen der bekehrten Heiden, dass der Mensch nicht durch die Verdienste seiner Werke, sondern allein durch den Glauben an Christus vor Gott gerecht wird. Der Verfasser dieses Buches ist Lukas der Evangelist gewesen, dessen Frömmigkeit und Gottseligkeit der Apostel Paulus etliche Male rühmte. Und dieser ist auch bei diesen Sachen, die er beschrieben hat, größtenteils selbst dabei gewesen und hat somit nicht nur das, was er gehört, sondern was er auch selbst mit eigenen Augen gesehen und erfahren hat, aufgezeichnet.
Das 1. Kapitel
- Zunächst wird berichtet, wie Christus unter seinen Jüngern 40 Tage lang nach seiner Auferstehung umgegangen ist und wovon er die Zeit über mit ihnen geredet hat.
- Darauf folgt die Geschichte der Himmelfahrt Christi.
- Ferner wird angezeigt, was die Apostel nach der Himmelfahrt des Herrn Christus vorgehabt haben.
- Und wie anstatt des Verräters Judas, der Apostel Matthias erwählt worden ist.
1. Die erste Rede habe ich zwar getan, lieber Theophilus, von alledem, dass Jesus anfing, beides, zu tun und zu lehren,
Die: Der Evangelist verknüpft den Anfang dieses Buches mit dem Ende seines Evangeliums. Denn was er dort kurz angeregt hat, das wiederholt er und streicht es weitläufiger heraus.
Getan: Ich habe in meinem Evangelium die meisten Sachen erzählt, die ich zu wissen für notwendig erachtet habe.
Theophilus: Der du Gott liebst (denn das heißt, der Name, Theophilus), du kannst sein, wer du willst und nach der Wahrheit ein Verlangen haben, dass du diese erkennen mögest.
Zu tun: Denn er hat nicht nur gelehrt, sondern auch herrliche Wunderzeichen getan.
2. bis an den Tag, da er aufgenommen ward, nachdem er den Aposteln (welche er erwählt hatte) durch den Heiligen Geist Befehl getan hatte,
Erwählt: Dass sie das Evangelium ausbreiten sollten.
Heiligen Geist: Womit Christus, mit dem Freudenöl, gesalbt worden ist, mehr als seine Gesellen {Ps 45}.
Getan: (Nach Luther) Als er befohlen hatte, was er befehlen wollte, nämlich, dass sie seine Apostel sind und aller Welt predigen sollten.
3. welchen er sich nach seinem Leiden lebendig gezeigt hatte durch mancherlei Beweise; und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes.
Gezeigt: Dass sie ihn gesehen und angerührt haben.
Beweise: Dass er mit vielen unfehlbaren Erscheinungen bewiesen hat, wie er von den Toten wahrhaftig auferstanden und wieder lebendig geworden war. Weil demnach Christus mit so vielen Erscheinungen bewiesen hat, dass er auferstanden ist, so ist es gewiss, dass wir durch sein Verdienst und seine Leiden vor der ewigen Verdammnis befreit sind, wenn wir nur wahrhaftig an ihn glauben.
Reich Gottes: Wie es damit beschaffen ist, nämlich, dass es sich um ein geistliches Reich handelt, und wie dieses durch das Predigtamt des Evangeliums in der ganzen Welt ausgebreitet werden muss, auch was für einen Nutzen die Kirche Gottes davon haben und bekommen wird.
4. Und als er sie versammelt hatte, befahl er ihnen, dass sie nicht von Jerusalem wichen, sondern warteten auf die Verheißung des Vaters, welche ihr von mir gehört habt (sprach er: Lukas 24,49; Johannes 14,26).
Jerusalem: Denn der himmlische Vater hat den Heiligen Geist über die Apostel in der Stadt Jerusalem, als einem berühmten Ort, noch dazu zum Pfingstfest, als viele tausend Menschen beieinander waren, ausschütten wollen, damit die Apostel die Predigt des Evangeliums von Christus öffentlich anfangen und so das Evangelium von Jerusalem fortgepflanzt und ausgebreitet würde durch die ganze Welt. Denn dies hatte der Prophet Jesaja zuvor verkündigt in Kapitel 2, als er sagte: Von Zion wird das Gesetz ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem. Obwohl nun Gott an keinen Ort gebunden ist, so soll man doch seine Gaben auf die Weise empfangen, wie er sie uns vorschreibt, sofern wir auf andere Weise diese nicht ermangeln wollen.
Verheißung: Von der Sendung des Heiligen Geistes.
Von mir: Denn ich habe es euch oft verheißen, dass ich euch den Heiligen Geist, den Tröster, senden werde.
5. Denn Johannes hat mit Wasser getauft; ihr aber sollt mit dem Heiligen Geiste getauft werden nicht lange nach diesen Tagen {Mt 3v11 Mk 1v7 Lk 3v17 Apg 2v2 2v16}.
Tagen: Es hat zwar die Taufe des Johannes die Vergebung der Sünden mitgeteilt, dazu auch solche Gaben des Heiligen Geistes, die allen Christen gleich sind, aber innerhalb weniger Tage will ich über euch solche herrlichen und wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes ausgießen, wie ihr sie bisher noch nicht gehabt habt. Denn ansonsten ist die Taufe Christi nichts anderes als die Taufe des Johannes, sondern es sind andere Gaben, die allen Christen durch die Taufe mitgeteilt werden und andere, die am Pfingsttag über die Apostel ausgegossen werden. Und obwohl heutzutage nicht jedem Getauften solche wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes geschenkt werden, so wird ihnen dennoch die Vergebung der Sünden mitgeteilt, und sie werden durch den Heiligen Geist erneuert, dass sie in ihrem Glauben gestärkt werden, Gott als einen Vater anzurufen und zu lieben, wie auch den Nächsten um Gottes willen rechtschaffen zu lieben und ein gottseliges Leben zu führen, wie es ihr Beruf ausweist.
6. Die aber, so zusammenkommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich Israel?
Reich Israel: Denn weil die Apostel die wunderbare Gabe des Heiligen Geistes noch nicht empfangen hatten und noch auf ein irdisches Reich Christi warteten, welches er ihrer Meinung nach in dieser Welt anrichten würde, so bringen sie eine ungereimte Frage vor, ob er nun damit beginnen wolle, die Israeliten aus der Gewalt der Römer zu befreien, damit sie, die Apostel, unter seiner Regierung glücklich leben könnten und die anderen Israeliten aus dem Evangelium ihn für ihren König erkennen und annehmen würde? Denn das menschliche Gemüt duldet jede Knechtschaft sehr ungern und sucht in Christus nur zeitlichen Nutzen.
7. Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, zu wissen Zeit oder Stunde, welche der Vater seiner Macht vorbehalten hat,
Zeit: Wenn ich das himmlische Reich durch meine herrliche Ankunft anrichten werde, in dem ihr die ewige Glückseligkeit genießen werdet.
Vorbehalten: Dieses Reich wird seinen Anfang nehmen, wenn es mein himmlischer Vater für gut ansehen wird und es gebührt euch nicht, danach zu forschen. Denn wir sollen nicht vorwitzig nach den Geheimnissen forschen, die uns in diesem Leben zu wissen, nicht zustehen.
8. sondern ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, welcher auf euch kommen wird; und werdet meine Zeugen sein zu Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.
Geistes: Der wird euch mit neuer Kraft begaben, dass ihr mit großem Nutzen mein Evangelium predigen könnt und zu seiner Bestätigung herrliche Wunderwerke verrichtet.
Meine Zeugen: (Nach Luther) Nicht Moses, sondern allein der Gnade in Christus.
Zeugen sein: Und keine Kriegsleute, die mit äußerer Gewalt mein Reich auf Erden anrichten und erweitern müssten, sondern ihr sollt Prediger sein, die von meiner Lehre, meinen Wunderwerken, meinem Leiden, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt öffentlich zeugen und von meinen Guttaten, die ich dem menschlichen Geschlecht erwiesen habe, lehren werdet.
Der Erde: Und ihr werdet also mein Evangelium ausbreiten in der ganzen Welt. Das Reich Christi wird nicht mit leiblichen Waffen erweitert, sondern mit der Predigt des Evangeliums, worin Christus, der Welt Heiland, uns zu erkennen, vorgestellt wird.
9. Und da er solches gesagt, ward er aufgehoben zusehends, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg {Mk 16v19 Lk 24v51}.
Gesagt: Was bisher erzählt worden ist und anderes mehr, worauf die anderen Evangelisten hinweisen, nachdem er sie aus Bethanien hinausgeführt und nicht weit von diesem Flecken mit ihnen auf den Ölberg gestiegen war.
Zusehends: Als sind die Apostel und andere Jünger, die zugegen waren, sahen, wie er von der Erde in die Höhe in den Himmel aufgehoben und ihnen schließlich aus den Augen entrückt worden war. Deswegen ist Christus wahrhaftig in den Himmel gefahren zur Rechten Gottes des Vaters, wie es der christliche Glaube bezeugt. Er ist aber nicht so aufgefahren, dass er vom Himmel umwickelt und gleichsam darin eingeschlossen wäre, und nun an einem gewissen Ort im Himmel wohnen würde und vor dem Jüngsten Tag nicht mehr auf Erden gegenwärtig sein könnte. Denn der Apostel Paulus erklärt die Auffahrt zum Himmel so: Er ist über alle Himmel gefahren, auf dass er alles erfülle {Eph 5}. Das bedeutet, dass er alle Kreaturen gegenwärtig regiert im Himmel und auf der Erde. Und er sitzt zur Rechten Gottes, nicht, damit er an einem gewissen Ort ist. Denn zur Rechten Gottes gesetzt sein, ist nichts anderes, als dass er gegenwärtig, auch nach seiner Menschheit, alles regiert. Zumal die Rechte Gottes kein Ort im Himmel ist, sondern die unendliche Gewalt Gottes, im 118. Psalm, die Himmel und Erde erfüllt und für alle Kreaturen gegenwärtig ist. Deswegen hat Christus die Gegenwart seiner Menschheit der Kirche durch seine Himmelfahrt nicht genommen, sondern seine sichtbare Gegenwart den Jüngern entzogen, dass er mit ihnen nicht mehr gegessen und getrunken hat, wie er es nach seiner Auferstehung die 40 Tage über vor seiner Himmelfahrt getan hat. Unterdessen aber ist und bleibt bei uns der ganze Christus, Gott und Mensch, nach seiner Verheißung: Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen {Mt 18}.
Und: Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt {Mt 28}. Indem aber Christus zum Himmel aufgefahren ist, hat er den herrlichsten Triumph über seine und unsere Feinde, nämlich über Teufel, Sünde, Tod und Hölle gehalten; und wir sollen sicher wissen, diese Feinde sind derartig überwunden, dass sie uns, die wir an Christus glauben, nicht schaden können. Es herrscht aber Christus sitzend zur Rechten Gottes und vertritt uns {Röm 8}. Er beschützt uns auch, wie seine Schafe, dass uns niemand aus seiner Hand reißen kann {Joh 10}. Ja, er hat uns auch den Zugang zum Himmel geöffnet und er will, dass, wo er ist, auch wir sind, darum wird er uns in den Himmel aufnehmen {Joh 14}. Weil wir jedoch noch auf Erden leben, so sollen wir mit himmlischen Gedanken umgehen, unsere Herzen von den eitlen Dingen dieser Welt abwenden und uns von den ungebührlichen Wolllüsten, die irdisch und vergänglich sind, enthalten, jedoch ein himmlisches, das heißt, ein heiliges und unsträfliches Leben führen {Kol 3}.
10. Und als sie ihm nachsahen gen Himmel fahren, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Kleidern,
Sie: Die Apostel und andere Jünger, die zugegen waren.
Männer: Die Engel gewesen sind, in menschlicher Gestalt.
Weißen Kleidern: Weiß ist ein Zeichen der Reinheit der Engel.
11. welche auch sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr und seht gen Himmel? Dieser Jesus, welcher von euch ist aufgenommen gen Himmel, wird kommen, wie ihr ihn gesehen habt gen Himmel fahren.
Von Galiläa: Ihr Jünger und Apostel Jesu Christi.
Gen Himmel: Aus Verlangen nach eurem Heiland Christus, dessen sichtbare Gegenwart ihr eine Zeit lang beraubt sein müsst.
Wird kommen: Am Jüngsten Tag, aber in seiner Majestät {Mt 25}. Hier wird der Artikel unseres Glaubens bestätigt. Von dort er kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten. Weil es demnach gewiss ist, dass Christus sichtbar vom Himmel wiederkommen wird, um die Lebendigen und die Toten zu richten, so gehört es sich, dass wir uns auf seine Ankunft in der Gottseligkeit gefasst machen mit heiligem Wandel und Gottseligem Wesen {2Petr 3}.
12. Da wandten sie um gen Jerusalem von dem Berge, der da heißt der Ölberg, welcher nahe ist bei Jerusalem und liegt einen Sabbatweg davon.
Ölberg: Von dem Christus in den Himmel gefahren war.
Sabbatweg: Etwa 2000 Schritte, denn soweit konnte man am Sabbat gehen, weil ein solch schlichter Weg einen gesunden Menschen nicht müde macht, sondern vielmehr erfrischt. Obwohl nun die Pharisäer damals den Sabbat gar zu abergläubisch hielten und der Sabbat um des Menschen willen eingesetzt ist, so sündigen dennoch die, die an den Feiertagen die Predigten des göttlichen Wortes versäumen und unterdessen Reisen vornehmen, die sie auf eine andere Zeit verschieben könnten.
13. Und als sie hineinkamen, stiegen sie auf den Söller, da denn sich aufhielten Petrus und Jakobus, Johannes und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, des Alphäus Sohn, und Simon Zelotes und Judas, des Jakobus Sohn.
Aufhielten: Die Apostel und Jünger Christi, wie sie einmütig versammelt waren und dort beieinanderblieben, bis der Heilige Geist vom Himmel gesandt worden war.
Judas: Sohn. Es war nicht der Ischariot gewesen, sondern ein anderer, der auch Hebbels und Thaddeus geheißen hat, der sich bald danach dazu gesellt hatte, Matthias, damit die Anzahl der zwölf wiederum ergänzt wurde. Es werden aber die Namen der Apostel aufgezählt, damit wir wissen, wer die geistlichen Fürsten gewesen sind, an die der 68. Psalm denkt, die dem Herrn Christus den Erdboden nicht mit äußerlichen und leiblichen Waffen, sondern mit der Predigt des Evangeliums unterworfen haben. Wir sollen sie aber darum nicht für Götter ehren. Sie begehren solches auch nicht von uns. Vielmehr sollen wir ihrem Glauben, ihrer Gottseligkeit und ihrer Geduld folgen.
14. Diese alle waren stets beieinander einmütig mit Beten und Flehen samt den Weibern und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.
Weibern: Die aus wahrer Gottseligkeit Christus nachgefolgt waren, dass sie seine Predigten gehört und seine Wunderwerke gesehen hatten.
Brüdern: Oder Verwandten, die an ihn glaubten. Es standen aber die Apostel und Jünger Christi nicht in geringer Gefahr, dass sie sich in Jerusalem mitten unter den Feinden Christi aufhielten. Aber doch, weil es ihnen befohlen war, dass sie in Jerusalem auf die Sendung des Heiligen Geistes warten sollten, sind sie von Gott erhalten worden. Denn die, die in ihrem Beruf gottselig wandeln, die sind unter dem Schutz Gottes {Ps 91}. Und sie werden durch ein inbrünstiges Gebet vieler Gefahren enthoben, auch wird der Glaube durch Übung in Gefahr unterhalten und gestärkt.
15. Und in den Tagen trat Petrus auf unter den Jünger und sprach (es war aber die Schar der Namen zuhauf bei hundertundzwanzig):
Tagen: Als sie noch auf die Sendung des Heiligen Geistes warteten, sahen sie es für gut an, dass sie einen anderen an die Stelle des Verräters Judas zum Apostelamt erwählten.
Hundertzwanzig: Das ist zwar eine geringe Anzahl, wenn man sie im Verhältnis zur Menge des Volkes in Jerusalem rechnet, aber die Kirche hat bisweilen wenig Leute.
16. Ihr Männer und Brüder, es musste die Schrift erfüllt werden, welche zuvor gesagt hat der Heilige Geist durch den Mund Davids, von Juda, der ein Vorgänger war derer, die Jesus fingen {Ps 41v10 Joh 18v3}.
Heilige Geist: Denn die Heilige Schrift ist vom Heiligen Geist vollbracht worden. Darum wird zu seiner Zeit gewiss erfüllt werden, was dieser darin geweissagt hat.
Vorgänger: Denn er ist vor der Schar, die von den Hohepriestern abgestellt worden waren, hergegangen und hat Christus den Feinden mit einem Kuss verraten. Und es ist nichts Seltsames, dass die, die eine Zeit lang Jünger Christi und Diener der Kirche waren, danach die Vorgänger und Führer der Feinde Christi werden.
17. Denn er war mit uns gezählt und hatte dies Amt mit uns überkommen.
Überkommen: Dass er zum Apostelamt berufen worden war, dessen er sich durch seinen Verrat selbst unwürdig gemacht hatte, und aus unserer Zahl ausgenommen wurde. Es ist aber nicht genug, dass man ein ehrliches Amt empfängt, wenn man es nicht durch Treue und Aufrichtigkeit behält.
18. Dieser hat erworben den Acker um den ungerechten Lohn und sich erhängt und ist mitten entzwei geborsten, und alle sein Eingeweide ausgeschüttet {Mt 26v15 27v5}.
Acker: Der um das Geld gekauft worden war, das er mit Ungerechtigkeit und Verrat erhalten hatte. Er ist aber weder des Geldes noch des Ackers froh geworden, sondern weil ihn sein Gewissen gedrückt hat, hat er es weggeworfen. Denn die Menschen genießen diejenigen Güter nicht mit frohem Gewissen, die sie mit Unrecht erwerben.
Ausgeschüttet: Dies ist ein sehr schrecklicher Tod gewesen, den er sich selbst aus Verzweiflung angetan hat. Und es ist dies ein ernstliches Beispiel des göttlichen Zorns über die Unbußfertigen. Besonders aber soll diese ernste Strafe Gottes zurecht die giftigen Mamelucken und Verräter des Evangeliums schrecken und alle Frommen abhalten, dass sie die Gunst der Menschen, oder auch großen Reichtum nicht höher achten als ein gutes und ruhiges Gewissen. Auch lehrt das Beispiel des Judas, dass es zur wahren und heilsamen Buße nicht ausreicht, wenn man allein Reue und Leid über die Sünden in sich trägt, wenn nicht auch der Glaube an Christus dazukommt. Sonst wird aus der Buße eine Verzweiflung.
19. Und es ist kundgeworden allen, die zu Jerusalem wohnen, also dass derselbe Acker genannt wird auf ihre Sprache Hakeldama, das ist, ein Blutacker.
Kundgeworden: Was Judas für ein schreckliches Ende genommen hatte.
Genannt wird: Zur ewigen Erinnerung an diese Geschichte.
Ihre Sprache: Hebräisch oder syrisch, die einander sehr ähnlich sind.
Blutacker: Weil er um das Geld, wodurch unschuldiges Blut verraten und verkauft worden ist, gekauft wurde. Denn man soll die Gerichte Gottes, wenn eine öffentliche Bosheit öffentlich gestraft wird, nicht verhehlen, sondern sie den rohen und selbstsicheren Leuten vorhalten, dass sie Gott zu fürchten lernen.
20. Denn es steht geschrieben im Psalmbuch: Ihre Behausung müsse wüst werden, und sei niemand, der drinnen wohne, und sein Bistum empfange ein anderer.
Psalmbuch: Nämlich im 69. Psalm ist alles von den Feinden Christi, deren Vorläufer Judas gewesen ist, lange zuvor verkündigt und geweissagt worden.
Wohne: Das bedeutet: Gott wird die Feinde Christi, unter denen Judas einer der Vornehmsten gewesen ist, vertilgen und ausrotten.
Und: So steht es im 109. Psalm vom Verräter Judas geschrieben.
Ein anderer: Das heißt: Gott wird den Verräter aus seinem geistlichen Kirchenamt verstoßen und einen anderen an seiner statt aufstellen. Denn die ihrem Amt schlecht vorstehen und untreu handeln, die werden von Gott abgesetzt und, wenn sie nicht Buße tun, ganz und gar verworfen.
21. So muss nun einer unter diesen Männern, die bei uns gewesen sind die ganze Zeit über, welche der Herr Jesus unter uns ist aus und ein gegangen,
Muss nun: Weil diese Weissagungen uns erinnern, dass wir, anstelle des Verräters Judas, einen anderen zuordnen sollen, der die Zahl der zwölf Apostel ergänzt.
Gegangen: Solange Christus unter uns gewandelt ist.
22. von der Taufe des Johannes an bis auf den Tag, da er von uns genommen ist, ein Zeuge seiner Auferstehung mit uns werden.
Taufe des Johannes: Als dieser zu taufen und zu lehren angefangen hat.
Genommen: Dass er in den Himmel gefahren ist. Er hat die ganze Zeit über Christus gehört, seine Wunderzeichen gesehen und seinen Leiden und Erscheinungen nach seiner Auferstehung beigewohnt.
Zeuge: Dass er von Christi Lehre, Wunderzeichen, Leiden, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt zeugt und in der ganzen Welt lehrt. Denn genauso, wie die Zahl sieben als Zahl der Zeugen bei den Römern für genug erachtet worden war, zur Bestätigung auch der wichtigsten Sachen, so ist im israelitischen Volk die Zahl Zwölf am meisten gebraucht worden, wenn man eine Sache bestätigen wollte, woran etwas gelegen war. Und es sieht so aus, als ob diese Zahl von den zwölf Patriarchen genommen wäre. Auf diese Weise hat Moses in der Wüste zwölf Männer ausgesandt, dass sie das Land Kanaan erkundeten und vor dem ganzen Volk die Fruchtbarkeit und die gute Lage dieses Landes bezeugten. Darum sollen wir solchen glaubwürdigen Zeugen, den Aposteln, Beifall geben.
23. Und sie stellten zwei, Joseph, genannt Barsabas, mit dem Zunamen Just, und Matthias,
Zwei: Die beide des Apostelamtes für würdig erachtet wurden, und es war sehr schwierig, unter diesen beiden zu wählen, weil sie einander sehr gleich waren. Darum stellten sie es dem Urteil Gottes anheim, und bestimmten durch das Los, wer dem anderen vorgezogen werden sollte. Jedoch sprachen sie vorher ein Gebet.
Just: Das heißt: Gerecht. Und er ist ohne Zweifel wegen seines unsträflichen Wandels so genannt worden.
24. beteten und sprachen: Herr, aller Herzen Kündiger, zeige an, welchen du erwählt hast unter diesen zwei,
Herzen Kündiger: Der du allein am besten unterscheiden kannst, wer von diesen beiden für das Apostelamt am tauglichsten ist. Diesem Beispiel sollen wir folgen, dass, wenn wir eine Person erwählen wollen für irgendeinen Kirchendiener oder die Obrigkeit, oder wenn einer eine Frau nehmen will, dass wir stets zuvor Gott den Herrn anrufen und ihn bitten, er solle unser Vorhaben zur Ehre seines Namens und zu unserer Seligkeit richten.
25. dass einer empfange diesen Dienst und dieses Apostelamt, davon Judas abgewichen ist, dass er hinginge an seinen Ort.
Seinen Ort: Der Verdammnis, die ihm, als einen treulosen, Gottvergessenen und unbußfertigen Menschen bestimmt ist.
26. Und sie warfen das Los über sie; und das Los fiel auf Matthias. Und er ward zugeordnet zu den elf Aposteln.
Los: Nach dem Brauch dieses Landes. Es ist das Werfen des Loses bei den Israeliten sehr gebräuchlich gewesen, wie es viele Beispiele der Heiligen Schrift bezeugen. Und auch heutzutage wirft man gelegentlich noch das Los in etlichen Sachen, wenn man ein Erbe zu teilen hat. Aber in Religionssachen soll man sich nicht leicht unterstehen, durch das Los etwas zu entscheiden. Denn da heißt es, man soll nach den Gesetzen und nicht nach den Beispielen sich richten.
Zugeordnet: Es ist also die Zahl der zwölf Apostel wiederum ergänzt worden. Denn anstelle der Abtrünnigen, die von der reinen und gottseligen Religion abgewichen sind, schickt Gott andere getreue Arbeiter in seine Ernte aus.
Das 2. Kapitel
- Zuerst wird berichtet, wie der Heilige Geist gesandt und den Aposteln gegeben worden ist.
- Danach folgt die Antwort des Apostels Petrus, dass die Apostel nicht aus Trunkenheit, sondern aus Eingebung des Heiligen Geistes mit mancherlei Zungen redeten.
- Daraufhin wird angezeigt, was diese Predigt für einen gewaltigen Nachdruck gehabt hat.
1. Und als der Tag der Pfingsten erfüllt war, waren sie alle einmütig beieinander.
Pfingsten: Das Pfingstfest war aber eines der vornehmsten Feste, die Gott im israelitischen Volk zu halten befohlen hatte, und war zum Gedächtnis eingesetzt, dass am selben Tag das Gesetz auf dem Berg Horeb gegeben worden war. Und Gott hat gewollt, dass die Apostel am selben Tag den Heiligen Geist in Jerusalem empfingen, auch den Anfang mit der Predigt des Evangeliums machten, weil viele tausend fremde Menschen auf diesem Fest in Jerusalem zusammenzukommen pflegten, damit bei dieser Gelegenheit die Nachricht von dem Evangelium Christi umso weiter in der Welt ausgebreitet würde.
Beieinander: In einem Haus und in einem Zimmer versammelt, wo sie ohne Zweifel miteinander gebetet und von Christus und seinem Reich geredet haben. Es waren 120 Jünger, wie im vorhergehenden Kapitel steht, unter denen die zwölf Apostel die Vornehmsten gewesen sind. Und der Heilige Geist wird nicht denen gegeben, die Lust zu Uneinigkeit und Zwietracht haben, sondern die sich der gottseligen Einigkeit befleißigen und Gott samt dem Nächsten zu dienen begehren. Es ist aber der Heilige Geist zurecht eben am Pfingsttag gegeben worden. Denn gleichwie auf dem 1. Pfingsten in der Wüste dem Volk Israel das Gesetz Gottes gegeben worden ist, das in steinernen Tafeln geschrieben war, so ist auf dieses Pfingsten der Heilige Geist gesandt worden, der das Gesetz, nämlich das Wort Gottes, durch die Predigt des Evangeliums in die Tafeln unsere Herzen schreibt {Jer 31 1Kor 3}.
2. Und es geschah schnell ein Brausen vom Himmel wie ein gewaltiger Windes und erfüllte das ganze Haus, da sie saßen {Mt 3v11 Mk 1v8 Lk 3v16 Apg 1v5 11v16}.
Wind: Denn ebenso wie ein großer Herr mit dem vorhergehenden Schall einer Trompete seine Ankunft anzeigt, so hat das gewaltige Brausen des Windes, das das ganze Haus erfüllt hat, zu verstehen gegeben, dass der Heilige Geist anwesend ist, den Christus verheißen hatte.
Sie saßen: Die Apostel und andere Jünger Christi. Eine ähnliche Geschichte liest man von dem Propheten Elia. Denn als ihm Gott erscheinen wollte, ist ein sanftes Brausen vorhergegangen. Als nun Elias dieses gehört hatte, hat er das Angesicht mit seinem Mantel verhüllt und ist in die Tür seiner Höhle getreten, wo eine Stimme zu ihm gekommen ist und gesagt hat: Was machst du hier Elias {1Kön 19}? Weil aber ein solches Brausen des Windes sonst nirgends gehört worden ist, als in demselben Haus, in dem die Apostel versammelt gewesen sind, so ist das Gerücht bald in der Stadt hin und her erschollen, wodurch das Volk aufmerksam gemacht worden ist, dass sie haufenweise zu diesem Haus gelaufen sind und sehen wollten, was da geschehen war oder geschehen würde.
3. Und man sah an ihnen die Zungen zerteilt, als wären sie feurig. Und er setzte sich auf einen jeglichen unter ihnen.
Er: Der Heilige Geist in dieser sichtbaren Gestalt. Man muss dies aber nicht so verstehen, als ob die Apostel vor dem Pfingstfest den Heiligen Geist nicht gehabt hätten. Denn als Petrus sein herrliches Bekenntnis abgelegt hatte, hörte er von Christus: Fleisch und Blut hat dir dieses nicht offenbart {Mt 16}. Und am Tag der Auferstehung hat Christus seine Jünger angeblasen und zu ihnen gesagt: Nehmt hin den Heiligen Geist {Joh 20}. Sondern es haben die Apostel am Pfingsttag die wunderbare Gabe des Heiligen Geistes empfangen, dass sie mit mancherlei Zungen oder Sprachen reden konnten, die sie zuvor nie gelernt hatten, und es ist ihnen eine vortreffliche Erkenntnis der Geheimnisse Gottes mitgeteilt worden. Dazu sind sie mit solch beherzten Mut ausgerüstet worden, dass sie das Evangelium Christi hin und wieder öffentlich lehren durften, und sich nicht gefürchtet haben, dass sie darüber in irgendein Elend getrieben, ins Gefängnis geworfen, oder auch mit Feuer und Schwert verfolgt werden. Und sie haben von Neuem Gewalt empfangen, die sie immer behalten haben, damit sie herrliche Wunderwerke tun konnten im Namen Christi, um die Lehre des Evangeliums damit zu bestätigen. Und diese Gaben wurden durch die Gestalt der feurigen Zungen angedeutet. Denn die zerteilte Zunge bedeutet mancherlei Sprache, das Feuer gibt die durchdringende Kraft der evangelischen Lehre zu verstehen. Durch das Licht des Feuers wurde angezeigt die Erleuchtung der Herzen durch das Evangelium Christi. Die feurige Gestalt bedeutet auch, dass durch die Predigt des Evangeliums die Herzen entzündet werden, damit sie Gott und den Nächsten inbrünstig lieben. Wenn auch nun heutzutage, nachdem das Evangelium mit den Wunderwerken der Apostel ausreichend bestätigt worden ist, der Heilige Geist nicht all diese Gaben den Gläubigen mitteilt, so wie auch in der ersten Kirche nicht alle Christen ohne Unterschied solche Gaben empfangen haben, so wird jedoch der Heilige Geist noch allen Gläubigen gegeben, der ihnen auch diese Gaben mitteilt, die nach Gelegenheit ihrer Aufgabe zu Gottes Ehre und zur Förderung ihrer Seligkeit nötig sind. Der Heilige Geist versiegelt und vergewissert unsere Herzen, dass wir Gottes Kinder sind {Röm 8}. Er muntert uns auf, dass wir den himmlischen Vater anrufen {Gal 4}. Er treibt uns zu guten Werken {Röm 8}. Er bewirkt in uns eine rechtschaffener Liebe {1Kor 13}. Er steht uns bei in dem Kampf gegen die anklebende Sünde {Gal 5}. Er führt uns in jede Wahrheit, dass wir an Christus nicht irren oder von ihm abfallen {Joh 16}. Für solche Gaben sollen wir Gott dem Herrn Lob und Dank sagen, auch weil wir Tempel des Heiligen Geistes sind {1Kor 3 6}. So sollen wir uns davor hüten, dass wir den heiligen Tempel Gottes nicht verunreinigen, damit wir nicht von ihm verlassen und in einen verkehrten Sinn gegeben werden.
4. Und wurden alle voll des Heiligen Geistes und fingen an, zu predigen mit anderen Zungen, nachdem der Geist ihnen gab auszusprechen {Apg 11v15 19v6}.
5. Es waren aber Juden zu Jerusalem wohnend, die waren gottesfürchtige Männer aus allerlei Volk, das unter dem Himmel ist.
Gottesfürchtige: Dass sie sich mit Fleiß auf die rechte israelitische Religion legten und auf den Gottesdienst, wie er von Gott befohlen war. Diese waren damals in Jerusalem zum Teil, dass sie da wohnten, zum Teil, dass sie auf das Fest nach ihrer Gewohnheit hingekommen waren.
Allerlei Volk: Denn die Juden waren durch die assyrische und Babylonische Gefangenschaft unter mancherlei Völker zerstreut worden, von denen etliche wieder nach Jerusalem gekommen waren, andere aber, die noch unter den Heiden wohnten, zogen doch auf die vornehmsten Feste, wenn es sein konnte nach Jerusalem.
6. Da nun diese Stimme geschah, kam die Menge zusammen und wurden bestürzt; denn es hörte ein jeglicher, dass sie mit seiner Sprache redeten.
Stimme geschah: Dass man das ungewöhnliche Brausen des Windes um dieses Haus herum hörte.
Zusammen: Es geschah ein großer Auflauf des Volkes, wie es bei ungewöhnlichen Sachen zu geschehen pflegt.
Bestürzt: Dass sie in großer Verwunderung dastanden, als wären sie erstarrt, als sie hörten, dass die Apostel und Jünger Christi als ungelehrte Laien und einfache Menschen mit großem Können und einem besonderen Ansehen in fremden Sprachen predigten. Ich meine aber, dass die Apostel in einer Predigt verschiedene Sprachen benutzt haben, etwa so, dass sie eine Weile griechisch, dann lateinisch und dann wieder in einer anderen Sprache gepredigt haben, sodass alle und jeder Zuhörer einen Teil der Predigt in seiner Muttersprache hören und verstehen konnte. Darum, weil etliche Verächter des göttlichen Wortes gehört hatten, dass sie bald in dieser, bald in jener Sprache gesprochen haben, haben sie gesagt: Sie sind betrunken. Denn betrunkene Menschen pflegen, wenn sie etwas von einer fremden Sprache gelernt haben, solches zu Unzeiten in einem Gespräch einzuwerfen und sich damit hören lassen, indem sie in ihre Muttersprache immerzu auch fremde Worte mit einflechten, und es ist in der ersten Kirche gebräuchlich gewesen, dass einer anfangs etwas in einer fremden Sprache vorgebracht hat und dies dann in einer bekannten Sprache ausgelegt hat, wie in 1. Korinther 14 zu sehen ist. Und ich (Osiander) habe eine solche Predigt in Preußen gehört, als der Pfarrherr im Dorf Schakaw und der Bürgermeister zugleich auf die Weise predigten, dass der Pfarrherr einen Gedanken aus 5. Mose vorbrachte, den der Bürgermeister dann in die alte preußische Sprache verdolmetschte, die nicht 5. Mose ist. Danach fuhr der Pfarrherr wiederum im Deutschen fort und der Bürgermeister sagte es abermals auf preußisch. Es redeten also beide, einer nach dem anderen, bis die ganze Predigt zu Ende gebracht worden war. Was diese beiden Personen miteinander verrichtet haben, das denke ich, hat jeder Apostel und jeder Jünger für sich allein viel besser und fertiger tun können. Aber hierüber mag jeder urteilen, wie er will. Das ist einmal gewiss, dass keiner bei dieser Predigt der Apostel anwesend war, der nicht einen guten Teil der Predigt, so viel davon nötig gewesen ist, in seiner bekannten Muttersprache gehört und verstanden hat. Heutzutage soll man sich bemühen, die Sprachen zu erlernen, besonders aber die lateinische, griechische hebräische und chaldäische, damit das Evangelium Christi desto weiter ausgebreitet wird. Und wo etwas dunkel oder unverständlich in der Schrift vorgefunden wird, dass man sich dann in der Hauptsprache nachsehen könnte. Denn man weiß, dass das Neue Testament in griechischer Sprache, das alte aber in hebräischer und zum Teil chaldäischer Sprache geschrieben worden ist.
7. Sie entsetzten sich aber alle, verwunderten sich und sprachen untereinander: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa?
8. Wie hören wir denn ein jeglicher seine Sprache, darin wir geboren sind?
Seine Sprache: Sie reden also jetzt viel und in mancherlei Sprachen, obwohl sie zuvor ihre syrische Muttersprache kaum gekannt und nie fremde Sprachen gelernt hatten.
9. Parther und Meder und Elamiter, und die wir wohnen in Mesopotamien und in Judäa und Kappadozien, Pontus und Asien.
10. Phrygien und Pamphylien, Ägypten und an den Enden der Libyen bei Kyrene, Juden und Judengenossen,
Juden: Die wir die hebräische und syrische Sprache verstehen.
Judengenossen: Die wir aus dem Heidentum zu dem wahren Gott Israels bekehrt worden sind und die Religion der Juden angenommen haben.
11. Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: Wir hören sie mit unseren Zungen die großen Taten Gottes reden.
Unsere Zungen: In unserer bekannten Muttersprache.
Taten Gottes: Dass sie von dem wunderbaren Werk Gottes predigten, wie er seinen eingeborenen Sohn, den Messias in diese Welt gesandt hat, um das menschliche Geschlecht selig zu machen. Denn es ist von keinem größeren Werke in der ganzen Welt jemals gehört worden, als dass der ewige Sohn Gottes menschliche Natur an sich genommen hat und in dieser, sich dem Gesetz Gottes unterworfen, auch durch sein Leiden und seinen Tod die Sünden der ganzen Welt gebüßt und bezahlt und den Teufel, Tod und Hölle überwunden hat.
12. Sie entsetzten sich alle und wurden irre und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden?
Irre: Über die Predigt der Apostel, sodass sie nicht wussten, wie sie mit ihnen dran waren.
Dem anderen: Was fromme und gutherzige Menschen waren.
Das werden: Was ist das für eine neue, wunderbare Sache? Denn sie erkannten das göttliche Wunderwerk aus den vielen Sprachen und hörten von neuen Sachen, die sie kaum mit ihrem Verstand fassen oder begreifen konnten. Denn es pflegt zu geschehen, dass die, die Gott der Herr zur Erkenntnis des Evangeliums bringen will, eine Zeit lang selbst nicht wissen, wie sie dran sind und im Zweifel stehen, auf welche Seite sie sich begeben sollen. Aber schließlich nehmen sie die himmlische Wahrheit an und bekennen sie vor der Welt. Denen soll man in ihrer Schwachheit etwas zugutehalten, bis sie sich aus solchem Zweifel herausgebildet haben.
13. Die andern aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll süßen Wein.
Ihren Spott: Dass sie die Apostel, samt den herrlichen Wunderwerken, verlacht und verspotteten als Verächter Gottes und seines Wortes.
Süßen Wein: Diese Galiläer haben zu viel guten Wein zu sich genommen und sind betrunken, darum schwätzen sie heraus, ohne Verstand, was ihnen ins Maul kommt, und werfen allerlei Sprachen durcheinander. Denn die Verächter des Evangeliums erdenken immer etwas, das sie zu belachen und zu verlästern haben, und man kann es ihnen niemals recht machen, dass sie nichts vorzubringen wüsten, weshalb sie das Evangelium nicht annehmen.
14. Da trat Petrus auf mit den Elfen, hob auf seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr zu Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und lasst meine Worte zu euren Ohren eingehen!
Da: Nach den verschiedenen Urteilen des Volks von den Wunderwerken der Zungen folgt jetzt die Predigt des Apostel Petrus, worin er zunächst die Lästerung abgelehnt und von Christus von Nazareth lehrt, dass er der Messias ist, der vor langer Zeit den Patriarchen versprochen worden war.
Auf: Unter dem Volk, das zugegen war.
Stimme: So, dass ihn jedermann hören konnte.
Eingehen: Merkt fleißig darauf, was ich sagen werde. Ich werde euch solche Dinge erzählen, woran viel gelegen ist und die zu eure Seligkeit höchst notwendig sind, dass ihr sie wisst.
15. Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, zumal es ist die dritte Stunde am Tage.
Dritte Stunde: Was bei uns vormittags um 9:00 Uhr wäre. Denn zu dieser Zeit pflegen die Menschen noch nicht betrunken zu sein, sondern erst um den Abend herum werden viele von ihnen voll des Weins. Dieser Beweis allerdings kann heutzutage bei etlichen 5. Mose nicht viel gelten, die sich teilweise früh am Morgen bereits betrinken.
16. Sondern das ist ‚s, das durch den Propheten Joel zuvor gesagt ist:
Das ist es: Da wir jetzt mit mancherlei Sprachen reden.
Gesagt ist: Im 2. Kapitel. Da steht, was danach folgt.
17. Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, ich will ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Ältesten sollen Träume haben.
Aus diesem: Mehr und reichlicher als je zuvor. Diese Weissagung des Propheten Joel berichtet von der Sendung des Heiligen Geistes und von den herrlichen Wunderwerken, die vor der Auferstehung Christi und der Sendung des Heiligen Geistes am Pfingsttag geschehen sind und auch vor seiner herrlichen Ankunft geschehen werden. Der Prophet gebraucht aber, wenn er von der Sendung des Heiligen Geistes redet, solche Worte, die zu seiner Zeit gebräuchlich waren, indem er die herrliche Erkenntnis Christi und die Gaben des Heiligen Geistes bald eine Weissagung, bald Erscheinungen, bald prophetische Träume nennt. Und der Sinn der Worte des Propheten Joel ist folgender: Im letzten Teil der Welt (wenn nämlich die ganze Dauer in dreierlei Zeit unterschieden wird) wird Gott, der Herr, den Heiligen Geist oder die Gaben des Heiligen Geistes reichlich ausgießen, dass nicht nur wenige Leute, wie früher im Alten Testament, sondern viele mehr mit herrlichen Gaben des Heiligen Geistes geschmückt sein werden und eine vortreffliche Erkenntnis der Geheimnisse Gottes erlangen. Also, dass solche Gaben ohne Ansehen der Personen, des Alters, des Geschlechts oder des Standes über die Christen ausgegossen werden. Vielen wird die Gabe gegeben werden, dass sie die Heilige Schrift deutlich und richtig erklären können. Andere aber werden von künftigen Sachen weissagen. Und vor dem großen und herrlichen Tag des Herrn, in der Christus der Hölle die Herrschaft nehmen wird durch seine siegreiche Auferstehung, wie auch vor dem Fest der Pfingsten wird in Jerusalem gleichsam ein Reichstag der ganzen Welt von den Religionssachen gehalten werden, wenn nämlich der Heilige Geist kommen und das Evangelium ausbreiten wird durch die ganze Welt. Da werden viele und große Wunder vorher geschehen, wie schreckliche Finsternisse der Sonne und des Mondes, der wie Blut aussehen wird, die Luft wird trübe und dunkel sein, als wäre sie in einem dicken Rauch oder Dampf verändert; zusammengefasst, es wird alles ein grausames schreckliches Ansehen haben. Unterdessen aber, wer das Evangelium Christi, das der Heilige Geist durch die Apostel in der Welt eröffnen und ausbreiten wird, glauben und ergreifen wird, und aus solchem Glauben seinem Erlöser Christus anrufen wird, ihn auch um Vergebung seiner Sünden bittet, der wird die ewige Seligkeit erlangen. Obwohl nun die herrlichen und reichen Gaben des Heiligen Geistes in der Erste Kirche nicht nur über die Apostel, sondern auch über viele andere Christen ausgegossen worden ist, so gießt doch auch heutzutage Gott seinen Heiligen Geist noch reichlich aus über seine Knechte und Mägde, wo das Evangelium Christi rein gelehrt wird. Und obwohl sie nicht in fremden Sprachen sprechen, noch von zukünftigen Dingen weissagen, so findet man doch in heutiger Zeit Knaben von zehn Jahren, die von den vornehmsten Artikeln der christlichen Religion eine bessere Erkenntnis haben, als viele vortreffliche Männer, die im Alten Testament gelebt hatten. Für solch göttliche Guttaten sollen wir dem himmlischen Vater danken und ihn bitten, dass er die reine Lehre des Evangeliums bei uns erhält, damit wir sie unverfälscht unsere Nachkommen hinterlassen können. Was die Zeichen oder Wunder betrifft, von denen bis hierhin viele geschehen sind, sodass es bisweilen Blut regnet, die Luft mit hässlichem, dickem Nebel uns den Sonnenschein entzieht, dass man diese kaum, gleichsam nur traurig und rötlich sehen kann, der Mond auch oft verfinstert wird und scheint, als ob er mit Blut bestrichen wäre, so sollen wir nicht zweifeln, es sind Zeichen der herannahenden herrlichen Ankunft unseres Heilandes Jesus Christus. Gleichwie jene Wunderzeichen, als Christus am Kreuz starb vor seiner Auferstehung und Sendung des Heiligen Geistes am Pfingsttag vorhergegangen waren. Am selben herrlichen Tag aber, an Pfingsten, wie auf dem herrlichsten Reichstag, hat der Heilige Geist durch die Apostel Christi dieses Dekret in Religionssachen ausgesprochen und eröffnet, dass, wer wahrhaft an Christus glaubt und ihn aus Glauben anrufen wird, der wird Vergebung als seiner Sünden und das ewige Leben erlangen. Dieses Dekret der allerheiligsten Dreifaltigkeit sollen wir uns durch keine spitzfindigen Überlegungen oder durch tyrannische Gewalt nehmen lassen, sondern es mit wahrem Glauben annehmen und in unserem Herzen bis zum Ende unseres Lebens behalten und ihm folgen.
Alles Fleisch: (Nach Luther) Beide, innerhalb und außerhalb des Gesetzes. Denn in Christus sind alle gleich, ohne alle Werke und Verdienste zur Gnade berufen.
18. Und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in denselben Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen.
19. Und ich will Wunder tun oben im Himmel und Zeichen unten auf Erden: Blut und Feuer und Rauchdampf.
20. Die Sonne soll sich verkehren in Finsternis und der Mond in Blut, ehe denn der große und offenbarliche Tag des Herrn kommt.
21. Und soll geschehen, wer den Namen des Herrn anrufen wird, soll selig werden {Röm 10v13}.
22. Ihr Männer von Israel, hört diese Worte: Jesum von Nazareth, den Mann von Gott, unter euch mit Taten und Wundern und Zeichen beweist, welche Gott durch ihn tat unter euch (wie denn auch ihr selbst wisst),
Ihr: Bis hierhin hat Petrus von der Sendung des Heiligen Geistes aus dem Propheten Joel gelehrt. Jetzt predigt er weiter auch deutlich und ausführlich von dem Erlöser Christus, dass nämlich Jesus von Nazareth der versprochene Messias ist, den sie schändlich ermordet haben. Er ist wieder auferstanden und in den Himmel gefahren, und sitzt zur Rechten Gottes und hat den Heiligen Geist gesandt zur Fortpflanzung seines Evangeliums.
Unter euch: Den Gott euch Israeliten gesandt hat, als den versprochenen Heiland. Er hat auch mit herrlichen Wunderwerken, die er aus göttlicher Kraft getan hat, ausreichend erwiesen und gezeigt, dass er der Messias Gottes ist. Dazu ist dies nicht heimlich geschehen, dass ihr nichts davon wüsstet, sondern vor euren Augen und mitten unter euch, sodass ihr es nicht leugnen könnt. Denselben habt ihr, nachdem er durch den Verrat des Judas und der Praktiken der Hohepriester als ungerechter Mensch in eure Gewalt gekommen ist, gekreuzigt und getötet und ihn also für seine vielfältigen und großen Guttaten übel belohnt, da ihr in ungerechter Weise mit ihm, als einen Gesandten Gottes, den er zu eurer Seligkeit in diese Welt gesandt hatte, umgegangen seid. Aber er ist nicht darum getötet worden, dass er den Tod oder euren Händen nicht hätte entgehen können, sondern weil er dem himmlischen Vater gehorsam sein wollte, der den Tod des Messias wohl zuvor gewusst und in der Heiligen Schrift denselben zuvor verkündigen ließ. Er hat auch aus besonderem, wohlbedachtem Rat seinen eingeborenen Sohn in den zeitlichen Tod übergeben, damit er anderen Menschen das ewige Leben ermöglicht. Es hat also Petrus den Israeliten ihre Sünde und ihr Unrecht ausdrücklich vor Augen geführt, dass sie den Messias in einem gräulichen Tod hingerichtet haben. Denn es ist das Amt der Kirchendiener, dass sie die Sünden strafen ohne Ansehen der Person. Christus hat aber mit seinen Wunderwerken erwiesen, dass er der Messias ist. Darum sollen wir diesen vielen Beweisen, die er durch viele Wunderwerke getan hat, fest glauben. Gleich, wie auch Christus, unser Haupt, nach dem beschlossenen Rat und Willen Gottes in den Tod des Kreuzes gegeben worden ist, so kann auch uns nichts Widerwärtiges begegnen ohne des himmlischen Vaters Zulassen und Verhängnis.
23. denselben (nachdem er aus bedachtem Rat und Vorsehung Gottes ergeben war) habt ihr genommen durch die Hände der Ungerechten und ihn angeheftet und erwürgt.
24. Den hat Gott auferweckt und aufgelöst die Schmerzen des Todes, nachdem es unmöglich war, dass er sollte von ihm gehalten werden.
Den: In den vorigen Worten hat der Apostel Petrus die Leiden Christi beschrieben. Im Folgenden berichtet er auch von seiner Auferstehung.
Des Todes: So, dass er ihn aus dem Tod wiederum errettet und darum nicht verlassen hat, obwohl ihr ihn erwürgt habt.
Unmöglich war: Denn wie hätte es möglich sein können, dass der Tod den Herrn des Lebens hätte behalten können. Zumal Christus durch seinen Tod dem himmlischen Vater für die Sünden des menschlichen Geschlechts genüge getan hat, so hat der Tod kein Recht mehr über ihn. Gleich, wie aber der Tod Christus nicht behalten konnte, so wird er auch uns, die wir Glieder Christi sind, nicht behalten können. Darum sollen wir auf die selige Auferstehung unsere Leiber warten.
25. Denn David spricht von ihm: Ich habe den Herrn immer vorgesetzt vor mein Angesicht; denn er ist an meiner Rechten, auf dass ich nicht bewegt werde.
Denn: Was Petrus von der Auferstehung Christi vorbringt, das beweist er jetzt aus der Heiligen Schrift, wie es nämlich der Prophet David vor langer Zeit geweissagt hat.
Spricht: Im 16. Psalm, als er Christus, als ob dieser selber sprechen würde, einführt.
Vorgesetzt: Dass ich von seinen Geboten nie mehr abweiche, während er mit seiner Gnade immer gegenwärtig bei mir ist, damit ich nicht zugrunde gehe, obwohl ich immer wieder angegriffen werde. Denn Gott schützt die, die ihn fürchten und ihn immer vor Augen haben.
26. Darum ist mein Herz fröhlich, und meine Zunge freut sich; denn auch mein Fleisch wird ruhen in der Hoffnung.
Fröhlich: Weil ich weiß, dass ich jedem Unglück glücklich entrinnen werde, so freue ich mich von Herzen über die künftige Erlösung und preise meinen Gott. Und obwohl mein Körper ins Grab gelegt werden wird, so wird er doch da ruhen in der Hoffnung auf die künftige Auferstehung. Denn wir sollen in den Trübsalen auf die künftige Hilfe sehen, die in der Nähe ist, und wenn wir sterben müssen, sollen wir die Hoffnung der Auferstehung fest behalten.
27. Denn du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen, auch nicht zugeben, dass dein Heiliger die Verwesung sehe.
Hölle lassen: Und obwohl ich noch in meinem Leben die Schrecken der Hölle empfinden und auch zur Hölle fahren werde, so weiß ich doch, dass ich, als ein siegreicher Überwinder wiederum lebendig werde, und du wirst auch meinen Allerheiligsten Leichnam nicht wie andere Körper im Grab verwesen lassen. Es empfinden aber die Frommen bisweilen auch in diesem Leben etwas von der Hölle, zum Beispiel, wenn sie mit schweren Anfechtungen überfallen werden. Aber sie werden darin nicht verlassen, d.h.: Sie gehen nicht zugrunde. Denn es steht geschrieben: Der Herr führt in die Hölle und wieder heraus {1Sam 2}. Obwohl nun unsere Körper nicht so, wie der Leib Christi, im Grab unverwest erhalten werde, so werden sie doch aus der Verwesung dann ergänzt und mit himmlischer Herrlichkeit geschmückt werden, damit sie dem Leib Christi ähnlich werden {Phil 3}.
28. Du hast mir kundgetan die Wege des Lebens; du wirst mich erfüllen mit Freuden vor deinem Angesichte.
Des Lebens: Du zeigst mir gleichsam mit den Fingern den Weg, auf dem ich aus dem Tod wiederum zum Leben hervorgehe, und für die erlittenen Trübsalen wirst du mir die ewige Freude bescheren, mir auch die völlige Gewalt übergeben im Himmel und auf Erden und mich mit unaussprechlicher Majestät und Herrlichkeit schmücken, wenn ich mit höchsten Freuden dein Angesicht anschauen werde. Es wird auch uns Gott den Weg zeigen aus dem Tod zum rechten Leben und er wird uns mit Freude und Fröhlichkeit erfüllen. Denn im anderen Leben werden wir Gott sehen, wie er ist, wie es Johannes bezeugt und wie Paulus sagt: Wir werden ihn erkennen, wie wir erkannt werden. Wie hätte man aber den ganzen Allerheiligsten Wandel Christi auf Erden, samt seinem Leiden, Tod, Begräbnis, Höllenfahrt, Auferstehung, Himmelfahrt und dem Sitzen zur Rechten Gottes, kürzer und deutlicher beschreiben können, als es in diesem Psalm verfasst ist?
29. Ihr Männer, liebe Brüder, lasst mich frei reden zu euch von dem Erzvater David: Er ist gestorben und begraben, und sein Grab ist bei uns bis auf diesen Tag {1Kön 2v10 Apg 13v36}.
Ihr: Es folgt jetzt, wie Petrus das Zeugnis der Heiligen Schrift, das er von Christus erhalten hat, für sein Vorhaben deutet.
Frei reden: Nehmt es mir bitte nicht übel, wenn ich von dem heiligen Erzvater David meine Meinung frei und ohne Angst heraussage.
Diesen Tag: Und es hat niemand gesehen oder etwas davon gehört, dass er von den Toten wiederauferstanden wäre. Darum ist sein Leib im Grab verwest, wie bei anderen Menschen. Daher ist anzunehmen, dass David dies nicht in seiner Person, oder von seiner Person gesagt hat, sondern von der Person Christi, die aus dem Samen Davids geboren werden sollte.
30. Als er nun ein Prophet war und wusste, dass ihm Gott verheißen hatte mit einem Eid; dass die Frucht seiner Lenden sollte auf seinem Stuhl sitzen,
Stuhl sitzen: Das bedeutet, dass Christus dem Fleisch nach aus seinem Samen und seiner Nachkommen geboren werden sollte und ein ewiges Reich habe. Denn so steht es geschrieben im 132. Psalm: Der Herr hat David einen wahren Eid geschworen, davon wird er sich nicht wenden. Ich will dir auf deinen Stuhl setzen die Frucht deines Leibes. Darum, so hat David aus Erleuchtung des Heiligen Geistes verstanden, dass sein Sohn (dem Fleisch nach) der Messias, sterben würde und bald danach von den Toten auferstehe, auf dass er ewig regieren würde. Und er hat dies von ihm geweissagt, dass nämlich Gott seine (Christi) Seele nicht in die Hölle lassen würde und dass sein Leib nicht im Grab bleiben würde bis er verwest. Darum sind diese nun erzählten Weissagungen eigentlich von Jesus von Nazareth zu verstehen. Hier ist dies zu bemerken, dass Petrus seine Predigt mit dem Zeugnis der Heiligen Schrift bewiesen hat, was andere Prediger auch tun sollen. Denn was ohne Zeugnis der Heiligen Schrift vorgebracht wird, das ist ebenso leicht zu verwerfen, wie anzunehmen.
31. hat er es zuvor gesehen und geredet von der Auferstehung Christi, dass seine Seele nicht in der Hölle gelassen ist, und sein Fleisch die Verwesung nicht gesehen hat {Ps 16v10 Apg 13v35}.
32. Diesen Jesum hat Gott auferweckt; dessen sind wir alle Zeugen.
Zeugen: Nämlich wir zwölf Apostel. Darum sollen wir diesen Zeugen glauben, dass Christus wahrhaftig von den Toten auferstanden ist. Ist er denn auferstanden, so sind freilich unsere Sünden bei Gott vollkommen abgetragen und versöhnt.
33. Nun er durch die Rechte Gottes erhöht ist und empfangen hat die Verheißung des Heiligen Geistes vom Vater, hat er ausgegossen dies, was ihr seht und hört.
Erhöht ist: Denn er ist nicht allein vom Tod auferstanden, sondern er ist auch durch die Kraft und die Allmacht Gottes (welches die rechte Hand des Vaters ist) zu solcher Majestät erhöht worden, dass er zur Rechten des Vaters sitzt in unendlicher Herrlichkeit und Macht und regiert alles gegenwärtig im Himmel und auf Erden. Darum hat er den Heiligen Geist gesandt, den der Vater verheißen hatte, und hat über uns diese wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes ausgegossen, worüber ihr euch jetzt entsetzt. Deswegen ist des Menschen Sohn zu solcher Majestät erhöht worden, dass er den Heiligen Geist gibt, wem er will. Und der Heilige Geist wird vom Vater und vom Sohn in die Herzen der Gläubigen gesandt, darum sollen wir Christus bitten, dass er mit seinem Heiligen Geist unsere Herzen erleuchtet, regiert und stärkt.
34. Denn David ist nicht gen Himmel gefahren. Er spricht aber: Der Herr hat gesagt zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten {1Kor 15v25 Hebr 1v13}.
Denn: Was Petrus von der Erhöhung Christi und vom Sitzen zur Rechten Gottes gesagt hat, das beweist er jetzt mit dem Zeugnis der Heiligen Schrift.
Spricht aber: Im 110. Psalm: Da er von Christus weissagt, dass er zur Rechten Gottes gesetzt werden soll und den Vater einführt, dass er seinen Sohn in seiner Menschheit anspricht, er solle sozusagen sich auf den Thron der unendlichen göttlichen Majestät und Gewalt setzen, bis seine Feinde unterdrückt sind. Diese Worte (sagt Petrus) können von David nicht so verstanden werden, denn der ist mit seinem Leib nicht in den Himmel gefahren und noch viel weniger sitzt er zur Rechten des Vater.; sondern man muss sie verstehen von dem Sohn Davids, Jesus Christus, der durch die Sendung des Heiligen Geistes erwiesen hat, dass er zur Rechten Gottes sitzt. Zur Rechten Gottes sitzen aber heißt, immer gegenwärtig regieren in unendlicher Majestät und Gewalt. Denn die rechte Hand Gottes ist überall und kann von keinem Ort ausgeschlossen werden. Man möge mir einen Ort zeigen, wo Gott seine unendliche Macht nicht zeigen könnte.
35. bis dass ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße.
36. So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zu einem Herrn und Christus gemacht hat.
So: Jetzt beschließt Petrus seine Predigt mit kurzen Worten.
Gemacht hat: Denn es hat Gott, dem himmlischen Vater, gefallen, dass dieser Jesus, der von euch gekreuzigt worden ist, der rechte Messias und Heiland der Welt ist. Und der himmlische Vater hat ihn zu einem Herrn des Himmels und der Erde gemacht. Denn Christus ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde {Mt 28}. Und obwohl er vor seiner Auferstehung sich in der Knechtsgestalt befunden hat, so hat er doch diese jetzt abgelegt und ist kein Knecht mehr, sondern ein Herr. Wer nun an diesen Herrn, Jesus Christus, glaubt, der wird selig werden {Joh 3}.
37. Da sie aber das hörten, ging es ihnen durchs Herz, und sprachen zu Petrus und zu den andern Aposteln: Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun?
Da: Es folgt nun, was diese Predigt, die Petrus den Israeliten, die Christus ans Kreuz zu schlagen geholfen hatten, für Früchte gebracht und welche Wirkung sie gehabt hat.
Durchs Herz: Die Rede des Apostel Petrus hat ihre Herzen durchdrungen wie ein zweischneidiges Schwert, dass sie einen großen Schmerz dabei empfunden haben, weil sie den Messias und Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt hatten. Denn das Wort Gottes ist in den Auserwählten zu seiner Zeit kräftig, sodass es ihre Herzen zum Guten ändert. Darum irrt sich Schwenkfeld, wenn er sagt: Es steht kein Weg offen, der durch die Ohren zu des Menschen Herz geht, dass durch die äußerliche Predigt das Herz geändert werden könnte.
Tun: Damit wir für die Seligkeit unserer Seelen Rat schaffen und mit Gott versöhnt werden, den wir durch die Verachtung und Ermordung des Messias heftig erzürnt haben? Diese haben ihre Sünden erkannt und um Verzeihung gebeten, die sie auch erlangt haben. Darum, weil die, die Christus, den Sohn Gottes, getötet haben, von Gott in Gnaden aufgenommen worden sind, so soll kein Sünder verzagen, wenn er auch eine noch so große Sünde begangen hat, sofern er nur wahrhaftige Buße tut.
38. Petrus sprach zu ihnen: Tut Buße, und lasse sich ein jeglicher taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes.
Tut Buße: Dass ihr eurer Bosheit überdrüssig sein werdet, besonders die, die ihr geholfen habt, den Messias ans Kreuz zu bringen, und setzt euer Vertrauen auf die Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Denn Gott verzeiht den Bußfertigen. Und nehmt die Taufe an zum Zeugnis, dass ihr an Jesus Christus, den Sohn Gottes und Heiland der Welt glaubt. Denn ihr werdet nicht nur im Namen des Vaters und des Heiligen Geistes, sondern auch im Namen des Sohnes Gottes, Jesus Christus, getauft werden. So müsst ihr auch deswegen die Taufe empfangen, damit ihr der Vergebung eure Sünden vergewissert werdet, und es wird euch der Heilige Geist gegeben werden, der eure Herzen von Tag zu Tag erneuern und wieder gebären wird und euch solche Gaben mitteilt, die je nach Beschaffenheit jeder Person zu Gottes Ehre und zur Erbauung seiner Kirche nötig sein werden. Petrus befiehlt ihnen nicht, jede Sünde insbesondere den Priestern ins Ohr zu beichten, noch viel weniger legt er ihnen für ihre begangenen, großen Misshandlungen eine Genugtuung auf, wie es ein päpstlicher Pfaffe getan haben würde. Sondern er fordert nur Reue und Leid und den Glauben an Christus. Darum ist die päpstliche Buße keine rechte Buße, sondern eine große Marter des Gewissens. Danach lehrt Petrus, dass in der Taufe die Sünden abgewaschen werden und dass die Getauften der Vergebung der Sünden vergewissert werden. Denn Christus reinigt seine Kirche durch das Wasserbad im Wort {Eph 5}. Und die Taufe ist ein Bad der Wiedergeburt, worin wir durch den Heiligen Geist wiederum erneuert werden {Tit 3 Joh 3}. Denn den Getauften wird der Heilige Geist gegeben, dass sie, obwohl sie keine Wunderwerke tun oder in verschiedenen Sprachen reden, dennoch durch den Heiligen Geist erleuchtet, verändert, regiert und im Glauben bis ans Ende erhalten werden {Röm 8}.
39. Denn euer und eurer Kinder ist diese Verheißung und aller, die ferne sind, welche Gott, unser Herr, herzurufen wird.
Denn: Petrus fährt mit seiner Ermahnung weiter fort, dass sie den Glauben an Christus annehmen sollen.
Diese Verheißung: Darum nehmt den Erlöser, der euch angeboten wird mit Glauben an, damit ihr durch ihn die ewige Seligkeit erlangt, weil euch Israeliten und euren Nachkommen dieser Heiland der Welt vor langer Zeit verheißen worden ist. Ja, die Gnade und Barmherzigkeit Gottes ist so groß, dass er auch die Heiden zur ewigen Seligkeit berufen will, die bis daher dem Anschein nach von der Kirche Gottes weit abgesondert gewesen sind und keine Hoffnung gehabt haben. Hiervon schreibt der Apostel Paulus in Epheser 2. Weil demnach wir Christen aus den Heiden hervorkommen und aus lauter Gnade Gottes der evangelischen Verheißung teilhaftig geworden sind. Ja, auch Christus selbst, der den Israeliten verheißen worden ist. So sollen wir Gott von Herzen danken und unsere Dankbarkeit nicht nur mit Worten, sondern auch mit der Tat, das heißt, mit einem gottseligen Gehorsam erklären.
40. Auch mit viel andern Worten bezeugte er und ermahnte und sprach: Lasst euch helfen von diesen unartigen Leuten!
Viel anderen: Petrus hat noch viel mehr gesprochen, was hier nicht aufgezeichnet ist. Denn Lukas hat in diesem Büchlein nur den Inhalt der apostolischen Predigten und die vornehmsten Beweise auf das Kürzester beschrieben, damit das Buch nicht zu groß wird, und er hat dennoch von dem, was zur Sache nötig gewesen ist, nichts übergangen.
Ermahnt: Dass sie künftig der falschen Lehre entweichen sollten.
Unartigen Leute: Lass die unbändigen und widersinnigen Köpfe, wie die Pharisäer und Schriftgelehrten und ihresgleichen fahren, die nichts Weiteres gelernt haben, als wie sie das Wort Gottes mit einer verkehrten Auslegung verfälschen und der himmlischen Wahrheit halsstarrig widersprechen können. Darum sondert euch von ihnen ab, damit ihr eure Seelen errettet. Darum soll man falsche Lehrer meiden.
41. Die nun sein Wort gerne annahmen, ließen sich taufen, und wurden hinzugetan an dem Tage bei dreitausend Seelen.
Taufen: Im Namen der Dreifaltigkeit.
Hinzugetan: Zu der Anzahl der Jünger Christi.
Dreitausend Seelen: (Nach Luther) Siehe, diese werden durch das Wort ohne das Werk fromm und müssen da ihre vorige Heiligkeit büßen.
Seelen: Oder Menschen. Es wird deswegen das Reich Christi mit keiner Gewalt, sondern mit der Predigt des Evangeliums fortgepflanzt. Und fromme Menschen verachten den Gebrauch der Sakramente nicht, wie es die Schwenkfelder tun, sondern halten viel auf die Mittel, die von Gott zur Stärkung des Glaubens eingesetzt worden sind.
42. Sie blieben aber beständig in der Apostel Lehre und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.
Beständig: Dass sie aus keiner Leichtfertigkeit wieder vom Glauben abfielen oder eine neue Sekte anrichten. Denn wir sollen standhaft im Glauben sein.
Gemeinschaft: Des Leibes und Blutes Christi, was mit folgenden Worten deutlicher erklärt wird.
Brot brachen: Das heißt: im Austeilen und im Empfangen des heiligen Abendmahls. Denn das Brot, das gebrochen wird, also ausgeteilt wird im heiligen Abendmahl, ist die Gemeinschaft des Leibes Christi und der Kelch, den man segnet, ist die Gemeinschaft des Blutes Christi. Das heißt, wer das Brot isst, das im heiligen Abendmahl ausgeteilt wird, der isst zugleich auch den Leib Christi und wird des Leibes Christi teilhaftig. Und wer den Wein aus dem Kelch trinkt, der trinkt auch zugleich das Blut Christi. Die aber nicht nur mit dem Mund das Sakrament empfangen, sondern auch einen wahren Glauben haben, die werden nicht nur des Leibes Christi teilhaftig, sondern auch alle der Guttaten, die uns durch Christi Leib und Blut erworben sind. Es sind aber die Katholiken falsch daran, dass sie aus dem Wort Brot brachen, schließen, man habe in der ersten Kirche das Abendmahl des Herrn nur in einer Gestalt (wie sie es nennen) genommen. Gerade so, als ob nicht unter dem Wort Brotbrechen auch der andere Teil des Abendmahls begriffen wird? Wir bitten im Vater Unser um das tägliche Brot, sollen wir darum das Trinken nicht auch darunter verstehen? Aber solche Schwärmerei gibt es, wenn man die Menschensatzungen dem ausdrücklichen Wort Gottes zuwider halsstarrig verteidigen will. Danach gebrauchen auch etliche Wiedertäufer und Zwinglianer ihren unsinnigen Vorwitz, dass sie wollen, man soll das Brot im Abendmahl brechen und mit keinem Messer oder einem anderen Instrument schneiden, wo doch das Brechen nach hebräischer Art nichts anderes als teilen und austeilen heißt, egal auf welche Weise dies geschieht. Die aber außer an Wein und Brot im Abendmahl an nichts glauben, als daran, dass an diesem Ort nur des Brotes und nicht des Leibes Christi gedacht wird, die geben damit zu verstehen, dass sie den Worten Christi nicht glauben, der vom Brot des Heiligen Abendmahl gesagt hat: Das ist mein Leib. Und von dem Wein: Das ist mein Blut {Mt 26}.
Gebet: Dass sie oft und inbrünstig beteten. Denn das Gebet, sowohl allgemein als auch insbesondere, ist dringend nötig, damit Gott seine Kirche und alle seine Glieder gegen die Wüterei des Satans erhält.
43. Es kam auch alle Seelen Furcht an, und geschahen viel Wunder und Zeichen durch die Apostel.
Furcht an: Dass sie sich über die so schnelle und große Veränderung der Leute entsetzten, die dem Evangelium glaubten und die neu angehende Kirche in großen Ehren hielten. So durften auch die Pharisäer und Hohepriester die Christen nicht angreifen, obwohl sie ihnen spinnefeind waren. Denn Gott erhält die noch zart heranwachsende Kirche, dass sie nicht gleich am Anfang vertilgt wird und er jagt den bösen Menschen eine Furcht ein, dass sie nicht verrichten können, was sie im Sinn haben.
Und Zeichen: Denn es war in der Erste Kirche nötig, dass die Lehre des Evangeliums mit Wunderwerken bestätigt wurde. Aber heutzutage benötigt man keine Wunderwerke, weil unsere Lehre durch Christus und der Apostel Wunderwerk ausreichend bestätigt worden ist.
44. Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hielten alle Dinge gemein.
Beieinander: So viel wie möglich und hielten zusammen wie eine Gesellschaft.
Alle Dinge: Nämlich, was Hab und Gut betraf. Sie hatten nur eine gemeinsame Geldbörse. Diese Gemeinschaft der Güter ist ihnen jedoch nicht befohlen oder als ein Gebot auferlegt worden, sondern es stand in ihrem freien Willen. Darum sagt später im 5. Kapitel Petrus zu Ananias: Hättest du ihn (deinen Acker) doch behalten, als du ihn hattest (und dennoch ein Christ sein). Und als es verkauft war, war es auch in deiner Gewalt. Und diese Gemeinschaft der Güter hat nicht lange halten können, nachdem die Zahl der Christen sehr zugenommen und größer geworden ist. Und so schreibt Paulus auch den Korinthern von den Almosen folgendermaßen: An einem jeden Sabbat halte ein jeder ein und sammle, was ihm gut erscheint, damit nicht, wenn ich komme, zu allererst die Steuern eingesammelt werden müssen {1Kor 16}. Darum haben bereits damals die Christen ihre Güter nicht mehr gemeinschaftlich zusammengetragen, denn sonst wäre es nicht nötig gewesen, dass jeder jede Woche etwas von seinen Gütern spenden sollte, was zur Unterstützung der Armen benötigt wurde. Wenn auch heutzutage so eine Gemeinschaft der Güter nicht nötig ist, wie sie in der ersten zarten und angehenden Kirche gewesen ist, so ist es doch eine Notwendigkeit, dass wir den Armen von unseren Gütern reichlich helfen. Denn wenn jemand in dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darben und schließt sein Herz vor ihm zu, wie kann da die Liebe Gottes bei ihm bleiben {1Joh 3}?
45. Ihre Güter und Habe verkauften sie und teilten sie aus unter alle, nachdem jedermann Not war.
46. Und sie waren täglich und stets beieinander einmütig im Tempel und brachen das Brot hin und her in den Häusern,
Im Tempel: Wo sie zusammenkamen, nicht, um nach der abergläubischen Meinung der Pharisäer die äußeren Werke zu bestätigen, sondern dass sie mit der Tat bezeugten, wie sie den wahren Gott Israel ehrten und darum nicht von ihm abgefallen wären, weil sie an Christus glaubten um des Gebetes willen, dass sie Gott inbrünstig anriefen, er wollte seine Kirche erweitern und fortpflanzen. Sie haben sich aber nicht in die Wälder verkrochen, wie es die Wiedertäufer tun, darum soll man den lichtscheuen Geist der Wiedertäufer meiden. Denn wer Schlimmes tut, der hasst das Licht {Joh 3}.
In Häusern: Denn sie beteten zwar im Tempel, aber, weil man ihnen nicht erlaubt hatte, das Abendmahl darin zu reichen, so haben sie dies in den Häusern oft empfangen. Denn damals wurde das Abendmahl des Herrn öfter gehalten, als zu heutiger Zeit. Und Gott wird den Verdruss zu diesem köstlichen Sakrament einmal mit dem Hunger des Wortes Gottes schrecklich strafen {Am 8}.
47. nahmen die Speise und lobten Gott mit Freuden und einfältigem Herzen und hatten Gnade bei dem ganzen Volk. Der Herr aber tat hinzu täglich, die da selig wurden, zu der Gemeinde.
Lobten Gott: Sowohl für allerlei Zeitliche als auch geistliche Guttaten. Weil aber auch wir viele und große Guttaten von Gott empfangen haben und noch empfangen werden, so ist es recht, dass wir ihn auch loben und preisen.
Freuden: Nämlich mit geistlichen Freuden. Denn wenn das Evangelium Christi mit wahrem Glauben angenommen wird, so erregt es eine geistliche Freude oder, wie Paulus sagt, eine Freude im Heiligen Geist {Röm 14}.
Herzen: Dass sie in großer Aufrichtigkeit und gottseliger Einfalt miteinander lebten. Denn das Evangelium macht auch die Herzen aufrichtig und rechtschaffen. Aber die ketzerische Lehre, wenn sie bei einem Menschen tief eingewurzelt ist, macht sie ihn tückisch, verschlagen, betrügerisch und leichtfertig.
Volk: Welches sie liebte und viel von ihnen hielt. Denn Gott hat die Herzen der Menschen in seiner Hand, dass sie den Christen hold und gewogen sind, auch wenn sie ihre Religion nicht annehmen.
Tat hinzu: So, dass die Kirche Gottes sehr zunahm. Hier sind zwei Dinge zu merken: Erstens, dass die Kirche von einem geringen Anfang nach und nach zunimmt, was Christus mit dem Gleichnis vom Senfkorn und dem Sauerteig gelehrt hat, Matthäus im 13. Kapitel. Danach, dass diejenigen zu der Kirche hinzugetan werden, die selig werden sollen. Denn außerhalb der Kirche gibt es keine Seligkeit.
Das 3. Kapitel
- Als Petrus und Johannes zum Tempel gehen, machen sie einen lahmen Menschen gesund unter großer Verwunderung des Volkes.
- Und Petrus zeigt die Ursache dieses Wunderwerkes an, nimmt auch Anlass, um vom Tod, der Auferstehung und Erhöhung Christi zu predigen. Desgleichen ermahnt er die Zuhörer, dass sie Buße tun sollen und die Taufe annehmen.
1. Petrus aber und Johannes gingen miteinander hinauf in den Tempel um die neunte Stunde, da man pflegte zu beten.
Petrus: Auf die Predigt des Apostels Petrus folgt ein herrliches Wunderwerk, womit die Lehre Petrus oder vielmehr Christus bestätigt wurde.
Neunte Stunde: Was bei uns 3:00 Uhr nachmittags ist.
Zu beten.: Die Israeliten pflegten, um diese Stunde zum Gebet oder zum Abendopfer zusammenzukommen. So wie man in der Christenheit an etlichen Orten das Vespergebet hält. Und es fanden sich die Apostel zum gemeinsamen Gebet der Israeliten ein, damit man nicht meinte, sie wären von der israelitischen Religion abgefallen, die sie auch nicht scheuen dürften, weil sie an sich selbst gottselig war und viele frommen Menschen, die der ewigen Seligkeit begierig waren, dort zusammenkamen. So suchten die Apostel zugleich eine Gelegenheit, dass sie das Evangelium Christi lehren und fortpflanzen könnten. Denn es steht einem Christenmenschen zu, dass er beim gemeinsamen Gottesdienst und gottseligen Gebet sich findet und das gemeinsame Gebet hat große Kraft. Denn Christus sagt: Ich sage euch, wo zwei unter euch einig sein werden auf Erden, worum sie bitten, das soll ihnen von meinem Vater im Himmel widerfahren {Mt 18}. Und es lehrt das Beispiel der Apostel, dass man keine Gelegenheit versäumen soll, das Reich Christi zu erweitern.
2. Und es war ein Mann, lahm von Mutterleibe, der ließ sich tragen. Und sie setzten ihn täglich vor des Tempels Tür, die da heißt die schöne, dass er bettelte das Almosen von denen, die in den Tempel gingen.
Von Mutterleib: Und er war 40 Jahre alt, wie im folgenden Kapitel steht.
Schöne: Weil es ein gar herrlicher und schöner Bau war.
Bettelte: Es gab aber ein Gesetz Moses, dass so lautete: Es soll allerdings kein Bettler unter euch sein. Denn der Herr wird dich segnen im Land, dass dir der Herr, dein Gott geben wird, um dein Erbe einzunehmen {5Mos 15}. Dies Gesetz hat den Sinn: Habt acht, ihr Israeliten, dass die armen und bedürftigen Menschen unter euch vor den Türen nicht herumbetteln und ein Almosen begehren müssen, denn es ist schändlich, dies unter dem Volk Gottes zu sehen, wo die rechte Liebe Platz haben soll. Darum sorgt dafür, dass die Bedürftigen ihren notwendigen Unterhalt haben. Dieses Gesetz ließen die Hohepriester und Pharisäer außer Acht, bemühten sich aber unterdessen um die Verzinsung des Geldes und andere liederliche Sachen, schämten sich auch nicht, dass sie die Bettler für jedermann sichtbar beim Tempel liegen ließen, die sogar dahin getragen wurden, dass sie Almosen sammeln sollten, wo sie doch von dem Zehnten einen guten Teil zum Unterhalt der Armen hätten beitragen sollen, wenn sie nicht ihr Geiz und ihr üppiges Leben daran gehindert hätte. Der köstliche Bau des Tempels macht die zuschanden, die die Kirchengebäude verfallen lassen und besonders die, die die lebendigen Tempel Gottes, nämlich, die unschuldigen Christen, mit großer Grausamkeit erwürgen. Was aber die Bettler betrifft, so bindet das Gesetz Moses die Christen in den weltlichen Satzungen nicht. Jedoch, wenn wir den Brauch in der ersten Kirche betrachten (so viel wir davon in diesem Büchlein von der Apostelgeschichte und in den Schriften des Apostel Paulus finden), werden wir daran erinnert, dass wir so viel wie möglich verhüten und nicht zulassen sollen, dass arme Menschen vor den Türen Almosen sammeln. Wir sollen aber dafür sorgen, dass die, die der Almosen wert sind, die notwendige Versorgung ihres Leibes haben, wie es bei vielen Kirchen und evangelischen Gemeinden durch Gottes Gnade gebräuchlich ist. Aber den Müßiggängern und Gottlosen, verruchten Menschen, die ihr Brot ehrlich erwerben könnten, wenn sie nur wollten und es aber nicht zu tun begehren, das Almosen zu versagen ist so viel, als ein Almosen zu geben. Nach dem Spruch: Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen {2Thes 3}. Die Heuchler aber sind in den Gesetzen, die die Liebe des Nächsten erfordern, lau und bemühen sich unterdessen in Religionssachen mehr zum Schein, als dass es ihnen mit der Wahrheit Ernst wäre.
3. Da er nun sah Petrus und Johannes, dass sie wollten zum Tempel hineingehen, bat er um ein Almosen.
4. Petrus aber sah ihn an mit Johannes und sprach: Sieh uns an!
Sieh uns an: Mit diesen Worten gab Petrus zu verstehen, dass der arme Mensch eine Guttat von ihnen empfangen würde.
5. Und er sah sie an, wartete, dass er etwas von ihnen empfinge.
Empfinge: Und hoffte, es würden ihm ein paar Pesos zugeworfen werden. Aber er hat seine Gesundheit erlangt, die allen Reichtum übertrifft. Denn Gott pflegt mehr und größeres zu geben, als wir es hätten hoffen dürfen.
6. Petrus aber sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth stehe auf und wandele!
Ich nicht: Ich bin nicht reich, sondern vielmehr selbst arm, darum darfst du kein reiches Almosen an Geld von mir erhoffen. Aber die Gabe, die ich habe, will ich dir mitteilen. Es haben die Apostel Christi keinen Mangel an dem gehabt, was sie zum Lebensunterhalt brauchten und hatten nur geringe Ansprüche. So gibt Gott den Kirchendienern, was sie zum täglichen Lebensunterhalt benötigen. Aber die römischen Päpste bestehen hier sehr schlecht, die sich rühmen, dass sie die Nachkommen des Apostels Petrus sind, wo sie doch an Reichtum und Gütern oft viele mächtige Könige übertreffen. Hingegen hatte Petrus, wie er hier bekennt, weder Gold noch Silber.
Wandele: Was ich dir aber im Namen Christi verspreche, das wird Christus mit seiner Kraft und mit göttlicher Gewalt ins Werk richten. Hier ist der Unterschied zu bemerken zwischen den Wunderwerken Christi und denen der Apostel. Denn die Apostel haben ihre Wunderwerke im Namen Jesu Christi getan und sich selbst solche Gewalt oder Ehre nicht zugemessen. Aber Christus hat aus eigener Macht und Willkür seine Wunderwerke verrichtet. Denn er ist Gott der Herr, die Apostel aber waren seine Diener.
7. Und griff ihn bei der rechten Hand und richtete ihn auf. Also bald standen seine Schenkel und Knöchel fest;
Ihn auf: Es reicht uns aber auch Gott der Herr die Hand und richtet uns auf, wenn er mit dem Sakrament des Abendmahls unseren Glauben stärkt und die Liebe gegen Gott und den Nächsten in unseren Herzen erweckt, dass wir in den Geboten Gottes wandeln können, so viel in der Schwachheit unseres Fleisches möglich ist.
8. sprang auf, konnte gehen und stehen und ging mit ihnen in den Tempel, wandelte und sprang und lobte Gott.
Lobte Gott: Für die empfangene Gesundheit. Es erlangen aber viele von Gott ihre Gesundheit wieder und sind Gott doch nicht dankbar dafür, obwohl sie manchmal mit Worten Gott dank sagen, aber in der Tat spürt man nichts dergleichen. Hingegen sollten sich alle Menschen des Spruches Christi erinnern und in ihrem Inneren festhalten, als er sagte: Siehe, du bist gesund geworden, sündige in Zukunft nicht mehr, damit dir nichts Ärgeres widerfährt {Joh 5}. Man hat auch hier die Allmacht Christi zu bedenken, nach der ihm nichts unmöglich ist. Seine Majestät und seine Güte übertrifft die Größe unseres Übels bei Weitem, darum sollen wir zu ihm fliehen. So wird im folgenden Beispiel berichtet, dass dieser Lahme etwa 40 Jahre alt gewesen ist, und er ist dennoch von Gott gesund gemacht worden. Darum sollen wir an der göttlichen Hilfe niemals verzagen, denn der uns das Kreuz aufgelegt hat, kann dieses auch wieder wegnehmen, auch wenn es den Anschein hat, als sei der Schaden schon zu alt und nicht mehr heilbar.
9. Und es sah ihn alles Volk wandeln und Gott loben.
Alles Volk: Das bei und um den Tempel zugegen war.
10. Sie kannten ihn auch, dass er es war, der um das Almosen gesessen hatte vor der schönen Tür des Tempels; und sie wurden voll Wunderns und Entsetzens über das, was ihm widerfahren war.
Er es war: Denn es war kein erdichtetes, sondern ein wahrhaftiges Wunderwerk, und es war kein Betrug dabei, sondern es hatte einen Bestand, der wahrhaftig an diesem armen Menschen sich zeigen würde. Aber die päpstlichen Wunderwerke, die zu Bestätigung der Messe unter Anrufung der Heiligen und dergleichen Irrtümer gebraucht werden, mögen es nicht leiden, dass man sich genau nach ihnen erkundigt, damit der Betrug und die falsche List nicht an den Tag kommt.
Über dem: Nämlich über dem großen Wunderwerke. Denn die göttlichen Wunderwerke, gleichwie auch seine gerechten Gerichte, soll man nicht in den Wind schlagen, dass man sie etwa gar nicht beachten wollte.
11. Als aber dieser Lahme, der nun gesund war, sich zu Petrus und Johannes hielt, lief alles Volk zu ihnen in die Halle, die da heißt Salomos, und wunderten sich.
Hielt: Dass er stets um sie war und nicht von ihnen wich.
Zu ihnen: Nämlich zu den Aposteln. Denn die Leute sehen üblicherweise mehr auf die Instrumente und Werkzeuge, durch die Gott ihnen Gutes erweist, als auf Gott selbst, von dem doch alles Gute ursprünglich herkommt. Daraus hat sich der unrechte Gottesdienst entwickelt, der den Heiligen zugemessen wird.
Salomos: Diese war nicht von Salomon erbaut, sondern sah dieser sehr ähnlich, die er erbaut hatte.
12. Als Petrus das sah, antwortete er dem Volk: Ihr Männer von Israel, was wundert ihr euch darüber, oder was seht ihr auf uns, als hätten wir diesen wandeln gemacht durch unsere eigene Kraft oder Verdienst?
Sah: Wie das Volk die Augen auf ihre Personen richtete und nicht auf Christus, in dessen Namen dieses Wunderwerk geschehen war.
Darüber: Über dieses Wunderwerk, als ob es unser Tun wäre?
Verdienst: Was es nicht ist, darum begehren wir auch nicht, dass man es uns zumisst. Sondern Christus hat solche Wunderwerke durch uns gewirkt, dessen Macht man es zumessen muss, denselben ehren und nicht uns, sondern an ihn glauben. Und die Apostel verweisen das Volk von ihrer Person zu Recht auf Christus. Denn man soll mit Verschleierung der Wahrheit die Leute nicht im Irrtum bestärken.
Nach Luther: Heiligkeit oder Würdigkeit.
13. Der Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat sein Kind Jesus verklärt, welchen ihr überantwortet und verleugnet habt vor Pilatus, da derselbe urteilte, ihn loszulassen.
Unser Vater: Der unsere Vorfahren besonders lieb gehabt und sie aus lauter Gnade und Barmherzigkeit selig gemacht hat. Er hat auch väterliche Fürsorge für sie getragen, weil sie auf der Erde gelebt und sie ihm wiederum in der Gottseligkeit gedient haben.
Kind Jesus: Dass den Erzvätern, unseren Vorfahren verheißen worden war.
Verklärt: Dass er ihn zu seiner Rechten gesetzt hat und ihn mit Herrlichkeit und Ehren gekrönt, ihm auch alles unter seine Füße gestellt hat und ihm alle Gewalt gegeben hat im Himmel und auf der Erde. Dieser Jesus, Gott und Mensch, der im Himmel und auf Erden regiert, hat uns die Macht gegeben, dass wir in seinem Namen Wunderwerke tun sollen.
Loszulassen: Weil er wusste, dass er unschuldig war.
14. Ihr aber verleugnetet den Heiligen und Gerechten und batet, dass man euch den Mörder schenkte {Mt 27v20 Mk 15v11 Lk 23v18 Joh 18v40};
Verleugnetet: Dass er euer König und Messias wäre, und sagtet: Wir haben keinen König als den Kaiser, weg mit ihm, kreuzige ihn.
15. aber den Fürsten des Lebens habt ihr getötet. Den hat Gott auferweckt von den Toten; des sind wir Zeugen.
Fürsten des Lebens: Der das zeitliche und ewige Leben gibt, dem habt ihr das Leben genommen und den Mörder Barrabas, der andere ums Leben gebracht hatte, den habt ihr durch eure Fürbitte am Leben erhalten. Man soll deswegen die Sünden der Zuhörer strafen, damit sie diese erkennen, Buße tun und selig werden. Die Zuhörer aber sollen solche Strafen willig und mit dankbarem Gemüt annehmen.
Nach Luther: Der das Haupt und der Erste ist, der von den Toten auferweckt wurde und durch den wir alle lebendig werden.
Zeugen: Denn er hat sich 40 Tage lang nach seiner Auferstehung von uns sehen lassen.
16. Und durch den Glauben an seinen Namen hat er an diesem, den ihr seht und kennt, seinen Namen bestätigt; und der Glaube durch ihn hat diesem gegeben diese Gesundheit vor euren Augen.
Durch ihn: (Nach Luther) Denn durch Christus glauben wir an Gott.
Euren Augen: Das ist der Name Christi, oder Christus selbst, den wir predigen, hat diesem armen Menschen, der euch von vielen Jahren her bekannt ist, gesund gemacht. Weil wir an ihn glauben und die Verheißung von ihm empfangen haben, dass wir solche und ähnliche Wunderwerke in seinem Namen zur Bestätigung des Evangeliums tun können. Und weil dieser Lahme geglaubt hat, dass wir ihn aus der Kraft des Jesus von Nazareth gesund machen könnten, so hat er auch seine Gesundheit erlangt, wie ihr alle sehen könnt. Denn durch den Glauben erlangen und empfangen wir leibliche und geistliche Guttaten.
17. Nun, liebe Brüder, ich weiß, dass ihr es durch Unwissenheit getan habt wie auch eure Obersten.
Nun: Nachdem Petrus den Juden ernsthaft zugeredet und es ihnen vorgeworfen hatte, dass sie den Totschläger dem Fürsten des Lebens vorgezogen und den Sohn Gottes gekreuzigt hatten, so spricht er ihnen jetzt wieder tröstlich zu, damit sie nicht verzagen, und ermahnt sie, dass sie Buße tun sollen, er verheißt ihnen auch die Vergebung der Sünden und die ewige Seligkeit.
Getan habt: Dass ihr den Fürsten des Lebens zum Tod verurteilt habt.
Obersten: Denn auch eure Hohepriester und Ältesten haben zum großen Teil den Messias nicht erkannt, als sie ihm den Pilatus zur Kreuzigung übergeben haben. Denn wenn sie ihn erkannt hätten, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. Und obwohl die Unwissenheit nicht von jeder Sünde entschuldigt, so macht sie doch das Laster nicht so schwer, besonders wenn es keine anmaßende Unwissenheit ist. Und die das Evangelium Christi aus Unwissenheit verfolgen, die sind leicht zu bekehren. Die es aber mit Wissen und Willen verlästern und verfolgen, die geraten in eine rohe Sicherheit oder Verzweiflung.
18. Gott aber, was er durch den Mund aller seiner Propheten zuvor verkündigt hat, wie Christus leiden sollte, hat sich also erfüllt.
Erfüllt: Denn ihr habt zwar Christus aus Unwissenheit getötet, aber Gott hat euren Irrtum genutzt zur Ehre seines Namens und zur Wohlfahrt des menschlichen Geschlechts, indem er also erfüllt hat, was er zuvor beschlossen hatte, dass nämlich durch das Leiden Christi das menschliche Geschlecht erlöst werden soll, wie er es auch durch die Propheten vor langer Zeit weissagen lassen hat. Denn Gottes Weisheit und Güte ist so groß, dass er die Übertretungen der Menschen zum Guten zu gebrauchen weiß und sie zur Ehre seines Namens und zu unserer Seligkeit richten kann. Doch man soll darum nicht Böses tun, damit Gutes daraus erfolgt.
19. So tut nun Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden vertilgt werden,
Buße: Das euch all eure Sünden von Herzen leidtun, besonders aber die, die ihr gegen den Sohn Gottes begangen habt und bittet ihn um Vergebung. Setzt auch all euer Vertrauen auf ihn, so werden euch eure Sünden verziehen werden. Denn wenn es uns von Herzen leidtut, dass wir gesündigt haben und wir mit Glauben zu dem Mittler Christus fliehen, so werden unsere Sünden vor Gott aus der Kraft des Verdienstes Christi dergestalt vertilgt, dass sie uns nicht zugerechnet werden.
20. auf dass da komme die Zeit der Erquickung von dem Angesichte des Herrn, wenn er senden wird den, der euch jetzt zuvor gepredigt wird, Jesus Christus,
Erquickung: Weil ihr der ewigen Seligkeit teilhaftig werdet. Petrus nennt das andere und himmlische Leben die Zeit der Erquickung, weil wir in dieser Welt mit viel Unglück, wie mit großer Hitze geplagt werden. Denn dieses Leben ist ein Jammertal. Aber in jener Welt wird die ewige Freude darauf folgen.
Nach Luther: Erquickung und nicht zum Schrecken oder zur Schande.
Senden wird: Denn der Vater wird seinen Sohn Christus wieder in die Welt schicken, zu richten die Lebendigen und die Toten.
21. welcher muss den Himmel einnehmen bis auf die Zeit, da wiedergebracht werde alles, was Gott geredet hat durch den Mund aller seiner heiligen Propheten von der Welt an.
Himmel einnehmen: Denn Christus hat sozusagen sein himmlisches Reich in Besitz nehmen müssen, wohin er, in der seligen Auferstehung, alle seine Auserwählten führen wird. Und er ist darum in den Himmel gefahren, damit er uns anzeigt, wie er uns den Weg zum himmlischen Leben öffnet. Unterdessen triumphiert und herrscht er im Himmelreich, bis der Jüngste Tag kommt, an dem der verdorbene Zustand dieser Welt wieder zurechtgebracht werden wird. Von dieser Erneuerung der Welt haben die heiligen Propheten vor langer Zeit gesprochen. Die Zwinglianer verkehren diesen Text bösartig auf solche Weise: Christus muss vom Himmel aufgenommen werden, damit sie die Einfältigen überreden, Christus werde im Himmel so behalten, dass er hier auf Erden nirgends gegenwärtig sein kann bis zum Jüngsten Tag. Denn obwohl in der griechischen Sprache, wegen ihrer Feinsinnigkeit beide Meinungen möglich sind, so ist doch bekannt, dass die Apostel keine besondere Feinsinnigkeit im Reden benutzt haben, sondern sich der Einfachheit befleißigt haben, wie es die Evangelisten auch getan haben, wenn sie die Predigten von Christus und den Aposteln beschrieben haben. Wir werden auch hier erinnert, dass wir das unrichtige Wesen dieser Welt, wo es den Bösen gut und den Frommen schlecht geht und viel Ungerades vorkommt, mit Geduld ertragen, wenn wir es auch nicht verbessern können. Denn am Jüngsten Tag wird alles richtig gemacht werden.
22. Denn Mose hat gesagt zu den Vätern: Einen Propheten wird euch der Herr, euer Gott, erwecken aus euren Brüdern gleichwie mich, den sollt ihr hören in allem, was er zu euch sagen wird.
Ihr hören: Denn ich (Moses) habe zwar bisher im Volk Gottes das Amt eines Propheten bekleidet und bin gesandt worden, dass ich euch aus Ägypten herausführe. Auch hat Gott meinen Dienst dazu genutzt, dass er euch das Gesetz gegeben hat. Aber er wird euch einmal einen viel herrlicheren Propheten erwecken aus dem jüdischen Volk und aus dem Stamme Juda, der das Volk Gottes aus der ewigen Dienstbarkeit und dem Gefängnis erlösen wird. Der wird auch keine geringeren Wunderzeichen tun, wie ich und in der Kirche ein großes Ansehen haben. Er wird aber eine andere Lehre vorbringen, nämlich, eine solche, die nicht erschreckt, wie ein Gesetz, sondern wodurch die Gewissen, die zerschlagen sind, weil sie den Zorn Gottes empfinden, wieder auf das Lieblichste aufgerichtet und erquickt werden. Diesem sollt ihr zuhören, glauben und in allem gehorchen, was er euch sagen wird. Wenn ihn aber jemand verwerfen, oder seine Lehre verachten wird, den wird Gott der Herr aus seiner Kirche ausrotten und zur ewigen Pein verurteilen. Dies hat Moses von Christus gesagt. Reimt sich aber dies nicht alles (will Petrus sagen) auf diesen Jesus von Nazareth? Denn er ist ein vortrefflicher Prophet und Lehrer unter euch gewesen, der mit einem besonderen Ansehen und Gewalt gelehrt hat, nicht so lau, wie es die Pharisäer und Schriftgelehrten getan haben, sodass ihr euch über seine Rede entsetzt habt. Wer hat jemals die verängstigten Gewissen besser getröstet? So ist er aus dem israelitischen Volk, dazu aus dem Stamm Juda, gebürtig gewesen. Und es hat von der Zeit Moses an bisher keiner so viele große und herrliche Wunderwerke getan, als eben der Jesus von Nazareth. So sind viele der Wunderzeichen und Guttaten, die er dem menschlichen Geschlecht erzeigt hat nicht nur mit Moses zu vergleichen, sondern ihm auch weit vorzuziehen. Gott hat aber euch Israeliten befohlen, dass ihr diesen Propheten hören, im alles glauben und tun sollt, was er gelehrt oder befohlen hat. Darum, weil er ausreichend zu verstehen gegeben und dazu mit großen, herrlichen Wunderwerken zu erkennen gegeben hat, dass er der Messias ist, der den Vätern verheißen worden ist, so ist es recht, dass ihr an ihn glaubt und sein Evangelium mit Glauben annehmt. Denn Gott hat allen Verächtern Christi und seines Evangeliums die ewige Strafe angedroht. Deswegen nehmt die angebotene Gnade an, damit ihr dem ewigen Zorn Gottes entrinnt und führt es euch zu Gemüte, was für ein schweres Urteil Gottes über euch ergehen wird, wenn ihr diesen Jesus von Nazareth noch weiterhin verstoßt und nicht für euren Messias erkennen wollt. Durch dieses Zeugnis des Moses werden die Kirchendiener erinnert, dass sie in Religionssachen alles und in jedem Punkt mit Zeugnissen der Heiligen Schrift bestätigen sollen. Die ganze Weissagung Moses aber, die hier angezeigt wird, lehrt, dass Jesus von Nazareth der versprochene Heiland der Welt ist. Wenn uns nun geboten wird, dass wir ihn hören sollen, so wird uns befohlen, dass wir seinen Worten ohne Zweifel und ohne Wankelmut glauben sollen und seinen Geboten ohne Ausnahme gehorchen sollen.
23. Und es wird geschehen, welche Seele diesen Propheten nicht hören wird, die soll vertilgt werden aus dem Volk.
24. Und alle Propheten von Samuel an und hernach, wie viele ihrer geredet haben, die haben von diesen Tagen verkündigt.
Alle Propheten: Die nach dem Tod Moses in der Kirche Gottes berühmt gewesen sind. Deshalb hat nicht nur Moses von Christus geweissagt, sondern es gibt keinen unter allen rechtschaffenen Propheten Gottes, der nicht etwas von Christus und seinem Reich verkündigt hätte. Denn wenn wir die Schriften der Propheten, die vorhanden sind, durchsehen, so werden wir feststellen, dass uns Christus in ihren Weisungen zu erkennen vorgestellt wird. Und es ist die besondere Aufgabe der Propheten gewesen, dass sie ihre Zuhörer zu Buße ermahnt und ihnen vom Messias der Welt und Heiland gute Hoffnung gemacht haben. Dahin sollen auch heutzutage alle evangelischen Predigten ausgerichtet sein, dass Christus gezeigt wird, welche Guttaten denen zum Nutzen gedeihen, die Buße tun und an ihn glauben.
25. Ihr seid der Propheten und des Bundes Kinder, welchen Gott gemacht hat mit euren Vätern, da er sprach zu Abraham: Durch deinen Samen sollen gesegnet werden alle Völker auf Erden.
Bundes: (Nach Luther) Der Bund Moose und der Bundesgesetze schweigt und nennt den Bund Abrahams, der ein Bund der Gnade und nicht der Werke war.
Kinder: Und Erben der Guttaten, die Gott durch die Propheten verheißen hat. Euch steht der Gnadenbund zu, den Gott mit Abraham geschlossen hat, als er ihm verheißen hat, dass aus seinen Nachkommen der Messias geboren werden sollte, der den Fluch aufheben würde und das menschliche Geschlecht wieder mit Gott versöhnen würde, damit Gott alle, die an Christus glauben, in Gnaden aufnimmt und ihnen himmlische Güter mitteilt, die zwar in erster Linie den Israeliten, aber doch nicht ihnen allein, sondern auch allen Heiden auf Erden zustehen, wenn sie nur an den Messias glauben. Petrus nennt die Verheißung von Christus in 1. Mose 22 ein Testament, weil durch die Kraft dieses Testaments oder des Gnadenbunds alle Patriarchen und ihre gottseligen Nachkommen selig geworden sind. Denn der Samen Abrahams, der den himmlischen Segen bringt, ist Jesus Christus, Gottes und Marias Sohn. Diese Heilige Jungfrau stammt ihrer Herkunft nach vom Erzvater Abraham ab. Weil aber der himmlische Segen allen Geschlechtern auf Erden versprochen worden ist, so soll sich niemand davon ausschließen.
26. Euch zuvörderst hat Gott auferweckt sein Kind Jesus und hat ihn zu euch gesandt, euch zu segnen, dass ein jeglicher sich bekehre von seiner Bosheit.
Zuvörderst: Das heißt: Der allmächtige Gott, nachdem er Christus von den Toten auferweckt hat, hat euch zu allererst durch die Predigt des Evangeliums denselben Heiland der Welt vortragen lassen, auf dass ihr durch den Glauben an ihn Vergebung der Sünden und die ewige Seligkeit erlangt. Es wird euch aber dieser Heiland angeboten, dass ihr ihn mit Glauben annehmen solltet, damit ihr Buße tut und euer Leben bessert. Darum schlagt die angebotene Gnade nicht aus und versäumt sie nicht, weil Gott nach seiner unermesslichen Güte euch einer solchen Guttat würdigt. Es wird aber auch uns täglich im Evangelium der Heiland Christus angeboten, darum sollen wir ihn mit dankbarem Herzen annehmen, damit wir den himmlischen Segen erlangen. Und wir sollen daran denken: Wir sind darum von Christus erlöst, damit ein jeder sich von seiner Bosheit bekehren und danach ein solches Leben führen soll, wie es einem Christen wohl ansteht.
Bosheit: (Nach Luther) Außerhalb des Glaubens nennt er alle Heiligkeit nur Bosheit, denn er redet zu allen Juden, sowohl den Frommen, als auch den Bösen.
Das 4. Kapitel
- Petrus und Johannes werden ins Gefängnis geworfen und danach dem Konzil der Hohepriester vorgeführt.
- Hier beharren sie standhaft und unerschrocken auf ihrer Sache.
- Dann werden sie nach einer Beratung bedroht und wieder freigelassen.
- Sie aber wenden sich zum Gebet, und es bewegt sich die Stelle, wo sie sich aufhalten.
- Und sie haben auch alles gemeinsam.
1. Als sie aber zum Volk redeten, traten zu ihnen die Priester und der Hauptmann des Tempels und die Sadduzäer.
Als: Weil der Satan spürte, dass sein Reich durch die Predigt des Evangeliums von Christus angegriffen und geschwächt wurde, fängt er an zu wüten und erregt eine Verfolgung gegen die Apostel.
Redeten: Und das Evangelium Christi im Tempel öffentlich predigten, wo ihnen viele tausend Menschen zuhörten.
Hauptmann: Der für diesen herrlichen Tempel verantwortlich war.
Sadduzäer.: Die an keine Auferstehung der Toten glaubten. Sie haben sich alle miteinander, als sie gehört hatten, dass die Apostel im Tempel predigten, dorthin begeben.
2. (die verdross, dass sie das Volk lehrten und verkündigten an Jesus die Auferstehung von den Toten:
Lehrten: Dass sie jedoch deswegen keinen Befehl von den Hohepriestern empfangen hatten. Jedoch war den Sadduzäer die Predigt der Apostel höchst zuwider, weil sie sagten, Jesus wäre von den Toten auferstanden. Mit dieser Lehre wurde ihr falscher und gottloser Wahn ausdrücklich verworfen. So wollen es auch die Katholiken heutzutage nicht leiden, dass wir das Evangelium Christi öffentlich lehren, weil wir darüber vom römischen Papst keinen Befehl haben. Aber weil wir von der Kirche Gottes ordentlich berufen sind, so beachten wir den römischen Papst nicht. Viele Menschen zürnen auch deshalb mit den Kirchendienern, dass sie ihr sicheres und rohes Leben ohne Scheu tadeln und verwerfen.
3. und legten die Hände an sie und setzten sie ein bis auf den Morgen; denn es war jetzt Abend.
Jetzt Abend: Sodass sie am selben Tag kein Konzil mehr halten konnten. Auch wenn sich der Satan untersteht, das Reich Christi mit Gewalt zu unterdrücken, ist es jedoch vergebens.
4. Aber viele unter denen, die dem Wort zuhörten, wurden gläubig; und ward die Zahl der Männer bei fünftausend.
Wort: Des Evangeliums, welches die Apostel gepredigt hatten.
Fünftausend: Es sind zu den 3000, die am vorigen Pfingsttag bekehrt wurden, noch 2000 hinzugekommen. Denn der Heilige Geist ist durch das Predigtamt kräftig, und der Glaube (in den erwachsenen Personen) kommt aus dem Hören des göttlichen Wortes, Römer 10. Es nimmt auch das Reich Christi immer zu.
5. Als es nun kam auf den Morgen, versammelten sich ihre Obersten und Ältesten und Schriftgelehrten gen Jerusalem:
Schriftgelehrten: Die das Gesetz Moses zu erklären pflegten.
6. Hannas, der Hohepriester, und Kaiphas und Johannes und Alexander, und wie viele ihrer waren vom Hohepriester Geschlecht,
Hannas: Dieser war vor Kaiphas Hohepriester und ist es auch nach Kaiphas wieder geworden. Denn die Hohepriester wechselten (zwar gegen die Ordnung Gottes) jährlich, wie bei uns die Bürgermeister in den Städten.
Geschlecht: Die für die Würde der Hohepriester fähig waren.
7. und stellten sie vor sich und fragten sie: Aus welcher Gewalt oder in welchem Namen habt ihr das getan?
Getan: Wer hat euch die Macht gegeben, dass ihr Wunderzeichen tut und in wessen Namen habt ihr den Lahmen gesund gemacht? Hier findet sich ein gottloses Konzil, das gegen Christus versammelt worden war, wie es das zu Trient auch gewesen ist. Darum kann man nicht jedes Dekret aller Konzilien annehmen. Danach hat man auch hier zu beachten, dass die Apostel gefangen waren und zur Rede gestellt wurden wegen eines guten Werkes, das sie ausgerichtet hatten, wo doch unterdessen in Jerusalem viele Laster ungestraft geschahen. So passiert es, dass die Frommen oft für ihre Frömmigkeit bezahlen und leiden müssen, hingegen böse Buben ungehindert allen Mutwillen treiben.
8. Petrus, voll des Heiligen Geistes, sprach zu ihnen: Ihr Obersten des Volks und ihr Ältesten von Israel,
Heiligen Geistes: Welcher ihn aufgemuntert und beherzt gemacht hatte, auch seine Zunge regierte, sodass er seine Handlungen standhaft und mit Gottseligem Gemüt erklären und Rechenschaft geben konnte, auch die Lehre des Evangeliums von Christus gegen das Toben der Hohepriester verwenden und ihnen ihr Unrecht ohne Scheu vorhalten konnte.
9. so wir heute werden gerichtet über diese Wohltat an dem kranken Menschen, durch welche er ist gesund worden,
Wohltat: Das ist doch eine ungereimte Sache, dass man uns zwingt, wegen eines vortrefflichen guten Werkes vor Gericht zu antworten, wo man doch sonst es denen zurecht zuzumuten pflegt, die eine böse Tat begangen haben. Jedoch, weil es notwendig ist, so wollen wir euch jedes Handeln deutlich erklären, wie es damit beschaffen ist. Wenn ihr nun also wissen wollt, aus welcher Kraft, Gewalt, aus welchem Namen und Befehl wir solche Wunderwerke getan haben, so sagen wir es euch hiermit unverhohlen und wollen, dass es allen Israeliten bekannt wird, dass aus Kraft, Macht und im Namen und auf den Befehl Jesu Christi von Nazareth dieser Lahme von uns gesund gemacht worden ist. Darum ist es nicht unser Werk, sondern das des Sohnes Gottes, Jesus Christus, den ihr ans Kreuz geschlagen habt und nach viel angetaner Schmach getötet habt. Aber Gott hat ihn wiederum von den Toten auferweckt und zu seiner Rechten gesetzt. Denn Christus ist die Ursache und der Ausführende aller Wunderwerke, die durch die Apostel geschehen sind. Weil aber auch Petrus den Feinden Christi vorwirft, dass sie den Messias umgebracht haben, lehrt er die Kirchendiener mit seinem Beispiel, dass sie die bösen Taten ihrer Zuhörer ohne Scheu, jedoch mit gebührender Bescheidenheit strafen sollen.
10. so sei euch und allem Volk von Israel kundgetan, dass in dem Namen Jesu Christi von Nazareth, welchen ihr gekreuzigt habt, den Gott von den Toten auferweckt hat, steht dieser hier vor euch gesund.
11. Das ist der Stein, von euch Bauleuten verworfen, der zum Eckstein geworden ist.
Stein: Nämlich der Grund - und Eckstein, worauf die ganze Kirche besteht und von dem die Schrift sagt: Siehe, ich lege in Zion einen Grundstein, einen befestigten Stein, einen köstlichen Eckstein, der wohl gegründet ist. Wer an ihn glaubt, der flieht nicht vor Gott, denn er ist mit ihm wiederum versöhnt {Jes 28}.
Worden ist: Wozu ihn Gott gemacht hat, ist, dass zwei Völker, Juden und Heiden, auf ihn erbaut werden zum heiligen Tempel Gottes. Wer nun mit Glauben auf diesem Stein erbaut ist, der wird ewig nicht bewegt werden. Das bedeutet: Der wird niemals zugrunde gehen. Weil wir deshalb Tempel Gottes sind, so sollen wir uns auf das Fleißigste davor hüten, diesen nicht mit Lastern und Bosheit zu verunreinigen. Wisst ihr nicht (sagt der Apostel Paulus), dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn aber jemand den Tempel Gottes verdirbt (oder verunreinigt), den wird Gott verderben. Denn der Tempel Gottes ist heilig, der seid ihr {1Kor 3}.
12. Und ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden.
Kein anderer Name: (Nach Luther) Das heißt, die Werke der Gerechtigkeit rein und ordentlich aufgehoben.
Selig werden: Es gibt keinen anderen Mittler, der uns mit Gott versöhnen könnte und durch den wir die Seligkeit erlangen könnten, als allein Jesus Christus, den Sohn Gottes und Marias. Darum soll man sein Vertrauen auf keinen Heiligen setzen, auch wenn er unsträflich gelebt hat, wie auch auf keinen menschlichen Verdienst, denn allein durch Christus (wie hier der Apostel Petrus bezeugt) werden wir selig. Wenn also ihr Israeliten an Jesus von Nazareth, den ihr gekreuzigt habt, nicht glauben wollt, so seid ihr verloren und es ist um eure Seligkeit geschehen.
13. Sie sahen aber an die Freudigkeit des Petrus und Johannes und verwunderten sich; denn sie waren gewiss, dass es ungelehrte Leute und Laien waren, und kannten sie auch wohl, dass sie mit Jesus gewesen waren.
Sie: Die Hohepriester, Pharisäer und anderen Ältesten, die zusammengekommen waren.
Johannes: Der mit seiner Zustimmung genau dasselbe bestätigte, was Petrus gesagt hatte.
Laien: Einfache Leute und Fischer, die nichts studiert haben. Dennoch hörten sie, wie sie aus der Heiligen Schrift von sehr wichtigen Sachen auf das Feinste und mit großer Freude sprachen, was ihnen sehr wunderlich vorkam, und sie konnten nicht wissen, woher die Apostel diese Kunst hatten. Denn wenn die Christen über ihren Glauben Rechenschaft abgeben sollen, so wird die Verheißung Christi an ihnen erfüllt, die also lautet: Wenn sie euch vor Gericht stellen werden, so sorgt euch nicht, wie oder was ihr reden sollt. Denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt. Denn ihr seid es nicht, die da sprechen, sondern es ist der Geist eures Vaters, der durch euch spricht {Mt 10}.
14. Sie sahen aber den Menschen, der gesund worden war, bei ihnen stehen und hatten nichts dagegen zu reden.
Zu reden: Denn das Wunderwerk war vor Augen und trat so klar zutage, dass man es nicht leugnen oder verlästern konnte. In der Weise nimmt Gott der Herr gleichsam die Feinde der Wahrheit wie in einem Triumph gefangen, und die Wahrheit ist so mächtig, dass sie sich nicht unterdrücken lässt, obwohl sie bekämpft wird.
15. Da hießen sie sie hinausgehen aus dem Rat und handelten miteinander und sprachen:
Hinausgehen: Damit sich die Hohepriester und die anderen des Rates im Geheimen über diese Dinge beratschlagen konnten.
16. Was wollen wir diesen Menschen tun? Denn das Zeichen, durch sie geschehen, ist kund, offenbar allen, die zu Jerusalem wohnen, und wir können es nicht leugnen.
Tun: Wie können wir sie nur zum Schweigen bringen, dass sie von dem gekreuzigten Jesus von Nazareth nicht mehr predigen, noch in seinem Namen Wunderzeichen tun? Denn wenn wir es nicht beizeiten verhüten, so werden sie das ganze Volk auf ihre Seite bringen und das dürfte sich danach gegen uns auflehnen, weil wir ihn kreuzigten.
Kund: Sodass sich jedermann darüber verwundert, weil es ein herrliches Wunderwerk ist.
Nicht leugnen: Darum können wir sie mit keinem ehrlichen Anschein ums Leben bringen. Was wollen wir mit ihnen nun tun?
17. Aber auf dass es nicht weiter einreiße unter das Volk, lasst uns ernstlich sie bedrohen, dass sie künftig keinem Menschen von diesem Namen sagen.
Einreiße: Mit ihrer Lehre und diese nicht weiter ausgebreitet wird.
Bedrohen: Mit einer schweren Strafe.
Diesem Namen: Des Jesus von Nazareth, dass er gekreuzigt wurde und wieder von den Toten auferstanden ist.
18. Und riefen sie und geboten ihnen, dass sie sich Allerdinge nicht hören ließen noch lehrten in dem Namen Jesu.
Hören ließen: Von dem Evangelium Christi. Sie hätten aber viel besser den ganzen Handel mit Fleiß und sehr genau zuvor erkunden sollen, und da sie befunden hätten, dass die Lehre der Apostel mit den prophetischen Schriften übereinstimmt, so wäre es ihnen wohl angestanden, es hätte ihnen auch von Amts wegen gebührt, dass sie der Wahrheit Zeugnis geben und die Fortpflanzung der reinen Lehre nach Kräften befördert hätten. Aber wenn in der Religion ein Streit entsteht, so wollen etliche weltweise Leute sich nicht darum bemühen, noch sich erkundigen, welcher Teil recht lehrt, sondern sie meinen, es sei der Kirche und der Religion schon geholfen, wenn man beide Parteien zum Schweigen bringt. Dies ist ein törichter Rat, der aus einem Gottlosen Herzen rührt und der Kirche Schaden bringt. Man redet aber hier nicht von solchen strittigen Sachen, die gut und christlich gestillt sind, besonders, wenn der Streit nicht die Sache selbst betrifft, sondern nur ein Wortgefecht gewesen ist. Hier ist das Stillschweigen zur Ruhe der Kirche nützlich.
19. Petrus aber und Johannes antworteten und sprachen zu ihnen: Richtet ihr selbst, ob‘s vor Gott recht sei, dass wir euch mehr gehorchen denn Gott.
Petrus: Es folgt jetzt die Antwort der Apostel.
Denn Gott: Wenn ihr recht von der Sache urteilen wollt, so werdet ihr selbst bekennen müssen, dass es Unrecht ist, wenn wir mit Schweigen eurer Anordnung gehorchen wollen, als Gottes, der uns befiehlt, die Wahrheit zu sagen. Vor den Menschen scheint es zwar weise und nützlich zu sein, wenn man der Obrigkeit zu gefallen die Wahrheit verhehlt und das Recht auf einen späteren Zeitpunkt verschiebt, aber vor den Augen Gottes ist die Verhehlung der himmlischen Wahrheit nichts anderes, als eine Verleugnung desselben, womit man die ewige Verdammnis verdient.
20. Wir können es ja nicht lassen, dass wir nicht reden sollten, was wir gesehen und gehört haben.
21. Aber sie drohten ihnen und ließen sie gehen und fanden nicht, wie sie sie peinigten, um des Volks willen; denn sie lobten alle Gott über dem, was geschehen war.
Drohten ihnen: Sie wiederholten ihre vorige Bedrohung.
Volkes willen: Dass dieses durch die Strafe der Apostel nicht aufgebracht und zum Aufruhr bewegt würde. Die Hohepriester fürchteten sich also vor dem Volk, obwohl sie es nicht gebraucht hätten, aber ein schlechtes Gewissen kann nicht ruhig sein und es fürchtet sich vor einem rauschenden Blatt {5Mos 28}.
22. Denn der Mensch war über vierzig Jahre alt, an welchem dies Zeichen der Gesundheit geschehen war.
Jahre alt: In dieser langen Zeit bei vielen Leuten bekannt geworden, die also wussten, wie er von Mutterleibe an lahm gewesen war. Daher war das Wunderzeichen wegen solch langwieriger Krankheit umso herrlicher.
23. Und als man sie hatte lassen gehen, kamen sie zu den Ihren und verkündigten ihnen, was die Hohepriester und Ältesten zu ihnen gesagt hatten.
Ihren: Nämlich zu den anderen Aposteln und Jüngern Christi.
Gesagt hatten: Wie sie ihnen mit Bedrohungen verboten hatten, das Evangelium von Jesus Christus weiter zu predigen.
24. Da sie das hörten, hoben sie ihre Stimme auf einmütig zu Gott und sprachen: Herr, der du bist der Gott, der Himmel und Erde und das Meer und alles, was drinnen ist, gemacht hat;
Einmütig: Sie haben sich zum gottseligen Gebet gewandt. Denn in Gefahr und Verfolgung soll man nicht ungebührliche Mittel suchen oder Aufruhr erregen, sondern Gott anrufen, dass er die Verfolgung stillt und uns aus der Gefahr errettet.
Gemacht hat: Darum sind alle Kreaturen in deiner Gewalt. Zu wem sollten wir denn in diesen Nöten unsere Zuflucht nehmen, als zu dir, allmächtiger Gott? Wenn wir also beten wollen, so sollen wir uns der Allmacht Gottes erinnern, damit unser Glaube gestärkt wird. Denn Gott ist nichts unmöglich und so, wie er der Mächtigste ist, so ist er auch der Gütigste und Willigste, um zu helfen.
25. der du durch den Mund Davids, deines Knechts, gesagt hast: Warum empören sich die Heiden, und die Völker nehmen vor, was umsonst ist?
Umsonst ist: Sie gehen mit solchen Ratschlägen um, die nicht ins Werk gerichtet werden.
26. Die Könige der Erde treten zusammen, und die Fürsten versammeln sich zuhauf wider den Herrn und wider seinen Christ:
Treten zusammen: Und verbünden sich miteinander, dass sie einander beistehen wollen.
Christ: Oder Gesalbten, den der himmlische Vater mit dem Öl des Heiligen Geistes gesalbt hat zum Priester, König und Propheten. Der Prophet David spricht aber von Dingen, die damals und zu seiner Zeit in der Zukunft lagen, als ob sie gegenwärtig geschehen würden wegen der Gewissheit der Sachen und dass die Weissagungen unfehlbar erfüllt werden würden.
27. Wahrlich ja, sie haben sich versammelt über dein heiliges Kind Jesus, welchen du gesalbt hast, Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und dem Volk Israel,
Versammelt: Sodass diese Weissagung jetzt erfüllt worden ist, dass sich die Fürsten und Völker gegen deinen eingeborenen Sohn aufgelehnt haben und gegen sein Evangelium toben.
Heiden: Das sind zum Beispiel die Gottlosen römischen Kriegsleute gewesen, die Christus gegeißelt und gekreuzigt haben.
28. zu tun, was deine Hand und dein Rat zuvor bedacht haben, das geschehen sollte.
Geschehen sollte: Denn sie haben bis dahin nichts mehr ausrichten können, was sie erfüllen konnten, als das, was von dir zur ewigen Wohlfahrt und Seligkeit des menschlichen Geschlechts zuvor bestimmt und beschlossen worden war. Denn Herodes, mit dem Zunamen der Große, hat deinem eingeborenen Sohn in seiner Kindheit mit List nachgestellt, um ihn umzubringen, wie er dann auch deswegen die Kinder in Bethlehem und darum herum hat töten lassen, in der Hoffnung, es sollte in dieser Anzahl Christus auch mit draufgehen. Herodes aber, der große Fürst, hat deinen Sohn Jesus in Jerusalem verlacht und verspottet. Die Obersten der Priester und das Volk haben verlangt, dass Christus gekreuzigt würde. Pilatus hat ihn zum Tode verurteilt, die heidnischen Kriegsknechte haben ihn gekreuzigt, das israelitische Volk hat ihn am Kreuz verspottet. Und nachdem dein geliebter Sohn vom Tod wiederauferstanden und in den Himmel gefahren ist, dass sie seiner Person nichts mehr antun können, siehe, so unterstehen sich jetzt, unsere Hohepriester und Ältesten, sein geistliches Reich auszurotten und den Lauf des Evangeliums zu behindern. Hier hat man zu merken, dass zwar die Obersten der Priester, weltliche Regenten und die Völker gegen Christus und sein Evangelium beratschlagen und sich miteinander verbünden, aber sie dichten vergeblich und richten nichts aus, können auch nicht weiter fortfahren, als dass sie den göttlichen Entschluss unwissend ins Werk richten. Und obwohl sie aus Gottes Verhängnis eine Verfolgung erregen können, so können sie doch das Reich Christi nicht ausrotten, sondern sie gehen vielmehr zugrunde. Aber die Kirche Christi bleibt.
29. Und nun, Herr, siehe an ihr Drohen und gib deinen Knechten, mit aller Freudigkeit zu reden dein Wort,
Dein Wort: Denn weil die Widersacher sich unterstehen, mit Drohungen zu verbieten, dass man das Evangelium Christi verkündigt, so erwecke du mit deinem Heiligen Geist Kirchendiener (die Apostel und ihre Mitgehilfen), dass sie mit unerschrockenem und beherztem Mut das Evangelium Christi ohne Scheu predigen und sich durch keine Gefahr davon abschrecken lassen.
30. und strecke deine Hand aus, dass Gesundheit und Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Kindes Jesus.
Hand aus: Das heißt: Gib, dass durch deine Kraft und Gewalt zu Bestätigung des Evangeliums durch das Zutun der Apostel viele Kranke gesund gemacht werden und lass im Namen deines Sohnes Christus, unseres Heilands, viele Wunderwerke vorgehen, damit das geistliche Reich deines Sohnes gefördert wird. Diese frommen Menschen bitten nicht, dass die Erde die gottlosen Hohepriester und Ältesten verschlingen soll, sondern dass die Lehre des Evangeliums gegen das gottlose Gebot der gottlosen Menschen weiter ausgebreitet wird. Eben darum müssen wir auch heutzutage von Gott erbitten, dass das Reich Christi gegen das Wüten des Satans erhalten wird, und je länger umso mehr zunimmt.
31. Und da sie gebetet hatten, bewegte sich die Stätte; da sie versammelt waren; und wurden alle des Heiligen Geistes voll und redeten das Wort Gottes mit Freudigkeit.
Stätte: Sie empfanden ein Erdbeben, was ein Zeugnis dafür war, dass Gott ihr Gebet erhört hatte. Obwohl nun Gott nicht ständig mit einem Wunderwerk bezeugt, dass unser Gebet erhört worden ist, so soll man sich doch auf die göttliche Verheißung gründen und sicher sein, dass er unser Gebet erhört hat. Denn so spricht Christus: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er es euch geben {Joh 16}.
Freudigkeit: Der Heilige Geist, dessen Gaben sie zuvor empfangen hatten, hat seine Kraft und Wirkung in ihnen gezeigt, sodass sie beherzt geworden sind und das Evangelium Christi ohne Scheu bekannt gemacht und öffentlich gepredigt haben. Denn es ist eine besondere Gabe des Heiligen Geistes, wenn jemand in gefährlichen Zeiten, das Evangelium Christi zu bekennen und zu ehren, sich nicht scheut.
32. Die Menge aber der Gläubigen war ein Herz und eine Seele; auch keiner sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemein.
Eine Seele: Sie lebten in großer Einigkeit miteinander, sodass sie alle einen Sinn und Gedanken hatten und einer dem anderen Freundschaft, Liebe und Dienstbarkeit erwies. Denn der Heilige Geist macht die Herzen in der Gottseligkeit einig und diejenigen, die vom Heiligen Geist regiert werden, die enthalten sich von allem unnötigen Streit und aller Feindschaft.
Gemein: Dies war ein besonderes Beispiel in der ersten Kirche und es war niemand gezwungen, dem nachzufolgen. Es stand einem jeden frei, dass er das, was ihm gehörte, behielt, oder auf den gemeinsamen Haufen legte. Es hat auch dieser Brauch nicht lange gedauert. Denn da die Zahl der Christen zunahm und immer größer wurde, hat diese Praktik der gemeinsamen Haushalte nicht lange Bestand haben können. Darum schwärmen die Wiedertäufer, die wollen, dass alle Christen alles miteinander gemeinsam haben sollen. Aber das ist die rechte Gemeinschaft der Güter im Christentum, die auch immer Bestand haben soll, dass nämlich die Reichen mit ihren Gütern für die lebensnotwendigen Dinge der Bedürftigen reichlich aushelfen, die Armen aber den Reichen mit ihrem Gebet zu Gott und mit treuer Arbeit wiederum Hilfe leisten.
33. Und mit großer Kraft gaben die Apostel Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesu, und war große Gnade bei ihnen allen.
Zeugnis: Dass sie das Evangelium Christi mit einem großen Ansehen und gewaltigen Nachdruck predigten, es auch mit herrlichen Wunderwerken bestätigten. Denn je mehr die Feinde des Evangeliums die Wahrheit zu unterdrücken versuchen, umso weiter wird dieses ausgebreitet.
Ihnen allen: Man spürte bei allen Gläubigen, die sich zu Christus bekehrt hatten, dass Gott ihnen mit seiner besonderen Gnade beistand und ihr Tun zur Ehre seines Namens und zum gemeinsamen Nutzen der Kirche ausrichtete. Denn Christus ist bei den Seinen und regiert sie mit seinem Heiligen Geist und schützt sie auch mit seinen heiligen Engeln.
34. Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wie viel ihrer waren, die da Äcker oder Häuser hatten, verkauften sie dieselben und brachten das Geld des verkauften Gutes
Es: Der Evangelist fängt wieder an, von der Gemeinschaft der Güter zu reden, und erklärt die Sache etwas ausführlicher.
Mangel hatte: Denn es wurde einem jeden Christen aus dem gemeinsamen Kasten sein notwendiger Unterhalt gegeben. Obwohl nun eine solche Gemeinschaft der Güter heutzutage unnötig ist, auch nicht immer funktionieren kann, was zuvor auch bereits angesprochen worden ist, so soll man jedoch Vorsehung treffen, dass die bedürftigen Christen nicht verhungern müssen.
35. und legten es zu der Apostel Füßen; und man gab einem jeglichen; was ihm Not war.
Apostel Füße: Und erteilten den Aposteln freie Gewalt, dass sie diese Güter nach ihrem Gefallen austeilen könnten. Es wurden aber auch die, die ihre Güter verkauft hatten, aus dem gemeinsamen Kasten erhalten.
Not war: Man soll auch noch heutzutage mit der Austeilung der Almosen die Gleichheit erhalten, dass man den Armen reichlich damit hilft, wenn einer viele Kinder hat oder wenn er krank ist, oder wie es sonst die Umstände erfordern.
36. Joses aber, mit dem Zunamen von den Aposteln genannt Barnabas (das heißt, ein Sohn des Trostes), vom Geschlecht ein Levit aus Zypern,
Joses: Der Evangelist hat es für gut angesehen, hier ein besonderes Beispiel eines sehr frommen Mannes zu erwähnen, der auch seine Güter verkauft und in den gemeinsamen Kasten gelegt hat.
Trostes: Ein holdseliger Mensch, der andere tröstete. Er ist wegen seiner besonderen Frömmigkeit und Freundlichkeit so genannt worden. Wir sollen uns fleißig bemühen, dass wir auch Kinder des Trostes sind, das heißt, Menschen, die anderen tröstlich sind und nicht Traurigkeit verursachen. Davon spricht auch zu Recht der fromme Hiob, wenn er sagt: Habe ich den Bedürftigen ihre Begierde versagt und die Augen der Witwen verschmachten lassen? Habe ich mein Brot allein gegessen, oder hat nicht der Waise auch davon gegessen? Denn ich habe mich von Jugend an wie ein Vater verhalten und von meinem Mutterleib an habe ich gerne getröstet {Hi 31}.
Levit: Wo doch ansonsten die Leviten dem Herrn Christus normalerweise vor anderen aussätzig gewesen waren.
37. der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es zu der Apostel Füßen.
Acker: Der zweifellos von großem Wert gewesen ist.
Das 5. Kapitel
- Ananias und Saphira werden wegen ihres Betruges gestraft.
- Als die Apostel ins Gefängnis geworfen worden waren, wurden sie von einem Engel erlöst.
- Und als sie wieder vor Gericht stehen, werden sie auf Beschluss des Gamaliel freigelassen, nachdem sie zuvor ausgepeitscht wurden.
- Nach dieser erlittenen Schmach um Christi willen lehrten sie täglich in dem Tempel und in Häusern und fuhren mit unerschrockenem Mut fort, das Evangelium zu predigen.
1. Ein Mann aber mit Namen Ananias samt seinem Weibe Saphira verkaufte seine Güter
Ein: Bis hierhin ist es in der ersten beginnenden Kirche alles noch löblich und gut zugegangen. Aber jetzt wird die Heuchelei etlicher falscher Christen entdeckt. Denn es findet sich immer wieder das Unkraut auf dem Acker des Herrn, und es mengen sich die Heuchler unter die rechten Christen.
Verkaufte: Diese beiden Eheleute taten dies nicht aus rechtschaffener christlicher Liebe und weil sie ihren Mitbrüdern helfen wollten, sondern weil sie spürten, dass der Levit Joses aus Zypern so ein großes Lob bekommen hatte, als er seinen Acker verkaufte und somit die christliche Gemeinde erfreut hatte. So trieb sie der Ehrgeiz dahin, dass sie ihre Güter auch verkauften, auch wenn sie von den Aposteln keinen Befehl dazu hatten, noch viel weniger dazu gezwungen worden sind, sondern nur, damit sie für freigiebig angesehen würden.
2. und entnahm etwas vom Gelde mit Wissen seines Weibes und brachte einen Teil und legte es zu der Apostel Füße.
Füßen: Wie es andere mehr auch getan hatten. Er stellte sich aber so, oder gab vielmehr fälschlicherweise vor, er hätte nicht mehr aus dem Verkauf des Ackers erlöst, als er brachte. Diese beiden Eheleute haben drei schreckliche Sünden begangen. Erstens haben sie gesündigt mit Ehrgeiz, dass sie das Lob der Gottseligkeit und der christlichen Liebe erhalten wollten, obwohl doch davon keines wahrhaftig und rechtschaffen in ihnen war, dass sie Gott nicht trauten, noch glaubten, Gott würde sie mit Nahrung versorgen können, wenn sie ihre Güter nach dem Beispiel der anderen Christen ohne falschen Betrug in den gemeinsamen Kasten legen würden, sondern sie wollten vielmehr sich selbst absichern, wenn es mit der Sache irgendwie anderes ausgehen würde, als es die Apostel meinten. Zum Dritten, dass sie sich nicht gescheut haben, den Heiligen Geist in den Aposteln mit ihren Lügen zu betrügen, als ob dem Geist Gottes nicht auch die allergemeinsten Sachen bekannt wären. Darum sollen wir über die Bosheit dieser Eheleute von Herzen erschrecken und ihnen in keinem Stück folgen.
3. Petrus aber sprach: Ananias, warum hat der Satan dein Herz erfüllt, dass du den Heiligen Geist belügst und entwendetest etwas vom Gelde des Ackers?
Entwendet etwas: Aus Untreue und mit geizigen Herzen.
4. Hättest du ihn doch wohl mögen behalten, da du ihn hattest, und da er verkauft war, war es auch in deiner Gewalt. Warum hast du denn solches in deinem Herzen vorgenommen? Du hast nicht Menschen, sondern Gott belogen.
Gewalt: Wenn du das ganze Geld behalten hättest, wärst du darum dennoch nicht aus der Christengemeinschaft ausgeschlossen worden. Darum hätte es des Betrugs und der Lügen nicht bedurft. Diese Worte Petrus geben deutlich zu verstehen, dass in der ersten Kirche kein Christ verpflichtet gewesen ist, seine Güter in den gemeinsamen Kasten zu legen. Darum schwärmen die Wiedertäufer, die so etwas als ein nötiges Werk von einem Christen einfordern.
Vorgenommen: Wie konntest du dir so eine Gaunerei ausdenken?
Gott belogen: Du hast dich unterstanden, den Heiligen Geist zu betrügen. Aus diesen Worten wird zu Recht geschlossen, dass der Heilige Geist Gott ist. Denn Petrus sagt, dass Ananias Gott belogen hat, weil er den Heiligen Geist belog.
5. Da Ananias aber diese Worte hörte, fiel er nieder und gab den Geist auf. Und es kam eine große Furcht über alle, die dies hörten.
Ananias: (Nach Luther) Dieses Stück gilt den falschen Geistlichen, die durch Geiz Kirchengüter besitzen und nichts dafür tun.
Geist auf: Wenn auch nun nicht alle Gottlosen und falschen Heuchler einen plötzlichen Tod sterben, so sollen sie sich doch sicher sein, dass sie vor Gott ein Gräuel sind.
Furcht: Sodass sie Gott mehr fürchteten, als zuvor, nachdem sie erfahren hatten, wie ernst Gott den Betrug des Ananias gestraft hatte. Denn wir sollen durch die Strafen anderer Menschen von Sünden abgeschreckt werden. Und man soll die augenscheinlichen Urteile Gottes nicht verachten, sondern sie mit Fleiß betrachten, damit wir in der Furcht Gottes beharren.
6. Es standen aber die Jünglinge auf und taten ihn beiseite und trugen ihn hinaus und begruben ihn.
Begruben ihn: Dies ist in einer solchen Stille vor sich gegangen, dass es seine Frau nicht erfahren hat, was sich mit ihm zugetragen hatte.
7. Und es begab sich über eine Weile, bei drei Standen, kam sein Weib hinein und wusste nicht, was geschehen war.
Hinein: In die christlichen Gemeinde und Versammlung der Jünger.
8. Aber Petrus antwortete ihr: Sage mir, habt ihr den Acker so teuer verkauft? Sie sprach: Ja, so teuer.
Verkauft: Wie mir dein Mann angezeigt hat? Das elende Weib hätte aber aus der Frage des Apostels Petrus ableiten können, dass er den Betrug merkte, wenn sie nicht vom Satan eingenommen und geblendet gewesen wäre.
Ja so teuer: Haben wir ihn verkauft. Wir sollen an dem Beispiel dieser Frau lernen, dass wir unsere begangenen Sünden nicht halsstarrig leugnen. Denn es besteht kein Zweifel, wenn diese Frau ihre Sünden bekannt und um Verzeihung gebeten hätte, hätte sie diese erlangt und wäre auch länger am Leben erhalten und selig geworden.
9. Petrus aber sprach zu ihr: Warum seid ihr denn eins geworden, zu versuchen den Geist des Herrn? Siehe, die Füße derer, die deinen Mann begraben haben, sind vor der Tür und werden dich hinaustragen.
Des Herrn: Als ob dieser eure Bosheit nicht wissen würde.
10. Und alsbald fiel sie zu seinen Füßen und gab den Geist auf. Da kamen die Jünglinge und fanden sie tot, trugen sie hinaus und begruben sie bei ihrem Mann.
Geist auf: Diejenigen nun, die aus dieser Tat des Apostels Petrus schließen, dass die Bischöfe wegen ihres bischöflichen Amts Macht haben, das weltliche Schwert zu gebrauchen, die geben damit ihren groben Unverstand zu erkennen. Denn Petrus hat Ananias und Saphira nicht mit dem Schwert umgebracht oder durch den Henker richten lassen, sondern sie allein mit dem Wort getötet. Zudem ist dies ein eigenes und besonderes Handeln gewesen, das nicht einem jeden nachzutun ansteht, noch viel weniger befohlen ist.
11. Und es kam eine große Furcht über die ganze Gemeinde und über alle, die solches hörten.
Furcht: Denn Gott lässt bisweilen ernste Beispiele seines gerechten Zorns sehen, damit wir lernen, dass er nicht nur barmherzig, sondern auch gerecht ist. Und wie wir seiner Güte zu Recht vertrauen sollen, so sollen wir auch seinen Ernst fürchten.
12. Es geschahen aber viel Zeichen und Wunder im Volk durch der Apostel Hände, und waren alle in der Halle Salomos einmütig.
Wunder: Die Wunderzeichen, die von Christus und den Aposteln geschehen sind, sind gleichsam Siegel, womit das Neue Testament versiegelt und bekräftigt wird, worin uns Vergebung der Sünden und das ewige Leben angeboten und vorgetragen wird.
Halle Salomons: Die ein Stück vom Tempel entfernt war, weit und stattlich erbaut und dieser gleich war, wie die von Salomon vorzeitig gebaut gewesen war. Daher nannte man es auch Salomons Halle, obwohl der Tempel Salomons in der Babylonischen Gefangenschaft zerstört und geschleift worden ist. Die Christen sind in dieser Halle zusammengekommen, um die Apostel hier predigen zu hören und Gott einmütig anzurufen und zu preisen. Denn der Heilige Geist macht die Leute nicht lichtscheu wie die Wiedertäufer und Schwenkfelder, von denen die einen in den Winkeln, die anderen in den Wäldern predigen.
13. Der andern aber durfte sich keiner zu ihnen tun, sondern das Volk hielt groß von ihnen.
Hielt groß: Das heißt: Es fanden sich zwar viele, die von den Christen hoch gehalten wurden wegen ihrer besonderen Frömmigkeit und herrlichen Wunderwerke, die durch die Apostel geschahen, und dennoch durften sie sich nicht zu ihnen halten, weil sie den Bann der Hohepriester fürchteten, sich dazu sorgen mussten, dass es ihnen nicht ginge wie dem Ananias und seiner Frau Saphira, wenn sie etwa eine Sache übersehen. Mit diesen vergleichen sich diejenigen, die sich von dem Abendmahl des Herrn enthalten, damit sie den Leib und das Blut Christi nicht als Gericht empfangen. Jedoch sollten sie vielmehr darauf bedacht sein, wie sie ihr Leben bessern könnten und dann das Abendmahl empfangen zur Stärkung ihres Glaubens.
14. Es wurden aber je mehr zugetan, die da glaubten an den Herrn, eine Menge der Männer und der Weiber,
Glaubten: Es glauben aber die an Gott, die den Predigen, die das Wort Gottes rein lehren, Glauben schenken.
Weiber: Denn es sind nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen Erben der göttlichen Gnade {1Petr 3}.
15. also dass sie die Kranken auf die Gassen heraustrugen und legten sie auf Betten und Bahren, auf dass, wenn Petrus käme, sein Schatten ihrer etliche überschattete.
Überschattete: Damit sie so ihre Krankheiten loswürden. Und es besteht auch kein Zweifel, dass ihnen widerfahren ist, wie sie geglaubt und gehofft haben. Und ich glaube, es ist an diesem Ort erfüllt worden, was Christus zu den Aposteln gesagt hat, als er zu ihnen gesprochen hat: Wahrlich, ich sage euch, wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue und wird größere als diese tun, denn ich gehe zum Vater {Joh 14}. Denn was könnte es Größeres und Wunderbares geben, als dass ein kranker Mensch von einem nichtigen und flüchtigem Schatten gesund werden sollte? Diese Wunderwerke haben aber nur eine Zeit lang angedauert und sind geschehen, so lang sie für die Lehre des Evangeliums und zu dessen Bestätigung notwendig gewesen sind. Sie reimen sich allerdings zu abergläubischen Gottesdienst des errichteten Heiligtums im Papsttum gar nicht. Denn was für ein großer Betrug mit solchem Heiligtum stattfindet, wissen die Katholiken selber am besten.
16. Es kamen auch herzu viele von den umliegenden Städten gen Jerusalem und brachten die Kranken, und die von unsauberen Geistern gepeinigt waren; und wurden alle gesund.
Alle gesund: Es sind also die Wunderwerke der Apostel größtenteils (wie auch des Herrn Christus) große Guttaten gewesen, um anzuzeigen, dass das Evangelium Christi den Menschen die wahre Seligkeit bringt und sie von der Gewalt und der Tyrannei des Teufels erlöst.
17. Es stand aber auf der Hohepriester und alle, die mit ihm waren, welches ist die Sekte der Sadduzäer., und wurden voll Eifers
Es: Weil der Teufel nicht leiden konnte, dass die Ehre und das Reich Christi befördert wird, so hatte er sich unterstanden, eine Verfolgung anzufangen.
Sadduzäer: (Nach Luther) Hannas ist ein Sadduzäer, der dieses Jahr Hohepriester ist.
Voll Eifer: Der doch nicht gut oder göttlich, sondern ein teuflischer Neid war. Hier hat man zu merken, dass der größte Teil der Beisitzer des Hohepriesters in Jerusalem aus der Sekte der Sadduzäer gewesen ist, die an keine Auferstehung des Fleisches glaubten, und es wäre zu wünschen, dass nicht auch noch heutzutage in den Konzilien und Ratsversammlungen der Romanisten so viele von ihresgleichen sitzen würden.
18. und legten die Hände an die Apostel und warfen sie in das gemeine Gefängnis.
Gemeine Gefängnis: In die man die Übeltäter zu stecken pflegte. Denn die Welt achtet die Frommen und die Übeltäter gleich.
19. Aber der Engel des Herrn tat in der Nacht die Tür des Gefängnisses auf und führte sie heraus und sprach:
20. Geht hin und tretet auf und redet im Tempel zum Volk alle Worte dieses Lebens.
Dieses Lebens: Predigt und lehrt die christliche Religion, wodurch den Menschen das ewige Leben angeboten wird und woraus sie auch Bericht empfangen, was sie für ein Leben in dieser Welt führen sollen, das dem Evangelium würdig und gemäß ist. Deswegen bringt der Satan die Christen in Gefahr, aber Gott erlöst sie wieder daraus, obwohl er bisweilen unterschiedliche Mittel der Erlösung gebraucht.
21. Da sie das gehört hatten, gingen sie früh in den Tempel und lehrten. Der Hohepriester aber kam, und die mit ihm waren, und riefen zusammen den Rat und alle Ältesten der Kinder von Israel und sandten hin zum Gefängnis, sie zu holen.
Lehrten: Nach dem Befehl des Engels, dem sie gehorsam nachkamen. Denn wir sollen von unserer Aufgabe nicht abweichen, auch wenn uns etwas Widerwärtiges darüber zu tun begegnet.
Kam: An den Ort, da man sich von den sehr wichtigen Sachen zu beraten pflegte.
Den Rat: Um miteinander darüber zu beraten, was sie mit den Aposteln anfangen und vornehmen könnten, von denen sie nichts anderes glaubten, als dass sie noch im Gefängnis lägen.
Zu holen: Weil sie nichts davon wussten, dass der Engel sie befreit und aus dem Gefängnis geführt hatte.
22. Die Diener aber kamen dar und fanden sie nicht im Gefängnis, kamen wieder und verkündigten
Verkündigten: Dies ihren Herren, die im Rat miteinander versammelt waren und von denen sie ausgesandt worden waren. Denn Gott kann die Anschläge der Tyrannen wunderbar zunichtemachen.
23. und sprachen: Das Gefängnis fanden wir verschlossen mit allem Fleiß und die Hüter außen stehen vor den Türen; aber da wir auftaten, fanden wir niemand drinnen.
24. Da diese Rede hörten der Hohepriester und der Hauptmann des Tempels und andere Hohepriester, wurden sie darüber betreten, was doch das werden wollte.
Hauptmann: Dessen Aufgabe es war, den Tempel in Jerusalem zu pflegen, damit nichts Ungebührliches darin vorfiel.
Andere Hohepriester: Die nacheinander und miteinander das Hohepriesteramt verwalteten.
Betreten: Sie standen im Zweifel und wussten nicht, was sie machen oder wie sie die Sache angreifen sollten. Denn sie bemerkten, dass die Apostel durch ein Wunderwerk aus dem Gefängnis frei geworden waren. Dennoch haben sie sich nicht bekehrt. Denn etliche Verfolger des Evangeliums haben bisweilen so viel Erkenntnis, dass sie merken, wie das Reich Christi von Gott in wunderbarerweise befördert wird, wollen sich aber dennoch nicht bessern.
25. Da kam einer dar, der verkündigte ihnen: Siehe, die Männer, die ihr ins Gefängnis geworfen habt, sind im Tempel, stehen und lehren das Volk.
26. Da ging hin der Hauptmann mit den Dienern und holten sie, nicht mit Gewalt; denn sie fürchteten sich vor dem Volk, dass sie nicht gesteinigt würden.
Fürchteten sich: Es pflegten aber die Apostel niemanden zum Aufruhr zu bewegen und sie waren selbst wehrlose, einfache Leute und Fischer. Aber ein böses Gewissen macht kleinmütig und auch den Wehrhaften furchtsam.
27. Und als sie sie brachten, stellten sie sie vor den Rat. Und der Hohepriester fragte sie
Vor den Rat: Damit sie dort verhört wurden. Es hatte aber Christus zuvor verkündigt, dass die Christen bisweilen vor die Richter und Obrigkeiten gestellt werden würden um der Bekenntnisse des Evangeliums willen {Mt 10}, wohingegen viele Übeltäter frei und ohne Scheu Böses tun und dafür nicht einmal zur Rede gestellt werden.
Fragte sie: Indem er sie mit harten Worten anfuhr.
28. und sprach: Haben wir euch nicht mit Ernst geboten, dass ihr nicht sollt lehren in diesem Namen? Und seht, ihr habt Jerusalem erfüllt mit eurer Lehre und wollt dieses Menschen Blut über uns führen.
Geboten: Wir haben es euch aus wichtigen Gründen untersagt, dass ihr nichts mehr von den gekreuzigten Jesus von Nazareth, der nach eurer Sage von den Toten wiederauferstanden sein soll, hören lassen sollt. Ihr aber habt den Befehl der Hohepriester und dieses ganzen Rates auf eine Karte gesetzt, dem ihr doch zu gehorchen nach Recht und Billigkeit schuldig gewesen seid und habt mit der neuen Lehre des Jesus von Nazareth fortgefahren, dass sie sich durch die ganze Stadt ausgebreitet hat. Darüber hinaus beschuldigt ihr uns in euren Predigten, als ob wir einen unschuldigen Menschen ans Kreuz gebracht und ihn in unverschuldeterweise erwürgt hätten, was von uns keineswegs hinzunehmen ist. In gleicher Weise wollen die römischen Päpste die Lehre des Evangeliums auch verschweigen, dem sie aber doch bis jetzt uns keinen Irrtum nachweisen können. Sie wollen auch nicht als Totschläger bezeichnet werden, obwohl sie doch viel unschuldiges Blut um der Bekenntnisse des Evangeliums von Christus willen vergossen haben.
29. Petrus aber antwortete und die Apostel und sprachen: Man muss Gott mehr gehorchen denn den Menschen.
Mehr gehorchen: Gott hat uns aber befohlen, dass wir das Evangelium von Christus predigen sollen. Diesem Befehl nachzukommen sind wir zu Recht schuldig, als euch Gehorsam zu leisten, da ihr dies zu tun uns verbietet. Denn wenn die Obrigkeit oder irgendeiner, der einem vorgesetzt ist, befiehlt, den Geboten Gottes zu widerstreben, so ist es viel besser, dass man den Menschen als Gott erzürnt. Denn das höhere Recht geht immer vor.
30. Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, welchen ihr erwürgt habt und an das Holz gehängt.
Väter: Den die heiligen Erzväter, unsere Vorfahren, geehrt und angebetet haben, den wir auch für unseren Gott erkennen und ihm dienen.
Erwürgt habt: Ohne einen rechtmäßigen Grund, da er sich um das Volkes Gottes sehr wohl verdient gemacht und dazu ein heiliges und unsträfliches Leben geführt hatte.
Gehangen: Und mit einem schändlichen Tod hingerichtet, am Kreuz, wie es keinen abscheulicheren Tod gibt. Denn es steht geschrieben: Verflucht ist, wer am Kreuz hängt {5Mos 21}. Darum, wenn ihr euch dessen schämt, dass ihr Christus erwürgt habt, so könnt ihr dafür niemandem die Schuld geben als euch selbst und nicht uns, die wir euch nichts fälschlich zumessen oder andichten, sondern die Geschichte wie sie vorgefallen und jedermann bekannt ist, erzählen.
31. Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöht zu einem Fürsten und Heiland, zu geben Israel Buße und Vergebung der Sünden.
Rechte Hand: Durch seine unendliche Gewalt hat er ihn zum Herrn des Himmels und der Erde gemacht und ihm alles unterworfen in dem Sinn, dass auf seinen Befehl und in seinem Namen das Evangelium gepredigt wird, damit die Israeliten, wenn sie es hören, Buße tun und durch den Glauben an diesen, bereits erschienenen Messias, Vergebung all ihre Sünden erlangen.
32. Und wir sind seine Zeugen über diese Worte und der Heilige Geist, welchen Gott gegeben hat denen, die ihm gehorchen.
Worte: Oder Geschichten, die sich mit dem Jesus von Nazareth, als er auf Erden gewandelt und unter uns umgegangen ist, zugetragen haben. Darum, auch wenn es euch nicht gefällt, dass wir von dem Kreuz und von der Auferstehung Christi predigen und ihr meint, man tue der Sache zu viel, weil man euch damit verschrien macht, so können wir doch die Wahrheit nicht leugnen oder verhehlen, ob es euch verdrießt oder nicht.
Heilige Geist: Denn der bezeugt durch unser Predigtamt und mit seinen wunderbaren Gaben eben dasselbe auch.
Gehorchen: Und dem Evangelium Christi glauben. Und darum können wir nicht anders, als dass wir von Christus predigen, durch den dem israelitischen Volk die ewige Seligkeit angeboten wird und ihr, da euch dieses Volk wie auch eure eigene Seligkeit angelegen sind, solltest die Lehre des Evangeliums von dem Jesus von Nazareth nicht verbieten, sondern vielmehr befördern. Hier sieht man, dass Petrus von seinem vorigen evangelischen Bekenntnis nicht ein Haarbreit weicht, obwohl er gespürt hat, dass er sich ungnädige Herren schaffen würde. Denn man soll den Feinden der Wahrheit nicht weichen, noch die Wahrheit verhehlen. Und man hört, wie es das vornehmste Amt Christi, indem er zur Rechten des Vaters sitzt, ist, dass er uns durch das Predigtamt des Evangeliums zur Buße ruft und die Vergebung der Sünden schenkt. Ferner findet sich hier, dass die Gaben des Heiligen Geistes, die über die Apostel und andere in der ersten Kirche ausgegossen worden sind, Zeugnis der evangelischen Lehre sind, und der Heilige Geist wird allen Gläubigen gegeben, obwohl er nicht in allen Wunderwerke tut.
33. Da sie das hörten, ging es ihnen durchs Herz, und dachten sie zu töten.
Da: Bisher haben wir die Antwort des Apostels Petrus vernommen, die er dem Rat in Jerusalem gegeben hat. Jetzt folgt, wie der Hohepriester und seine Beisitzer damit umgegangen sind.
Durchs Herz: Es erschien ihnen, als wenn ihnen jemand ein Schwert in den Leib gestoßen hätte. Daher sind sie gleichsam rasend und unsinnig geworden.
Zu töten: Weil die Apostel nicht nur kein Stillschweigen versprechen wollten, sondern ihnen zusätzlich noch einmal vorwarfen, dass sie den Fürsten und Heiland des Volkes Israel, nämlich den versprochenen Messias, erwürgt hatten. Denn weil der Satan ein Lügner und Mörder ist, so reizt er die Seinen, dass sie danach trachten, wie sie die gottseligen Bekenner Christi umbringen könnten.
34. Da stand aber auf im Rat ein Pharisäer mit Namen Gamaliel, ein Schriftgelehrter, wohl gehalten vor allem Volk, und hieß die Apostel ein wenig hinaustun.
Schriftgelehrter: Der das Gesetz auslegte. Diesen hatte Paulus der Apostel in der Jugend gehört und er hat mit seinem weißen Rat verhindert, dass die Apostel damals getötet wurden.
Wohl gehalten: Er stand in großem Ansehen bei dem israelitischen Volk.
Hinaustun: Er, Gamaliel, befahl ihnen abzutreten, damit er seine Meinung umso besser und ungehinderter an den Tag legen konnte und den Zorn seiner Mitgesellen, wenn ihnen die Apostel aus den Augen wären, so eher gestillt werden würde.
35. und sprach zu ihnen: Ihr Männer von Israel, nehmt euer selbst wahr an diesen Menschen, was ihr tun sollt.
Selbst wahr: Erwägt die Sache gründlich, was ihr mit diesen Leuten anfangen und wie ihr mit ihnen umgehen wollt, damit ihr nichts tut, was euch hinterher reuen würde.
36. Vor diesen Tagen stand auf Theudas und gab vor, er wäre etwas, und hingen an ihm eine Zahl Männer, bei vierhundert; der ist erschlagen, und alle, die ihm zufielen, sind zerstreut und zunichtegeworden.
Wäre etwas: Er behauptete von sich, dass er ein vortrefflicher Mann wäre, der dem israelitischen Volk zum Besten von Gott gesandt worden war.
Männer: Einfältige Menschen, die ihm zu schnell glaubten, die er überredete, dass sie ihre Güter mitnehmen und mit ihm an den Jordan ziehen sollten, denn er hatte ihnen versprochen, dass er das Wasser des Jordan durch ein Wunderwerk teilen würde, sodass sie trockenen Fußes hindurchgehen könnten und versprach ihnen weitere große Dinge, die er zuwege bringen könnte.
Zunichtegeworden: Denn bevor er an den Jordan gekommen ist, hat Fadus, der Landpfleger im jüdischen Land etliche Geschwader Reiter unter sie geschickt, die viele von ihnen umbrachten und etliche lebendig gefangen hatten. Theudas aber, den Rädelsführer, hat er enthaupten lassen, wie Josephus in seinem 20. Buch im Kapitel 2 von den alten jüdischen Geschichten berichtet. Denn die Betrügereien kommen schließlich an den Tag. Genauso hat Thomas Münzer seinen Anhängern vor der Schlacht versprochen, er würde die Kugeln, die die Feinde aus den Geschützen auf sie schießen würden mit seinen Armen auffangen. Der Ausgang hat aber sein falsches Vorgeben aufgedeckt.
37. Danach stand auf Judas aus Galiläa in den Tagen der Schätzung und machte viel Volks abfällig ihm nach; und der ist auch umgekommen, und alle, die ihm zufielen, sind zerstreut.
Schätzung: Das jüdische Land ist von den Römern geschätzt worden und die Juden mussten den Römern Steuern bezahlen. Zu dieser Zeit ist Christus geboren worden.
Viel Volks: Denn er hatte auch einen Pharisäer mit dem Namen Sadoc zu seinem Anhänger gemacht und das Volk überredet, man müsse keinen Herren auf Erden anerkennen, nur allein Gott, den Herrn im Himmel; und die Schätzungen seien nichts anderes, als eine schändliche Dienstbarkeit, die dem freien Volk Gottes übel anstehen würde.
Zerstreut: Von der römischen Obrigkeit, die den Aufruhr niedergeschlagen hat, wie Josephus meldet in seinem 18. Buch der alten jüdischen Geschichte im Kapitel 1. Denn der Aufruhr hatte keinen guten Ausgang, obwohl es anfangs glücklich ausgesehen hatte.
38. Und nun sage ich euch: Lasst ab von diesen Menschen und lasst sie fahren! Ist der Rat oder das Werk aus den Menschen, so wird es untergehen;
Und nun: Jetzt erklärt Gamaliel die beiden vorigen Beispiele zu seinem Vorhaben.
Aus den Menschen: Dass diese Leute aus menschliche Bosheit und Mutwillen ihre Lehre ausdenken und vorbringen, damit sie das Volk blenden, betrügen und verführen. Doch ihr Betrug wird mit der Zeit offenbar werden, all ihr Tun wird vergeben sein und sie werden selbst mit Schanden bestehen.
39. ist es aber aus Gott, so könnt ihr es nicht dämpfen, auf dass ihr nicht erfunden werdet, als die wider Gott streiten wollen.
Aus Gott: Wenn Gott diese Leute dazu erweckt hat, dass sie von dem Jesus von Nazareth predigen und Gott solche Wunderwerke, die sie tun, durch sie bewirkt, so werdet ihr euch umsonst bemühen, ihre Lehre und ihr Vorhaben zu verhindern und ihr werdet nichts ausrichten. Schließlich wird auch offenbar werden und an den Tag kommen, dass ihr nicht gegen Menschen, sondern gegen Gott gestritten habt. An diesem Gamaliel ist zu loben, dass er von so einer wichtigen Sache mit ruhigem Gemüt spricht. Weiter ist an ihm zu loben, dass er seine Mitgesellen ermahnt, sie sollen in einer so schweren Sache nicht so schnell ein Urteil fällen. Und es wird deshalb zu Recht gerühmt, dass er sie erinnert, sie sollen darauf achten, dass sie nicht gegen Gott streiten ja er hat auch weise gelehrt, dass man aus Handlungen und Geschichten der Vergangenheit sich ein Urteil bilden soll, was künftig geschehen kann. Und dennoch ist dieser, sein Rat, der der menschlichen Vernunft nach für weise und klug anzusehen ist, mangelhaft und rührt nicht aus einem rechten, gottseligen Herzen, denn er hätte seine Bedenken vielmehr so vorbringen sollen: Ihr Männer von Israel, nehmt euch selber gut in acht, was ihr tut. Ihr wisst, dass Jesus von Nazareth mit einem besonderen Ansehen gewaltig unter uns gelehrt und gepredigt hat, dazu sind seine Predigten sehr anmutig gewesen. So wisst ihr, was er für herrliche Wunderwerke getan hat. Und obwohl er gekreuzigt, gestorben und begraben worden ist, so haben doch die Hüter des Grabes selbst bekannt, dass er vom Tod wiederum auferstanden ist und ein Engel vom Himmel sein Grab geöffnet hat. Ihr wisst, dass so viele gutherzige Menschen in diesem Volk einmütig aussagen und bekennen, sie haben denselben Jesus nach seinem Tod lebendig wiederum gesehen. Ihr seht, mit was für herrlichen Gaben des Heiligen Geistes seine Apostel, die sonst einfache Leute und ungelehrte Laien gewesen sind, geschmückt sind, dass man sich darüber wundern muss und desgleichen habt ihr noch frisch in eurem Gedächtnis, was für ein großes Wunderwerk sie neulich an einem Menschen getan haben, der vor Mutterleib an lahm gewesen ist. Dies alles sind freilich lauter göttliche Werke. Darum verschließt lieber nicht die Augen, verstopft eure Ohren nicht und verstockt eure Herzen nicht zu diesen Taten Gottes, sondern lasst uns vielmehr die Wahrheit in dieser Sache und wie es damit beschaffen ist, genau erkunden. Lasst uns die Leute mit Sanftmut hören, die ihr jetzt in eurer Gewalt habt. Lasst uns die Heilige Schrift und die Weissagung in den Propheten gegeneinander halten, damit wir erkennen, ob dieser Jesus, den wir gekreuzigt haben, der verheißene Messias ist. Und wenn wir dies also als wahr befinden, so lasst uns um Verzeihung unsere Sünden bitten und uns nicht unterstehen, sein Reich zu behindern, sondern vielmehr zu befördern, auch nicht Sünde auf Sünde häufen, damit wir Gott nicht erzürnen und ewig verloren werden. So hätte Gamaliel seine Rede halten sollen. Aber man sieht an ihm, wie die weltweisen Menschen gesinnt sind, die sich in strittigen Religionssachen nicht darum bemühen wollen, dass sie der himmlischen Wahrheit nachforschen und diese richtig erkennen und in ihrem Herzen keine Partei ergreifen. Darum meinen sie, dass es am besten sei, wenn sie es zustande bringen, dass keiner wegen der Religion in Gefahr gerät, sie warten also, wie es hinausgeht und welche Religion den besseren Fortgang und mehr Glück haben wird. Doch ist Gamaliel in der Sache recht dran gewesen, dass er meinte, man müsse unschuldige Menschen nicht ums Leben bringen. Denn Gott ist der Grausamkeit feind. Und die der rechten Religion anhängen, die pflegen ihre Gegner nicht wegen der ungleichen Religion umzubringen.
40. Da fielen sie ihm zu und riefen den Aposteln, stäupten sie und geboten ihnen, sie sollten nicht reden in dem Namen Jesu, und ließen sie gehen.
Ihm zu: Als einem weisen Mann in der Form, dass sie den Aposteln am Leben nichts tun. Dennoch haben sie ihnen eine Schmach auferlegt, und damit den Rat Gamaliels nicht befolgt. Denn wen die gottlose Welt nicht umbringen kann, dem hängt sie wenigstens eine Schmach an.
Gehen: Denn Gott verhindert die blutigen Anschläge der Feinde, damit die Frommen in ihrer Aufgabe ihm länger dienen können.
41. Sie gingen aber fröhlich von des Rats Angesicht, dass sie würdig gewesen waren, um seines Namens willen Schmach zu leiden;
Schmach zu leiden: Denn was einer um Christi und seines Evangeliums, oder auch sonst um der Gerechtigkeit willen leidet, das ist ihm eine Ehre und nützlich. Nach dem Spruch 1. Petrus 3. Niemand unter euch leide als einen Mörder, oder Dieb, oder Übeltäter, oder, der in ein fremdes Amt greift. Leidet er aber als ein Christ, so soll er sich nicht schämen. Es ehrt aber Gott in einem solchen Fall. Und Christus sagt: Selig seid ihr, wenn euch die Menschen verfluchen und verfolgen und reden Schlechtes über euch, wenn es um meinetwillen geschieht, dann seid getrost und freut euch, es soll euch im Himmel wohl belohnt werden {Mt 5}.
42. und hörten nicht auf alle Tage im Tempel und hin und her in Häusern zu lehren und zu predigen das Evangelium von Jesus Christus.
Nicht auf: Denn obwohl sie um der Predigt des Evangeliums willen gefoltert worden waren, führten sie dennoch ihren Beruf weiter fort und predigten das Evangelium von Jesus Christus, dem Heiland der Welt, öffentlich und besonders. Denn die Verfolgung und die Feindschaft der Welt sollen uns nicht fahrlässig machen in unserem Amt, sondern je heftiger der Satan wütet, umso mutiger muss man seinen Anschlägen widerstehen, damit sie verhindert werden und das Reich Christi befördert wird.
Das 6. Kapitel
- Von der Erwähnung des sieben Kastenpfleger.
- Und von dem Eifer Stephans in der Handhabung der göttlichen Wahrheit.
1. In den Tagen aber, da der Jünger viel wurden, erhob sich ein Murmeln unter den Griechen wider die Hebräer, darum dass ihre Witwen übersehen wurden in der täglichen Handreichung.
In: Bis daher ist es in den ersten Kirchen wohl und löblich zugegangen, außer dem besonderen Beispiel von Ananias und Saphira. Diese gottlosen Eheleute sind doch auf der Stelle für ihre Bosheit gestraft und aus der Gemeinde vertilgt worden. Jetzt aber ereignen sich etliche Fehler und Mängel in der christlichen Kirche, wie wir hören werden.
Jünger: So wurden die Christen damals genannt.
Griechen: In der Schrift werden die Heiden als Griechen und die Israeliten als Hebräer bezeichnet. Und es hatten viele aus der Heidenschaft die israelitische Religion angenommen, die Judengenossen genannt wurden. Diese haben sich, als sie vom Evangelium von Christus gehört hatten, zu dem christlichen Glauben bekehrt. Von denen wird hier gesprochen. Da nun die Anzahl der Christen täglich größer wurde und zunahm, hat die gemeinsame Unterhaltung der Kirchen auch mehr Mühe gekostet, besonders weil die Apostel daneben auch ihr Amt versehen mussten, das Evangelium zu predigen. Bei einer so großen Menge Volkes war es schlecht möglich, dass die Apostel jedermann genug geben konnten, weil sie nicht wussten, was einem jeden fehlte oder mangelte. Daher ist es geschehen, dass die Witwen, die aus der Heidenschaft zur rechten Religion bekehrt waren, meinten, es ginge nicht gleich zu und sie würden nicht so viel empfangen als sie für ihre Notdurft brauchten. Darum haben sie angefangen, darüber ungeduldig zu werden, und die anderen Judengenossen nahmen sich ihrer an, weil sie den Argwohn geschöpft hatten, ihre Witwen würden deshalb außer Acht gelassen, weil sie nicht vom israelitischen Volk ihre Herkunft hatten. Sie meinten also, es ginge parteiisch zu. Darum hielten sie böse Stichreden gegen die Apostel, als ob diese die gemeinsamen Güter nicht wie es recht und billig sei, verwalteten, sondern auf die Person sehen würden und ein Teil dem anderen vorzögen. Dies ist ein sehr unrechter Argwohn gewesen, und diese Menschen haben mit ihrem Gemurmel eine nicht geringe Sünde begangen. Wir sehen hierbei, dass die Christen in diesem Leben nicht immer und nicht so vollkommen wiedergeboren werden, dass sie nicht notwendigerweise täglich bitten müssten, vergib uns unsere Schuld. Und wir haben uns hier zu erinnern, dass der Satan mit höchstem Fleiß danach trachtet, wie er die Einigkeit der Christen trennen und bösen Argwohn oder Misstrauen (wenn auch gar keine ausreichende Ursache vorhanden ist) unter ihnen anzettelt. Darum soll man sich bemühen, die Eintracht mit umso größerem Fleiß zu erhalten. Heute vergleichen sich die Hospitäler mit den Haushalten der ersten Kirche in vielen Dingen. Denn in ihnen werden mancherlei Leute unterhalten. Und es ereignet sich oft, dass die Leute ohne ausreichenden Grund gegen die Haushalter murren, denken aber nicht daran, dass in einem großen Haushalt oder in einer großen Verwaltung nicht alles aufs Genaueste ausgerechnet werden und abgeteilt werden kann. Jedoch sollen die Haushalter oder Verwalter ihren größten Fleiß ansetzen, damit an ihrer Treue, Aufrichtigkeit und Verrichtung kein Mangel gespürt wird, der zu Recht zu tadeln ist.
2. Da riefen die zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es taugt nicht, dass wir das Wort Gottes unterlassen und zu Tische dienen.
Die Zwölf: Nämlich die Apostel, die bemerkten, dass sie unter so vielen Leuten dem Predigtamt des göttlichen Wortes und zugleich der Haushaltung oder Verteilung der Nahrung nicht erfüllen konnten, und sich daneben sorgen mussten, es könnte ihrem Predigtamt durch solchen Argwohn und Unzufriedenheit ein Schandfleck angehängt werden. So haben sie es für ratsam und für die Kirche am nützlichsten erachtet, dass sie sich von der Verwaltung und Austeilung der Güter enthielten und diese Aufgabe anderen frommen Leuten übergaben, damit sie das Predigtamt ungehindert verrichten konnten.
Tisch dienen: Denn es will sich nicht schicken und es kann auch auf Dauer nicht sein, wenn die Zahl der Christen durch Gottes Gnade täglich zunimmt, dass wir das Predigtamt und die große Haushaltung zugleich erfüllen können, darum müssen wir eines unterlassen. Nun will es sich nicht gebühren, dass wir mit der Haushaltung umgehen und das Predigtamt hinten ansetzen, sondern es ist vielmehr billig, dass wir uns um dieses kümmern und jenes aus der Hand geben, was wir zu tun willig und bereit sind. Auch wenn es nicht unmöglich ist, dass eine geistliche Person zugleich auch mit weltlichen Handlungen umgehen kann, wie Moses, Samuel und David es getan haben, so geht es doch nicht ohne großen Ärger ab. Und wenn einem Kirchendiener zwei unterschiedliche Ämter zu verwalten auferlegt werden, so soll er darauf bedacht sein, dass er zunächst in dem nichts versäumt, welches das Vornehmste ist. Aber die päpstlichen Bischöfe verschieben das Amt, zu predigen, dass sie als Erstes erfüllen sollten, auf andere, noch dazu untaugliche Personen und behalten die Verwaltung des weltlichen Regiments für sich. In diesem Stück sind sie den Aposteln Christi sehr ungleich.
3. Darum, ihr lieben Brüder, seht unter euch nach sieben Männern, die ein gutes Gerücht haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind, welche wir bestellen mögen zu dieser Notdurft.
Darum: Jetzt zeigen die Apostel an, welche Leute man für solch große Haushaltung in der Kirche nehmen soll.
Sieben: Diese Zahl wird genug sein, um die Haushaltung zu verwalten.
Weisheit sind: Damit sie mit einem gottseligen Eifer und besonderen Fleiß diese Verrichtung ausführen können, sind sie vom Heiligen Geist begabt und verstehen sich auf die Sache. Hier werden wir erinnert, was man für Menschen dazu erwählen soll, die in den Hospitälern der Hausverwaltung vorstehen sollen oder denen das Almosen auszuteilen befohlen wird. Nämlich, dass sie ein gutes Zeugnis ihres aufrichtigen Wandels haben, damit man sich nicht sorgen muss, sie übervorteilen die Kirche. So müssen sie auch gottselig sein und einen christlichen Eifer haben, damit man spüren kann, wie sie vom Heiligen Geist regiert werden. Ferner gehört Weisheit und Verstand dazu, dass sie wissen, wie sie ihrem Amt recht vorstehen können, damit nichts versäumt wird oder etwas Ungerechtes vorfällt, woraus einmal zu Recht Klagen entstehen könnten. Aber heutzutage werden zu solchen Ämtern teilweise solche Leute erwählt, die entweder gottlos oder unverständig oder geizig oder sehr unfreundlich sind, die meinen, dass sie ihrem Amt gut nachkommen, wenn sie sich gegen arme Menschen hart, störrisch und unbarmherzig erweisen.
4. Wir aber wollen anhalten am Gebet und am Amt des Worts.
Anhalten: Denn es ist nicht so gemeint, als ob wir daneben müßiggehen wollten, wenn wir uns aus der Haushaltung zurückziehen; sondern wir wollen das inbrünstige Gebet für die Wohlfahrt der Kirche verrichten und diese mit gottseliger Lehre erbauen, denn das Amt eines Predigers ist nicht nur, dass er Gottes Wort lehrt und die Sakramente reicht, sondern auch, dass er die Kirche mit seinem eifrigen und inbrünstigen Gebet Gott befiehlt.
5. Und die Rede gefiel der ganzen Menge wohl, und erwählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, den Judengenossen von Antiochien.
Wohl: Denn man soll guten und heilsamen Ratschlägen nicht widersprechen.
Nikolaus: Von dem man glaubt, dass er später die gräuliche und abscheuliche Sekte der Nikoaliten ins Leben gerufen hat, von denen in der Offenbarung Johannes, Kapitel 2. Meldung geschieht. Und auch Epiphanius, ein Kirchenlehrer, denkt daran. Denn es täuschen sich auch oft sehr fromme Menschen in der Wahl der Personen, weil Gott allein ein Herzenskundiger ist.
6. Diese stellten sie vor die Apostel und beteten und legten die Hände auf sie.
Beteten: Dass Gott sie in ihrem Amt mit seinem Heiligen Geist regieren möchte.
Auf sie: Mit dieser Zeremonie haben sie diese Männer oder Haushalter in ihre Aufgabe eingewiesen und zugleich auch der Kirche so öffentlich vorgestellt, damit die ganze Gemeinde wusste, wie diesen Männern mit einhelliger Bewilligung die Haushaltung zu verwalten befohlen worden war. Man soll aber für die bitten, die besondere Ämter entweder in der Kirche oder im weltlichen Regiment erlangen. Was das Auflegen der Hände betrifft, so ist dies ein Mittelding, welches man gebrauchen oder auch ohne Verlust der Gottseligkeit unterlassen kann. Jedoch scheint es nützlich zu sein zur Erhaltung einer guten Ordnung, wenn neue evangelische Kirchendiener mit Auflegen der Hände und einem hinzugefügten gottseligen Gebet, der Kirche, der sie lehren sollen, vorgestellt werden.
7. Und das Wort Gottes nahm zu, und die Zahl der Jünger ward sehr groß zu Jerusalem. Es wurden auch viel Priester dem Glauben gehorsam.
Nahm zu: Sodass das gepredigte Evangelium je länger, je mehr seine Kraft und Wirkung sehen ließ.
Sehr groß: Obwohl die Apostel um des Bekenntnisses des Evangeliums willen gegeißelt worden waren, hat dies die Leute vom Christentum nicht abgeschreckt, sodass die Anzahl der Christen vielmehr zugenommen hat und größer geworden ist. Denn die Verfolgungen vertilgen die Kirche nicht, sondern befeuchten sie.
Gehorsam: Sie nahmen den Glauben an Christus gehorsam an, obwohl sie zuvor des Herrn Christus ärgste Feinde gewesen waren und durch ihre Anstiftung und ihr unablässiges Geschrei ihn ans Kreuz gebracht hatten. Sie bekehrten sich zu Christus und wurden selig. Darum soll man an den Verfolgern und anderen sündigen Menschen nicht verzagen, weil sie leben. Sie selbst sollen auch nicht an der Gnade und Barmherzigkeit Gottes zweifeln, wenn sie nur wahrhaft Buße tun.
8. Stephanus aber, voll Glaubens und Kräfte, tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk.
Voll Glaubens: Gott hatte ihm einen starken Glauben gegeben und ihn mit wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes reich beschenkt, sodass er mit großer Freude und besonderem Mut Christus bekannte und die Lehre des Evangeliums mit Wunderzeichen bestätigte. Denn obwohl Gott der Herr all denen, die an Christus glauben, mit väterlicher Gunst und Liebe gewogen ist, so ziert er doch etliche vor anderen mit herrlichen Gaben des Heiligen Geistes, die sie zur Ehre Gottes und zur Wohlfahrt der Kirche anwenden sollen.
9. Da standen etliche auf von der Schule, die da heißt der Libertiner und der Kyrener und der Alexander und derer, die aus Zilizien und Asien waren, und befragten sich mit Stephanus.
Auf: Denn wie der Satan gesehen hatte, in welcher Art das Reich Christi je länger umso mehr gefördert und weiter ausgebreitet wurde, hat er abermals eine Verfolgung angerichtet, damit er die neu angehende Kirche unterdrücken könnte, wenn es ihm möglich wäre.
Mit Stephanus: Dass sie sich in eine Diskussion oder ein Gespräch über die Religion mit ihm einließen. Es gab aber zu dieser Zeit in Jerusalem Schulen, in denen nicht nur von geistlichen und Religionssachen, sondern auch aus der Philosophie und den freien Künsten gelehrt wurde, wie dies der jüdische Geschichtsschreiber Josef in seinen Geschichten erzählt. Zu solchen Schulen zogen in Jerusalem aus allen Orten der Welt Juden und Judengenossen, um auf dieser berühmten hohen Schule zu studieren. Einige von ihnen, die von sich selbst vor anderen die Meinung hatten, sie wären gelehrt, die ließen sich mit Stephanus in einen Disput oder ein Streitgespräch ein und wollten die jüdischen Satzungen und abergläubischen Gottesdienste gegen die evangelischen Lehre der Apostel anwenden. Denn viele Menschen missbrauchten ihren Verstand und ihre Kunst, um der himmlischen Wahrheit zu widersprechen.
10. Und sie vermochten nicht, zu widerstehen der Weisheit und dem Geiste, aus welchem er redete.
Redete: Durch Stephanus, der die christliche Religion so gut und stark aus der Heiligen Schrift bewies und mit solchem Eifer handhabte, dass die gelehrten Männer mit ihren losen und faulen Gründen schamrot und zuschanden wurden. Denn denen es von Amts wegen obliegt, dass sie die himmlische Wahrheit verteidigen sollen, denen steht Gott mit seiner Gnade bei und gibt ihnen (nach seiner Verheißung {Mt 10}.) die Worte und die Weisheit, der alle ihre Widersacher nicht widerstehen oder widersprechen können.
11. Da richteten sie zu etliche Männer, die sprachen: Wir haben ihn gehört Lästerworte reden wider Mose und wider Gott.
Männer: Böse Buben und gottlose Menschen, die sich keiner öffentlichen Lüge schämten, dass sie auf Stephanus legen sollten. Denn wenn die Feinde der Wahrheit mit Diskutieren nichts ausrichten können, so suchen sie Zuflucht zur Lüge, wie ein Lahmer nach einem Pferd sucht, damit er fortkommen kann.
12. Und bewegten das Volk und die Ältesten und die Schriftgelehrten; und traten herzu und rissen ihn hin und führten ihn vor den Rat;
Bewegten das Volk: Gegen Stephanus, den unschuldigen Mann und vortrefflichen Lehrer. Das gemeine Volk hat sein Gemüt bald geändert, wo es doch zuvor den Christen wohl gewogen gewesen ist. Darum soll sich niemand auf die Gunst des gemeinen Pöbels verlassen. Denn die Einstellungen der Menschen sind sehr wankelmütig.
Rat: Das war das Konzil in Jerusalem.
13. und stellten falsche Zeugen dar, die sprachen: Dieser Mensch hört nicht auf, zu reden Lästerworte wider diese heilige Stätte und das Gesetz.
14. Denn wir haben ihn hören sagen: Jesus von Nazareth wird diese Stätte zerstören und ändern die Sitten, die uns Mose gegeben hat.
Gegeben hat: Als wollten sie sagen, dieser Stephanus redet schimpflich und lasterhaft von dem allerheiligsten Tempel Gottes und von den Propheten Moses und behauptet, der Gottesdienst, der im Tempel verrichtet wird, sei nichts wert, und es wäre auch einmal die Zeit kommen, dass dieser heilige Tempel Gottes, wie man in der Welt keinen zweiten hat, werde zerstört werden. Er sagt weiter auch: Jesus von Nazareth werde das heilige Gesetz abschaffen, das unsere Vorfahren von Moses, Moses aber von Gott empfangen hat und wir müssen eine neue Religion lernen, die alte aber soll abgeschafft werden. Dies alles miteinander waren lauter teuflische Lästerungen. Denn Stephanus hatte gegen Moses und den Tempel oder auch gegen das Gesetz keine Lästerungen ausgesprochen, sondern er hatte gelehrt, dass Moses zwar ein heiliger Prophet gewesen ist und ein vollkommenes Gesetz gegeben hatte, aber weil es niemand vollkommen hielt, so würde auch durch das Gesetz Moses niemand gerecht. Darum müsse man mit dem Glauben zu einen höheren Propheten Zuflucht suchen, nämlich zu dem Sohn Gottes, Jesus Christus, der für das menschliche Geschlecht gekreuzigt worden ist, damit wir durch den Glauben an ihn Vergebung der Sünden und ewiges Leben erlangen. Er hatte auch gelehrt, wie das levitische Priestertum, samt seinen Satzungen und Zeremonien in kurzer Zeit abgeschafft werden würde, weil man solchen Schatten, nachdem Christus erschienen war, nicht mehr brauchte. Ferner hatte er gelehrt, dass der rechte und heiligste Tempel der Heiligen Dreifaltigkeit Jesus Christus wäre, in welchem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt. Und wenn die Israeliten diesem Jesus nicht für ihren Messias erkennen wollen, so wird der steinerne Tempel und die Heilige Stadt Jerusalem geschleift und zerstört werden. Dies alles hatte Stephanus recht und wahrhaft vorgebracht, es wurde jedoch von den Lästermäulern auf das Ärgste gedeutet und bösartig verkehrt. Ebenso handeln die Romanisten heutzutage auch mit uns. Denn wenn wir lehren, dass der Mensch nicht durch die Werke, sondern allein durch den Glauben an Christus vor Gott gerechtfertigt wird, so schreien sie, wir würden gute Werke verbieten. Wenn wir lehren, man solle die Schriften der Väter und die Dekrete der Konzilien nicht weiter annehmen, als sie mit der Heiligen Schrift übereinstimmen, so beklagen sie sich, wir würden das Ansehen der Heiligen Väter und der Konzilien mit Füßen treten. Wenn wir lehren, man müsse die Heiligen nicht anrufen oder anbeten, so lästern sie, wir würden die Jungfrau Maria und die Heiligen Gottes schmähen. Aber Gott, der Richter und Rächer über alle Lästerungen ist, sieht es und wird es richten.
15. Und sie sahen auf ihn alle, die im Rat saßen, und sahen sein Angesicht wie eines Engels Angesicht.
Auf ihn: Sie achteten besonders darauf, mit welchen Gebärden er solche schweren Anschuldigungen, die ihm den Tod verursachen würden, anhörte, ob er sich nicht zaghaft und kleinmütig zeigen würde.
Engels: Er hatte ein solch herrliches Ansehen, und er zeigte sich mit seinen Gebärden so standhaft, dass sie meinten, sie sehen nicht einen Menschen, sondern einen Engel Gottes vor sich stehen, sodass sie sich über seine Gestalt entsetzten. Denn ein gutes Gewissen, das mit den Worten Gottes wohl versehen ist, fürchtet sich auch in der allergrößten Gefahr nicht.
Das 7. Kapitel
- Die Antwort des Stephanus.
- und sein Tod.
1. Da sprach der Hohepriester: Ist dem also?
Hohepriester: Der in diesem Konzil Richter und oberster Präsident war.
Dem so: Du, Stephanus, wirst beklagt, dass du ein Lästerer gegen Gott, gegen das Gesetz, gegen den Tempel und gegen den Gottesdienst, der im Tempel verrichtet wird, auch gegen die Heilige Stadt und gegen das Volk Gottes bist. Darum wollen wir dich darüber hören, damit du nicht ungehört verurteilt wirst. So sage uns nun, ob du so etwas gesagt hast und in welchem Sinn, auch mit welchen Worten und unter welchen Umständen du dies vorgebracht hast. Der Hohepriester tat so und wollte auch dafür angesehen werden, als ob er nach dem Gesetz Moses einen ordentlichen Prozess abhalten würde, mit der Verurteilung des Stephanus, wo doch das Urteil der Verdammnis in dem Herzen des Hohepriesters bereits gefallen war, bevor er noch von Stephanus ein Wort hörte. So versammeln die Päpste in Rom in ihren Konzilien Bischöfe, die doch zum großen Teil nur den blanken Titel und Namen führen, dass einer Bischof in Philadelphia, der andere Bischof in Sedon und ein anderer anderswo her ist, da doch von ihnen keiner jemals eine solche Kirche gesehen hat, sofern noch andere christliche Kirchen am selben Ort sind. Darum sind solche Bischöfe nichts anderes, als Scheunenfenster und Vogelscheuchen des römischen Antichristen. Danach beruft er die, die er Ketzer nennt zum Konzil und lässt sich vernehmen, sie sollten ordentlicherweise und zur Genüge gehört werden, was man doch nicht von ihm erreichen kann. Aber Gott lässt sich nicht verspotten.
2. Er aber sprach: Liebe Brüder und Väter, hört zu! Gott der Herrlichkeit erschien unserm Vater Abraham, da er noch in Mesopotamien war, ehe er wohnte in Haran,
Sprach: Dass er seine Sache vom Strafgericht, wo er um Leib und Leben angeklagt war, zu verantworten begehrte. Seine ganze Antwort aber ist den Lästerungen entgegengestellt worden, damit ihn seine Widersacher belasten konnten. Der Hauptpunkt ihrer Anklage war gewesen, dass er zum Ketzer und Mamelucken geworden ist, der weder von Moses noch dem Gesetz, noch dem Gottesdienst im Tempel in Jerusalem, noch von dem Volk Gottes gebührlich redete und es achtete. Darum zieht Stephanus die Sache von vorne auf und zeigt mit einer ausführlichen Rede an, dass er von der israelitischen Religion, sofern sie rein und unverfälscht war, in keinem Teil abgewichen ist, sondern dass er viel auf Moses, das Gesetz den Gottesdienst hält, jedoch so, dass diese alle Christus nicht entgegengesetzt würden, sondern vielmehr die Menschen dem Mittler Christus zuführte. Und er erzählt die Geschichten so, dass er damit andeutet, die heiligen Erzväter, Moses und die Israeliten, so viel von ihnen selig geworden sind, nicht durch das Gesetz oder äußeren Gottesdienst, der im Tempel verrichtet worden war, sondern aus lauter Gnade und Barmherzigkeit Gottes um Christi willen die Seligkeit erlangt haben. Er bringt aber in jeder Geschichte nur einen Teil seiner Beweise vor, den anderen Teil stellt er den Besuchern anheim, darüber zu urteilen, wie wir an einer anderen Stelle hören werden. Schließlich aber wird aus der Beantwortung eine Strafpredigt. Denn weil Stephanus sah, wie die Richter und Beisitzer des Konzils auf Ihrer halsstarrigen und verstockten Bosheit beharrten, ist er aus einem göttlichen Eifer gegen sie entrüstet gewesen, sodass er ihr gottloses Wesen hart anzeigte und sie als Mörder und Verräter des Heilands Jesus Christus anprangerte. Darüber sind sie so von Sinnen geworden, dass sie ihn ohne Urteil aus der Stadt verstießen und steinigten, wie wir hören werden.
Brüder und Väter: Es soll aber niemand hier denken, der Anfang und das Ende der Rede des Stephanus würden nicht zusammenpassen, wenn er sie an einer Stelle Väter und Brüder nennt, die er danach Verräter und Mörder schimpft. Aber das steht einander nicht entgegen. Denn es war ein Akt der Bescheidenheit und Höflichkeit, dass er den Vätern dieses Konzils ihren gewöhnlichen Titel gab, besonders zu Anfang, weil sie ihm ansonsten nicht gestattet haben würden, dass er sich verantwortet hätte. Dass er aber danach ihre Grausamkeit und verstockte Bosheit mit Schimpfworten angreift, war ein göttlicher Eifer an ihm. Darum sündigt der nicht, der seinen Widersacher in der Religion seinen gewöhnlichen Ehrentitel gibt und er tut auch nicht unrecht, wenn er aus rechtem Eifer die Bosheit derselben Menschen anprangert. Nur muss jedes zu seiner Zeit geschehen.
Die Herrlichkeit: Dessen Majestät unendlich ist, ihm auch ewiger Ruhm und Lob von allen Kreaturen gebührt.
Erscheine: Aus lauter Gnade und Barmherzigkeit.
Vater Abraham: Stephanus beginnt seine Erzählung mit dem vornehmsten Erzvater Abraham, um anzuzeigen, dass er denselben Gott ehrt, den Abraham erkannt und geehrt hatte.
3. und er sprach zu ihm: Gehe aus deinem Lande und von deiner Freundschaft und zieh in ein Land, das ich dir zeigen will {1Mos 12v1}.
Zeigen will: Weil Abraham noch nicht wusste, was es für ein Land war, noch viel weniger, wie es dort sein würde.
4. Da ging er aus der Chaldäer Lande und wohnte in Haran. Und von dort, da sein Vater gestorben war, brachte er ihn herüber in dies Land, darin ihr nun wohnt.
Darin wohnt: Darum gestehe ich gerne, dass Abraham ein heiliger Patriarch gewesen ist, den Gott, der Herr, sehr lieb gehabt hat. Ich stelle auch nicht in Abrede, dass seinen Nachkommen, somit euch, dem Volk Gottes, dieses Land durch Gottes besondere Gnade und gut Tat zugeteilt wurde. Wie sollte ich dann ein Mamelucke und Lästerer der israelitischen Religion sein?
5. Und gab ihm kein Erbteil drinnen, auch nicht eines Fußes breit; und verhieß ihm, er wollte es geben ihm zu besitzen und seinem Samen nach ihm, da er noch kein Kind hatte.
Kein Kind hatte: Denn Gott der Herr hat den Glauben Abrahams so probieren wollen, dass er ihm das verheißene Land Kanaan wie ein Fremdling zu brauchen und zu nutzen eingeräumt hatte, als es völlig zu besitzen. Und obwohl versprochen war, es seinen Nachkommen zu geben, so ist dennoch Abraham eine lange Zeit ohne Kinder geblieben. Dennoch hat Gott seine Verheißung schließlich erfüllt. Denn man soll Gott in seinen Verheißungen trauen, auch wenn es sich mit derselben Erfüllung lange hinzieht. Und Stephanus will mit dieser Erzählung zu verstehen geben, dass durch das Gesetz und durch den levitischen Gottesdienst niemand gerecht werde. Denn es ist ebenso viel, als wenn er gesagt hätte, unser Vater Abrahams ist zur Erkenntnis Gottes berufen worden, nicht aus seinem Verdienst, zumal auch Josua zu unseren Vorfahren gesagt hat: Eure Väter wohnten vor langer Zeit jenseits des Wassers, wie Thara, der Vater Abrahams und Nahors, und dienten anderen Göttern {Jos 24}. So war auch zu Abrahams Zeiten das Gesetz Moses noch nicht gegeben und es gab weder den Tempel noch den Gottesdienst im Tempel. Dennoch ist Abraham Gott, dem Herrn, lieb und angenehm gewesen, weil er an ihn geglaubt hat. Darum machen weder das Gesetz Moses noch der Tempel noch der levitische Gottesdienst im Tempel gerecht. Denn allein der Glaube an Christus, an den auch Abraham geglaubt hat, macht gerecht {Röm 3v4}.
6. Aber Gott sprach also: Dein Same wird ein Fremdling sein in einem fremden Lande, und sie werden ihn dienstbar machen und übel handeln vierhundert Jahre {1Mos 15v13}.
Dienstbar machen: Dass er mit einer harten Dienstbarkeit unterdrückt und beschwert wird. Dies ist von der ägyptischen Dienstbarkeit zu verstehen.
7. Und das Volk, dem sie dienen werden, will ich richten, sprach Gott; und danach werden sie ausziehen und mir dienen an dieser Stätte.
Richten: Ich will das tyrannische Volk der Ägypter auf das Ernsteste bestrafen. Denn obwohl die Kirche Gottes mitunter sehr hart geplagt und angefochten wird, so errettet Gott sie doch wieder und rächt ihre Schmach gewaltig. Stephanus will mit dieser Erzählung abermals andeuten, dass die Gerechtigkeit nicht aus dem Gesetz kommt, noch aus dem Tempel oder aus diesem Gottesdienst besteht, weil die Väter in Ägypten weder das Gesetz Moses empfangen, noch den Tempel gehabt haben, sondern gerecht geworden sind durch den Glauben an den gesegneten Samen, der dem Patriarchen Abraham verheißen worden ist.
8. Und gab ihm den Bund der Beschneidung. Und er zeugte Isaak und beschnitt ihn am achten Tag und Isaak den Jakob und Jakob die zwölf Erzväter {1Mos 21v2 25 26 29 31 30v5}.
Beschneidung: Auch die Beschneidung hat den Abraham nicht gerecht gemacht, weil bereits zuvor der Glaube ihm zur Gerechtigkeit zugerechnet war {1Mos 15}. Sondern die Beschneidung war ein Zeichen des Testaments oder Bundes, den Gott mit Abraham geschlossen hatte. Dass nämlich er und seine frommen Nachkommen einen gnädigen Gott haben würden {1Mos 17}. Darum ist Abraham durch die Beschneidung auch nicht gerechtfertigt worden, noch seine Nachkommen, sondern durch den Glauben an den damals zukünftigen Messias. Denn die Sakramente nutzen ohne Glauben nichts.
Zwölf Erzväter: Von welchen die zwölf Geschlechter Israels ihren Namen haben, und dies wird von Stephanus darum erzählt, damit er anzeigen kann, dass er vom israelitischen Glauben und ihre Religion keineswegs abgefallen ist, sondern viel auf die Erzväter hält, denen sich Gott selbst geoffenbart hat. Denn man soll sich hüten, dass man eines Abfalls von der alten, rechten Religion zu Unrecht beschuldigt werden könnte. Es ist aber das nicht die alte Religion, die von der menschlichen Vernunft erdacht worden und nur von abergläubischen Menschen Satzungen zusammengeflickt ist, sondern die in den prophetischen und apostolischen Schriften steht. Dies ist die erste, älteste und rechte Religion.
9. Und die Erzväter neideten Joseph und verkauften ihn nach Ägypten. Aber Gott war mit ihm
Neideten Josef: Ihren Bruder, dass sie ihm feind wurden, deshalb, weil ihn der Vater lieber hatte, als sie und dass seine Träume ihm die Herrschaft über seine Brüder andeuteten.
Verkauften ihn: Obwohl nun durch Gottes besondere Güte dieser Verkauf gut geraten war, wie danach folgen wird, so haben doch die Erzväter, die Brüder des Josephs, in diesem Handel vielfältig sich versündigt. Denn der Neid ist an sich selbst eine große Sünde. Dazu kommt noch, dass sie ihn auch töten wollten. Und obwohl dieser Beschluss etwas gemildert worden ist, haben sie ihn dennoch als leibeigenen Knecht verkauft, in der Hoffnung, er würde so in der Dienstbarkeit und im Elend sterben. Unterdessen schickten sie ihrem Vater Jakob den Rock des Josef, den sie zuvor mit dem Blut eines Bockes besprüht und besudelt hatten und machten so ihren Vater ein großes Herzeleid, dass er gemeint hat, Josef wäre von einem wilden Tier zerrissen worden. Ich will gar nicht von der Blutschande Rubens und Judas oder von dem gemeinen Mord, den Simeon und Levi an den Sichimitern begangen haben, sprechen. Denn es ereignen sich von Zeit zu Zeit in der Kirche Gottes große Ärgernisse. Und Stephanus will mit diesen Worten zu verstehen geben, dass die Erzväter vor Gott nicht gerecht geworden sind durch ihre Tugenden oder Verdienste, weil sie viele schwere Sünden begangen haben, auch nicht durch das Gesetz Moses oder den Tempel, die sie beide damals nicht gehabt haben, sondern durch den Glauben an den versprochenen Heiland der Welt.
10. und errettete ihn aus aller seiner Trübsal und gab ihm Gnade und Weisheit vor dem König Pharao in Ägypten; der setzte ihn zum Fürsten über Ägypten und über sein ganzes Haus {1Mos 41v39}.
Mit ihm: Dem Josef, dass er ihn mit seiner Gnade und Güte regierte, schützte und erhielt, obwohl ihn seine Brüder anfeindeten und tot haben wollten.
Trübsal: Dass er aus der Armut und Knechtschaft, ja auch aus dem Kerker wieder entkam.
Pharao: Bei dem er in großer Gnade stand, dass er lieb und wert gehalten wurde und ein großes Ansehen erlangte, wegen seiner göttlichen Weisheit, womit er begabt war.
Ganzes Haus: Oder Hofgesinde. Dass Josef das ganze Land Ägypten und den königlichen Hof regierte. Denn der Herr tötet und macht lebendig, führt in die Hölle und wieder heraus. Der Herr macht arm und macht reich, er erniedrigt und erhöht. Er hebt den Bedürftigen aus dem Staub auf und erhöht den Armen aus dem Schmutz, dass er ihn unter die Fürsten setzt und ihn den Stuhl der Ehre erben lässt {1Sam 2}.
11. Es kam aber eine teure Zeit über das ganze Land Ägypten und Kanaan und eine große Trübsal, und unsere Väter fanden nicht Fütterung.
Nicht Fütterung: Im Lande Kanaan. Dass die Israeliten Mangel gelitten haben und dennoch erhalten worden sind, erinnert uns daran, dass die göttliche Verheißung wahr ist, die so lautet: Siehe, das Auge des Herrn sieht auf die, die ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen, dass er ihre Seelen errettet vom Tod und sie ernährt in der Teuerung {Ps 33}.
12. Jakob aber hörte, dass in Ägypten Getreide wäre, und sandte unsere Väter aus aufs erste Mal {1Mos 42v1}.
Erste Mal: Dass sie Getreide kaufen sollten. Bei dieser Gelegenheit ist Joseph von seinen Brüdern nicht erkannt worden.
13. Und zum anderen Mal ward Joseph erkannt von seinen Brüdern und ward Pharao Josephs Geschlecht offenbar {1Mos 45v3 4v16}.
anderen Mal: Als die Söhne Jakobs wieder nach Ägypten zogen.
Pharao: Dem König in Ägypten, der den Israeliten einen Platz zum Wohnen im Land Ägypten eingeräumt hatte. Dieses Beispiel bezeugt, dass Gott der Kirche in dieser Welt Unterschlupf und Herberge verschafft.
14. Joseph aber sandte aus und ließ holen seinen Vater Jakob und seine ganze Freundschaft, fünfundsiebzig Seelen.
Sandte aus: Auf Befehl des Königs Pharao.
Seelen: Oder Menschen. Im 1. Buch Mose, Kapitel 46, werden nur 70 Personen genannt, die nach Ägypten gekommen sind. Es hat aber vielleicht der griechische Übersetzer den verdolmetschten Text der Bibel, die von den 70 Dolmetschern in die griechische Sprache gebracht worden ist, zur Beschreibung dieser Apostelgeschichte genutzt. Denn so etwas war zu dieser Zeit sehr gebräuchlich, obwohl es für etliche Stellen mangelhaft war. Doch ist an der Zahl nicht zu viel gelegen, weil es der Religion und der Gottseligkeit keine Nachteile bringt. Darum wollen wir wieder auf die Geschichte vom Geschlecht Jakobs kommen, dass Josef in Ägypten unterhalten und dass der König Pharao ihn in einem Ort in Ägypten wohnen ließ. Dass aber Josef seinen Brüdern Gutes tut, die sich doch nicht gut um ihn verdient gemacht hatten, erinnert uns daran, dass wir dem Nächsten sein Unrecht verzeihen und das Böse mit Gutem vergelten sollen {Röm 12}. Und Stephanus will mit dieser Erzählung abermals andeuten, dass Josef bei Gott und den Menschen angenehm gewesen ist und dass das israelitische Geschlecht in der größten Hungersnot erhalten wurde. Dies alles darf man dem Gesetz Moses, oder den Tempeln und seinen Gottesdiensten, die darin verrichtet wurden, nicht zumessen, weil keines von diesen damals vorhanden war.
Starb: In Ägypten ist er selig im Herrn entschlafen.
16. Und sind herübergebracht nach Sichem und gelegt in das Grab, das Abraham gekauft hatte ums Geld von den Kindern Hemors zu Sichem {1Mos 23v16 v17 Jos 24v31}
In Sichem: Das im Lande Kanaan liegt. Denn die Erzväter haben mit ihren Leibern an dem Ort ruhen wollen, an dem Abraham begraben worden war, um anzuzeigen, dass sie eben durch den Glauben selig geworden sind, den noch Abraham gehabt hatte und dass sie den Besitz des Landes Kanaan für ihre Nachkommen erwarteten. Auch wenn es nun zur Seligkeit nichts hilft und es deshalb gleich gilt, wo einer begraben wird, denn die Erde gehört dem Herrn, und alles, was darin ist. so sündigen jedoch diejenigen nicht, die neben ihren frommen Vorfahren begraben werden wollen, um zu bezeugen, dass sie gemeinsam mit ihnen eine selige Auferstehung erwarten. Und Stephanus gibt abermals zu erkennen, dass die Erzväter im Herrn selig entschlafen sind und von dieser Welt wohl abgeschieden sind, da sie doch in Ägypten ohne Tempel und ohne das Gesetz Moses gewesen sind. Darum tut so etwas alles nichts zur Rechtfertigung vor Gott.
17. Da nun sich die Zeit der Verheißung nahte, die Gott Abraham geschworen hatte, wuchs das Volk und mehrte sich in Ägypten {2Mos 1v7},
Geschworen hatte: Dass nämlich Gott der Herr den Israeliten das Land Kanaan einräumen wollte.
18. bis dass ein anderer König aufkam, der nichts wusste von Joseph.
Nichts wusste: Die Wohltaten, die Josef mit seiner Weisheit dem Königreich Ägypten erwiesen hatte, waren vergessen, weil bereits viele Jahre dazwischen verflossen waren und ein anderer König regierte, der das Geschlecht des Josef nicht achtete. Denn die Änderungen der Regenten bringen oft auch große Änderungen in den Regimentern, sodass bisweilen solche Leute in Verachtung kommen, die sich um die vorigen Regenten wohl verdient gemacht haben.
19. Dieser trieb Hinterlist mit unserm Geschlechte und behandelte unsere Väter übel und schaffte, dass man die jungen Kindlein hinwerfen musste, dass sie nicht lebendig blieben {2Mos 1v22}.
Übel: So, dass dieser tyrannische König dem Volk Israel nicht nur nichts Gutes tat, sondern mit List und bösen Praktiken unser Geschlecht zu vertilgen wünschte. Darum hat er unsere Vorfahren mit harter und schwerer Dienstbarkeit belegt.
Hinwerfen musste: Es wurden etliche Israeliten gezwungen, dass sie ihre neugeborenen Kinder, wenn es Knaben waren, weggeben mussten, die man ins Wasser warf und ertränkte, wie die jungen Hunde. Denn der König Pharao hatte befohlen, dass man alles, was von den Israeliten männlich geboren wurde, ins Wasser werfen sollte, die Mädchen aber am Leben lassen konnte {2Mos 1}. Dass nun unter solcher Tyrannei das israelitische Volk dennoch erhalten worden ist und sich gemehrt hat, ist nicht Schuld des Gesetzes Moses oder des Tempels, von denen sie damals keines hatten. Wir lernen hieraus, dass die Tyrannen manchmal gräulich in der Kirche Gottes wüten, und dennoch die Kirche Gottes wunderbar erhalten wird.
20. Zu der Zeit ward Mose geboren und war ein feines Kind vor Gott und ward drei Monden ernährt in seines Vaters Hause {2Mos 2}.
Vor Gott: Dem er lieb und angenehm gewesen ist. Freilich nicht um des Tempels noch Gesetzes willen.
3 Monden: Nachdem seine Eltern ihn nicht länger verbergen konnten, hat die Mutter des Knaben ein Kästchen aus Rohr gemacht und es mit Ton und Pech verkleidet, den Knaben hineingelegt und danach in das Schilf am Ufer des Wassers gestellt {2Mos 2}.
21. Als er aber hingeworfen ward, nahm ihn die Tochter Pharaos auf und zog ihn auf zu einem Sohn.
Sohn: Dass aber Moses wunderbar erhalten worden ist, daran ist weder der Tempel noch das Gesetz Moses Schuld, sondern vielmehr der Glaube seiner Eltern. Denn durch den Glauben wurde Mose, als er geboren war, drei Monate von seinen Eltern verborgen, weil sie sahen, was er für ein schönes Kind war, und sie fürchteten sich nicht vor dem Gebot des Königs {Hebr 11}. Es werden deswegen diejenigen durch Gottes Güte und Vorsehung am Leben erhalten, die große Dinge verrichten sollen, von denen niemand hätte hoffen dürfen, dass sie aufkommen könnten. Und Gott bewirkt, dass bisweilen ihre eigenen Feinde diesen Gutes tun müssen.
22. Und Mose ward gelehrt in aller Weisheit der Ägypter und war mächtig in Werken und Worten.
Und Worten: Er war geschickt und wohl gelehrt und verrichtete auch glücklich und klug, was ihm anbefohlen war, so, dass er beim König in großer Gnade war und am Hof ein großes Ansehen hatte. Er hätte auch viel Geld und Güter bekommen und große Ehre erlangen können in Ägypten, wenn er von seinem Volk und der israelitischen Religion abgefallen wäre. Man darf deswegen wohl gute Künste und Weisheiten aus den Büchern der Heiden lernen und kann sie mit gutem Gewissen gebrauchen, wenn wir es nur nicht dahin kommen lassen, dass unser Glaube oder unser Lebenswandel dadurch verdorben wird.
23. Da er aber vierzig Jahre alt ward, gedachte er, zu besehen seine Brüder, die Kinder von Israel,
Gedachte er: Aus Anregung des Heiligen Geistes nahm er sich vor, dass er den Gottlosen Hof des Pharao verlasse, die weltliche Würde und Wollust verachtete und sich zu seinen Brüdern, den Israeliten begab und sich an sie halten wollte, die in großer Angst und Trübsal steckten. Denn durch den Glauben (sagt der Apostel zu den Hebräern) wollte Moses, als er groß war, nicht mehr ein Sohn der Tochter des Pharao sein und wählte viel lieber, mit dem Volk Gottes Ungemach zu erleiden, als die zeitliche Ergötzung der Sünden zu haben, und er achtete die Schmach Christi für einen größeren Reichtum, als die Schätze Ägyptens. Denn er sah die Belohnung an {Hebr 11}. Moses ist deswegen gerecht und Gott angenehm gewesen durch den Glauben, ohne Gesetz und ohne Tempel. Wir sollen auch viel lieber erwählen, mit Christus allerlei Widerwärtigkeiten in dieser Welt zu erleiden, als eine kurze Zeit mit Freude und Wollust in Sünde zu leben, daneben aber die ewige Seligkeit zu verlieren. Denn Gott wird die zeitliche Trübsal mit ewiger Freude und Herrlichkeit belohnen.
24. und sah einen unrecht leiden. Da half er und rächte den, dem Leid geschah, und erschlug den Ägypter.
25. Er meinte aber, seine Brüder sollten es vernehmen, dass Gott durch seine Hand ihnen Heil gäbe; aber sie vernahmen es nicht.
Heil gebe: Denn gleich, wie er aus Glauben den königlichen Hof des Pharao verlassen und sich seinen armen Brüdern, den Israeliten angeschlossen hat, so hat er auch aus Glauben und aus besondere Anregung des Heiligen Geistes den Ägypter erschlagen. Mit diesem Handeln hat er das Amt einer weltlichen Obrigkeit ausgeübt und gemeint, die Israeliten würden es merken, dass er einmal zukünftig ein Rächer und Retter des Volkes Gottes sein würde, aber sie haben das nicht gemerkt. Denn in etlichen Helden spürt man besondere Anzeichen, die etwas davon zu verstehen geben, was Gott durch sie ausrichten wird. Solche Heldentaten aber sind ohne einen besonderen Beruf nicht leicht nachzuahmen.
26. Und am andern Tage kam er zu ihnen, da sie sich miteinander haderten, und handelte mit ihnen, dass sie Frieden hätten, und sprach: Liebe Männer, ihr seid Brüder, warum tut einer dem andern Unrecht {2Mos 2v13}?
Handelt: Zum Vertrag, so viel an ihm war. Denn selig sind die Friedfertigen (die die gegnerischen Parteien zu versöhnen sich bemühen), die werden Gottes Kinder heißen {Mt 5}.
Unrecht: Ihr solltet euch vielmehr einander beistehen und gegen Fremde schützen.
27. Der aber seinem Nächsten Unrecht tat, stieß ihn von sich und sprach: Wer hat dich über uns gesetzt zum Obersten und Richter?
28. Willst du mich auch töten, wie du gestern den Ägypter getötet hast?
Getötet: Dies ist eine große Undankbarkeit an diesen Israeliten gewesen. Aber es ist nichts Seltsames, dass die Untertanen ihre Obrigkeit Gutes mit Bösem vergelten und sie mit Schmachworten angreifen. Doch deshalb soll die Obrigkeit nicht aufhören, ihr Amt zu verrichten.
29. Mose aber floh über dieser Rede und ward ein Fremdling im Lande Midian. Dort zeugte er zwei Söhne {Hebr 11v27}.
Rede: Als er vernahm, dass es bekannt geworden war, wie er einen Ägypter erschlagen hatte. Und so war die Flucht notwendig, weil der König in Ägypten ihn ergreifen und mit dem Tod bestrafen würde {2Mos 2}. Denn man soll die Gefahr nicht verachten, sondern dieser aus dem Weg gehen, soweit es mit gutem Gewissen geschehen kann.
Zwei Söhne: Mit der Tochter des Priesters in Madian, die er geheiratet hatte. Denn das Predigtamt und der Ehestand mögen einander wohl leiden.
30. Und über vierzig Jahre erschien ihm in der Wüste auf dem Berge Sinai der Engel des Herrn in einer Feuerflamme im Busch.
Und: Stephanus hält sich etwas lang in der Erzählung von den Taten und Geschichten Moses auf, alles aus dem Grund, damit er zu erkennen gibt, dass er nichts Ungebührliches gegen Moses bis hierhin gesagt hatte, sondern stets ehrlich war und viel von ihm gehalten hat.
Engel: Der Sohn Gottes wird in den Schriften etliche Male ein Engel genannt. Dieser ist dem Moses im Busch in feuriger Gestalt erschienen. Denn er hatte den Busch brennen sehen und er war doch nicht verzehrt worden {2Mos 3}. Denn die Gottheit Christi tilgt seine angenommene Menschheit nicht ab und verzehrt sie nicht, sondern macht sie scheinbarer und herrlicher.
31. Da es aber Mose sah, wunderte er sich des Gesichtes. Als er aber hinzu ging, zu schauen, geschah die Stimme des Herrn zu ihm:
Gesichtes: Von dem er spürte, dass es ein übernatürliches Werk wäre und etwas Besonderes bedeuten müsste.
32. Ich bin der Gott deiner Väter, der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Mose aber ward zitternd und durfte nicht anschauen.
Väter: Oder Vorfahren der heiligen Patriarchen, denen ich wohl gewogen gewesen war und es noch bin. Mit diesen Worten hat Christus die Auferstehung der Toten gegen die Sadduzäer bewiesen. Weil Gott nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen ist {Mt 12}.
Ward zitternd: Als er die Stimme Gottes hörte. Denn die menschliche Natur ist viel zu schwach dazu, als dass sie Gottes geoffenbarte Gegenwart ohne Zittern erdulden könnte.
Nicht anschauen: Noch näher hinzutreten, um die Sache besser anzuschauen.
33. Aber der Herr sprach zu ihm: Zieh die Schuhe aus von deinen Füßen; denn die Stätte, da du stehst, ist heiliges Land.
Heiliges Land: Weil ich mich dir an diesem Ort offenbare, so ist dieser Ort gleichsam geweiht zum heiligen Tempel Gottes. Darum befehle ich dir, mit bloßen Füßen hier zu stehen, und meine Rede zu hören. Diese und ähnliche Zeremonien waren besondere Befehle und gehen die Christen im Neuen Testament nichts an. Es wird aber dadurch zu verstehen gegeben, dass sie, wenn sie mit Gott reden wollen, was durch ein gottseliges Gebet geschieht, alle Unreinheit des Lebens das ist, das Laster ablegen sollen.
34. Ich habe wohl gesehen das Leiden meines Volks, das in Ägypten ist, und habe ihr Seufzen gehört und bin herabgekommen, sie zu erretten. Und nun komm her; ich will dich nach Ägypten senden.
Gehört: Denn obwohl Gott stets die Trübsal der Frommen sieht und ihr Seufzen hört, so stellt er sich doch eine Zeit lang, als sehe und höre er nicht, damit der gottseligen Glaube befestigt und das Gebet umso inbrünstiger wird.
Herabgekommen: Es wird von Gott gesagt, dass er herabkomme, obwohl er sonst Himmel und Erde erfüllt, wenn er sich seines Volkes augenscheinlich annimmt und beginnt, es zu schützen und zu verteidigen.
Senden: Dass du mein Volk aus dieser Knechtschaft frei wegführst. Denn welche nicht von Gott gesandt sind, das heißt, die keinen ordentlichen Beruf haben, egal ob mit Mitteln oder ohne sie, die richten nichts Rechtes aus und haben keinen glücklichen Ausgang. Dass aber Gott mit Moses so freundlich gesprochen hat, wie ein Freund mit dem anderen, daran, will Stephanus andeuten, sei weder das Gesetz Moses noch der Tempel ein Grund. Allein Gottes Güte, die Moses mit Glauben ergriffen hat.
35. Diesen Mose, welchen sie verleugneten und sprachen: Wer hat dich zum Obersten und Richter gesetzt?, den sandte Gott zu einem Obersten und Erlöser durch die Hand des Engels, der ihm erschien im Busch.
Sie verleugneten: Die Israeliten, die zwar unsere Vorfahren gewesen sind. Und Stephanus will mit diesen Worten Moses und Christus gegeneinanderstellen, als ob er sagte: Moses ist von den Israeliten verworfen worden und dennoch zum Fürsten und Erlöser des Volkes Gottes gemacht worden. Jesus von Nazareth habt ihr bis hierher auch nicht annehmen wollen, nichtsdestoweniger ist und bleibt er der rechte Fürst und Erlöser Israels oder seiner Kirche.
Erlöser: Seines Volkes, damit er dieses aus der schweren Knechtschaft erlöst. Gleich, wie aber Moses die Israeliten aus der leiblichen Dienstbarkeit gerettet hat, so hat Jesus von Nazareth alle Gläubigen von der geistlichen Dienstbarkeit befreit.
36. Dieser führte sie aus und tat Wunder und Zeichen in Ägypten, im Roten Meer und in der Wüste vierzig Jahre {2Mos 7v20 14v21}.
Dieser: Moses, den die Israeliten verachtet haben.
Roten Meer: Wodurch die Israeliten trockenen Fußes gingen.
Wüste: In der Moses die Israeliten mit Brot vom Himmel gespeist, Wasser aus dem Felsen geschlagen, Wachteln verschafft und andere Wunderwerke mehr, die er in der Wüste getan hat, weshalb er ein großes Ansehen gehabt hat und sehr berühmt gewesen ist. Aber Christus hat noch viel mehr und größere Wunderwerke getan. Darüber muss man sich umso mehr verwundern. Ja, es ist zum Erbarmen, dass ihr diesen euren Erlöser nicht erkennen wollt. Und was soll ich viel sagen. Haben unsere Vorfahren die Erlösung aus Ägypten von Gott durch Gesetz und Gottesdienst des Tempels zuwege gebracht oder aber nicht vielmehr einzig und allein aus lauter Gnade Gottes erlangt? Weil ich demnach auf Moses, als einen Propheten Gottes so viel halte, wie jeder andere, so wundere ich mich, dass ihr den Verleumdern Gehör gebt, die sagen, ich würde Lästerworte gegen Moses, gegen das Gesetz und gegen den Tempel sprechen. Es waren aber alle Wunderzeichen, die Moses getan hatte, Zeugnis seiner Lehre, die er den Israeliten im Namen Gottes vorlegte.
37. Dies ist Mose, der zu den Kindern von Israel gesagt hat: Einen Propheten wird euch der Herr, euer Gott, erwecken aus euren Brüdern gleichwie mich, den sollt ihr hören {5Mos 18v15}.
Ist Moses: Den ihr, als einen vortrefflichen Propheten zu Recht hoch achtet, und ich eben dasselbe auch tue.
Wie mich: Dass er ein Israelit sein wird und große Wunderwerke tun wird ebenso, wie ich, ja auch größere, als ich sie getan habe.
Höheren: Darum, indem ich Jesus von Nazareth höre, das heißt, dass ich ihn für den Messias erkenne und seine Lehre annehme, falle ich von Moses nicht ab, sondern folge vielmehr seinem Befehl, mit dem mich dieser Prophet, der uns vertröstet hat, anbefahl, nämlich, Jesus von Nazareth, einen Israeliten von Geschlecht, und der viele herrliche Wunderwerke unter euch getan hat. Man soll aber Christus so hören, dass wir alles glauben, was er gesagt hat, alles tun, was er befohlen hat und leiden, was er uns Widerwärtiges zu leiden auferlegt.
38. Dieser ist es, der in der Gemeinde in der Wüste mit dem Engel war, der mit ihm redete auf dem Berge Sinai und mit unsern Vätern; dieser empfing das lebendige Wort, uns zu geben;
Dieser ist es: Der vortrefflichen Mann Mose. Und Stephanus fährt noch weiter fort, Moses zu rühmen, damit er die falsche Vorstellung von sich schiebt, als ob er Moses gelästert oder geschmäht hätte.
Gemeinde: In der israelitischen Kirche Gottes.
Redet: Er hat mit dem Engel des Herrn, der zwar der Sohn Gottes war, sozusagen ein freundliches Gespräch geführt, der auch mit unseren Vätern geredet hat, als er mit heller Stimme vor dem ganzen israelitischen Volk die zehn Gebote ausgesprochen hat.
Lebendige Wort: Nämlich das Gesetz, das den Weg zum ewigen Leben zeigt, wenn jemand dieses vollkommen hält. Und er hat es empfangen auf steinernen Tafeln geschrieben, nicht dass er es im Geheimen für sich selbst behalten, sondern, dass er es unseren Vorfahren eröffnen sollte und dass es von ihnen auf die Nachkommen übertragen würde. Denn das Gesetz an sich selbst ist eine Lehre des ewigen Lebens und zeigt den rechten Weg zum Leben, wenn nur jemand darauf wandeln könnte. Zumal Moses von dem Gesetz sagt: Ich nehme Himmel und Erde heute vor euch zu Zeugen. Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, dass du das Leben erwählst und du und dein Same leben mögest {5Mos 30}. Weil aber niemand dem Gesetz Gottes vollkommen genugtut, so geschieht es auf zufällige Art, dass das Gebot, das zum Leben gegeben wurde, zum Tod gereicht und tötet. Daran ist doch das Gesetz nicht schuld, sondern unsere verdorbenen Natur. Indem aber Stephanus das Gesetz ein Wort des Lebens nennt, widerspricht er seinen Lästern offenbar, die gesagt hatten, dass er Lästerworte gegen das Gesetz ausgestoßen hätte. Und er stellt ihnen selbst zu urteilen anheim, wer gegen Moses und das Gesetz als ein Lästerer befunden werden sollte. Er oder die Juden, die zwar viel von Moses rühmen, aber seinen Geboten nicht gehorchen?
39. welchem nicht wollten gehorsam werden eure Väter, sondern stießen ihn von sich und wandten sich um mit ihren Herzen gen Ägypten
Gehorsam werden: In der Wüste, dass sie auf Moses nicht warten wollten, bis er wieder vom Berg herabkäme, noch sonst ihm folgen, wie er ihnen vorging. In diesem Handeln schlagt ihr ihnen nach.
Ihrem Herzen: Obwohl sie mit den Leibern in der Wüste blieben. Denn, so oft es ihnen nicht nach ihrem Willen ging, so wollten sie sofort wieder nach Ägypten umkehren. Und Gott rechnet den Sinn und das Vorhaben wie eine Tat.
40. und sprachen zu Aaron: Mache uns Götter, die vor uns hingehen; denn wir wissen nicht, was diesem Mose, der uns aus dem Lande Ägypten geführt hat, widerfahren ist {2Mos 32v1}.
Sprachen: Als er etwas zu lange fort war und bei Gott, dem Herrn, auf dem Berg verblieben war, da haben sie ihn gleich verworfen und nach einem anderen getrachtet.
Widerfahren: Ob er noch am Leben oder bereits tot ist. Darum müssen wir einen neuen Heerführer und einen neuen Gott haben, dessen Bildnisse wir immer vor Augen sehen und worauf wir unsere Hoffnung bauen können für den glücklichen Fortgang unserer Sachen.
41. Und machten ein Kalb zu der Zeit und opferten dem Götzen Opfer und freuten sich der Werke ihrer Hände.
Freuten sich: Sodass sie ein Fest zu besonderen Einweihung mit großer Freude abhielten, als ob sie ihre Sache nun wohl ausgerichtet hätten. Nun sagt mir, ihr Väter dieses Konzils in Jerusalem, sind diese, eure Vorfahren durch das Gesetz Moses gerecht geworden, das sie so schändlich übertreten haben, da sie es kaum empfangen hatten, oder haben sie solche, ihre Sünden, im Tempel gebüßt? Aber der Tempel war damals noch nicht gebaut. Die Gottlosen aber stehen von ihren Sünden selbst nicht ab, sondern frohlocken noch darüber, als hätten sie eine herrliche Tat begangen, bis sie von Gott zur Buße gerufen werden.
42. Aber Gott wandte sich und gab sie dahin, dass sie dienten des Himmels Heer; wie denn geschrieben steht in dem Buch des Propheten: Habt ihr vom Hause Israel die vierzig Jahre in der Wüste mir auch je Opfer und Vieh geopfert?
Wandte sich: Von unseren Vorfahren, dass er über ihre Bosheit zürnte und sich von ihnen abwandte, auch seine Hand ganz von ihnen abzog und sie in einen verkehrten Sinn gab, weil sie nicht nur einmal, sondern öfter, dazu auf mancherlei Weise sich mit Abgötterei befleckten.
Himmels Heer: Dem Gestirn, der Sonne, den Mond, den Sternen und anderen Kreaturen. Denn Gott straft bisweilen nach seinem gerechten Urteil Sünden mit Sünde, dass sie die göttliche Führung verlieren und von einem Laster sich in ein anderes, noch gröberes stürzen.
Propheten: Amos, Kapitel 5. Da er den Israeliten ihre Abgötterei, die sie stets und immerdar getrieben hatten, vorwirft und aufzeigt.
Geopfert: Und ihr habt sogar meine rechten Gottesdienste mit eurer heimlichen Abgötterei verunreinigt, die ihr von den gottlosen Heiden gelernt und im Geheimen betrieben habt.
43. Und ihr nahmt die Hütte Molochs an und das Gestirn eures Gottes Remphan, die Bilder, die ihr gemacht hattet, sie anzubeten; und ich will euch wegwerfen jenseits Babyloniens.
Moloch: Der der Abgott der Ammoniter war.
Remphan: Der im hebräischen Text des Propheten Amos Chiun genannt wird, was nach der Meinung von vielen Menschen so viel heißen soll, wie ein Stern, den die abgöttischen Israeliten verehrt haben.
Babylonien: Beim Propheten Amos wird Damaskus genannt. Aber der Evangelist Lukas hat aus der griechischen Übersetzung vielmehr auf den Sinn, als auf das genaue Wort gesehen. Und Stephanus will mit diesem Vorbringen die Väter des Konzils erinnern, dass da jemand von ihren abgöttischen Vorfahren bekehrt und selig geworden ist, der hat dies keineswegs durch das Gesetz Moses, das allen Übertretern dem ewigen Fluch androht, erlangt, sondern aus lauter göttlichem Erbarmen und aus Gnade, durch den Glauben an den verheißenen Messias. Darum verlästert er das Gesetz nicht, sondern es haben vielmehr ihre Vorfahren getan, die das heilige Gesetz Gottes so oft mit Füßen getreten haben. Man hat aber hier in acht zu nehmen, dass auch an den Orten, an denen das reine Predigtamt öffentlich ausgeübt wird, dennoch die Abgötterei und Ketzerei heimlich herumschleichen. Und wenn solche Laster überhandnehmen, so sind die Ursachen davon, dass ganze Länder verheert und verwüstet werden.
44. Es hatten unsere Väter die Hütte des Zeugnisses in der Wüste, wie er ihnen das verordnet hatte, da er zu Moses redete, dass er sie machen sollte nach dem Vorbilde, das er gesehen hatte {2Mos 25v40 Hebr 8v5}.
Vorbild: Das bedeutet: Moses hat zwar in der Wüste die heilige Hütte aufgerichtet, zu der das Volk kommen musste, wenn es Gottesdienst halten und die Opfer verrichten wollte. Und Moses ist eine himmlische Hütte auf dem Berg gezeigt worden, nach deren Form und Gestalt die Hütte des Zeugnisses in der Wüste erbaut werden sollte. Aber beide Hütten bedeuten, dass noch ein anderer Tempel oder eine andere Hütte vorhanden ist, worin die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnen würde, nämlich die Menschheit Christi, die Christus selbst einen Tempel nennt, als er sagt: Brecht diesen Tempel ab und in drei Tagen will ich ihn aufrichten. Er spricht aber von dem Tempel seines Leibes {Joh 2}. Und wer mit Glauben bei diesem Tempel Zuflucht sucht, der wird gerechtfertigt, das heißt: Er erlangt Vergebung der Sünden und das ewige Leben.
45. welche unsere Väter auch annahmen und brachten sie mit Josua in das Land, das die Heiden innehatten, welche Gott ausstieß vor dem Angesichte unserer Väter bis zur Zeit Davids.
Ausstieß: Denn als sie ins Land Kanaan kamen, nahmen sie dieses ein und vernichteten die Heiden mit Gottes Hilfe und Beistand.
David: Denn so lange haben die Israeliten die Hütte als Zeugnis anstelle des Tempels gebraucht.
46. Der fand Gnade bei Gott und bat, dass er eine Hütte finden möchte dem Gott Jakobs {2Sam 7v3 Ps 32v3}.
Finden möchte: Das heißt: Er wollte dem Gott unserer Väter ein herrliches Haus bauen, was ihm doch Gott aus besonderen Gründen nicht gestatten wollte.
47. Salomo aber baute ihm ein Haus {1Kön 6v1}.
Ein Haus: Wofür sein Vater David einen stattlichen Beitrag geleistet hatte an Gold, Silber, Erz und Eisen. Darum bekenne ich gern (will Stephanus sagen), dass der Tempel Salomons auf Befehl Gottes erbaut worden ist, wie auch der, den wir jetzt haben auf Anregung und Antrieb der Propheten Gottes Haggai und Zacharia nach der Babylonischen Gefangenschaft. Denn man soll besondere Orte erwählen, an denen die Kirche zusammenkommt, um Gottes Wort zu hören, die Sakramente zu gebrauchen und Gott gemeinsam anzurufen und zu preisen.
48. Aber der Allerhöchste wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind, wie der Prophet spricht {Apg 17v24}:
Allerhöchste: Nämlich der allmächtige, ewige Gott, der über alles herrscht und regiert.
Prophet: Darum bin ich nicht der Erste (will Stephanus sagen), der so etwas sagt, sondern es hat der Prophet Jesaja im Kapitel 66 vor 700 Jahren genau dasselbe auch gelehrt, und dennoch haben fromme und verständige Menschen darum nicht gleich geurteilt, er habe gegen den Tempel Gottes Schmach und Lästerworte geredet.
49. Der Himmel ist mein Stuhl und die Erde meiner Füße Schemel; was wollt ihr mir denn für ein Haus bauen, spricht der Herr, oder welches ist die Stätte meiner Ruhe?
Haus bauen: Das mich und meine Majestät fassen könnte.
Meiner Ruhe: Darin müsste ich also ruhen, so, wie die Menschen einen Ort zur Wohnung, in der sie ruhen können, brauchen.
50. Hat nicht meine Hand das alles gemacht?
Das alles: Himmel und Erde und alle Kreaturen, die darin sind. Welche Sachen sollte ich denn brauchen? Wenn ich einen Tempel haben müsste, so könnte ich in einem Augenblick den herrlichsten und köstlichsten erschaffen, besonders, da ich die ganze Welt aus dem Nichts erschaffen habe. Meint ihr denn, ich sei an euren Tempel so sehr verbunden und angeheftet, dass ich bei euch wohnen müsste, auch wenn ihr gottlos und nicht bußfertig seid? So wie nun Gott an den Tempel in Jerusalem nicht in der Form gebunden gewesen ist, dass er ihn nicht hätte zerstören lassen dürfen, obwohl die Juden all ihr Vertrauen darauf gesetzt und geschrien haben, hier ist des Herrn Tempel, so ist noch viel weniger der Heilige Geist an die römische Kirche und deren Päpste gebunden, sondern er hat sie verlassen um ihre Bosheit willen, da sie uns in einem verkehrten Sinn gegeben.
51. Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herzen und Ohren, ihr widerstrebt immer dem Heiligen Geist, wie eure Väter, also auch ihr!
Und Ohren: Ihr seid allerdings verstockt und lasst euch durch keine gutherzige Erinnerung bewegen oder erweichen, dass ihr dem Wort Gottes gehorsam wärt. Darum, obwohl ihr äußerlich am Leib beschnitten seid, so habt ihr jedoch unbeschnittene Herzen, die durch den Heiligen Geist nicht erneuert sind und habt dicke, verstopfte Ohren, dass ihr die himmlische Wahrheit nicht hören könnt.
Heiligen Geist: Der durch die Diener Gottes zu euch spricht.
Eure Väter: Darum habt ihr die verstockte Bosheit von euren Eltern empfangen und geerbt. Denn gleich, wie eure Vorfahren all ihr Vertrauen aus einem närrischen und Gottlosen Wahn auf den äußerlichen Tempel gesetzt haben, und unterdessen den rechten, geistlichen Gottesdienst außer Acht gelassen und auch die Warnungen der Propheten, die sie zu wahrer Gottseligkeit und Buße ermahnten, in den Wind schlugen und sie noch dazu verfolgten, so messt auch ihr all euer Glück und eure Wohlfahrt dem äußerlichen Tempel zu. Den rechten und heiligsten Tempel Gottes aber, Jesus Christus, verwerft ihr und tretet ihn mit Füßen, so viel ihr könnt und wollt auch dem Wort des Evangeliums nicht glauben. Auch wenn wir uns nun nicht genug davor hüten können, dass wir nicht sündigen, so sollen wir uns doch mit allem Fleiß vorsehen, dass wir nicht halsstarrig sind und uns mit keiner Warnung zu Buße bewegen lassen wollen. Denn die Sünder werden nicht vornehmlich darum verdammt, weil sie gesündigt haben, zumal alle Menschen verdammt werden müssten, sondern weil sie keine Buße tun wollen. Die aber Buße tun, die werden in Gnaden aufgenommen {Hes 33}. Die Unbußfertigen aber häufen sich selbst den Zorn am Tag des Zorns auf nach der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes, der einem jeden nach seinen Werken geben wird {Röm 2}. Man hat auch hier zu beachten, dass die, die dem Heiligen Geist widerstreben sich dem reinen Predigtamt des göttlichen Wortes widersetzen. Doch ist es etwas anderes, dem Heiligen Geist widerstreben und im Heiligen Geist sündigen. Von dieser Sünde wird in den Erklärungen des Evangelisten Matthäus im Kapitel 12 ausführlich berichtet.
52. Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt und, sie getötet, die da zuvor verkündigten die Zukunft dieses Gerechten, dessen Verräter und Mörder ihr nun geworden seid?
Getötet: Die heiligen Männer Gottes, die keinen eure Vorfahren verschont haben, sondern sie sind unbarmherzig mit ihnen umgegangen.
Gerechten: Jesus Christus, des Sohnes Gottes, der keine Sünde getan hat, und in dessen Mund kein Betrug gefunden werden konnte.
Geworden seid: Denn ihr habt ihn vor Pilatus um Leib und Leben angeklagt, auch nicht abgelassen, bis ihr ihn ans Kreuz gebracht habt.
53. Ihr habt das Gesetz empfangen durch der Engel Geschäfte und habt es nicht gehalten.
Gesetz: Moses, welches Gott, der Herr, euren Vorfahren durch die Engel vollkommen hat verkündigen lassen.
Nicht gehalten: Ihr haltet es auch noch nicht daneben, aber beschuldigt ihr andere, die auf die Weissagung in der Propheten achten und ihnen Glauben Schenken der Gotteslästerung, da jedoch ihr selbst vielmehr als Gotteslästerer nicht nur anzuklagen, sondern auch zu verdammen wärt. Die Verfolgungen der Propheten, die sie erlitten haben, erinnern die Kirchendiener, dass sie sich darauf gefasst machen sollen, allerlei Trübsalen auszustehen. Der vornehmste Zweck der Propheten jedoch ist gewesen, dass sie von dem zukünftigen Christus gelehrt haben. Darum sollen wir Christus in den Weissagungen der Propheten suchen. Auch vernimmt man hier, dass die Heuchler, die andere der Übertretung des Gesetzes Gottes frevelhaft beschuldigen, dasselbe am allerwenigsten halten. Und die scharfe Strafpredigt des Stephanus erinnert uns, dass die ernsthaften und heftigen Ermahnungen der Kirchendiener über die Sünden der Zuhörer, wenn sie danach beschaffen sind, keine Lästerung, sondern Amtsvorrichtungen sind.
54. Da sie solches hörten, ging es ihnen durchs Herz, und bissen die Zähne zusammen über ihn.
Da: Es folgt jetzt, was Stephanus mit seiner Beantwortung und gottseligen Erinnerung im Konzil in Jerusalem ausgerichtet hat.
Durchs Herz: Die Rede des Stephanus hat in ihnen so zugeschlagen, als wenn einer ein Messer in ihnen umgewendet hätte.
Zusammen: Vor Zorn und unsinniger Wut, dass sie sich an ihm rächen wollten. Denn die Gottlosen werden durch die freien Bekenntnisse der himmlischen Wahrheit dermaßen entrüstet, dass sie darüber unsinnig werden.
55. Als er aber voll Heiligen Geistes war, sah er auf gen Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus stehen zur Rechten Gottes
Voll Heiligen Geistes: Sodass er nicht nur mit herrlichen Gaben des Heiligen Geistes geziert war, sondern auch göttlicher Eifer in ihm brannte.
Herrlichkeit Gottes: Nämlich, die göttliche Majestät, so viel er damals davon fassen konnte. Denn weil Stephanus aus dem Ansehen und in Gebärden der Väter das Konzil leicht annehmen konnte, dass er würde sterben müssen, so hat ihn Gott einen himmlischen Trost vorgestellt, wodurch er gestärkt worden ist, dass er bis ans Ende standhaft in den Bekenntnissen und dem Glauben an Christus verharrte.
Rechten Gottes: Er hat Jesus in himmlischer Herrlichkeit gesehen und ihn erkannt, wie er mit einer unendlichen Gewalt im Himmel und auf Erden regiert, denn das heißt zur Rechten Gottes stehen oder sitzen. Zumal die rechte Hand Gottes kein Ort ist, weil von Gott dem Vater, wie gesagt wird, dass Christus zu seiner Rechten steht oder sitzt, nicht rechts oder links, nichts Arm oder Hand ist, sondern die Rechte Gottes ist die unendliche Gewalt und Majestät Gottes, die Christus, dem Menschen mitgeteilt worden ist. Denn der 44. Psalm sagt von der Rechten Gottes: Sie (die Israeliten) haben das Land nicht durch ihr Schwert eingenommen und ihr Arm hatte ihnen nicht geholfen, sondern deine Rechte, dein Arm und das Licht deines Angesichts. Darum können die Zwinglianer mit ihrem närrischen Witz wohl zu Hause bleiben, dass sie Christus über alle Sterne im höchsten Himmel setzen, sodass er von dort vor dem Jüngsten Tag nicht wiederum herabkommen könne auf Erden. Denn wenn Christus damals im höchsten Himmel gesessen wäre, wie hätte ihn dann Stephanus sehen können, weil doch sicher ist, dass Christus nicht die Größe eines Wesens, sondern eine normale, mittelmäßige Länge gehabt hat, in die er auch nach seiner Auferstehung gesehen worden ist. Nun ist die Sonne, wie die Sternkundigen ausreichend belegen können um ein Vielfaches größer als der ganze Erdboden und es erscheint uns doch, wegen der Höhe und der Ferne, dass sie kaum einen Schuh breit sind, wodurch die Sonne nicht im höchsten Himmel, sondern vielleicht in der Mitte steht. So ist es ein ungereimtes Ding, das Stephanus mit seinem Gesicht bis in den obersten Himmel hätte reichen können, und er dort Christi Leib in seiner rechten Größe sehen und erkennen konnte. Und dass Christus nicht aus dem Himmel auf die Erde sollte herabkommen können, aber dennoch unterdessen den Himmel nicht verließ, da ihm doch, da er zur Rechten des Vaters steht oder sitzt, nichts unmöglich ist.
56. und sprach: Siehe, ich sehe den Himmel offen und des Menschen Sohn zur Rechten Gottes stehen.
Sprach: Dass er seinen und den Feinden des Evangeliums Trotz bot.
Stehen: Darum, auch wenn ihr mich tötet, so könnt ihr mir doch nichts schaden. Denn mein Heiland, der mit unendlicher Macht im Himmel und auf Erden regiert, wird mich mitten im Tod zum ewigen Leben erhalten. Auch wenn wir mit leiblichen Augen Christus nicht sehen zur Rechten Gottes sitzen oder stehen, so sollen wir doch mit den Augen des Glaubens Christus anschauen, wie er regiert und triumphiert und ihm vertrauen, dass er uns durch die zeitliche Trübsal zur ewigen Seligkeit führen wird.
57. Sie schrien aber laut und hielten ihre Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn ein,
Laut: Als ob sie eine gräuliche Gotteslästerung gehört hätten. Denn sie vernahmen, dass er mit dem Sitzen zur Rechten Gottes, Christus eine unendliche Gewalt und göttliche Majestät zumaß.
Ohren zu: Damit sie solche, ihrer Meinung nach ausgestoßenen gotteslästerlich Reden des Stephanus nicht hören konnten.
58. Stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Und die Zeugen legten ab ihre Kleider zu den Füßen eines Jünglings, der hieß Saulus.
Steinigten ihn: Was nicht allein eine gottlose, sondern auch eine aufrührerische Tat war. Denn sie hatten Stephanus nicht vor den römischen Landpfleger angeklagt, noch sein Urteil abgewartet, obwohl sie doch wussten, dass sie niemanden töten durften. Aber der Satan treibt die Heuchler dahin, dass sie sich auch nicht scheuen, gegen die weltlichen Gesetze zu handeln, nur damit sie ihr grausames Mütchen kühlen können. Und Gott lässt es zuweilen geschehen, dass etliche um der reinen Religion willen getötet werden, aber dennoch wird die Kirche darum nicht vertilgt. Die aber ihr Leben um des Bekenntnisses der reinen Lehre verlieren, die werden es danach ewig besitzen. Genauso wie die, die in solchem Fall mit Verleugnung des Evangeliums ihr Leben erhalten wollen, dieses in Ewigkeit verlieren.
Zeugen: Die die Falschaussage gemacht hatten, sie hätten Stephanus Lästerworte reden hören.
Kleider: Die Oberkleider oder Mäntel, damit sie sich besser bewegen und Stephanus tapfer mit Steinen bewerfen konnten. Denn das Gesetz Gottes befiehlt, dass die Zeugen zuerst mit Steinen auf die Übeltäter werfen sollen, wenn sie zum Tod verurteilt worden sind, um anzuzeigen, dass sie ebenso gut und noch mehr als die Obrigkeit einen solchen Menschen umbringen, der um seiner Misshandlung willen mit dem Tod bestraft wird. Diesen Brauch hielten die Juden mit der Steinigung des Stephanus auch, achteten aber daneben die Gebote Gottes wenig, der verbietet, dass man nicht gegen Gott falsches Zeugnis reden darf. Denn die Heuchler sind in geringen Sachen sehr ängstlich und sorgfältig, aber über die großen und wichtigen Dinge machen sie sich kein Gewissen. Und man wird wohl auch einen Heuchler finden, der eher einen unschuldigen Menschen umbringt, oder einen Ehebruch begeht, als dass er am Freitag Fleisch ist.
Saulus: Der später Paulus genannt wird und aus einem Verfolger ein vortrefflicher Apostel wurde. Indem er aber die Kleider der Menschen, die Stephanus gesteinigt haben, gehütet und in Verwahrung gehalten hat, hat er damit auch in den schrecklichen Mord an dem heiligen und unschuldigen Stephanus eingewilligt. Und der Täter und der, der in die Tat einwilligt, sind der gleichen Strafe würdig.
59. Und steinigten Stephanus, der anrief und sprach: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!
Geist auf: Ich befehle dir meine Seele. Führe du sie ins Paradies. Wir sollen auch unserem Heiland Jesus Christus unsere Seele befehlen. Denn, der sie mit seinem Blut erlöst hat, der wird sie auch zum ewigen Leben erhalten.
60. Er kniete aber nieder und schrie laut: Herr, behalt ihnen diese Sünde nicht! Und als er das gesagt, entschlief er.
Sünde nicht: Rechne ihnen diese große Missetat nicht zu, dass sie mich unschuldigen Menschen, deinen Bekenner, umbringen. Denn wir sollen für unsere Feinde bitten {Mt 5}.
Entschlief er: Dass er sanft entschlafen ist. Denn der Tod der Frommen ist nur ein Schlaf, auch wenn er vor der Welt ein noch so grässliches Ansehen hat. Von diesem Schlaf werden ihre Leiber wiederum zur ewigen Freude erweckt werden.
Das 8. Kapitel
- Die Kirche Gottes wird verfolgt.
- Die Gottseligen beklagen Stephanus.
- Saulus zerstört die Kirche.
- In Samaria wird die Kirche durch Philippus fortgepflanzt und von Johannes und Petrus gestärkt durch die Auflegung der Hände und die Schenkung des Heiligen Geistes.
- Danach wird von dem Zauberer Simon erzählt. 6. Und von der Bekehrung des Kämmerers aus dem Mohrenlande.
1. Saulus aber hatte Wohlgefallen an seinem Tode. Es erhob sich aber zu der Zeit eine große Verfolgung über die Gemeinde zu Jerusalem; und sie zerstreuten sich alle in die Länder Judäa und Samarien ohne die Apostel.
Saulus: Der Jüngling, von dem zu Ende des vorigen Kapitels berichtet worden ist und der später Paulus genannt wurde.
Seinem Tod: Nämlich des Stephanus, dessen Steinigung er mit Lust anschaute. Darum hatte er sich einer schrecklichen Sünde mit teilhaftig gemacht. Dennoch ist er danach zu Christus bekehrt worden. Deswegen soll man an keinem Sünder verzagen, auch nicht an den grausamsten Verfolgern, wenn sie aus Unwissenheit das Evangelium Christi lästern und verfolgen.
Es: Jetzt wird angezeigt, was nach dem Tod des Stephanus Böses und Gutes erfolgt ist.
Verfolgung: Gott schickt aber bisweilen eine Verfolgung unter die Christen, damit bekannt werde, welche die sind, die das Evangelium mit Ernst und Recht im Eifer annehmen. Darum sollen wir uns auf Verfolgungen gefasst machen und diese mit Geduld überstehen. Gibt Gott aber der Kirche Frieden und Ruhe, so sollen wir solche zur Freiheit des Fleisches nicht missbrauchen.
Apostel: Die zu Jerusalem blieben, damit sie dort dem Herrn Christus seine Kirche bauten und sie mit dem Wort des Evangeliums fruchtbar machten. Die anderen Christen haben sich größten Teil hinaus ins Elend begeben, damit sie in Jerusalem nicht jämmerlich hingerichtet wurden. Und es ist kein schlechtes Wunderwerk gewesen, dass die Hohepriester nicht zuerst nach den Aposteln gegriffen haben. Aber Gott wollte anzeigen, dass auch die grausamsten Feinde gegen keinen Frommen wüten können, wenn es ihnen von Gott verhängt wird.
2. Es bestatteten aber Stephanus gottesfürchtige Männer und hielten eine große Klage über ihn.
Große Klage: Dass sie den heiligen Mann und Märtyrer Christi mit vielen Tränen und ehrlich begruben und beklagten, dass die Kirche Christi eines solch trefflichen Mannes so schnell beraubt worden ist. Sie zeigten auch ihre Liebe mit Weinen über den frommen Mann, dass sie ihn nicht so bald vergessen konnten. Denn sie schämten sich seiner gar nicht, obwohl er eines schändlichen Todes hingerichtet worden war. Denn der Tod der Heiligen und unschuldigen Menschen ist wert geachtet vor den Augen Gottes, wenn sie auch unter den Händen des Henkers sterben müssen. Man soll aber die Frommen ehrlich begraben und damit bezeugen, dass wir an eine Auferstehung der Toten zur ewigen Unsterblichkeit glauben.
3. Saulus aber zerstörte die Gemeinde, ging hin und her in die Häuser und zog hervor Männer und Weiber und überantwortete sie ins Gefängnis.
Gemeinde: Der Christen, so viel er konnte, dass er sie ganz ausrotten wollte.
Ins Gefängnis: Mit dem Gedanken, dass sie entweder den christlichen Glauben verleugnen sollten, oder aber mit dem Tod gestraft würden. Paulus ist also vor seiner Bekehrung wie ein grausames, wildes Tier gewesen, dass unter der Herde Christi gräulich gewütet hat, und er ist dennoch zu Gott dem Herrn bekehrt worden, dass er aus einem Wolf ein getreuer Hirte geworden ist. Darum kann es wohl geschehen, dass die Verfolger den Schaden, den sie im Weinberg des Herrn getan haben, einmal mit treuer Arbeit und Erbauung wieder hereinbringen.
4. Die nun zerstreut waren, gingen um und predigten das Wort.
Zerstreut waren: Sie hatten sich wegen der Verfolgung in Jerusalem in den Ländern Judäa und Samaria verteilt.
Das Wort: Nämlich das Evangelium von Christus. Und so wurde das Evangelium Christi weiter und mit größerem Nutzen ausgebreitet, als wenn die frommen Leute in Jerusalem geblieben wären. Denn wenn der Satan eine Verfolgung erregt, damit er das Wort Gottes unterdrückt, so benutzt Gott nach seiner unermesslichen Weisheit, Güte und Gewalt solch ein Vorhaben des Teufels zur Erweiterung und Ausbreitung des Reiches Christi. Denn es hat niemals eine Verfolgung die Kirche Gottes ausgerottet.
5. Philippus aber kam hinab in eine Stadt in Samarien und predigte ihnen von Christus.
Von Christus: Dem Heiland der Welt. Denn das ist der vornehmste Zweck des evangelischen Predigtamtes, dass wir unseren Zuhörern Christus, den Heiland, zu erkennen vorstellen. Die Samariter hatten aber eine vermischte Religion, die aus der jüdischen und heidnischen zusammengefügt war, wie es im anderen Buch der Könige im Kapitel 17 zu sehen ist. Darum waren sie auch den Juden Feind und die Juden wiederum hielten sie für ein Gräuel und Scheusal {Joh 4}. Dennoch ist ihnen das Evangelium Christi gepredigt worden, damit die Weissagung des Propheten Jeremias erfüllt würde, der hiervon so geweissagt hat im Kapitel 31: Ich will dich wiederum bauen, dass du gebaut heißen sollst, du Jungfrau Israel, du sollst noch fröhlich pauken und herausgehen an den Tanz. Du sollst wiederum Weinberge pflanzen an den Bergen Samaria, und man wird beim Pflanzen dazu pfeifen. Denn es wird die Zeit noch kommen, dass die Hüter am Gebirge Ephraim rufen werden: Wohl auf, lasst uns hinaufgehen nach Zion, zu dem Herrn unserem Gott. Denn in der Fortpflanzung des Evangeliums sieht Gott nicht den Verdienst der Menschen an, sondern seine Verheißung, die erfüllt werden muss und sollte die Welt darüber in Trümmer gehen.
6. Das Volk aber hörte einmütig und fleißig zu, was Philippus sagte, und sahen die Zeichen, die er tat.
Sagte: Dass er ihnen das Evangelium von Christus predigte. Diese Samariter, die der Predigt des Evangeliums mit Fleiß und Freude zugehört hatten, werden am Jüngsten Tag diejenigen verdammen, die, obwohl sie das Wort Gottes rein und reichlich haben, nicht darauf achten, es zu hören, noch zu lernen begehren, wie sie die Seligkeit erlangen könnten.
Zeichen: Es ist aber die Lehre des Evangeliums durch die Wunderwerke Christi und der Apostel ausreichend bestätigt worden, sodass heutzutage keine neuen Wunderwerke mehr nötig sind.
7. Denn die unsauberen Geister fuhren aus vielen Besessenen mit großem Geschrei; auch viel Gichtbrüchige und Lahme wurden gesund gemacht.
8. Und ward eine große Freude in dieser Stadt.
Große Freude: Nicht allein darüber, dass die Kranken gesund wurden, sondern auch und vielmehr über das Evangelium Christi. Denn wo das Evangelium mit Glauben angenommen wird, da bringt es eine rechte beständige Freude des Gewissens. Und wenn wir durch den Glauben gerechtfertigt sind, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus {Röm 5}.
9. Es war aber ein Mann mit Namen Simon, der zuvor in dieser Stadt Zauberei trieb und bezauberte das samaritische Volk und gab vor, er wäre etwas Großes.
Es: Folgt nun eine wunderbare Geschichte von Simon, einem Zauberer, der sich dem Anschein nach zu Christus bekehrte, seine Heuchelei aber bald danach an den Tag gebracht hat.
Zauberei trieb: Als er aber Philippus von Christus predigen hörte, hat er sich gestellt, als nähme er die christliche Religion auch an, wie später folgen wird. Es sind aber die Zauberer oder Schwarzkünstler solche Gottlosen und verruchten Leute, die mit dem Teufel einen Bund gemacht haben und mit seiner Hilfe den Leuten die Augen blenden und sie betören und wo sie können, ihnen Schaden zufügen. Darum soll sie die Obrigkeit nicht dulden und keiner kann ihrer Hilfe brauchen. Es sei denn, er wollte Gott schwer erzürnen und an seiner Seele Schaden leiden.
Etwas Großes: Er wäre ein besonders vortrefflicher Mann, der dem menschlichen Geschlecht von Gott gegeben wurde. Und er hat ohne Zweifel die Leute in der heidnischen Abgötterei gestärkt. Es suchen aber die falschen Lehrer nicht Christus, sondern ihre eigene Ehre und wollen hoch angesehen sein; zudem stecken sie voll Geiz. Die Sucht nach Ehre aber und der Geiz des Geldes sind an einem Kirchendiener sehr schädliche Mängel, wodurch die Kirchen oft zugrunde gerichtet werden. Und wenn Gott nach dem Verdienst der Menschen mit uns handeln würde, so wären wir alle wert, dass wir von der Blendung des Satans betrogen würden, weil die Menschen nach ihrer verdorbenen Natur ständig mehr Lust zur Lüge als zu himmlischen Wahrheit haben.
10. Und sie sahen alle auf ihn, beide, klein und groß, und sprachen: Der ist die Kraft Gottes, die da groß ist!
Auf ihn: Den Zauberer, dass sie sich über ihn wunderten, viel von ihm hielten und ihn priesen.
Groß ist: Durch diesen Menschen (der tatsächlich ein schlechter Mensch und nicht ein halber Gott ist) erzeigt Gott seine wunderbare Kraft und Allmacht, die Krankheiten zu heilen und andere wunderbare Werke zu verrichten. Solche Buben finden sich auch heutzutage, die sich rühmen, dass sie mit ihren Künsten, Beschwörungen und dergleichen ungebührlichen Sachen viele und große Krankheiten vertreiben können. In der Regel treten diese Schäden jedoch bald danach wieder auf und werden viel gefährlicher, als sie zuvor gewesen sind. So machen auch die Teufel dem Anschein nach durch solche Zauberer gesund, wenn sie aufhören, zu beschädigen oder zu plagen. Darum soll man sich vor solchen Leuten hüten.
11. Sie sahen aber darum auf ihn, dass er sie lange Zeit mit seiner Zauberei bezaubert hatte.
12. Da sie aber den Predigten des Philippus glaubten von dem Reich Gottes und von dem Namen Jesus Christus, ließen sich taufen beide, Männer und Weiber.
Namen: Das heißt: von dem Amt unseres Heilands, Jesus Christus, wie auch von seiner Person.
Taufen: Im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit. Denn Gott vertreibt durch das Predigtamt des Evangeliums die vorige Finsternis, er öffnet die Augen des Herzens und erleuchtet die Blinden. Und der Gebrauch der Sakramente dient zur Stärkung des Glaubens, darum sollen sie keineswegs unterlassen werden.
13. Da ward auch der Simon gläubig und ließ sich taufen und hielt sich zu Philippus. Und als er sah die Zeichen und Taten, die da geschahen, verwunderte er sich.
Gläubig: In der Form, dass er sich äußerlich so stellte, als würde er die christliche Religion annehmen, wo doch sein Herz noch voller Heuchelei steckte.
Zu Philippus: Doch vielmehr der Ursache wegen, dass er die Wunderzeichen sah, als dass er die Religion und christliche Lehre mit Ernst meinte. Denn es finden sich in der Kirche Gottes viele Heuchler, wie es die Gleichnisse Christi bezeugen vom Fischnetz, indem böse und gute Fische gefangen werden {Mt 13}. Aber solche Heuchler werden mit der Zeit erkannt und bestehen mit Schande, wie es diesem Zauberer, Simon, auch geschehen ist.
Er sich: Weil er bemerkte, dass seine Blendungen durch Zauberei nur lauter Kinderwerk wären, wenn man sie gegen die Wunderwerke des Apostels Philippus stellte. Darum trachtete er danach, wie er es zustande bringen konnte, dass er auch Wunderwerke tun könnte und so sein voriges Ansehen nicht nur behielt, sondern auch größer und herrlicher machen würde.
14. Da aber die Apostel hörten zu Jerusalem, das Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, sandten sie zu ihnen Petrus und Johannes.
Angenommen: Und Christus dort eine Kirche gepflanzt worden war.
Und Johannes: Dass sie die Gläubigen in der christlichen Religion stärkten. Wenn nun Petrus der oberste Apostel gewesen wäre, wie es die Romanisten wollen, so würden ihn die anderen Apostel freilich nicht geschickt haben, sondern er wäre entweder für sich selbst da hingezogen oder er hätte einen Gesandten (a latere nennen es die römischen Päpste) dahin geschickt. Man muss aber in den neu angehenden Kirchen fleißig darauf achten, dass sie im Glauben gestärkt und gegen die List des Satans wohl beschützt werden.
15. Welche, da sie hinab kamen, beteten sie über sie, dass sie den Heiligen Geist empfingen.
Empfingen: Das heißt: Dass die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes über sie ausgegossen wurden, sodass einer die Gabe erhielt, mit mancherlei Sprache zu sprechen, ein anderer, die Heilige Schrift zu erklären, ein anderer, gesund zu machen.
16. (Denn er war noch auf keinen gefallen, sondern waren allein getauft auf den Namen Christi Jesu.)
Gefallen: Sie hatten die wunderbare Gabe des Heiligen Geistes noch nicht empfangen.
Jesu: Sie hatten die Taufe Christi empfangen im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit. Denn das heißt, im Namen Christi getauft werden.
17. Da legten sie die Hände auf sie, und sie empfingen den Heiligen Geist.
Auf sie: Nach vollendetem Gebet. Diese Zeremonie war im Alten Testament gebräuchlich.
Heiligen Geist: Man muss aber nicht glauben, dass alle Christen solche wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes empfangen haben, sondern es sind etliche vor anderen mit solchen Gaben geschmückt, dazu diese unter ihnen so ausgeteilt worden, dass dieser die eine, der andere eine andere Gabe erlangt hat, wie Paulus 1. Korinther 12 ausführlich lehrt. Obwohl nun heutzutage solche Gaben des Heiligen Geistes auf die gleiche Weise allen Gläubigen an Christus nicht mitgeteilt werden, so gibt doch Gott den Kirchendienern solche Gaben des Heiligen Geistes, die zum Predigtamt notwendig sind. Und es werden auch alle Rechtgläubigen mit solchen Gaben von Gott versehen, die sie zu Ihrer ewigen Seligkeit benötigen. Denn der Heilige Geist bewirkt in ihnen, dass sie Christus recht erkennen und ihn vor der Welt bekennen, desgleichen, dass sie Gott aus Glauben anrufen und ihn von Herzen einen Vater nennen. Auch, dass sie den alten Adam im Zaum halten und die Sünde in ihren sterblichen Leibern nicht herrschen lassen. Ferner dass sie Gott und den Nächsten von Herzen lieben, Widerwärtigkeiten geduldig leiden und bis ans Ende ihres Lebens in wahrem Glauben beständig beharren. Für solche Gaben des Heiligen Geistes sollen alle Christen Gott, dem Herrn, täglich Lob und Dank sagen. Die Katholiken aber zeigen hier ihren Unverstand, die daraus schließen, weil Petrus und Johannes den Gläubigen die Hände aufgelegt und ihnen den Heiligen Geist mitgeteilt haben, es würde zwar jedem Kirchendiener zustehen, das Evangelium zu predigen und zu taufen, aber dem Bischof allein gebühre es, dass er das Sakrament der Firmung (wie sie es nennen) mitteilt. Wann aber hat jemals ein Bischof innerhalb von tausend Jahren einem Getauften die Gabe des Heiligen Geistes mitgeteilt, dass er in mancherlei Sprachen spricht oder Wunderzeichen getan hätte? Darum sind die römischen Bischöfe in diesem Stück vielmehr die Affen der Apostel, als ihre Nachkommen.
18. Da aber Simon sah, dass der Heilige Geist gegeben ward, wenn die Apostel die Hände auflegten, bot er ihnen Geld an
Da: Lukas kommt wieder auf die Geschichte des Zauberers Simon und berichtet, wie es mit ihm weitergegangen ist.
Heilige Geist: Nämlich, die wunderbare Gabe des Heiligen Geistes.
Geld an: Denn Simon kam es darauf an, dass er um ziemlich viel Geld die Macht erkaufen wollte und danach eine viel größere Summe wiederum von denen in Empfang nehmen könnte, denen er die Gaben des Heiligen Geistes mitteilen würde. So wie die Kaufleute ihre Ware darum einkaufen, damit sie diese für einen höheren Preis wiederum loswerden. So finden sich viele, die wegen ihres eigenen Nutzens das Evangelium Christi annehmen und nicht die Ehre Gottes, sondern ihre eigene Ehre suchen, nicht die Wohlfahrt des Nächsten, sondern ihren eigenen Vorteil begehren, wie es der Ausgang zu seiner Zeit bezeugt.
19. und sprach: Gebt mir auch die Macht, dass, so ich jemand die Hände auflege, dieser den Heiligen Geist empfange.
20. Petrus aber sprach zu ihm: Dass du verdammt wirst mit deinem Gelde, dass du meinst Gottes Gabe werde durch Geld erlangt!
Nach Luther: Nun wird aber im Papsttum alles ums Geld verkauft.
Erlangt: Man kann die geistlichen Gaben Gottes um Geld weder kaufen noch verkaufen.
21. Du wirst weder Teil noch Anfall haben an diesem Wort; denn dein Herz ist nicht rechtschaffen vor Gott.
Diesem Wort: Ich merke, dass du der göttlichen Guttaten nicht teilhaftig werden wirst, die durch das Evangelium Christi angeboten und mitgeteilt werden all denen, die wahrhaft an Gott glauben. Denn dein Herz ist nicht rein, sondern es steckt voller Heuchelei und du hast das Evangelium Christi nicht mit Ernst angenommen.
22. Darum tue Buße für diese deine Bosheit und bitte Gott, ob dir vergeben werden möchte die Tücke deines Herzens.
23. Denn ich sehe, dass du bist voll bitterer Galle und verknüpft mit Ungerechtigkeit.
Bitterer Galle: Es ist lauter Gift und Galle, was an dir ist, und du treibst nur dein Gespött mit der christlichen Religion. Ich sehe und spüre auch, dass du Eigentum des Teufels bist, der dich in seinen Stricken gefangen hält und zur Verdammnis führt. Mit dieser Antwort gibt Petrus zu verstehen, dass die, die geistliche Güter für Geld kaufen oder verkaufen samt ihrem Geld verdammt werden. Was aber tun die römischen Päpste anderes, als dass sie die Vergebung der Sünden und andere geistlichen Gaben in ihren Ablassbriefen und Sonstigem für Geld feilbieten? Dass aber Petrus sagt, ob dir vergeben werden möchte, so ist dies nicht so gemeint, als ob die rechten, bußfertigen Sünder an der Verzeihung ihre Sünden zweifeln müssten, denn diese ist gewiss, sondern weil Petrus im Zweifel stand, ob Simon auch eine rechtschaffene Buße tun würde.
24. Da antwortete Simon und sprach: Bittet ihr den Herrn für mich, dass der keines über mich komme, davon ihr gesagt habt!
Mich komme: Simon fürchtete sich aber nicht vor der ewigen Verdammnis, sondern nur, dass sie etwa in ein zeitliches Unglück geraten könnte und er tat nicht Buße, bat Gott auch nicht um Verzeihung, darum hat er auch keine Verzeihung erlangt. Denn es nutzt die Fürbitte fremder Menschen nichts, sofern der nicht Buße tut, für den man bittet. Darum spricht Gott zu dem Propheten Jeremias, da er für die unbußfertigen Juden gebeten hatte im Kapitel 7. Du sollst für dieses Volk nicht bitten und sollst für sie keine Klage und kein Gebet vorbringen, sie auch nicht vor mir vertreten, denn ich will dich nicht hören. Von dem Gespräch aber, welches Petrus mit dem Zauberer Simon gehalten haben soll, wie einer namens Clemens es erdichtet hat, ist dies so ein kindisches Ding, dass ich keinen Zweifel habe, es werden alle verständigen und gelehrten Leute sich über die große Verwegenheit des Dichters wundern.
25. Sie aber, da sie bezeugt und geredet hatten das Wort des Herrn, wandten sie wieder um gen Jerusalem und predigten das Evangelium vielen samaritischen Flecken.
Bezeugt: Dass sie mit großem Eifer gelehrt und gepredigt hatten.
Gen Jerusalem: Und sie ließen sich durch die Verfolgung, die dort vor sich ging, nicht abschrecken. Denn wir sollen uns durch keine Gefahr von unserer Aufgabe abspenstig machen lassen.
Erledigten: Nämlich dass sie noch unterwegs waren, und nach Jerusalem reisten. Denn man soll keine Gelegenheit versäumen, das Reich Gottes auszubreiten und zu erweitern. Und jeder soll in seinem Beruf fleißig sein. Lasst uns fleißig arbeiten, wenn wir Zeit haben.
26. Aber der Engel des Herrn redete zu Philippus und sprach: Stehe auf und gehe gegen Mittag auf die Straße, die von Jerusalem hinabgeht gen Gaza, die da wüste ist.
Aber: Jetzt erzählt der Evangelist Lukas wie das Evangelium Christi bis ins Mohrenland durchgedrungen ist.
Philippus: Dem Apostel, der in Samaria dem Herrn Christus bereits eine Kirche gepflanzt hatte. Auch wenn uns die Engel in jetziger Zeit nicht erscheinen oder mit uns reden, so besteht doch kein Zweifel, dass sie die Handlungen der Gottseligen zur Ehre Gottes und zur Menschen Seligkeit richten.
Wüste ist: Denn damals lag diese alte Stadt der Philister öde da und war verwüstet. Wenn wir aber von dem Untergang der Städte hören, so sollen wir die Gründe ihrer Zerstörung betrachten. Denn Schande und Laster richten ein Regiment zugrunde und machen, dass die Stätten geschleift werden. Darum sollen wir Gott fürchten und nach der himmlische Stadt streben, die niemals verwüstet wird, dessen Bürger und Einwohner auch ewig selig sind.
27. Und er stand auf und ging hin. Und siehe, ein Mann aus Mohrenland, ein Kämmerer und Gewaltiger der Königin Kandaze in Mohrenland, welcher war über ihre ganze Schatzkammer, der war kommen gen Jerusalem, anzubeten,
Ging hin: Wie ihm der Engel befohlen hatte. Denn wir sollen den Geboten Gottes gehorchen, wenn es uns auch bisweilen erscheint, er würde uns Dinge befehlen, die zu nichts nutze seien.
Kämmerer: So werden in der Heiligen Schrift üblicherweise die vornehmsten Amtsleute am Königs- und Fürstenhof genannt. Einer dieser Kämmerer hatte auch über die königlichen Schätze zu wachen, was kein schlechtes Amt war.
Anzubeten: Als er den wahren Gott Israels erkannt hat. Und aus allen Umständen ist abzuleiten, dass er ein Judengenosse gewesen ist, weil er jährlich nach Jerusalem zum Gottesdienst gereist war, wie es viele Heiden, die zu Gott bekehrt waren, zu tun pflegten.
28. und zog wieder heim und saß auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaja.
Jesaja: Damit der die Zeit auf der Reise nicht vergebens zubrächte. Dieser Kämmerer wird am Jüngsten Tag diejenigen verdammen, die die Kirchen in der Nähe haben, worin das Evangelium rein gepredigt wird und sich dennoch nicht darum kümmern, dieses zu hören. Er hat aber die Erkenntnis Christi erlangt, nicht indem er den Eulenspiegel oder dergleichen unnütze Dinge gelesen hat, sondern als er die Schriften des Propheten Jesaja studierte.
29. Der Geist aber sprach zu Philippus: Gehe hinzu und halte dich zu diesem Wagen.
Geist: Der Heilige Geist gab dem Apostel Philippus in den Sinn, dass er sich zu dem Wagen begeben sollte.
30. Da lief Philippus hinzu und hörte, dass er den Propheten Jesaja las, und sprach: Verstehst du auch, was du liest?
Verstehst du: Denn eine Sache lesen und nicht verstehen ist genauso viel, als wenn man es gleich gar nicht liest.
31. Er aber sprach: Wie kann ich, so mich nicht jemand anleitet? Und ermahnte Philippus, dass er aufträte, und setzte sich zu ihm.
Kann ich: Ich kann solche dunklen Weissagungen nicht verstehen, wenn ich niemanden habe, der mir zur Auslegung Anleitung gibt. Denn wer in der Heiligen Schrift mit Nutzen lesen will, der braucht einen Unterricht dazu, damit er sie recht versteht. Er wird unterrichtet, wenn er entweder die reine und gottseligen Predigt hört oder die rechten Auslegungen liest und daraus lernt, wie man die Schriften recht ansehen und verstehen muss, damit es ihm nicht geht, wie es Petrus von etlichen schreibt, die die Geschichten des Paulus gelesen haben, worin etliche Dinge schwer zu verstehen sind. Diese verwirren Gelehrte und Leichtfertige, wie auch die anderen Schriften zu deren eigenen Verdammnis {2Petr 3}. Diese hohe Person aber hat eine große Demut und Bescheidenheit, dass er seine Unwissenheit bekennt und unterrichtet werden möchte. Denn viele stellen sich, als ob sie ein Ding wüssten, dass sie noch nie gelernt haben. Darum können sie auch in der Erkenntnis nicht zunehmen.
Bei ihm: Auf dem Wagen, dass er die Auslegung der Schrift von ihm anhören wollte.
32. Der Inhalt aber der Schrift, die er las, war dieser: Er ist wie ein Schaf, zur Schlachtung geführt, und still wie ein Lamm vor seinem Scherer; also hat er nicht aufgetan seinen Mund.
Er ist: Diese Weissagung des Propheten kann von niemand anderes als von Christus allein verstanden werden. Und der Prophet spricht von den damals noch zukünftigen Sachen in der gleichen Gewissheit, als wenn sie bereits geschehen wären. Der eigentliche Sinn seiner Worte aber ist dieser: Christus wird ein Opfer werden für die Sünde des ganzen menschlichen Geschlechts und wird in seiner Unschuld sterben. Er wird auch kein einziges Zeichen der Ungeduld geben, gleichwie die Schafe, wenn man sie schert nicht blöken noch widerstreben, wie es etliche andere Tiere tun, die springen, toben, stoßen und grunzen, auch wenn man ihnen keinen Schaden antut. Und weil er mit höchster Demut seinem himmlischen Vater gehorsam sein wird bis in den Tod, ja auch bis zum Tod am Kreuz, darum wird ihn Gott der Vater erhöhen und zur höchsten Ehre erheben, damit seine Majestät der ganzen Welt bekannt wird. Und Christus wird leben und regieren in alle Ewigkeit, weil er sein Leben zur Erlösung des menschlichen Geschlechts hingegeben hat. Diese Weissagungen von Christus stehen im Propheten Jesaja, Kapitel 53. Es lehrt aber Jesaja, dass Christus gestorben ist, damit er als ein Opfer die Sünden der ganzen Welt versöhnt {1Joh 2}. Seine Geduld erinnert uns, dass wir die Trübsal auch geduldig tragen sollten. Denn gleich, wie Christus nach seinem Leiden erhöht worden ist und zum Herrn des Himmels und der Erde gemacht wurde, so werden wir auch durch die Trübsale ins Himmelreich zur ewigen Herrlichkeit eingehen {Apg 14}.
33. In seiner Niedrigkeit ist sein Gericht aufgehoben; wer wird aber seines Lebens Länge ausreden? Denn sein Leben ist von der Erde weggenommen.
Lebenslänge: (Nach Luther) Wie lange er regieren soll, das ist ewig.
34. Da antwortete der Kämmerer Philippus und sprach: Ich bitte dich, von wem redet der Prophet solches, von ihm selber oder von jemand anders?
Antwortet: Oder sprach. Denn das Wort antworten wird in der Heiligen Schrift oftmals für einfaches Reden benutzt.
Bitte dich: Sage mir. Denn der Kämmerer war begierig, die rechte Religion zu lernen. Darum fragte er Philippus, auf wen sich die Weissagung bezog.
35. Philippus aber tat seinen Mund auf und fing von dieser Schrift an und predigte ihm das Evangelium von Jesus.
Dieser Schrift: Der Weissagung des Propheten Jesaja, woraus er Anlass und Gelegenheit nahm, das Evangelium von dem Erlöser des menschlichen Geschlechts, Jesus Christus, zu predigen. Und er hat einen herrlichen Text gehabt, woraus er den Mittler Christus erklären konnte. Denn der Prophet Jesaja spricht in diesem ganzen Kapitel so gewaltig und deutlich von dem Leiden Christi und dessen Nutzen, dass die Alten nicht umsonst gesagt haben, Jesaja sei vielmehr ein Evangelist als ein Prophet gewesen. Und zweifellos hat Philippus diesem Kämmerer in kurzen Zügen und zusammengefasst die ganze christliche Religion vorgehalten. Er hat dies so kurz und dennoch mit Nutzen tun können, weil dieser Kämmerer vorher von der israelitischen Religion viel wusste und den wahren Gott erkannte und ehrte. Aber es mangelte noch an dem Punkt, dass er nicht wusste, wie der versprochene Messias bereits in die Welt gekommen wäre und noch nicht verstand, wie es sich mit dem Reich Christi verhielt. Man soll aber die Weissagungen des Alten Testaments von Christus mit Fleiß erwägen und auf unseren Heiland beziehen, damit unser christlicher Glaube davon gestärkt wird.
36. Und als sie zogen der Straße nach, kamen sie an ein Wasser. Und der Kämmerer sprach: Siehe, da ist Wasser; was hindert es, dass ich mich taufen lasse?
Taufen lasse: Aus diesen Worten ist genug abzuleiten, dass Philippus dem Kämmerer auch die Lehre von den Sakramenten vorgehalten hat.
37. Philippus aber sprach: Glaubst du von ganzem Herzen, so mag es wohl sein. Er antwortete und sprach: Ich glaube, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist.
Wohl sein: Du kannst das Sakrament der Taufe recht empfangen, wenn du wahrhaftig an Christus glaubst.
Sohn ist: Mit diesen Worten hat der Kämmerer die ganze christliche Religion aufs Kürzeste erfasst und zu verstehen gegeben, dass er alles von Christus glaubt, was von ihm in der Heiligen Schrift geschrieben steht.
38. Und er hieß den Wagen halten, und stiegen hinab in das Wasser, beide, Philippus und der Kämmerer; und er taufte ihn.
Taufte ihn: Denn man soll die Taufe nicht außer Acht lassen oder versäumen, weil diese ein Bad der Wiedergeburt ist {Tit 3}. Es soll aber bei den erwachsenen Personen, bevor man sie tauft, die Bekenntnis des Glaubens vorhergehen, was bei den Kindern nicht nötig ist, weil eben derselbe Gott, der Johannes dem Täufer im Mutterleib den Heiligen Geist gegeben hat, schenkt auch den Kindern den Glauben, wenn sie mit einem gottseligen Gebet zur Taufe getragen werden. Und die Taufe des Kämmerers lehrt uns, dass jedes Wasser zu Taufe gut und tauglich ist, auch wenn es nicht durch päpstliche Zeremonien und menschliche Satzungen (wie sie meinen) geweiht worden ist.
39. Da sie aber heraufstiegen aus dem Wasser, rückte der Geist des Herrn Philippus hinweg, und der Kämmerer sah ihn nicht mehr; er zog aber seine Straße fröhlich.
Hinweg: Was durch ein besonderes Wunderwerk geschehen ist.
Fröhlich: Denn dasEvangelium verursacht eine rechtschaffene Freude in den Herzen der Gläubigen {Röm 14}.
40. Philippus aber ward gefunden zu Asdod und wandelte umher und predigte allen Städten das Evangelium, bis dass er kam gen Cäseräa.
Asdod: Diese Stadt gehörte früher den Philistern.
Umher: In dieser Gegend. Denn wir sollen in unserem Beruf fleißig arbeiten, besonders, wenn wir Gottes Ehre fördern können.
Das 9. Kapitel
- Als Saulus nach Damaskus zieht, mit dem Willen, die dortigen Christen zu verfolgen, wird er auf dem Weg bekehrt.
- Und er erlangt durch das Zutun des Ananias sein Augenlicht wieder und wird auch von diesem getauft.
- Da ihm die Juden nachstellen, wird er durch die Mauern hinausgelassen und entkommt.
- Petrus macht einen Gichtkranken gesund.
- Und erweckt Tabea vom Tod.
1. Saulus aber schnaubte noch mit Drohungen und Morden gegen die Jünger des Herrn und ging zum Hohepriester {Gal 1v14}.
Saulus: Der nach seiner Bekehrung Paulus genannt wurde. Im Folgenden wird eine sehr bemerkenswerte Geschichte von der Bekehrung des Apostels Paulus beschrieben, die kein geringeres Wunderwerk gewesen ist, als wenn jemand von den Toten auferstanden wäre.
Schnaubte: (Nach Luther) War heftig, stürmisch und sprühte.
Und Morden: Es dürstet ihm nach dem Blut der Christen.
2. und bat ihn um Briefe gen Damaskus an die Schulen, auf dass, so er etliche dieses Wegs fände, Männer und Weiber, er sie gebunden führte gen Jerusalem {Apg 22v5}.
Damaskus: Eine Stadt in Syrien, am Berge Libanon gelegen.
Schulen: Der Juden. Denn damals wohnte sehr viele Juden dort.
Dieses Weges: Die der christlichen Religion zugetan sind.
Gen Jerusalem: Dass sie dort gepeinigt oder umgebracht würden. Saulus (oder Paulus) hatte einen großen Eifer, die jüdische Religion zu erhalten und die Ketzerei der Christen (wie er meinte) auszurotten. Aber er irrte sich, und, indem er sich unterstand, die Ketzerei auszurotten, verwirrte und betrübte er die Kirche Gottes, als er meinte, er tue ein gutes und Gott wohlgefälliges Werk. Denn viele handeln in Religionssachen aus einem verkehrten Eifer heraus unrecht. Und die falsche Religion ist blutdürstig und grausam. Aber die Kirche Gottes erduldet Verfolgungen und vergießt kein unschuldiges Blut wegen der Religion, obwohl sie die Ketzer verbannt und sie zu weichen auffordert. Weil nun Saulus dies alles in einer guten Meinung getan hat und glaubte, er würde mit einem solchen Handeln Gott einen angenehmen Dienst tun, so ist dabei leicht abzunehmen, dass Gott nicht alles gefällt, was mit guter Absicht geschieht, es sei denn, dass es dem Wort Gottes nicht zuwider ist.
3. Und da er auf dem Wege war und nahe an Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel {1Kor 15v8}.
Licht: Über dessen Anblick er heftig erschrak.
4. Und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die sprach zu ihm: Saul, Saul, was verfolgst du mich?
Erde: Weil ihn die Majestät Christi zu Boden warf.
5. Er aber sprach: Herr, wer bist du? Der Herr sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Es wird dir schwer werden, wider den Stachel löcken.
Verfolgst: Hier hat man zwei Dinge zu beachten.
1. Dass Jesus nach seiner Auffahrt in den Himmel dennoch von Paulus auf Erden gesehen worden ist. Darum ist es nicht wahr, was die Zwinglianer sagen, dass er sich im Himmel aufhalten wird, bis an den Jüngsten Tag.
2. Danach, dass die Verfolger, wenn sie Christen plagen und betrüben, dieses dem Herrn Christus selbst antun.
Nach Luther: Hier wird Paulus ohne Werke berufen.
Löcken: Denn gleich, wie die Ochsen, die gegen den Stachel lecken und hinten ausschlagen nicht denjenigen, von dem sie gestoßen worden sind, sondern sich selbst schädigen, so tun sich die selbst am übelsten, die der Wahrheit widerstreben und sie verfolgen. Denn sie reizen den Zorn Gottes gegen sich, der sie danach ins Verderben stürzt.
6. Und er sprach mit Zittern und Zagen: Herr, was willst du, dass ich tun soll? Der Herr sprach zu ihm: Stehe auf und gehe in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst.
Tun soll: Denn ich bin bereit, dir zu gehorchen, wenn ich nur weiß, was du von mir möchtest. Diese plötzliche Veränderung des Gemütes und des Sinnes des Paulus gibt zu erkennen, dass Gott die Herzen aller Menschen in seiner Hand hat und er sie lenkt, wohin er will. Darum kann er leicht aus einem Wolf nicht nur ein Schaf, sondern auch einen treuen Hirten machen.
Nach Luther: Paulus, obwohl er ohne Mittel berufen und erleuchtet wurde, wird doch zum Ananias gesendet, dass er Zeugen habe, usw.
Stadt: Damaskus. Dorthin wird er geführt und von Ananias getauft. Und hier hat der Herr Christus das Predigtamt bestätigen wollen, das keineswegs zu verachten oder abzulegen ist, wenn wir für unsere Seligkeit anders Rat schaffen wollen.
7. Die Männer aber, die seine Gefährten waren, standen und waren erstarrt; denn sie hörten eine Stimme und sahen niemand.
Gefährten: Die sich mit ihm auf dem Weg begeben hatten und so zu der Verfolgung halfen.
Standen: Als sie zuvor auch mit Paulus zur Erde gefallen waren {Apg 26}. Danach hatten sie sich wieder erholt. Man liest aber nichts davon, dass sie zugleich mit Paulus zu Christus bekehrt worden wären. Darum scheint es ihnen so geschehen zu sein, wie den Hütern des Grabes Christi, die zwar den Engel vom Himmel kommen sahen und den Stein vom Grab wälzen und dennoch nicht zu Christus bekehrt worden sind. Dazu haben sie noch Geld nehmen und lügen dürfen, dass die Jünger Christi in der Nacht gekommen wären und den Leichnam Christi gestohlen hätten. Denn Gott erweicht nicht alle Herzen, sondern lässt etliche (nach seinem gerechten Gericht) in der Blindheit und Verstockung bleiben. Und man hat hier auf das zu achten, dass die Gefährten des Paulus mit ihm zu Boden geschlagen worden sind. Denn die Knechte und Diener, die ihren Gottlosen Herren zu ihrem unbilligen Vorhaben helfen, verdienen auch die gleiche Strafe.
8. Saulus aber richtete sich auf von der Erde, und als er seine Augen auftat, sah er niemand. Sie nahmen ihn aber bei der Hand und führten ihn gen Damaskus.
Niemand: Denn seine Augen waren mit Dunkelheit überzogen, sodass er drei Tage nichts sehen konnte. In dieser Zeit hatte er zweifellos schwere Anfechtungen und ist in großen Ängsten gewesen. Denn es ist ihm bewusst geworden, was er für eine schreckliche Sünde begangen hat, als er an der Steinigung des Heiligen Stephanus Gefallen gehabt und wie schwer es sich an Gott vergriffen hat, dass er fromme Menschen, die an Christus geglaubt haben, ins Gefängnis werfen ließ {Apg 8}. Und er war ja mit der Absicht nach Damaskus gezogen, um die Christen von dort gefesselt nach Jerusalem zu bringen und ans Messer zu liefern. Dies hat sein Herz sehr ängstlich gemacht, weil er spürte, dass er mit solchem, seinem Handeln, nicht nur gegen die Menschen, sondern auch gegen den Sohn Gottes selbst furchtbar gehandelt hatte. Weil er aber schreibt, dass er das Evangelium von keinem Menschen empfangen oder gelernt hat, sondern es durch die Offenbarung Jesu Christi bekommen habe {Gal 1}, und er an einer anderen Stelle bezeugt, er sei in den 3. Himmel und ins Paradies entrückt worden {2Kor 12}, so ist zu beachten, dass er, nachdem er genug gedemütigt und in seinem Herzen zerschlagen war, er mit dem Evangelium Christi wider erleuchtet und erquickt worden ist. Darum sollen wir sein Evangelium, das er von dem Lehrmeister Christus selbst gelernt hat, mit starkem Glauben annehmen. Denn es ist eine himmlische Lehre. Gott führt aber seine Auserwählten zur Hölle, damit sie sich rechtschaffen vor ihm demütigen und führt sie auch wieder heraus und tröstet sie {1Sam 2}.
9. Und war drei Tage nicht sehend und aß nicht und trank nicht.
10. Es war aber ein Jünger zu Damaskus mit Namen Ananias; zu dem sprach der Herr im Gesichte: Ananias! Und er sprach: Hier bin ich, Herr.
Jünger: Denn so wurden die Christen damals noch genannt.
Bin ich: Und bin bereit, dir zu gehorchen.
11. Der Herr sprach zu ihm: Stehe auf und gehe hin in die Gasse, die da heißt die Richtige, und frage in dem Hause Judas nach Saulus mit Namen von Tarsus; denn siehe, er betet
Betet: Zweifellos hat Paulus um die Vergebung seiner Sünden gebetet, die er gegen Gott und seine Kirche begangen hat.
12. und hat gesehen im Gesichte einen Mann mit Namen Ananias zu ihm hineinkommen und die Hand auf ihn legen, dass er wieder sehend werde.
Gesichte: Darum will ich, dass du es ins Werk richtest und erfüllst, was ich ihm im Gesicht gezeigt habe.
Sehend: (Nach Luther) Demnach wird er nicht gesendet, dass er berufen, sondern dass er gesund gemacht wird.
13. Ananias aber antwortete: Herr, ich habe von vielen gehört von diesem Manne, wie viel Übles er deinen Heiligen getan hat zu Jerusalem.
14. Und er hat hier die Macht von den Hohepriestern; zu binden alle, die deinen Namen anrufen.
Anrufen: Dass sie dich als ihren Erlöser erkennen und bekennen. Darum habe ich Sorge, ob er nicht auch mir nachstellen wird und mich zum Tode führen wird. Wir sind aber allgemein (wie Ananias) in den Verrichtungen unserer Aufgaben viel zu furchtsam und kleinmütig. Aber solche Schwachheit muss man aus dem Wort Gottes verbessern.
15. Der Herr sprach zu ihm: Gehe hin; denn dieser ist mir ein auserwähltes Rüstzeug, dass er meinen Namen trage vor den Heiden und vor den Königen und vor den Kindern von Israel.
Gehe hin: Und habe keine Sorge, dass er dir etwas Böses tun könnte.
Rüstzeug: Ich habe ihn nicht nur aus einem grausamen Wolf zum sanftmütigen Schäfchen, sondern auch zu einen getreuen Hirten gemacht, dass ich ihn, als ein auserlesenes und köstliches Werkzeug gebrauchen will, um mein Evangelium mit großem Nutzen in der Welt auszubreiten und dieses auch vor den grausamsten Völkern öffentlich zu bekennen. Er wird sich auch nicht weigern, sein Blut um meines Evangeliums willen zu vergießen.
16. Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muss um meines Namens willen.
Leiden muss: Er wird um meinetwillen leiden. Damit er meine Ehre ausbreitet, wird er große Trübsal und schwere Verfolgungen ausstehen. Was für Trübsal aber Paulus in seinem apostolischen Predigtamt erduldete, das erzählt er selbst {2Kor 11}. Und man hat hier zu beachten, dass die Kirchendiener Gottes Werkzeuge sind, wodurch Gott, der Herr, sein geistliches Reich in dieser Welt ausbreitet und erweitert. Es sollen aber die Kirchendiener darauf gefasst und bereit sein, Verfolgungen auszustehen, wenn es Gott so haben will. Diese sind keine Strafen vorangegangener Sünden, sondern eine heilige Marter, die Gott mit ewiger Herrlichkeit vergelten wird {Mt 5}.
17. Und Ananias ging hin und kam in das Haus und legte die Hände auf ihn und sprach: Lieber Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt (der dir erschienen ist auf dem Wege, da du herkamst), dass du wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllt werdest.
Gesandt: Und mir befohlen, dass ich dir die Hände auflegen soll.
Erfüllt werdest: Denn du wirst die Gaben des Heiligen Geistes empfangen, die auch den anderen Aposteln am Pfingsttag mitgeteilt worden sind.
18. Und also bald fiel es von seinen Augen wie Schuppen; und ward wieder sehend
Wieder sehend: Denn Gott, der das Unglück schickt, kann es auch zu seiner Zeit wieder wenden.
Taufen: Im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit. Weil demnach ein solcher Apostel, der im dritten Himmel war und ins Paradies entrückt worden war, dennoch die Taufe nicht verachtet hat, so müssen das gottlose und verruchte Menschen sein, die den Gebrauch der Sakramente verachten, als ob sie nicht zur Seligkeit nötig wären. Denn die Taufe ist ein Zeugnis, dass wir von Gott in Gnaden aufgenommen werden, Vergebung der Sünden haben und Erben des Himmelreichs sind.
19. und stand auf, ließ sich taufen und nahm Speise zu sich und stärkte sich. Saulus aber war etliche Tage bei den Jüngern zu Damaskus.
Stärkte sich: Damit er wieder zu Kräften kam, weil er in drei Tagen nichts gegessen und getrunken hatte und anfangs einen harten Kampf mit den schweren Anfechtungen ausstehen musste wegen der Verfolgungen, die er erregt hatte. Denn die schweren Anfechtungen verzehren auch das Mark in den Beinen.
Jüngern: So wurden die Christen damals genannt, mit denen er die Zeit über, solange er bei ihnen war, von den Geheimnissen des Reiches Gottes redete.
20. Und alsbald predigte er Christus in den Schulen, dass dieser Gottes Sohn sei.
Schulen: Dort lehrte er öffentlich, dass Jesus von Nazareth, den er kurz zuvor noch verfolgt hatte, der verheißene Messias und Heiland der Welt wäre, der ewige Sohn Gottes und eines Wesens mit dem Vater. Er hat auch von der Person und dem Amt des Herrn Christus aus gutem und beständigen Grund gelehrt, weil er davon im Paradies und im dritten Himmel ausreichend Bericht empfangen hat. Es ist aber aus den Schriften des Apostels Paulus ausreichend bekannt, was er von allen Artikeln der christlichen Religion gelehrt und gepredigt hat. Und das ist eben dieselbe Lehre, die er aus dem dritten Himmel und aus dem Paradies mitgebracht hat. Darum sollen wir diese Lehre mit Fleiß lernen. Wie es aber in jetziger Zeit im Himmel und im Paradies zugeht das dürfen und sollen wir nicht vorwitzig zu erforschen versuchen. Denn obwohl Paulus gesehen hat, was da vorgeht und wie gehandelt wird, so hatte er es doch nicht für ratsam gehalten, dies zu offenbaren {2Kor 12}.
21. Sie entsetzten sich aber alle, die es hörten, und sprachen: Ist das nicht, der zu Jerusalem verstörte alle, die diesen Namen anrufen, und darum hergekommen, dass er sie gebunden führte zu den Hohepriestern?
Anrufen: Die an Jesus von Nazareth glauben und ihn für ihren Gott halten. Man soll aber den ganzen Christus anrufen.
Gebunden führe: Er unterstand sich, sie zu zwingen, Christus zu verleugnen und zu lästern, oder aber schwerer Bestrafungen gewärtig zu sein {Apg 26}. Was hat ihn denn jetzt überkommen, dass er eben diese Lehre öffentlich bekennt, die er kurz zuvor mit höchstem Fleiß zu vernichten sich bemühte? Es ist aber keine Leichtfertigkeit, sondern eine löbliche Vorsichtsmaßnahme, wenn man von einer falschen Lehre ablässt und die himmlische Wahrheit annimmt.
22. Saulus aber ward immer kräftiger und trieb die Juden in die Enge, die zu Damaskus wohnten, und bewährte es, dass dieser ist der Christus.
Kräftiger: Dass er im Bekenntnis des Evangeliums je länger, je mehr gestärkt wurde. Denn die Kirchendiener nehmen in der Lehre des Evangeliums von Tag zu Tag zu, damit sie diese besser verstehen und fester begreifen. Um dahin zu kommen, ist es nötig, dass man fleißig in der Heiligen Schrift studiert und diese mit Ernst betrachtet, dazu auch Gott von Herzen anruft.
Bewährt: Mit gutem Grund aus der Heiligen Schrift und den Weissagungen der Propheten, dass Jesus von Nazareth der verheißene Messias und Heiland der Welt ist. Denn dies ist der Zweck der christlichen Lehre, dass wir unseren Erlöser Christus recht erkennen, weil unsere Seligkeit in seiner Erkenntnis besteht {Joh 17}. Und die Wahrheit ist unüberwindlich, aber die falschen Lehrer werden schließlich zuschanden.
23. Und nach vielen Tagen hielten die Juden einen Rat zusammen, dass sie ihn töteten {2Kor 11v32}.
Vielen Tagen: Als eine Zeit vergangen war, da Paulus das Evangelium zu predigen angefangen und den Widersprechern die Wahrheit aufgezeigt hatte.
Töteten: Denn wenn die Feinde der Wahrheit ihre falsche Lehre nicht mit ausreichenden Gründen verteidigen können, so versuchen sie, die himmlische Wahrheit mit Grausamkeit zu vertilgen.
24. Aber es ward Saulus kundgetan, dass sie ihm nachstellten. Sie hüteten aber Tag und Nacht an den Toren, dass sie ihn töteten.
Kundgetan: Denn Gott hat überall fromme Leute, die die reinen Kirchendiener vor Gefahren warnen.
Toren: Denn sie hatten die Obrigkeit in der Stadt Damaskus auf ihre Seite gebracht und diese überredet, Paulus wäre ein unruhiger Mensch und der Regierung schädlich, darum habe er sein Leben verwirkt. Daraufhin hat die Obrigkeit befohlen, die Stadttore zu schließen, damit er nicht entkäme und seine gebührende Strafe erhielte. Und Paulus schreibt über diese Sache selbst: In Damaskus verschloss der Landpfleger des Königs Aretas die Stadttore und wollte mich ergreifen und ich wurde in einem Korb vom Fenster aus durch die Mauer hinuntergelassen und entkam aus seinen Händen {2Kor 11}.
25. Da nahmen ihn die Jünger bei der Nacht und taten ihn durch die Mauer und ließen ihn in einem Korbe hinab.
Hinab: Damit ihm kein Schaden entstünde. Und obwohl, so gesehen, das alte Gesetz überschritten wurde, wonach der Leib gestraft werden müsse, so hat man doch dieser weltlichen Satzung Gottes Gebot zurecht vorgezogen, welches so lautet: Errettet die, die man töten will und entziehe dich nicht von denen, die man würgen will {Spr 24}. Denn obwohl man keinen Aufruhr erregen soll, soll man doch mit Fleiß Mittel und Wege suchen, wodurch unschuldige Menschen aus der Gefahr errettet werden. Und so ist diese Flucht des Paulus keine Sünde gewesen. Denn er ist nicht deswegen geflohen, weil er seinem Amt in Damaskus nicht nachkommen wollte, sondern damit er diesem Amt in der Kirche Gottes mit großem Nutzen noch länger nachgehen konnte. Darum soll man die Flucht der Kirchendiener nicht als frevelhaft bezeichnen oder Unrecht nennen, sondern alle Umstände zuvor gut abwägen. Denn Christus hat seinen Aposteln selbst befohlen, dass, wenn man sie in einer Stadt verfolgt, sie in eine andere fliehen sollen {Mt 10}.
26. Da aber Saulus gen Jerusalem kam, versuchte er, sich zu den Jüngern zu tun; und sie fürchteten sich alle vor ihm und glaubten nicht, dass er ein Jünger wäre.
Jünger: Er wünschte, mit den Christen freundlich umzugehen und sich als Mitbruder bei ihnen aufzuhalten.
Jünger wäre: Sie wollten ihm nicht trauen, dass er die christliche Religion angenommen hätte. Denn sie sorgten sich, dass es sich nicht etwa nur so stellen würde und somit das Tun und Lassen der Christen besser auskundschaften und ihnen danach mehr Übel zufügen konnte. Wir sollen aber so vorsichtig und klug sein, dass wir dennoch nicht gegen die christliche Liebe handeln. Die Liebe aber erfordert, dass wir an denen, denen wir früher böse gewesen sind, nicht verzagen sollen, sondern es für möglich halten, dass sie von Gott auf den rechten Weg gebracht werden. Und wenn man davon Anzeichen spürt, so soll man sie aufnehmen und ihnen behilflich sein.
27. Barnabas aber nahm ihn zu sich und führte ihn zu den Aposteln und erzählte ihnen, wie er auf der Straße den Herrn gesehen, und er mit ihm geredet, und wie er zu Damaskus den Namen Jesu frei gepredigt hätte.
Barnabas: Ein frommer Mann, der mit vortrefflichen Gaben des Heiligen Geistes geschmückt war und von seiner Bekehrung wusste.
Nach Luther: Siehe, so hat Paulus ein Zeugnis haben müssen um der falschen Brüder willen.
Führte ihn: Nicht als einen Feind, sondern als einen lieben Bruder.
Geredet: Er hat ihnen die ganze Geschichte erzählt, wie es sich mit der Bekehrung des Apostels Paulus zugetragen hat.
Frei: Mit großer Freude und ohne Scheu, sodass er auch darüber in Lebensgefahr geraten ist. Denn wir sollen denen mit unserem Zeugnis förderlich sein, die rechtschaffen sind und sich um die Kirche Gottes wohl verdient gemacht haben. Auch soll man denen den Argwohn ausreden, die ohne ausreichenden Grund den Nächsten in einem bösen Verdacht haben.
28. Und er war bei ihnen und ging aus und ein zu Jerusalem und predigte den Namen des Herrn Jesu frei.
Aus und ein: Er wandelte unter den Christen, die in Jerusalem waren, und hielt sich stets bei ihnen auf.
Frei: Er bekannte Christus unerschrocken und mit großer Beständigkeit und predigte sein Evangelium ohne Scheu öffentlich, verteidigte es auch gegen alle, die diesem widersprachen.
29. Er redete auch und befragte sich mit den Griechen; aber sie stellten ihm nach, dass sie ihn töteten.
Griechen: Die Juden nannten alle Heiden Griechen, gegen die Paulus in Religionssachen stritt und sie ihres Irrtums überführte.
Töteten: Denn es werden Leute gefunden, die eher das unschuldige Blut der Frommen vergießen wollen, als zuzulassen, dass ihr Ansehen verringert wird, wenn man ihnen ihre Irrtümer vor Augen hält und sie der Wahrheit weichen müssen.
30. Da das die Brüder erfuhren, geleiteten sie ihn gen Cäsarea und schickten ihn gen Tarsus.
Gen Tarsus: Damit er aus der Gefahr errettet wurde und das Evangelium Christi an einem anderen Ort mit großem Nutzen predigen konnte. Und Gott der Herr hat dem Paulus befohlen, dass er von Jerusalem ausziehen sollte, wie er hernach selbst im 22. Kapitel dieses Büchleins bezeugt. Dass aber Paulus von seinen Brüdern oder Mitchristen mit großer Sorgfalt an andere Orte begleitet wurde, damit er nicht in Gefahr kam, das erinnert uns daran, dass wir das Leben unseres Nächsten schützen sollen, besonders aber, dass wir vortreffliche Leute, die der Kirche nützlich dienen können, an sichere Orte bringen helfen.
31. So hatte nun die Gemeinde Frieden durch ganz Judäa und Galiläa und Samarien und baute sich und wandelte in der Furcht des Herrn und ward erfüllt mit dem Trost des Heiligen Geistes.
Furcht: Denn Gott gibt der Kirche nicht darum Frieden und Ruhe, dass sie den fleischlichen Gelüsten den Zaum verhängen soll, sondern dass sie in der Erkenntnis Gottes und der wahren Gottseligkeit zunimmt und im Glauben stärker wird.
32. Es geschah aber, da Petrus durchzog allenthalben, dass er auch zu den Heiligen kam, die zu Lydda wohnten.
Es: Jetzt erzählt der Evangelist Lukas 2 herrliche Wunderwerke, die der Apostel Petrus getan hat. Eines an einem Mann, das andere an einer Frau.
Durchzog: Dass er sich den Zustand der Kirche ansah, die durch das Evangelium verschiedentlich bereits gepflanzt war.
Zu Lydda: Diese kleine Stadt war nicht weit von Joppe, einer Stadt am Meer, gelegen. Hier hat man zu beachten, dass die Apostel ihre Kirchen, die sie gepflanzt hatten, oft besucht haben, wie es auch an anderen Orten dieses Büchleins der Apostelgeschichte ausdrücklich geschrieben steht. Denn es ist sehr vonnöten, dass man auf die Kirche gut Acht gibt, damit durch die Listen des Satans nicht verhindert und wieder zerstört wird, was durch das Predigtamt des Evangeliums erbaut worden ist. An dieser Stelle nennt der Evangelist diejenigen, die an Christus glaubten und noch am Leben waren, Heilige. Denn alle die, die wahrhaftig an Christus glauben sind Heilige nach dem Spruch: Ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus und durch den Geist unseres Gottes. {1Kor 6} Gleich, wie die Reise des Apostels Petrus zur Stärkung und Bekräftigung der lebendigen Heiligen sehr viel genutzt hat, so nutzen hingegen die Wallfahrten zu den verstorbenen Heiligen, die im Herrn entschlafen sind, überhaupt nichts.
33. Dort fand er einen Mann mit Namen Aneas, acht Jahre lang auf dem Bette gelegen, der war gichtbrüchig.
Gichtbrüchig: Dass er an allen seinen Gliedern lahm war, und sich nicht regen oder bewegen konnte.
34. Und Petrus sprach zu ihm: Äneas, Jesus Christus macht dich gesund; stehe auf und bette dir selber. Und sobald stand er auf.
Dir selber: Damit wahrhaftig und deutlich erscheint, wie du wieder gesund geworden bist.
Auf: Frisch und gesund. Hier hat man zu beachten, dass die Apostel nicht in ihrem Namen, sondern im Namen Christi und aus seiner Kraft Wunderzeichen getan haben. Gleich, wie aber das Predigtamt der Apostel kräftig gewesen ist wie nach den Aufgaben ihres Berufs, den sie gehabt haben, dass sie auch Wunderzeichen getan haben, so ist auch noch heutzutage das Predigtamt des Evangeliums kräftig in Gestalt unseres Berufs, dass das Wort Gottes nicht ohne Frucht bleibt, wenn es rein und ehrlich gepredigt wird.
35. Und es sahen ihn alle, die zu Lydda und zu Saron wohnten; die bekehrten sich zu dem Herrn.
Saron: Meiner Meinung nach einer Stadt in der Nachbarschaft.
Nach Luther: Durch das Wort, ohne Gesetz und Werk.
Herrn: Jesus Christus. Weil sie in diesem großen Wunderwerk die Ursache sahen und bewegt wurden, sodass der Haufen der Gläubigen nunmehr sehr groß war, die zuvor sehr wenige und schnell zu zählen gewesen sind. Denn das ist der rechte und vornehmsten Nutzen aller göttlichen Wunderwerke, dass man dem Evangelium Christi glaubt.
36. Zu Joppe aber war eine Jüngerin mit Namen Tabea (welches verdolmetscht heißt eine Rehe), die war voll guter Werke und Almosen, die sie tat.
Zu: Es folgt das andere Wunderwerk des Petrus.
Jüngerin: Nämlich, eine christliche oder gläubige Frau.
Nach Luther: Erst ist sie gläubig und eine Jüngerin, danach tut sie viel Gutes.
Voll guter: Sie versäumte keine Gelegenheit, wenn sie konnte, etwas Gutes zu tun oder zu bewirken. Besonders aber war sie sehr freigiebig und wohltätig gegen die Armen. Denn der rechte Glaube an Christus ist durch die Liebe tätig {Gal 5 Mt 25}.
37. Es begab sich aber zu gleicher Zeit, dass sie krank ward und starb. Da wuschen sie diese und legten sie auf den Söller.
Starb: Obwohl sie doch nach der Meinung der Leute gerne hätte länger leben sollen. Denn es werden bisweilen auch die, die Gott besonders lieb sind, durch einen frühen Tod, wie es unserer Vernunft erscheint, hingerissen und sie sind ebenso den Krankheiten unterworfen wie die Gottlosen.
Wuschen sie: Nach der Sitte des jüdischen Volkes, damit man sie danach mit köstlichen Spezereien salbte.
Söller: Um die Zeit abzuwarten, wann man sie begraben konnte. Auch wenn nun jedes Land seine Gewohnheiten und Gebräuche beim Begräbnis der Toten hat, so sollen doch die Christen in diesem Tun einig sein, dass das Begräbnis ehrlich und christlich ist.
38. Nun aber Lydda nahe bei Joppe ist, da die Jünger hörten, dass Petrus dort war, sandten sie zwei Männer zu ihm und ermahnten ihn, dass er sich es nicht ließe verdrießen, zu ihnen zu kommen.
Dort war: Und zweifellos ist das Gerücht, wie Äneas, ein gichtkranker und lahmer Mensch gesund geworden war, auch nach Joppe gekommen. Daher machten sie sich Hoffnung, wenn sie nach ihm schicken und ihn bitten lassen würden, dass er sich nicht weigern würde, zu ihnen zu kommen und Tabea von den Toten erwecken würde.
Nicht ließe: Diese Demut, wenn man etwas von einem anderen möchte, soll man beachten und lernen, sie nachzutun.
39. Petrus aber stand auf und kam mit ihnen. Und als er hinkommen war, führten sie ihn hinauf auf den Söller, und traten um ihn alle Witwen, weinten und zeigten ihm die Röcke und Kleider, welche die Rehe machte, als sie bei ihnen war.
Mit ihnen: Denn wir sollen keine Gelegenheit versäumen, uns um den Nächsten verdient zu machen.
Weinten: Dass sie mit vielen Tränen ihre Liebe gegenüber der Verstorbenen spüren ließen.
Machte: Mit ihren eigenen Händen, um die Armut damit zu bekleiden. Diese Tabea ist den Frauen sehr ungleich gewesen, die gegenüber den Armen sehr karg und genau sind aber viel Fleiß und große Kosten aufwenden für den Kauf von Gold, Seide, Edelsteinen und dergleichen Narrenwerk mehr.
40. Und da Petrus sie alle hinausgetrieben hatte, kniete er nieder, betete und wandte sich zu dem Leichnam und sprach: Tabea, stehe auf! Und sie tat ihre Augen auf; und da sie Petrus sah, setzte sie sich wieder.
Getrieben: Damit sie ihm mit ihrem Weinen und Wehklagen in seinem Gebet nicht hinderlich wären.
Betete: Zu Gott dem Herren, dass er die Seele dem verstorbenen Leib wieder zur Seite stellt zur Ehre seines Namens und zur Erbauung der Kirche. Denn wenn man allein ist, so ist das Gebet normalerweise inbrünstiger und ernster. Allerdings ist es nicht so wichtig, was man für Gebärden im Gebet gebraucht, wenn es nur aus Glauben geschieht.
Wandte sich: Nach der Beendigung des Gebets, von dem er nicht zweifelte, dass es erhört worden ist.
Augen auf: Um anzuzeigen, dass sie wieder lebt. Eine so kräftige Sache ist ein gottseliges Gebet. Auch wenn es unsere Aufgabe nicht erfordert, dass wir Tote erwecken, so sollen wir doch nicht zweifeln, dass unser gottseliges Gebet sicher erhört werden wird.
41. Er aber gab ihr die Hand und richtete sie auf und rief die Heiligen und die Witwen und stellte sie lebendig dar.
Heiligen: Oder Gläubigen, die kurz zuvor auf des Apostels Petrus Wunsch aus dem Zimmer gegangen waren.
Lebendig dar: Denn die Wunderwerke des Herrn Christus und der Apostel sind keine Blendungen gewesen, die keinen Bestand hatten und bald danach wieder verschwunden wären, wie dergleichen im Papsttum viel geschehen ist.
42. Und es ward kund durch ganz Joppe, und viele wurden gläubig an den Herrn.
Wurden gläubig: Denn das ist der Nutzen alle rechten Wunderwerke, dass wir an Christus glauben.
Nach Luther: Durch das Wort, ohne Gesetz und ohne Werk.
43. Und es geschah, dass er lange Zeit zu Joppe blieb bei einem Simon, der ein Gerber war.
Gerber war: Der zweifellos ein frommer Mensch gewesen ist. Es hat deswegen Petrus mit einer geringen Herberge im Haus des Gerbers vorliebgenommen, damit er die Kirchendiener daran erinnerte, dass sie sich nicht zu sehr mit dem äußeren Schein und Glanz, als mit der wahren Gottseligkeit erfreuen sollen und auch mit etwas Geringerem in dieser Welt vorliebnehmen sollen, wenn es Gott der Herr so schickt. Darum sollen sie gemeinsam mit Paulus sagen: Ich kann niedrig sein und kann hoch sein, ich bin in allen Dingen und bei allen geschickt, kann satt sein und hungern, Überfluss haben und Mangel leiden. Ich vermag alles, durch den, der mich mächtig macht, Christus {Phil 4}.
Das 10. Kapitel
- Es wird von den Tugenden des Cornelius erzählt.
- Petrus wird von Cornelius gefordert und durch eine Erscheinung ermahnt, dass er die Heiden nicht scheuen soll.
- Darauf predigt er dem Cornelius und seinem Personal das Evangelium von Christus, und als sie mit dem Heiligen Geist begabt worden waren, tauft er sie.
1. Es war aber ein Mann zu Cäsarea mit Namen Cornelius, ein Hauptmann von der Schar, die da heißt die welsche,
Es: Bis hierhin waren durch die Predigt der Apostel die Juden und Judengenossen und auch etliche von den Heiden, die jedoch bereits zuvor, ehe sie die christliche Religion angenommen haben, beschnitten waren, zu Christus bekehrt worden. Jetzt aber werden wir hören, dass auch solche heidnischen Menschen die christliche Religion angenommen haben, die zwar an den wahren Gott Israels geglaubt haben, aber sich doch nicht beschneiden lassen haben. Und die Apostel waren noch in der Vorstellung, dass man die Heiden nicht unter die Christen aufnehmen dürfte, wenn sie sich nicht zuvor beschneiden ließen. Diese Vorstellung hatten sie aus etlichen Sprüchen der Propheten geschöpft, die sie nicht recht verstanden. Wie zum Beispiel Jesaja von der Kirche Christi so spricht: Es wird in Zukunft kein Unbeschnittener oder Unreiner in dieser regieren, Kapitel 52. Darum, damit der fromme Hauptmann Cornelius mit seinem Personal und seinen Freunden nicht von der Taufe Christi ausgeschlossen wurde, hat Gott der Herr Petrus in einer Erscheinung gezeigt, wie das Reich Christi auch den unbeschnittenen Heiden gehört und dass sie allein durch den Glauben an Christus selig würden, auch wenn sie sich nicht beschneiden ließen.
Die Welsche: Denn es waren ansonsten mehrere Scharen von römischen Kriegsleuten in Syrien und gelegentlich in die Besatzungen gelegt, damit die Untertanen, die das römische Joch gegen ihren Willen angenommen hatten, in Gehorsam und Zwang gehalten würden. Und solche Scharen hatten ihren besonderen Namen. Diese aber, über die Cornelius Hauptmann war, wurden die Welsche genannt. Es ist aber an den Untertanen nicht zu loben, wenn sie sich gegen die Obrigkeit so verhalten, dass diese ihnen eine Besatzung mit Kriegsleuten auferlegen muss, damit sie gehorsam bleiben. Und es steht um eine solche Obrigkeit auch ziemlich schlecht, die die Untertanen mit Gewalt in der Furcht halten muss. Denn durch Furcht wird eine Regierung auf Dauer nicht gut behütet.
2. gottselig und gottesfürchtig samt seinem ganzen Hause und gab dem Volk viel Almosen und betete immer zu Gott.
Zu Gott: Dieser Cornelius war ein heidnischer und abgöttischer Mensch gewesen, jedoch, als er sich eine Zeit lang im jüdischen Land aufgehalten und die Schriften der Propheten gelesen hatte, ist er zu dem wahren Gott Israels bekehrt worden. Und obwohl er nicht an die levitischen Zeremonien gebunden war, so hat er sich dennoch bemüht, unsträflich nach den 10 Geboten zu leben, so viel in der Schwachheit des Fleisches möglich war. Und er hat auch sein Personal in der rechten Religion und Gottseligkeit unterrichtet, erzogen und regiert. So glaubte er auch an den Messias, wusste aber nicht, dass dieser bereits gekommen war, und verstand noch nicht, wie es mit dem Reich Christi beschaffen wäre. Es ist aber an ihm zu loben, dass er sein Personal zur wahren Gottseligkeit angehalten hat, denn das steht den Hausvätern von Amts wegen zu. Und dieser Kriegsmann hat mit Fleiß nach der rechten Religion geforscht. Unter unseren Kriegsleuten werden viele gefunden, die sich um gar keine Religion kümmern. Dieser Hauptmann hatte reichlich Almosen gegeben. Viele Kriegsleute in unserer Zeit nehmen sich sogar den Besitz ihrer Freunde mit Gewalt. Dieser Kriegsmann hat oft und fleißig gebetet. Unsere Kriegsleute meinen, sie sind keine rechtschaffenen Soldaten, wenn sie nicht zu jedem Wort einen Fluch oder einen Schwur hinzufügen.
3. Der sah in einem Gesichte offenbar um die neunte Stunde am Tage einen Engel Gottes zu ihm eingehen, der sprach zu ihm: Cornelius!
Neunte Stunde: Das ist bei uns um 3:00 Uhr nachmittags oder zur Vesperzeit.
4. Er aber sah ihn an, erschrak und sprach: Herr, was ist es? Er aber sprach zu ihm: Dein Gebet und deine Almosen sind hinaufgekommen ins Gedächtnis vor Gott.
Ihn an: Und merkte, dass es kein Mensch, sondern ein Engel war.
Erschrak: Vor dem Anblick der himmlischen Majestät, die die schwache menschliche Natur nicht gut ertragen kann.
Was ist: Was ist dein Wunsch oder Befehl? Denn ich erkenne, dass du als ein Gesandter von Gott gekommen bist.
Nach Luther: Siehe, dieser Cornelius ist ein Heide und er ist unbeschnitten und ohne Gesetz und hat doch den Glauben des künftigen Christus, der ihn lehrt, gute Werke zu tun, obwohl er ein Krieger ist. Und er wird zum Glauben des erschienenen Christus erleuchtet.
Vor Gott: Das heißt: Gott hat dein gottseliges und eifriges Gebet, das du aus Glauben getan hast, erhört und deine Almosen sind ihm angenehm, die du bisher aus unverfälschter Liebe ausgeteilt hast. Darum erinnert sich Gott an deine Frömmigkeit und will dir deine guten Werke reichlich vergelten mit einer größeren Erkenntnis der himmlischen Wahrheiten und er wird auch herrliche Gaben des Heiligen Geistes über dich ausschütten. Auch wenn die Undankbarkeit der Welt groß ist, so werden doch unsere guten Werke, wenn sie aus Glauben geschehen, bei Gott nicht vergessen. Und von ihnen wird gesagt, dass sie dann vor Gott kommen, wenn er beginnt, sie zu belohnen, da ihm doch sonst nichts verborgen ist, sei es gut oder böse.
5. Und nun sende Männer gen Joppe und lass fordern Simon mit dem Zunamen Petrus,
Sende: Gott der Herr hätte durch eine innerliche Erleuchtung des Heiligen Geistes dem Cornelius offenbaren können, dass Christus gekommen wäre, oder er hätte dem Engel befehlen können, dass er dem Cornelius das Evangelium von Christus predigen soll. Aber es hat Gott gefallen, dass der Apostel Petrus erforderlich wurde, und Cornelius das Evangelium von Christus, wie er gekommen wäre, von ihm hörte. Und mit diesem Beispiel hat er zu verstehen gegeben, dass wir den Gebrauch des äußerlichen evangelischen Predigtamtes hoch achten sollen. Denn Gott will, dass wir die Menschen, die uns das Wort Gottes lehren, hören sollen und will durch ihr Predigtamt in den Herzen der Auserwählten kräftig sein.
6. welcher ist zur Herberge bei einem Gerber Simon, des Haus am Meer liegt; der wird dir sagen, was du tun sollst.
7. Und da der Engel, der mit Cornelius redete, hinweggegangen war, rief er zwei seiner Hausknechte und einen gottesfürchtigen Kriegsknecht von denen, die auf ihn warteten,
Gottesfürchtigen: Denn er hat nicht leichtfertige lose Menschen, sondern fromme Männer zu Petrus geschickt, damit er mit einer solchen ehrlichen Botschaft bezeugte, wie viel er von dem Knecht Gottes hielt. Heutzutage achten viele die reinen, treuen und gelehrten Kirchendiener gering und treten sie sogar mit Füßen.
8. und erzählte es ihnen alles und sandte sie gen Joppe.
Alles: Wie ihm ein Engel erschienen war und befohlen hatte, Petrus zu holen.
9. Des andern Tages, da diese auf dem Wege waren und nahe zur Stadt kamen, stieg Petrus hinauf auf den Söller, zu beten, um die sechste Stunde.
Anderen Tages: Am vorhergehenden Tag war Cornelius der Engel erschienen.
6 Stunde: Bei uns 12:00 Uhr mittags. Denn die Juden pflegten zu gewissen Zeiten ihr Gebet zu verrichten. Diesen Brauch haben die Apostel eine Zeit lang beibehalten. Es ist aber uns in der Christenheit keine bestimmte Stunde des Tages festgelegt, an der wir beten sollen, woran wir zwingend gebunden sein müssten. Aber doch sollen wir darauf achten, dass wir uns mit anderen Geschäften nicht gar so sehr aufhalten und deshalb unser tägliches Gebet unterlassen, oder aber fahrlässig und ohne Andacht das Gebet verrichten wollen.
10. Und als er hungrig ward, wollte er essen. Da sie ihm aber zubereiteten, ward er entzückt
Essen: Er wollte das Mittagsmahl einnehmen und sich mit Speise und Trank wieder stärken, denn wir sollen uns um seinen Leib kümmern, damit wir unser Amt verrichten können.
Zubereiteten: Was sie ihm zu Essen vorsetzen könnten.
11. und sah den Himmel aufgetan und herniederfahren zu ihm ein Gefäß wie ein groß leinen Tuch, an vier Zipfeln gebunden, und ward niedergelassen auf die Erde.
Gefäß: Die Hebräer nannten jeden Hausrat ein Gefäß oder ein Geschirr.
12. Darin waren allerlei vierfüßige Tiere der Erde und wilde Tiere und Gewürm und Vögel des Himmels.
Tiere: Darunter befanden sich auch solche, die von den Juden für unrein gehalten wurden, und die zu essen im Gesetz Moses ihnen verboten waren {3Mos 11}.
13. Und geschah eine Stimme zu ihm: Stehe auf, Petrus, schlachte und iss!
Iss: Mit diesem Bild gibt Gott der Herr zu verstehen, dass die Heiden, die früher mit den unreinen Tieren, Gewürm und Vögeln verglichen worden waren, keineswegs mehr für unrein zu halten sind, wenn sie das Evangelium Christi annehmen, auch wenn sie nicht beschnitten sind.
14. Petrus aber sprach: O nein, Herr; denn ich habe noch nie etwas Gemeines oder Unreines gegessen.
Gemeines: Die Juden nannten alles, was unrein war, gemein, weil das Volk Gottes von anderen gemeinen Völkern durch so viele verschiedene levitische Satzungen ausgesondert war.
15. Und die Stimme sprach wieder zu ihm: Was Gott gereinigt hat, das mache du nicht gemein.
Nicht gemein: Du sollst nicht für unrein halten, was Gott als rein bezeichnet hat. Denn wen Gott in Gnaden aufnimmt und ihn für das ewige Leben als würdig befindet, den sollen wir keineswegs verwerfen oder verachten. Gleichwie die Heiden, die zu Christus bekehrt worden sind, nicht zu verwerfen gewesen sind, so soll man die bußfertigen Sünder vom Reich Christi nicht ausschließen, auch wenn sie zuvor ein unreines Leben geführt haben.
16. Und das geschah zu drei Malen; und das Gefäß ward wieder aufgenommen gen Himmel.
Drei Malen: Solche dreifachen Wiederholungen bedeuten die Gewissheit der göttlichen Offenbarung.
17. Als aber Petrus sich in sich selbst bekümmerte, was das Gesicht wäre, das er gesehen hatte, siehe, da fragten die Männer, von Cornelius gesandt, nach dem Hause Simons und standen an der Tür,
Wäre: Was es bedeuten könnte, weil er nicht sofort verstand, was damit gemeint war. Denn es wissen auch vornehme Menschen nicht alle Dinge.
Tür: Welche Zukunft und welchen Wunsch das Bild Petrus zeigen wollte. Und Gott teilt die Zeiten auf das Genaueste ein, damit alles zu seiner rechten Zeit geschieht, auch wenn es uns erscheint, viele Dinge würden von ungefähr geschehen und vom Glück regiert. Aber es fällt auch kein Spatz auf die Erde ohne den Willen des himmlischen Vaters {Mt 10}.
18. riefen und forschten, ob Simon mit dem Zunamen Petrus allda zur Herberge wäre.
Riefen: Denn sie wollten nicht so schnell wegen ungeplanter Sachen ins Haus eindringen und sich unter die Juden mischen, weil sie unbeschnittene Heiden waren, damit sie gegen niemanden etwas unternahmen und Verdruss schufen.
19. Indem aber Petrus sich besinnt über dem Gesichte, sprach der Geist zu ihm: Siehe, drei Männer suchen dich.
Gesichte: Ob er eine Auslegung dafür finden könnte.
Zu ihm: Dass er es ihm in seinem Herzen offenbarte und zu verstehen gab.
20. Aber stehe auf, steige hinab und zieh mit ihnen und zweifle nichts; denn ich habe sie gesandt.
Zweifle nicht: Denn du tust recht und wohl daran.
Gesandt: Dass sie dich abfordern sollen. Auch wenn man heutzutage auf dergleichen besondere Offenbarungen des Heiligen Geistes nicht warten darf, so ist es doch sicher, dass die Handlungen der Gottseligen von dem Heiligen Geist regiert werden, damit sie zur Ehre Gottes und zum Nutzen der Kirche dienlich sind.
21. Da stieg Petrus hinab zu den Männern, die von Cornelius zu ihm gesandt waren, und sprach: Siehe, ich bin es, den ihr sucht; was ist die Sache, darum ihr hier seid?
22. Sie aber sprachen: Cornelius, der Hauptmann, ein frommer und Gottesfürchtiger Mann und gutes Gerüchts bei dem ganzen Volk der Juden, hat einen Befehl empfangen vom heiligen Engel, dass er dich sollte fordern lassen in sein Haus und Worte von dir hören.
Gutes Gerüchts: Er hat bei jedermann ein gutes Zeugnis, dass er sich mit Ernst zur israelitischen Religion bekennt und sich um das jüdische Volk bisher wohl verdient gemacht hat. Und hier tun diese Knechte recht und wohl daran, dass sie ihren Herrn Cornelius wegen seiner besonderen Frömmigkeit rühmen. Denen sind etliche gottlose Diener und Amtsleute sehr ungleich, die ihre frommen und mit vielen Tugenden begabten Herrn verachten, ihnen bei anderen Leuten übel nachreden und es darum nicht wert sind, dass sie die Guttaten solch frommen Herren täglich genießen.
Hören: Die zur Seligkeit seiner Seele dienlich sind.
23. Da rief er sie hinein und beherbergte sie. Des andern Tages zog Petrus aus mit ihnen, und etliche Brüder von Joppe gingen mit ihm.
Beherbergte sie: Denn es steht den Kirchendienern zu, dass sie nach ihrem Vermögen gastfreundlich und wohltätig sind.
Mit ihm: Damit er sicherer reisen konnte, wohin er wollte. Denn die Gemeinde soll sich die Wohlfahrt ihrer treuen Kirchendiener angelegen sein lassen.
24. Und des andern Tages kamen sie gen Cäsarea. Cornelius aber wartete auf sie und rief zusammen seine Verwandten und Freunde.
Und Freunde: Die Cornelius auch der ewigen Seligkeit teilhaftig machen wollte. Denn die Art der Liebe ist es, dass sie sich bemüht, viele zur rechten Erkenntnis Gottes zu bringen.
25. Und als Petrus hineinkam, ging ihm Cornelius entgegen und fiel zu seinen Füßen und betete ihn an.
26. Petrus aber richtete ihn auf und sprach: Stehe auf; ich bin auch ein Mensch.
Ein Mensch: Denn weil Petrus spürte, dass Cornelius aus einer großen Begierde heraus, die Diener Gottes zu ehren, zu viel des Guten tat, schlug er diese Ehre aus, die ihm nicht gebührte. Was wohl Petrus dazu gesagt hätte, wenn ihm eine solch göttliche Ehre erzeigt worden wäre, wie sie im Papsttum den verstorbenen Heiligen angetan wird, deren Bilder man auch anbetet?
27. Und als er sich mit ihm besprochen hatte, ging er hinein und fand ihrer viel, die zusammen gekommen waren.
28. Und er sprach zu ihnen: Ihr wisst, wie es ein ungewohntes Ding ist einem jüdischen Mann, sich zu tun oder zu kommen zu einem Fremdling; aber Gott hat mir gezeigt, keinen Menschen gemein oder unrein zu heißen.
Zu tun: Oder Gemeinschaft zu haben und freundlich umzugehen.
Fremdlinge: Zu einem Heiden, der unbeschnitten ist.
Keinen Menschen: Der an den rechten Gott wahrhaftig glaubt, egal ob er beschnitten oder unbeschnitten ist. Diesen Anfang hat Petrus der Juden wegen wählen müssen, die mit ihm gezogen waren, und auch um der Heiden willen, die sich beim Cornelius befanden, damit sie nicht meinten, Petrus würde aus irgendeiner Leichtfertigkeit die Satzungen der Alten übergehen, in denen verboten war, dass die Juden mit den Heiden Gemeinschaft haben sollten. Solche Verbote hatten die Alten deshalb unter den Juden ausgeben lassen, damit die Juden nicht etwa, wenn sie viel und oft mit den Heiden Umgang hätten, auch die Abgötterei nach und nach von ihnen lernen würden oder auch ihrem verkehrten und gottlosen Wandel folgten. Und man soll sich zwar so viel wie möglich von der Gemeinschaft böser Menschen fernhalten, damit man nichts Böses von ihnen lernt. Diejenigen aber die sich mit der Absicht zu ihnen gesellen, dass sie diese frömmer machen wollen, die tun nicht unrecht.
29. Darum habe ich mich nicht geweigert zu kommen, als ich gerufen wurde. So frage ich euch nun, warum ihr mich habt lassen rufen.
Lassen rufen: Denn ich sollte mich auf den göttlichen Befehl hin bei euch einstellen.
30. Cornelius sprach: Ich habe vier Tage gefastet bis an diese Stunde, und um die neunte Stunde betete ich in meinem Hause. Und siehe, da trat ein Mann vor mich in einem hellen Kleide
9 Stunde: Dies ist bei uns 3:00 Uhr nachmittags, eine Zeit, in der man heutzutage unter uns kaum einen nüchternen Menschen, der nichts gegessen hätte, finden kann. Das Fasten dient aber dazu, damit das Gebet umso emsiger und inbrünstiger ist. Denn ein voller Bauch und eine große Andacht finden sich selten zusammen.
Mann: Der ein Engel in menschlicher Gestalt gewesen ist.
31. und sprach: Cornelius, dein Gebet ist erhört, und deiner Almosen ist gedacht worden vor Gott.
Dein Gebet: Worin du dein Verlangen nach der ewigen Seligkeit erklärt hast.
Vor Gott: Der mit, bei und mitten unter uns ist.
32. So sende nun gen Joppe und lass herrufen einen Simon mit dem Zunamen Petrus, welcher ist zur Herberge in dem Hause des Gerbers Simon an dem Meer; der wird dir, wenn er kommt, sagen.
33. Da sandte ich von der Stunde an zu dir. Und du hast wohl getan, dass du gekommen bist. Nun sind wir alle hier gegenwärtig vor Gott, zu hören alles, was dir von Gott befohlen ist.
Zu hören: Dazu sind wir willig und bereit. Ein solch gieriges Gemüt zu hören und zu lernen, sollten wir bei allen Predigten des göttlichen Wortes haben.
34. Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Nun erfahre ich mit der Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht,
Mund auf: Sodass er mit einem besonderen Ansehen und Ernst von hohen und wichtigen Sachen zu reden anfing.
35. sondern in allerlei Volk, wer ihn fürchtet und recht tut, der ist ihm angenehm.
Angenehm: Und Gott liebt all diejenigen, die seinem Wort glauben, ihn fürchten und aus Glauben ein gottseliges Leben führen, egal, aus welchem Volk sie kommen. Dies ist also der Anfang der Predigt Petrus, worin er sich nach den Personen der Zuhörer richtet, dass er sich diese angenehm und gewogen machen konnte. Es gibt aber bei Gott so gar kein Ansehen der Person, dass er jedermann ohne Unterschied liebt, wer nur wahrhaftig an Christus glaubt und es gilt gleich, egal welches Geschlecht, Stand oder Alter einer haben mag.
36. Ihr wisst wohl von der Predigt, die Gott zu den Kindern Israel gesandt hat, und verkündigen lassen den Frieden durch Jesus Christus (welcher ist ein Herr über alles),
Frieden: Denn das Evangelium bringt dem Gewissen Frieden, weil es verkündigt, dass die, die an Christus glauben, Friede mit Gott haben {Röm 5}.
Über alles: Weil demnach Christus ein Herr über alles ist, so muss er wahrhaftiger Gott sein und alle Gewalt haben im Himmel und auf der Erde {Mt 28}.
37. die durchs ganze jüdische Land geschehen ist und angefangen in Galiläa nach der Taufe, die Johannes predigte:
Johannes predigte: Will so viel sagen: Ihr habt ohne Zweifel gehört, dass bald nach der Predigt des Johannes des Täufers (der jedermann zur Buße und die Taufe anzunehmen, ermahnt hat) Jesus Christus in Galiläa angefangen hat, dem Volk Gottes, nämlich, den Israeliten, das Evangelium zu predigen von der Gnade und Barmherzigkeit Gottes gegen das menschliche Geschlecht. Denn das heißt, den Frieden verkündigen. Er hat aber nicht nur in Galiläa gepredigt, sondern auch im ganzen jüdischen Land. Dieser Jesus ist ein Herr aller Kreaturen im Himmel und auf der Erde, darum ist das, was er gesagt hat im Himmel kräftig und bestätigt. Zusammengefasst ist also der Inhalt der Predigt des Petrus folgender: Jesus, von dem die Propheten geweissagt haben, der sich auch mit Wunderzeichen berühmt gemacht hat und von den Juden gekreuzigt worden ist, der ist von den Toten wiederauferstanden und der Welt zum Heiland geschenkt worden, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben erlangen.
38. wie Gott diesen Jesum von Nazareth gesalbt hat mit dem Heiligen Geiste und Kraft; der umhergezogen ist und hat wohlgetan und gesund gemacht alle, die vom Teufel überwältigt waren; denn Gott war mit ihm.
Gesalbt hat: Nach seiner Menschheit, dazu in Fülle und ohne Maß. Daher hat er Macht und Gewalt bekommen, Wunderzeichen zu tun so viele und so große er wollte und es ist ihm nichts unmöglich gewesen. Er hat aber diese, seine göttliche Kraft gut angelegt. Denn er hat aus freiem Willen Judäa und Galiläa durchwandert und allerlei Krankheiten, auch solche, die ansonsten unheilbar waren, vertrieben, dazu die Toten auferweckt, die Teufel ausgetrieben und die armen Menschen, die vom Satan gräulich geplagt wurden, aus seiner Gewalt errettet. Denn Gott wirkte in ihm und durch ihn. Zwar hat Christus nach seiner Menschheit den Heiligen Geist nicht nach dem Maß empfangen, sondern vollkommen, sodass er auch nach seiner Menschheit wegen der persönlichen Vereinigung allmächtig ist. Er ist aber freiwillig zu den Kranken gegangen und hat sie gesund gemacht, dazu die Teufel ausgetrieben, um anzuzeigen, er sei darum in die Welt gekommen, dass er dem menschlichen Geschlecht hilft und es selig macht und er ist ein Überwinder des Satans und will auch diejenigen, die unter der Tyrannei des Satans um der Sünde willen gefangen sind, erlösen.
39. Und wir sind Zeugen alles des, was er getan hat im jüdischen Lande und zu Jerusalem. Den haben sie getötet und an ein Holz gehangen.
Sind Zeugen: Weil wir ihm immer nachgefolgt sind und bei allen seinen Handlungen anwesend waren. Darum soll man die apostolischen Schriften annehmen, als wenn Christi selbst lehrte.
Gehangen: Sie haben ihm aber seine Guttaten sehr schlecht belohnt. So wie die Welt mit Undank ihre Wohltäter abzufertigen pflegt.
40. Diesen hat Gott auferweckt am dritten Tage und ihn lassen offenbar werden,
Auferweckt: Zum ewigen Leben. Denn die, welche die Welt unterdrückt, die erhöht Gott. Gleich, wie aber Christus, als er gekreuzigt worden ist, die Sünden der ganzen Welt gebüßt hat, so ist seine Auferstehung ein unfehlbares Zeugnis, dass die Sünde ausgetilgt, der Tod überwunden, die Hölle zerstört und der Teufel niedergerungen wurde, damit nichts mehr davon denen schaden kann, die an Christus glauben.
41. nicht allem Volk, sondern uns, den vorerwählten Zeugen von Gott, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er auferstanden ist von den Toten.
Nicht allem Volk: Denn es war nicht nötig.
Von Gott: Die der himmlische Vater dazu verordnet hatte, dass wir Zeugen der Auferstehung Christi sein sollten.
Getrunken haben: Damit wir seiner Auferstehung ausreichend versichert worden sind und mit Wahrheit davon zeugen können. Deswegen ist derjenige, der das Zeugnis der Apostel von Christus nicht annehmen, noch diesem mit Glauben folgen will, es nicht wert, dass man um Religionssachen mit ihm handelt.
42. Und er hat uns geboten, zu predigen dem Volk und zu zeugen, dass er ist verordnet von Gott ein Richter der Lebendigen und der Toten.
Zeugen: Dass wir mit Ernst und ohne Scheu lehren und bekennen.
Der Lebendigen: Denn der Tag des Herrn, der unverhofft kommen wird, der wird etliche lebendig treffen, die doch in einem Augenblick verwandelt werden müssen. Die aber gestorben sind, werden wiederauferstehen, damit sie alle vor den Richterstuhl Christi gestellt werden {1Kor 15 Röm 14}. Es soll deswegen ein jeder auf sich selbst sehen und sich auf diesem Gerichtstag gefasst machen, dass er nicht dort zur Verdammnis verurteilt wird. Weil wir aber alles Sünder sind, so können wir der Verdammnis auf keinem anderen Weg entkommen, als dass wir in diesem Leben Vergebung unserer Sünden erlangen, damit uns diese am Jüngsten Tag nicht zugerechnet werden. Denn selig ist (spricht David) dem die Übertretungen vergeben sind, dem die Sünde bedeckt ist und dem der Herr die Missetaten nicht zurechnet {Ps 32}. Wie wir aber solche Vergebung der Sünden erlangen, davon gibt Petrus im folgenden Unterricht.
43. Von diesem zeugen alle Propheten, dass durch seinen Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen {Jer 31v34 Hes 34v16 Dan 9v24 Mi 7v18}.
Glauben: Dass sie ihr Vertrauen auf diesem Mittler setzen, die haben vollkommene Vergebung all ihre Sünden. Und dies ist der rechte Ablass, nicht der des Papstes in Rom, sondern des Sohnes Gottes, Jesus Christus. Dies ist auch die rechte und einhellige Meinung der ganzen Kirche, nämlich aller Propheten, Christi und der Apostel. Darum sei die Einhelligkeit der Menschen verflucht, die die Vergebung der Sünden den menschlichen Verdiensten zuschreiben. Dies ist also ein kurzer Auszug der Predigt, die Petrus beim Cornelius in seiner und der Gegenwart seiner Freunde und Verwandten gehalten hat. Dieser Predigt haben sie von Herzen Beifall gegeben, wie aus den folgenden Worten abzuleiten ist.
44. Da Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die dem Wort zuhörten.
Wort: Dass er ihnen von dem Evangelium Christi predigte.
Fiel: Das heißt: Sie empfingen die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes, wie die Apostel diese am Pfingsttag zuvor auch bekommen hatten. Obwohl nun heutzutage den Gläubigen solche wunderbaren Gaben nicht mitgeteilt werden, weil die Lehre des Evangeliums mit Wunderwerken ausreichend bestätigt ist, so wird doch all denen in der Wahrheit der Heilige Geist gegeben, die dem Evangelium Christi glauben, damit sie mit dem innerlichen Zeugnis des Heiligen Geistes ihrer ewigen Seligkeit vergewissert werden, Gott anrufen, gute Werke tun, das Fleisch töten und schließlich im wahren Glauben und in der Gottseligkeit unter mancherlei Trübsal und Anfechtung bis ans Ende ausharren.
45. Und die Gläubigen aus der Beschneidung, die mit Petrus gekommen waren, entsetzten sich, dass auch auf die Heiden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde.
Gekommen waren: Denn diese waren Juden und beschnitten.
Ausgegossen wurde: Denn sie meinten, es könnte niemand ein rechter Christ sein, wenn er nicht zuvor beschnitten wäre und er danach von Moses zu Christus gewiesen würde. Aber dieses Wunderwerk bezeugt, dass alle die, die an Christus glauben, gerecht und selig werden. Egal ob sie von den Juden oder von den Heiden herkommen.
46. Denn sie hörten, dass sie mit Zungen redeten und Gott hoch priesen. Da antwortete Petrus:
47. Mag auch jemand das Wasser wehren, dass diese nicht getauft werden, die den Heiligen Geist empfangen haben gleichwie auch wir?
Auch wir: Dieses Wunderwerk zeigt ausreichend, dass diese, die an Christus glauben, Gott angenehm sind, auch Erben des ewigen Lebens sind. Warum wollten wir ihnen denn diese Siegel und Abzeichen des ewigen Lebens abschlagen?
48. Und befahl, sie zu taufen in dem Namen des Herrn. Da baten sie ihn, dass er etliche Tage dabliebe.
Des Herrn: Das heißt: Er befahl, sie auf die christliche Religion zu taufen. Und die Taufe ist im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit verrichtet worden, wie es Christus befohlen hatte. So brauchten sie die Taufe als ein Siegel zur Stärkung ihres Glaubens und zur Vermehrung der göttlichen Gaben in ihnen. Denn die, die Sakramente, die von Gott eingesetzt worden sind, verachten, die werden wiederum von Gott verachtet werden.
Dabliebe: Und sie besser in der Religion unterrichtete. Denn die rechten Christen möchten in der Erkenntnis Christi immer weiterkommen. Die aber des Evangeliums, wenn sie es kaum gehört haben, bald überdrüssig werden und meinen, sie haben bereits alles vollkommen gelernt, die nehmen nicht zu, sondern fallen normalerweise wiederum davon ab.
Das 11. Kapitel
- Petrus verantwortet sich und zeigt die Ursache an, warum er zum Cornelius gegangen und ihm das Geheimnis des Glaubens mitgeteilt hat.
- Danach folgt die Geschichte von der Kirche in Antiochia, wodurch sie angerichtet wurde und diese zugenommen hat.
- Agabus sagt eine künftige Teuerung voraus, deshalb eine Steuer für die Gläubigen in Judäa gesammelt wurde, die ihnen mit Paulus und Barnabas zugeschickt worden ist.
1. Es kam aber vor die Apostel und Brüder, die in dem jüdischen Lande waren, dass auch die Heiden hätten Gottes Wort angenommen.
Es kam: Es folgt jetzt, wie das Handeln des Apostels Petrus, indem er unbeschnittene Heiden durch die Predigt des Evangeliums und durch die Taufe in die christliche Kirche aufgenommen hatte, den anderen Gläubigen anfangs vorkommt.
Angenommen: Dass sie dem Evangelium geglaubt und auf die christliche Religion getauft wurden. Dieses ist ihnen sehr verwunderlich vorgekommen.
2. Und da Petrus hinaufkam gen Jerusalem, zankten mit ihm, die aus der Beschneidung waren,
3. und sprachen: Du bist eingegangen zu den Männern, die Vorhaut haben, und hast mit ihnen gegessen!
Gegessen: Die Juden, die zu Christus bekehrt waren, beschimpften Petrus, dass er zu den unbeschnittenen Heiden gezogen war und ihnen das Evangelium gepredigt hatte, ehe sie sich beschneiden ließen und das Gesetz Moses angenommen hatten, und er hat sie auch durch die Taufe in die Kirche Gottes aufgenommen, war dazu mit ihnen freundlich umgegangen und hatte mit ihnen gegessen. Dies alles kam ihnen fremd vor, und sie hielten es für schlecht. Denn sie meinten, die Heiden wären vor Gott so unrein, dass sie der ewigen Seligkeit oder auch des Evangeliums und der Sakramente nicht teilhaftig werden könnten, ehe sie zuvor durch die Beschneidung geheiligt worden wären. Darum glaubten sie, dass Petrus eine große Sünde begangen hätte, als er mit den Heiden so umgegangen ist, wie berichtet wird. Denn es entsteht auch in der rechten Kirche Gottes bisweilen eine Streiterei, die doch leicht beigelegt werden kann, wenn die Partei, die den Handel nicht recht verstanden hat, sich belehren und eines Besseren unterrichten lässt.
4. Petrus aber fing an und erzählte es ihnen nacheinander her und sprach:
Nacheinander: Wie die Sache mit ihm verlaufen ist. Und Petrus entschuldigt sich in der folgenden Erzählung gegenüber seinen Mitbrüdern mit großer Bescheidenheit, dass er in dieser Sache nichts getan hätte gegen und ohne den Willen Gottes, sondern auf seinen Befehl hin, der auch sein Handeln mit einem Wunderwerk bestätigt hatte. Weil nun diese Entschuldigung des Petrus eine Erzählung der Geschichte ist, von der im vorigen Kapitel bereits geschrieben wurde, wollen wir sie hier schlicht übergehen.
5. Ich war in der Stadt Joppe im Gebet und war entzückt und sah ein Gesicht, nämlich ein Gefäß herniederfahren wie ein großes leinenes Tuch mit vier Zipfeln und niedergelassen vom Himmel, und kam bis zu mir.
6. Darein sah ich und ward gewahr und sah vierfüßige Tiere der Erde und wilde Tiere und Gewürm und Vögel des Himmels.
Ward gewahr: Als ich eines nach dem anderen mit Fleiß anschaute.
Tier: Viele Arten, darunter auch viele unreine Tiere und Vögel waren.
7. Ich hörte aber eine Stimme, die sprach zu mir: Stehe auf, Petrus, schlachte und iss!
8. Ich aber sprach: O nein, Herr; denn es ist nie kein Gemeines noch Unreines in meinen Mund gegangen.
9. Aber die Stimme antwortete mir zum anderen Mal vom Himmel: Was Gott gereinigt hat, das mache du nicht gemein.
10. Das geschah aber dreimal; und ward alles wieder hinauf gen Himmel gezogen.
11. Und siehe, von der Stunde an standen drei Männer vor dem Hause, darin ich war, gesandt von Cäsarea zu mir.
Und siehe: Als ich über die Sache fleißig nachdachte, was solch ein Bild bedeuten könnte.
12. Der Geist aber sprach zu mir, ich sollte mit ihnen gehen und nicht zweifeln. Es kamen aber mit mir diese sechs Brüder, und wir gingen in des Mannes Haus.
Nicht zweifeln: Auch wenn es unbeschnittene Leute waren und sie mich zu unbeschnittenen Leuten baten.
Sechs Brüder: Die auch jetzt da stehen und wissen, dass ich alle Sachen so vorbringe, wie sie sich ereignet haben.
Des Mannes: Cornelius, der mich hatte rufen lassen.
13. Und er verkündigte uns, wie er gesehen hätte einen Engel in seinem Hause stehen, der zu ihm gesprochen hätte: Sende Männer gen Joppe und lass fordern den Simon mit dem Zunamen Petrus;
14. der wird dir Worte sagen, dadurch du selig werdest und dein ganzes Haus.
Selig werdest: Wenn du sie mit Glauben annehmen wirst.
15. Indem aber ich anfing zu reden, fiel der Heilige Geist auf sie gleichwie auf uns am ersten Anfang.
Zu reden: Dass ich ihnen das Wort Gottes vorhielt, und erklärte und in meiner Predigt noch nicht weit gekommen war.
Gleich: (Nach Luther) Ohne Unterschied von Verdienst und ohne Gesetz.
Erster Anfang: Nämlich am Pfingsttag, als sie anfingen, in mancherlei Sprache zu sprechen und Gott den Herren für seine Gnade und Güte, die er in dem Heiland Christus erzeigt hatte, priesen.
16. Da dachte ich an das Wort des Herrn, als er sagte: Johannes hat mit Wasser getauft; ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden {Apg 2 3 4}.
Dachte: Ich erinnerte mich der Verheißung Christi von den wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes und merkte, dass diese nicht nur die bekehrten Juden, sondern auch die unbeschnittenen Heiden etwas anginge, wenn sie nur auch wahrhaftig an Christus glauben, weil ich sah, dass sie ebensolche Gaben empfingen, wie wir.
17. So nun Gott ihnen gleiche Gaben gegeben hat wie auch uns, die da glauben an den Herrn Jesus Christus, wer war ich, dass ich könnte Gott wehren?
Gleiche Gaben: Dass nämlich die Heiden an den Heiland Christus glaubten und mit dem Heiligen Geist begabt wurden.
Gott wehren: Dass er seine Gnade den unbeschnittenen Heiden nicht entsagen würde. Darum habe ich in dieser Sache nicht ungebührlich gehandelt, sondern getan, was Gott befohlen und mit einem Wunderwerk bestätigt hat, um anzuzeigen, dass es ihm so gefällt.
18. Da sie das hörten, schwiegen sie stille und lobten Gott und sprachen: So hat Gott auch den Heiden Buße gegeben zum Leben!
Stille: Und waren zufrieden. Wenn wir also von unserem Nächsten eine rechte Entschuldigung hören, so sollen wir sie annehmen und nicht gegen unser Gewissen mit Streiten fortfahren.
Lobten Gott: Dass er durch das Evangelium auch die unbeschnittenen Heiden bekehrte, damit sie Buße täten und des ewigen Lebens teilhaftig würden. Wir sollen es denen auch von Herzen gönnen und uns mit ihnen freuen, die Gott mit seinem Wort erleuchtet und wir sollen ihnen so gut wie möglich behilflich sein, dass sie in der rechten Religion gestärkt werden und täglich zunehmen.
19. Die aber zerstreut waren in der Trübsal, so sich über Stephanus erhob, gingen umher bis gen Phönizien und Zypern und Antiochien und redeten das Wort zu niemand denn allein zu den Juden.
Die: Es folgt von einer zukünftigen Erweiterung und Ausbreitung des Reiches Christi.
Trübsal: Der Verfolgung, die in Jerusalem entstanden ist nach der Steinigung des Stephanus.
Juden: Denn sie wussten noch nicht, dass man das Evangelium Christi auch den unbeschnittenen Heiden predigen müsste. Das Evangelium Christi wird aber durch die Verfolgung nicht vertilgt, sondern nur weiter ausgebreitet. Dass sie aber noch nichts davon gewusst haben, dass das Evangelium auch den Heiden gehört, gibt uns dies zur Erinnerung, dass die Erkenntnis der göttlichen Geheimnisse nicht auf einmal erlangt wird, sondern nach und nach zunimmt.
20. Es waren aber etliche unter ihnen, Männer von Zypern und Kyrene, die kamen gen Antiochien und redeten auch zu den Griechen und predigten das Evangelium vom Herrn Jesus.
Griechen: Oder Heiden, weil die Juden alle Heiden Griechen nannten. Denn sie erkannten aus der Erleuchtung Gottes, dass man das Evangelium Christi nicht nur den Juden, sondern auch den unbeschnittenen Heiden predigen müsste. Denn Christus ist nicht nur den Juden, sondern auch den Heiden als Heiland gesandt worden {Jes 49}.
Herrn Jesus: Wie er für die Sünden des menschlichen Geschlechts gekreuzigt und zu unserer Gerechtigkeit wiederauferstanden ist und jetzt zur Rechten Gottes des allmächtigen Vaters regiert.
21. Und die Hand des Herrn war mit ihnen, und eine große Zahl ward gläubig und bekehrte sich zu dem Herrn.
Mit ihnen: Sodass Gott mit der Kraft des Heiligen Geistes durch die Prediger wirkte, dass sie das Evangelium mit großem Nutzen gepredigt und ihre Predigten mit Wunderwerken bestätigt haben, daher haben eine große Menge der Leute bei den Juden und Heiden die christliche Religion angenommen. Auch wenn heutzutage dergleichen Wunderwerke nicht geschehen, so besteht doch kein Zweifel, wo das Evangelium Christi rein gepredigt wird, dass es in den Herzen der Auserwählten kräftig ist.
Bekehrt: (Nach Luther) Ohne Gesetz kommen sie zu Christus.
22. Es kam aber diese Rede von ihnen vor die Ohren der Gemeinde zu Jerusalem; und sie sandten Barnabas, dass er hinginge bis gen Antiochien,
Diese Rede: Wie nämlich die Juden und Heiden das Evangelium an den angegebenen Orten angenommen hatten.
Barnabas: Einem vortrefflichen und von Gott hochbegabten Mann, mit herrlichen Gaben des Heiligen Geistes geschmückt.
Gen Antiochia: Damit er die, die an denselben Orten den christlichen Glauben angenommen hatten, darin stärkte und ihnen eine völlige Erkenntnis der christlichen Religion mitteilte. Denn die Kirchen, die vortreffliche Lehrer haben, sollen den neu beginnenden Kirchen in solchem Fall Beistand leisten und taugliche Kirchendiener zu ihnen schicken, durch die sie recht geordnet und bestellt werden. Weil die ganze Kirche in Christus ein Leib ist.
23. welcher, da er hinkommen war und sah die Gnade Gottes, ward er froh und ermahnte sie alle, dass sie mit festem Herzen an dem Herrn bleiben wollten.
Gnade Gottes: Damit hat Gott, der Herr, diese Leute angesehen und sie mit seiner heilsamen Erkenntnis begabt.
Froh: Denn es kann einem rechtschaffenen und treuen Kirchendiener keine größere Freude widerfahren, als wenn er sieht, dass die christliche Kirche fortgepflanzt wird.
Bleiben wollten: Und ihm wahren Glauben samt der Gottseligkeit beständig beharrten gegen alle Anfechtungen und Verfolgungen. Denn man muss die Zuhörer des Evangeliums ermahnen, dass sie im Eifer zur Religion nicht nachlassen, damit ihnen nicht geschieht, was ansonsten normalerweise passiert, dass der Anfang sehr eifrig und hitzig, das Mittlere lau, das Ende aber kalt wird.
24. Denn er war ein frommer Mann, voll Heiligen Geistes und Glaubens. Und es wurde ein großes Volk dem Herrn zugetan.
Voll: Er war mit herrlichen Gaben des Heiligen Geistes geziert.
Glaubens: Er hatte auch einen rechtschaffenen und lebendigen Glauben an Christus, der in seinem Herzen brannte.
Zugetan: Durch sein Predigtamt, sodass täglich viele Leute für Christus gewonnen wurden. Um solch reine und mit einem rechtschaffenen Eifer begabte Kirchendiener soll man bitten, weil die Kirche dadurch gewaltig erbaut und erweitert wird.
25. Barnabas aber zog aus gen Tarsus, Saulus wieder zu suchen.
Saulus: Der danach Paulus genannt wurde, weil er diesen zum Mitgehilfen zu sich nehmen wollte beim Aufbau der Kirche in Antiochia, da die sehr zunahm. Denn wir sollen uns selbst nicht einbilden, dass wir in unserem Amt keinen Gehilfen brauchten, oder glauben, es könne nichts Rechtes geschehen, wo es nicht durch uns selbst verrichtet wird.
26. Und da er ihn fand, führte er ihn gen Antiochien. Und sie blieben bei der Gemeinde ein ganzes Jahr und lehrten viel Volks; daher die Jünger am ersten zu Antiochien Christen genannt wurden.
Viel Volks: Welches die christliche Religion mit großem Eifer annahm.
Christen genannt: Denn zuvor nannte man die gläubigen Jünger. Die Bezeichnung Christen ist aber sehr ehrlich und rühmlich, weil er von unserem Heiland Christus herrührt. Darum werden wir mit unserem Herrn Christus, dem Überwinder des Teufels, des Todes und der Hölle leben. Und so oft wir mit Anfechtungen oder Trübsal geplagt werden, sollen wir uns unseres Namens erinnern, dass wir Christen sind und Glieder Christi, dazu Erben des ewigen Lebens. Wir sollen aber auch unser Leben so führen, wie es Christen gebührt und wohl ansteht.
27. In diesen Tagen kamen Propheten von Jerusalem gen Antiochien.
In: Es folgt jetzt ein herrliches Beispiel der christlichen Liebe in der ersten Kirche, die neu gepflanzt worden war.
Tagen: Als Barnabas und Paulus in der Kirche zu Antiochia lehrten.
Propheten: Die mit einer solchen Gabe des Heiligen Geistes geziert waren, dass sie zukünftige Dinge verkündigen konnten. Denn Gott teilt die Gaben des Heiligen Geistes in seiner Kirche auf mancherlei Weise aus und gibt einem nicht alles {1Kor 12}.
28. Und einer unter ihnen, mit Namen Agabus, stand auf und deutete durch den Geist eine große Teuerung, die da kommen sollte über den ganzen Kreis der Erde, welche geschah unter dem Kaiser Claudius.
Stand auf: In einer allgemeinen Versammlung.
Geist: Nämlich aus Offenbarung des Heiligen Geistes.
Große Teuerung: Davon berichten auch etliche heidnische Chronisten, besonders Suetonius. Es belegt aber Gott manchmal ein ganzes Land mit einer allgemeinen Teuerung, um die Üppigkeit, die Völlerei, die Unzucht, die Hoffart und andere Laster der gottlosen Leute zu strafen, die die guten Gaben Gottes missbrauchen. Unter einem solchen Kreuz wird gleichzeitig der Glaube der Frommen versucht und befestigt. Denn Gott erhält sie wunderbar, nach dem Spruch des 33. Psalm: Die Augen des Herrn sehen auf die, die ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen. Dass er ihre Seele errette vom Tode und ernähre sie in der Teuerung. Weil es aber auch passiert, dass auch die Frommen hungers sterben, (was doch selten geschieht) so sind sie unter die heiligen Märtyrer Gottes zu zählen.
29. Aber unter den Jüngern beschloss ein jeglicher, nachdem er vermochte, zu senden eine Handreichung den Brüdern, die in Judäa wohnten;
Handreichung: Oder Steuer und Hilfe. Denn nachdem sie aus den Weissagungen des Propheten Agabus verstanden hatten, was für eine beschwerliche Teuerung erfolgen würde, so verlegten sich die Christen nicht auf den Geiz, sondern waren darauf bedacht, wie sie die christliche Liebe gegeneinander erzeigen könnten.
30. wie sie denn auch taten und schickten es zu den Ältesten durch die Hand Barnabas und Saulus.
Ältesten: Oder Vornehmsten die der Kirchen vorstanden. Denn viele Christen im jüdischen Land waren um der christlichen Religion willen ihrer Güter beraubt worden {Hebr 10}. Darum war es sehr notwendig, dass man ihnen zu Hilfe kam, damit sie nicht hungers sterben. Hier hat man vieles zu beachten. Nämlich, dass die Christen untereinander mitleidig sein sollen und einer dem anderen mit einer Unterstützung zu Hilfe kommen soll. Auch müsse man denen zuerst Hilfe leisten, die es am nötigsten brauchen. Und man muss auch den guten Vorsatz ausführen, dass wir nicht nur daran denken, sondern es auch tun, bevor die inbrünstige und holdselige Zuneigung der Liebe erteilt wird. Zudem muss man die Verwaltung und Austeilung der Almosen frommen Menschen übertragen, deren Frömmigkeit und Aufrichtigkeit jedermann bekannt ist. Das sind Gott, dem Herrn, die angenehmsten Opfer. So schreibt es auch der Apostel im Kapitel 13 an die Hebräer: Wohl zu tun und mitzuteilen vergesst nicht. Denn solche Opfer gefallen Gott wohl.
Das 12. Kapitel
- Herodes lässt Apostel Jakobus mit dem Schwert hinrichten.
- Und Petrus ins Gefängnis werfen, der aber von einem Engel erlöst wird.
- Als Herodes sich göttliche Ehre zumisst, wird er von Würmern gefressen.
- Paulus und Barnabas kommen wieder nach Jerusalem.
1. Um diese Zeit legte der König Herodes die Hände an etliche von der Gemeinde, sie zu peinigen.
Zeit: Als das Reich Christi außerhalb des jüdischen Landes gewaltig zunahm, wovon in den vorigen Kapiteln gemeldet worden ist, als es unter den Juden und Heiden weit und breit erscholl und alles gut aussah, siehe, da schleicht ein Unglück heran. Denn es wird berichtet, wie Herodes gegen die Christen, ja auch gegen die Apostel Christi selbst eine Verfolgung beginnt, die doch auch zur Ehre Gottes und zur Erweiterung der Kirche gereicht.
Zu peinigen: Das heißt: Er verfolgte die Christen. Denn der Satan reizt manchmal durch seine Werkzeuge die weltliche Obrigkeit an, dass sie die Christen mit allerlei Strafen plagen und verfolgen. Dann gewinnt es für den menschlichen Sinn den Anschein, als würde die Kirche zugrunde gehen müssen und vertilgt werden, weil auch Könige und Fürsten sich dagegen stellen. Aber dann sollen wir uns am meisten an das Wort des 2. Psalms erinnern: Warum toben die Heiden.
2. Er tötete aber Jakobus, den Bruder des Johannes, mit dem Schwert.
Jakobus: Den Apostel. Christus hat ihn und seinen Bruder Donnerkinder genannt. Damit wollte er zu verstehen geben, mit welch großer Kraft und mit welch großem Ansehen sie das Evangelium predigen würden. Dennoch ließ er es hier geschehen, dass einer von diesen vornehmsten Aposteln auf Befehl eines Gottlosen Tyrannen schändlich hingerichtet wurde. Hier haben wir zu lernen, dass die Wohlfahrt der Kirche nicht auf dem langen Leben des einen oder anderen vortrefflichen Mannes begründet ist. Denn Gott kann andere, ebenso taugliche, wiederum erwecken. Auch werden wir dabei erinnert, dass die Kirche mit dem Blut der Märtyrer fruchtbar gemacht wird, weil die Beständigkeit der Märtyrer in der reinen Religion viele andere aufmuntert, dass sie die christliche Lehre erkennen und annehmen, die sonst nicht daran gedacht hätten. Nachdem der Apostel Jakobus seine Aufgaben erfüllt hatte, ist er aus dem Jammertal dieses Lebens in die ewige himmlische Freude versetzt worden. Denn es ist nicht wichtig, wie bald oder wie langsam, sondern wie gut wir sterben.
3. Und da er sah, dass es den Juden gefiel, fuhr er fort und fing Petrus auch. Es waren aber eben die Tage der süßen Brote.
Gefiel: Dass er die Christen verfolgte, und den Aposteln Jakobus hatte hinrichten lassen.
Petrus auch: Auch diesen wollte er töten, um den Juden einen Gefallen zu tun. Denn Tyrannen und Verfolger sind Leibeigene der falschen Lehrer, die vom Lügen - und Mordgeist getrieben werden. Und indem sie bösen Leuten etwas zu gefallen tun, stürzen sie sich dadurch ins endliche und ewige Verderben.
Süßen Brot: Zur selben Zeit hielt man das Osterfest ab, und während dieses Zeitraums wurden die gerichtlichen Prozesse, insbesondere die wegen schwerer Verbrechen, eingestellt.
4. Da er ihn nun griff, legte er ihn ins Gefängnis und überantwortete ihn vier Vierteilen Kriegsknechten, ihn zu bewahren, und gedachte, ihn nach Ostern dem Volk vorzustellen.
Vierteilen: Ich denke, das ist so zu verstehen, dass Herodes eine gewisse Anzahl Kriegsleute in vier Gruppen aufgeteilt hatte, die in Schichten das Gefängnis bewachten und sich zu gewissen Standen mit der Wache abwechselten. Sei es nun, wie es wolle, so ist doch sicher, dass Herodes den Apostel Petrus für seine zu erwartende Strafe peinlich genau bewachten und verwahren ließ, damit er nicht ausreißen konnte.
Nach Luther: Eine Gruppe Kriegsknechte wurde in vier Teile geteilt, wovon jeder Teil ein Viertel der Nacht Wache halten musste, eine Gruppe nach der anderen.
Vorzustellen: Dass er angeklagt und zum Tode verurteilt würde. Hier spürt man die Art der Heuchler, die sich scheuen, zurzeit des Osterfestes einen gerichtlichen Prozess zu führen, aber nach dem Fest einen unschuldigen Menschen und Apostel Christi, der wegen der vielen herrlichen Wunderwerke, die er getan hatte, in großem Ansehen stand und weit und breit berühmt war, ums Leben zu bringen keine Bedenken hatten. Solche Heuchler finden sich auch noch heutzutage, die viel eher einen unschuldigen Menschen erwürgen oder eine Jungfrau misshandelten, als dass sie am Freitag Fleisch essen. Das heißt, Mücken sieben und Kamele verschlucken {Mt 23}.
5. Und Petrus ward zwar im Gefängnis gehalten; aber die Gemeinde betete ohne Aufhören für ihn zu Gott.
Ohne aufhören: (Nach Luther) Hielt am Gebet fest, ließ nicht ab, so wie ein rechtes Gebet sein soll.
Zu Gott: Er wollte nicht zulassen, dass die Kirche zweier herrlicher Männer und Lehrer auf einmal beraubt würde, weil Jakobus bereits draufgegangen war. Die Christen machen kein Bündnis gegen Herodes, brechen auch das Gefängnis nicht mit Gewalt auf, sondern wenden sich zum Gebet und flehen zu Gott, als die Obrigkeit Wüterei betreibt. Das sind die besten Waffen und die stärkste Besatzung der Christen, die auch Untertanen sind. Denn man soll sich auch in Verfolgungen nicht unterstehen, gegen die ordentliche Obrigkeit einen Aufruhr zu beginnen.
6. Und da ihn Herodes wollte vorstellen, in derselben Nacht schlief Petrus zwischen zwei Kriegsknechten, gebunden mit zwei Ketten, und die Hüter vor der Tür hüteten das Gefängnis.
Nacht: Die dem Tag vorausging, an die man ihn anklagen und zum Tode verurteilen wollte, da errettete ihn Gott aus dem Rachen des Tyrannen. Denn auf diese Weise verspottet Gott die Tyrannen oftmals, dass, wenn sie glauben, sie hätten die Frommen schon mehr als halb verschlungen, sie Gott ihnen entzieht und aus dem Rachen reißt und ihr Vorhaben zunichtemacht.
Hüteten: Sodass es unmöglich schien, dass Petrus dem Herodes hätte entkommen können. Unterdessen hat Petrus in seiner höchsten Lebensgefahr ruhig geschlafen. Denn er hatte seine Seele Gott dem Herrn befohlen und wusste, dass er um keiner Übeltat willen, sondern wegen des Bekenntnisses des Evangeliums in solche Gefahr geraten war. Darum konnte er ohne Sorge schlafen, denn ein gutes Gewissen macht ein ruhiges Herz.
7. Und siehe, der Engel des Herrn kam daher, und ein Licht schien in dem Gemach; und schlug Petrus an die Seite und weckte ihn auf und sprach: Stehe schnell auf! Und die Ketten fielen ihm von seinen Händen.
Licht schien: Denn obwohl nicht alle Gefängnisse der Frommen auf diese Weise erleuchtet werden, so sitzen sie doch darum nicht im Finsteren. Sie können mit David sagen: Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten {Ps 27}?
Schnell: Denn wenn Gott einen Weg zeigt, auf dem man der Gefahr entrinnen kann, so soll man nicht säumen.
Vielen: Denn wo die menschliche Hilfe am Ende ist, da beginnt Gottes Hilfe.
8. Und der Engel sprach zu ihm: Gürte dich und tu deine Schuhe an! Und er tat also. Und er sprach zu ihm: Wirf deinen Mantel um dich und folge mir nach!
Gürte Dich: Damit du zum Aufbruch bereit bist.
9. Und er ging hinaus und folgte ihm und wusste nicht, dass ihm wahrhaftig solches geschehe durch den Engel, sondern es deuchte ihn, er sähe ein Gesicht.
Geschehe: Er konnte sich noch nicht erinnern, ob er wirklich aus dem Gefängnis geführt wurde oder nicht.
Gesichte: Er meinte, er wäre verrückt, dass ihm etwas vorkam, dass es in Wirklichkeit gar nicht gab. Denn Gott tut mehr, als wir hoffen dürfen.
10. Sie gingen aber durch die erste und andere Hut und kamen zu der eisernen Tür, welche zur Stadt führt; die tat sich ihnen von selber auf. Und traten hinaus und gingen hin eine Gasse lang; und also bald schied der Engel von ihm.
Hut: Oder Wacht. Ich glaube, dass es den Kriegsleuten, die Wache gehalten haben, ebenso erging, wie denen, die beim König Saul im Lager gewesen sind, als David in das Zelt des Saul gegangen war und den Spieß samt dem Becher des Königs weggenommen hatte, und keiner erwacht war. Es war ein tiefer Schlaf vom Herrn auf sie gefallen.
Von ihm: Weil Petrus nun erlöst war und wusste, an welchem Ort der Stadt er wäre. Auch wenn nicht alle frommen Gefangenen in der Weise errettet werden, so hat doch Gott mancherlei Weise und Wege, sie zu retten. Und da sie mit dem Leib nicht auskommen, so kann doch kein Tyrann verhindern, dass Gott, der Herr, sie nicht durch den Tod erlösen und ins Paradies versetzen könnte.
11. Und da Petrus zu sich selber kam, sprach er: Nun weiß ich wahrhaftig, dass der Herr seinen Engel gesandt hat und mich errettet aus der Hand des Herodes und von allem Warten des jüdischen Volks.
Selber kam: Als er feststellte, dass es keine Erscheinung war, sondern er gewiss aus dem Gefängnis erlöst war.
Volks: Dass ein großes Verlangen nach seinem Tod hat. Wir aber sollen die Guttaten Gottes, wenn wir aus irgendeiner Gefahr errettet worden sind, mit dankbarem Herzen erkennen und preisen.
12. Und als er sich besann, kam er vor das Haus Marias, der Mutter des Johannes, der mit dem Zunamen Markus hieß, da viele beieinander waren und beteten.
Besann: An welchem Ort der Stadt er wäre.
Markus: Von dem später in diesem Buch mehr erzählt wird.
Beteten: Zu Gott, dem Herrn, um die Erlösung Petrus. Diese Geschichte bezeugt also, was das gottselige Gebet vermag, besonders wenn die Christen einmütig etwas begehren. Denn so sagt Christus: Wo zwei oder drei unter euch eins werden auf Erden werden sie von meinem Vater im Himmel erhalten, worum sie bitten werden {Mt 18}. Und hier ist insbesondere der Eifer dieser Christen zu loben, dass sie auch nachts zum gemeinsamen Gebet zusammengekommen sind. Unsere Leute kann man kaum beim Tag zum gemeinsamen Gebet bringen, auch wenn man noch dazu mit den Glocken läutet.
13. Als aber Petrus an die Tür klopfte des Tores, trat hervor eine Magd, zu horchen, mit Namen Rhode.
Horchen: Wer da wäre und ob es nur einer oder mehrere wären? Denn es ist zu vermuten, dass die Christen, die zu dieser Zeit der Verfolgung beieinander versammelt waren, sich sehr gefürchtet haben und besorgt waren, man könnte sie als Kundschafter, überfallen und alle miteinander, oder zumindest die Vornehmsten, gefangen nehmen. Aber auf eine große Furcht folgt eine unverhoffte Freude.
Rhode: Das heißt, eben so viel wie Rose, und es ist ein gottseliges Mädchen gewesen, wie aus dem Folgenden zu sehen ist.
14. Und als sie des Petrus Stimme erkannte, tat sie das Tor nicht auf vor Freuden, lief aber hinein und verkündigte es ihnen, Petrus stünde vor dem Tor.
Ihnen: Den Gläubigen, die alle beieinander versammelt waren.
15. Sie aber sprachen zu ihr: Du bist unsinnig. Sie aber bestand darauf, es wäre also. Sie sprachen: Es ist sein Engel.
Unsinnig: Meinst du, Petrus könnte aus dem Kerker entkommen, worin er so gut bewacht ist? Denn sie konnten eine solche unverhoffte und fröhliche Nachricht nicht glauben.
Sein Engel: Der uns etwas gegen ihm verkündigen will, vielleicht dass er uns segnen lassen will und uns zur Standhaftigkeit ermahnt. Und sie waren in dieser Angelegenheit nicht unrecht daran, dass sie glaubten, dass jedem frommen Menschen ein Engel zum Schutz zugeordnet ist {Mt 18 Ps 91}.
Nach Luther: Sie glaubten zurecht, dass die Engel die Diener der gläubigen Menschen sind.
16. Petrus aber klopfte weiter an. Da sie aber auftaten, sahen sie ihn und entsetzten sich.
Entsetzten sich: Über das herrliche Wunderwerk, das sie spürten, welches Gott an Petrus erzeigt hat. Denn die Werke Gottes in der Erlösung seiner Gläubigen sind gewaltig.
17. Er aber winkte ihnen mit der Hand, zu schweigen, und erzählte ihnen, wie ihn der Herr hätte aus dem Gefängnis geführt, und sprach: Verkündigt dies Jakobus und den Brüdern. Und ging hinaus und zog an einen andern Ort.
Zu schweigen: Dass sie wegen der und versehenen Freude kein Geschrei machen sollten, sondern ihm zuvor zuzuhören.
Erzählt: Denn man soll die großen Wundertaten Gottes nicht mit Stillschweigen verstecken.
Jakobus: Dem Apostel, der sonst Jakobus Alphäus genannt wurde.
Brüdern: Den anderen Christen in Jerusalem, was Gott in seiner unendlichen Güte an mir getan hat, damit sie sich auch erfreuen und in dieser Gefahr gestärkt werden und Gott umso mehr vertrauen. Wir sollen deswegen darauf bedacht sein, dass wir unsere verängstigten Mitbrüder mit Trost erfreuen und im Glauben stärken.
Anderen Ort: An dem er sicherer bleiben und predigen konnte. Denn der Engel hatte ihn für dieses Mal nicht befohlen, dass er am folgenden Tag wieder im Tempel öffentlich lehren sollte, wie es im Kapitel 5 geschehen ist. Darum hat er gemerkt, dass er dem Wüten des Herodes eine Zeit lang aus dem Weg gehen müsste. Denn wir sollen der Gefahr, soweit es unser Beruf zulässt, entfliehen, damit wir Gott nicht versuchen.
18. Da es aber Tag ward, ward nicht eine kleine Bekümmernis unter den Kriegsknechten, wie es doch mit Petrus gegangen wäre.
Gegangen wäre: Wie er von den Fesseln frei werden und durch so viele Wachen und durch die eiserne Tür entkommen konnte.
19. Herodes aber, da er ihn forderte und nicht fand, ließ er die Hüter rechtfertigen und hieß sie wegführen und zog von Judäa hinab gen Cäsarea und hielt allda sein Wesen.
Rechtfertigen: Und verhören, ob sich irgendwer mit Geld hatte bestechen lassen und Petrus befreit hatte.
Wegführen: In ein anderes und zweifellos hässlicheres Gefängnis, weil sie Petrus nicht besser bewacht hätten, obwohl er ihnen sonst durch seine vorhergehenden Erkundigungen keine Untreue vorhalten konnte. Obwohl nun diese Hüter als unschuldig bezeichnet werden könnten, so werden sie doch von Gott gestraft mit dem Gefängnis, weil sie, um dem Tyrannen zu gefallen, einen heiligen und frommen Mann ins Gefängnis geworfen hatten und bereit waren, ihn zum Tod zu führen. Denn der Täter und der Beteiligte sind gleichermaßen strafwürdig.
Von Judäa: Voller Zorn wegen der Schande, die er mit Petrus erlebte, weil dieser ihm entkommen konnte.
20. Denn er gedachte, wider die von Tyrus und Sidon zu kriegen. Sie aber kamen einmütig zu ihm und überredeten des Königs Kämmerer, Blastus, und baten um Frieden, darum dass ihre Länder sich nähren mussten von des Königs Land.
Zu kriegen: Tyrus und Sidon sind zwei gewaltige Handelsstädte am Meer gewesen. Und die Leute bei Hofe und die Kaufleute sind selten einig miteinander. So werden oft die benachbarten Obrigkeiten über eine liederliche Sache unzufrieden, was hernach den Regierungen zum Schaden gereicht.
Zu ihm: Dass sie ihre Gesandten zum Herodes schickten und Friedensverhandlungen mit ihm führen ließen.
Blastus: Vielleicht dass sie ihn mit Geschenken zu bewegen versuchten, ihre Sache zu fördern und auf einen guten Weg zu bringen. Denn diejenigen, die die Gemüter der Könige oder Fürsten sich gewogen machen wollen, die versuchen die Kunst der vornehmsten Offiziere, die zu dieser Zeit in großer Gnade sind, zu erlangen und mit Geschenken auf ihre Seite zu bringen. Schmieren macht eine weiche Haut.
Königs Land: Dass sie kein Korn oder Getreide hätten, wenn ihnen der König aus seinem Land nichts schicken würde. Es sind aber die Mehrzahl der Menschen auf die tägliche Nahrung des Leibes mehr als auf die Religion bedacht.
21. Aber auf einen bestimmten Tag tat Herodes das königliche Kleid an, setzte sich auf den Richterstuhl und tat eine Rede zu ihnen.
Aber: Bisher haben wir von der Grausamkeit des Herodes gehört, womit er gegen die Kirche Gottes, besonders aber gegen die Apostel Christi gewütet und Unfrieden anzurichten versucht hat. Jetzt folgt, bei welcher Gelegenheit er von Gott mit einer ernsten Strafe belegt worden ist, dass er eines schändlichen Todes gestorben ist.
Kleid an: Um sich dadurch bei dem Volk ein viel größeres Ansehen zu machen.
Richterstuhl: In königlicher Majestät das Vorbringen der Gesandten anzuhören und Bescheid zu geben.
Zu ihnen: Den Gesandten. Ohne Zweifel hatte er ihnen lang und breit erzählt, was er für große und wichtige Gründe gehabt hätte, seine königliche Majestät und Hoheit gegen die Tyrer und Sidonier zu erhalten, doch er wäre willig und bereit, um des gemeinsamen Nutzens willen, Güte zu zeigen und zu übersehen, besonders, weil sie einen demütigen Kniefall täten, ihr Unrecht erkennen und Abbitte leisten würden. Und er wollte Frieden mit ihnen halten, obwohl er für seinen Teil dies nicht bräuchte. Ein gebührender Glanz ist dann den Königen und Fürsten nicht zu bemängeln, wenn es mit Maß geschieht und keine Üppigkeit oder besonderer Übermut daraus folgt.
22. Das Volk aber rief zu: Das ist Gottes Stimme und nicht eines Menschen {Hes 28v2}!
Volk: Das bei der öffentlichen Handlung, als die Tyrer und Sidonier in Gnaden aufgenommen wurden, anwesend war.
Gottes Stimme: Wir hören unseren König mit solcher Majestät reden, dass wir meinen, er sei kein Mensch, sondern ein Gott. Dies ist eine große Bosheit in dem Volk gewesen, dass sie einem sterblichen Menschen, dazu einen Gottlosen Tyrannen, göttliche Ehre zugemessen haben. So machen auch etliche aus ihren Fürsten Götter und aus Gott nichts. Aber diese Schmeichelei hat den Herodes ums Leben gebracht. Und die Schmeichelei ist das äußerste Verderben der Fürsten und Herren.
23. Alsbald schlug ihn der Engel des Herrn, darum dass er die Ehre nicht Gott gab, und ward gefressen von den Würmern und gab den Geist auf.
Schlug ihn: Den Herodes mit einer abscheulichen und unheilbaren Krankheit.
Gott gab: Sondern es geschehen ließ und nicht widersprach, als man ihm göttliche Ehre zubilligte, da er doch vor dieser Gottlosen Rede des Volkes besser Abscheu hätte haben sollen, gleichwie Paulus und Barnabas, als ihnen die Menschen in Licaonien göttliche Ehre zumessen wollten, und aus großem Unmut darüber ihre Kleider zerrissen und das Volk mit höchstem Fleiß abwehrten, dass sie so etwas nicht tun sollten {Apg 14}. So hätte es Herodes auch tun sollen. Es eignet sich auch der die göttliche Ehre an und misst sie sich zu, der seine Gaben, die ihm Gott geschenkt hat, für seine rühmt, als ob er sie von sich selbst aus hätte. Besonders aber ist die römische Bestie, der Papst, diesem Fall ganz auf der Seite des Herodes, weil er es dulden kann, dass ihn seine Schmeichelei für einen irdischen Gott ausrufen und rühmen.
Würmern: Die im ganzen Leib steckten, was natürlich ein schändlicher Tod gewesen ist, jedoch gebührt es einen solchen Tyrannen von Rechts wegen, der gegen die Kirche Gottes grausame Güter betrieben hat. Einen solchen Ausgang nimmt es normalerweise mit den Verfolgern der Kirchen, sodass es ein Blinder gleichsam mit der Hand greifen kann, die Strafe werde ihnen von Gott geschickt.
24. Das Wort Gottes aber wuchs und mehrte sich {Apg 6v7}.
Mehrte sich: So, dass das Evangelium immer weiter ausgebreitet wurde und je länger umso mehr zum Reich Christi versammelt wurde. Denn die Tyrannen gehen zugrunde, aber das Wort Gottes bleibt ewig {Jes 40}.
25. Barnabas aber und Saulus kamen wieder nach Jerusalem und überantworteten die Handreichung und nahmen mit sich Johannes mit dem Zunamen Markus.
Handreichung: Oder Steuer, weswegen sie nach Jerusalem gezogen waren, um das Geld, welches die Christen in Antiochia gesammelt hatten und ihren bedürftigen Mitchristen im jüdischen Land geschickt hatten, den Ältesten in Jerusalem treu auszuhändigen, wie im Kapitel 11 bereits berichtet wurde.
Mit sich: Als sie wieder nach Antiochia umkehrten. Und sie hofften, dass sie seine Hilfe der Fortpflanzung des Evangeliums glücklich gebrauchen konnten. Aber es ist nicht alles nach ihrem Wunsch ergangen, wie wir später hören werden. Denn es täuschen sich auch bisweilen fromme Menschen in ihrer Wahl.
Das 13. Kapitel
- Paulus und Barnabas werden auf Befehl des Heiligen Geistes zur apostolischen Reise ausgesondert.
- In Papho wird der Zauberer Elimas von Paulus geblendet und der Landvogt Sergius Paulus zu Christus bekehrt.
- Paulus Predigt in Antiochien in Pisida das Evangelium von Christus.
- Die Juden widersprechen dem Apostel Paulus heftig, der ihnen droht, dass sie der Guttat des gepredigten göttlichen Wortes beraubt werden.
- Darauf erregen sie eine Verfolgung gegen Paulus und Barnabas.
1. Es waren aber zu Antiochien in der Gemeinde Propheten und Lehrer, nämlich Barnabas und Simon, genannt Niger, und Lucius von Kyrene und Manahen, mit Herodes dem Vierfürsten erzogen, und Saulus.
Es: Im 10. Kapitel hatte Petrus den Anfang gemacht, die unbeschnittenen Heiden in die Kirche Gottes aufzunehmen. Jetzt aber werden öffentlich zwei Apostel, Paulus und Barnabas, zu ihnen geschickt, dass sie ihnen das Evangelium Christi verkündigen und sie in die Gemeinschaft der himmlischen Güter aufnehmen sollen.
Waren: Zur gleichen Zeit, als Paulus und Barnabas wieder dahin gekommen waren.
Lehrer: Die Heilige Schrift in der Kirche gewaltig und gründlich erklärten. Darunter hatten auch etliche die Gabe, dass sie von zukünftigen Dingen weissagen konnten. Denn Gott gibt bisweilen einer Kirche viele vortreffliche Männer, die auch anderen Kirchen mit ihren Gaben dienen können.
Erzogen: Am Hof. Es ist aber ein Wunder gewesen, dass dieser Manahen sich nicht nur allein aus der Üppigkeit und der zeitlichen Wollust des Gottlosen Hofes hat herausreißen können und die christliche Religion, nicht ohne Gefahr, annehmen konnte, sondern auch, dass er sich nicht geschämt hat, das Evangelium zu predigen, wovor doch sonst viele von ihnen einen Ekel haben. Aber Gott erweckt auch noch heutzutage etliche an Gottlosen Herrenhöfen, die das Evangelium Christi annehmen und (wie Moses), die lieber mit dem Volk Gottes Ungemach leiden wollen, als die zeitliche Ergötzung der Sünden zu haben {Hebr 11}. Doch solche Leute sind dünn gesät.
2. Da sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir aus Barnabas und Saulus zu dem Werk, dazu ich sie berufen habe.
Dienten: Dass die Lehre dieser Kirchen mit dem Heiligen Predigtamt umgingen mit Lehren, Beten, Taufen, das Abendmahl des Herrn reichen und dazu mit der Gemeinde nach Gewohnheit des jüdischen Volkes fasten, damit alles mit umso mehr Andacht und mit größerem Eifer verrichtet wird. Da hat Gott durch einen Propheten vielleicht den Agabus (von dem wir im Kapitel 11 gehört haben, dass er nach Antiochia gekommen ist) anzeigen lassen, dass sie Barnabas und Paulus von ihrer Gemeinde trennen sollten, weil ihnen Gott ein anderes Amt befehlen wollte. Sie sollten nämlich eine weitere und schwere Reise unternehmen, um die Heiden zu bekehren. An dieser Stelle geben sich die Katholiken eine Blöße, dass sie aus dem Wörtlein „dienten“ das Opfer der Messe herausziehen und erzwingen wollen, obwohl es doch ein einfaches Wort ist und zu allen Verrichtungen des Gottesdienstes verwendet werden kann. So geschieht hier durchaus keine Meldung davon, dass sie den Leib oder das Blut Christi geopfert hätten. Darum mögen sich die Humanisten mit ihrer elenden Beweisführung verkriechen, wenn sie keine bessere haben und sie keine bessere aufbringen können. So fasteten sie zwar in den Erste Kirche oft, nicht um mit solchen Werken die Sünden zu büßen und bei Gott abzutragen, sondern damit das Gebet umso inbrünstiger wäre. Denn bei einem vollen Bauch findet sich eine schlechte Andacht. Die Kirchendiener aber sollen ihre ordentliche Aufgabe wahrnehmen und auch, wenn an einem fremden Ort eine Kirche einen von ihnen benötigt, sie sich nicht um ihres eigenen Nutzens willen dagegen sperren und damit entschuldigen wollen, dass sie bereits eine ordentliche Aufgabe haben, bei der sie bleiben wollen. Denn man muss auch anderen Kirchen in der Fremde zu Hilfe kommen, wenn sie einen Mangel an tauglichen und getreuen Kirchendienern haben.
3. Da fasteten sie und beteten und legten die Hände auf sie und ließen sie gehen.
Fasteten sie: Die anderen Lehrer der Kirche in Antiochia mit der Gemeinde, damit das Gebet umso eifriger wäre.
Beteten: Sie riefen Gott den Herrn an, dass er durch das Predigtamt des Barnabas und des Paulus das Reich Christi glücklich fortpflanzen und erweitern wollte. Denn wenn jemandem ein neues Amt auferlegt wird, so soll man Gott anrufen und bitten, dass er Glück und Segen dazu geben möchte. Solche gottseligen Glückwünsche, womit wir unseren Nächsten in ähnlichen Fällen in allem einen glücklichen Fortgang wünschen, sind nichts anderes, als gottseligen und kräftige Gebete.
Auf sie: Mit solchen Zeremonien bezeugte die Kirche öffentlich, dass die Personen, denen sie die Hände auflegten, zum Predigtamt berufen wären, und diejenigen, denen die Hände aufgelegt wurden, dadurch gestärkt wurden, dass sie sicher wussten, sie würden nichts beginnen ohne ordentliche Aufgabe. Heutzutage ist das Auflegen der Hände, wenn jemand zum Predigtamt erwählt wird, ein Mittelding, das man tun oder unterlassen kann. Meiner Meinung nach ist es jedoch dazu gut, dass die Kirchendiener sich ihres Amtes umso mehr bewusst werden und die Kirche umso fleißiger für sie betet, auch ihr Amt und ihr Handeln nicht ansieht wie das Werk eines einfachen Menschen und sie desto weniger achtet oder in den Wind schlägt. Es soll aber keiner ohne ordentlichen Beruf zum Predigtamt in die Kirche eindringen. Denn es steht von den falschen Propheten geschrieben. Sie liefen und ich sandte sie nicht {Jer 23}.
4. Und wie sie ausgesandt waren vom Heiligen Geist, kamen sie gen Seleucia, und von dort schifften sie gen Zypern.
Sie: Paulus und Barnabas zusammen mit ihren Gefährten.
Ausgesandt: Zum Predigtamt, dieses mit Freude zu betreiben.
5. Und da sie in die Stadt Salamis kamen, verkündigten sie das Wort Gottes in der Juden Schulen; sie hatten aber auch Johannes zum Diener.
Salamis: Dies war die vornehmste Stadt auf der Insel Zypern.
Judenschule: Sie waren zwar zu den Heiden ausgesandt worden, weil sie jedoch in den Ländern, wo sie hinkamen, auch Juden fanden, sollten sie diese der Predigt des Evangeliums nicht berauben, sondern vielmehr zunächst ihnen das Evangelium verkündigen, denen Christus auch zuerst gesandt worden ist. Und obwohl die Juden hin und wieder sehr halsstarrig waren und dem Evangelium Christi größtenteils widersprachen, so sollten doch die Apostel deshalb nicht aus reiner Bosheit von allen anderen gleichermaßen urteilen. Denn man soll nicht ein ganzes Volk beurteilen, auch wenn sich darunter etliche Gottlose finden.
Johannes: Der mit dem Zunamen Markus hieß und der eine Zeit lang nach seinen Kräften bei der Fortpflanzung des Evangeliums Beistand leistete. Denn etliche lassen sich im Predigtamt eine Weile tapfer gebrauchen, wenn sie dann aber der Arbeit und der Mühe überdrüssig geworden sind, zu suchen sie mehr ihren eigenen Nutzen, als den der Kirchen, wie wir später von diesem Johannes Markus auch hören werden.
6. Und da sie die Insel durchzogen bis zu der Stadt Paphos, fanden sie einen Zauberer und falschen Propheten, einen Juden, der hieß Bar - Jehu.
Paphos: Dort hatte früher die Abgöttin Venus einen herrlichen Tempel gehabt. Auch dort haben sie das Evangelium Christi gepredigt. Früher bei den Heiden ist die ganze Insel Zypern der Abgöttin Venus geweiht gewesen, der man mit Unzucht, Hurerei und Ehebruch gedient hat. Daran kann man leicht sehen, was es damals an diesem Ort für einen Zustand gehabt hat. Dass aber Gott der Herr dennoch diesen Unflätigen und Wüstenheiden seine Apostel geschickt hat, von denen sie das Evangelium Christi hören, sich bekehren und selig werden können, ist ein solches Zeugnis, dass die Seligkeit und das ewige Leben den Menschen aus keinem ihrer Verdienste oder aus eigener Würdigkeit widerfährt, sondern aus lauter Gnaden und Erbarmen Gottes. Auch muss man an keinem Volk, wie gottlos und lasterhaft es auch ist, verzagen, als ob es nicht zu Gott bekehrt und durch das Predigtamt des Evangeliums geheiligt werden könnte.
Bar Jehu: Das bedeutet so viel wie ein Sohn Gottes. Diesen Namen hat sich der oberste der Teufel ohne Zweifel selbst zugemessen, um dadurch ein größeres Ansehen zu erlangen, und vielleicht hat er dazu diesen Namen in abergläubischerweise zur Zauberei missbraucht, so, wie auch noch heutzutage solche Menschen das Zeichen des Kreuzes und der Engel oder auch den Namen des Allerheiligsten Gottes zu ungebührlichen Dingen benutzen. Aber solche Zauberkünste sind im Gesetz Moses bei schwerer Strafe verboten worden und stehen heutzutage den Christen ebenso wenig frei, als früher den Juden. Darum soll eine Obrigkeit die Zauberer oder Schwarzkünstler, wo sie es nicht bleiben lassen wollen, ernstlich strafen. Und es sind auch die eines ernstlichen Verweises, oder aber, wo sie Ihr Unrecht nicht bekennen und Abbitte leisten und Besserung zusagen, einer Strafe wert, die die Zauberer um Rat fragen.
Nach Luther: Das ist laut 5. Mose ein Sohn Gottes. Denn die hebräische Sprache nennt Gott Jehu, das ist der Name Tetragammaton, wovon die Juden viele Wunder erhofften. So wird dieser Zauberer auch dessen Namen gebraucht haben, wie jetzt die Zauberer das Kreuz und andere heilige Worte und Zeichen benutzen.
7. Der war bei Sergius Paulus dem Landvogt, einem verständigen Mann. Dieser rief zu sich Barnabas und Saulus und begehrte, das Wort Gottes zu hören.
Verständigen Mann: In weltlichen Sachen. Denn die falschen Lehrer und Verführer schleichen sich bei den Fürsten und großen Herren ein, damit sie hernach ihre Irrtümer umso leichter ausbreiten ihren Betrug fortsetzen können. Solche falschen Lehren schickt der Satan auch noch heutzutage an große Herrenhöfe, dass sie dort, wo sie sonst keinen großen Schaden anrichten können, dennoch viel Gutes und Nützliches verhindern. Daraus ist ein Sprichwort entstanden: Wo der Teufel selbst nicht hinkommen kann, da schickt er seine Boten hin.
Zu hören: Von den neuen Predigen, wovon er gehört hatte, dass sie in der Stadt Paphos angekommen wären. Denn weil er nach der ewigen Seligkeit ein herzliches Verlangen hatte, begehrte er, den rechten Weg zum ewigen Leben aus dem Wort Gottes zu lernen. Zweifellos war die Ursache dafür das Gerücht, das vom Evangelium weit und breit erklang und die darauf folgenden gewöhnlichen Wunderwerke, von denen er auch vielerlei gehört hatte. Diesem Sergius sind diejenigen sehr ungleich, die man geradezu dazu zwingen muss, dass sie Gottes Wort anhören und den Weg zum ewigen Leben erkennen lernen.
8. Da stand ihnen wider der Zauberer Elymas (denn also wird sein Name gedeutet) und trachtete, dass er den Landvogt vom Glauben wendete.
Elymas: (Nach Luther) Das klingt auf Hebräisch so, als habe er sich Elimessias genannt, das heißt, Gottes König oder ein gesalbter Gottes. Denn die Juden und besonders solche Leute pflegen hohe göttliche Namen zu führen.
Wendete: Denn genauso wie die Zauberer in Ägypten, Jannes und Jambres, mit ihrem Zauber Moses widerstanden vor dem König in Ägypten, als sie begehrten, dass er das Volk Israel ziehen lassen sollte {2Tim 2}. So widersprach der Zauberer und Jude Bar Jehu den Aposteln und ihrer evangelischen Lehre und wollte verhindern, dass der Landvogt dem Evangelium Christi glaubte. Denn wo das Evangelium gepredigt wird, da hat es seine Gegner, dessen Gespött und falsche Auslegungen man nicht beachten muss. Dieser Bösewicht hat sich aber auch mit einem anderen Namen Elimas genannt, was so viel heißt, wie Gottes König und Gesalbter, weil es unter den Juden bekannt und gleichsam eine einfache Sage war, dass ihr Messias, den ihnen Gott zu senden versprochen hatte, ein König und Gesalbter oder der Sohn Gottes sein würde, darum hat sich dieser Verführer bald als Sohn Gottes, bald als Gesalbten Gottes bezeichnet, und er ist einer aus dem Haufen gewesen, von dem Christus geweissagt hatte, indem er sagte: Seht zu, dass euch niemand verführt. Denn viele werden kommen in meinem Namen und sagen: Ich bin Christus oder Messias {Mt 24}. Die aber nicht Gottes, sondern ihre Ehre suchen, die sind keine treuen Diener der Kirche.
9. Saulus aber, der auch Paulus heißt, voll Heiligen Geistes, sah ihn an
Geistes: Von dem er angeregt, aufgemuntert und mit einem göttlichem Eifer entflammt war.
10. und sprach: O du Kind des Teufels, voll aller List und aller Schalkheit und Feind aller Gerechtigkeit! Du hörst nicht auf, abzuwenden die rechten Wege des Herrn.
Des Teufels: Und nicht Gottes, wie du dich rühmst.
Abzuwenden: Denn du bist nicht deshalb daher gekommen, dass du den Menschen den rechten Weg zur Seligkeit und wie sie gottselig leben sollen, zeigen willst, sondern du versuchst nur, wie du die elenden Leute von dem Weg, der zu Gerechtigkeit, Gottseligkeit und zum ewigen Leben führt, abwenden kannst.
Rechten Weg: Denn Gott in der Heiligen Schrift deutlich und klar genug gezeigt hat, wodurch man zum ewigen Leben kommen muss. Aber du betörst die Leute mit deinen falschen Auslegungen, Verfälschungen und Wendungen und führst sie vom rechten Weg ab. Diese Scheltworte des Paulus sind nicht aus einem fleischlichen Zorn hervorgekommen, sondern aus einem göttlichen Eifer, denn der Heilige Geist in ihm erweckt hat. Denn wenn die reinen Kirchendiener sich gegen die falsche Lehre mit großem Ernst entgegenstellen, so soll man solch einen Eifer verwerfen oder schimpfen, noch viel weniger ihn abwehren, sondern sie vielmehr loben. Denn wir können die Wölfe nicht als Hirten bezeichnen, noch den Teufel einen Gott nennen.
11. Und nun siehe, die Hand des Herrn kommt über dich, und sollst blind sein und die Sonne eine Zeit lang nicht sehen. Und von der Stunde an fiel auf ihn Dunkelheit und Finsternis; und ging umher und suchte Handleiter.
Über dich: Gott wird mit der Strafe seine Allmacht und sein gerechtes Urteil gegen dich zeigen.
Handleiter: Die ihn führten. Es ist aber recht mit Blindheit geschlagen worden, wer anderen mit seinen Betrügereien und seiner Falschheit betört und geblendet hat. Und diejenigen, die sich der himmlischen Wahrheit halsstarrig widersetzen, die werden von Gott mit innerlicher Blindheit geschlagen und gestraft, dass sie noch verstockter werden. Die, die die reinen Kirchendiener Gottes zuschanden machen wollen, die werden selbst mit Schimpf und Spott dastehen. Dieser Zauberer ist aber nur eine Zeit lang mit Blindheit geschlagen worden, damit, wenn er Buße täte, diese zeitliche Strafe aufhörte. Wenn er keine Buße tun wollte, so müsste er die ewige Finsternis erwarten, wo heulen und Zähneklappern sind. Der kann er nicht entgehen, auch wenn er das körperliche Augenlicht wiedererlangt hat.
12. Als der Landvogt die Geschichte sah, glaubte er und verwunderte sich der Lehre des Herrn.
Landvogt: (Nach Luther) Der ist ja auch ohne Gesetz und Verdienst ein Christ und heilig, obwohl er doch ein Heide und weltlicher Herr ist.
Glaubte er: Dem Evangelium, von dem er meinte, dass es voll von beständigem und wahrhaftigen Trost wäre, dazu noch mit göttlichen Wunderwerken bestätigt worden ist. Aber die Betrügereien des Zauberers ließ er fahren. Denn das ist der rechte Nutzen der Wunderwerke, dass die Lehre des Evangeliums dadurch bestätigt wird und die Menschen zur Erkenntnis Christi, des einigen Heilands, gebracht werden. Darum sind die päpstlichen Wunderzeichen, die von Christus zu den Kreaturen hinführen und diese zu verehren gebieten, nichtige, falsche, antichristliche Wunderwerke {2Thes 2}. Aus der Bekehrung des römischen Landvogt zu Christus lernen wir, dass Gott auch unter den Weisen und Mächtigen in dieser Welt etliche Auserwählte hat, die er mit seiner wahren Erkenntnis versieht und selig macht. Und ohne Zweifel hat das Evangelium Christi mit der Zeit auf dieser Insel sehr zugenommen. Denn das Reich Gottes ist einem Sauerteig gleich, den eine Frau nahm und ihn unter drei Scheffel Mehl knetete, bis er ganz durchsäuert war {Mt 13}.
13. Da aber Paulus, und die um ihn waren, von Paphos schifften, kamen sie gen Perge im Lande Pamphylien. Johannes aber wich von ihnen und zog wieder gen Jerusalem.
Um ihn waren: Unter denen befand sich auch Barnabas.
Nach Perge: Denn sie konnte nicht die ganze Zeit an einem Ort bleiben, weil sie das Evangelium weit und breit ausstreuen und den Herrn Christus an vielen Orten Kirchen pflanzen sollten.
Johannes: Mit dem Zunamen Markus, von dem wir kurz zuvor gehört haben.
Von ihnen: Weil er sah, wie viel Mühe das Predigtamt mit sich brachte und dazu auch allerlei Gefahren gewärtig wären. Solche Kleinmütigkeit ist an ihm gar nicht zu loben gewesen. Denn die das Predigtamt des Evangeliums auf sich nehmen die dürfen sich nicht viele guten Tage oder zeitliche Wollust dabei erwarten, sondern vielmehr damit rechnen und bedenken, ob sie auch mit Hilfe und göttlicher Gnade allerlei Beschwerden und Gefahren ausstehen können.
14. Sie aber zogen durch von Perge und kamen gen Antiochien im Lande Pisidien und gingen in die Schule am Sabbattage und setzten sich.
Pisidien: Darum ist es nicht Antiochia gewesen, von wo sie ausgezogen waren, denn diese Stadt liegt nicht in Pisidien, sondern in Syrien.
Setzten sich: Damit sie dort dem Wort Gottes zuhörten, weil sie wussten, dass man dieses dort verlesen würde und sie daher Anlass nahmen, das Evangelium Christi zu predigen. Denn sie wollten erneut den Juden die Lehre des Evangeliums als erstes vortragen, ehe sie den Heiden predigten, damit die Israeliten sich weniger ärgerten.
15. Nach der Lektion aber des Gesetzes und der Propheten sandten die Obersten der Schule zu ihnen und ließen ihnen sagen: Liebe Brüder, wollt ihr etwas reden und das Volk ermahnen, so sagt an.
Propheten: Denn die Israeliten pflegten in ihren Schulen, so oft sie zusammenkamen, ein Stück aus dem Gesetz Moses, sowie auch etliche Predigten aus den Schriften der Propheten vorzulesen. Danach nahmen etliche gelehrte Männer aus dem verlesenen Text Anlass, eine Ermahnung an das Volk zu richten. Allerdings wie bei uns ein Text aus der Bibel genommen und hernach erklärt wird, auch die Lehrpunkte, die darin beinhaltet sind, aufgezeigt werden, so hat man im Papsttum zwar viele Dinge aus der Heiligen Schrift in der gemeinsamen Versammlung der Kirche gesungen und gelesen, aber in fremder Sprache, die die Gemeinde größtenteils nicht verstand. Danach, wenn der Text abgelesen worden ist, den man in der Predigt auslegen und erklären sollte, so ist man bald auf die heidnischen Bücher, wie des Aristoteles von den guten Sitten und wenn es ganz gut ging, auf die Schriften der Väter und Sprüche gefallen. Und endlich hat man die Predigt mit einem Märchen aus dem Rosario oder Stellario der Jungfrau Maria von den Seelen, die aus dem Fegefeuer erlöst wurden und dergleichen Narrheiten beendet. Darum sollen wir Gott von Herzen Lob und Dank dafür sagen, dass er uns das Licht des Evangeliums hell scheinen lässt und wir die prophetischen und apostolischen Schriften in unserer Muttersprache hören können, die durch Gottes Gnade rein und ehrlich erklärt werden, nicht aus den Büchern und Kommentaren des Aristoteles auch nicht aus den Sprüchen der Väter, die man zu Unrecht heranzieht, sondern aus der stetigen Übereinstimmung und zweifellosen Einhelligkeit der Heiligen Schrift.
Sagt an: Denn die Juden in Antiochia spürten es ohne Zweifel an der Kleidung und anderen Anzeichen, dass die Apostel Israeliten wären, und sahen sie für feine, verständige und gelehrte Männer an. Darum gestatteten sie ihnen, dass sie in der Gemeinde reden konnten und das Volk aus der Heiligen Schrift lehren und ermahnen konnten. So erscheint auch daraus, es sei damals unter dem Volk Gottes üblich gewesen, dass man die Fremden gehört hat, von denen man keinen Zweifel hatte, dass man der Lehre halber mit ihnen einig wäre. Und ich halte es für eine nützliche Gewohnheit, dass man an verschiedenen Orten fremde Kirchendiener, von denen man nicht an ihrer reinen Lehre zweifelt, öffentlich in der Kirche und vor der christlichen Gemeinde predigen lässt. Denn die Einigkeit der Lehrer stärkt die Zuhörer in der rechten Lehre. Sie hören einem Fremden fleißiger zu, behalten es auch besser, was sie von ihm gehört haben. Aber es ist nie gebräuchlich gewesen, weder bei den Juden noch in den ersten Kirchen, dass die, denen es nicht befohlen war, zu predigen, aufstehen durften, oder dem Kirchendiener in seiner Predigt hineinreden, wie es die unsinnigen Wiedertäufer tun, die den Spruch des Apostels Paulus {1Kor 14}, wo er von der Ordnung und Weise in den Kirchen zu predigen spricht, ganz und gar nicht verstehen.
16. Da stand Paulus auf und winkte mit der Hand und sprach: Ihr Männer von Israel, und die ihr Gott fürchtet, hört zu!
Hört zu: Denn ich will mit euch reden, als mit dem Volk Gottes und nicht mit gottlosen Heiden, sondern Israeliten, an denen die Weissagungen der Propheten geschehen sind. Von denen ich mir auch gute Hoffnung mache, dass es fromme Leute sind, die die ewige Seligkeit begehren. Darum hört mir, der ich euch das Wort Gottes lehren will, fleißig zu.
17. Der Gott dieses Volks hat erwählt unsere Väter und erhöht das Volk, da sie Fremdlinge waren im Lande Ägypten, und mit einem hohen Arm führte er sie aus dem selbigen {2Mos 6v6 13v14}
Dieses Volks: Die Israeliten, die ihm besonders lieb und jederzeit wohl befohlen gewesen sind.
Fremdlinge waren: Und von den Ägyptern mit harter Knechtschaft beschwert wurden, von denen man glaubte, sie möchten stets unterdrückt werden. Da hat sich Gott über sie erbarmt, sie errettet und aus der harten Knechtschaft ganz herrlich durch große Wunder und Zeichen herausgeführt und auf diese Weise unser Volk in der ganzen Welt berühmt gemacht. Es fing aber Paulus, nachdem er mit seiner Eröffnung sich die Zuhörer wegen ihres Geschlechts und ihrer Herkunft gewogen gemacht hatte, seine Predigt von der Führung des israelitischen Volkes aus Ägypten an, weil diese Geschichte ihnen sehr lieb war. Und er erzählte mit wenigen Worten den Zustand und die Regierung des Volkes Gottes bis zu den Zeiten König Davids, damit die Zuhörer daraus entnehmen konnten, die biblischen Schriften keineswegs zu verwerfen. Bei der Person des Königs David nahm er Anlass, von dem Erlöser Christus zu reden, Davids Sohn. Er erzählte kurz sein Leiden und von der Beweislast der Heiligen Schrift, das Jesus von Nazareth der versprochene Messias, Davids Sohn ist, durch den, die gerecht und selig werden, die an ihn glauben. Zum Schluss erinnerte er sie ernstlich, dass sie die, im Evangelium angebotene Gnade Gottes, nicht ausschlagen und von sich stoßen, damit sie wiederum nicht von Gott verstoßen werden.
18. Und vierzig Jahre lang duldete er ihre Weise in der Wüste.
Wüste: Denn obwohl die Israeliten in der Wüste Gott den Herrn mehrmals mit ihrer Undankbarkeit heftig erzürnt hatten, sodass er bisweilen mit einer Strafe hinter ihnen her sein musste, so hatte es doch unterlassen, und das ganze Volk nicht vertilgt, weil er es um der Heiligen Erzväter Abrahams, Isaaks und Jakobs willen liebte.
19. Und vertilgte sieben Völker in dem Lande Kanaan und teilte unter sie nach dem Los jener Lande {5Mos 7v1}.
Vertilgt: Um ihretwillen. So sehr lagen ihm die Israeliten am Herzen, dass er sieben gottlose Völker zum Teil vernichten, zum Teil unterdrücken ließ, um unseren vor Eltern in dem fruchtbaren Land Platz zum Wohnen zu schaffen und damit sie noch mehr erkannten, wie lieb er sie hatte, so wies er einem jeden der israelitischen Stämme seinen Anteil am Land durch das Los zu, was er besitzen sollte. Gleichwie ein gütiger Hausvater seinen Kindern jedem ein Erbteil freundlich nennt und bestimmt.
20. Danach gab er ihnen Richter vierhundertundfünfzig Jahre lang, bis auf den Propheten Samuel.
Richter: Die das israelitische Volk zwischen so vielen feindseligen benachbarten Heiden schützten und der Regierung einer nach dem andern vorstanden.
Dreihundert: (Nach Luther) Etliche Texte sprechen hier von 400, aber die Geschichte und die Berechnung der Jahre stimmen nicht. Eine Verwechslung der Vier mit der Drei kann einem Schreiber leicht bei einer Übersetzung aus dem Griechischen passieren.
Samuel: Dies ist der letzte Richter bei den Israeliten gewesen.
21. Und von da an baten sie um einen König. Und Gott gab ihnen Saul, den Sohn des Kis, einen Mann aus dem Geschlechte Benjamin, vierzig Jahre lang {1Sam 8v5 10v1}.
König: Weil sie der Regierungsform unter der Verwaltung eines Richters, wie sie es bisher gehabt hatten, überdrüssig geworden waren.
Gab: Obwohl ihm wahrscheinlich ihr Vorhaben nicht besonders gefallen hat, so hat er doch auch in diesem Stück dem Volk seinen Willen gewährt.
22. Und da er denselben wegtat, richtete er auf über sie David zum König, von welchem er zeugte: Ich habe David gefunden, den Sohn Jesses, einen Mann nach meinem Herzen, der soll tun allen meinen Willen {1Sam 13v13 v14}.
Weg tat: Weil er in der wahren Furcht Gottes nicht verharrte.
Gefunden: Ich habe endlich einen Mann bekommen, der meines Sinnes ist. Der wird fleißig danach trachten, dass er sich sowohl in der Religion, wie auch in der Regierung so verhält und handelt, wie es mir gefällt. Bis hierhin ist die Predigt des Apostel Paulus wohl abgegangen und angenehm gewesen, die er auch dahin gerichtet hatte, dass sie verstehen und merken konnten, wie viel er von den heiligen Erzvätern und ihren Nachkommen, den Israeliten, hielt und wie er die Schriften des Moses und der Propheten von ganzem Herzen annahm. Und mit diesen vorherigen Erzählungen hat er die Herzen der Zuhörer aufgemuntert, damit sie umso geneigter und williger wären, den nun folgenden Teil seiner Predigt von Christus anzuhören. Denn eine Rede, die gleich zu Beginn den Zuhörer unwillig und unlustig macht, haftet nicht so leicht im Herzen. Darauf sollen die Prediger fleißig achten.
23. Aus dieses Samen hat Gott, wie er verheißen hat, gezeugt Jesus dem Volk Israel zum Heiland {Mt 1v21 Lk 3v16}.
Aus: Jetzt fängt Paulus an, von der Person Davids auf Christus zu kommen, und er tut dies sehr ordentlich, dass alles fein aufeinanderfolgt, weil Christus Davids Sohn war.
Verheißen hat: Denn Gott hatte dem David versprochen, dass aus seinem Samen der allmächtigste König (der Messias) geboren werden sollte {1Sam 7}. Diesen König, den Gott der Herr dem David damals versprochen hatte, hat er zu dieser Zeit den Israeliten gesandt, nämlich Jesus von Nazareth, den Heiland der Welt. Wer deshalb der Verheißung, die dem David geschah, wahrhaftig glaubt, der wird auch an den erschienenen Messias, Jesus Christus, glauben. Und wenn Christus aus dem Samen Davids gekommen ist, so ist der freilich auch ein wahrer Mensch und unser Bruder. Und weil er auch ein Heiland ist, so sollen wir nicht vor ihm fliehen, sondern aus Glauben zu ihm treten, auf dass wir Vergebung der Sünden und das ewige Leben erlangen.
24. als denn Johannes zuvor dem Volk Israel predigte die Taufe der Buße, ehe denn er anfing {Mt 3v1 v2 Mk 1v4 Lk 3v3}.
Zuvor: Denn Gott hat Johannes den Täufer vorher gesandt, dass er dem Messias, Jesus Christus, den Weg bereiten sollte nach der Weissagung des Jesaja 40. und Maleachi 4. Und Johannes hat kurz zuvor begonnen zu predigen, ehe Christus in sein Predigtamt eingetreten ist. Johannes aber hat die Israeliten ermahnt, dass sie Buße tun sollten und die Taufe annehmen zum Zeugnis der Vergebung ihrer Sünden. Wer nun der Weissagung Jesajas und Malachias (von Johannes, dem Vorläufer Christi) glaubt, der wird auch an den erschienenen Messias, Jesus Christus, glauben.
25. Als aber Johannes seinen Lauf erfüllte, sprach er: Ich bin nicht der, dafür ihr mich haltet; aber siehe, er kommt nach mir, dessen ich nicht wert bin, dass ich ihm die Schuhe seiner Füße auflösen {Mt 3v1 Mk 1v7 Lk 3v16 Joh 1v20}.
Erfüllte: Dass er in seinem Amt fleißig war und nichts versäumte. Daher meinten viele Israeliten, er wäre der Messias.
Nach mir: Er wird bald nach meinem begonnenen Predigtamt auch hervortreten und seine Kirche selbst lehren.
Auflöse: Ja, er hat auf Jesus mit den Fingern gezeigt und gesagt: Siehe, das ist das Lamm Gottes, dass die Sünden der Welt trägt. Darum, wer dem Zeugnis Johannes des Täufers als eines heiligen Mannes, wahrhaftig glauben wird, der wird auch an den Messias, Jesus von Nazareth, glauben. Paulus hat aber das Zeugnis Johannes des Täufers angeführt, weil er wusste, dass sein Ruf weit und breit unter den Juden, die über auch weit abgelegene Orte zerstreut waren, erschollen war und dass Johannes von ihnen als ein heiliger Prophet Gottes geachtet wurde. Weil demnach Johannes seine Zuhörer und sich zu Christus verwiesen hat, so sollen wir nicht an die Heiligen, sondern an Christus glauben. Denn es ist keiner unter allen Heiligen, der nicht mit Johannes sagen müsste: Ich bin nicht der, wofür ihr mich haltet, sondern der Messias ist bereits gekommen und erschienen, und ich bin es nicht wert, dass ich ihm seine Schuhe ausziehen dürfte.
26. Ihr Männer, liebe Brüder, ihr Kinder des Geschlechtes Abraham, und die unter euch Gott fürchten, euch ist das Wort dieses Heils gesandt.
Brüder: Denen ich mit brüderlicher Liebe geneigt und gewogen bin.
Abraham: Von diesem heiligen Patriarchen habt ihr eure Abstammung.
Gott fürchten: Deren auch meiner Hoffnung nach nicht wenige sein werden.
Gesandt: Denn Gott hat befohlen, dass man das Evangelium von dem erschienenen Heiland Jesus Christus euch Israeliten predigen soll, damit ihr durch diesen Messias die ewige Seligkeit erlangt. Denn das Evangelium ist eine Kraft Gottes, selig zu machen, alle, die daran glauben {Röm 1}. Darum sollt ihr diese Gelegenheit, die Seligkeit zu erlangen, nicht versäumen.
27. Denn die zu Jerusalem wohnen, und ihre Obersten, dieweil sie diesen nicht kannten noch die Stimme der Propheten (welche auf alle Sabbate gelesen werden), haben sie dieselben mit ihrem Urteilen erfüllt.
Wohnen: Auf diese Juden braucht ihr nicht achten.
Obersten: Die Hohepriester und Vornehmsten im Volk.
Nicht kannten: Den Messias, der ihnen gesandt wurde, darum haben sie ihn auch nicht empfangen und angenommen, wie es sich wohl gebührt hätte.
Nach Luther: Da siehst du, dass man viel von Christus plaudern und ihn dennoch verleugnen und töten kann.
Gelesen werden: Ebenso lesen auch noch heutzutage die Juden in den Schriften der Propheten, verstehen aber nichts davon, weil die Decke noch nicht von ihrem Herzen genommen worden ist.
Erfüllt: Unwissend, indem sie Christus zum Tode verurteilten.
28. Und wiewohl sie keine Ursache des Todes an ihm fanden, baten sie doch Pilatus, ihn zu töten {Mt 27v23 Mk 15v13 Lk 23v21 Joh 19v6}.
Keine Ursache: Darum ist Christus nicht für seine eigene Sünde gestorben, weil er keine gehabt hat, sondern für fremde Sünden.
29. Und als sie alles vollendet hatten, was von ihm geschrieben ist, nahmen sie ihn von dem Holz und legten ihn in ein Grab.
Geschrieben ist: In den Propheten, dass er für die Wohlfahrt des menschlichen Geschlechts leiden sollte.
Grab: Dass er ehrlich begraben wurde, obwohl er eines schändlichen Todes gestorben war. Und dieses ganze Leiden Christi ist zuvor in den Schriften der Propheten verkündet worden, und wenn er dieses zuvor nicht gelitten hätte, so wäre er nicht der wahre Messias gewesen.
Auferweckt: So, dass unser Messias nicht im Tode geblieben ist, will Paulus sagen.
31. Und er ist erschienen viele Tage denen, die mit ihm hinauf von Galiläa gen Jerusalem gegangen waren, welche sind seine Zeugen an das Volk.
Gegangen waren: Kurz vor seinem Leiden. Die haben ihn gesehen, wie er am Kreuz gelitten hat und gestorben ist und auch am dritten Tag wiederauferstanden ist von den Toten.
Zeugen: Dass sie wahrhaftig und beständig Zeugnis davon geben können, was sie mit den Augen gesehen und mit ihren Händen angefasst haben. Darum ist es gewiss, dass Jesus von Nazareth der verheißene Messias und Heiland der Welt ist.
32. Und wir auch verkündigen euch die Verheißung, die zu unsern Vätern geschehen ist,
Wir: Ich und Barnabas sind von Gott gesandt, dass wir euch verkündigen, wie Gott der Herr uns Juden, die wir Kinder und Nachkommen der Erzväter sind, die Verheißung von Christus dem Heiland der Welt, die er unseren Vätern getan hatte, erfüllt hat. Wir sind in die glückselige Zeit geraten, da der versprochene Messias erschienen ist, den zwar die Israeliten in Jerusalem aus Unwissenheit gekreuzigt haben, damit die Schrift erfüllt wird. Aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt, damit er regiert zur Rechten Gottes, des Allmächtigen, in alle Ewigkeit. Darum sollen wir die angebotene Seligkeit durch Christus mit dankbarem Herzen annehmen.
33. dass dieselbe Gott uns, ihren Kindern, erfüllt hat in dem, dass er Jesus auferweckt hat, wie denn im 1. Psalm geschrieben steht: Du bist mein Sohn; heute habe ich dich gezeugt {Hebr 1v5}.
1 Psalm: Der in der Ordnung der heutigen Zeit an einer anderen Stelle steht. Da der Vater diesen Jesus, seinen eingeborenen Sohn, der mit ihm gleich ewig und eines Wesens ist, so anspricht, dass er ihn seinen lieben Sohn nennt, den er von Ewigkeit her gezeugt hat und um dessen Willen der himmlische Vater auch die liebt, die an ihn glauben. Darum sollen wir an diesem eingeborenen Sohn Gottes, Jesus Christus glauben, dann werden wir Erben Gottes und Miterben Christi sein {Röm 8}.
34. Dass er ihn aber hat von den Toten auferweckt, dass er fort nicht mehr soll verwesen, spricht er also: Ich will euch die Gnade, David verheißen, treulich halten.
Verwesen: Er soll ab sofort nicht mehr sterben, wie etliche andere, die zwar auch von den Toten erweckt worden sind, aber danach wiederum gestorben sind.
Also: Im Propheten Jesaja, Kapitel 55 wird von ihm geweissagt.
Treulich halten: Der Apostel Paulus hat sich des allgemeinen griechischen Textes bedient. Im hebräischen lautet es so: Ich will mit euch einen ewigen Bund machen, nämlich die gewissen Gnaden Davids. Es ist aber jedoch einerlei Verstand und will Gott der Herr so viel sagen: Ich habe es verheißen und noch dazu dem David mit einem Eid bestätigt, dass ich aus seinem Samen den Messias geben werde, durch den sie Gnade, Vergebung der Sünden und das ewige Leben erlangen, so viel von ihnen an ihn glauben. Diesen Bund und meine Verheißung will ich treu halten und mit der Tat erfüllen. Wie hätte uns aber die Gnade und Seligkeit durch Christus widerfahren können, wenn er nicht von den Toten wiederum auferstanden wäre? Darum, dass die göttliche Verheißung von dem ewigen und seligen Reich Christi gewiss bleibt, so ist es allerdings nötig gewesen, dass er von den Toten wiederauferstanden ist. Denn wenn Christus von den Toten nicht wiederauferstanden wäre, so wäre unser Glaube vergebens und wir wären noch in unseren Sünden. Auch wären die, die in Christus entschlafen sind, verloren {1Kor 15}.
35. Darum spricht er auch am andern Ort: Du wirst es nicht zugeben, dass dein Heiliger die Verwesung sehe {Apg 2v27 v31}.
Darum: Paulus fährt noch weiter fort, die Auferstehung Christi aus der Heiligen Schrift des Alten Testaments zu beweisen.
Verwesung sehe: Das heiß: Du, Gott, wirst nicht zulassen, dass der Leichnam des Messias im Grab anfängt zu verwesen, wie bei anderen Menschen, sondern du wirst ihn am dritten Tag wieder auferwecken. Dieses Zeugnis steht auch im 16. Psalm.
36. Denn David, da er zu seiner Zeit gedient hatte dem Willen Gottes, ist er entschlafen und zu seinen Vätern getan und hat die Verwesung gesehen.
37. Den aber Gott auferweckt hat, der hat die Verwesung nicht gesehen.
Gesehen: Mit diesen Worten gibt Paulus deutlich zu verstehen, dass mit dieser Weissagung nicht die Person Davids gemeint ist, sondern Christus, der zwar gestorben, jedoch bald danach vom Tod wiederauferstanden ist. Auch der Apostel Petrus führt diesem Text in seiner 1. Pfingstpredigt {Apg 2}, ein und beweist damit, dass Christus der versprochene Heiland der Welt ist. Denn nachdem David in seiner Aufgabe fleißig und treu Gott dem Herrn gedient und seinen Lauf vollendet hat, ist er gestorben und ruht mit seinem Leibe in der Erde, wie die anderen heiligen Erzväter, bis er einst zur ewigen Unsterblichkeit wiederauferstehen wird. Aber unterdessen ist sein Körper im Grab verwest und zu Staub geworden, wie bei allen anderen Menschen. Darum (will Paulus sagen) spricht die Weissagung, die ich aufgeführt habe, nicht von David, weil es sich nicht auf ihn reimt, sondern von dem Sohn Davids, Jesus Christus, der im Grabe nicht verwest, sondern am dritten Tag wiederum auferstanden ist. Deswegen seht, ihr lieben Brüder, dass die Auferstehung Jesu Christi Zeugnis von den Propheten her hat, und ihr keine Ursache habt, daran zu zweifeln.
38. So sei es nun euch kund, liebe Brüder, dass euch verkündigt wird Vergebung der Sünden durch diesen und von dem allem, durch welches ihr nicht konntet im Gesetz Moses gerecht werden.
Kund: Denn nachdem ich euch gelehrt habe, dass Jesus der verheißene Messias und Sohn Davids ist, so will ich euch nun auch aufzeigen, was für Guttaten ihr von diesem Messias erlangen werdet, wenn ihr wahrhaftig an ihn glaubt.
Verkündigt: Gott bietet euch jetzt durch das Evangelium Christi die Vergebung all eure Sünden an, dass ihr um Christi willen, wenn ihr durch den Glauben gerechtfertigt worden seid, Erben des ewigen Lebens werdet. Denn durch das Gesetz könnt ihr nicht gerecht werden. Aber durch den Glauben an Christus werden vor Gott die gerecht, die an ihn glauben. Diese Worte sollten mit goldenen Buchstaben geschrieben werden. Denn sie wären eigentlich und ausdrücklich, wie man gerecht und selig werden kann. Unsere Gerechtigkeit besteht darin, dass uns die Sünden verziehen und nicht mehr zugerechnet werden {Röm 3 Ps 32}. Denn durch das Gesetz können wir keine Vergebung der Sünden erlangen, die in drei unterschiedliche Stücke aufgeteilt wird. Es wird von den Zeremonien gesprochen, dann auch von den weltlichen Rechten und dann davon, dass eigentlich das Gesetz Gottes genannt wird und dessen Zusammenfassung in den 10 Geboten steht. Was die Zeremonien betrifft, wie zum Beispiel in mancherlei Kirchen die üblichen Reinigungen und Opfer, so haben diese alle miteinander die Sünden nicht wahrhaftig bei Gott abtragen können, wie es der Apostel den Hebräern bezeugt, sondern es sind nur Schatten gewesen, die Christus und sein Verdienst abgebildet haben. Die weltlichen Satzungen und Rechte tun durchaus nichts zur Rechtfertigung, die vor Gott gilt. Das göttliche Gesetz oder die 10 Gebote kann niemand vollkommen halten, denn sie verbieten nicht allein die äußeren Misshandlungen und Übertretungen, sondern auch die inneren bösen Begierden und Bewegungen im Herzen, wie es da heißt: Du sollst dich nicht gelüsten lassen. Daher sagt Christus: Wer ein Weib ansieht, es zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen {Mt 5}. Das Gesetz aber spricht niemanden ledig, es sei denn, er habe es vollkommen gehalten, weil geschrieben steht: Verflucht sei jedermann, der nicht in alldem, was geschrieben steht, in dem Buch des Gesetzes bleibt, dass er es tut {Gal 3}. Darum ist es nicht zu leugnen und offenbar, dass niemand aus dem Gesetz oder aus Werken des Gesetzes vor Gott gerechtfertigt werden kann. Und die Ausrede der Katholiken kann hier nicht gelten, als ob Paulus allein dem Gesetz, das von den Zeremonien handelt, die Rechtfertigung absprechen würde. Denn er handelt vom ganzen Gesetz, was kein verständiger Mensch leugnen wird. Denn die 10 Gebote sind ja das vornehmste Stück des Gesetzes Moses, dem doch niemand genugtun kann. Darum folgt notwendigerweise daraus, dass wir allein durch den Glauben an Christus gerecht werden. Denn der Glaube eignet uns den ganzen Verdienst Christi zu, mit dem er auch das Gesetz für uns vollkommen erfüllt hat {Mt 5 Röm 5}, und für unsere Sünden genuggetan hat {1Joh 1v2}.
39. Wer aber an diesen glaubt, der ist gerecht.
40. Seht nun zu, dass nicht über euch komme, was in den Propheten gesagt ist:
Seht: Jetzt beschließt der Apostel Paulus seine Predigt mit einer ernsthaften Ermahnung an die Juden und warnt sie, dass sie die Gnade Gottes, die ihnen mit dem Evangelium angeboten wird, nicht ausschlagen sollen.
Gesagt ist: Besonders aber in den Propheten Habakuk, Kapitel 1. Daraus hat Paulus den folgenden Spruch verwendet, obwohl er ihn nicht im Wortlaut wiedergab, und er will damit so viel sagen: Ihr Israeliten, hütet euch, dass nicht auch an euch erfüllt wird, was der Prophet Habakuk damals von euren Vorfahren geweissagt hat, als er sie zur Buße ermahnte, und sofern sie es nicht wollten, sollten sie nach der Zerstörung des Tempels und der Stadt aus ihrem Vaterland vertrieben werden. Sie aber verachteten das Wort Gottes und setzten ihr Vertrauen auf den Tempel in Jerusalem und auf die hohen Mauern ihrer Stadt. Darum hat der Prophet ihnen gedroht, dass die Verächter dieses Wortes Gottes unversehens in ein großes Unglück fallen werden, vor dem sie sich nicht mehr schützen könnten. Darum, weil es plötzlich hereingefallen ist, sind die Verächter darüber erschrocken und haben nicht gewusst, wo aus oder woran, sodass der größere Teil an seinen Sünden umgekommen ist. Was aber ist damit gemeint? Ich will‘s euch sagen: Gott beruft euch jetzt durch unser Predigtamt zur Buße und bietet euch den Heiland Jesus Christus an, durch den ihr Vergebung der Sünden und das ewige Leben erlangen könnt. Schlagt ihr nun diese Gnade aus und verachtet das Wort Gottes, so wird euch unversehens viel Unglück überfallen, unter denen dies das allergrößte sein wird, das euch Gott von seinem Angesicht verstoßen wird und in einen verkehrten Sinn geben wird, dass ihr, je länger je mehr, geblendet und verstockt werdet und nicht nur das zeitliche Leben verliert, sondern auch von der Erbschaft des ewigen Lebens ausgeschlossen sein werdet und bleiben müsst. Darum sollen wir das Wort Gottes nicht verachten, sondern dieses beizeiten mit dankbarem Herzen annehmen und Buße tun, damit wir nicht auch von Gott verstoßen werden. Denn weil Gott die natürlichen Zweige nicht verschont hat, so wird er uns ebenso wenig schonen {Röm 11}.
41. Seht, ihr Verächter, und verwundert euch und werdet zunichte; denn ich tue ein Werk zu euren Zeiten, welches ihr nicht glauben werdet, so es euch jemand erzählen wird.
42. Da aber die Juden aus der Schule gingen, baten die Heiden, dass sie zwischen Sabbats ihnen die Worte sagten.
Da: Es folgt jetzt die Frucht und Wirkung der Predigt Paulus.
Wort sagten: Und das Evangelium Christi verkündigten, wenn sie Zeit und Platz hätten und sich nicht mit den Juden abmühen müssten. Denn es hatten nicht nur Juden, sondern auch Heiden, die in Antiochia in Pisidia gewohnt hatten, dem Apostel Paulus zugehört, was er von der Weise, die ewige Seligkeit zu erlangen, gelehrt hat. Darum wollten sie aus Anregung des Heiligen Geistes davon ausführlicher hören, und hatten ein besonders großes Verlangen danach. Denn welche die Lehre des Evangeliums mit Ernst annehmen, die sehnen sich mit Fleiß nach dem Wort Gottes, um dieses lernen zu können die aber der evangelischen Lehre überdrüssig werden, denen schickt Gott einen Hunger seines Wortes zu, dass sie es nicht hören könnten, auch wenn sie es wollten {Am 8}.
43. Und als die Gemeinde der Schule voneinander ging, folgten Paulus und Barnabas nach viel Juden und Gottesfürchtige Judengenossen. Sie aber sagten ihnen und vermahnten sie, dass sie bleiben sollten in der Gnade Gottes.
Dienen: Und ein jeder wieder zu sich nach Hause ging.
Judengenossen: Die früher Heiden gewesen waren, jedoch die israelitische Religion angenommen hatten. Diese glaubten neben anderen Juden dem Evangelium, das Paulus ihnen gepredigt hatte, und sind den beiden Aposteln, als ihren Lehrern nachgefolgt und begehrten, in der christlichen Religion weiterzukommen. Denn wenn das Wort Gottes rein gepredigt wird, so haftet es in den Herzen der Menschen. Und der Glaube kommt aus der Predigt {Röm 10}. Darum sollen wir das Wort Gottes predigen hören, damit wir im Glauben zunehmen.
Sie aber: Die Apostel nahmen diese bekehrten Juden und Judengenossen freundlich auf.
Sagten ihnen: Von den Geheimnissen der christlichen Religion, die sie ihnen offenbarten.
Gnade Gottes: Diese durch den Glauben an Christus erlangt hatten. Und sie wollten sich nicht von der christlichen Religion abspenstig machen lassen. Denn beide, Lehrer und Zuhörer, sollen ihren Fleiß dahin richten, dass nicht etwa alles, was gut angefangen hat, wieder zerfällt und zunichtewird, weil der Satan durch seine Werkzeuge nicht ruht und entweder mit falscher Lehre oder mit Verfolgung versucht, uns der Gnade und Güte Gottes zu berauben.
44. Am folgenden Sabbat aber kam zusammen fast die ganze Stadt, das Wort Gottes zu hören.
Zu hören: Von Paulus und Barnabas. Denn der Ruf von der herrlichen Lehre der Apostel war durch die ganze Stadt erschollen. Und das Himmelreich ist gleich einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte. Dies ist zwar der kleinste unter allen Samen, wenn er aber wächst, so ist er das größte und es wird ein Baum daraus, dass die Vögel aus dem Himmel kommen und unter seinem Zweigen wohnen {Mt 13}. Diese Menge des Volkes aber verdammt die geringe Anzahl unserer Leute, die man in der Kirche sieht.
45. Da aber die Juden das Volk sahen, wurden sie voll Neides und widersprachen dem, was von Paulus gesagt ward, widersprachen und lästerten.
Die Juden: Die sich noch nicht zu Christus bekehrt hatten, sondern im Zweifel standen, ob sie die Lehre des Evangeliums annehmen wollten oder nicht.
Voll Neides: Weil sie sahen, dass etliche Juden und Judengenossen, besonders viele aber aus den Heiden, die christliche Religion annahmen. Denn sie sorgten sich darum, dass nicht etwa ein solcher Handel dem Judentum zum Nachteil und zur Verachtung gereichen würde, und waren sorgfältiger auf ihre eigene als auf Gottes Ehre bedacht.
Lästerten: Die gottseligen Lehre. Auch heutzutage widersprechen noch viele der reinen Lehre und verlästern sie gräulich, nicht, weil sie etwa einen Irrtum beweisen könnten, sondern weil sie voll Neid stecken und nicht leiden wollen, dass die Menschen von ihren Irrtümern Abstand nehmen und die himmlische Wahrheit annehmen. Denn Neid aber ist ein Werk des Fleisches und die Neidischen werden das Reich Gottes nicht erlangen, wie Paulus bezeugt {Gal 5}.
46. Paulus aber und Barnabas sprachen frei öffentlich: Euch musste zuerst das Wort Gottes gesagt werden; nun ihr es aber von euch stoßt und achtet euch selbst nicht wert des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden.
Gesagt werden: Es war unsere Aufgabe, dass wir zunächst euch Juden das Evangelium von Christus verkündigen und anbieten, weil es den Juden besonders verheißen worden war. Darum haben wir in dieser Sache unserem Amt genüge getan.
Stoßt: Ihr steht also selbst vor dem Licht und hindert euch, dass ihr des ewigen Lebens nicht teilhaftig werdet.
Heiden: Welchen wir von nun an das Evangelium Christi verkündigen wollen.
47. Denn also hat uns der Herr geboten: Ich habe dich den Heiden zum Licht gesetzt, dass du das Heil seist bis an das Ende der Erde {Apg 3v25}.
Geboten: Da er durch den Propheten Jesaja, Kapitel 49, gelehrt hat, dass Christus, der Heiland der Welt, nicht allein den Juden, sondern auch den Heiden gehört.
Ich: Spricht der himmlische Vater zu seinem Sohn Jesus Christus, habe dich der ganzen Welt zum Heiland gegeben. Auch den Heiden, mögen sie auch noch so weit weg sein, dass du sie mit einem Evangelium erleuchtest, erquickst und ewig selig machst. Deswegen ist Christus das fröhlichste und lieblichste Licht, welches die Gewissen erquickt und den Weg zum ewigen Leben zeigt. Und er ist ein Heiland all derer, die an ihn glauben, egal ob sie von den Juden oder von den Heiden herkommen. Indem aber Paulus und Barnabas aus der Heiligen Schrift den Grund anzeigen, warum sie das Evangelium zukünftig auch den Heiden predigen wollen, lehren die Kirchendiener mit ihrem Beispiel, dass man in den Religionssachen nichts von allein anfangen soll, sofern man keinen Befehl im Wort Gottes hat. Denn man muss Gott Rechenschaft über sein Tun geben können und wissen, ob es ihm auch gefällt oder nicht.
48. Da es aber die Heiden hörten, wurden sie froh und priesen das Wort des Herrn, und wurden gläubig, wie viel ihrer zum ewigen Leben verordnet waren.
Hörten: Wie die Propheten davon geweissagt hatten, dass Christus auch den Heiden zum Heiland gesandt wäre.
Froh: Denn das Evangelium Christi erweckt in den Herzen der Menschen eine beständige Freude. Hingegen währt die Freude der Welt nicht lange und ist auch nicht immer rechtschaffen.
Priesen: Sie rühmten die Lehre des Evangeliums und sagten Gott, dem Herrn, Dank dafür. Denn es gibt keine bessere Lehre auf der ganzen Welt, als das Evangelium Christi, dass, wenn es mit Glauben angenommen wird, die Vergebung der Sünden und das ewige Leben mit sich bringt.
Nach Luther: Diese werden auch durch das Wort bekehrt ohne Gesetz und ohne Werke.
Verordnet waren: In seinem geheimen göttlichen Rat. Denen ist es vom Heiligen Geist gegeben worden, dass sie an Christus geglaubt haben. Die anderen haben es zwar gehört, aber darum trotzdem nicht geglaubt. Denn diejenigen, die Gott von Ewigkeit her zum ewigen Leben gerufen hat, denen er auch die Erkenntnis des Evangeliums nach dem Spruch des Apostel Paulus: Die er verordnet hat, die hat er auch berufen und die er berufen hat, die hat er auch (durch den Glauben) gerecht gemacht {Röm 8}. Warum aber Gott nicht alle berufen hat und warum er nicht allen den Glauben gibt oder schenkt, das gebührt uns nicht in vorwitzigerweise nachzuforschen. Doch man muss ganz daran glauben und dessen sicher sein, dass Gott der Gerechteste und Weiseste ist. Daneben aber sollen wir ihm von ganzem Herzen Dank sagen, dass er uns durch die Predigt des Evangeliums zur Gemeinschaft des ewigen Lebens berufen und unsere Herzen durch den Glauben erleuchtet hat.
49. Und das Wort des Herrn ward ausgebreitet durch die ganze Gegend.
Gegend: Des Landes Pisidien, sodass einer den anderen in der christlichen Religion unterrichtete. Und die Juden haben mit ihrem Neid, ihrem Widerspruch und ihren Lästerungen den Lauf des Evangeliums nicht verhindern können. Auch heutzutage können der Lästermäuler Schmachworte und Falschheit das Evangelium nicht verhindern, dass das Evangelium Christi durchdringt, soweit es Gott dem Herrn gefällig ist, und sollte es die Widersacher der Wahrheit noch so sehr verdrießen.
50. Aber die Juden bewegten die andächtigen und ehrbaren Weiber und der Stadt Obersten und erweckten eine Verfolgung über Paulus und Barnabas und stießen sie zu ihren Grenzen hinaus.
Die Juden: Nämlich die verstockten und giftigen Feinde des Evangeliums.
Weiber: Die der jüdischen Religion mit großem Eifer zugetan waren und in ihrem Wandel vor anderen wohl angesehen und berühmt waren. Sie verwarfen die Lehre der Apostel Paulus und Barnabas als eine neue und schädliche Sekte.
Verfolgung: Weil diese Matronen bei ihren Männern forderten, dass sie die Apostel aus der Stadt treiben sollten. Denn wo der Satan durch seine Blasebälge mit Diskussionen gegen die reine Lehre nichts ausrichten kann, da erregt er die Mächtigen, dass sie die Lehre der Wahrheit verfolgen. In diesen Sachen können die Frauen, die sonst eher waren und hoch angesehen sind, bei ihren Männern viel erreichen. Dies belegt auch das Beispiel der Königin Jesebel ausreichend, die ihren Mann, den Achab angetrieben hat, dass er die Propheten Gottes verfolgt. Und nicht ohne Grund gibt es bei den Römern von alters her das Sprichwort: Wir herrschen über die ganze Welt, aber unsere Weiber herrschen über uns. Deswegen sollen die Christen, wenn es Gott also gefällt, bereit sein, die Verfolgungen auszustehen. Wenn er uns jedoch verschont, so haben wir im umso mehr zu danken.
Über sie: Denn so hatte es Christus befohlen, als er zu seinen Aposteln sagte: Wo euch jemand nicht annehmen wird, oder eure Rede nicht hört, so geht aus diesem Stück Haus oder der Stadt heraus und schüttelt den Staub von euren Füßen {Mt 10}. Ich denke aber, dass dies ein alter Brauch gewesen ist, womit man anzeigt, dass ein Volk, welches das Wort Gottes verachtet, so sehr verflucht ist, dass sogar die Erde an diesem Fluch mit teilhaftig werden müsste. Darum sollen sich fromme Menschen vorsehen, dass sie auch keinen Staub von diesen mitnehmen, damit sie nicht dadurch verunreinigt werden und ihrer Strafen mit teilhaftig werden. Und man muss den Verächtern des göttlichen Wortes den schrecklichen Zorn Gottes vor Augen halten, dem sie auch keineswegs entrinnen werden.
52. Die Jünger aber wurden voll Freuden und Heiligen Geistes.
Jünger: Damit meine ich die Zuhörer der Apostel, die in Antiochia geblieben sind. Als ob Lukas hätte sagen wollen: Auch wenn die Verfolgung entstanden ist und Paulus mit Barnabas aus der Stadt verstoßen wurde, so haben dennoch diejenigen, die das Evangelium angenommen haben, sich nicht kleinmütig gezeigt, sondern ohne Scheu und mit einer geistlichen Freude das Evangelium Christi bekannt. Auch hat der Heilige Geist ihnen täglich größere Gaben mitgeteilt, sodass sie auch den Feinden der Wahrheit mit dem Bekenntnis des Evangeliums Trotz geboten haben. Denn die Kirche wird durch die Verfolgung des Evangeliums nicht ausgetilgt, sondern vielmehr befruchtet. Und die Herzen von vielen werden in der Verfolgung aufgebracht, dass sie desto freudiger werden, die zuvor in Religionssachen schwach gewesen sind, wie es die Beispiele der Märtyrer bezeugen.
Das 14. Kapitel
- Als Paulus und Barnabas in Ikonien ausgestoßen werden, fliehen sie nach Lystra.
- Dort macht Paulus einen, der lahm geboren war, gesund.
- Als ihnen die Einwohner von Lystra opfern wollen, wehren sie ihnen.
- Dort wird Paulus auf Anregung der Juden hin gesteinigt.
- Nachdem sich viele Orte durchzogen haben, kehren sie wieder nach Antiochia um.
1. Es geschah aber zu Ikonien, dass sie zusammenkamen und predigten in der Juden Schule, also dass eine große Menge der Juden und der Griechen gläubig ward.
Es: Im vorigen Kapitel ist gesagt worden, wie man die Apostel aus der Stadt Antiochia gestoßen hat und sie von dort nach Ikonen gezogen sind. Was ihnen nun dort begegnet, folgt jetzt.
Sie: Paulus und Barnabas, als treue Gefährten.
Gläubig ward: Darum haben sie das Evangelium an diesem Ort mit großem Nutzen gepredigt. Dass aber die Apostel fortfahren, nach erlittener Verfolgung, das Evangelium zu predigen, lehrt uns, dass wir wegen der Widerwärtigkeiten, die uns begegnen, nicht von unserer Aufgabe ablassen sollen. Dass sie nicht nur den Heiden, sondern auch den Juden predigten, obwohl sie doch deren Bosheit in Antiochia und wie wenig sie ihnen gewogen waren, ausreichend erfahren hatten, erinnert uns, dass man darum nicht eine ganze Gemeinde verwerfen oder Schlechtes von ihr halten soll, wenn auch etliche Personen darunter gottlos und lasterhaft sind. Dass in Ikonien eine große Menge dem Evangelium geglaubt hat, ist ein Anzeichen, dass das Wort Gottes, wenn es an einem Ort verworfen wird, dennoch an einem anderen Ort stattfindet, wo es mit Freuden aufgenommen wird.
2. Die ungläubigen Juden aber erweckten und entrüsteten die Seelen der Heiden wider die Brüder.
Ungläubigen Juden: Denen das Evangelium Christi zuwider war und vom gleichen Geist getrieben waren, wie die in Antiochia.
Erweckten: Mit ihren Lästerungen. Denn der Teufel kann es nicht leiden, dass auch in Ikonien das Reich Christi ausgebreitet wurde.
Brüder: Sodass die Heiden nicht allein gegen die Apostel, sondern auch gegen ihre Zuhörer murrten. Ist das aber nicht ein wunderbares Ding? Die Juden und Heiden, die durchaus von einer gegensätzlichen Religion waren, werden dennoch in der Sache miteinander einig, dass sie gegen die Apostel und Gläubigen an Christus eine Verfolgung erregen. So halten auch heutzutage die Zwinglianer und Jesuiten zusammen in dem Artikel von der Person Christi, wo sie doch sonst in den meisten Stücken der Religion unterschiedlich sind. Die Zwinglianer tun so etwas deshalb, damit sie die reine Lehre von der Person Christi und dem Abendmahl des Herrn unterdrücken. Aber Gott wird eine solch falsche Vereinigung zu seiner Zeit an den Tag bringen und strafen.
3. So hatten sie nun ihr Wesen dort eine lange Zeit und lehrten frei im Herrn, welcher bezeugte das Wort seiner Gnade und ließ Zeichen und Wunder geschehen durch ihre Hände.
Lange Zeit: Denn sie haben weder wegen der Ungunst der Heiden noch wegen der Missgunst der Juden das Predigtamt fahren lassen, sondern haben in Ikonien das Evangelium von Christus gelehrt, dem Teufel zum Trotz und zum Leid.
Frei: Ohne Scheu und mit großer Freude des Geistes, dass sie mit der Hilfe Gottes das Reich Christi immer weiter ausbreiteten und viele Seelen für Christus gewannen. Denn wir sollen wegen der Feindschaft der Menschen in unserem Beruf nicht fahrlässig werden und dürfen uns nicht erschrecken lassen, wenn auch der Teufel die Zähne gegen uns bleckt.
Bezeugte: Gott bestätigte die Lehre des Evangeliums mit herrlichen Wunderwerken, die die Apostel taten, und darum nahm das Wort Gottes in Ikonien umso mehr zu. Die Lehre des Evangeliums ist aber mit göttlichen Wunderwerken als Siegel, ja als Zeugnis Gottes, ausreichend bestätigt. Auch hat man hier die Beschreibung des Evangeliums, was es eigentlich ist, zu beachten. Denn es wird an diesem Ort das Evangelium ein Wort der Gnade Gottes genannt, weil es lehrt, wie wir bei Gott zu Gnaden kommen. Dahingegen droht das Gesetz mit Gottes Zorn.
4. Die Menge aber der Stadt spaltete sich; etliche hielten es mit den Juden und etliche mit den Aposteln.
Juden: Die Paulus und Barnabas verlästerten. Denn wo das Evangelium rein gelehrt wird, da müssen Spaltungen und Verbitterung in den Herzen gegeneinander entstehen. Denn etliche nehmen das Evangelium an, andere verfolgen es. Daher sagt Christus: Ihr sollt nicht glauben, dass ich gekommen bin, Frieden auf die Erde zu senden. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu senden, sondern das Schwert. Denn ich bin in die Welt gekommen, den Menschen gegen seinen Vater aufzubringen und die Tochter gegen ihre Mutter und die Schwägerin gegen ihre Schwiegermuttereltern. Und die Feinde des Menschen werden seine eigenen Hausgenossen sein {Mt 10}. Darum ist es eine große Dummheit und Bosheit in den päpstlichen Schriften, worin sie viel Geschwätz betreiben von der Uneinigkeit der Herzen und der Verbitterung der Gemüter gegeneinander, die aus der Predigt des lutherischen Evangeliums (wie sie es nennen) entstanden ist. Gerade so, als ob das Evangelium Christi irgendwo gepredigt worden wäre, wo daraus keine Zwietracht und Spaltung erfolgten. Und als ob es nicht besser wäre, dass etliche Menschen miteinander uneinig sind, als das viele Tausend in Einigkeit einer falschen Religion zum Teufel fahren?
5. Da sich aber ein Sturm erhob der Heiden und der Juden und ihrer Obersten, sie zu schmähen und zu steinigen,
Juden: Nämlich die Gottlosen, die sich mit den Heiden zusammen gehortet haben.
Obersten: Die sich auch gegen die Apostel gebrauchen ließen, wo sie doch von Amts wegen die reinen Lehrer und Bekenner Gottes hätten schützen sollen.
6. wurden sie des inne und entflohen in die Städte des Landes Lykaonien, gen Lystra und Derbe und in die Gegend umher
Entflohen: Damit sie der Gefahr entgingen. Nicht, dass sie von ihrem apostolischen Predigtamt Abstand nehmen wollten, sondern dass sie das Evangelium an anderen Orten lehren wollten, weil es ihnen in Ikonien damals nicht mehr erlaubt war. Denn Christus hatte gesagt: Wenn sie euch in einer Stadt verfolgen, so flieht in eine andere {Mt 10}. Darum tun die Kirchendiener nichts Unrechtes, die der Verfolgung fliehen, nicht um ihre Aufgabe zu verlassen, sondern damit sie das Evangelium Christi noch länger predigen können. Aber diese sind vielmehr zu schelten, die zwar bleiben und nicht fliehen, aber in der reinen Religion nicht beständig beharren.
7. und predigten dort das Evangelium.
8. Und es war ein Mann zu Lystra, der musste sitzen; denn er hatte böse Füße und war lahm von Mutterleibe, der noch nie gewandelt hatte.
Und: Es folgt ein herrliches Wunderwerk, das Paulus und Barnabas in Lystra Lykaonien getan haben.
Noch nie: Die ganze Zeit seines Lebens. Es lässt aber Gott der Herr manche Menschen mangelhaft und gebrechlich geboren werden, damit die, die gesund sind, wenn sie solche kränklichen Menschen ansehen, an sich selbst die große Guttat Gottes der Gesundheit erkennen und Gott danken. Und es müssen gottlose und verruchte Leute sein, die denen, die am Leib ein Gebrechen haben, es ihnen auch noch zum Spott machen.
9. Der hörte Paulus reden. Und als er ihn ansah und merkte, dass er glaubte, ihm möchte geholfen werden,
Redete: Als er das Evangelium Christi von der Gnade und Güte Gottes gegen das menschliche Geschlecht predigte.
Merkte: Ohne Zweifel aus Offenbarung des Heiligen Geistes.
Geholfen werden: Durch Paulus, den Apostel Christi. Denn der Glaube empfängt zeitliche und himmlische Güter von Gott.
10. sprach er mit lauter Stimme: Stehe aufrichtig auf deine Füße! Und er sprang auf und wandelte.
Lauter Stimme: Damit alle, die um ihn herumstanden, es deutlich hören konnten.
Füße: Sei gesund, gehe und stehe, was du dein Leben lang nie getan hast. Denn es ist kein Schaden noch so groß, alt oder unheilbar, dass ihn Gott der Herr nicht heilen könnte.
11. Da aber das Volk sah, was Paulus getan hatte, hoben sie ihre Stimme auf und sprachen auf lykaonisch: Die Götter sind den Menschen gleich geworden und zu uns herniederkommen.
Gleich geworden: Dass sie menschliche Gestalt angenommen haben.
Kommen: Dass sie uns Gutes erzeigen wollen.
12. Und nannten Barnabas Jupiter und Paulus Mercurius, weil er das Wort führte.
Jupiter: Weil er vielleicht das Ansehen gehabt hat.
Wort führt: Denn Paulus pflegte üblicherweise zu predigen, Barnabas aber stand ihm zur Seite und bestätigte seine Predigt oder Lehre. So hielten die Heiden den Merkur für den Redner oder den Gesandten der Götter. Denn weil die Menschen aus den Guttaten, die ihnen widerfahren, Gott erkennen lernen und ehren sollten, als den, von dem alles Gute herkommt, so haben sie ihn doch außer Acht gelassen und sich mit den Kreaturen beschäftigt, denen sie auch göttliche Ehre zugemessen haben. Daher ist es im Papsttum geschehen, dass man die Heiligen geehrt und angerufen hat um der Wunderwerk wegen, die sie vermeintlich getan haben sollen. Aber Gott allein soll man anbeten und ehren.
13. Der Priester aber Jupiters, der vor ihrer Stadt war, brachte Ochsen und Kränze vor das Tor und wollte opfern samt dem Volk.
Tor: Die Stelle, wo man dem Abgott Jupiter, dessen Bild vor dem Tor angebracht war, Opfer schlachten pflegte.
Opfern: Dem Paulus und Barnabas, die sie für Götter hielten. Und es ist wohl zu vermuten, dass der Grund für dieses Handeln in der alten Sage zu finden war, an die die Lykaonier geglaubt haben. Denn in alten Zeiten wurde von den Poeten folgende Geschichte erzählt: Der Gott Jupiter sei für eine Zeit lang in einer angenommenen menschlichen Gestalt nach Lykaonien gekommen und, nachdem er einige Zeichen seiner Gottheit an den Tag gelegt hatte, habe ihm das Volk mit großer Andacht alle Ehre angetan. Aber ihr König von Lykaonien habe das Volk verlacht und verspottet, dass sie, seiner Meinung nach, einen Menschen für einen Gott hielten. Er hat auch den Jupiter mit List verfolgt und da er ihn nicht anders in seine Hand bringen konnte, hatte er Ihn zu Gast geladen und ihm Menschenfleisch vorgesetzt, um zu erfahren, ob dieser ein Mensch oder ein Gott sei, indem er merken würde, was ihm vorgesetzt worden ist. Über diese Bosheit war der Gott Jupiter dermaßen erzürnt, dass er das Haus des Lykaon mit einem Donnerstrahl angezündet und verbrannt hat. Lykaon aber ist in den Wald hinausgelaufen und ist dort zu einem Wolf geworden. Darum haben sich die Lykaonier, als abergläubisches Volk, gefürchtet, dass sie nicht etwa von den Göttern gestraft würden, wenn sie ihnen nicht göttliche Ehre erzeigen würden. Deshalb wollten sie den Aposteln Opfer darbringen.
14. Da das die Apostel, Barnabas und Paulus, hörten, zerrissen sie ihre Kleider und sprangen unter das Volk, schrien
Zerrissen sie: Aus großem Unmut und Herzeleid, wie es die Juden zu tun pflegten, wenn ihnen entgegen aller Hoffnung etwas Trauriges oder Unrechtes zustieß.
Unter das Volk: Sie haben sich unter das Volk gemischt, damit ihnen keine göttliche Ehre erzeigt würde.
15. und sprachen: Ihr Männer, was macht ihr da? Wir sind auch sterbliche Menschen gleichwie ihr und predigen euch das Evangelium, dass ihr euch bekehren sollt von diesen falschen zu dem lebendigen Gott, welcher gemacht hat Himmel und Erde und das Meer und alles, was drinnen ist {Ps 146v6 Apg 14v7};
Macht ihr: Was sich nicht gebührt, denn ihr sollt uns für keine Götter halten.
Sterbliche Menschen: Und nicht unsterbliche Götter, sondern arme und elende Menschen, großem Jammer, Trübsalen und dem Tod unterworfen. Darum würdet ihr eine große Sünde begehen, wenn ihr uns göttliche Ehre antun wolltet. Denn wir sollen keine Ehre annehmen, die uns nicht gebührt. Es messen sich aber diejenigen selbst göttliche Ehre zu, die ihre Gaben, womit sie andere übertreffen, sich selbst, und nicht Gott dem Herrn zumessen. Darum, so oft sich der alte Adam in uns aufbläht wegen irgendeiner besonderen Gabe, so sollen wir uns daran erinnern, dass wir Menschen sind und den Gebrechlichkeiten unterworfen sind, wie andere Menschen. Aber der Papst in Rom ist diesen Aposteln sehr ungleich, weil er es nicht verbietet oder abwehrt, wenn ihm von seinen Schmeichlern göttliche Ehre angeboten wird als einem Statthalter Christi, sondern er es sich vielmehr wohl gefallen lässt.
Drinnen ist: Denselben wahren Gott und Schöpfer ehrt und nicht die Kreaturen. Darum sind wir auch von Gott zu euch gesandt und tun Wunderzeichen unter euch, nicht dass wir uns für Götter ausgeben, sondern damit wir euch dahin bewegen, damit ihr die erdichteten falschen Götter fahren lasst, die ohnedies nichts sind, und euch dagegen zu dem wahren, ewigen Gott, bekehrt.
16. der in vergangenen Zeiten hat lassen alle Heiden wandeln ihre eigenen Wege.
Eigene Wege: Dass ihr nach seinem gerechten Urteil der Abgötterei anhängt und die nichtigen Götzen geehrt habt. Jetzt aber beruft er, nach seiner grundlosen Barmherzigkeit, euch Heiden durch die Predigt des Evangeliums auf den rechten Weg, der zur ewigen Seligkeit führt. Darum soll man nicht fragen, was unsere Vorfahren in Religionssachen geglaubt oder getan haben, sondern vielmehr, ob sie es recht getan haben oder auf keinem guten Weg gegangen sind.
17. Und zwar hat er sich selbst nicht unbezeugt gelassen, hat uns viel Gutes getan und vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben, unsere Herzen erfüllt mit Speise und Freude.
Nicht unbezeugt: Sondern hat sich durch seine Werke dem menschlichen Geschlecht jederzeit geoffenbart. Darum sind solche Heiden, die vor vielen hundert Jahren gelebt haben, vor Gott nicht entschuldigt, weil er durch seine wunderbaren Werke genug Anzeichen gegeben hat, woraus man seine Güte, Allmacht und Weisheit hätte erkennen können, wenn nicht die Herzen der Menschen verblendet und verstockt gewesen wären.
Erfüllt: Darum hätte man diesen einigen, wahren Gott erkennen und ehren sollen, der das menschliche Geschlecht aus lauter Güte täglich ernährt und unterhält, dass es nicht nur lebt, sondern auch glücklich und in Freuden lebt. Die unvernünftigen Tiere erkennen und lieben ihre Herren, von denen sie ernährt werden, wie viel mehr sollten die Menschen ihren so freigiebigen und mildtätigen Gott erkennen und ehren? Darum sind die Heiden nicht zu entschuldigen, wenn sie ewig verdammt werden, wie Paulus {Röm 1}, lehrt. Denn sie hätten aus den sichtbaren Kreaturen die Weisheit, Güte, Majestät ja die ewige Gottheit eines solchen Werkmeisters, des Schöpfers, erkennen sollen und ihn gottselig ehren, wovon sie nichts getan haben. Wir aber, so oft der Regen fällt, so oft wir Nahrung einsammeln, oder Speise zu uns nehmen so oft auch unser Herz mit Freuden erfüllt wird, sollen mit Glauben auf Gott den Schöpfer sehen und ihm von ganzem Herzen danken und uns auf das Höchste bemühen, dass wir einen so gütigen Vater nicht mit Sünden erzürnen.
18. Und da sie das sagten, stillten sie kaum das Volk, dass sie ihnen nicht opferten.
Kaum: Denn wo man einmal eine falsche Vorstellung bekommen hat, da kann man dieses schwer einen Menschen wieder ausreden, und aus dem Herzen reißen.
19. Es kamen aber dahin Juden von Antiochien und Ikonien und überredeten das Volk und steinigten Paulus und schleiften ihn zur Stadt hinaus, meinten, er wäre gestorben.
Es: Es folgt jetzt eine wunderbare und plötzliche Veränderung der Herzen bei den Lykaoniern. Denn diese kurz zuvor noch für Götter ehren wollten, die verfolgen sie bald danach gräulich und wollen sie umbringen.
Juden: Die auch an den vorigen Orten die Verfolgung gegen Paulus und Barnabas angerichtet hatten und ein gottloses Gesindel waren.
Volk: In Lykaonien. Dass sie sich zweifellos eingebildet hatten, Paulus und Barnabas wären gottlose Menschen, die mit bösen Dingen umgingen, das Volk verführten und die Religion verfälschten und darum das Leben verwirkt hätten.
Paulus: Gegen den sie besonders aufsässig eingestellt waren wegen seiner Predigten, die er gehalten hatte.
Hinaus: Wie ein unvernünftiges totes Tier.
Gestorben: Sie hätten ihn zweifellos in der ersten Wut umgebracht, wenn sie geglaubt hätten, dass er noch am Leben wäre. An dieser Stelle sieht man, welch große Wüterei der Teufel gegen die reine Lehre der Kirchen betreibt, und es geschehen viele solche Dinge, wenn es Gott nicht besonders verhütet. Und hier hat man den Wankelmut des gemeinen Volkes zu beachten. Den dieses zuerst mit Lob bis in den Himmel gehoben haben, den will es gerne kurz darauf bis in die Hölle hinunterstoßen, wenn es dies nur könnte. Darum soll sich keiner auf den Beifall der Allgemeinheit verlassen. Zudem soll man die Unbeständigkeit des Glücks betrachten, dass nämlich, wenn der Himmel schön und hell ist, bald darauf ein Unwetter entstehen kann. Darum sollen wir darauf gefasst und bereit sein, beides anzunehmen. Ferner sieht man den großen Undank der Welt, dass sie für große Guttaten bösen Dank gibt.
20. Da ihn aber die Jünger umringten, stand er auf und ging in die Stadt. Und auf den andern Tag ging er aus mit Barnabas gen Derbe.
Jünger: Menschen aus Lystra, die das Evangelium von ihm gehört hatten und an Christus glaubten.
Auf: Nachdem er aus der Ohnmacht, in der er eine Zeit lang gelegen war, wieder zu sich kam und sich wiederum erholte.
Stadt: Lystra, dass er noch etliche Sachen dort verrichtete. Das Paulus gesteinigt und dennoch erhalten worden ist, lehrt uns, dass wir auch in der allergrößten Gefahr auf die göttliche Güte vertrauen sollen.
Derbe: Eine andere Stadt in Lykaonien. Damit, dass die Apostel mit der Predigt des Evangeliums unter so mancherlei Gefahr fortfahren, lehren sie uns mit ihrem Beispiel, dass man von seinem Beruf nicht aussetzen soll, auch wenn das Glück nicht immer auf unserer Seite ist.
21. Und predigten dieser Stadt das Evangelium und unterwiesen ihrer viel und zogen wieder gen Lystra und Ikonien und Antiochien,
Antiochia: In Pisidien. Sie sind also wieder durch die Städte zurückgekehrt, in denen sie zuvor das Evangelium gepredigt hatten.
22. stärkten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, dass sie im Glauben blieben, und dass wir durch viel Trübsal müssen in das Reich Gottes gehen.
Blieben: Und nicht davon abwichen, noch durch Verfolgung davon abtreiben ließen, mit der angehängten Erinnerung, dass sie die Trübsale mit Geduld ausstehen sollten. Denn man muss die Menschen nicht nur mit der Lehre unterrichten, sondern auch in der rechten Religion stärken. So ist es nicht genug, dass man zwar angefangen hat, wenn wir nicht auch bis ans Ende durchhalten. Und wie Christus, unser Haupt, durch viele Trübsal in seiner Herrlichkeit eingegangen ist, so sollen auch wir unser Kreuz auf uns nehmen und ihm folgen. Denn wenn wir mit ihm leiden, so werden wir auch mit ihm herrschen.
23. Und sie ordneten ihnen hin und her Älteste in den Gemeinden, beteten und fasteten und befahlen sie dem Herrn, an den sie gläubig geworden waren.
Ordneten: Denn weil die Apostel in ihrem apostolischen Amt nicht immer an einem Ort bleiben konnten, sondern an vielen Orten Christus Kirche pflanzen sollten, so erwählten sie in jeder Kirche einige, die dem öffentlichen Predigtamt mit Lehren und dem Reichen der Sakramente vorstehen sollten. Denn jede Kirche oder Gemeinde soll ihren besonderen Prediger haben, wo immer es möglich ist. Solche Prediger wurden früher Bischöfe oder Älteste genannt, die von den Aposteln derart gewählt wurden, dass sie sich nach Leuten umsahen, von denen sie glaubten, dass sie in dieser Kirche zum Predigtamt am tauglichsten waren. Von diesen Leuten stellten sie etliche der Gemeinde vor und ließen dieser die Wahl, dass sie entweder durch Ausstrecken der Hände oder mit einem anderen Zeichen zu verstehen geben konnten, welchen von diesen sie zum Prediger begehrten. Und wer die meisten Stimmen hatte, dem war die Kirche anbefohlen. Obwohl nun heutzutage, wo eine gottselige Obrigkeit die Kirche mit tauglichen Personen versorgt, es nicht nötig ist, dass die Kirchendiener auf diese Weise erwählt werden, so tut doch auch eine Obrigkeit recht und christlich, wenn sie die Prediger, die sie an einem Ort gebrauchen will, der Kirche vorstehen lässt, und nachdem man eine oder zwei Predigten gehört hat, fragen lässt, ob die Gemeinde solch einen Prediger haben will oder nicht. Danach, wenn die Wahl getroffen war, baten sie Gott von Herzen, und damit das Gebet umso inbrünstiger werden konnte, fasteten sie und riefen den Herren an, dass die Arbeit und die Verrichtungen der Kirchendiener zum Heil der Kirchen und zu Gottes Ehre gereichen möchte. Denn das Gebet soll ernst sein, wenn man einer Gemeinde einen Kirchendiener zugeordnet. Endlich haben die Apostel die ganze Gemeinde samt den Kirchendienern in ihren gottseligen Gebeten dem obersten Hirten Jesus Christus zum Schutz und Schirm anbefohlen. Denn die Segnung und Einsetzung der Gottseligen ist nichts anderes, als ein gläubiges Gebet und hat einen großen Nachdruck.
24. Und zogen durch Pisidien und kamen nach Pamphylien.
25. Und redeten das Wort zu Perge und zogen hinab gen Attalien.
Perge: Eine Stadt, die im Land Pamphylien gelegen war, wo sie zuvor auch gelehrt hatten, Kapitel 13. Denn sie haben das Evangelium Christi überall gepredigt, wo sie nur Gelegenheit dazu hatten. Und man soll keine Gelegenheit versäumen, das Evangelium Christi fortzupflanzen, um das Reich Gottes zu befördern.
26. Und von dort schifften sie gen Antiochien, von dort sie verordnet waren durch die Gnade Gottes zu dem Werk, das sie hatten ausgerichtet.
Antiochia: Zu der anderen Stadt also, die in Syrien gelegen war.
Werk: Dass sie den Heiden das Evangelium Christi predigen sollten und diese dem Herrn Christus zuführen. Dieses haben sie auch fleißig und glücklich getan und auf den Weg gebracht.
27. Da sie aber hinkamen, versammelten sie die Gemeinde und verkündigten, wie viel Gott mit ihnen getan hatte und wie er den Heiden hätte die Tür des Glaubens aufgetan.
Getan hatte: Dass er durch ihr Predigtamt viel von den Heiden bekehrt und die Lehre des Evangeliums mit herrlichen Wunderwerken bestätigt hat, sie auch wunderbar unter mancherlei Gefahr erhalten hat.
Aufgetan: Dass sie dem Evangelium geglaubt und in großer Zahl im Himmelreich versammelt wurden, denn durch den Glauben gehen wir, wie durch eine Tür, zum ewigen Leben ein. Sie haben aber von ihrer glücklichen Arbeit erzählt, nicht um ihren Fleiß damit zu rühmen, sondern damit die christliche Gemeinde Gott Dank sagte für die Seligkeit, die er den Heiden geschenkt und diese in ihren Gebeten ihm anbefohlen sein ließ. Denn es soll eine Kirche für die andere bitten um Ihr gemeinsames Wohl und ihre Seligkeit. Gleich, wie auch Paulus und Barnabas, was sie Gutes verrichtet hatten, nicht sich selbst, sondern Gott zumaßen, so sollen auch wir, wenn wir etwas Gutes ausgerichtet haben dieses nicht uns, sondern Gott zuschreiben.
28. Sie hatten aber ihr Wesen allda nicht eine kleine Zeit bei den Jüngern.
Jüngern: Oder Christen. Denn es gab dort eine reiche geistliche Ernte, sodass die Predigt des Evangeliums an diesem Ort großen Nutzen schaffte. Und wir sollen bei unserer Arbeit unverdrossen sein, wenn gute Hoffnung besteht, dass viele geistliche Früchte folgen werden.
Das 15. Kapitel
- Etliche wollen denen in Antiochia das Joch des Gesetzes auflegen.
- Als die Apostel deswegen um Rat gefragt werden, beschließen sie im Konzil, dass man den Heiden die Beschneidung nicht aufdrängen solle, und dennoch sollen sie sich vor der Hurerei, dem Götzenopfer und dem Blut von Ersticktem hüten.
- Paulus und Barnabas zerstreiten sich, und Paulus zieht ohne ihn nach Asien, um dort die Kirche zu besuchen. Indem er nun durch Syrien und Silizium reist, stärkt er die Brüder da und dort.
1. Und etliche kamen herab von Judäa und lehrten die Brüder: Wo ihr euch nicht beschneiden lasst nach der Weise Moses, so könnt ihr nicht selig werden.
Und: Bis hierhin hat der Satan die Kirche Gottes mit Verfolgungen angefochten. Jetzt untersteht er sich, sie auf eine andere Weise unruhig zu machen, indem er versucht, die Lehre an sich selbst zu verfälschen und in der Kirche einen inneren Krieg, das bedeutet, Spaltung und Ketzerei, anzurichten. Denn da die Apostel nicht allein den Juden, sondern auch den unbeschnittenen Heiden mit großem Nutzen predigten und sie in die Gemeinschaft der Kirche aufnahmen, ihnen jedoch die Beschneidung oder die Einhaltung der Gesetze des Moses nicht auferlegten, hat dies den Juden, die zu Christus bekehrt worden waren und besonders denen, die früher Pharisäer gewesen sind, nicht gefallen wollen. Denn sie meinten, es würde damit die ganze israelitische Religion samt aller Zucht und Ehrbarkeit dahinfahren. Sie waren auch unwillig darüber, dass die Heiden, die doch von der Last des Gesetzes frei waren, dem sie (die Juden) unterworfen sein mussten (obwohl sie von niemanden dazu gezwungen wurden), die Seligkeit in gleicher Weise erlangen konnten, wie sie. Dies gefiel ihnen nicht und sie sagten deshalb zu den bekehrten Heiden, dass sie nicht selig werden konnten durch den Glauben an Christus allein, sondern sie müssten sich auch beschneiden lassen und das Gesetz Moses halten. Dies ist nichts anderes, als wenn man lehren würde, der Mensch werde vor Gott gerecht und selig nicht durch den Glauben allein, sondern auch durch die Werke des Gesetzes. Dieser Streit ist noch heutzutage zwischen uns und den Katholiken. Darum soll man hier beachten, wie dieser Streit in der ersten Kirche beigelegt und aufgehoben worden ist.
Weise Moses: Und das Gesetz Moses halten. Denn dass dies darunter verstanden wurde, wird sich aus dem Text herausstellen. Denn die menschliche Vernunft meint, dass die ewige Seligkeit nicht allein der Gnade und Güte Gottes, sondern auch dem Verdienst der Werke zugeschrieben werden müsse. Und wenn der Satan die Kirche mit äußerer Verfolgung nicht vertilgen kann, so bemüht er sich, sie mit dieser falschen Lehre zu zerrütten. Daher spricht Paulus die Kirchendiener in Ephesus so an: Habt acht auf euch und die ganze Herde, worüber euch der Heilige Geist zu Bischöfen gesetzt hat, um die Gemeinde Gottes zu weiden, die er durch sein eigenes Blut erworben hat. Denn das weiß ich, dass nach meinem Abschied gräuliche Wölfe unter euch kommen werden, die die Herde nicht verschonen werden {Apg 20}.
2. Da sich nun ein Aufruhr erhob, und Paulus und Barnabas nicht einen geringen Zank untereinander hatten, ordneten sie, dass Paulus und Barnabas und etliche andere aus ihnen hinaufzögen nach Jerusalem zu den Aposteln und Ältesten um dieser Frage willen.
Erhob: Dass die bekehrten Juden und Heiden sehr hart aneinander kamen und es einem Aufruhr glich, weil die gläubigen Juden die bekehrten Heiden nicht für rechtschaffene Christen anerkennen wollten. Auf der anderen Seite aber achteten sich die, die aus der Heidenschaft bekehrt worden waren nicht um ein Haar geringer als die Juden. Da widerlegten Paulus und Barnabas den Irrtum der Juden mit großem Eifer und wehrten ihren Übermut ab. Die Juden jedoch, als halsstarrige Leute, wollten dies nicht gutheißen und sich nicht von Ihrer Meinung abbringen lassen. Auch wenn der Frieden in der Kirche Gottes (so viel als möglich) mit Fleiß aufrechtzuerhalten, und zu befördern ist, so müssen jedoch fromme und getreue Kirchendiener, wenn falsche Lehrer aufstehen und von ihrer irrigen Meinung nicht weichen wollen, solche Verführer mit Lehren widerlegen, sich ernsthaft widersetzen und die Schafe den Wölfen aus dem Rachen reisen.
Sie: Die Christen in Antiochia, als sie sahen, dass kein Ende des Streits in Sicht war.
Ältesten: Oder vornehmsten Lehrer, die zugleich mit und neben den Aposteln den christlichen Kirchen in Jerusalem vorstanden.
Frage willen: Um sich mit den Aposteln und Ältesten freundlich und brüderlich zu unterhalten und ihre Meinung anzuhören, ob die Beschneidung und die Haltung des Gesetzes Moses zu Seligkeit nötig sei oder nicht? Denn es ist gut, dass man in den strittigen Religionssachen auch die Urteile anderer Kirchen anhört und man ihnen folgen soll, wenn sie nach dem Worte Gottes urteilen.
3. Und sie wurden von der Gemeinde geleitet und zogen durch Phönizien und Samarien und erzählten den Wandel der Heiden und machten große Freude allen Brüdern.
Geleitet: Ihnen wurden treue Gefährten zugeteilt, die mit ihnen zogen. Denn die Kirche soll ihre Prediger lieben und für sie sorgen.
Erzählten: Den Kirchen, bei denen sie auf dem Weg einkehrten.
Brüdern: Oder Christen. Denn welcher fromme Mensch wollte sich nicht über die Bekehrung eines einzigen Sünders, geschweige denn derer vieler tausend freuen?
4. Da sie aber hinkamen gen Jerusalem, wurden sie empfangen von der Gemeinde und von den Aposteln und von den Ältesten. Und sie verkündigten, wie viel Gott mit ihnen getan hatte.
Aposteln: So viele von ihnen zu dieser Zeit noch anwesend waren.
Getan hatte: Dass er mit seiner Gnade und Kraft des Heiligen Geistes ihnen beigestanden war, und sie so eine große Menge der unbeschnittenen Heiden für Christus gewonnen hatten, auch wie sie von Gott beschützt worden waren. Es soll aber die Freundlichkeit und Leutseligkeit unter den Christen einen besonderen Platz finden, dass einer dem anderen seine geistlichen Freuden teilhaftig macht und sie einmütig Gott loben und auch der Glaube durch christliche Unterhaltungen in ihnen aufrechterhalten und gemehrt wird.
5. Da traten auf etliche von der Pharisäer Sekte, die gläubig geworden waren, und sprachen: Man muss sie beschneiden und gebieten, zu halten das Gesetz Moses.
Pharisäer Sekten: Die früher Pharisäer gewesen und nun Christen geworden waren, jedoch von den pharisäischen Sauerteig noch nicht ganz gereinigt waren.
Gläubig: Sie hatten das Evangelium und die christliche Religion angenommen, aber es steckte ihnen noch ein Papst in der Brust. Als diese gehört haben, was die Apostel von der Bekehrung der Heiden erzählt hatten, haben sie von diesem Augenblick an dem widersprochen, sodass eben der Streit in der Kirche in Jerusalem angegangen ist, der neulich in Antiochia entstanden war, bevor Paulus und Barnabas den besonderen Grund ihres Besuches den Aposteln und Ältesten mitteilten.
Sie: Die Heiden, die ihr Apostel zu Christus bekehrt habt.
Gesetz Moses: Sonst sind sie keine rechtschaffenen Christen und werden auch das ewige Leben nicht erlangen. Es gibt aber kaum etwas, das so schwer abgelegt werden kann, wie die pharisäische Heuchelei und Hoffart. Es ist deswegen ein alter, noch dazu sehr schädlicher Irrtum, wenn man sagt, dass die Menschen vor Gott nicht gerecht und selig werden können, wenn nicht der menschliche Verdienst zum Glauben hinzukommt.
6. Aber die Apostel und die Ältesten kamen zusammen, diese Rede zu besehen.
Ältesten: Die zusammen mit den Aposteln den Kirchen in Jerusalem vorstanden.
Zusammen: Denn weil auch in Jerusalem diese falsche Lehre ausgebreitet worden ist, und es bei den Aposteln das Ansehen gewinnen konnte, als ob sie ihr Amt mit der Bekehrung der Heiden nicht recht ausgeübt hätten, war es notwendig, dass deswegen ein Konzil in Jerusalem abgehalten wurde. Dies wäre auch wegen der Kirche in Antiochia nötig gewesen, auch wenn die Pharisäer in Jerusalem ruhig gewesen wären.
Zu besehen: Um darüber zu verhandeln, damit man etwas Sicheres beschließen konnte, was der Heiligen Schrift gemäß wäre und zur Wohlfahrt der christlichen Kirchen gereichen würde. Denn manchmal kann ein Religionsstreit in einer gottseligen Synode erörtert und entschieden werden. Wo aber in der Synode der größere Haufen dem Besseren vorgezogen wird, da wird es mit dem Letzten ärger, als es zuerst gewesen ist. Darum, wo eine solche Gefahr droht, da ist es besser, dass man die Synode unterlässt. Denn die christlichen Gemeinden können sich auch in Schriften erklären und von den strittigen Sachen urteilen, wenn man die Meinungen der Parteien schriftlich verfasst und genügend vorgebracht hat.
7. Da man sich aber lange gezankt hatte, stand Petrus auf und sprach zu ihnen: Ihr Männer, liebe Brüder, ihr wisst, dass Gott lang vor dieser Zeit unter uns erwählt hat, dass durch meinen Mund die Heiden das Wort des Evangeliums hörten und glaubten {Apg 11v18}.
Gezankt hatte: In dieser Versammlung der Apostel, Ältesten und anderer, die zugegen waren, drangen etliche auf die Beschneidung und darauf, das Gesetz Moses zu halten, um die Seligkeit zu erreichen. Andere hingegen behaupteten, dass der Mensch gerecht würde allein durch den Glauben an Christus, ohne die Werke des Gesetzes.
Sprach: Dass er seine Meinung folgendermaßen erklärte.
Und glaubten: Denn es gefiel Gott, dass ich den unbeschnittenen Heiden, wie Cornelius und seinen Hausgenossen und Freunden, das Evangelium predigen und sie zu Christus bekehren konnte.
8. Und Gott, der Herzenskündiger, zeugte über sie und gab ihnen den Heiligen Geist gleichwie auch uns.
Zeugte: Dass sie rechtschaffene Christen wären.
Geist: Nämlich, die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes, die er uns am Pfingsttag auch verliehen und mitgeteilt wurde.
9. Und machte keinen Unterschied zwischen uns und ihnen und reinigte ihre Herzen durch den Glauben.
Keinen Unterschied: Sondern erklärte mit der Tat, dass sie ebenso gute Christen wären, wie wir, auch wenn sie nicht beschnitten wären, noch das Gesetz Moses zu halten annehmen.
Nach Luther: Das heißt, ohne Gesetz und Verdienst selig werden.
Bereinigte: Dass sie vor Gott gerecht, heilig und zu Erben des ewigen Lebens geschätzt wurden. Wenn deswegen Gott selbst durch ein Wunderwerk zu verstehen und zu erkennen gegeben hat, dass die Heiden allein durch den Glauben gerecht und geheiligt werden, ohne Beschneidung und ohne Einhaltung des Gesetzes Moses, warum drängt man dann jetzt wieder von Neuem darauf, als wäre dies den Heiden zur Seligkeit nötig? Dies ist der 1. Beweis des Apostel Petrus gegen die Verdienste der Werke in der Rechtfertigung, für die Seligkeit, die aus Gnade geschieht und allein mit Glauben ergriffen wird. Wenn also die Heiden ohne Gesetz nur durch den Glauben gerecht werden können, so können wir auch durch den Glauben allein, ohne Verdienste der Werke gerechtfertigt werden. Hier wird nicht davon gesprochen, ob man gute Werke nach Ausweis der 10 Gebote tun soll, sondern, ob die guten Werke zur Rechtfertigung des Menschen vor Gott notwendig sind und notwendigerweise dazu erfordert werden. Das leugnen wir. Wiederum gestehen wir das Vorhergehende gerne und lehren es in unseren Kirchen mit großem Fleiß. Danach hat man hier zu beachten, dass dieser pharisäische Irrtum sich bereits vorher hervortat, wie nämlich die Beschneidung und Haltung des Gesetzes Moses zur Seligkeit nötig sind, da etliche aus der Beschneidung (das sind Juden) zu Petrus sagten: Warum bist du zu den Männern gegangen, die Vorhaut haben und hast mit ihnen gegessen? Apostelgeschichte 11. Das hat aber Petrus schnell beantwortet, sodass sie zufrieden gewesen sind. Diese Irrtümer kommen in den Kirchen immer wieder hervor, wie das Unkraut, darum muss man sie beizeiten und so oft es nötig ist wieder ausreißen.
10. Was versucht ihr denn nun Gott mit Auflegen des Jochs auf der Jünger Hälse welches weder unsere Väter noch wir haben mögen tragen?
Was: Es folgt noch ein anderer Beweis des Apostels Petrus, der die Rechtfertigung des Glaubens, der aus Gnade geschieht, bestätigt.
Jochs: Nämlich des Gesetzes, welches auch der Prophet Jesaja im 9. Kapitel ein Joch nennt. Und in Wahrheit ist dies ein so schweres Joch, dass es kein Mensch ertragen kann, das heißt, kein Mensch (allein Christus ausgenommen) kann ihm genug tun. Wer deswegen (will Petrus sagen) den Jüngern oder Christen dieses Joch auferlegt, dass er bestreitet, sie könnten nicht selig werden, wo sie das Gesetz nicht halten, der fordert ein unmögliches Ding von ihnen und versucht Gott. Denn es heißt Gott versuchen, wenn man unmögliche Sachen aus eigenen Kräften zu verrichten versucht oder von anderen fordert. Darum sündigen die gegen Gott und dem Nächsten, die auf des Gesetzes dringen, dass sie sagen die Rechtfertigung und die Seligkeit des Menschen beruhen darauf, wenn er dieses hält. Denn die durch das Gesetz vor Gott gerecht werden wollen, die werden zu Heuchler, weil sie Gott einen unvollkommenen Gehorsam zuschieben und danach sich selbst fälschlicherweise überreden, sie hätten dem Gesetz genüge getan. Wenn sie sich aber einmal in der Tat und dem Werk befinden dass ihr Gehorsam keineswegs eine Erfüllung des Gesetzes ist, sondern kaum ein Schatten der Gerechtigkeit und sie dennoch in dem Wahn stecken bleiben, dass die Rechtfertigung des Menschen darin besteht, wenn er das Gesetz hält, so müssen sie notwendigerweise in Verzweiflung fallen, weil man ihnen mit dem Evangelium nicht zu Hilfe kommt weil sie meinen, dass sie auf die Weise wie sie sich eingebildet haben weder gerecht noch selig werden können. Doch muss man dies auch recht verstehen, wenn gesagt wird, dass man das Joch des Gesetzes nicht auf die Hälse der Christen legen soll. Denn das Gesetz hat drei Teile. Die Zeremonien, die weltlichen Rechte und die 10 Gebote. Auf die levitischen Zeremonien soll man, nachdem Christus erschienen ist, nicht mehr dringen, weil sie nur auf den damals zukünftigen Christus deuteten. Die weltlichen Rechte gingen allein die Juden an, und andere westliche Regierungen sind damit nicht verbunden. Darum sollen sie so lange währen, solange das jüdische Regiment bestehen bleibt. Aber man ist immer schuldig, die 10 Gebote zu halten. Nicht in dem Sinn, dass wir dadurch gerecht und selig werden könnten, oder dass niemand selig werden könnte, wenn er sie nicht vollkommen gehalten hätte. Denn Christus hat uns selbst erlöst. Zwar nicht vom Gehorsam der 10 Gebote aber doch vom Fluch des Gesetzes, damit uns, die wir an Christus glauben, das Gesetz nicht verdammen kann, obgleich wir ihm nicht vollkommen Genüge tun können {Gal 3}.
11. Sondern wir glauben, durch die Gnade des Herrn Jesu Christi selig zu werden gleicherweise wie auch sie.
Sondern: Jetzt zeigt der Apostel Petrus, wie wir gerecht und selig werden können, wenn es durch das Gesetz nicht geschehen kann, weil wir dieses nicht halten können.
Sie: Unsere Vorfahren, die Erzväter und Propheten. Denn so viel von ihnen jemals selig geworden sind, so haben sie ihre Seligkeit nicht durch das Gesetz erlangt, weil niemand von ihnen dies vollkommen gehalten hat, und sie alles Sünder gewesen sind und auch vor Gott kein lebendiger Mensch gerecht wird {Ps 143}. Sondern sie sind selig geworden aus lauter Gnade und Erbarmen Gottes um des Mittlers Christi willen. Auf diese Weise (sagt Petrus) werden auch wir gerecht und selig, nämlich aus Gnade und nicht aus dem Verdienst unserer Werke. Denn Gnade und Verdienst stehen im Gegensatz zueinander {Röm 11}. Auf die gleiche Weise können auch die unbeschnittenen Heiden selig werden, wenn sie sich zu Christus bekehrt haben. Denn es gibt nur eine Weise und einen Weg, wodurch alle Auserwählten das ewige Leben erlangen. Da hört man die Stimme des Apostels Petrus und seine Meinung, die ganz klar darlegt, wir werden durch das Werk der Gesetze nicht gerecht, egal ob Zeremonien, weltliche Rechte, oder die 10 Gebote, sondern aus lauter Gnade oder Güte Gottes, dass der himmlische Vater um des Verdienstes Christi willen uns die Sünde vergibt und zu Erben des ewigen Lebens aufnimmt. Diese Lehre des Apostels Petrus von der Rechtfertigung verdammen und verbannen heutzutage die römischen Päpste und rühmen sich doch (wenn auch fälschlich) dass sie Sankt Peters Nachkommen sind, und verfolgen auch die Bekenner dieser seiner Lehre mit Wasser, Feuer und Schwert.
12. Da schwieg die ganze Menge stille und hörte zu Paulus und Barnabas, die da erzählten, wie große Zeichen und Wunder Gott durch sie getan hatte unter den Heiden.
Stille: Nachdem sie die Meinung des Apostels Petrus angehört hatten, mussten sie zufrieden sein, weil sie nichts dagegen aufbringen konnten.
Erzählten: Von genau dieser Sache, derentwegen sie dahin gekommen waren und zeigten an, mit was für herrlichen Wunderwerken Gott ihr Predigtamt und die Verrichtungen unter den unbeschnittenen Heiden bekräftigt und bestätigt hat. Damit bezeugt Gott, dass es ihm gefällt, dass man die Heiden ohne Beschneidung und ohne Einhaltung des Gesetzes Moses in die Gemeinschaft der Kirchen aufnimmt. Denn so viele Wunderzeichen, wie Barnabas und Paulus unter den Heiden gemacht haben, mit so vielen göttlichen Siegeln ist ihre Lehre bestätigt worden. Darum ist es zweifellos sicher, dass der, der wahrhaftig an Christus glaubt, ein Erbe des ewigen Lebens ist, egal ob er beschnitten oder unbeschnitten ist. Und dass die Haltung des Gesetzes in der Rechtfertigung des Menschen keine Rolle spielt. Also haben wir auch hier die Meinung des Barnabas und des Paulus und die Lehre von der Rechtfertigung des Menschen vor Gott. Diese Lehre hasst der Papst in Rom, obwohl er sonst den Apostel Paulus ständig im Munde führt, und verflucht und verbannt sie als eine lutherische Ketzerei. Darum ist auch er von Gott wiederum verflucht und verdammt.
Heiden: (Nach Luther) Die doch unbeschnitten und ohne Gesetz waren.
13. Danach, als, sie geschwiegen hatten, antwortete Jakobus und sprach: Ihr Männer, liebe Brüder, hört mir zu!
Jakobus: Nämlich, der kleine, erste Sohn Alpheis, der auch der Bruder des Herrn genannt wurde. Denn der andere Jakobus, der Sohn des Zebedäus und der Bruder des Evangelisten Johannes, war vorher auf Befehl des Königs Herodes enthauptet worden.
Sprach: Dass er seine Meinung von dieser strittigen Sache mit folgenden Worten erklärte.
14. Simon hat erzählt, wie aufs erste Gott heimgesucht hat und angenommen ein Volk aus den Heiden zu seinem Namen.
Erzählt: Und er hat es ganz bequem zur Entscheidung dieses Streits herangezogen, die Gott, der Herr, die Heiden in Cäsarea mit der Predigt des Evangeliums väterlich heimgesucht hat und viele von ihnen zu Christus bekehrt hat, dass sie den christlichen Namen und die rechte Religion angenommen haben. Dazu wurden sie mit den wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes geziert, obwohl sie die Beschneidung nicht empfangen haben, noch das Gesetz Moses hielten. Darum ist es richtig, daraus abzuleiten und zu schließen, dass Gott die Heiden gerecht und selig macht, wenn sie nur an Christus glauben, ohne die Beschneidung und ohne das Gesetz.
15. Und damit stimmen der Propheten Reden, als geschrieben steht:
Propheten Rede: Die geweissagt haben, dass auch die Heiden einmal in die Kirche Gottes aufgenommen werden würden. Es werden aber diejenigen Heiden genannt, nicht die, die die Beschneidung und das Joch des Gesetzes Moses angenommen haben, denn diese pflegen wir nicht eigentlich Heiden, sondern Judengenossen zu nennen, sondern die, die ohne Beschneidung und ohne das Gesetz Moses an Christus glauben.
Geschrieben steht: Unter anderem in der Weissagung des Propheten Amos im 9. Kapitel. Damit ich nur ein Zeugnis, was mir jetzt einfällt, anstatt vieler anderer verwende. Der Apostel Jakobus lässt es dabei bewenden, dass er die Meinung des Propheten vorbringt und nicht genau auf die Worte achtet, die diesen Sinn haben: Das Königreich Davids (spricht der Herr, der Sohn Gottes) wird kurz vor seiner Ankunft ins Fleisch das Ansehen bekommen, als sei es ganz und gar zerfallen und zugrunde gegangen. Aber ich will es wieder aufrichten, nicht mit äußerer Pracht oder weltliche Gewalt, sondern mit der Predigt des Evangeliums. Denn mein Reich wird geistlich sein und nicht weltlich. So will ich nun durch das Predigtamt meines Evangeliums schaffen, dass die übrigen Juden mich, Gott, den Herrn, als ihren König und Messias suchen und mit Glauben annehmen werden. Und zwar werden nicht allein die Juden, sondern auch die Heiden dies tun, die sich nicht weniger als die Juden nach meinem Namen Christen nennen werden. Dies sagt der Messias, der Davids Reich hat und dies alles nach seiner Allmacht ins Werk richten wird. Diese Worte (will der Apostel Jakobus sagen) bezeugen klar, dass auch die Heiden und nicht nur die Juden oder Judengenossen Christen sein werden.
16. Danach will ich wiederkommen und will wieder bauen die Hütte Davids, die zerfallen ist, und ihre Lücken will ich wieder bauen und will sie aufrichten,
17. auf dass, was übrig ist von Menschen, nach dem Herrn frage, dazu alle Heiden, über welche mein Name genannt ist, spricht der Herr, der das alles tut.
Name: (Nach Luther) Das heißt, die mit meinem Namen genannt werden, als ein Volk Gottes, eine Gemeinde Christi, ein Diener des Herrn.
18. Gott sind alle seine Werke bewusst von der Welt her.
Welt her: Darum sollt ihr euch nicht darüber verwundern, dass dies von den Propheten vor langer Zeit verkündigt worden ist. Denn obwohl euch diese Sache von den unbeschnittenen Heiden, die sich zu Christus bekehrt haben, neu und ungereimt vorkommt, so hat doch Gott von Anfang der Welt her, ja vor der Erschaffung der Welt, bereits gesehen und beschlossen, was er tun wolle. Darum hat er auch das vorhergesehen und beschlossen, dass er die Heiden ohne Beschneidung und ohne die Last des Gesetzes Moses in die Gemeinschaft der christlichen Kirchen aufnehmen will, was er nicht allein zuvor gewusst hat, sondern auch durch seine Propheten vor langer Zeit verkündigen lassen hat.
19. Darum beschließe ich, dass man denen, so aus den Heiden zu Gott sich bekehren; nicht Unruhe mache,
Mache: Ich sehe es nicht für gut an (sagt der Apostel Jakobus), dass man den bekehrten Heiden mit der Beschneidung und der Haltung des Gesetzes Moses Schwierigkeiten macht, oder ihr Gewissen damit irre macht, als ob sie ohne diese Dinge nicht selig werden könnten.
20. sondern schreibe ihnen, dass sie sich enthalten von Unsauberkeit der Abgötter und von Hurerei und vom Erstickten und vom Blut.
Abgötter: Dass sie nichts von dem Fleisch essen sollen, wovon den Abgöttern ein Teil geopfert wurde. Dies wird später erklärt.
Ersticktem: Dass sie das Fleisch von den Tieren nicht essen, die nicht geschlachtet wurden, sondern auf andere Weise gestorben sind.
Blut: Dass sie dies auch nicht essen. Warum aber Jakobus es für gut angesehen hat, dass man diese vier Stücke den Heiden zur Pflicht auferlegte, hat folgenden Grund gehabt: Wenn die Heiden ihren Abgöttern opferten, so behielten sie ein Stück vom Opfer, das nicht verbrannt wurde. Mit diesem übrig gelassenen Fleisch wurde ein Gastmahl angerichtet, wie es bei den Juden der Brauch war oder auch manchmal bei den Christen, die aus der Heidenschaft zu Christus bekehrt worden waren, und von ihren Freunden eingeladen wurden. Wie auch heutzutage es oftmals passiert, dass Personen, die verschiedene Religionen sind, bei einer Feier zusammenkommen als gute Freunde und miteinander guter Dinge sind. So etwas geschah aber damals nicht ohne Ärgernis. Denn die Juden, die zu Christus bekehrt waren, beargwöhnten die bekehrten Heiden, wenn sie sahen, dass diese von den Götzenopfern aßen und meinten, es wäre ihnen mit der christlichen Religion nicht ernst, sie hätten es nur zum Schein und aus falschen Herzen angenommen. So können auch die Gottlosen und abgöttischen Heiden dadurch in ihrem gottlosen Wesen einigermaßen gestärkt werden, wenn die Christen an der heidnischen Abgötterei, dem Anschein nach, nicht gar so ein großes Missfallen hätten. Darum, weil die aus der Heidenschaft Bekehrten in diesem Stück die christliche Freiheit nicht recht gebrauchten und mit dem Ärgernis der Schwachgläubigen Missbrauch betrieben, hat man sie durch ein apostolisches Dekret erinnert. Davon schreibt Paulus an einer anderen Stelle ausführlich und sagt unter anderem: Seht zu (er spricht die bekehrten Heiden an, die vom Götzenopfer aßen), dass eure Freiheit nicht zu einem Anstoß bei den Schwachen gerät {1Kor 8}. Der Apostel hat es für gut angesehen, den Heiden eine Zeit lang zu verbieten, von Ersticktem und vom Blut zu essen, bis die Heiden und Juden besser miteinander vereinigt waren. Denn den Juden war es im Gesetz Moses ernsthaft verboten, dass sie Blut oder Ersticktes essen durften {1Mos 9 3Mos 7 5Mos 14}. Darum, weil die Juden nicht sofort von ihrer ursprünglichen Weise zu leben Abstand nehmen konnten, so war es recht, dass die Heiden von ihren Rechten etwas nachgeben und sich solcher Sachen enthielten, damit sich die Juden nicht von ihnen abwandten und gegen sie erbitterten, sondern zwischen Juden und Heiden, die sich beide zu Christus bekehrt hatten, das Band der christlichen Einigkeit nicht zertrennt wurde. Denn wir sollen unsere christliche Freiheit so gebrauchen, dass wir die Schwachen im Glauben nicht ärgern. Aber den halsstarrigen Heuchlern soll man nicht weichen. Die Hurerei aber hat man den Heiden verbieten müssen, nicht dass es an sich selbst ein freies Mittelding gewesen wäre, was man tun oder lassen könnte, denn die Hurer werden das Reich Gottes nicht erlangen {1Kor 6}. Weil die Heiden die Hurerei gewohnt waren und die schlechte Hurerei, die ledige Personen miteinander trieben, für keine Sünde achteten, so musste man die bekehrten Heiden daran erinnern, dass sie den bei ihnen gewöhnlichen Lastern nicht nachgingen, noch ihren Leib und ihre Seele, die zu Gottes Tempel geweiht worden waren, mit Unzucht befleckten, den sie sonst auf ewig verlieren würden {1Kor 3}. Zu wünschen wäre es, dass noch heutzutage unter den Christen einige gefunden würden, die die Hurerei für keine Sünde, sondern für einen Scherz und einen Possen halten.
21. Denn Mose hat von langen Zeiten her in allen Städten, die ihn predigen, und wird alle Sabbattage in den Schulen gelesen:
Gelesen: Als wollte der Apostel Jakobus sagen: Ich bin der Meinung, dass man von den bekehrten Heiden fordern soll, die oben genannten Sachen zu halten, aber sie nicht mit dem Gesetz Moses zu beschweren. Wenn unterdessen die bekehrten Juden das Gesetz Moses weiterhin halten wollen, sofern sie jedoch nicht in dem Wahn sind, dass sie dadurch gerecht werden könnten, so wird sie niemand daran hindern. Und mit dieser Freistellung, die wir den Heiden gestatten, wird den Schriften des Moses nichts genommen und diese auch nicht dadurch abgetan. Darum mögen die bekehrten Juden durchaus mit ihrem Moses machen was sie wollen, wenn sie nur die bekehrten Heiden mit seinen Satzungen unbeschwert lassen. Denn weil zu dieser Zeit die Prophezeiung Moses noch aufrecht stand, hat man nicht alle Satzungen Moses abtun können. So konnten auch die Apostel nicht gleich alle Zeremonien, darunter auch die Beschneidung, den Leuten ausreden, und sie mussten den Schwachen etwas übrig lassen, die zu solchen Zeremonien noch eine besondere Bindung hatten, dass sie nach und nach dahin fielen. Genauso wie bei der Reformierung der Kirchen in 5. Mose fanden an vielen Orten etliche Zeremonien, die im Papsttum gebräuchlich gewesen sind, eine ganze Zeit lang, der Schwachen wegen, geblieben sind, obwohl sie an sich selbst nichts nutzen, aber dem Wort Gottes nicht zuwider waren.
22. Und es deuchte gut die Apostel und Ältesten samt der ganzen Gemeinde, aus ihnen Männer zu erwählen und zu senden gen Antiochien mit Paulus und Barnabas, nämlich Judas, mit dem Zunamen Barsabas, und Silas, welche Männer Lehrer waren unter den Brüdern.
Und: Es folgt jetzt der allgemeine Beschluss des ganzen Konzils in Jerusalem.
Aus ihnen: Nämlich aus den Teilnehmern dieses Konzils, dass sie, als Gesandte, die Beschlüsse des Konzils denen in Antiochia mündlich vortrugen und wenn es nötig war, die Gründe für dieses apostolische Dekret anzeigten. In diesem Tun haben die Apostel vorsichtig gehandelt. Denn wenn Paulus und Barnabas das apostolische Dekret in Schriften nach Antiochia abgebracht hätten und sie keine Gesandten an ihrer Seite gehabt hätten, so hätten etliche von ihnen übel von der Sache reden und sagen können: Die Apostel hätten geurteilt, nachdem ihnen berichtet worden war, und hätten Paulus und Barnabas die Apostel mit List hintergangen, dass sie ein anderes Dekret gemacht hätten, als es sich wohl gebührt hätte. Denn man muss bösen Argwohn und Nachreden meiden, besonders in Religionssachen, so viel wie immer möglich ist.
Lehrer: Dazu vortreffliche in der Kirche in Jerusalem. Denn sie sind beide Propheten, das heißt, Ausleger der Heiligen Schrift, gewesen, wie bald danach folgen wird.
23. Und sie gaben Schrift in ihre Hand also: Wir, die Apostel und Ältesten und Brüder, wünschen Heil den Brüdern aus den Heiden, die zu Antiochien und Syrien und Zilizien sind.
Schrift: Nämlich das apostolische Dekret haben sie diesen Gesandten zugestellt, dass sie es der Kirche in Antiochia überreichen, und wenn es nötig wäre, ausführlich erklärten. Es haben die Apostel aber richtig gehandelt, dass sie dieses Dekret in Schriften verfasst haben. Denn die Schrift (wie es die Rechtsgelehrten sagen), redet immer und überall.
Und Brüdern: Alle Christen in der Kirche in Jerusalem.
Wünschen Heil: Die Wünsche der Gottseligen aber sind ein kräftiges Gebet.
24. Dieweil wir gehört haben, dass etliche von den Unsern sind ausgegangen und haben euch mit Lehren irregemacht und eure Seelen zerrüttet und sagen, ihr sollt euch beschneiden lassen und das Gesetz halten welchen wir nicht befohlen haben,
Lehren: Als ob es unsere Meinung wäre und wir auch so lehrten.
Irregemacht: In eurem Glauben und Gewissen, dass ihr angefangen habt, an eurer Seligkeit zu zweifeln.
Nach Luther: Werk, dass der Heilige Geist die Werkes - und Gesetzeslehrer nicht sendet, sondern sie Verwirrer und Betrüger der Christen nennt.
Halten: Als ob ihr ohne die Beschneidung und die Einhaltung des Gesetzes Moses nicht selig werden könntet.
Nichts befohlen: Dass sie dergleichen lehren oder euch deshalb übellaunig wären. Darum teilen wir euch mit, dass sie in dieser Sache übel gehandelt und unseren Namen zu ihrem Irrtum fälschlich gebraucht haben. Hier hat man zu bemerken, dass die falschen Lehrer von der Kirche ausgehen und dass sie diejenigen, die sich um die Kirche wohl verdient gemacht haben, im Ansehen und in übler Stimmung fälschlich rühmen. Aber man muss ihnen die Masken abziehen, damit die Kirche merkt, dass sie Verführer sind. Daneben hört man auch, dass die Lehre vom Verdienst der Werke die Gewissen oder Seelen irre und unruhig macht.
25. hat es uns gut bedacht, einmütiglich versammelt, Männer zu erwählen und zu euch zu senden mit unsern Liebsten; Barnabas und Paulus,
26. welche Menschen ihre Seelen dagegeben haben für den Namen unseres Herrn Jesus Christus.
Dagegeben: Denn sie haben sich mit solchem Eifer bemüht, das Reich Christi bis hierhin zu erweitern, dass sie sich nicht gescheut haben, um des Evangeliums willen, auch die äußerste Gefahr für ihr Leben zu wagen. Darum lasst sie euch wohl befohlen sein, als die, die euch das Evangelium Christi mit aller Treue fleißig predigen. Denn man soll treue Kirchendiener bei der Gemeinde rühmen, so werden sie mit mehr Nutzen und Ansehen lehren.
27. So haben wir gesandt Judas und Silas, welche auch mit Worten dasselbe verkündigen werden.
Gesandt: Zugleich mit eurem Apostel Barnabas und Paulus.
Dasselbe: Was ihr von Paulus und Barnabas vernehmt, davon hat dieser Sendbrief einen kurzen Inhalt.
28. Denn es gefällt dem Heiligen Geiste und uns, euch keine Beschwerung mehr aufzulegen denn nur diese nötigen Stücke,
Heiligen Geist: Dessen Weissagung, wie sie in den Schriften der Propheten verzeichnet stehen, haben wir mit großem Fleiß abgewogen. Es ist also die gleichlautende Lehre des Heiligen Geistes und der Apostel, die im Konzil in Jerusalem beschlossen und für Recht erkannt worden ist, dieses: Dass wir ohne Werke des Gesetzes aus lauter Gnade Gottes um des Verdienstes Christi willen, wenn wir uns daran mit Glauben halten, gerecht und selig werden. Wenn nun jemand sagt, dass der Glaube an Christus zur Rechtfertigung eines sündigen Menschen vor Gott nicht genug sei, oder dass der Mensch nicht aus lauter Gnade Gottes, sondern zum Teil auch durch das Verdienst der Werke gerecht wird, der soll verflucht sein. Darum soll der Papst in Rom verflucht sein. Verflucht sei das Konzil in Trient, verflucht seien alle Ketzer, die das Verdienst der Werke hochheben und das Verdienst Christi verdunkeln. Es sind auch die nicht recht bei Sinnen, die das Dekret der Päpste und Bischöfe von den Menschensatzungen, dass man diese halten müsse, diesem apostolischen Dekret vom Götzenopfer, Blut und Ersticktem, gleichsetzen, da doch ein großer Unterschied besteht. Denn diese Satzung der Apostel ist dem Worte Gottes gemäß. Jene aber sind ihm größtenteils zuwider. Diese sind den Menschen nicht mit Gewalt aufgedrängt worden, als müssten sie die Seligkeit damit verdienen, jene aber werden zu halten geboten. Diese Satzung vom Blut und vom Erstickten ist nach der Zeit der Umstände und nach der Gelegenheit wegen der Schwachen im Glauben aufgestellt worden und hat nur eine Zeit lang gewährt, danach aber aufgehört. Aber auf das Dekret der Päpste vom Halten der Menschensatzungen wird ständig gedrungen, und die Päpste schaffen da eine Sünde, wo keine ist und wo es kein Verbot von Gott dafür gibt. Darum reimt sich die päpstliche Tyrannei, indem der Papst die Kirche Christi mit Menschensatzungen beschwert und unterdrückt, gar nicht zu dem nützlichen Dekret der Apostel, welches dahin gerichtet war, dass die Juden und Heiden miteinander vereinigt wurden.
29. dass ihr euch enthaltet vom Götzenopfer und vom Blut und vom Erstickten und von Hurerei, von welchen, so ihr euch enthaltet, tut ihr recht. Gehabt euch wohl!
30. Da diese abgefertigt waren, kamen sie gen Antiochien und versammelten die Menge und überantworteten den Brief.
31. Da sie den lasen, wurden sie des Trostes froh.
Trostes: Den sie aus der Anhörung des apostolischen Dekrets, das im Konzil in Jerusalem aufgestellt worden ist, empfinden, weil sie daraus verstanden, dass sie allein durch die Gnade Christi gerecht und selig würden ohne Beschneidung und Gesetz. Denn wenn die Lehre des Evangeliums rein gepredigt, oder durch Schriften den Menschen mitgeteilt wird, so richtet es die Gewissen auf und macht die Herzen voller Freude. Aber die Lehre vom Verdienst der Werke schlägt den Glauben nieder, martert die Gewissen und stürzt sie schließlich in Verzweiflung.
Nach Luther: Vom Gesetz frei zu sein.
32. Judas aber und Silas, die auch Propheten waren, ermahnten die Brüder mit vielen Reden und stärkten sie.
Propheten: Das sind die vortrefflichen Ausleger der Heiligen Schrift. Denn diese nennt der Apostel Paulus Propheten {1Kor 14}.
Stärkten sie: Im rechten Glauben. Dass sie aus der Heiligen Schrift nachwiesen, wie wir aus Gnade und nicht aus den Werken des Gesetzes gerecht werden. Und die Heiden brauchen weder das Gesetz Moses noch die Beschneidung dazu. Deswegen haben Judas und Silas diejenigen wieder getröstet und im Glauben gestärkt, die wegen der falschen Propheten zuvor irre und im Glauben zweifelhaft gemacht worden waren und ihnen mit vielen Zeichen zu verstehen gegeben, wie die Heiden von Paulus und Barnabas in der christlichen Religion richtig unterrichtet worden waren. Denn welche durch falsche Lehrer verführt und im Glauben irregemacht worden sind, die soll man mit der reinen Lehre wiederum aufrichten und zurechtbringen. Und die Einigkeit der gottseligen Lehrer in der Kirche richtet viele auf.
33. Und da sie verzogen eine Zeit lang, wurden sie von den Brüdern mit Frieden abgefertigt zu den Aposteln.
Verzogen: Das sich Silas und Judas in Antiochia eine gute Weile aufhielten.
Brüdern: Oder Christen in Antiochia. Weil die Kirche dort wieder in den Frieden gebracht und aller Zwiespalt aufgehoben war. Da haben sie die Gesandten auf das Freundlichste wiederum verabschiedet und ihnen bewilligt, dass sie nach Jerusalem zurückkehren könnten, nachdem sie ihrer Lehre und ihren Predigten eine Zeit lang mit Lust und Freude zugehört hatten. Denn man soll nicht daran verzagen, als ob ein Streit in der Religion nicht beigelegt und aufgehoben werden könnte, sofern die Leute nur Gott fürchten und sich weisen lassen.
34. Es gefiel aber Silas, dass er da bliebe.
Da bliebe: In Antiochia, ohne Zweifel, weil er gemerkt hatte, dass seine Arbeit dieser Kirche nützlich und angenehm war. Judas aber ist allein nach Jerusalem gezogen, um den Aposteln und den anderen Gläubigen zu verkündigen, wie glücklich der Zwiespalt aufgehoben worden war mit einem großen Frohlocken der Kirche in Antiochia.
35. Paulus aber und Barnabas hatten ihr Wesen zu Antiochien, lehrten und predigten des Herrn Wort samt vielen andern.
Vielen anderen: Diese Kirche hatte zur damaligen Zeit viele herrliche Lehrer und vortreffliche Männer gehabt. Denn Gott schmückt bisweilen eine Kirche oder ein Land oder beschenkt sie mit vornehmen Kirchendienern und Lehrern. Wenn aber die Menschen solche Guttaten nicht erkennen wollen und sich undankbar dagegen erweisen, so werden ihnen die reinen, geschickten Lehrer wiederum entzogen und weggenommen, und an ihre Stelle kommen entweder Verführer oder Tagediebe, die sich um diese Kirche nicht kümmern und nicht an ihre Wohlfahrt denken, sondern sie noch verderben und zerrütten, bis diese gar zugrunde gerichtet ist.
36. Nach etlichen Tagen aber sprach Paulus zu Barnabas: Lass uns wiederum ziehen und unsere Brüder besehen durch alle Städte, in welchen wir des Herrn Wort verkündigt haben, wie sie sich halten.
Zu Barnabas: Seinen bisherigen liebsten und getreuesten Mitgehilfen.
Halten: Ob diese Kirchen, die wir Christus gepflanzt haben, noch in der reinen Lehre beständig bleiben und in der waren Gottseligkeit zunehmen. Denn die Überprüfungen dienen dazu, dass man fleißig auf die Kirchen achtet, wie es drinnen zugeht, und dies ist sehr nötig, damit sie nicht durch falsche Lehre vergiftet werden, oder sich grobe Laster einschleichen. Obwohl nun dieses Vorhaben des Paulus gut und heilsam war, so hat doch der Satan bei dieser Gelegenheit zwischen Paulus und Barnabas einen Streit angezettelt, wie nun folgen wird.
37. Barnabas aber gab Rat, dass sie mit sich nähmen Johannes, mit dem Zunamen Markus.
Markus: Der vorher in Pamphylien sich von ihnen getrennt hatte, weil er der Mühe und der Gefahr überdrüssig geworden war, die sich bei dem Predigtamt des Evangeliums fanden. Diese Kleinmütigkeit an ihm ist gar nicht löblich gewesen.
38. Paulus aber achtete es billig, dass sie nicht mit sich nähmen einen solchen, der von ihnen gewichen war in Pamphylien und war nicht mit ihnen gezogen zu dem Werk.
Werk: Wozu sie von der Kirche in Antiochia ausgesandt worden waren, dass sie den Heiden das Evangelium Christi predigen sollten. Weil nun Johannes damals als ein unbeständiger und wankelmütige Mensch, nicht bei ihnen geblieben war, so hat ihn Paulus zu dieser Reise der Kirchenbesuche auch nicht brauchen wollen, weil er sich vielleicht sorgte, ob er nicht wiederum aussetzen würde und nach Jerusalem umkehrte, gerade wenn sie ihn vielleicht am dringendsten brauchten und auf diese Weise eine Behinderung im Predigtamt entstehen würde. Und Paulus hat sich zweifellos des Spruchs Christi erinnert, als er vom Predigtamt so redet: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht hinter sich, ist nicht geschickt zum Reich Gottes {Lk 9}. Denn das sind keine guten Kirchendiener, die der Kirche nur dann zu dienen begehren, wenn es ihnen gerade passt. Dazu hat vielleicht Paulus an dem Johannes Markus mit seinem weisen Verstand etwas gemerkt, wodurch er nicht ohne große und erhebliche Ursache bewegt worden ist, dass er ihn nicht zum Gefährten haben wollte auf dieser Reise. Barnabas aber war der Meinung, man sollte ihm diese Unbeständigkeit das eine Mal zugutehalten und seine Hilfe weiter nutzen, besonders, weil er sich dazu freiwillig wieder anbot. Zumal auch Petrus, nachdem er Christus verleugnet hatte, wieder zum Apostelamt aufgenommen worden ist.
39. Und sie kamen scharf aneinander, also dass sie voneinander zogen, und Barnabas zu sich nahm Markus und schiffte nach Zypern.
Scharf: Wegen der eben genannten Sache entstand ein großer Streit zwischen diesen beiden Aposteln.
Zogen: Und ein jeder nahm einen anderen Weg.
40. Paulus aber wählte Silas und zog hin, der Gnade Gottes befohlen von den Brüdern.
Befohlen: Dass ihm die anderen Christen mit einem gottseligen Gebet alles Gute und den göttlichen Segen samt dessen Schutz und Schirm wünschten.
41. Er zog aber durch Syrien und Zilizien und stärkte die Gemeinden.
Stärkte: Mit Lehren und Ermahnen im rechten Glauben und in der Gottseligkeit. Dieser Streit der beiden vortrefflichen Apostel hat zweifellos ein großes Ärgernis in der Kirche in Antiochia verursacht. Aber Gott hat es geschehen lassen, damit wir sehen, wie der Satan auch unter den reinen Kirchendienern, die in der Lehre allerdings einig sind, Zwietracht erregen kann. Denn obwohl die vornehmen Kirchendiener mit herrlichen Gaben des Heiligen Geistes geschmückt sind, so sind und bleiben sie dennoch auch Menschen und tragen den alten Adam mit sich herum, weil sie leben. Darum soll man ihre menschlichen Fehler und Schwächen nicht aufzeigen, sondern vielmehr zudecken. Es hat aber Gott der Herr in seiner unendlichen Weisheit und Güte dieses Tun des Satans so gewandt, dass es der Kirche zum Besten gereicht. Denn gerade weil sich die Apostel voneinander getrennt haben, sind in kurzer Zeit mehr Kirchen besucht und befestigt worden, als wenn sie beisammengeblieben wären.
Das 16. Kapitel
- Timotheus wird, den schwachen Juden zu gefallen, beschnitten.
- Paulus wird vom Heiligen Geist gehindert, in Asien das Evangelium zu predigen.
- Er sieht eine Erscheinung von den Mazedoniern.
- In Philippus unterrichtet er die Lydia im Glauben
- Er treibt bei einem Wahrsager den Geist aus. Paulus und Silas werden mit Ruten geschlagen und in den Kerker geworfen.
- Durch Erdbeben wird die Tür des Gefängnisses geöffnet.
- Durch dieses Geschehen wird der Kerkermeister gläubig und lässt sich mit seinem ganzen Personal taufen.
- Paulus und Silas werden von der Obrigkeit ohne Strafe freundlich fortgeschickt.
1. Er kam aber gen Derbe und Lystra; und siehe, ein Jünger war dort mit Namen Timotheus, eines jüdischen Weibes Sohn, die war gläubig, aber eines griechischen Vaters.
Und Lystra: Diese Städte lagen in Lykaonien, wo Paulus und Barnabas vor langer Zeit die Kirche des Herrn Christus gepflanzt hatten, und Paulus damals in Lystra gesteinigt worden war. Paulus kommt aber wiederum dorthin, um die Kirche zu besuchen, ungeachtet dessen, dass er damals übel und unfreundlich an diesem Ort empfangen worden ist, und lehrt uns mit seinem Beispiel, dass wir von unserer Aufgabe nicht aussetzen sollen, auch wenn die Menschen zum Teil ungebührlich mit uns handeln.
Jünger: (Nach Luther) Der ohne Gesetz und als Unbeschnittener ein rechter Heide und dennoch ein Christ geworden ist.
Timotheus: Was so viel heißt wie: Einer, der Gott fürchtet und ehrt. Und dies ist ein sehr frommer Jüngling gewesen, wie aus den anderen Schriften des Apostel Paulus hervorgeht.
Gläubig: Dass sie die christliche Religion angenommen hatte.
Griechischen: Oder heidnischen, denn die Heiden wurden normalerweise von den Juden Griechen genannt. Und damals war eine solch ungleiche Heirat sehr gebräuchlich, dass die jüdischen Frauen sich heidnische Männer nahmen. Solche Heiraten sind jedoch sehr gefährlich, wo sich die Eheleute in der Religion nicht einig sind. Jedoch, wenn sie vollzogen worden sind, so soll man sie der Religion wegen nicht scheiden. Es soll aber der eine Ehegatte, der die rechte Religion hat, sich vorsehen, dass er sich nicht durch die Bedrohungen oder den guten Worte des anderen von dem Bekenntnis des rechten Glaubens abführen lässt. Und man soll die Kinder in der rechten Religion ordentlich unterrichten, wie es die Mutter des Timotheus getan hat, und auch Fleiß aufwenden, dass man seinen Ehegatten für Christus gewinnen kann.
2. Der hatte ein gutes Gerücht bei den Brüdern unter den Lystranern und zu Ikonien.
Gutes Gerücht: Seiner Frömmigkeit und Geschicklichkeit halber. Denn obwohl Timotheus von einem heidnischen Vater gezeugt war, so hatte ihn aber doch seine gottselige Mutter von Jugend auf in der israelitischen Religion unterwiesen und erzogen und hatte von seiner Kindheit an die Heilige Schrift, nämlich die Bücher der Propheten, fleißig mit ihm gelesen. Daher sagt Paulus, als er dem Timotheus schreibt unter anderem: Weil du von Kind auf die Heilige Schrift kennst, kann dich diese zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus unterweisen {2Tim 3}. Zudem rühmt Paulus diesen Timotheus an einer anderen Stelle mit folgenden Worten: Ich hoffe aber, in dem Herrn Jesu, dass ich Timotheus bald zu euch senden kann, damit auch ich erfreut werde, wenn ich erfahre, wie es um euch steht. Denn ich habe keinen, der so mit mir eines Sinnes ist, der so herzlich für euch sorgt {Phil 2}. Hier hören wir, wie die beschaffen sein sollen, denen man das Predigtamt des Evangeliums auferlegen will. Dass sie nämlich ein Zeugnis ihrer Frömmigkeit von ehrbaren und frommen Menschen haben, in der Heiligen Schrift gut unterrichtet sind und mit gottseligem Eifer das Reich Christi fördern. Wenn sie so beschaffen sind, so ist es egal, auch wenn sie noch nicht viele Jahre auf dem Buckel haben.
3. Diesen wollte Paulus lassen mit sich ziehen und nahm und beschnitt ihn um der Juden willen, die an diesem Ort waren; denn sie wussten alle, dass sein Vater war ein Grieche gewesen.
Ziehen: Dass er zugleich mit ihm das Evangelium predigte und ihm half, das Reich Christi zu erweitern.
Juden willen: Die neulich zu Christus bekehrt worden sind, damit sie sich vor ihm, als einem Unbeschnittenen, nicht scheuten und umso williger wären, seine Lehre anzuhören. In diesem Stück gab also die Schwäche der Juden ein wenig nach, weil die Beschneidung, als eine äußere Zeremonie zu dieser Zeit ein freiwilliges Mittelding war, dass man sie annehmen mochte oder nicht, sofern man nur kein notwendiges oder verdienstliches Werk daraus machte. So beschnitt Paulus den Timotheus auch deshalb, dass er durch sein Zutun die Juden, die noch nicht bekehrt waren, für Christus gewönne, weil diese auf keinen Fall einen unbeschnittenen Menschen hören wollten, wenn er zu ihnen predigen wollte. Und Paulus hat mit diesem Tun dem vorigen apostolischen Dekret nichts genommen, weil er Timotheus nicht in dem Sinn beschnitten hat, als wäre ihm die Beschneidung zur Seligkeit nötig, sondern aus Liebe zu den schwachen Juden. Er hat auch mit diesem Beispiel gelehrt, dass man in Mitteldingen anschauen soll, was die christliche Liebe erfordert, nämlich, dass die christliche Freiheit eine Zeit lang der Liebe weicht, damit die Schwachen im Glauben nicht geärgert, sondern vielmehr nach und nach gestärkt werden. Ja, dass auch viele, die noch fremd sind von unserer Religion, zu Christus gewonnen werden. Davon schreibt Paulus also: Obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich mich doch selbst jedermann zum Knecht gemacht, damit ich viele von ihnen gewinne. Den Juden bin ich Jude geworden, auf dass sich die Juden gewinne. Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, dass sich die Schwachen gewinne. Ich bin jedermann gleich geworden, damit ich immer wieder etliche selig mache {1Kor 9}. Als aber die bekehrten Juden auf die Beschneidung drangen, dass diese zur Seligkeit nötig wäre, hat Paulus keineswegs jemanden beschnitten, um diesen halsstarrigen Leuten zu gefallen, sondern ihnen in dieser Sache nicht eine Stunde weichen wollen und Titus nicht beschneiden lassen, obwohl er ein Heide gewesen ist {Gal 2}. Denn die Liebe gibt der Schwachheit in Mitteldingen etwas nach. Der Glaube aber widersetzt sich standhaft denen, die die Kirchen der christlichen Freiheit halsstarrig berauben wollen.
4. Als sie aber durch die Städte zogen, überantworteten sie ihnen, zu halten den Spruch, welcher von den Aposteln und den Ältesten zu Jerusalem beschlossen war.
Sie: Paulus, Silas, Timotheus und Lukas, der Evangelist, haben diese Sache beschrieben, die bald in diesem Kapitel erzählt wird.
Städte: In denen die Apostel zuvor das Evangelium Christi gepredigt hatten.
Spruch: Sie gaben ihnen eine Abschrift des Dekrets, welches im apostolischen Konzil in Jerusalem gemacht worden war, und ermahnten die bekehrten Juden und Heiden, dass sie es annehmen und danach leben sollten. Denn die Dekrete der Konzilien, die den Grund in Gottes Wort haben, soll man nicht verachten, noch viel weniger verwerfen.
Nach Luther: Von der Freiheit des Gesetzes {Apg 15v28}.
5. Da wurden die Gemeinden im Glauben befestigt und nahmen zu an der Zahl täglich.
Täglich: Sie wurden von Tag zu Tag in der christlichen Religion gestärkt und nahmen in der Erkenntnis Christi zu. Es vergrößerte sich auch die Zahl der Gläubigen überall. Denn wir sollen uns fleißig bemühen, dass unser Glaube immer stärker wird. Und die Kirchendiener sollen dahin arbeiten, dass sie dem Herrn Christus täglich mehr Menschen gewinnen.
6. Da sie aber durch Phrygien und das Land Galatien zogen, ward ihnen gewehrt von dem Heiligen Geist, zu reden das Wort in Asien.
Gewehrt: Sodass sie aus einer besonderen Offenbarung des Heiligen Geistes erfuhren, dass sie das Evangelium Christi damals in Asien nicht predigen sollten.
7. Als sie aber kamen an Mysien, versuchten sie, durch Bithynien zu reisen; und der Geist ließ es ihnen nicht zu.
Nicht zu: Das Evangelium an diesen Orten zu predigen. Warum aber Gott, der Herr, zu dieser Zeit nicht gewollt hat, dass diesem Heiden das Evangelium verkündigt wurde, dies können wir mit unserem Verstand nicht ergründen. Denn wem Gott sich erbarmt, dem erbarmt er sich. Und wir sollen Gottes geheime, aber doch gerechten Urteile nicht tadeln, dass er nicht alle Völker mit dem Licht seines Wortes beschenkt, sondern ihm vielmehr von Herzen danken, dass er uns sein Evangelium hell und lauter predigen lässt, und sollen darauf achten, dass wir nach dem Evangelium Christi würdig leben, damit nicht wegen unserer Undankbarkeit das Reich Gottes einmal von uns genommen und einem anderen Volk gegeben wird.
8. Da sie aber an Mysien vorüberzogen, kamen sie hinab gen Troas.
9. Und Paulus erschien ein Gesicht bei der Nacht; das war ein Mann aus Mazedonien, der stand und bat ihn und sprach: Komm her nach Mazedonien und hilf uns!
Mann: Es ist vielleicht ein Engel gewesen, der in einem solchen Gewand erschienen ist, wie es die Mazedonier getragen haben.
Hilft uns: Mit deinem apostolischen Predigtamt, damit wir aus der Finsternis der Religion hervorkommen und Gott recht erkennen lernen, um die ewige Seligkeit zu erlangen. Das Predigtamt des göttlichen Wortes hilft deswegen den armen, elenden Menschen, dass sie der Verdammnis entfliehen und selig werden können.
10. Als er aber das Gesicht gesehen hatte, da trachteten wir bald zu reisen nach Mazedonien, gewiss, dass uns der Herr dahin berufen hätte, ihnen das Evangelium zu predigen.
Gesehen hatte: Und bemerkte, dass ihm von Gott gezeigt worden ist und es eine besondere Offenbarung des Heiligen Geistes wäre. Obwohl nun heutzutage solche Erscheinungen nicht vorkommen, soll dennoch ein Kirchendiener, der von den Kirchen, die seiner Hilfe bedürfen, berufen wird und von der Obrigkeit die Erlaubnis erhält, dass er dort hinziehen kann, wissen, dass ihm auch von Gott gesagt ist: Komm und hilf uns. Darum soll er diesen Menschen, die ihn brauchen, seine Hilfe nicht abschlagen, wenn es auch mit seiner eigenen Unannehmlichkeit verbunden ist. Denn Gott erstattet es allen wiederum so reichlich, wenn nicht in dieser, so geschieht es doch gewiss in jener Welt.
11. Da fuhren wir aus von Troas, und stracks Laufs kamen wir gen Samothrazien, des andern Tages gen Neapolis
12. und von dort gen Philippi, welches ist die Hauptstadt des Landes Mazedonien und eine Freistadt. Wir hatten aber in dieser Stadt unser Wesen etliche Tage.
Freistadt: Die von den Römern befreit worden sind und die zum Teil dahin gezogen waren. Denn dass Römer in der Stadt gewohnt haben, wird bald danach folgen.
Etliche Tage: Und warteten auf eine Gelegenheit, dass wir das Evangelium Christi mit Frucht und Nutzen predigen könnten.
13. Am Tage des Sabbats gingen wir hinaus vor die Stadt an das Wasser, da man pflegte zu beten, und setzten uns und redeten zu den Weibern, die da zusammenkamen.
Zu beten: Als die Juden und andere andächtigen Leute, die es mit der israelitischen Religion hielten, zum gemeinsamen Gebet zusammenzukommen pflegten. Die Apostel wollten also erneut den Juden das Evangelium Christi zu allererst anbieten, obwohl sie etliche Male bereits übel von ihnen empfangen worden sind. Denn Widerwärtigkeiten sollen uns von unserer Aufgabe nicht abhalten. Und die Apostel haben sich nach dem jüdischen Brauch gerichtet, dass sie sich zu der Zeit und an dem Ort einfanden, wann und wo man das gemeinsame Gebet zu halten pflegte. Denn ein Kirchendiener soll sich (soweit er dies mit gutem Gewissen tun kann) nach den Umständen der Zuhörer richten, damit er sie nicht von sich treibt, sondern sie ihn vielmehr zu hören wünschen.
Weibern: Das Wort Gottes. Und es sieht so aus, als hätten sich wenige oder gar keine Männer damals bei dem gemeinsamen Gebet befunden. Darum haben die Apostel den Frauen gepredigt. Denn das weibliche Geschlecht ist normalerweise andächtiger als die Männer, von denen viele meinen, die Religion und das Himmelreich würden sie nichts angehen.
14. Und ein Gottesfürchtiges Weib mit Namen Lydia, eine Purpurkrämerin aus der Stadt der Thyatirer, hörte zu; welcher tat der Herr das Herz auf, dass sie darauf achthatte, was von Paulus geredet ward.
Purpurkrämerin: Diese war ohne Zweifel reich und hatte ein stattliches Vermögen. An diesem Beispiel sollen wir uns erinnern, dass die Reichen vom Reich Gottes nicht ausgeschlossen werden, wenn sie sich um die wahre Gottseligkeit bemühen. Und obwohl viele Kaufleute von Betrügereien und in Wollust leben, anstatt dass sie sich der Rechtmäßigkeit und Gottseligkeit befleißigen sollten, so hat Gott doch auch in diesem Stand etliche Auserwählte, die ihm vom Herzen dienen und selig werden.
Herz auf: Dass das Wort des Evangeliums als ein guter Samen darin haftete und Frucht brachte. Es steht deswegen nicht in unserer Macht, dass wir dem gepredigten Evangelium glauben, sondern es ist notwendig, dass Gott unser Herz öffnet, damit wir das Wort Gottes mit wahrem Glauben annehmen.
15. Als sie aber und ihr Haus getauft ward, ermahnte sie uns und sprach: So ihr mich achtet, dass ich gläubig bin an den Herrn, so kommt in mein Haus und bleibt da. Und sie zwang uns.
Bleibt da: Bis ihr aus dieser Stadt an einen anderen Ort zieht.
Zwang uns: Da wir (spricht der Evangelist Lukas) es abgeschlagen haben und nicht bei ihr einkehren wollten, damit wir ihr nicht lästig fielen oder in einen Argwohn kämen, als ob wir nicht so sehr ihre Seligkeit, sondern vielmehr ihre Güter suchten. Sie aber ließ nicht ab, zu bitten, bis wir ihrem Begehren nachgaben. Da folgten wir ihr, damit es bei ihr nicht das Ansehen nehmen konnte, als ob wir an ihrem rechten Glauben an Christus und an ihrer Frömmigkeit zweifeln würden und sie dadurch in ihrem Gewissen irregemacht würde. Hier hat man viel zu merken. Erstens, dass man die Taufe nicht außer Acht lassen soll. Danach, dass es die Aufgabe eines Hausvaters oder einer Hausmutter ist, alles dahin zu richten, dass auch ihr Personal Gott recht zu erkennen gelehrt und selig wird. Ferner, so hören wir hier, dass die Apostel das gesamte Personal getauft haben. Darunter sind ohne Zweifel auch Kinder gewesen. Weiter sehen wir, dass der rechte Glaube durch die Liebe tätig ist gegen den Nächsten und ihm Gutes tun möchte. Besonders aber halten die, die wahrhaftig an Christus glauben die getreuen Kirchendiener ehren. Endlich, dass die frommen anderen Menschen ungern zur Last fallen. Darum sind sie williger, Guttaten zu geben, als zu empfangen.
16. Es geschah aber, da wir zu dem Gebet gingen, dass eine Magd uns begegnete, die hatte einen Wahrsager Geist und trug ihren Herren viel Genieß zu mit Wahrsagen.
Es: Es folgt ein herrliches Wunderwerk des Apostels Paulus, wodurch der Satan dermaßen aufgebracht worden ist, dass er es geschafft hat, dass die Apostel mit Ruten geschlagen und ins Gefängnis geworfen wurden.
Gingen: An den Ort außerhalb der Stadt, wo man zum gemeinsamen Gebet zusammenzukommen pflegte. Denn die Apostel versäumten diese Gelegenheit nicht, damit sie denen, die dort zum Gebet zusammenkamen, das Evangelium predigen konnten.
Geist: Sie war vom bösen Geist besessen, der durch sie wahrsagte.
Genieß zu: Denn die neugierigen Menschen gaben viel Geld aus, damit sie von dieser Magd geweissagt bekamen. Von solchen Menschen aber, die in dieser Form wahrsagen, steht im Gesetz Gottes so geschrieben: Wenn ein Mann oder eine Frau ein Wahrsager oder ein Zeichendeuter sein wird, so sollen sie des Todes sterben, und man soll sie steinigen {3Mos 20}. Es ist auch verboten, die Hilfe solcher Menschen zu nutzen. Es soll keiner unter euch gefunden werden, der Wahrsager befragt {5Mos 18}. Heutzutage sündigen diejenigen aus einem Gottlosen Vorwitz schwer, die Zauberer oder Schwarzkünstler um Rat fragen oder auch die Landfahrer, die man Zigeuner nennt, die um des Geldes willen mit großer Verwegenheit und groben, greifbaren Lügen von vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Dingen weissagen und unterdessen stehlen, was sie auf heimliche und diebische Weise erreichen können. Und vorwitzige Menschen geben solchem losen Personal freigiebig, wo sie ansonsten gegenüber den Armen geizig und genau sind.
17. Diese folgte allenthalben Paulus und uns nach, schrie und sprach: Diese Menschen sind Knechte Gottes, des Allerhöchsten, die euch den Weg der Seligkeit verkündigen!
Knechte Gottes: Denn der Teufel sagt manchmal die Wahrheit, nicht, weil er sie fördern möchte, sondern vielmehr, dass er sie verdächtig machen kann. Darum wollte er das Predigtamt des Paulus mit diesem Zeugnis in den Verdacht bringen, als ob Paulus mit dem Teufel unter einen Hut stecken würde. Daher wollten sowohl Christus als auch Paulus das Zeugnis des Satans nicht annehmen. Denn man soll dem Teufel kein Gehör schenken, egal ob er die Wahrheit sagt oder nicht.
18. Solches tat sie manchen Tag. Paulus aber tat das weh, und wandte sich um und sprach zu dem Geist: Ich gebiete dir in dem Namen Jesu Christi, dass du von ihr ausfährst! Und er fuhr aus zu derselben Stunde.
Manchen Tag: Dass sie uns nachschrie, wie wären Knechte Gottes und lehrten den Weg zur Seligkeit.
Wehe: Es verdross ihn, dass der Satan sein Gespött mit ihnen trieb.
Fuhr aus: Darum hat die Magd aufgehört zu weissagen und ist vielleicht auch zu Christus bekehrt worden. Dieses Wunderwerk bezeugt, dass der Satan zwar ein mächtiger und listiger Geist ist, aber dennoch muss er Christus gehorsam und unterworfen sein, ob es ihm lieb oder leid ist. Denn vor diesem Herren müssen auch die Pforten der Hölle erzittern.
19. Da aber ihre Herren sahen, dass die Hoffnung ihres Geschäftes war ausgefahren, nahmen sie Paulus und Silas, zogen sie auf den Markt vor die Obersten
Ausgefahren: Nämlich der Geist des Wahrsagens. Und da sie nun den vorigen Nutzen von der Magd nicht mehr haben konnten, da hat der Teufel sich an den Aposteln Christi rächen wollen und die Herren dieser Magd mit einer derartigen Gier versehen, dass sie als rasende und unsinnige Leute die Apostel angefallen haben.
Obersten: Der Stadt, um sie zu strafen. Diese Menschen verfolgten die Apostel also aus Antrieb des Geistes. Darum hat Paulus richtig geschrieben, dass der Geiz eine Wurzel allen Übels ist.
20. und führten sie zu den Hauptleuten und sprachen: Diese Menschen machen unsere Stadt irre und sind Juden
Irre: Es sind Zerstörer des Friedens, die dem gemeinsamen Frieden zuwiderhandeln, darum soll man sie keineswegs dulden.
Juden: Die ohnehin mit unserer Religion nicht einig sind.
21. und verkündigen eine Weise, welche uns nicht ziemt anzunehmen noch zu tun, weil wir Römer sind.
Römer sind: Und zurecht bei unserem alten Gottesdienst bleiben sollen, wohingegen diese Menschen eine neue Religion und neue Gottesdienste vorbringen. Darum verdienen es diese Gotteslästerer und Zerstörer der römischen Religion, dass man sie bestraft, damit in Zukunft unsere Religion und unsere Regierung ohne Verwirrungen und fest bleibt. Diese gottlosen Menschen verwenden wie wir die Religion, obwohl sie doch nicht von einer Andacht, sondern vom Geiz betrieben werden. So finden sich auch noch heutzutage viele Verfolger des Evangeliums, die ihren Geiz, ihre Sucht nach Ehre, ihre Wollust und Grausamkeit mit dem Eifer der Religion beschönigen. Denn der Satan kann sich zu einem Engel des Lichts verstellen und tut dies auch.
22. Und das Volk ward erregt wider sie. Und die Hauptleute ließen ihnen die Kleider abreißen und hießen sie stäupen {2Kor 11v25 1Thes 2v2}.
Erregt: Dass es herbeilief und schrie, man sollte sie strafen. Denn der gemeine Haufen ist sehr wankelmütig und macht oft einen Aufruhr gegen die, von dem es nie beleidigt worden ist.
23. Und da sie sie wohl gestäupt hatten, warfen sie sie ins Gefängnis und geboten dem Kerkermeister, dass er sie wohl bewahrte.
Gefängnis: Denn sie waren noch nicht damit zufrieden, dass sie die Apostel in der ersten Wut mit Ruten schlugen, sondern waren bereit, ihnen noch größere Strafe aufzuerlegen.
24. Der nahm solch Gebot an und warf sie in das innerste Gefängnis und legte ihre Füße in den Stock.
Stock: Sodass es unmöglich schien, dass sie aus dem Gefängnis hätten entkommen können. An dieser Stelle hat aber die Obrigkeit schwer gesündigt, dass sie aus Zorn nicht nur unschuldige, sondern auch unbekannte Menschen bestraft, über die sie noch keine Nachfrage gehabt haben, was sie angestellt hätten. Sie lässt sie nicht nur mit Ruten schlagen, sondern darüber hinaus noch in ein hässliches Gefängnis werfen. Hierbei sollen sich aber die Kirchendiener daran erinnern, dass sie sich darauf gefasst machen, Verfolgungen zu erleiden. Denn der Satan zürnt heftig gegen sie, weil sie sein Reich zerstören. Und wenn unserer Herr Gott sie schont, dass sie keine schweren Verfolgungen erdulden müssen, so haben sie ihm für diese Ruhe umso mehr zu danken.
25. Um die Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und es hörten sie die Gefangenen.
Beteten: Dass sie Gott den Herrn anriefen um eine glückliche Fortsetzung des Reiches Gottes.
Lobten Gott: Dass sie würdig gewesen waren, um der Ehre Christi willen Schmach und Schläge zu erdulden.
Gefangenen: Die in einer anderen Zelle waren, wie diese mit lauter Stimme ihr Gebet zu Gott sprachen und ihm Lob und Dank sagten oder vielleicht auch sangen. Denn die Christen sollen in Verfolgung nicht kleinmütig sein, sondern vielmehr Gott danken, dass er sie für diese Ehre würdig erachtet, dass sie um Christi Willen etwas Widerwärtiges leiden und ausstehen müssen. Denn sie werden in jenem Leben eine umso größere Herrlichkeit dafür empfangen. Wie Petrus sagt: Wenn jemand als ein Christ leidet, der soll sich nicht schämen, er ehrt aber Gott in diesem Fall {1Petr 4}. Und die Frommen haben unter dem Heiligen Kreuz ein viel besseres und ruhigeres Gewissen, als die Gottlosen in ihrer größten Freude. Aber wir müssen uns in Widerwärtigkeiten nicht zum Fluchen, sondern zum Gebet und zum Lob Gottes wenden, so wie es der fromme Hiob getan hat, als er alle seine liebsten Dinge verloren hat und er sagte: Der Herr hat‘s gegeben, der Herr hat‘s genommen, der Name des Herrn sei gelobt.
26. Schnell aber ward ein großes Erdbeben, also dass sich bewegten die Grundfesten des Gefängnisses. Und von der Stunde an wurden alle Türen aufgetan und aller Bande los.
Grundfesten: Und es so aussah, als würde das ganze Gebäude zusammenfallen.
Aufgetan: Hier ist nun erfüllt, was der königliche Prophet David zuvor geweissagt hat: Der Herr befreit die Gefangenen, der Herr macht die Blinden sehend, der Herr richtet die auf, die niedergeschlagen sind {Ps 146}. Auch wenn Gott nun nicht alle Gefangenen durch ein Wunderwerk befreit, so kann er doch Arten und Wege finden, wie er sie von den Fesseln losmacht, wenn es zu seiner Ehre und für die Wohlfahrt des Gefangenen nützlich ist.
27. Als aber der Kerkermeister aus dem Schlafe fuhr und sah die Türen des Gefängnisses aufgetan, zog er das Schwert aus und wollte sich selbst erwürgen; denn er meinte, die Gefangenen wären entflohen.
Erwürgen: Weil er sich sorgte, die Obrigkeit könnte meinen, er hätte seinen Eid vergessen, Geld genommen, oder sich durch Versprechungen bereden lassen und die Gefangenen davonkommen lassen. Darum, damit er der Schmach und einem schändlichen Tod durch den Scharfrichter entgehen konnte, wollte er sich selbst den Tod bringen. Dieses Beispiel gibt zu erkennen, dass man zu dieser Zeit die Wächter des Gefängnisses auf das Strengste gestraft hätte, wenn sie den Übeltätern geholfen hätten, zu entkommen. Dieser Kerkermeister aber hätte schwer gesündigt und seiner Seele übles angetan, wenn er sein Vorhaben umgesetzt hätte. Dem keiner soll Hand an sich selbst legen, weil geschrieben steht, du sollst nicht töten. Und es ist kein Zeichen eines tapferen Heldentodes, sondern vielmehr der verzagten Kleinmütigkeit, sich selbst den Tod anzutun, um einem schmählichen Tod zu entrinnen, oder nicht in die Hände der Feinde zu geraten. Und es ist das Beispiel des Rahzis im Buch der Makkabäer, Kapitel 14, keineswegs zu loben, und man soll diesem keineswegs folgen. Dieses Buch wird darum nicht unter die Hauptschriften gezählt, und solch ein Beispiel widerstrebt dem Gebot Gottes.
28. Paulus aber rief laut und sprach: Tue dir nichts Übles; denn wir sind alle hier.
Alle hier: Alle von uns, die gefangen genommen worden sind. Und ohne Zweifel hatte der Apostel Paulus aus der Offenbarung des Heiligen Geistes heraus bemerkt, was der Kerkermeister gegen sein eigenes Heil und seine eigene Wohlfahrt im Sinn hatte, darum wollte er einer solch abscheulichen Tat zuvorkommen, obwohl er, wenn er seinem alten Adam hätte folgen wollen, diesen Selbstmord des Kerkermeisters passieren hätte lassen können, damit er und die anderen Gefangenen freikämen. Aber er hat viel lieber die Wohlfahrt des Kerkermeisters, von dem er doch in das tiefste Gefängnis gesteckt worden war, als seinen eigenen Vorteil gesucht. Denn die Liebe sucht nicht das ihre, sondern was zum Heil und zur Seligkeit des Nächsten dienlich sein kann. Und die Liebe rächt auch eine empfangene Schmach nicht, sondern vergibt sie und vergilt das Böse mit Gutem.
29. Er forderte aber ein Licht und sprang hinein und ward zitternd und fiel Paulus und Silas zu den Füßen
Zu den Füßen: Dass der Kerkermeister so plötzlich sich in seinem Herzen geändert hat, und denen zu Füßen gefallen ist, die er zuvor als Übeltäter in das tiefste Gefängnis geworfen hat, ist ein größeres Wunderwerk als das vorige, wo durch ein Erdbeben alle Türen des Gefängnisses aufgegangen sind und alle Fesseln gelöst wurden.
30. und führte sie heraus und sprach: Liebe Herren, was soll ich tun, dass ich selig werde?
Herren: Die ich für Diener Gottes und rechte Lehrer halte.
Selig werde: Zeigt mit den Weg zur ewigen Seligkeit, denn ich spüre, dass ihr deswegen von Gott hierher gesandt worden seid. Obwohl nun der Kerkermeister vielleicht noch keine Predigt des Evangeliums von Paulus und Silas gehört hatte, so wusste er doch so viel, dass sie wegen keiner Übeltat eingesperrt worden, sind und es war ihm nicht verborgen, dass sie dem Volk eine besondere Lehre vortrugen. Darum, als das Erdbeben dazu kam und Gott durch ein Wunderwerk ihre Fesseln gelöst hatte, hat er leicht abnehmen können, dass sie Knechte und Diener des allerhöchsten Gottes sein müssten und dazu ausgesandt waren, dass sie die rechte Religion zur Seligkeit der Menschen pflanzen und ausbreiten sollten. Deswegen ist dieser Kerkermeister nicht ohne Mittel oder durch eine Verzückung zu Gott bekehrt worden. Dieser Mensch wird aber mit seiner Frage, wie man selig werden kann, am Jüngsten Tag diejenigen verdammen, die in diesem Leben sich nicht um die andere Welt bekümmert hatten, und weder danach fragten, noch lernen wollten, was sie tun sollten, damit sie das ewige Leben erlangen könnten.
31. Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesum Christus, so wirst du und dein Haus selig.
Glaube an: (Nach Luther)Dieser Mann wird ja auch ohne Werke und Gesetze fromm durch den Glauben.
Jesus: Der Sohn Gottes und Heiland der Welt.
Dein Haus: Oder Personal, das auch die Seligkeit erlangen kann, wenn es die christliche Religion annimmt und an den Sohn Gottes glaubt. Hier hört man nichts davon, dass die Apostel dem Kerkermeister etliche Werke vorgeschrieben haben, damit er seine vorigen Sünden ablösen könnte, sondern sie fordern allein den Glauben an Christus. Deshalb werden wir durch den Glauben, ohne Werke des Gesetzes gerecht und selig {Röm 3 Eph 2}. Da die Apostel hier auch die Hausangestellten erwähnen, erinnern sie alle Haushälter, dass sie sich mit Fleiß darum bemühen sollen, das nicht nur sie allein, sondern auch ihre Hausgenossen selig werden.
32. Und sie sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren.
Hause waren: Sie haben ihm und seinem Personal, sofern sie wegen ihres Alters die Lehre erfassen konnten, von Christus, dem Heiland der Welt gepredigt. Denn der Glaube kommt aus der Predigt des Wort Gottes {Röm 10}.
33. Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen ab; und er ließ sich taufen und alle die Seinen alsobald.
Striemen ab: Die von den Streichen, die sie den vorigen Tag empfangen hatten, blutig waren, und versuchte so, ihre Schmerzen zu lindern und ihren Schaden zu heilen, soweit es ihm möglich war. Hier sieht man, wie der Glaube durch die Werke der Liebe tätig ist {Gal 5}.
Also bald: Denn wer die Mittel, die von Gott zu unserer Seligkeit angeordnet und eingesetzt sind, nicht verachtet oder verwirft, der verachtet und versäumt auch die Taufe nicht. Und man hört hier, dass die Seinen alle getauft worden sind, worunter zweifellos auch Knaben und kleine Kinder gewesen sind. Denn genauso wie der Patriarch Abraham am selben Tag, als er das Gebot der Beschneidung empfangen hatte, alles was männlich war, in seinem Haus beschnitten hat {1Mos 17}. Darunter waren viele Knaben und Kinder gewesen, weil die Knechte und Mägde des Abraham verheiratet waren. So auch, wenn im Neuen Testament ein Hausvater die christliche Religion angenommen hatte, so hat er die Anordnung getroffen, dass das gesamte Personal zugleich mit ihm getauft worden ist. Darum bringen fromme Eltern heutzutage ihre Kinder zu Recht zur Taufe, dass sie dadurch aus Wasser und Geist wiedergeboren und aus Adams Kinder, Gottes Kinder werden.
34. Und führte sie in sein Haus und setzte ihnen einen Tisch und freute sich mit seinem ganzen Hause, dass er an Gott gläubig geworden war.
Haus: Worin er mit seinem Personal seine Wohnung hatte.
Tisch: Um sie mit Speise und Trank zu erlaben.
Geworden war: Durch das Zutun der Apostel, von denen sie die rechte Religion erlernt und den Glauben an Christus erlangt hatten, wodurch sie ewig selig werden konnten, denn der rechte Glauben an Christus erfrischt und erfreut das Herz und das Gewissen des Menschen. Daher sagt Paulus, das Reich Gottes ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist {Röm 14}.
35. Und da es Tag ward, sandten die Hauptleute Stadtdiener und sprachen: Lass die Menschen gehen!
Gehen: Dies ist eine wunderbare Veränderung im Herzen der Menschen. Gestern hatten sie befohlen, die Apostel fest im Gefängnis zu verwahren, ohne Zweifel in dem Sinn, dass sie sich weiter beratschlagen wollten, was man ihnen noch für andere und schwerere Strafen auferlegen könnte. Aber jetzt heißen sie sie, wieder auf freien Fuß zu lassen und ungehindert fortziehen. Dies ist dadurch geschehen, dass es sie reute und sie sich schämen mussten, dass sie am vorigen Tag unbedacht und mit hitzigem Gemüt, ohne die Apostel verhört und sie keiner Übeltat überwiesen zu haben, sie mit Ruten schlugen und ins Gefängnis werfen ließen. Denn ein schneller Entschluss wird nie gut und die Reue folgt bald darauf. So ist auch der Zorn einer unsinnigen Wut ähnlich, nur dass er nicht lange währt. Deshalb soll sich eine Obrigkeit besonders davor hüten, dass sie beim Beratschlagen einer Sache nicht aus Zorn oder Feindschaft handelt. So sollen auch alle Gottseligenden Zorn zuvor vorübergehen lassen, ehe sie etwas Wichtiges zu tun beginnen.
36. Und der Kerkermeister verkündigte diese Rede Paulus: Die Hauptleute haben gesandt, dass ihr los sein sollt. Nun zieht aus und geht hin mit Frieden.
Mit Frieden: Ich wünsche euch viel Glück und Heil dazu und freue mich von Herzen, dass die Obrigkeit keine weitere Strenge gegen euch anwenden will. Darum ist mein Rat, dass ihr von hier weggeht, bevor euch eine neue Gefahr droht, was ich euch, als den Knechten Gottes nicht gönnen möchte. Zwar sagte der Kerkermeister dies mit einer guten Meinung, aber er wusste nicht alle Umstände der Sache, sah auch nicht, was es für ein gefährliches Ansehen würde, wenn die Apostel entkommen wären, weil es dem Evangelium Christi zum Nachteil gereicht. Darum haben sie seinem Rat in diesem Fall nicht folgen können.
37. Paulus aber sprach zu ihnen: Sie haben uns ohne Recht und Urteil öffentlich gestäupt, die wir doch Römer sind, und in das Gefängnis geworfen und sollten uns nun heimlich ausstoßen? Nicht so, sondern lasst sie selbst kommen und uns hinausführen.
Zu ihnen: Nämlich zu den Stadtdienern, nachdem er sie zu sich bestellt hatte.
Ohne Recht: Weil die von keiner Übeltat überzeugt worden sind.
Geworfen: Was alles gegen das Recht und die Gerechtigkeit und gegen die Freiheit der römischen Bürger gehandelt ist.
Ausstoßen: Jetzt versuchen sie, es zu vertuschen, damit man nicht merken sollte, wie sie uns augenscheinliche Gewalt und Unrecht angetan haben.
Hinausführen: Mit Ehren, die sie gestern mit Schmach und Strafen ins Gefängnis geworfen haben, damit unsere Unschuld an den Tag kommt. Paulus aber lässt ihnen anzeigen, dass er ein römischer Bürger ist, damit sie merken konnten, wie schwer sie sich gegen die Römer versündigen, unter deren Herrschaft die Philipper damals waren. Denn die Römer hatten ein Gesetz erlassen, wonach keine Obrigkeit einen römischen Bürger, der sich auf sie berufen würde, schlagen oder töten konnte. Und die Römer haben auf das Ernsthafteste darüber gewacht, dass die Ungerechtigkeit, die einem ihrer Bürger zugefügt worden ist, auf das Härteste gebrochen wurde, auch wenn sie weit außerhalb Roms gewohnt haben. Darum sagt Cicero, als er an Verrus schreibt: Ich bin ein römischer Bürger und bin oft an vielen unbändigen Völkern an weit abgelegenen Orten aufgetaucht und bin ihnen sehr behilflich gewesen. Paulus war aber in diesem Handeln nicht streitlustig oder hoffärtig, sondern er bemerkte, dass dem Evangelium ein Schandfleck angehängt werden würde, wenn sie heimlich aus der Stadt entwichen, so, als ob sie ein solch böses Stück begangen hätten, dass sie der Bestrafung und des Gefängnisses wert gewesen wären. Denn wir sollen uns so weit als möglich hüten, dass uns von anderen übel nachgeredet wird und dass das Evangelium um unseretwillen nicht verlästert wird. Auch hat Paulus die Obrigkeit in Philippus mit dieser, seiner ernsthaften Beständigkeit zugleich erinnern wollen, dass sie in Zukunft behutsamer handeln und nicht gegen unschuldige Menschen auf unrechte Weise aus einer jähen Hitzigkeit wüten sollten. Dies ist hernach vielen nützlich gewesen.
38. Die Stadtdiener verkündigten diese Worte den Hauptleuten; und sie fürchteten sich, da sie hörten, dass sie Römer wären,
Diese Worte: Wie sie sich am römischen Bürger vergriffen hätten.
Fürchteten sich: Dass die Römer nicht etwa solch eine Übeltat rächen würden. Vor Gott fürchten sie sich nicht, obwohl sie unschuldige Menschen geplagt hatten, sondern vor den Römern, gegen deren Freiheiten sie gehandelt hatten, solche Leute werden nur zu viele gefunden, die die Menschen mehr fürchten als Gott.
39. und kamen und ermahnten sie und führten sie heraus und baten sie, dass sie auszögen aus der Stadt.
Ermahnten sie: Mit guten Worten, damit sie ihnen ihren begangenen Fehler und ihren jähen Eifer zugutehalten wollten.
Heraus: Aus dem Gefängnis mit besonderen Ehren. Denn ich glaube, dass sich die Apostel aus einer besonderen Überlegung wieder dort eingefunden haben.
Aus der Stadt: Weil sie sich sorgten, wenn die Apostel länger in der Stadt den Leuten vor den Augen umherliefen, dass es nicht nur der Obrigkeit kleinlich vorkommen würde, sondern dass sich vielleicht auch die Stimmung des Volkes ändern würde und die Obrigkeit anfiele, dass sie aus großer Unbedachtsamkeit so tyrannisch mit den frommen und unschuldigen Menschen gehandelt hatte. Hier hat man zu bemerken, was für ein furchtsames und verzagtes Ding es um ein böses Gewissen ist, was die Leute zwingt, dass sie denen zu Willen sein müssen, die sie zuvor mit Gewalt unterdrücken wollten.
40. Da gingen sie aus dem Gefängnis und gingen zu der Lydia. Und da sie die Brüder gesehen hatten und getröstet, zogen sie aus.
Sie aus: Denn die Apostel wollten sich der Obrigkeit nicht widersetzen und auch nicht gegen ihren Willen länger in der Stadt bleiben.
Lydia: Einer Purpurkrämerin, von der vorher auch schon die Rede war.
Brüder: Oder Christen, die sich ohne Zweifel im Haus der Lydia versammelt hatten. Diesen haben sie zugesprochen und sie ermahnt, dass sie im christlichen Glauben beständig verharren sollen und in Widerwärtigkeiten Gott vertrauen.
Aus: Nämlich aus der Stadt. Danach aber hat Paulus den Phöniziern einen herrlichen Brief geschrieben, worin er ihre Frömmigkeit und ihre Beständigkeit im Unglück, auch ihren Eifer (wie dies Christen wohl an steht) gewaltig rühmt und sie weiter zu Standhaftigkeit ermahnt. Wir sollen auch die, von denen wir scheiden müssen, mit dem größtmöglichen Fleiß in der waren Gottseligkeit stärken. Obwohl nun die Kirche in Philippus einen kleinen und unruhigen Beginn gehabt hat, so ist doch dort dem Herrn Christus eine sehr gottselige Kirche gepflanzt worden. Darum soll man auch bei einem geringen Anfang in Religionssachen gute Hoffnung haben. Gott wird sein Gedeihen dazu geben.
Das 17. Kapitel
- Paulus und Silas ziehen nach Thessalonien und predigen dort das Evangelium, das bei unterschiedlichen Zuhörern unterschiedliche Wirkungen hat.
- Die ungläubigen Juden richten gegen Paulus einen Aufruhr an.
- Jason nimmt ihn auf und verbürgt sich für ihn, obwohl dies nicht ohne Gefahr ist.
- Paulus wird in der Nacht freigelassen und kommt nach Berrhoen.
- Er sagt denen in Athen, wie sie den unbekannten Gott erkennen können.
- Dionysius und Damaris samt etlichen anderen werden zu Christus bekehrt.
1. Da sie aber durch Amphipolis und Apollonia reisten, kamen sie gen Thessalonich. Da war eine Judenschule.
Da: Jetzt lasst uns hören, wohin die Apostel Paulus und Silas samt ihren Gefährten sich gewandt haben, nachdem sie von Philippus ausgezogen waren.
Und Apollonia: Dies waren Städte in Mazedonien.
2. Nachdem nun Paulus gewohnt war, ging er zu ihnen hinein und redete mit ihnen an drei Sabbaten aus der Schrift,
Hinein: Um ihnen das Evangelium von Christus zu predigen. Denn obwohl er bereits etliche Male von den Juden übel empfangen worden war, so hat er doch darum am ganzen jüdischen Volk nicht verzagt. So soll auch ein Kirchendiener bei den Zuhörern sein Amt verrichten, auch wenn er spürt, dass der größte Teil sich widerspenstig erweist. Denn man muss die Auserwählten erkennen, die mit den Bösen gemischt sind, die man der gottseligen und heilsamen Lehre nicht berauben soll.
3. tat sie ihnen auf und legte es ihnen vor, dass Christus musste leiden und auferstehen von den Toten, und dass, dieser Jesus, den ich (sprach er) euch verkündige, ist der Christus.
Auf: Indem er ihnen den richtigen Sinn dessen erklärte.
Christ: Der versprochene Messias und Heiland der Welt. Dies zeigt er ihnen und beweist es klar aus der Heiligen Schrift und aus den Büchern der Propheten. Denn die Juden steckten in zweierlei Irrtum vom Messias. Der Erste war, dass sie sein Leiden in der Schrift nicht finden konnten, sondern sich einen solchen Messias einbildeten, der auf weltliche Weise herrschen würde und seinen Anhängern allerlei zeitliche und irdische Güter beschert. Der andere war, dass sie Jesus von Nazareth nicht für den Messias hielten, weil sie nichts Königliches an ihm gesehen hatten und dazu noch durch seinen schmählichen Tod am Kreuz sehr geärgert wurden. Damit Paulus ihnen aus diesen Irrtümern heraus helfen konnte, war es notwendig, dass er ihnen zunächst aufzeigte, dass Christus einen solch schändlichen Tod erleiden musste, ehe er in seine himmlische Herrlichkeit einging, und dass alle Weissagung in den Propheten von dem Messias auf keinen anderen, als Jesus von Nazareth sich reimten. Genauso wie aber die Juden beim Messias zeitliches Glück suchten, so wünschen sich heutzutage viele einen solchen Christus, der sie auf dieser Erde reich und gewaltig macht. Darum, wenn sie um Christi willen mit dem Kreuz angefochten und geplagt werden, so fallen sie vom Evangelium Christi wiederum ab. Es lehrt aber Paulus mit seinem Beispiel die Kirchendiener, dass sie die Person und das Amt des Herrn Christus den Weissagungen der Propheten gegenüberstellen und daraus beweisen sollen, damit die christliche Religion in den Herzen der Zuhörer umso besser haftet und bekräftigt wird.
4. Und etliche unter ihnen fielen ihm zu und gesellten sich zu Paulus und Silas, auch der gottesfürchtigen Griechen eine große Menge, dazu der vornehmsten Weiber nicht wenig.
Ihm zu: Dass sie dem Evangelium, das von Paulus gepredigt wurde, glaubten.
Und Silas: Dass sie sich an ihn, als ihren Lehrmeister, hielten und in der christlichen Religion, je länger, umso weiterkommen wollten.
Griechen: Oder Heiden, die die israelitische Religion, aber nicht die Beschneidung angenommen hatte.
Weiber: Die aus vornehmen Geschlechtern stammten. Deswegen wird das Evangelium nicht ohne Frucht gepredigt. Denn der Heilige Geist ist durch das evangelische Predigtamt in den Herzen der Auserwählten kräftig, damit sie an Christus glauben und selig werden. Dass aber auch Frauen aus vornehmem Geschlecht zu Gott bekehrt worden sind, lehrt uns, dass höher stehende Menschen vom Himmelreich nicht ausgeschlossen werden.
5. Aber die halsstarrigen Juden neideten und nahmen zu sich etliche boshafte Männer Pöbelvolks, machten eine Rotte und richteten einen Aufruhr in der Stadt an und traten vor das Haus Jasons und suchten sie zu führen unter das gemeine Volk.
Aber: Der Satan erregt erneut einen Tumult und trachtet danach, das Reich Christi zu hindern.
Neideten: Diese Juden sind aus lauter Neid gegen die Apostel bewegt worden, dass sie ihnen alles Übel antun wollten. Denn es verdross sie, als sie sahen, dass viele von ihnen, die zuvor die jüdische Religion angenommen hatten, sich jetzt zum christlichen Glauben begaben. So findet man Menschen, die nicht ins Himmelreich wollen, die aber versuchen, andere, die gerne hineinwollen, so viel wie möglich daran zu hindern.
Stadt an: Gegen die Apostel Christi in der Hoffnung, dass sie in einem solchen Tumult hingerichtet werden, denn der Teufel ist ein Lügner und Mörder. Darum haben die, die eine falsche Lehre verteidigen, ein blutdürstiges Herz.
Haus Jasons: Der die Apostel zur Herberge aufgenommen hatte. Denn als sie die Apostel nicht gleich getroffen haben, sind sie zu Ihrer Herberge gelaufen.
Volk: Auf dass sie von dem unsinnigen Pöbel erwürgt würden. Und hier sieht man, was der aufrührerische Geist unter dem Schein der Religion sich untersteht.
6. Da sie aber sie nicht fanden, schleiften sie den Jason und etliche Brüder vor die Obersten der Stadt und schrien: Diese, die den ganzen Weltkreis erregen, sind auch hergekommen;
Nicht fanden: Weil man Jason entweder verborgen oder heimlich in ein anderes Haus geführt hatte, waren sie gegen ihn noch mehr entrüstet und verbittert worden.
Brüder: Oder Christen, die sie im Haus Jasons antrafen.
Erregen: Und mit ihrer neuen, ketzerischen Lehre den ruhigen Zustand des Regiments verwirren.
Kommen: In der Absicht, diese Stadt auch unruhig zu machen.
7. die beherbergt Jason; und diese alle handeln wider des Kaisers Gebot, sagen, ein anderer sei der König, nämlich Jesus.
Jason: Darum ist er mit seinen Gästen der gleichen Strafe wert.
Alle: So viel von ihnen dieser ketzerischen Lehre anhängen.
Kaisers Gebot: Der als einziger in diesen Ländern als König und Herr anerkannt sein will.
Jesus: Den man ehren müsse, der gekreuzigt worden ist und von dem sie behaupten, er würde leben.
8. Sie bewegten aber das Volk und die Obersten der Stadt, die solches hörten.
Volk: Welches sie mit ihren Verleumdungen aufbrachten, sodass es über die Apostel und ihre Zuhörer sehr erzürnt wurde. Hier hört man die gräulichsten Lügen. Denn zuerst lügen sie, wenn sie sagen, dass die Apostel den ganzen Erdkreis erregt oder aufrührerisch gemacht haben, wo sie doch nie einen Aufruhr erregt haben. Die Juden aber taten damals genau das, dessen sie die Apostel beschuldigten. Denn das, was die Widersacher der himmlischen Wahrheit unrecht tun, das messen sie fälschlicherweise anderen zu. Danach war es eine elende Verleumdung, dass sie vorgaben, die Apostel wollten, anstatt des römischen Kaisers, einen anderen König oder Kaiser dem Volk aufdrängen, nämlich, Jesus. Gerade so, als ob Christus ein weltlicher Monarch wäre, was den Aposteln nie geträumt hatte. Dennoch haben die Obersten der Stadt und das Volk dies geglaubt. So lästern die Feinde des Evangeliums die gesunde Lehre vor den Fürsten und Königen ohne jede Scheu, weil es die Hoffnung der Gottlosen ist, es würde von den Verleumdungen immer etwas in den Herzen der Menschen kleben bleiben.
9. Und da sie Verantwortung von Jason und den andern empfangen hatten, ließen sie sie los.
Und: Es folgt jetzt, wie die Obrigkeit in Thessalonien sich in dieser Sache verhalten hat.
Sie los: Die Apostel frei und unbeschadet. Diese Obrigkeit hat weiser und besser gehandelt, als die zu Philippus. Denn sie haben Jason und seine Religionsverwandten gehört, was sie von den Aposteln vorgebracht und was diese gelehrt hatten, auch den Hinweis, dass die Apostel und andere Christen nichts Böses oder Aufrührerisches angefangen hätten. Als sie nun diese, ihre Entschuldigung und das beständige Leugnen aller unrechtmäßigen Auflagen gehört hatte, ist sie damit zufrieden gewesen und hat sich gefügt. Solchen Tugenden sollen die, die im Stand der Obrigkeit sind, folgen, dass sie die Verteidigung von den Angeklagten geduldig anhören und wahrhaftige Entschuldigungen frommer Menschen annehmen.
10. Die Brüder aber fertigten alsobald ab bei der Nacht Paulus und Silas gen Beröa. Da sie dahin kamen, gingen sie in die Judenschule.
Nacht: Damit sie besser fliehen konnten. Denn sie waren in Sorge, dass der Aufruhr nicht bald danach wieder begänne und die Apostel erwürgt würden. Man soll deswegen mit höchstem Fleiß unschuldige Menschen der Gefahr entziehen, damit kein unschuldiges Blut vergossen wird. Und hierher gehört der Spruch Salomons in seinen Sprüchen im Kapitel 24: Errette die, die man töten will, und entziehe dich nicht von denen, die man würgen will.
Dahin kamen: In die Stadt Beröa, nachdem sie aus den Händen der Gottlosen Juden von Thessalonien entkommen waren.
Judenschulen: Darin predigten sie das Evangelium von Christus. Für die Weisen in dieser Welt muss es das Ansehen gehabt haben, als ob die Apostel nicht ganz bei Sinnen wären, weil sie sich oft augenscheinlich in Gefahr begaben und die Juden selig machen wollten, die doch nicht selig gemacht werden wollten. Aber die Apostel haben recht und wohlgetan. Denn sie sollten den Juden zu allererst Christus, den Erlöser, vortragen. Und uns lehrt ihr Beispiel, dass wir uns vor dem Amt unseres Berufs nicht durch irgendeine Gefahr abschrecken lassen sollen.
11. Denn sie waren die edelsten unter denen zu Thessalonich; die nahmen das Wort auf ganz willig auf und forschten täglich in der Schrift, ob sich es also verhielte.
Edelsten: Sie waren die Vornehmsten und Berühmtesten unter denen, die in der ganzen Landschaft Thessaloniens wohnten. Hierbei sieht man abermals, dass stattliche und hochstehende Leute, wenn sie nur fromm sind, vom Reich Gottes nicht ausgeschlossen werden. Und man soll das Evangelium auch bei denen predigen, wo wenig oder auch keine Hoffnung besteht. Denn die rechte Lehre geht, wo immer sie auch gepredigt wird, nicht ohne Frucht ab.
Wort: Des Evangeliums, das von Paulus und Silas gepredigt wurde.
Hielte: Sie suchten in der Schrift mit allem Fleiß danach, dass sie sahen, ob die Weissagungen der Propheten, auf die sich die Apostel bezogen, sich recht auf Christus reimten und wie das Evangelium der Apostel mit den prophetischen Schriften übereinstimmte, wodurch sie in ihrem christlichen Glauben sehr gestärkt wurden. So wie die bekehrten Juden recht daran getan haben, dass sie die Bücher der Propheten mit dem Evangelium Christi verglichen haben. So handeln die Christen wohl und löblich, die die vornehmsten Sprüche und Beispiele der Heiligen Schrift, auf die in den Predigten Bezug genommen wird, daheim in ihrer Bibel nachschlagen und fleißig betrachten. Ein solch gottseliger Fleiß stärkt ihren Glauben und drückt die reine Lehre so besser ins Herz.
12. So glaubten nun viel aus ihnen, auch der griechischen ehrbaren Weiber und Männer nicht wenig.
Glaubten: Dem Evangelium Christi. Weil der Heilige Geist durch das äußerliche Predigtamt des Evangeliums die Herzen bewegt, so lasst uns das Wort Gottes fleißig hören, damit das, was durch das Predigtamt des Wortes bereits in uns angefangen worden ist durch dasselbe gestärkt und vollendet wird.
Männer: Die zwar die jüdische Religion bereits zuvor angenommen hatten, jedoch nicht beschnitten waren.
13. Als aber die Juden zu Thessalonich erfuhren, dass auch zu Beröa das Wort Gottes von Paulus verkündigt würde, kamen sie und bewegten auch allda das Volk.
Als: Die Gottlosen Juden erregten erneut einen Tumult gegen Paulus.
Volk: Die Allgemeinheit, dass sie gegen Paulus, als einen ketzerischen Menschen, der eine neue und schädliche Lehre auf die Bahn brächte, einen Auflauf machten, wodurch Paulus abermals in Lebensgefahr kam. Denn der Satan verwirrt und betrügt die Kirche entweder mit äußeren Verfolgungen oder mit Ketzerei, weil er das Aufblühen der Kirchen nicht dulden kann.
14. Aber da fertigten die Brüder Paulus bald ab, dass er ging bis an das Meer; Silas aber und Timotheus blieben da.
Paulus: Der von den Juden und dem Volk mehr angefeindet wurde als Silas, oder andere.
Meer: Und von dort an einen anderen Ort reiste. Denn wenn die Person eines Kirchendieners vom Volk heftig angefeindet wird, so ist es besser, dass er an einen anderen Ort zieht, als dass er sich in eine augenscheinliche Gefahr begibt, besonders dann, wenn er wegen der Widerspenstigkeit der Zuhörer mit seinen Predigten nichts Nützliches auszurichten erhofft.
Blieben da: Noch eine Zeit lang. Denn obwohl sie die gleiche Lehre denen predigten, die Paulus ihnen auch gepredigt hatte, so war ihre Person doch nicht so sehr verhasst, als die des Paulus. Und obwohl die Welt alle frommen Kirchendiener anfeindet, so ist sie dennoch dem einen weniger geneigt, als dem anderen.
15. Die aber Paulus geleiteten, führten ihn bis gen Athen. Und als sie Befehl empfingen an den Silas und Timotheus, dass sie aufs Schierste zu ihm kämen, zogen sie hin.
Geleiteten: Damit er sicherer reisen konnte. Und man soll all denen alle Liebe und jeden Dienst erweisen, die über dem Bekenntnis der reinen Lehre oder um der Gerechtigkeit willen in Gefahr kommen.
Kamen: Denn Paulus brauchte die Hilfe des Silas und des Timotheus zur Fortpflanzung der christlichen Lehre. Unterdessen aber, bis die Gefährten des Paulus wiederum zurück nach Beröa kamen, konnten Silas und Timotheus, die Kirche dort im Glauben stärken und ihnen Kirchendiener zuordnen. Es ist aber eine große gut Tat Gottes, wenn jemand in seinem Predigtamt einen oder mehrere treue Gehilfen hat, wie es Silas und Timotheus dem Paulus gewesen sind. Denn jede Last ist umso leichter zu tragen, und viele Kirchengeschäfte werden umso besser verrichtet.
16. Da aber Paulus ihrer zu Athen wartete, ergrimmte sein Geist in ihm, da er sah die Stadt so gar abgöttisch.
Ergrimmte: Er wurde von einem göttlichen Eifer entbrannt.
Gar abgöttisch: Die Stadt Athen war zu dieser Zeit gleichsam die berühmteste hohe Schule in der ganzen Welt, wohin sich aus allen Orten diejenigen begaben, die weise und gelehrt werden wollten und ein Muster eines wohl bestellten Regiments sehen wollten; und die Weisheit der Welt war dort im vollen Schwung. Dennoch waren sie in vielfältiger Abgötterei sehr vertieft. Daher ist abzuleiten, dass die Weisheit der Welt zur rechten und heilsamen Erkenntnis Gottes, um diese zu erlangen, zu gar nichts nützt, dass sie vielmehr die rechte Religion mehr hindert, als fördert, es sei denn, einer geht sehr sauber und bescheiden mit der Welt Weisheit um und stellt sie gleichsam in den Dienst der göttlichen Weisheit und unterwirft sich ihr. Denn Paulus sagt nicht vergebens: Seht zu, dass euch niemand durch die Philosophie und lose Verführung nach der Menschenlehre und nach den Gesetzen der Welt beraubt und nicht nach Christus {Kol 2}. Und viele aus der alten Generation haben gesagt: Die Philosophen oder die Weltweisen sind die Großväter der Ketzer.
17. Und er redete zwar zu den Juden und Gottesfürchtigen in der Schule, auch auf dem Markt alle Tage zu denen, die sich fanden.
Redete zwar: Als er gelegentlich erfahren hatten, was zur Handhabung der christlichen Religion dienlich war.
Gottesfürchtigen: Aus den Heiden, die die israelitische Religion angenommen hatten.
Alle Tage: Wenn er Gelegenheit haben konnte. Denn man soll keine Gelegenheit versäumen, das Reich Gottes zu befördern.
18. Etliche aber der Epikureer und Stoiker Philosophen zankten mit ihm; und etliche sprachen: Was will dieser Lotterbube sagen? Etliche aber: Es sieht, als wollte er neue Götter verkündigen. Das machte, er hatte das Evangelium von Jesu und von der Auferstehung ihnen verkündigt.
Zankten mit ihm: Darüber, wie die wahre Glückseligkeit zu erlangen sei. Denn es bestand damals zwischen den Philosophen ein besonderer Streit darüber, was einen Menschen richtig glückselig macht. Sie nannten es, nach dem besten oder höchsten Gut fragen. Und es besteht kein Zweifel, dass Paulus mit erhabenen und starken Gründen erwiesen und gelehrt hat, dass die rechte Glückseligkeit in der wahren Erkenntnis Gottes besteht. Die Epikureer aber setzten ihr Glück auf Wollust und gutes Leben und glaubten nicht, dass sich Gott den menschlichen Händeln annehme. Sie glaubten aber trotzdem, dass man ehrlich leben sollte, damit man nicht wegen der Laster oder wegen begangener Unrechte gestraft würde. Die Stoiker aber meinten, die rechte Glückseligkeit beruhe darauf wenn man sich aller menschlichen Zuneigung enthielt, dass man über ein gutes Glück nicht fröhlich würde, sich auch nicht wegen eines widerwärtigen Zustands bekümmerte und die Schmerzen des Leibes nicht anders duldete, als wenn er ein Stein oder ein Stock wäre, der nichts empfinden könnte. Diesen stoischen Philosophen sind vor etlichen Jahren die Mönche gleich gewesen, die damit begannen, dass sie der menschlichen Natur ihre Neigungen, auch die, die von Gott erschaffen und eingepflanzt wurden, beraubten. Andere Mönche haben sich in der Sekte der Epikureer wohler gefühlt, wo sie der Völlerei und Unzucht ergeben gewesen sind. In diesem Stück haben sie noch viele Brüder und Nachkommen, auch unter denen, die keine Kappen oder Platten tragen, aber dennoch ein epikurisches, das heißt, ein säuisches, wüstes und wildes Leben führen.
Sagen: Was hört ihr diesem Schwätzer zu? Denn die Weisheit Gottes wird von den Weisen dieser Welt verlacht, aber Gott verlacht sie wieder.
Sieht: Was wir seiner Rede entnehmen können, so glauben wir, ist, dass er einen neuen Gottesdienst einrichten möchte.
Auferstehung: Was ihnen ein neues und bis dahin unerhörtes Tun war, dass ein Gott gestorben und wieder auferstanden sein sollte. Denn die rechte Lehre wird oftmals beschuldigt, als wäre es eine neue Lehre, obwohl sie doch die Allerälteste ist. Aber denen erscheint sie neu, die bis dahin nichts davon gewusst haben.
19. Sie nahmen ihn aber und führten ihn auf den Richtplatz und sprachen: Können wir auch erfahren, was das für eine neue Lehre sei, die du lehrst?
Richtplatz: An einem öffentlichen und bekannten Ort, wo man öffentlich Gericht hielt. Und der Rat in Athen kam dort zusammen, wenn er über eine Sache, die Leib und Leben betraf, urteilen wollte.
Lehrst: Denn wir können dich nicht recht verstehen, darum sage frei und deutlich heraus, was deine Meinung in Religionssachen ist.
20. Denn du bringst etwas Neues vor unsere Ohren; so wollten wir gerne wissen, was das sei.
Neues: Von dem wir zuvor noch nichts gehört haben und was uns sehr ungereimt erscheint.
Sei: Worauf du mit deiner Rede und Predigt hinauswillst?
21. Die Athener aber alle, auch die Ausländer und Gäste, waren gerichtet auf nichts anderes, denn etwas Neues zu sagen oder zu hören.
Alle: So viele von ihnen auf dem Richtplatz versammelt waren.
Zu hören: Nicht in der Absicht, dass es ihnen ernst gewesen wäre, etwas zu lernen. Solche Neugier und Leichtfertigkeit der Athener hat auch Demosthenes, ihr eigener Redner, ihnen etliche Male ernsthaft und ohne Scheu vorgeworfen. Es ist aber kein Wunder, dass die in der rechten Religion nicht viel lernen, die nicht auf das Heil und die Seligkeit ihrer Seelen achten. Denn die lassen sich von jedem Wind der Lehre in eine andere Richtung treiben {Eph 4}. Und sie werden aus gerechtem Urteil Gottes in einen verkehrten Sinn gegeben, dass sie den Lügen und nicht der Wahrheit glauben, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, damit sie selig würden {2Thes 2}.
22. Paulus aber stand mitten auf dem Richtplatz und sprach: Ihr Männer von Athen, ich sehe euch, dass ihr in allen Stücken allzu abergläubisch seid.
Paulus: Es folgt jetzt eine Predigt des Apostel Paulus, die er auf dem Richtplatz in Athen gehalten hat, in der er, nachdem er mit einer freundlichen Anrede eröffnet und sich die Zuhörer gewogen gemacht hat, ihnen ihre falsche Religion aus ihren eigenen Gottesdiensten aufzeigt. Danach schreitet er zur Predigt von Christus.
Von Athen: Paulus wusste sehr gut, dass sie diesen, ihren Namen gern hörten und auch Demosthenes, ihr Redner, sie häufig so anspricht, weil sie wussten, dass ihr Name weit und breit in der Welt berühmt war.
Abergläubisch: Ich spüre, dass ihr gar zu andächtig seid, sodass ihr auch Religion und Gottesdienste anrichtet, wo man sie nicht braucht.
23. Ich bin durchgegangen und habe gesehen eure Gottesdienste und fand einen Altar, darauf war geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch denselben, dem ihr unwissend Gottesdienst tut.
Unbekannten Gott: Hieraus verstehe ich, dass ihr nicht nur die Götter ehrt, die ihr eurer Meinung nach kennt, sondern auch die unbekannten, deren Namen ihr nicht kennt und von deren Macht ihr nichts wisst. Ich möchte euch nicht zum Nachteil reden, aber in dieser Sache tut ihr des Guten zu viel. Aber die Sache ist nicht so böse, wie man meinen könnte, denn bei jedem unbekannten Gott, dem ihr dienen wollt, so will ich euch sagen, wie ihr diesen erkennen lernt, damit ihr wisst, wer er ist, und wie man ihm dienen muss.
24. Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was drinnen ist, sintemal er ein Herr ist des Himmels und der Erde, wohnt er nicht in Tempeln mit Händen gemacht {Apg 7v48}.
Gemacht hat: Und der wahre, ewige Gott ist. Den nennt ihr aus Unwissenheit einen unbekannten Gott.
Und der Erde: Und aller Kreaturen, die er alle miteinander in seiner Hand und Gewalt hat, den soll man ehren.
25. Sein wird auch nicht von Menschenhänden gepflegt, als der jemandes bedürfe, so er selber jedermann Leben und Odem allenthalben gibt.
Gepflegt: Dass man ihm stattliche Tempel oder Kirchen bauen und viele Opfer schlachten wollte.
Gibt: Samt allem, was die Menschen und alle anderen Tiere brauchen. Darum soll man nicht meinen, dass ein solch mächtiger Gott, der alles erschaffen hat und bis zum heutigen Tag erhält, an einem gewissen Ort oder Tempel gebunden oder darin eingeschlossen ist, noch mit dem Geruch der Opfer gespeist oder ergötzt werden kann. Denn er braucht kein Haus, wie auch keine Speise und keinen Trank, weil er Guttaten zu geben, und nicht zu empfangen pflegt. Mit diesen Worten deutet Paulus auf die vielfältige Abgötterei der Athener hin, weil sie meinten, dass den Göttern mit vielen Tempeln, Altären und Opfern gedient würde. Denn Gott braucht unsere Guttaten nicht, sondern wir brauchen seine Güte und Gnade, wie es der 50. Psalm ausführlich anzeigt. Deswegen zielen die weit daneben, die Gottesdienste in dem Sinn ausrichten, als würde Gott diese benötigen.
26. Und hat gemacht, dass von einem Blut aller Menschen Geschlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen, und hat Ziel gesetzt, zuvor versehen, wie lang und weit sie wohnen sollen,
Wohnen: Das will so viel heißen wie: Das menschliche Geschlecht ist nicht von Ewigkeit her gewesen, sondern eben der Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, hat auch den Menschen erschaffen. Und er hat ihn so erschaffen, dass durch die Fortpflanzung des Samens, der vom Blut herkommt, das menschliche Geschlecht auf der ganzen Welt vermehrt und ausgebreitet worden ist und auch noch heutzutage erhalten und fortgepflanzt wird. Dieses ist ein wunderbares Werk dieses Gottes, der euch bisher unbekannt gewesen ist. Dieser Gott hat auch dem Volk und jeder Regierung eine gewisse Zeit bestimmt, wie lange es mit ihm andauern soll, auch in seinem verborgenen Ratschluss ein Ziel gesetzt, wie weit jedes Volk sein Reich ausdehnen soll, welches es nicht überschreiten kann, auch wenn er es noch so gern wollte. Denn Gott nimmt sich der menschlichen Sachen an. Dieser Gott, den ihr bisher nicht gekannt habt, hat vom Anfang der Welt menschlichen Geschlechts viele und große Guttaten erzeigt zu dem Zweck, dass die Menschen ihn suchen und aus seinen Werken ihn als einen gütigen, weisen, allmächtigen und gerechten Gott erkennen lernen sollen, und ihm in der Gottseligkeit dienen. Er hat sich mit seinen Guttaten dem menschlichen Geschlecht gleichsam freundlich zugewandt, damit sie ihn vielleicht aus den Werken erkennen könnten. Und er ist nicht weit von uns, ja er ist uns sogar am allernächsten, denn er erfüllt Himmel und Erde und ist bei all seinen Kreaturen, damit er sie erhält. Und auch wir Menschen sind nicht von uns selbst, sondern von ihm erschaffen, zumal es nicht in der Macht der Eltern steht, dass Kinder geboren werden, wie es unfruchtbare Ehen ausreichend bezeugen. Ja, es ist keiner unter uns, der nicht sein Leben allein von der Güte dieses einzigen, unbekannten Gottes hätte. Wir könnten auch nicht einen Finger regen, oder etwas denken, wenn er uns nicht Kraft, Stärke und Verstand gegeben hätte. Darum soll man diesen wahren, ewigen Gott in rechtschaffener Gottseligkeit ehren, von dem wir so viele Guttaten empfangen haben, die wir auch mit Gedanken niemals ausreichend begreifen können.
27. dass sie den Herrn suchen sollten, ob sie doch ihn fühlen und finden möchten. Und zwar er ist nicht ferne von einem jeglichen unter uns;
28. denn in ihm leben, weben und sind wir, als auch etliche Poeten bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechtes.
Poeten: Die ihr für eure Lehrer und Propheten haltet. Denn ich will unsere Propheten noch nicht aufweisen, von denen ihr nichts wisst und deshalb ihr Zeugnis auch nicht annehmen würdet.
Seines Geschlechts: So hat euer Dichter mit Namen Aratus gelehrt, als er von Gott sprach: Der Mensch ist zum Ebenbild Gottes erschaffen, dergestalt, dass ein frommer Mensch Gott, dem Allmächtigen, gleichsam als ein kleines Konterfei abgebildet ist. Und obwohl das menschliche Geschlecht durch die Sünde verdorben ist, jedoch, weil der Mensch seine Vernunft, sein Gedächtnis, seinen Verstand und seinen Willen noch hat und über andere Kreaturen herrscht, so ist freilich noch etwas von dem Ebenbild Gottes übrig, damit der Mensch alle anderen Kreaturen übertrifft, sodass wir sozusagen mit Gott eine Verwandtschaft haben.
Nach Luther: Das heißt: Wir sind von ihm hergekommen als vom Vater oder Schöpfer.
29. So wir denn göttliches Geschlechtes sind, sollen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich den goldenen, silbernen und steinernen Bildern, durch menschliche Gedanken gemacht.
Sei gleich: Denn wenn ein Mensch noch so eifrig ist, so ist er dennoch viel besser, als eine goldene, silberne oder steinerne Säule, auch wenn sie noch so künstlerisch ausgearbeitet ist. Darum soll man nicht meinen, dass der wahre Gott gerecht abgebildet wird, auch mit den allerköstlichsten und günstigsten Bildern oder Säulen. Viel weniger aber soll man meinen, dass er durch solche Bilder oder Säulen geehrt würde. Denn sie haben nichts Gleiches mit Gott, weil sie weder leben noch sich bewegen, auch nichts empfinden, nichts verstehen, nichts hören und sehen. Dagegen der wahre Gott nicht nur lebt, sondern auch allen Menschen das Leben, den Verstand und die Kraft gibt. Hier mögen die päpstlichen Götzendiener aufmerken, die den toten Bildern Ehre antun, sie mit Gold und Edelsteinen zieren, aber die lebendigen Bilder Gottes, nämlich, die gottseligen Menschen, erwürgen und verbrennen. Denn diese sind nicht um ein Haar besser als die Athener, ja sogar viel schlimmer.
30. Und zwar hat Gott die Zeit der Unwissenheit übersehen; nun aber gebietet er allen Menschen an allen Enden, Buße zu tun,
Unwissenheit: In der Religion und in Glaubenssachen.
Übersehen: Dass er die Abgötterei nicht mit Gewalt unter den Heiden beendet hat, sondern sie in seiner großen Langmütigkeit viele hundert Jahre geduldet hat, obwohl er sie nie gutgeheißen hat. Denn Gott ist langmütig, dass er eine falsche Religion lange übersehen kann. Daraus kann man keineswegs schließen, dass die päpstliche Abgötterei Gott gefällt, auch wenn sie lange dauert. Denn wie viele Jahre sind nach der Sintflut vergangen, von der Zeit an, da man unter den Heiden angefangen hat, die Abgötterei zu ehren, bis zu dem Tag, an dem Paulus den Athenern gepredigt hat? Dennoch waren Gott die falschen heidnischen Gottesdienste schon immer zuwider gewesen. Denn tausend Jahre unrecht war keine Stunde recht.
Zu tun: Sich von den Irrtümern der falschen Religion, wie auch von anderen Sünden und Lastern abzuwenden. Denn Gott will, dass wir sein Wort hören, Buße tun und das ewige Leben erlangen. Und man soll Gott, dem Herrn, nicht bösen Willen zumessen, als ob er uns zwar seine Gnade mit Worten anbietet, und dennoch nicht will, dass wir sie annehmen.
31. darum dass er einen Tag gesetzt hat, auf welchen er richten will den Kreis des Erdbodens mit Gerechtigkeit durch einen Mann, in welchem er es beschlossen hat, und jedermann vorhält den Glauben, nachdem er ihn hat von den Toten auferweckt.
Richten will: Vor diesem Gericht wird sich niemand entziehen können.
Einen Mann: Jesus Christus, der wird das letzte und oberste Gericht besitzen, den der himmlische Vater zum Richter, der Lebendigen und Toten verordnet hat. Damit aber die Menschen vor diesem strengen Gericht Christi der ewigen Verdammnis entgehen können, so hat Gott der Herr nach der Auferstehung Christi das Evangelium in der ganzen Welt sowohl den Heiden als auch den Juden zu predigen befohlen, und er zeigt allen Menschen einen Weg zur Seligkeit, nämlich, den Glauben an Christus. Er will auch, dass jedermann an diesen Seligmacher glaubt, damit, wer an ihn glaubt, nicht verdammt oder verloren wird, sondern das ewige Leben hat. Deswegen sollen wir uns auf das Jüngste Gericht vorbereiten und gefasst machen, damit wir nicht zu Verdammnis verurteilt werden. Wir werden aber dann geschickt und bereit sein, wenn wir Buße tun und an Christus glauben. Denn so werden uns die Sünden vergeben und die Missetaten werden bedeckt sein, dass sie uns vor Gottes Gericht nicht zugerechnet werden {Ps 32}. Dies ist der Inhalt der Predigt des Paulus gewesen, die er den Athenern auf dem Richtplatz gehalten hat. Danach folgt, wie die Athener diese Predigt aufgenommen haben.
32. Da sie hörten die Auferstehung der Toten, da hatten etliche ihren Spott; etliche aber sprachen: Wir wollen dich davon weiter hören.
Toten: Dass Paulus gesagt hatte, Christus wäre von den Toten auferstanden und würde nicht mehr sterben und dass auch wir am Jüngsten Tage wiederauferstehen würden und vor den Richterstuhl Christi, des obersten Richters, gestellt werden müssten.
Spott: Weil es ihnen ungereimt vorkam. Denn der menschliche Verstand verlacht die Geheimnisse der christlichen Religion, obwohl etliche verschlagene Weltkinder ihr spöttisches Gelächter vor den Leuten verbergen und es sich nicht anmerken lassen dürfen.
Hören: Von dieser Lehre reden. So gab es noch ein wenig Hoffnung zur Bekehrung. Und man soll an denen nicht verzagen, die der reinen Lehre noch nicht völlig zustimmen können, wenn sie nur die Wahrheit nicht verlästern.
33. Also ging Paulus von ihnen.
34. Etliche Männer aber hingen ihm an und wurden gläubig, unter welchen war Dionysius, einer aus dem Rat, und ein Weib mit Namen Damaris und andere mit ihnen.
Wurden gläubig: Dem Evangelium Christi. So wurden sie von diesem Augenblick an durch die Predigt des Apostel Paulus zum Herrn bekehrt.
Nach Luther: Ohne Gesetze und Werke, denn sie waren ja Heiden.
Damaris: Zweifellos aus einem vornehmen Geschlecht.
Andere: Das waren nicht besonders viele gewesen im Gegensatz zu der Menge des Volkes, die in Athen waren. Obwohl nun an dieser Stelle sicher und nicht zu leugnen ist, dass einer mit dem Namen Dionysius, ein Ratsherr, sich zu Christus bekehrt hat, so kann man doch keineswegs zulassen, dass das Buch von den Hierarchien (oder himmlischen Regierungen), welches unter seinem Namen umhergeschleift wird und viel ungereimtes Zeug und unnützes Geschwätz darin steht, von diesem Dionysius, den Paulus bekehrt hat, geschrieben worden sein sollte. Denn in dem gleichen Buch wird von einem Bild gesprochen, mit Namen Clemens von Alexandrien, der fast dreihundert Jahre nach Christi Geburt gelebt hat. Darum hat eine solche erwähnte Schrift keine Berechtigung und kein Ansehen. Dass aber so wenige Bürger in der Stadt Athen zu Christus bekehrt worden sind, erinnert uns daran, wie das Evangelium nirgends weniger stattfindet, als bei denen, die sich selbst für schlau halten. Darum hat Paulus richtig geschrieben: Wer sich unter euch weise erscheint, der soll ein Narr in dieser Welt werden, damit er weise werden kann. Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott {1Kor 3}.
Das 18. Kapitel
- Paulus kehrt in Korinth bei Aquilla und Priscilla ein und lehrt dort das Evangelium.
- Als er den Heiden predigt, tröstet ihn der Herr durch eine Erscheinung.
- Daraufhin bleibt er eineinhalb Jahre in Korinth.
- Er wird erfolglos vom römischen Landpfleger angeklagt.
- Von dort aus zieht er nach Syrien und weiter nach Ephesus und stärkt die Kirche in Galiläa und Phrygia in der Wahrheit.
- Apollo, ein gewaltiger Lehrer in der Schrift, predigt Christus mit großem Nutzen.
1. Danach schied Paulus von Athen und kam gen Korinth
Von Athen: Denn weil er sah, dass er mit seiner Predigt des Evangeliums von Christus in Athen nicht viel ausrichten konnte, hielte es für besser, an einen anderen Ort zu ziehen, um nicht viel Zeit vergeblich bei denen zuzubringen, die die heilsame Lehre des Evangeliums wie einen großen Witz nur verlacht und verspotten.
Korinth: Korinth war eine berühmte Gewerbe- oder Handelsstadt in Achajia, die zwei Meerhäfen oder Anfahrten hatte, und so für den Handel gut gelegen war. Wie in vielen gewaltigen und berühmten Handelsstädten der Geiz, Betrug, die Üppigkeit, Unzucht und dergleichen Laster an der Tagesordnung waren, so war diese Stadt Korinth wegen solcher Untugenden so verschrien, dass man sogar im Sprichwort, von denen, die ein lasterhaftes und verruchtes Leben führten, sagte: Sie lebten auf gut korinthisch. Dennoch hat sich Gott dort eine ansehnliche Kirche gesammelt, nicht, weil er an ihrem Gottlosen und verruchten Wesen und Leben gefallen hatte, sondern um zu lehren, wie uns die Seligkeit nicht aus dem Verdienst unserer Werke, sondern aus lauter Gnade und Erbarmen Gottes widerfährt.
2. und fand einen Juden mit Namen Aquila, der Geburt aus Pontus, welcher war neulich aus Welschland gekommen, samt seinem Weibe Priscilla, darum dass der Kaiser Claudius geboten hatte allen Juden, zu weichen aus Rom.
Priscilla: Dies sind gottselige Eheleute gewesen, und sie haben in der christlichen Religion viel gewusst. Bei denen ist er eingekehrt. Denn es ist gut, mit frommen Menschen umzugehen. Und die, die selbst einmal im Elend gewesen sind, die haben Mitleid mit denen, die im Elend sind und nehmen sie freundlich auf. Paulus schreibt an anderer Stelle von diesen frommen Eheleuten Folgendes: Grüßt Priscilla und Aquilla, meine Gehilfen, in Christus Jesus, die für mein Leben ihren Hals riskiert haben. Diesen danke ich nicht nur allein, sondern allen Gemeinden unter den Heiden {Röm 16}. So werden auch an den Orten, in denen ein verdorbenes Wesen daheim ist, fromme und Gottesfürchtige Leute gefunden.
Aus Rom: Darum musste auch Aquilla und Priscilla als Juden Italien verlassen. Es schreibt aber ein römischer Geschichtsschreiber namens Suetonius Tranquillus aus dem Leben des Kaisers Claudius von dieser Sache Folgendes: Er (der Kaiser) trieb die Juden, die durch die Anstiftung Christi dauernder Unruhe erregten aus Rom. Dieses Wort des Suetonius muss man so verstehen, dass unter den Juden, die in Rom gewohnt haben, etliche Christus für den Messias erkannt und bekannt haben, etliche ihn aber verworfen und gelästert haben. Daher ist es geschehen, dass ein ständiger Streit unter ihnen gewesen ist. Weil aber der Kaiser, als ein heidnischer, weltlicher Regent, meinte, es stehe ihm von seinem Amt wegen zu, dass er Ruhe und Frieden in der Regierung erhalte, so hat er beide Parteien aus der Stadt getrieben aus einem närrischen und dazu gottlosen Vorsatz. Denn viele Obrigkeiten sind so gesinnt, dass sie, weil sie die strittigen Religionssachen nicht verstehen und auch nicht lernen wollen, sie beide streitenden Parteien ausstoßen, wo sie doch eigentlich den unschuldigen Teil verschonen sollten.
Ging er ein: Nachdem er von diesen beiden frommen Eheleuten gehört hatte, dass sie sich im Elend befanden, und er ist zur Herberge von ihnen aufgenommen worden.
3. Zu diesen ging er ein; und dieweil er gleiches Handwerks war, blieb er bei ihnen und arbeitete; sie waren aber des Handwerks Teppichmacher.
Arbeitete: So dass er mit der Handarbeit auf ehrliche Weise seine Nahrung suchen und erwerben wollte, damit er seinem Hauswirt, dem Aquilla, oder auch sonst niemandem zur Last fiele. Denn die Liebe erfordert es, dass wir es so weit wie möglich vermeiden, unserem Nächsten zur Last zu fallen. Zumal Geben seliger ist als Nehmen {Apg 20}. Obwohl nun Paulus seinen besonderen Grund gehabt hat, dass er von der Kirche in Korinth eine Bezahlung nehmen wollte, sondern sich vielmehr mit seiner Handarbeit ernähren wollte, so bezeugt er doch in seinem 1. Brief an die Korinther im Kapitel 9 ausführlich, dass er mit seinem Beispiel den anderen Dienern des Evangeliums in dieser Sache kein Gesetz vorschreiben wollte. Er sagte unter anderem: Wisst ihr nicht, dass die, die da opfern, vom Opfer essen und dass die, die den Altar pflegen den Altar genießen? So hat auch der Herr befohlen, dass die, die das Evangelium verkündigen, sich vom Evangelium ernähren sollen.
Teppichmacher: Dass sie kunstvolle Teppiche machen konnten. Ich meine jedoch, dass in den warmen Ländern Teppiche viel gebräuchlicher waren, nicht nur in Kriegs - sondern auch in Friedenszeiten, damit die Leute darunter gegen die Hitze einen Schatten und gegen das Unwetter eine Deckung gesucht haben. Und es ist keine Schande für einen Christen, dass er ein Handwerk betreibt.
4. Und er lehrte in der Schule an allen Sabbaten und beredete beide, Juden und Griechen.
Lehrte: Das Volk in Korinth von der Religion, solange es die Juden zuließen.
Und Griechen: Oder Heiden, die die israelitische Religion angenommen hatten, sowie auch andere aus der Schar der Heiden, die inzwischen den Juden in ihren Schulen zuzuhören pflegten, wenn sie von ihrer Religion handelten. Diese bemühte er sich, mit höchstem Fleiß zu überzeugen, dass die Rechtfertigung vor Gott und die Seligkeit nicht auf den Werken des Gesetzes, sondern auf dem Messias, dem Gott, den Patriarchen verheißen haben, beruht. Und Paulus hat, meines Erachtens nach, aus besonderen Überlegungen nicht sofort von der Person Christi gepredigt, bevor er nicht dem Evangelium einen Weg geebnet hatte, wie aus dem Folgenden abzunehmen ist.
5. Da aber Silas und Timotheus aus Mazedonien kamen, drang Paulus der Geist, zu bezeugen den Juden Jesum, dass er der Christus sei.
Kamen: Zu Paulus nach Korinth, um mit ihm über die Fortpflanzung des Evangeliums sich zu besprechen.
Christ sei: Der versprochene Messias und Heiland der Welt, der in Jerusalem gekreuzigt worden ist. Denn der Heilige Geist hat ihn angetrieben und ist in sein Gewissen gedrungen, dass er keine Ruhe haben konnte, bis er den Juden deutlich angezeigt und erwiesen hatte, dass Jesus von Nazareth der Erlöser des menschlichen Geschlechts ist, der den Erzvätern verheißen worden war. Deswegen hat er zunächst gelehrt, dass die Seligkeit auf dem versprochen den Messias steht. Danach, dass dieser Messias kein anderer ist als der gekreuzigte Jesus. So wie ein Kirchendiener weise überlegen sein soll, was er zuerst oder später lehren soll, so ist es auch ohne jeden Zweifel sicher und eher unfehlbar, dass ein gottseliger Eifer in den Kirchendienern durch Gespräche mit den treuen Mitgehilfen erregt und ermuntert wird.
6. Da sie aber widerstrebten und lästerten, schüttelte er die Kleider aus und sprach zu ihnen: Euer Blut sei über euer Haupt! Ich gehe von nun an rein zu den Heiden {Neh 5v13 Mt 10v14 Apg 13v51}.
Widerstrebten: Der Lehre des Evangeliums, als er von der Person Jesu Christi sprach.
Schüttelte: Nach dem Brauch der Hebräer. Mit dieser äußeren Zeremonie wollte Paulus zu verstehen geben, dass die Juden wegen der Verachtung des Evangeliums so sehr verflucht sind, dass er nicht einmal ein Staubkorn von ihren Schulen an sich kleben lassen wollte. Darum würden sie auch nicht durch Paulus, sondern durch ihre eigene Schuld verloren werden. Und weil sie das Evangelium Christi von sich stoßen, obwohl er es ihnen doch als Erste angeboten hatte, so wollte er sie zukünftig in Ruhe lassen und das Evangelium den unbeschnittenen Heiden verkündigen, was mit keinem Recht an ihm getadelt werden konnte. Hier ist zu bemerken, dass die Heuchler, die aus den Werken gerecht werden wollen, das Evangelium Christi von der gnadenreichen Rechtfertigung für ein Scheusal und Gräuel halten. Und dass die, die das angebotene Evangelium von sich stoßen, durch ihre eigene Schuld verloren werden. Auch, wie das Evangelium von den undankbaren Zuhörern weggenommen und anderen angeboten wird.
7. Und machte sich von dort und kam in ein Haus eines mit Namen Just, der gottesfürchtig war, und desselben Haus war zunächst an der Schule.
Von dort: Aus ihrer Schule, so dass er nicht mehr darin gepredigt hat, weil die Juden mit ihrem Widerspruch und mit ihren Lästerungen ihn daran hinderten.
Just: Der meiner Meinung nach die israelitische Religion angenommen hatte, jedoch ohne die Beschneidung. Wenn aber das Evangelium von einem Ort vertrieben wird, so gibt Gott seiner Kirche an einem anderen Ort Herberge und Unterschlupf.
8. Crispus aber, der Oberste der Schule, glaubte an den Herrn mit seinem ganzen Hause; und viel Korinther, die zuhörten, wurden gläubig und ließen sich taufen.
Herrn: Jesus Christus, dessen Evangelium Paulus gepredigt hatte. Denn wer den Dienern Christi glaubt, der glaubt Christus selbst.
Haus: Dass er ohne Zweifel als ein frommer Hausvater in der christlichen Religion fleißig unterrichtet hat. Und Paulus hat diesen Chrispus selbst getauft, wie er bezeugt, 1. Korinther 1. Es soll aber ein Hausvater sich vorsehen, dass er fromme Hausgenossen hat, die mit ihm ewig selig werden. Und Gott beruft auch aus vornehmen Menschen (wie auch dieser oberste der Schulen in keinem schlechten Ansehen gestanden hat) etliche zu seiner selig machenden Erkenntnis.
Korinther: (nach Luther Die kommen auch ohne Gesetze und Werke.
Taufen: Die die Taufe als unnötig für die Seligkeit, gering schätzen, die werden nicht vom Geist Gottes getrieben, sie sind auch nicht unter die Christen zu zählen, obwohl sie die Taufe einst empfangen haben.
9. Es sprach aber der Herr durch ein Gesicht in der Nacht zu Paulus: Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht!
10. Denn ich bin mit dir und niemand soll sich unterstehen, dir zu schaden; denn ich habe ein großes Volk in dieser Stadt.
Mit dir: Ich bin bei dir gegenwärtig mit vielen Engeln, dass ich dich in deinem mühseligen und gefährlichen Beruf stärke, beschirme und errette. Darum verrichtet dein Amt tapfer und ohne Scheu. Paulus hat diesem Trost auch gebraucht. Denn kurz zuvor haben wir gehört, dass die Juden in ihrer Schule Paulus widersprochen haben und das Evangelium Christi verlästerten, sodass er aus ihrer Schule weggegangen ist und in einem anderen Haus gepredigt hat. Als er nun gemerkt hatte, dass die Juden immer wieder dem Evangelium übel nachredeten und versuchten, gegen seine Person eine Verfolgung zu erregen, hat er sich daran erinnert, was ihm aus Anstiftung der Juden in Lystra, Ikonien, Thessalonien, Berröä und an anderen Orten mehr begegnet ist, darum ist er schließlich dieser großen Mühe, Arbeit und Gefahr überdrüssig und dabei kleinmütig geworden, sodass es ihn verdrossen hat, zu leben. Dazu ist er noch vom Satan angefochten und gereizt worden, er sollte seinen Beruf aufgeben, weil er nichts Besseres zu erhoffen hatte, als dass die Juden genauso oder noch eine größere Unruhe in Korinth, einer so gewaltig großen Stadt, anrichten würden, wie sie es auch an anderen Orten getan haben. Gleich, wie auch der Prophet Elias angefochten und versucht worden ist, dass er sich selbst den Tod gewünscht hat, als er gesehen hatte, wie das israelitische Volk so gar nicht bei der rechten Religion beständig blieb {1Kön 19}. In so eine Kleinmütigkeit und Verzagtheit ist auch der königliche Prophet David geraten, als er im 55. Psalm sagt: Oh hätte ich Flügel wie die Tauben, dass ich fortfliegen und wegbleiben könnte. Denn Gott lässt zuweilen vortreffliche Männer aus Schwachheit des Fleisches zittern und zaghaft werden, damit sie wissen, dass sie Menschen und Sünder sind, und sich an ihren herrlichen Gaben nicht überheben {2Kor 12}. Und obwohl der Herr Christus nicht allen Christen oder Kirchendienern als eine Erscheinung begegnet, noch sie mit solchen Worten tröstet, so verspricht er uns doch durch seine Verheißung in der Heiligen Schrift, dass er uns in Schutz halten will, bis wir unsere Aufgabe vollbracht haben. Die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten und seine Ohren hören auf ihr Schreien. Und: Der Herr ist nahe bei denen, deren Herzen zerbrochen sind und hilft denen, deren Gemüter zerschlagen sind. Der Gerechte muss sie leiden, aber der Herr hilft ihm aus allem heraus. Er bewahrt ihm alle seine Gebeine, dass nicht eines zerbrochen wird {Ps 34}. Mit solchen Trostsprüchen sollen wir uns in Gefahr aufhalten und unsere Aufgabe mit Freude verrichten.
Dieser Stadt: Obwohl sich darin ein verkehrtes Wesen befindet, so habe ich doch auch meine Auserwählten darunter, die, wenn sie das Evangelium von dir gehört haben, Buße tun und selig werden. Denn wo man am allerwenigsten hofft, da wird das Evangelium manchmal mit größtem Nutzen gepredigt. Weil Christus darum in die Welt gekommen ist, dass er die Sünder selig macht {1Tim 1}.
11. Er saß aber dort ein Jahr und sechs Monden und lehrte sie das Wort Gottes.
Lehrte: Mit großem Nutzen. Obwohl er also kurz zuvor sich mit den Gedanken beschäftigte, wie er von seinem Predigtamt aussetzen könnte, blieb er jetzt an einem Ort und predigte dort eineinhalb Jahre. Darum sollen wir uns auch mit dem Trost des göttlichen Wortes aufrichten lassen und unserem Amt unverdrossen nachkommen.
12. Da aber Gallion Landvogt war in Achaja, empörten sich die Juden einmütig wider Paulus und führten ihn vor den Richterstuhl
Achaia: Korinth war die Hauptstadt dieser Landschaft.
13. und sprachen: Dieser überredet die Leute, Gott zu dienen, dem Gesetze zuwider.
Zuwider: Er ist also ein Aufwiegler, der die Leute in der Religion und in der Regierung verwirrt. Denn er bringt eine neue Religion auf die Bahn, als ob es nicht bereits mancherlei Glauben und Meinungen genug in der Welt gäbe, darum muss man ihn am Leben strafen, damit er nicht als ein schändlicher Ketzer den ganzen Gottesdienst verfälscht. Denn es ist nichts Neues, dass die, die in der Religion am weitesten irren und fehlen, dennoch andere der Ketzerei beschuldigen. Dieses kommen den Katholiken nicht seltsam vor.
14. Da aber Paulus wollte den Mund auftun, sprach Gallion zu den Juden: Wenn es ein Frevel oder Schalkheit wäre, liebe Juden, so hörte ich euch billig;
Auftun: Um die Lehre des Evangeliums von der falschen Anklage der Ketzerei zu retten.
Frevel: Dass einem von euch augenscheinlich ein Unrecht oder eine Schmach zugefügt worden wäre.
Schalkheit: Dass Paulus eine üble Tat oder eine Gaunerei begangen hätte, und ihr euch deshalb bei mir beklagt.
Billig: Und wollte in dem Fall tun, was mein Amt mir vorgibt.
15. weil es aber eine Frage ist von der Lehre und von den Worten und von dem Gesetze unter euch, so seht ihr selber zu; ich gedenke darüber nicht Richter zu sein.
Unter euch: Ich spüre, dass ihr einen Streit miteinander habt über eure jüdischen Schriften und von den Spitzfindigkeiten eurer Gesetze, auf die ihr in abergläubische Weise so sehr beharrt. So bin ich der Meinung, dass dieses, euer Gewäsch mich oder mein Amt nichts angehen und ich will in euren strittigen Religionssachen nicht Richter sein, weil ich sie nicht verstehe und andere, nötigere Dinge zu tun habe.
16. Und trieb sie von dem Richterstuhl.
Von dem Richterstuhl: Sodass sie mit Schande unverrichteter Dinge wieder abzogen und Paulus nicht den geringsten Schaden antun konnten. In der Form macht Gott die Beschlüsse und Anschläge der Feinde des Evangeliums zunichte und schützt die Frommen nicht nur in der Art, dass er sie in keine Gefahr kommen lässt, sondern dass er sie aus der Gefahr wunderbar errettet und die Feinde zuschanden macht. Dieser Landvogt aber handelt als ein heidnischer Mensch weise, dass er über eine unbekannte Religion nicht urteilen will, dagegen man unter den Christen viele findet, die so verwegen sind, dass sie von einem Religionsstreit urteilen wollen, von dem sie nichts verstehen. Doch ist wiederum an dem Landvogt gar nicht löblich, dass er jede Erkenntnis der Religion, auch die Erkenntnis der rechten Religion, von sich weist, als ginge dies eine weltliche Person nichts an. Denn zwar soll eine Obrigkeit von Sachen, die sie nicht versteht, nicht urteilen, aber daneben gebührt es ihr, dass sie lernt, welches die rechte Religion ist, damit sie diese danach mit möglichst großen Fleiß befördert und die falsche unterdrückt.
17. Da ergriffen alle Griechen Sostenes, den Obersten der Schule, und schlugen ihn vor dem Richterstuhl; und Gallion nahm sich es nicht an.
Sostenes: Einen frommen Mann und rechtschaffenen Christen, der auch das Evangelium Christi gelehrt hat, wie es aus dem Anfang des 1. Briefes des Paulus an die Korinther abzunehmen ist.
Nichts an: Obwohl es in seiner Gegenwart geschah, so wehrte er doch den Mutwillen der Griechen nicht ab, zog sie auch nicht zur Verantwortung, errettete auch Sostenes nicht aus ihren Händen. Ich meine aber, dass diese Griechen entweder Judengenossen oder auf sonst eine Weise Jünger der Juden gewesen sind, die ihre Religion angenommen hatten, und um ihren Lehrmeister zu gefallen, so gegen Sosthenes gewütet hatten, weil sie es gegen Paulus nicht tun durften. Solche Jünger werden auch heutzutage noch gefunden, die, um ihren Lehrmeister zu gefallen und wegen vermeintlicher Ehre, gegen fromme und gottselige Menschen toben und mit gewalttätigen Handlungen dagegen vorgehen, was von ihrem Lehrmeister übles geredet oder getan wird. Weil aber Sosthenes seinem Geschlecht nach ein Jude war, Gallius aber ein heidnischer Mensch, so hatte er es für unnötig betrachtet, dass er sich mit dieser Sache belastete, und die Schmach dieses Juden rächen sollte. Und er hätte sich erinnern sollen, dass er darum da war, um gleiches Recht jedermann zu verschaffen, egal ob Juden oder Heiden. Und diesem Gallius sind die Obrigkeiten egal, die sich zwar rühmen, dass sie über die Gesetze fleißig wachen, daneben aber, obwohl sie mit ihren eigenen Augen sehen, wie die guten Gesetze mit greifbaren Übertretungen geschwächt werden, so regen sie doch keinen Finger dagegen.
18. Paulus aber blieb noch lange dort. Danach machte er seinen Abschied mit den Brüdern und wollte nach Syrien schiffen und mit ihm Priscilla und Aquila. Und er beschor sein Haupt zu Kenchrea; denn er hatte ein Gelübde.
Dort: In Korinth und predigte dort das Evangelium Christi nach dem vorgemeldeten Tumult.
Abschied: Dass er sie segnete und ihnen alles Gute wünschte.
Schifften: Denn der apostolische Beruf erforderte, dass er nicht ständig an einem Ort blieb, sondern Christus immerzu neue Kirchen pflanzte, wo zuvor keine gewesen sind, oder aber die, die er neulich gepflanzt hatte, wiederum besuchte und im Glauben stärkte. Diese weiten und häufigen Reisen haben dem Apostel Paulus viel Mühe gekostet. Es soll aber einem getreuen Kirchendiener keine Mühe zu viel werden. Denn Christus, der oberste Hirte, wird alles einmal mit ewiger Belohnung reichlich vergelten.
Und Aquilla: Die beiden frommen Eheleute, die zuvor bereits genannt wurden, deren Hilfe Paulus glücklich gebraucht hatte in Fortpflanzung des Evangeliums von Christus, weil sie von der christlichen Religion viel verstanden. Und es ist an der ehrlichen Matrone Priscilla erfüllt worden, was Petrus aus dem Propheten Joel herangezogen hat: Eure Söhne und Töchter sollen weissagen {Apg 2}. Dass auch Aquilla und Priscilla weder Kosten noch Mühe gespart hatten für ihre Reisen deshalb haben sie ein ewiges Lob erlangt und mit ihrem Beispiel anderen eine Anleitung gegeben, dass sie mit größeren Opfern das Reich Christi befördern.
Kenchrea: Dies war eine Anfahrt oder ein Meerhafen der Korinther.
Gelübde: Dass er in Korinth getan hatte, nämlich, dass er eine Zeit lang den Brauch der Nazarener halten wollte, wie dieser in Nummer 6 beschrieben ist. Die Nazarener aber tranken die ganze Zeit über, solange ihr Gelübde währte, keinen Wein oder stärkere Getränke. Sie durften auch zu keiner Leiche gehen, auch wenn es Vater oder Mutter gewesen wäre, und ließen sich die Haare nicht schneiden, bis die Zeit des Gelübdes um war. Dieses hielten sie aber nicht darum, dass sie mit solchen Enthaltungen meinten, die Sünde zu büßen, sondern damit sie das Fleisch im Zaum hielten und zum Gebet oder anderen gottseligen Übungen umso geschickter und fertiger würden. Wenn dann diese Zeit um war, so lebten sie wieder nach dem allgemeinen Brauch, wie andere Menschen. Es hat aber Paulus das Gelübde der Nazarener eine Zeit lang auf sich genommen, damit er Gott den Herrn umso inbrünstiger um die Erweiterung des Reiches Christi und den Schutz seiner Kirchen unter so mancherlei Gefahr anrufen konnte. Und er gebrauchte auch die gewöhnlichen Zeremonien, damit er die Juden auf diese Weise an sich lockte, wie er sagte, den Juden bin ich Juden geworden, damit ich die Juden gewinne {1Kor 9}. Denn es stand einem jeden frei, dass er die Zeremonien des Moses gebrauchen konnte, nur durfte kein Wahn dabei sein, dass man ein nötiges oder verdienstliches Werk daraus machte. Und Paulus wollte die Herzen der Juden dadurch mildern, dass sie dem Evangelium und seinen Dienern nicht gar so abweisend gegenüber waren. Dass aber die Katholiken ihre Gelübde, die teilweise zu halten unmöglich, zum Teil gefährlich, zum Teil gottlos sind, mit dem Gelübde des Apostel Paulus beschönigen und verteidigen wollen, dies ist ein sehr ungereimtes Ding. Denn das Gelübde des Paulus dauerte nicht immer, wie die päpstlichen, sondern nur eine Zeit lang. Die Gelübde der Nazarener und wie man sie halten sollte, waren von Gott vorgeschrieben. Die Gelübde der Katholiken und wie sie zu halten sind, sind von Menschen guter Meinung erdacht. Die Nazarener tranken keinen Wein. Die Mönche und ihresgleichen füllen sich mit Wein, dass sie beinahe ersticken. Den Nazarenern war der Ehestand nicht verboten. Die päpstlichen Pfaffen aber enthalten sich zwar vom Band des Ehestandes, aber nicht von den Frauen. Paulus hielt das Gelübde, damit er umso inbrünstiger beten konnte und etliche Juden für Christus gewinnen könnte. Die Katholiken aber halten ihre Gelübde, damit sie so ihre oder die Sünden anderer Menschen büßen können. Und sie gewinnen niemanden für Christus, sondern wenn sie einen Glaubensgenossen, also einen heuchlerischen Mönch gemacht haben, so machen sie aus ihm ein Kind der Hölle, doppelt so viel ist, wie sie es selbst sind {Mt 23}.
19. Und kam hinab gen Ephesus und ließ sie dort. Er aber ging in die Schule und redete mit den Juden.
Sie: Aquilla und Priscilla, dass sie wenigstens besonders unter etlichen den Samen des Evangeliums ausstreuten, bis zu seiner Wiederkunft.
Redet: Von der christlichen Religion, dass nämlich der Heiland der Welt und Messias von Gott gesandt ist. Und Paulus hat an diesem Ort nicht ohne Nutzen gelehrt. Denn man liest von diesem Juden nichts, da sie Paulus widersprochen, oder das Evangelium gelästert hätten. Es fällt also der Same des Evangeliums nicht nur unter die Dornen, auf die Wege, oder auf einen Felsen, sondern auch auf ein gutes Land. Und man soll an keinem Volk ganz verzagen, auch wenn der größere Haufen verkehrt und widerspenstig ist.
20. Sie baten ihn aber, dass er längere Zeit bei ihnen bliebe. Und er willigte nicht ein,
Willigt nicht: Aus Gründen, die später folgen.
21. sondern machte seinen Abschied mit ihnen und sprach: Ich muss allerdinge das künftige Fest zu Jerusalem halten; will es Gott, so will ich wieder zu euch kommen. Und fuhr weg von Ephesus.
Abschied: Dass er sie segnete, sie Gott dem Herrn in seinen Schutz befahl, ihnen alles Gute wünschte.
Jerusalem halten: Denn Paulus nahm jede Gelegenheit wahr, womit er das Evangelium von Christus weiter ausbreiten konnte. So wusste er wohl, was für eine große Menge Volkes der Juden und Heiden nach Jerusalem auf die vornehmsten jüdischen Feste zusammenkommen. Darum wollte er auf solch einem Fest in Jerusalem erscheinen, damit er vielleicht aus den fremden Heiden und Juden etliche oder vielleicht viele für Christus gewinnen könnte, die danach die Lehre des Evangeliums in andere Länder gleichsam mit sich nehmen, so wie es der Kämmerer der Königin Candaces, der auf das Fest nach Jerusalem gezogen war, das Evangelium, dass er auf dem Weg von Philippus gelernt hatte, mit sich ins Mohrenland gebracht hatte {Apg 8}. Denn wir sollen die Verrichtungen unseres Berufs so anstellen, dass wir bei vielen Nutzen schaffen können. Und Paulus verheißt, dass er wieder nach Ephesus kommen wollte, sofern es Gottes Wille sei. Denn der Mensch kann sich zwar etwas vornehmen, aber der Ausgang liegt in Gottes Hand.
22. Und kam gen Cäsarea und ging hinauf und grüßte die Gemeinde und zog hinab gen Antiochien.
Gemeinde: Der Christen, die dort waren. Er stärkte sie auch mit einer gottseligen und freundlichen Ermahnung im wahren Glauben.
23. Und verzog etliche Zeit und reiste aus und durchwandelte nacheinander das galatische Land und Phrygien und stärkte alle Jünger.
Verzog: Dort in Antiochia bei der christlichen Gemeinde. Denn Christus hatte da eine namhafte Kirche.
Alle Jünger: Oder Christen. All diesen Gemeinden hat er zugesprochen und darauf geachtet, wie sie in der rechten Religion und in der wahren Gottseligkeit zunehmen und sie im Glauben an Christus gestärkt. Denn es reicht nicht aus, dass man dem Herrn Christus eine Kirche pflanzt und ihr Kirchendiener vorsetzt, sondern man muss auch gut acht darauf haben, dass die Prediger und Zuhörer ihr Amt tun. Und es kann täglich vielerlei vorfallen, was durch fleißige Aufsicht verbessert werden kann.
24. Es kam aber gen Ephesus ein Jude mit Namen Apollos, der Geburt von Alexandrien, ein beredter Mann und mächtig in der Schrift.
Schrift: Er war von Natur aus beredt, in der Kunst geschickt und in den prophetischen Schriften wohl belesen. Die Beredtheit aber ist eine herrliche und nützliche Gabe Gottes, wenn sie einer, egal ob in der Kirche oder im weltlichen Regiment gebraucht. Wenn sie aber missbraucht wird, so ist es so, als wenn man einem Unsinnigen ein Schwert in die Hand gibt. Und diejenigen, die auch in der Heiligen Schrift fleißig gelesen haben, auch wenn sie nicht gleich alles verstanden, die können hernach dennoch, wenn sie zu einem besseren Verstand kommen, mit großem Nutzen lehren. Darum sollen sich junge Menschen beizeiten daran gewöhnen, dass sie die Bibel fleißig lesen, denn sie werden zukünftig großen Nutzen davon empfinden.
25. Dieser war unterwiesen in den Weg des Herrn und redete mit brünstigem Geist und lehrte mit Fleiß von dem Herrn und wusste allein von der Taufe des Johannes.
Des Herrn: Er hatte in der Religion so viel gelernt, dass er wusste, Jesus von Nazareth wäre der Messias oder Christus, der den Erzvätern verheißen worden war und er bekannte Christus mit inbrünstigem Eifer, lehrte auch das mit allem Fleiß, dass man auf keinen anderen Heiland der Welt warten dürfte, sondern nur auf diesem Jesus von Nazareth all sein Vertrauen setzen sollte. Aber dennoch mangelte es ihm noch viel an der völligen Erkenntnis Christi. Denn er hatte nur von Johannes oder von den Jüngern des Johannes gelernt, dass Jesus der Messias wäre. Und so wie die Apostel Christi auch vor seiner Auferstehung fest geglaubt hatten, dass Jesus der Christ, Gottes Sohn und Heiland der Welt wäre, so verstanden sie doch vor der Auferstehung Christi und vor der Sendung des Heiligen Geistes noch nicht, wie Christus der Heiland sein und was er für ein Reich haben würde. Denn sie meinten, Christus würde auf weltliche Weise herrschen. Aber nachdem sie am Pfingsttag den Heiligen Geist empfangen hatten, da haben sie eigentlich verstanden, dass Christus durch sein Leiden das menschliche Geschlecht erlöst hat, und haben gemerkt, dass das Reich Christi nicht mit weltlicher Gewalt, sondern durch das Predigtamt des Evangeliums und die Mitwirkung des Heiligen Geistes ausgebreitet werden muss. Darum hat dieser Apollo von Christus so viel gelernt, so viel die Apostel vor der Auferstehung Christi und vor der Sendung des Heiligen Geistes gewusst haben. Dennoch lehrte er andere mit großem Eifer, so viel er wusste und bekannte mit einer besonderen Großmut in der Judenschule, dass Jesus von Nazareth der Messias und Heiland der Welt wäre. Obwohl dies noch keine vollkommene Erkenntnis Christi war, so war es doch kein geringer Anfang zur besseren und völlig wahren Erkenntnis. Und es ist eine andere Sache, ob etwas nicht vollkommen ist oder ob etwas Falsches gelehrt wird. Das eine ist in der Kirche nicht zu leiden, dem anderen soll man weiterhelfen.
26. Dieser fing an, frei zu predigen in der Schule. Da ihn aber Aquila und Priscilla hörten, nahmen sie ihn zu sich und legten ihm den Weg Gottes noch fleißiger aus.
Zu sich: Denn sie hat mit ihrem hohen Verstand bald gemerkt, was dem guten Mann noch fehlte, und hat ihn darum insbesondere besser in der Religion unterrichtet, dass er verstanden hat, warum Christus gestorben und wiederauferstanden wäre, wozu der Heilige Geist gesandt worden ist und andere Dinge mehr, die er zuvor nicht gewusst hatte. Denn sie meinten, dass er das Evangelium Christi mit großem Nutzen lehren würde, wenn er besser davon unterrichtet wäre. Obwohl man nun nichts davon liest, dass Aquilla und Priscilla öffentlich in der Gemeinde gelehrt und gepredigt hätten, jedoch, weil sie diesen Lehrer zu sich genommen und ihn besser unterrichtet haben, so werden sie am Jüngsten Tag die gleiche Belohnung empfangen, wie einer, der das Evangelium mit großem Nutzen öffentlich gepredigt hat. Denn wenn einer einen Propheten aufnimmt im Namen eines Propheten, der wird den Lohn eines Propheten empfangen {Mt 10}. Wie viel mehr und eine wie viel größere Belohnung wird denn der bekommen, der einen Propheten oder einen Lehrer macht? Solche Belohnungen haben alle frommen und getreuen Lehrmeister zu erwarten, wie auch alle frommen und gottseligen Menschen, die das Predigtamt des Evangeliums mit Rat oder Tat oder auf irgend einem anderen Weg zu befördern helfen.
27. Da er aber wollte nach Achaja reisen, schrieben die Brüder und vermahnten die Jünger, dass sie ihn aufnähmen. Und als er dahin gekommen war, half er viel denen, die gläubig waren worden durch die Gnade.
Reisen: Das Evangelium dort zu lehren. Denn er ist mit einem göttlichen Eifer, mehr noch als zuvor, entzündet worden.
Schrieben: Sie gaben ihm Empfehlungsbriefe an die Christen in Achaja mit und rühmten ihn wegen seiner Frömmigkeit, Geschicklichkeit und dem Eifer in der rechten Religion. Denn man soll einen Menschen in seinem guten Vorsatz fördern und nicht hindern.
Nach Luther: Um anzudeuten, dass man den Schleichern ohne Brief keinen Glauben schenken soll.
Aufnehmen: Und ihnen Platz in ihren Kirchen gab, um zu lehren. Denn man soll denen nicht zuhören, die sich selbst vordrängen und kein Zeugnis aufweisen können, dass sie in der Lehre rein und im Wandel unsträflich sind.
Gnade: Gottes, die mitwirkte. Mit dieser Kraft legte er den Gläubigen noch eine völligere Erkenntnis Christi vor und stärkte sie nicht wenig im rechten Glauben.
28. Denn er überwand die Juden beständig und bewies öffentlich durch die Schrift, dass Jesus der Christus sei.
Juden: Die ihm widerstanden und widersprachen, sowohl in den Schulen als auch anderswo.
Christ sei: Der rechte Messias und Heiland der Welt, den die Juden gekreuzigt hatten. Denn man muss nicht nur die Wahrheit lehren, sondern auch die, die ihr widersprechen, widerlegen und ihnen das Maul stopfen {Tit 1}. Und dieser Apollo hat später in der Kirche in Korinth ein solches Ansehen bekommen, dass sich etliche gefunden haben, die ihn mit dem Apostel Paulus verglichen, ihn teilweise auch vorziehen durften {1Kor 1}, obwohl sie sich in ihrer Meinung geirrt haben.
Das 19. Kapitel
- Die Epheser empfangen die Gaben des Heiligen Geistes von Paulus durch Auflegen der Hände.
- Darauf werden etliche Wunderwerke Paulus erzählt und die Bosheit etlicher Juden, die hinderlich waren mit Schaden an den Tag gebracht, weil sie sich unterstanden haben, im Namen Jesu Teufel auszutreiben.
- Die magischen Bücher, darunter auch eines von großem Wert, werden verbrannt.
- Demetrius erregte einen schrecklichen Aufruhr gegen Paulus.
1. Es geschah aber, da Apollos zu Korinth war, dass Paulus durchwandelte die oberen Länder und kam gen Ephesus und fand etliche Jünger.
Gen Ephesus: Es war eine vornehme Stadt in Asien. Es hatte aber Paulus im vorigen Kapitel ihnen in Ephesus versprochen, dass er wieder zu ihnen kommen wollte, weil sie noch keine völlige Erkenntnis Christi empfangen hatten, und sie glaubten zwar im Allgemeinen, dass Jesus von Nazareth der Messias und Heiland der Welt wäre, aber von der Kraft und der Wirkung seines Leidens und von der Gelegenheit seines Reichs hatten sie noch viel zu lernen. Denn Paulus hatte ihnen nicht alles zugleich vortragen können, sondern es am Anfang dabei bewenden lassen müssen, dass er gelehrt hat, Jesus sei der Christus oder Messias, so wie er es auch getan hat, als er zum ersten Mal nach Korinth gekommen war {Apg 18}. Und obwohl Aquila und Priscilla sich recht gut in den Religionssachen auskannten, so betrieben sie doch kein öffentliches Lehr- und Predigtamt in der Kirche. Darum hat sich Paulus vorgenommen, wieder nach Ephesus umzukehren, damit er dort vollenden konnte, was er bereits angefangen hatte.
2. Zu denen sprach er: Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, da ihr gläubig worden seid? Sie sprachen zu ihm: Wir haben auch nie gehört, ob ein Heiliger Geist sei.
Worden seid: An Christus. Paulus fragte aber nicht nach den allgemeinen Gaben des Heiligen Geistes, die all denen mitgeteilt wurden, die an Christus glaubten, sondern ob sie seine besonderen und wunderbaren Gaben empfangen hätten, die ansonsten damals und in der ersten Kirche den meisten Gläubigen erteilt wurden. Darum wollte Paulus sie ihnen durch Auflegen mitteilen, weil sie die vielleicht noch nicht empfangen hatten, damit sie also in der rechten Religion umso mehr gestärkt würden.
Geist sei: Dies meinen sie aber nicht von dem Wesen des Heiligen Geistes oder von den Gaben, die allen Christen gemeinsam sind. Denn sie wussten, dass der Heilige Geist durch die Propheten geredet hatte, wie sollten sie denn an dem Heiligen Geist selbst gezweifelt haben? Aber in Ephesus war zu dieser Zeit bisher noch niemand gesehen worden, außer Paulus, der die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes empfangen hatte. Darum bekannten sie, dass sie von irgendeiner besonderen Gabe des Heiligen Geistes nichts wussten.
3. Und er sprach zu ihnen: Worauf seid ihr denn getauft? Sie sprachen: Auf die Taufe des Johannes.
Getauft: Habt ihr nur die Taufe des Wassers empfangen und seid nicht mit Feuer getauft worden?
Johannes Taufe: Wir sind mit Wasser getauft worden, wie die Jünger des Johannes zu taufen pflegen.
4. Paulus aber sprach: Johannes hat getauft mit der Taufe der Buße und sagte dem Volk, dass sie sollten glauben an den, der nach ihm kommen sollte, das ist, an Jesum, dass der Christus sei {Mt 3v11 Mk 1v8 Lk 3v16 Apg 1v5 11v16}.
Glauben: Und all ihr Vertrauen auf ihn setzen. Als wollte er sagen: Johannes hat zwar von Jesus Christus richtig gelehrt, dass er der Messias ist, der Heiland der Welt und das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt trägt, und er hat seine Zuhörer richtig ermahnt, dass sie Buße tun und getauft werden, damit sie der Vergebung der Sünden sicher seien. Und wie er richtig gelehrt hat, so hat er auch richtig getauft. Aber es ist ihm nicht befohlen gewesen, dass er mit dem Heiligen Geist taufen und die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes seinen Zuhörern mitteilen sollte, welches dem Pfingsttag vorbehalten war und diese Gaben sollten den Gläubigen nicht durch Johannes den Täufer, sondern durch die Apostel Christi gesendet werden. Denn es war eine andere Zeit, als die evangelische Predigt ihren Anfang nahm, dass sie durch die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes in vollem Schwange ging und hell leuchtete.
5. Da sie das hörten, ließen sie sich taufen auf den Namen des Herrn Jesu.
Sich taufen: Wie dies zu verstehen ist, erklärt der Evangelist in den nachfolgenden Worten.
6. Und da Paulus die Hände auf sie legte, kam der Heilige Geist auf sie und redeten mit Zungen und weissagten.
Zungen: Oder mancherlei Sprachen, die sie zuvor nie gelernt hatten.
Weissagten: Dass sie aus der Heiligen Schrift predigten und diese Weise heranzogen und erklärten. Denn das nennt Paulus an vielen Stellen weissagen, besonders aber im 1. Korinther 14. Die Wiedertäufer irren sich in dieser Sache, dass sie aus diesem Text, den sie nicht richtig verstehen, behaupten, man müsse die, die in der Kindheit getauft worden sind, wieder taufen, damit sie den Heiligen Geist empfangen. Denn es sind diese Leute hier nicht mit Wasser wieder getauft, sondern mit den wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes beschenkt worden, die in unserer Zeit in den Kirchen aufgehört haben. Diese Ausschüttung der Gaben nennen Christus und die Apostel auch eine Taufe. Wie auch Christus von der Sendung des Heiligen Geistes seine Jünger kurz zuvor, bevor er in den Himmel gefahren ist, mit diesen Worten tröstete: Johannes hat zwar mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden, nicht lange nach diesen Tagen {Apg 1}. Darum, wenn an dieser Stelle gesagt wird, sie sind im Namen Jesu getauft worden und als Paulus die Hände auf sie gelegt hat, sei der Heilige Geist auf sie gekommen, dass sie mit Zungen geredet haben, wird nichts anderes dadurch zu verstehen gegeben, als dass Paulus den Namen Jesu über sie ausgerufen hat, die Hände auf sie gelegt und in der Art die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes ihnen mitgeteilt hat, wie sie zuvor am Pfingsttag die Apostel und andere Gläubige empfangen hatten. Was aber fehlt den Wiedertäufern an der Kindertaufe? Die Kinder (sagen sie) haben den Heiligen Geist noch nicht empfangen. Es empfangen doch auch die Erwachsenen den Heiligen Geist in der Form in heutiger Zeit nicht, dass sie ihn mancherlei Zungen oder Sprachen reden. Aber die Kinder empfangen den Heiligen Geist, dass sie durch ihn wiedergeboren werden, und ihnen sind die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes zur Seligkeit nicht nötig, wie auch anderen Christen nicht. So empfangen die Wiedertäufer selbst solche Gaben nicht, zu welcher Zeit und von welchen Menschen sie auch getauft werden. Darum sollen wir solche schwärmerischen Menschen links liegen lassen, die weder die Sprache, die Inhalte oder die Meinung der Schrift verstehen.
7. Und aller der Männer waren bei zwölf.
Bei Zwölf: Die solch wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes durch die Auflegung der Hände des Apostels Paulus empfangen hatten. Und Gott, der Herr, hat mit diesem Wunderwerk die Lehre des Evangeliums bei denen in Ephesus bestätigen wollen. Denn dieses ist der rechte und vornehmste Nutzen der göttlichen Wunderwerke.
8. Er ging aber in die Schule und predigte frei drei Monden lang, lehrte und beredete sie von dem Reich Gottes.
Schule: Der Juden, wie er es zuvor auch getan hatte.
Beredete sie: Die Juden, von denen er etliche überzeugte, dass sie an den Herrn Christus geglaubt haben und des Reiches Gottes teilhaftig geworden sind. Denn man soll nicht meinen, dass Paulus eine so lange Zeit das Evangelium ohne Nutzen gepredigt hat. Aber was er für ungleiche Zuhörer gehabt hat, ist aus dem Folgenden zu sehen.
9. Da aber etliche verstockt waren und nicht glaubten und übel redeten von dem Wege vor der Menge, wich er von ihnen und sonderte ab die Jünger und redete täglich in der Schule eines, der hieß Tyrannus.
Verstockt waren: Nachdem sie das Evangelium gehört hatten.
Wege: Des Herrn. Das heißt, von dem Evangelium Christi, dass sie in der Schule und in der Gegenwart der Zuhörer verlästern, also den Lauf des Evangeliums verhindern. Man sieht deswegen hier, dass etliche Leute durch die Predigt des Evangeliums verstockt und schlimmer werden. Dazu noch die Lehre des Evangeliums verlästern, woran doch nicht das Evangelium, sondern sie selbst schuld sind.
Jünger: Oder Christen, die er Christus bereits gewonnen hatte, sodass sie sich durch die Lästerung der Juden nicht einnehmen oder abspenstig machen ließen. Denn man soll so viel wie möglich, die frommen Zuhörer von den Lästerworten absondern, damit nicht etwas von ihren Lästerungen und Sophistereien an ihnen kleben bleibt, und man muss die Herzen gegen dergleichen Lästerungen mit dem Wort Gottes gut schützen.
Hieß Tyrannus: Er war aber kein Tyrann, sondern ein gottseliger und frommer Mensch, der der christlichen Religion zugetan war.
10. Und dasselbe geschah zwei Jahre lang, also dass alle, die in Asien wohnten, das Wort des Herrn Jesu hörten, beide, Juden und Griechen.
11. Und Gott wirkte nicht geringe Taten durch die Hände des Paulus,
Gott wirkte: Denn was wir Gutes und Löbliches oder Vortreffliches verrichten, das tut Gott durch uns, dem man auch die Ehre zumessen muss.
12. also dass sie auch von seiner Haut die Schweißtüchlein und Koller über die Kranken hielten, und die Seuchen von ihnen wichen, und die bösen Geister von ihnen ausfuhren.
Ausfuhren: Dass aber durch das Schweißtuch und den Stab des Apostels Paulus die Krankheiten und Teufel vertrieben wurden, leistet dies den erdichteten Heiligtümern im Papsttum, womit die Katholiken allerlei Krankheiten und Gebrechen vertreiben wollen, keinen Vorschub. Denn die Apostel hatten einen ausdrücklichen Befehl von Christus empfangen, dass sie Wunderwerke tun sollten zur Bestätigung des Evangeliums, und daran waren die Verheißungen gehängt, dass es ihnen sicher gelingen würde, was sie wollten. Darum konnte ihnen auch eine schlichte und geringe Sache, also ein Instrument oder Werkzeug, dazu dienlich sein, dass ein Wunderwerk geschah. Aber nachdem das Evangelium bestätigt worden ist, haben die Katholiken heutzutage keinen Befehl oder keine Verheißung, dass sie Wunderwerke tun sollen. Darum sind sie der Apostel Affen und nicht ihren Nachkommen. Zudem ist es offenbar, was für großer Betrug mit den Heiligtümern vorfällt. Dies haben auch etliche verständige Katholiken schon lange selbst bemerkt und darüber gelacht.
13. Es unterwanden sich aber etliche der umlaufenden Juden, die da Beschwörer waren, den Namen des Herrn Jesu zu nennen über die da böse Geister hatten, und sprachen: Wir beschwören euch bei Jesu, den Paulus predigt.
Es: Es folgt jetzt also ein Beispiel, wie es sich mit den Affen der Apostel weiter verhalten hat, und was sie verrichten wollten, was nicht ihre Aufgabe war.
Umlaufenden: Die als Thyriaks – oder Ablasshändler durch vielerlei Länder herumzogen und sich rühmten, sie könnten Teufel austreiben. Und neben ihren Zauberkünsten haben sie vielleicht auch noch den Namen Gottes, Jehova, dazu missbraucht, worauf die Juden ansonsten in abergläubische Weise sehr viel hielten, als ob in den Buchstaben und Zeichen eine besondere Kraft verborgen stecken würde. Und vielleicht hat es manchmal mit Gottes Zustimmung sich so ansehen lassen, als ob es ihnen gelang, damit die gottlosen Leute aus dem gerechten Urteile Gottes umso mehr geblendet würden. Weil es ihnen wiederum auch oft fehlte mit ihrer Kunst und sie unterdessen vernommen hatten, dass Paulus im Namen Jesu Teufel austreiben würde und ihm so etwas nie missraten würde, haben sie diesen, als einen sicheren Weg auch an die Hand nehmen wollen und die Teufel im Namen Jesu austreiben wollen, nicht in dem Sinn, dass sie das Evangelium Christi damit bestätigen wollten, um den armen Leuten zu helfen, sondern dass sie ihren Gewinn dadurch suchten und einen berühmten Namen erlangten. Ebenso messen sich etliche Betrüger im Papsttum die Gewalt zu, dass sie Teufel austreiben könnten. Und sie sprechen etliche Gebete, gebrauchen besondere Zeremonien mit ständiger Wiederholung des göttlichen Namens, machen auch manchmal etliche Zeichen und versuchen also, den Teufel auszutreiben. Aber entweder geht ihnen ihr Vorhaben nicht vonstatten, wenn die Person tatsächlich besessen ist oder wenn man genauer hinsieht, so findet man, dass ein solcher Mensch nicht besessen, sondern alles nur eine Schauspielerei ist, oder aber, dass der Satan eine Zeit lang gern und mit Willen weicht, damit er die Leute im Gottlosen Aberglauben stärkt. Da wird er nicht mit Gewalt ausgetrieben, wie ihn Christus und die Apostel ausgetrieben haben, da er weichen musste, auch wenn er es ungern getan hat. Und es sind die nicht vor Gott entschuldigt, die für ihre Zauberei den Namen Gottes gebrauchen. Denn es ist kein rechter Gebrauch des göttlichen Namens. So haben sie auch keinen Befehl davon, dass sie die Krankheiten auf übernatürliche Weise heilen sollen. Darum misslingt ihnen ihr Vorhaben so oft, und so oft dies geschieht, so tun sie dem Namen Gottes damit Schimpf und Unehre an. Je heiliger nun der Name Gottes ist, umso schwerer sündigen diejenigen, die ihn missbrauchen.
14. Es waren ihrer aber sieben Söhne eines Juden, Skeva, des Hohepriesters, die solches taten.
15. Aber der böse Geist antwortete und sprach: Jesum kenne ich wohl, und Paulus weiß ich wohl; wer seid ihr aber?
Aber: Es folgt jetzt, wie es den sieben Beschwörern vonstattengegangen ist, als sie im Namen Jesu Teufel auszutreiben sich unterstanden.
Kenne ich: Als einen Herren des Himmels und der Erde, vor dem ich erschrecke und zittere, wenn ich seinen Namen höre.
Weiß ich: Was er, als ein vortrefflicher Apostel für eine große Gewalt von seinem Herrn Christus hat.
Seid ihr: Ihr umherlaufenden Buben und Betrüger. Euch hat Jesus von Nazareth keine Gewalt über uns eingeräumt, darum fürchten wir uns auch in keiner Weise vor euch.
16. Und der Mensch, in dem der böse Geist war, sprang auf sie und ward ihrer mächtig und warf sie unter sich, also dass sie nackend und verwundet aus diesem Hause entflohen.
Entflohen: Denn welche große Dinge ohne ordentlichen Beruf verrichten wollen, die werden darüber zu Spott und Schande. Und diese Bösewichter suchten nicht die Ehre Christi, noch die Gesundheit des armen Menschen, sondern ihre eigene Ehre und einen Genuss davon zu haben. Sonst wäre zu vermuten, wenn sie sich richtig an Christus gehalten hätten und aus Mitleid mit dem Besessenen den Namen Christi über ihn ausgerufen hätten, aber nicht ihren eigenen Nutzen in dieser Sache gesucht hätten, es wäre ihnen nicht übel ausgegangen, weil es Christus zur Ehre gemeint und zur Bestätigung des Evangeliums gereicht hätte. Denn wie der Apostel Johannes zu Christus sagte: Meister, wir sahen jemanden, der in deinem Namen Teufel austrieb und werten ihn ab, weil er dir nicht folgte mit uns. Da gab ihm Christus zu Antwort: Wehrt ihm nicht, denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns {Lk 9}. Und Markus setzt diese Worte hinzu: Denn es gibt niemanden, der eine Tat in meinem (Christi) Namen tut und würde bald schlecht von mir reden {Mk 9}.
17. Dasselbe aber ward kund allen, die zu Ephesus wohnten, beide, Juden und Griechen; und fiel eine Furcht über sie alle, und der Name des Herrn Jesu ward hochgelobt.
Dasselbe: Was den Beschwörern und Betrügern begegnet war.
Hoch gelobt: Als der rechte Erlöser und Herr des Himmels und der Erde, der es nicht zugelassen hat, dass seiner Majestät von den gottlosen Beschwörern Unehre angetan wurde, weil er augenscheinlich gezeigt hat, dass zwischen seinen Aposteln und den Verschwörern ein großer Unterschied ist. Denn obwohl die falschen Apostel (als scheinbare Arbeiter) sich manchmal verstellen zu Christus Apostel {2Kor 11}, so tut doch Gott seinen Auserwählten die Augen auf, dass sie den Betrug merken und solche gottlosen Leute meiden.
18. Es kamen auch viel derer, die gläubig waren worden, und bekannten und verkündigten, was sie ausgerichtet hatten.
Kamen: Zum Apostel Paulus und der Kirche in Ephesus.
Ausgerichtet: Dass sie schlicht und treu erzählten, was sie für große Wunderzeichen im Namen oder durch die Kraft des Herrn Jesus Christus getan hatten. Sie suchten aber mit solchen Erzählungen nicht ihre eigene, sondern die Ehre Christi. Denn was zur Ehre Gottes und zur Ausbreitung seines göttlichen Namens dienlich ist, das soll man nicht verschweigen.
Nach Luther: Mit Predigen, Lehren und anderen Früchten des Evangeliums.
19. Viele aber, die da vorwitzige Kunst getrieben hatten, brachten die Bücher zusammen und verbrannten sie öffentlich und überrechneten, was sie wert waren, und fanden des Geldes fünfzigtausend Groschen.
Vorwitzige Kunst: Dass sie mit Aberglauben und Zauberei umgegangen sind, bevor sie die christliche Religion angenommen haben.
Bücher: In denen ihre Gottlosen Künste aufgezeichnet waren.
Groschen: Was eine Summe von über fünftausend rheinische Gulden ist. Es war aber in der Stadt Ephesus allerlei Aberglaube und Zauberei in vollem Gang. Und man schreibt vom Bild der Diana, die in Ephesus geehrt wurde, dass viele dunkle Wörter, die sich nicht zusammenreimten und wie ein Rätsel lauteten auf den Füßen, dem Gürtel und der Krone der Diana geschrieben gewesen sind, die, wenn sie jemand gebrauchte und aufgeschrieben mit sich herumtrug, der würde ihrer Meinung nach in allen Sachen die Oberhand erlangen. Es steht deswegen auch denen, die Zauberei betrieben haben, die Tür zur Buße offen, dass sie sich zu Christus bekehren und selig werden. Und dieses Beispiel erinnert uns, dass man schädliche Bücher nicht verkaufen soll, besonders nicht an einfältige Menschen, damit sie nicht in die Hände dieser Leute geraten und ihre Sinne verrückten, sondern man soll sie verbrennen, damit keine Gefahr mehr von ihnen ausgeht. Auch haben wir hier den Hinweis, dass man Gottes Ehre und die Seligkeit der Menschen höher schätzen soll, als das Geld.
Nach Luther: Das macht über 6500 Gulden. 1 Groschen ist 30 Löwenpfennige wert.
Überhand: Dass sich immer mehr Menschen dem Evangelium Christi zuwandten und die rechte Religion in den Herzen der Menschen täglich tiefer wurzelte. Denn die Wahrheit behält die Oberhand gegen alle Pforten der Hölle.
21. Da das ausgerichtet war, setzte sich Paulus vor im Geiste, durch Mazedonien und Achaja zu reisen und gen Jerusalem zu wandeln, und sprach: Nach dem, wenn ich dort gewesen bin, muss ich auch Rom sehen.
Im Geiste: Oder aus Antrieb des Heiligen Geistes nahm er sich vor, die Kirche Christi, die er zuvor angerichtet hatte im Vorübergehen zu besuchen, und wenn etwas nötig wäre, diese zu verbessern und sie im Glauben an Christus zu stärken. Denn es ist nicht damit getan und lange nicht ausreichend, wenn man Kirchen bestellt, sie mit richtigen Lehrern gut versieht, sondern man muss auch eine fleißige Aufsicht darüber haben, damit nicht das, was gut und schön angerichtet worden ist, mit der Zeit durch die List des Teufels wiederum verdorben und vernichtet wird.
Rom sehen: Nicht aus Neugier, sondern um die Christen dort im wahren Glauben zu stärken, wie er selbst in seinem Briefe, den er an die Römer geschrieben hat, gleich zu Beginn bezeugt. Zwar ist Paulus nach Rom gekommen, wie hernach in diesem Büchlein der Apostelgeschichte gemeldet werden wird, aber man hat ihn als Gefangenen dahin gebracht. So erfüllt Gott manchmal unseren Willen auf eine andere Weise, als wir es gemeint hatten. Doch es ist egal, wenn nur alles zu Gottes Ehre und zur Wohlfahrt der Kirche gereicht. Es sollen aber dieser unablässige Fleiß und die unverdrossene Mühe des Apostels Paulus, das Reich Christi zu befördern, jeden von uns aufmuntern, dass er in seinem Beruf Gott und dem Nächsten mit Freude zu dienen begehrt.
22. Und sandte zwei, die ihm dienten, Timotheus und Erastus, nach Mazedonien; er aber verzog eine Weile in Asien.
In Mazedonien: Als sie dort eine Steuer sammelten für die bedürftigen Christen in Judäa. Denn weil Paulus bemerkte, dass er noch eine Zeit lang in Asien bleiben müsste, und wegen ihm an anderen Orten nichts versäumt wurde, hat er es unterdessen als gut angesehen, seine Gesandten damit zu beauftragen, solche Sachen zu verrichten. Was die Steuer oder Almosen betrifft, steht es den Kirchendienern von Amts wegen zu, die Gläubigen zu ermahnen, dass sie den Bedürftigen nach ihrem Vermögen reichlich Hilfe leisten, was auch Paulus auf das Fleißigste getan hat {1Kor 16 2Kor 8v9}. Die Austeilung der Almosen aber soll man, wenn es möglich ist, anderen, frommen Menschen befehlen, damit nicht sie, die Kirchendiener, dadurch an ihrem Predigtamt gehindert werden, oder in einen Argwohn geraten, als ob sie ihren großen Nutzen und Vorteil dabei suchen würden.
23. Es erhob sich aber um dieselbe Zeit eine nicht kleine Bewegung über diesem Wege.
Diesem Weg: Die Religion betreffend. Denn der Satan kann nicht ruhig sein. Und auch wenn bisweilen Aufruhr und Krieg um der Religion willen erregt wird, so soll man wegen solch zeitlichen Unglücksfällen die rechte Religion nicht verschweigen oder fahren lassen.
24. Denn einer mit Namen Demetrius, ein Goldschmied, der machte der Diana silberne Tempel und wandte denen vom Handwerk nicht geringen Gewinn zu.
Silberne Tempel: Mit kleiner, subtiler Arbeit, nach dem Muster des großen Tempels in der Stadt, worin die Abgöttin Diana verehrt wurde. Und die Menschen kauften solche kleinen silbernen Tempel für sich. So war Demetrius ein sehr bekannter Künstler und der beste in dieser Arbeit, daher hatte er ohne Zweifel den größten Zulauf und war reich geworden, sodass er anderen hernach etwas leihen konnte und sie ihm also abhängig gemacht waren, damit sie auch einen Genuss davon hatten. Und die falsche Religion braucht gemeinhin große Kosten. Damit wir aber diese Sache besser verstehen können, so muss man wissen, dass in Ephesus ein sehr herrlicher Tempel gewesen ist, der zur Ehren der Abgöttin Diana erbaut war und wegen seines stattlichen Gebäudes unter die sieben Weltwunder gezählt worden ist. Denn die Heiden hielten Diana für eine Göttin, besonders für die Wälder, für die Jagd und die Straßen und auch für eine Halterin und Ernährerin alle Tiere und aller Lebewesen. Diese Göttin nun wurde von allen heidnischen Bewohnern des Landes Asien mit großer Andacht geehrt. Als auch ihr Tempel in Ephesus vor einer Zeit von einem Namens Herostratus angezündet und verbrannt worden war, damit er, seiner eigenen Aussage nach sich selbst einen ewigen Namen machen konnte, haben die Völker in Asien diesem Tempel mit noch größeren Kosten und größere Herrlichkeit wiederum erbaut. Und in diesem ist ein Bildnis der Diana gestanden, auf das Künstlerischste gestaltet, von dem man die Vorstellung hatte, dass es der Gott Jupiter vom Himmel herabgeschickt hätte. Denn solche Dinge gaben diejenigen mit Unwahrheit vor und breiteten es unter dem gemeinen Volk aus, die die einfältigen Menschen zu betrügen begehrten und in Aberglauben verwickeln wollten. Sie brachten auch manchmal die Meister, die solche künstlerische Arbeit gemacht hatten, heimlich ums Leben, damit es niemanden gab, der sich rühmen könnte, er hätte solche Bilder gemacht. Als nun der Apostel Paulus zwei Jahre und noch etwas länger in Ephesus das Evangelium Christi gepredigt hatte und eine große Menge des Volkes, sowohl aus Ephesus, als auch aus ganz Asien, zu Christus bekehrt worden ist, fing der Götzendienst der Diana in Ephesus an in Verachtung zu kommen, was denen, die die Abgötterei zu Ephesus zu ihrem Nutzen gern befördert gesehen hätten, merklichen Schaden und Abgang an ihren Einkünften brachte, weshalb sie gegen Paulus einen Aufruhr erregten, wie wir hören werden.
25. Dieselben versammelte er und die Beiarbeiter desselben Handwerks und sprach: Liebe Männer, ihr wisst, dass wir großen Zugang von diesem Handel haben.
Beiarbeiter: Die ihm zur Hand gingen und neben ihm arbeiteten und so auch zum Teil an seinen Gewinn beteiligt waren. Denn weil Demetrius, als ein gottloser und geiziger Mensch, nur ungern sah, dass die christliche Religion täglich zunahm, der Gottesdienst der Diana aber je länger umso mehr in Verachtung kam, sorgte er sich, es würde ihm für seine Einkünfte und den bisher gehabten Nutzen nachteilig sein, darum war er darauf bedacht, wie er mit seinen Mitarbeitern, die ihm anhingen, einen Aufruhr gegen Paulus erregen könnte, wodurch dieser aufgerieben und ihm aus dem Weg geräumt werden könnte.
Zugang: Wir haben einen großen Nutzen davon, wenn wir die Bilder und den Schmuck machen, den man bisher im Tempel der Diana gebraucht hat.
26. Und ihr seht und hört, dass nicht allein zu Ephesus, sondern auch fast in ganz Asien dieser Paulus viel Volks abfällig macht, überredet und spricht: Es sind nicht Götter, welche von Händen gemacht sind.
Dieser Paulus: Der nun zwei Jahre lang sich in dieser Stadt aufhält zu unserem großen Schaden und Nachteile.
Gemacht sind: Mit diesen Worten gibt er ausreichend zu verstehen, dass er unsere silbernen Bilder und andere Dinge, die zu unserem alten Gottesdienst gehören, verachtet, als ob sie zum richtigen Gottesdienst nichts nutzten.
27. Aber es will nicht allein unserm Handel dahin geraten, dass er nichts gelte, sondern auch der Tempel der großen Göttin Diana wird für nichts geachtet, und wird dazu ihre Majestät untergehen, welcher doch ganz Asien und der Weltkreis Gottesdienst erzeigt.
Nichts gelte: Und wir also in Gefahr stehen, unsere Nahrung und unser Einkommen zu verlieren.
Nichts geachtet: Jedoch bisher in der ganzen Welt hoch geachtet und gerühmt worden ist. Darum wird es ein Aufsehen geben, dass dieser Paulus uns nicht in die Armut bringt, oder unsere uralte, dazu in der ganzen Welt bekannte Religion zugrunde richtet. Denn diejenigen, die nur auf ihren Bauch und wie sie Geld und Gut anschaffen oder behalten können bedacht sind, die wenden einen Eifer für die Religion auf und unterstehen sich, andere zu überreden, dass die Religion die beste sei, welcher der größte Haufen anhängt. Und die Handhabe der Abgötterei trachten dahin, dass sie die reinen Kirchendiener des göttlichen Wortes, die ihnen im Wege stehen und sie daran hindern, ihren Geiz zu treiben, wegräumen.
28. Als sie das hörten, wurden sie voll Zorns, schrien und sprachen: Groß ist die Diana der Epheser!
Als: Jetzt lasst uns hören, was der Goldschmied Demetrius durch seine aufrührerischen Reden bei seinen Mitgenossen ausgerichtet hat.
Voll Zorn: Dass sie etwas von ihrem Einkommen verlieren sollten.
Schrien: Indem sie wie unsinnige Menschen in der Stadt herumliefen.
Der Epheser: Darum, ihr lieben Mitbürger, lasst es nicht dahin kommen, dass Paulus diese, unsere Göttin, in Verachtung bringt und unsere uralte Religion, die in der ganzen Welt berühmt ist, mit Füßen getreten wird, sondern lasst uns lieber Gut und Blut, Leib und Leben aufs Spiel setzen, als dass wir zulassen, dass die Majestät der großen Göttin Diana, unserer Erhalterin und Ernährerin geschmälert wird. Es hütet und tobt aber der Satan in seinen Gliedern, die die Abgötterei halsstarrig zu erhalten versuchen. Die rechte Religion aber erfolgt nicht durch Aufruhr. Und hält der gemeine Mann den Bauch für seinen Gott, meint auch nicht, dass er seine Nahrung haben könnte, wo nicht die Handlungen und Handwerker ihren stattlichen Fortgang haben.
29. Und die ganze Stadt ward voll Getümmels. Sie stürmten aber einmütig zu dem Schauplatz und ergriffen Gajus und Aristarchus aus Mazedonien, des Paulus Gefährten.
Voll Getümmels: Sodass die Menschen von überall her zusammenliefen und zum größten Teil nicht wussten, was die Ursache dieses Getümmels war. Denn es ist für eine Regierung ein jämmerliches und schreckliches Ansehen, wenn ein Aufruhr entsteht, da hört keiner den anderen, und es werden auch oft unschuldige Menschen während eines Aufruhrs ermordet. Darum soll man Gott bitten, dass er Ruhe und Frieden in der Regierung erhalte.
Gefährten: Weil sie Paulus selbst nicht finden konnten. Und es ist wohl zu vermuten, dass sie diese beiden Gefährten des Apostel Paulus mit Gewalt zwingen wollten, sich vor dem Volk in Ephesus vors Gericht zu stellen und dort auf die Anklage unbedacht zu antworten wegen ihrer neuen eingeführten Religion, damit sie einen Anlass bekommen würden, sie zu erwürgen.
30. Da aber Paulus wollte unter das Volk gehen, ließen es ihm die Jünger nicht zu.
Gehen: Auf den Schauplatz, damit er das Volk mit einer gottseligen und weißen Ermahnung zur Ruhe brachte und seine Gefährten auf diese Art rettete.
Nicht zu: Weil sie sahen, dass das Volk so unsinnig war, und sie urteilten richtig, dass Paulus viel eher erwürgt als gehört werden würde in Anbetracht dessen, dass wegen ihm der Aufruhr zum größten Teil entstanden war. Denn die Zuhörer sollen auf ihre Kirchendiener bedacht sein, die Kirchendiener aber auch den gutherzigen und gottseligen Erinnerungen ihrer Zuhörer folgen.
31. Auch etliche der Obersten in Asien, die des Paulus gute Freunde waren, sandten zu ihm und ermahnten ihn, dass er sich nicht begäbe auf den Schauplatz.
Freunde waren: Und ihm Gutes gönnten, und es sind ohne Zweifel Christen gewesen.
Nicht gebe: Denn verhasste Menschen sollen sich nicht, auch wenn sie unschuldig sind, unter den unsinnigen Haufen wagen, damit sie Gott nicht versuchen.
32. Etliche schrien so, etliche ein anderes, und war die Gemeinde irre, und die meisten wussten nicht, warum sie zusammen gekommen waren.
Ein anderes: Wie es bei dergleichen Tumulten üblich ist, dass nur wenige von ihnen den rechten Grund wussten, weshalb dieser Zulauf des Volkes entstanden ist. Denn wenn ein Aufruhr entsteht, so greift der gemeine Pöbel zur Waffe und läuft zusammen, als wenn er verrückt wäre, wo doch der größere Haufen nicht weiß, um was es sich bei dieser Sache handelt.
33. Etliche aber vom Volk zogen Alexander hervor, da ihn die Juden hervorstießen. Alexander aber winkte mit der Hand und wollte sich vor dem Volk verantworten.
Hervorstießen: Dass er ihre Sache vor dem Volk in Ephesus handhaben sollte und die Bezichtigung, als ob sie die Diana verachtet hätten, von ihnen wegnahm. Denn die Juden waren in Sorge, dass sie in irgendeinem Aufruhr von den Heiden erwürgt werden könnten, weil sie nur einen Gott, einen Schöpfer des Himmels und der Erde erkannten und benannten. Es ist auch wohl möglich, dass dieser Alexander derselbe ist, von dem Paulus an anderer Stelle schreibt: Alexander, der Schmied, hat mir viel Böses angetan, der Herr bezahle ihn nach seinen Werken {2Tim 4}. Dieser ist ohne Zweifel von den halsstarrigen Juden auf dem Schauplatz hervorgestoßen worden, dass er allen gefassten Widerwillen über die Verachtung der Diana auf Paulus und seinen Gefährten geschoben hat. Aber dieser bösartige Plan ist den Juden nicht aufgegangen.
Verantworten: Ohne Zweifel, dass die Juden an dem Auflauf nicht schuld waren.
34. Da sie aber innewurden, dass er ein Jude war, erhob sich eine Stimme von allen und schrien bei zwei Standen: Groß ist die Diana der Epheser!
Jude war: Da haben ihn die heidnischen Epheser nicht hören wollen.
Zwei Standen: Denn etliche meinen, die falsche Religion und die Lügen werden dadurch bestätigt, wenn, egal wie falsch es auch ist, es oft wiederholt und vorgebracht wird. Ein Wunder ist es aber, dass die Gefährten des Paulus, Cajus und Aristarchus, in dieser unsinnigen Wut des Volkes nicht in Stücke zerrissen worden sind. Aber Gott kann die Seinen auch mitten unter dem Aufruhr wunderbar erhalten.
35. Da aber der Kanzler das Volk gestillt hatte, sprach er: Ihr Männer von Ephesus, welcher Mensch ist, der nicht wisse, dass die Stadt Ephesus sei eine Pflegerin der großen Göttin Diana und des himmlischen Bildes?
Gestillt hatte: So, dass sie ihn hören wollten. Denn der Kanzler oder Stadtschreiber in Ephesus hatte sich unter den Tumult gemischt, um ihn zu stillen. Es war zwar ein heidnischer Mensch, aber doch verständig und er hatte ein sittsames Gemüt und war bei denen in Ephesus in hohem Ansehen. Dieser erkannte die rechte Ursache des Aufruhrs und hatte sich erkundigt, von wem er erregt worden war.
Himmlischen Bildes: Welches der große Gott Jupiter vom Himmel gesandt hat. Es redete aber der Schreiber oder Kanzler als ein heidnischer Mensch, der auch die Diana ehrte.
36. Weil nun das unwidersprechlich ist, so sollt ihr ja stille sein und nicht unbedacht handeln.
Unwidersprechlich ist: Und euch eure Religion ohne die Einrede von irgendjemandem unverrückt bleibt.
Handeln: Und euch mit der Sache nicht übereilen. Denn auf einen schnellen Entschluss folgt die Reue bald danach.
37. Ihr habt diese Menschen hergeführt, die weder Kirchenräuber noch Lästerer eurer Göttin sind.
Göttin sind: Dass sie etwas Schändliches oder Frevelhafte gegen euren Gottesdienst gehandelt hätten, darum gebraucht keine Gewalt gegen sie.
38. Hat aber Demetrius, und die mit ihm sind vom Handwerk, an jemand einen Anspruch, so hält man Gericht, und sind Landvögte da; lasst sie sich untereinander verklagen.
Verklagen: Und Demetrius möge sich diejenigen zurecht vornehmen, gegen die er eine Sache hat, die er dann vor einem ordentlichen Gericht oder auch vor dem römischen Landvogt, als der höheren Obrigkeit vorlegen kann. Denn man soll die Streitigkeiten in bürgerlichen Sachen nicht mit der Faust, sondern mit dem Gesetz ausführen.
39. Wollt ihr aber etwas anderes handeln, so mag man es ausrichten in einer ordentlichen Gemeinde.
Anders handeln: Dass ihr nämlich sonst etwas zu verrichten habt, dass die ganze Gemeinde in Ephesus betrifft.
Ordentliche Gemeinde: Man kann einen ordentlichen und rechtmäßigen Landtag aufstellen und ausschreiben, worauf man handeln und beschließen kann, was zur Beförderung des allgemeinen Nutzens förderlich ist. Dass man aber besondere Privat- oder Allgemeinsachen mit einem Aufruhr beenden möchte, dies gebührt sich gar nicht.
40. Denn wir stehen in der Gefahr, dass wir um diese heutige Empörung verklagt möchten werden, und doch keine Sache vorhanden ist, damit wir uns solchen Aufruhrs entschuldigen möchten. Und da er solches gesagt, ließ er die Gemeinde gehen.
Verklagt: Vor unserer hohen Obrigkeit, wie dem Kaiser und Rat in Rom.
Entschuldigen möchten: Warum ein solcher Tumult stattgefunden hat. Und die Römer könnten sich sehr wohl Gedanken darüber gemacht haben, als wollten wir von ihnen abfallen. Darum verharrt in eurem Unwesen nicht weiter fort, damit wir die Römer, unter deren Gewalt wir sind, nicht gegen uns aufbringen.
Gemeinde: Nachdem er sie mit einer vernünftigen und ruhigen Rede zufriedengestellt hatte. Denn es ist wahr, was Salomon schreibt: Eine linde Antwort stillt den Zorn, aber ein hartes Wort richtet Grimm an {Spr 15}. Darum, wenn die Herzen erhitzt und erbittert sind, wie es in einem Aufruhr zu geschehen pflegt, so soll man sie nicht mit harten und rauen Worten anfahren. Und hätte Rehabeam, der Sohn des Königs Salomon, solches beachtet, so wäre er vielleicht nicht um einen guten Teil seines Königreichs gekommen, als zehn Stämme oder Fürstentümer von ihm abgefallen sind {1Kön 12}. Man hat sich auch hier der großen, unendlichen Güte und Weisheit Gottes zu erinnern, der durch einen heidnischen Menschen, nämlich des Kanzlers in Ephesus und dessen linder Rede, Paulus und seiner Mitgesellen, Cajus und Aristarchus, vor Unglück bewahrt hat. Denn welche Gott erhalten will, die kann er auch durch das Zutun der Feinde erretten. Darum sollen wir in Gefahr seiner Güte vertrauen.
Das 20. Kapitel
- Paulus reist nach Mazedonien.
- Er predigt in Troade bis in die sinkende Nacht und erweckt Eutychus vom Tod, der durch den dritten Söller aus einem Fenster zu Tode gestürzt war.
- Als er die Ältesten von Ephesus nach Milet bittet, erinnert er sie ihres Amtes, zeigt ihnen an, was er und sie zu erwarten haben.
- Darauf beweinen die Gläubigen den Abzug Paulus.
1. Da nun die Empörung aufgehört, rief Paulus die Jünger zu sich und segnete sie und ging aus, zu reisen nach Mazedonien.
Segnete sie: Ohne Zweifel auf das Freundlichste und mit einem herzlichen Wunsch, dass Gott die Kirche in wahren Glauben und gottseligen Wandel erhalten wolle. Denn wie die Grüße der Frommen kräftig sind, so gehen auch ihre Wünsche am Ende nicht leer aus.
Ging aus: Denn nachdem er das Evangelium Christi in Ephesus nunmehr drei Jahre gepredigt und die Kirche dort gut unterrichtet hatte, meinte er, es sei an der Zeit, dass er an einen anderen Ort reisen könnte, damit die zarte, angehende Kirche seiner Person wegen, die bei den verstockten Juden und abgöttischen Heiden sehr verhasst war, nicht in große Gefahr geriete, besonders weil sie an tauglichen Kirchendienern keinen Mangel hatten. Denn man muss die Menge schonen, dass nicht um einer einzigen Person willen viele von ihnen in Gefahr kommen. Das darf notwendigerweise nicht sein.
2. Und da er dieselben Länder durchzog und sie ermahnt hatte mit vielen Worten, kam er nach Griechenland und verzog allda drei Monden.
Länder: In Mazedonien, wo er zuvor das Evangelium gepflanzt und gepredigt hatte.
Ermahnte: Dass sie ihm wahren Glauben und heiligem Wandel beharrten und fortfuhren.
3. Da aber ihm die Juden nachstellten, als er nach Syrien wollte fahren, ward er zu Rat, wieder umzuwenden durch Mazedonien.
Zu wenden: Und auf einem anderen Weg, der zwar weit außen herumgeführt hätte, nach Syrien zu ziehen, um so der Gefahr zu entgehen, vor der man ihn gewarnt hatte. Denn so viel man aus den Umständen des Textes ableiten kann, haben die Juden Leute bestellt, die Paulus entweder, wenn er mit dem Schiff fahren würde oder das Schiff betreten würde oder mitten auf dem Meer ihn ins Wasser stürzen und ersäufen sollten. Und wenn er aus dem Weg geräumt gewesen wäre, würde ihrer Meinung nach alles richtig gehen. Denn der Satan stellt vortrefflichen Leuten, die seinem Reich großen Schaden tun können, mehr nach als anderen, darum soll man sie mit dem einfachen Gebet der Kirche Gott, dem Herrn, in seinen gnädigen Schutz getreulich anbefehlen. Und man kann der Gefahr wohl aus dem Weg gehen, sofern sie mit gutem Gewissen gemieden werden kann, damit wir Gott nicht versuchen. Auch ist es besser, einen weiten Weg, der sicher ist, zu gehen, als den kürzesten Weg zu wählen und sich darüber in Gefahr stürzen.
4. Es zogen aber mit ihm bis nach Asien Sopater von Beröa, von Thessalonich aber Aristarchus und Sekundus und Gajus von Derbe und Timotheus, aus Asien aber Tychikus und Trophimus.
Mit ihm: Als Begleiter und Gefährten, die ohne Zweifel von den Kirchen dieser Orte Paulus zur Seite gestellt wurden, damit er nicht wegen der hinterlistigen Nachstellungen der Juden oder durch andere und Gelegenheiten in Gefahr käme. Denn die christliche Gemeinde soll für die zeitliche Wohlfahrt Ihrer getreuen Kirchendiener Sorge tragen, weil sie wiederum über die ewige Wohlfahrt der Kirchen wachen.
5. Diese gingen voran und harrten unser zu Troas.
Gingen voran: Ohne Zweifel auf Paulus besonderen Rat und Willen.
6. Wir aber schifften nach den Ostertagen von Philippi bis an den fünften Tag und kamen zu ihnen gen Troas und hatten da unser Wesen sieben Tage.
Gen Troas: Da hat sich ein trauriger Fall begeben, der durch ein Wunderwerk bald gebessert worden ist. Paulus hat aber die christlichen Brüder an allen Orten, durch die er gezogen ist, im Glauben gestärkt. Denn die Kirchen Christi brauchen nicht nur das Pflanzen, sondern auch die Bewässerung.
7. Auf einen Sabbat aber, da die Jünger zusammenkamen, das Brot zu brechen, predigte ihnen Paulus und wollte des andern Tages ausreisen und verzog das Wort bis zu Mitternacht.
Zu brechen: Das heißt, das Abendmahl des Herrn zu halten. Die Katholiken geben sich hier abermals eine Blöße, dass sie eine Gestalt des Sakraments daher beweisen wollen, weil nur an das Brot und nicht auch an den Wein an dieser Stelle gedacht wird, dadurch in der Heiligen Schrift unter dem Namen des Brotes auch das Getränk begriffen wird. So ist auch bei den 5. Mose diese Art zu reden gebräuchlich, dass man von einem sagt: Der Mensch kann nun nicht mehr sein Brot verdienen. Mit diesen Worten wird zu verstehen gegeben, dass er seine Nahrung aufbringen kann und man weiß wohl, dass zur Nahrung nicht nur Speise, sondern auch der Trank gehört. Ebenso ungeschickt sind auch die Zwinglianer, einesteils weil sie auf das Brechen des Brotes in abergläubische Weise dringen und nicht zulassen wollen, dass man es mit dem Messer oder einem anderen eisernen Instrument schneidet. Diese verstehen die hebräische Sprache nicht, worin das Brotbrechen nichts anderes heißt, als austeilen, egal auf welche Weise es geschieht. Nachdem Spruch des Propheten Jesaja Kapitel 58: Brich dem Hungrigen dein Brot.
Predigt: Von den Guttaten des Erlösers Christi und von der wahren Dankbarkeit gegen ihren Heiland. Daraus kann man ableiten, dass man vor dem Empfang des heiligen Abendmahls predigen soll. Die Predigt kann kurz oder lang sein, je nachdem wie es die Zeit oder die Gelegenheit zulässt, und von mancherlei Guttaten Christi, die er uns durch sein Blut erworben hat, erzählen. Denn so gebietet es der Apostel Paulus, als er sagt: So oft ihr von diesem Brot esst und von diesem Kelch trinkt, sollt ihr des Herren Tod verkündigen bis er kommt {1Kor 2}.
Zu Mitternacht: Er hat ohne Zweifel seine ganze Lehre gleichsam als Abschluss wiederholt, weil er am folgenden Tag von ihnen Abschied nehmen wollte und man aus den Weissagungen so viele Nachrichten hatte, dass er nicht wieder zu ihnen kommen würde, darum hatte es sich mit der Predigt eine gute Weile länger hingezogen, als es sonst üblich war. Obwohl nun die Zuhörer der langen Predigten nicht überdrüssig werden sollen, so sollen jedoch auch die Prediger an den Orten, wo oft gepredigt wird, sich einer angenehmen Kürze befleißigen. Und man kann in einer halben oder einer ganzen Stunde viel abhandeln, wenn man nicht eine Sache ständig wiederholt, gute Ordnung hält und Worte und Sachen mit Fleiß erwägt. Denn wenn der Zuhörer müde wird, so merkt er nicht mehr fleißig auf und hört den größeren Teil mit Verdruss und ohne Nutzen.
8. Und es waren viel Fackeln auf dem Söller, da sie versammelt waren.
Viele Fackeln: Denn weil die Christen wussten, dass die gottlosen Menschen ihre Versammlungen, besonders die zur nächtlichen Stunde geschahen, übel nachredeten und sie verunglimpften, als würden sie ungebührliches Sachen treiben, wie man von den Wiedertäufer sagt, dass sie in ihren nächtlichen Schlupfwinkel gehen sollen, so haben die Christen diesen unrechten Argwohn zu verhüten geschafft, indem das ganze Gemach, indem sie beieinander versammelt waren, mit vielen Fackeln erleuchtet wurde. Denn der gute Geist liebt die Finsternis nicht und es steht einem Christen frei, dass es sich nicht nur vor Lastern hütet, sondern auch allen bösen Anschein meidet {1Thes 5}. Wer kein Dieb sein will, der soll sich auch nicht diebisch stellen.
9. Es saß aber ein Jüngling mit Namen Eutychus in einem Fenster und sank in einen tiefen Schlaf, dieweil Paulus so lange redete, und ward vom Schlaf überwogen und fiel hinunter vom dritten Söller und ward tot aufgehoben.
Tot aufgehoben: Mit diesem Beispiel wollte Gott der Herr anzeigen, dass man während der Predigt nicht schlafen soll. Denn man soll Gott dem Herrn fleißig zuhören, wenn er durch seine Diener mit uns redet. Es sind aber die Christen über diesem Fall ohne Zweifel heftig erschrocken, nicht allein deswegen, dass dieser Jüngling sich zu Tode gestürzt hatte, sondern weil sie sich sorgen mussten, dass nicht die ungläubigen Heiden und verstockten Juden ihren Versammlungen mit noch mehr Lästerung und falschen Anschuldigungen beschweren, als je zuvor.
10. Paulus aber ging hinab und fiel auf ihn, umfing ihn und sprach: Macht kein Getümmel; denn seine Seele ist in ihm.
Umfing ihn: Diese Zeremonie hat im gleichen Zustand früher auch der Prophet Elias gebraucht {1Kön 17 2Kön 4}. Und Paulus hat dies nicht aus einer vorwitzigen Nachahmung getan, sondern weil er ein gleiches Amt führte. Er hat auch ohne Zweifel mit einem zwar kurzen, aber doch sehr inbrünstigem Gebet Gott, den Herrn, angerufen, dass er dem Jüngling das Leben wiedergeben wollte, wie es auch geschehen ist. Denn die Seele ist wieder zum Leib gekommen, obwohl der Jüngling noch in einer tiefen Ohnmacht gelegen war.
Sprach: Zu den anderen Christen, damit sie wiederum getröstet wurden.
In ihm: Die Seele ist bereits wieder zum Leib gekommen.
11. Da ging er hinauf und brach das Brot und aß und redete viel mit ihnen, bis der Tag anbrach; und also zog er aus.
Brot: Dass er den Christen das Abendmahl des Herrn austeilte.
Aß: Dass er nach dem gehaltenen Abendmahl sich wiederum mit Speise und Trank stärkte, samt denen die bei ihm waren.
Redete viel: Und ermahnte sie zur Gottseligkeit. Denn die Kirchendiener sollen die Gläubigen mit gottseligen Ermahnungen stärken, wenn sie sich von ihnen verabschieden wollen.
12. Sie brachten aber den Knaben lebendig und wurden nicht wenig getröstet.
Brachten: Während dessen Paulus das Abendmahl des Herrn hielt.
Lebendig: Denn er lebte nicht nur, sondern hatte sich auch aus der Ohnmacht erholt und war wieder zu sich gekommen.
Getröstet: Denn es war ihnen ein großer Trost, dass der Jüngling nicht nur wieder lebendig geworden war, sondern auch, dass die Lehre des Evangeliums mit solch herrlichen Wunderwerken des Apostel Paulus bestätigt worden war. Denn Gott kann eine große Traurigkeit schnell in Freude verändern. Und es bezeugen alle Wunderwerke Christi und der Apostel, dass Jesus Christus der Heiland der Welt ist und dass, wer an ihn glaubt, nicht verloren wird, sondern das ewige Leben hat {Joh 3 20}.
13. Wir aber zogen voran auf dem Schiff und fuhren gen Assos und wollten dort Paulus zu uns nehmen; denn er hatte es also befohlen, und er wollte zu Fuße gehen.
Wir aber: Lukas und die anderen Gefährten Paulus.
Fuß gehen: Dies hat er aus einer besonderen Überlegung heraus getan, denn er hat die hinterlistigen Nachstellungen der Juden mit einer gottseligen Geschwindigkeit auf mancherlei Weise gehindert und zunichtegemacht.
14. Als er nun zu uns schlug zu Assos, nahmen wir ihn zu uns und kamen gen Mitylene.
15. Und von dort schifften wir und kamen des andern Tages hin gen Chios; und des folgenden Tages stießen wir an Samos und blieben in Trogyllion; und des nächsten Tages kamen wir gen Milet.
Nach Milet: Bei diesem langwierigen, mühseligen und gefährlichen Reisen des Apostels Paulus haben wir uns daran zu erinnern, dass wir unsere Aufgabe treu erfüllen sollen und uns keine Arbeit zu viel sein soll. Denn wir werden einmal von unserer Mühe und Arbeit glücklich ruhen {Apg 14}.
16. Denn Paulus hatte beschlossen, an Ephesus vorüber zu schiffen, dass er nicht müsste in Asien Zeit zubringen; denn er eilte, auf den Pfingsttag zu Jerusalem zu sein, so es ihm möglich wäre.
Zubringen: Denn er sorgte sich, dass wenn er in Ephesus ankäme, er gegen seinen Willen dort zu lange aufgehalten würde.
Zu sein: Damit er in dieser großen Ansammlung von Fremden und Ausländern, die auf das Fest dahin zu ziehen pflegten, das Evangelium Christi mit großem Nutzen in der Welt ausbreiten könnte.
17. Aber von Milet sandte er gen Ephesus und ließ fordern die Ältesten von der Gemeinde.
Ältesten: So wurden die genannt, die den Kirchen mit Lehren und Regieren vorstanden, auch wenn sie vom Alter her oftmals jünger waren, als andere. Und es gebührt denen, die den Kirchen oder den Regierungen vorgesetzt werden, dass, wenn zwar nicht am Alter, sie dennoch am Verstand, an Weisheit und im Wandel, sich wie die Alten verhalten.
18. Als aber die zu ihm kamen, sprach er zu ihnen. Ihr wisst von dem ersten Tage an, da ich bin nach Asien gekommen, wie ich immer bin bei euch gewesen
Zu ihnen: Dass er sie mit einer ernsten Ermahnung erinnerte, sie sollen der Kirche treu vorstehen und verhüten, dass die falschen Lehrer, als Wölfe, sie nicht verwüsten und hält ihnen unter anderem sein eigenes Beispiel vor, um sie dadurch zur Unverdrossenheit aufzumuntern.
Gewesen: Wie ich die ganze Zeit diese angelegt habe.
19. und dem Herrn gedient mit aller Demut und mit viel Tränen und Anfechtungen, die mir sind widerfahren von den Juden, so mir nachstellten;
Gedient: In Predigtamt des heiligen Evangeliums.
Demut: Es hat keiner von euch gespürt, dass ich mich mit meinen Gaben überheblich gezeigt hätte, ich habe mir keine Herrschaft über euch, meinen Gehilfen, angemaßt und die Kirche in Ephesus nicht mit Gewalt, sondern mit der himmlischen Lehre und dem Beispiel eines unsterblichen Wandels regiert. Eine solche rechtschaffene Demut gegen Gott und den Menschen, besonders aber gegen seine Gehilfen, steht allen frommen Kirchendienern wohl an.
Tränen: Damit ich die Kirche und alle ihre Glieder bezeugt und darum gefleht habe, sooft es notwendig war, dass sie sämtlich in der wahren Gottseligkeit beharren sollten. Denn die Kirchendiener sollen ihr Amt nicht fahrlässig, sondern mit Ernst verrichten und sollen gegen die Kirche nicht anders gesinnt sein, als die Eltern gegen ihre liebsten Kinder.
Nachstellten: Und sich mehrmals daran versuchten, mir das Leben zu nehmen. Ich habe mich auch durch diese Gefahr dennoch nicht abschrecken lassen, dass ich mein Amt unterlassen hätte. Denn man soll zwar der Gefahr aus dem Weg gehen, aber darum die Lehre des Evangeliums nicht verleugnen.
20. wie ich nichts verhalten habe, das da nützlich ist, dass ich euch nicht verkündigt hätte und euch gelehrt öffentlich und sonderlich.
Nützlich ist: Zu eurer Seligkeit. Denn die andere lehren, die sollen es treu meinen und nichts Notwendiges verschweigen, damit sie nicht als Missgünstige oder Schmeichler befunden werden, die sich nach der Gunst des gemeinen Volkes richten.
21. Und habe bezeugt beiden, den Juden und Griechen, die Buße zu Gott und den Glauben an unsern Herrn Jesum Christus.
Bezeugt: Jetzt zeigt Paulus an, was er gelehrt und nicht verschwiegen hat, was der Kirche nützlich ist. Als wollte er sagen: Ich habe stets öffentlich und besonders gelehrt, nämlich das jedermann Buße tun soll, von Sünden ablassen, sein Leben bessern, an den Heiland Christus glauben und durch den Glauben an ihn Vergebung der Sünden und das ewige Leben erlangen. Hier hat man zu merken, dass man keine Gelegenheit versäumen soll, die Kirche zu lehren und die Kirchendiener sollen nicht eine Sache öffentlich und etwas anderes im Geheimen lehren, wie es die zu tun pflegen, die in der Religion nicht rein sind, denn die bringen in den öffentlichen Predigten solche Sachen vor, womit die Obrigkeit zufrieden sein muss und sie ihres Amtes nicht enthoben werden, daneben aber halten sie es heimlich mit schwärmerischen Leuten und streuen eine falsche Lehre im Finsteren aus. Man bemerkt auch hier einen kurzen Inhalt der christlichen Lehre, dass nämlich die selig machende Lehre auf der Predigt der Buße und des Glaubens an den Heiland Christus besteht.
22. Und nun siehe, ich, im Geist gebunden, fahre hin gen Jerusalem, weiß nicht, was mir dort begegnen wird,
Gebunden: Ich werde vom Heiligen Geist dazu gezwungen und gedrängt, dass ich eine Reise nach Jerusalem auf mich nehmen muss und dort das Evangelium Christi weiter ausbreite.
Begegnen: Was es mit meinem Tun für einen Ausgang nehmen wird.
23. ohne dass der Heilige Geist in allen Städten bezeugt und spricht: Bande und Trübsal warten mein dort.
Spricht: Durch heilige Leute, die mit einem prophetischen Geist begabt sind.
Warten mein: Was jemand aber vorher erwartet, das kommt ihm nicht so seltsam und ungewohnt vor. Darum sollen sich die Kirchendiener auf Verfolgungen gefasst machen, damit sie diese mit Geduld überwinden können.
24. Aber ich achte der keines; ich halte mein Leben auch nicht selbst teuer, auf dass ich vollende meinen Lauf mit Freuden und das Amt, das ich empfangen habe von dem Herrn Jesu, zu bezeugen das Evangelium von der Gnade Gottes.
Amt: Dass ich demselben genug tue, ungeachtet aller Gefahr, die mir dadurch entstehen könnten. Wenn wir deshalb einer Gefahr nicht entgehen können, ohne dass wir in unserem Beruf aussetzen wollen, so sollen wir diese nicht scheuen.
Gnade Gottes: Gegen die bußfertigen Sünder. Und dies ist eine eigentliche Beschreibung des Evangeliums, dass es eine Lehre ist von der Gnade Gottes.
25. Und nun siehe, ich weiß, dass ihr mein Angesicht nicht mehr sehen werdet, alle die, durch welche ich gezogen bin und gepredigt habe das Reich Gottes.
Reich Gottes: Das ich euch durch das Evangelium vorgetragen und angeboten habe.
26. Darum zeuge ich euch an diesem heutigen Tage, dass ich rein bin von aller Blut;
Darum: Weil ich mich vom Zustand dieser Kirche in Zukunft nicht mehr überzeugen kann.
Zeuge ich: Und ich will mich dessen öffentlich gegen euch erklärt haben.
Aller Blut: Dass, wenn jemand in der Kirche in Ephesus verloren werden sollte, dies nicht aus meiner Schuld, Fahrlässigkeit oder Versäumnis geschieht.
27. denn ich habe euch nichts verhalten, dass ich nicht verkündigt hätte alle den Rat Gottes.
Nichts verhalten: Ich habe euch alles gelehrt, was mir von Gott befohlen wurde und zu eurer Seligkeit dienlich gewesen ist. Weil demnach Paulus denen in Ephesus nichts verschwieg, was zur Vollkommenheit der christlichen Religion gehört und seine Briefe, die er an die Epheser geschrieben hat, keine einzige Menschensatzung beinhaltet, was uns die Humanisten gerne einreden wollen, als ob sie apostolisch wären. So sollen wir sie ziehen lassen und solche falschen, eingeschobenen Satzungen unter dem Schein des apostolischen Namens nicht annehmen.
28. So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, unter welche euch der Heilige Geist gesetzt hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeinde Gottes, welche er durch sein eigen Blut erworben hat.
Habt nun acht: Weil es die Notwendigkeit erfordert. Und man hat viele Dinge hier zu merken. Erstens, dass die Diener und Bischöfe der Kirche auch auf sich selbst achtgeben und sich fleißig hüten sollen, dass sie nicht durch die List des Satans betrogen und in Irrtum oder Laster gestürzt werden. Danach, dass sie die ganze Herde, die ihnen anbefohlen ist, mit Fleiß versorgen sollen und sich nicht nur etlicher annehmen, die anderen aber verwahrlosen lassen ferner, dass die Kirchendiener den Kirchen vom Heiligen Geist vorgesetzt werden, die in ordentlicherweise zu solchem Amt berufen wurden. Darum ist es recht, dass sie bei ihren Zuhörern in gebührenden Ehren gehalten und nicht verachtet werden. Weiter, dass die Kirchendiener nicht dazu berufen sind, dass sie über die Kirche übermütig herrschen (wie es der Papst tut, der auch die Schäflein Christi tyrannisiert), sondern dass sie die Kirche Christi weiden mit dem Wort und dem Sakrament des Leibes und Blutes des Herrn. Und dass die Seligkeit der Kirche nicht mit Gold oder Silber, sondern mit dem Blut Christi erworben ist, deshalb sollen die Kirchendiener zu Recht auf sie achten. Auch, dass Christus der wahre und ewige Gott ist. Denn Paulus sagt, dass die Kirche durch das Blut Gottes erlöst ist. Endlich, dass man die Person Christi nicht teilen muss. Sie wird aber geteilt, wenn etliche, zusammen mit dem Nestorius der göttlichen Natur ihre besonderen Wirkungen und der menschlichen Natur auch die ihrigen besonders zumisst, als wenn es zwei Personen wären, eine des Sohnes Gottes und eine andere des Menschen Sohn, wodurch Paulus ausdrücklich sagt, Kirche sei durch Gottes Blut erworben. Denn das Blut Jesu Christi, Gottes Sohns, macht uns rein von allen unseren Sünden {1Joh 1}.
29. Denn das weiß ich, dass nach meinem Abschied werden unter euch kommen gräuliche Wölfe, die die Herde nicht verschonen werden.
Wölfe: Nämlich falsche Lehrer, die in den Kirchen umherlaufen und mit Verfälschungen der Lehre die Seelen der Schäflein Christi ins Verderben stürzen, wenn die Hirten ihr Amt nicht treu ausrichten und sie aus dem Schafstall Christi vertreiben.
30. Auch aus euch selbst werden aufstehen Männer, die da verkehrte Lehren reden, die Jünger an sich zu ziehen.
Verkehrte Lehre: Die sie von mir nicht gelernt haben.
Zu ziehen: Und sich unterstehen werden schädliche Spaltungen in den Kirchen anzurichten, damit sie für weise und geschickt angesehen werden und einen großen Namen bekommen, oder aber ihren Nutzen und Gewinn dadurch suchen. Darum ist es kein Wunder, dass in der Kirche Sekten entstehen. Denn der Teufel, als Feind der Wahrheit und Einigkeit macht nie Feierabend, darum sollen die Hirten der Kirchen umso fleißiger wachen, damit sie solches Unheil abwehren. Und man soll zwar die Irrenden, sofern es möglich ist, wieder auf den rechten Weg bringen, sind sie aber halsstarrig, so soll man sie, nachdem sie ein um das andere Mal ermahnt worden sind, meiden und in Bann tun, damit auch die gesunden Schafe nicht von ihnen verdorben werden.
31. Darum seid wacker und denkt daran, dass ich nicht abgelassen habe drei Jahre, Tag und Nacht einen jeglichen mit Tränen zu ermahnen.
Seid wacker: Tut euer Amt fleißig und unverdrossen, dass ihr nicht schläfrig damit umgeht, und habt mich zum Beispiel. Wir haben aber oben vernommen, wie es einem Kirchendiener zusteht, dass er nicht fahrlässig in seinem Amt ist.
Zu ermahnen: Dass ihr im wahren Glauben und in der Gottseligkeit beharrt und immer zunehmt.
32. Und nun, liebe Brüder, ich befehle euch Gott und dem Wort seiner Gnade, der da mächtig ist, euch zu erbauen und zu geben das Erbe unter allen, die geheiligt werden.
Gott: Dem himmlischen Vater, dass er euch regiere und schütze. Er möge auch eurer Herzen mit dem Wort des Evangeliums je länger je mehr erleuchten, damit ihr im Lehren und Lernen in der wahren Gottseligkeit zunehmt zur Wohlfahrt der Kirchen und zur Ehre Gottes.
Euch: Und die Kirche, dass ihr zusammen in der Erkenntnis Christi wachst und gestärkt werdet.
Geheiligt werden: Unter den Auserwählten, die mit dem Blut Christi und dem Geist Gottes vor Gott geheiligt sind. Denn das ist die sicherste Belohnung aller getreuen Kirchendiener, dass der oberste Hirte, Christus, wenn er wiederkommen wird, um die lebendigen und die Toten zu richten, ihnen die unverwelkliche Krone der Ehre geben wird {1Petr 5}. Und die haben besondere Gaben zu erwarten, die in der Unterrichtung der Kirchen vor anderen sich treu gebrauchen ließen. Nach dem Spruch: Die Lehrer werden leuchten wie der Glanz des Himmels und die, so sie zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewig {Dan 12}.
33. Ich habe euer keines Silbers noch Gold noch Kleid begehrt.
Ich: In den folgenden Worten erinnert Paulus die Kirchendiener in Ephesus mit seinem Beispiel, dass sie vielmehr die Wohlfahrt der Kirche, als ihr Geld suchen sollen.
Begehrt: Sondern für euch alle in Ephesus die ewige Seligkeit einzig und allein gesucht habe.
34. Denn ihr wisst selber, dass mir diese Hände zu meiner Notdurft und derer, die mit mir gewesen sind, gedient haben {1Kor 4v11 1Thes 2v9 2Thes 3v8}.
Gedient haben: Ich habe mir meine Nahrung mit meinen eigenen Händen erworben, dazu auch die unterhalten, die in der Fortpflanzung des Evangeliums Christi mir gedient haben, damit ich ja niemandem zur Last falle.
35. Ich habe es euch alles gezeigt, dass man also arbeiten müsse und die Schwachen aufnehmen und gedenken an das Wort des Herrn Jesu, das er gesagt hat: Geben ist seliger denn Nehmen.
Aufnehmen: Das will so viel sagen wie: Ich habe euch mit meinem Beispiel gelehrt, dass es besser ist, um der Schwachen willen seine Nahrung mit seiner Hände Arbeit zu suchen, als dass man mit großen Kosten die Gemüter der Zuhörer davon abwendet, das Evangelium zu hören und zu lernen. Denn die Kirchen hatten damals noch keine jährlichen Einnahmen, sondern man musste das Geld von jedem einzelnen sammeln, damit die Kirchendiener unterhalten werden konnten. So wurden die Schwachen im Glauben sehr dadurch gestärkt, da sie sahen, dass Paulus solche große Mühe und Arbeit im Predigtamt umsonst, ohne Besoldung auf sich nahm, und schlossen recht daraus, dass er nichts suchte, als Gottes Ehre und die Wohlfahrt der Kirche. Jedoch hat Paulus mit diesem Tun den Kirchendienern kein Gesetz vorschreiben wollen. Denn es kann nicht jedermann mit der Handarbeit seine Nahrung suchen und nebenbei predigen. So sind die Kirchen (Gott sei Dank) heutzutage dermaßen versorgt, dass ein Kirchendiener keine besondere Mühe auf sich nehmen muss, um seine Nahrung zu suchen. Zudem lehrt der Apostel Paulus selbst {1Kor 9}. und beweist es aus der Schrift, dass die Kirche ihre Prediger zu unterhalten schuldig ist. Darum machen die besonderen Beispiele, die ihre besonderen Umstände haben kein allgemeines Gesetz. Daneben sollen die Kirchendiener sich daran erinnern, dass, was die Nahrung anbelangt, sie sich nicht so verhalten, dass der Spruch Paulus von ihnen mit Recht gesagt werden kann: Sie suchen alle das ihre und nicht das, was Christus Jesus ist {Phil 2}; sondern sie, die Prediger, sollen vielmehr von Herzen sagen: Ich suche nicht das Eure, sondern euch.
Denn nehmen: Diese Worte werden zwar in den Schriften der Evangelisten nicht wortgetreu gefunden, es besteht jedoch kein Zweifel, dass Christus sie gesagt hat. Und es wird damit nicht geboten, dass die, die die Hilfe anderer Menschen brauchen, von ihnen nichts empfangen dürften. Denn es wird von dem Herrn Christus selbst geschrieben, dass etliche gottselige Matronen ihm von ihren Gütern etwas gegeben haben {Lk 8}. Sondern er hat damit lehren wollen, dass wir geneigter sein sollen, Wohltaten zu erweisen, als sie zu empfangen, weil auch unser himmlischer Vater (dem wir nachfolgen sollen) Guttaten auszuteilen und nicht einzunehmen pflegt. Und dieser Spruch soll eine Arznei für den Geiz sein. Denn sonst hält es die Welt normalerweise so, dass es besser ist, etwas zu nehmen, als etwas zu geben. Aber die Wohltätigkeit hat in der Schrift die herrlichsten Verheißungen: Gebt, so wird euch gegeben {Lk 6}. Und: Wohl dem, der sich des Durstigen annimmt, den wird der Herr erwecken in schlechten Zeiten {Ps 41}.
36. Und als er solches gesagt, kniete er nieder und betete mit ihnen allen.
Betet: Dass Gott die Lehrer in Ephesus samt ihren Zuhörern im wahren Glauben und gottseligen Wandel bis ans Ende erhalten und seine Gaben in ihnen mehren wollte. Denn man soll die Kirche Christi und ihre Diener Gott dem Herrn mit einem inbrünstigen Gebet anbefehlen, weil der Satan ihnen beiden mit List nachstellt.
37. Es ward aber viel Weinens unter ihnen allen, und fielen Paulus um den Hals und küssten ihn,
Viel Weinens: Als sie sahen, dass Paulus, ein solcher getreuer Lehrer von ihnen weichen wollte, da hat es nasse Augen gegeben.
38. am allermeisten betrübt über dem Wort, das er sagte, sie würden sein Angesicht nicht mehr sehen. Und geleiteten ihn in das Schiff.
Geleiteten: Ehrenhalber und aus rechtschaffener, ungefärbter Liebe. Eine solche gute Billigkeit der Zuhörer gegen gierige treue Hirten und Seelsorger wird heutzutage selten gespürt, wie auch bei den Kirchendienern der heutigen Zeit nicht so schnell ein solcher Eifer in der Gottseligkeit gefunden wird, wie er in Paulus gewesen ist. Darum sollen beide Teile, sowohl die Prediger als auch die Zuhörer, ihrem Amt fleißiger nachkommen.
Das 21. Kapitel
- Paulus kehrt auf seiner Reise nach Jerusalem in Cäseräa beim Evangelisten Philippus ein.
- Und Agabus weissagt, dass Paulus gefangen genommen und gebunden werden wird.
- Als er nun in Jerusalem in den Tempel geht, wird er von den Juden ergriffen.
- Aber Lysias, ein Hauptmann reißt ihn ihnen aus den Händen und lässt ihn mit zwei Ketten binden.
1. Als es nun geschah, dass wir, von ihnen gewandt, dahinfuhren, kamen wir stracks Laufs gen Kos und am folgenden Tage gen Rhodus und von dort gen Patara.
Als: Es folgt jetzt die Geschichte von der Reise des Apostels Paulus. Da lasst uns hören, wie es ihm auf dem Wege ergangen ist und wie er in Jerusalem empfangen wurde.
2. Und als wir ein Schiff fanden, das nach Phönizien fuhr, traten wir darein und fuhren hin.
3. Als wir aber Zypern ansichtig wurden, ließen wir sie zur linken Hand und schifften nach Syrien und kamen an zu Tyrus; denn dort sollte das Schiff die Ware niederlegen.
Nach Tyrus: Dies war eine sehr lange und mühselige Schifffahrt durch das Mittelmeer. Es gibt ein Sprichwort, das heißt: Wer nicht beten kann, der begebe sich aufs Meer. Wir sollen deswegen keine Gefahr noch Mühe scheuen, unsere Aufgabe zu verrichten. Aber man findet Menschen, die einen Beruf nicht ausschlagen, auch wenn noch so viele Mühen und Gefahren dabei sind.
4. Und als wir Jünger fanden, blieben wir dort sieben Tage. Die sagten Paulus durch den Geist, er sollte nicht hinauf gen Jerusalem ziehen.
Sieben Tage: In dieser Zeit hat Paulus zweifellos etliche Predigten gehalten und sie im rechten Glauben gestärkt. Denn dort mag man sich gerne aufhalten lassen, wo man Nutzen schaffen kann. Paulus hat also in Tyrus Christen gefunden, durch deren Bekanntschaft und gottseliges Gespräche er sehr erfreut worden ist. Denn es werden auch unter den Kaufleuten fromme Menschen gefunden.
Geist: Kündigte Paulus aus Offenbarung des Heiligen Geistes, wie er in Jerusalem gefangen genommen werden wird. Und auch wenn dies eine Weissagung war, so ist das, was nun folgt, Fleisch und Blut.
Sollte nicht: Denn sie wollten sein Leben schonen, und meinten, es wäre der Kirche nützlicher, wenn er dieser Gefahr aus dem Weg ginge, als wenn er sich in Jerusalem gefangen nehmen und fesseln ließe. Denn unser Fleisch scheut das Kreuz.
5. Und es geschah, da wir die Tage zugebracht hatten, zogen wir aus und wandelten. Und sie geleiteten uns alle mit Weibern und Kindern bis hinaus vor die Stadt und knieten nieder am Ufer und beteten.
Wir aus: Denn Paulus wusste durch den Heiligen Geist sicher, dass er nach Jerusalem ziehen und dort um des Namens Christi willen sich gefangen nehmen und binden lassen sollte. Sonst hätte er sich anderswo hingewandt, wie er früher schon mehrmals der Gefahr aus dem Weg gegangen ist.
Vor die Stadt: Bis zum Schiff. Und ohne Zweifel haben diese Christen Paulus nicht ohne Gefahr so öffentlich in einer großen Gesellschaft bis ans Ufer geleitet. Aber der wahre Glaube und die rechtschaffene Liebe verachten in solchen Fällen jede Gefahr.
Betreten: Für die Wohlfahrt der Kirchen und für die Erweiterung des Reiches Christi. Es ist aber Gott, dem Herrn, nichts daran gelegen, mit welchen Gebärden wir unser Gebet verrichten, egal ob es stehend oder kniend ist, wenn wir es nur von Herzen und aus Glauben tun. Dennoch ist diese äußerliche Zucht, dass wir auf die Knie niederfallen auch dazu gut, dass wir unsere Sinne und unsere Gedanken im Gebiet beieinander behalten, damit sie nicht weit umherschweifen. Und wenn wir die Knie beugen, so erinnert uns das daran, dass wir uns wahrhaftig vor Gott demütigen und daran denken, wie wir alles allein aus seiner Barmherzigkeit und nicht aus unserem Verdienst haben.
6. Und als wir einander gesegnet, traten wir ins Schiff; jene aber wandten sich wieder zu dem Ihren.
7. Wir aber vollzogen die Schifffahrt von Tyrus und kamen gen Ptolemäus und grüßten die Brüder und blieben einen Tag bei ihnen.
Bei ihnen: Dass sie sich ohne allen Zweifel mit gottseligen Gesprächen und Unterhaltungen miteinander erfreut haben. Denn die christlichen Gespräche der Frommen stärken den Glauben, mehren die Liebe, bestätigen die Hoffnung und richten ein niedergeschlagenes Herz in Widerwärtigkeiten auf.
8. Des andern Tages zogen wir aus, die wir um Paulus waren, und kamen gen Cäsarea und gingen in das Haus Philippus, des Evangelisten, der einer von den Sieben war, und blieben bei ihm.
Sieben: Von denen in Kapitel 6 berichtet worden ist.
Bei ihm: Weil er uns sehr freundlich empfing und zu Herberge aufnahm. Die Gastfreundschaft ist eine solche Tugend, die einem Kirchenlehrer wohl ansteht und von Paulus an einem Bischof erfordert wird {1Tim 3}. So schreibt der Apostel an die Hebräer: Vergesst nicht, gastfreundlich zu sein, denn dadurch haben viele schon Engel beherbergt {Hebr 13}. Dass mit Philippus an dieser Stelle ein Evangelist genannt wird, ist wohl darum geschehen, nicht, weil er ein Evangelium geschrieben, sondern weil er das Evangelium Christi gepredigt hat. Und meiner Meinung nach ist der Stand der Evangelisten ein Mittelamt gewesen zwischen den Aposteln, die in der ganzen Welt ausgesandt waren und den Hirten oder Bischöfen, die einer jeden Kirche vorstanden und gleichsam daran gebunden waren.
9. Derselbe hatte vier Töchter, die waren Jungfrauen und weissagten.
Weissagten: Weil aber das Wort weissagen, im Neuen Testament oft dafür verwendet wird, dass es ebenso viel heißt, wie die Heilige Schrift recht auslegen, so meine ich, dass diese Jungfrauen mit einer solchen Gabe des Heiligen Geistes begnadet waren. Denn obwohl es ihnen von Amts wegen nicht gebührt, dass sie in der Kirche Gottes öffentlich predigen, so haben sie doch insbesondere andere Matronen und Jungfrauen, mit denen sie umgegangen sind, vom wahren Glauben und von der Gottseligkeit gut Auskunft geben können. Obwohl nun Gott, der Herr, gelegentlich frommen Frauen herrliche Gaben mitteilt, so sollen sie dennoch nicht zum öffentlichen Predigtamt in den Kirchen aufgestellt werden, wie es der Apostel Paulus sagt: Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehrt {1Tim 2}. Und abermals: Eure Frauen lasst schweigen unter der Gemeinde, denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, dass sie reden {1Kor 14}.
10. Und als wir mehr Tage dablieben, reiste herab ein Prophet aus Judäa mit Namen Agabus und kam zu uns.
Prophet: Ein frommer und heiliger Mann, der mit einer solchen Gabe des Heiligen Geistes geziert war, dass er von künftigen Dingen weissagen konnte. Und von ihm war auch bereits weiter oben die Rede, als er eine große, künftige Teuerung vorhergesagt hat, im Kapitel 2.
11. Der nahm den Gürtel des Paulus und band seine Hände und Füße und sprach: Das sagt der Heilige Geist: Den Mann, des der Gürtel ist, werden die Juden also binden zu Jerusalem und überantworten in der Heiden Hände.
Band: Denn die Propheten pflegten oftmals äußerliche Zeremonien neben ihren Weissagungen zu gebrauchen.
Heiden Hände: So ist also der Apostel Paulus dem Ebenbild des Sohnes Gottes einigermaßen ähnlich geworden. Denn gleich, wie Christus von den Juden gefangen und den Heiden zu töten übergeben worden ist, so haben die Juden auch Paulus den Römern gebunden übergeben. Und obwohl er in Jerusalem nicht getötet worden ist, so haben ihn doch danach die Heiden in Rom ums Leben gebracht. Denn Gott will, dass ein jeder sein Kreuz auf sich nehmen und Christus, dem Führer, zur Seligkeit nachfolgen soll. Der Heilige Geist hat aber dem Apostel Paulus die Verfolgung, die er in Jerusalem ausstehen würde, so oft vor Augen gehalten, nicht um ihn von dieser Reise abzuschrecken, sondern dass sein Herz und Gemüt gestärkt würde, damit er sich umso geduldiger darin ergebe. Auch Christus hat sein Leiden seinen Jüngern oft zuvor verkündigt und ist dennoch, als die Zeit herbeigekommen war, nach Jerusalem gezogen. Denn die Betrachtung vor der Gefahr hilft viel zur Standhaftigkeit, wenn ansonsten das Herz rechtschaffen ist. Das ist genau das, wovon Christus bei Lukas 14 spricht: Dass, wer einen Turm bauen will, er zuvor auch die Kosten überschlagen soll, ob er es auch ausführen kann damit er nicht, wenn er den Grundstein gelegt hat und danach nicht fortfahren kann, mit Schimpf und Spott davon ablassen müsse.
12. Als wir aber solches hörten, baten wir ihn, und die desselben Ortes waren, dass er nicht hinauf gen Jerusalem zöge.
Hörten: Dass Paulus in Jerusalem nichts als Gefangenschaft und Trübsal zu erwarten hatte.
Zöge: Sondern auf sich selbst achten sollte. Und wenn er auch selbst sein Leben nicht schonen wollte, dass er doch an die Wohlfahrt und an den Zustand der Kirche Gottes denken sollte, damit diese seine nützliche Arbeit noch lange genießen könnte. Dies war zwar ein guter Eifer an diesem Jüngern, aber zur Unzeit gebraucht. Denn der besondere Beruf des Apostels Paulus erforderte etwas anderes. So geschieht es, dass wir manchmal aus Gutherzigkeit den Freunden etwas raten wollen (wie auch Petrus Christus von seinem Leiden mahnte, zu lassen), wir daneben aber nicht auf ihren Beruf sehen, den man doch zu allererst betrachten soll.
13. Paulus aber antwortete: Was macht ihr, dass ihr weint und brecht mir mein Herz? Denn ich bin bereit, nicht allein mich binden zu lassen, sondern auch zu sterben zu Jerusalem um des Namens willen des Herrn Jesu.
Brecht: Ihr macht mich mit euren Tränen und Wehklagen kleinmütig und verzagt. Darum hört auf und verunsichert mein Herz nicht, dass sich zur Marter bereits gefasst gemacht hat.
Namens: Und um des Bekenntnisses willen des Heiligen Evangelium. Heutzutage werden viele gefunden, die auch ihre Güter nicht gerne loslassen um des Evangeliums willen, geschweige denn, sie sollten Leib und Leben darüber lassen.
14. Da er aber sich nicht überreden ließ, schwiegen wir und sprachen: Des Herrn Wille geschehe!
Wille geschehe: So oft wir nun mit unseren Plänen und Vorhaben nicht erreichen können, was wir begehren, sollen wir den ganzen Handel Gott und seinem Willen anbefehlen. Denn er weiß am allerbesten, was uns nutzt oder schädlich ist.
15. Und nach diesen Tagen entledigten wir uns und zogen hinauf gen Jerusalem.
Entledigten: (Nach Luther) Wir legten unsere Werkzeuge ab und ließen sie da, damit wir umso besser gehen können.
16. Es kamen aber mit uns auch etliche Jünger von Cäsarea und führten uns zu einem mit Namen Mason aus Zypern, der ein alter Jünger war, bei dem wir herbergen sollten.
Aus Zypern: Er war zwar auf dieser Insel geboren, wohnte aber als ein Bürger in Jerusalem.
Alter Jünger: Er war bereits viele Jahre lang ein Christ gewesen und dazu ein frommer und freigiebiger Mann. Darum führten die von Cäsarea Paulus und seine Gefährten zu ihm, damit er bei ihm eine bequeme Herberge haben könnte. Diese frommen Menschen, die wussten, dass Paulus gefangen und gebunden werden wird, gaben ihm dennoch das Geleit und versahen ihn mit einer guten Herberge in Jerusalem, und sind ihnen sehr ungleich, die sich ihrer Freunde nur annehmen, wenn es ihnen gut geht, danach aber, wenn es sich wendet, sondern sie sich von ihnen ab.
17. Da wir nun gen Jerusalem kamen, nahmen uns die Brüder gerne auf.
Brüder: Wie Mason aus Zypern und andere frommen Männer, die es mit ihm hielten. Heutzutage aber hat der Geiz bei vielen so überhandgenommen, dass er die Gastfreundschaft völlig ausgetrieben hat. Doch man findet auch eine Menge Gäste, die so unverschämt und ungehalten sind, wodurch die Gastfreundschaft einen großen Schaden erlitten hat.
18. Des andern Tages aber ging Paulus mit uns ein zu Jakobus, und kamen die Ältesten alle dahin.
Anderen Tags: Nachdem wir uns am Tag vorher ein wenig von der Reise ausgeruht und uns erholt hatten.
Jakobus: Dem Apostel, dem Sohn des Alphais, der damals in Jerusalem war.
Ältesten: Die der Kirche in Jerusalem vorstanden. Diese kamen zusammen, um Paulus zuzuhören, was er für Vortreffliches von seinen Verrichtungen erzählen würde und waren ohne Zweifel durch seine Ankunft sehr erfreut worden.
19. Und als er sie gegrüßt hatte, erzählte er eins nach dem andern, was Gott getan hatte unter den Heiden durch sein Amt.
Getan hatte: Was für eine große Menge der Heiden durch sein Predigtamt zu Christus bekehrt worden waren und wie viele Kirchen er dem Herrn Christus in Asien und Europa gepflanzt hätte. Auch, was viele herrliche Wunderwerke durch ihn und seine Mitgehilfen und Christen geschehen sind, desgleichen, mit welch großem Eifer die Kirchen Christi in der rechten Erkenntnis ihres Heilands und des heiligen Wandels zugenommen hätten. Paulus hat dies alles aber nicht deswegen erzählt, dass er seine Person rühmen wollte, sondern um damit die Güte und Majestät des allmächtigen Gottes zu preisen, der das Evangelium Christi gegen so viele und mancherlei Behinderungen des Satans immer weiter ausgebreitet hatte. Denn man soll Gottes Werk rühmen und nicht verschweigen, damit so unser Vertrauen und unsere Hoffnung auf Gott zunehme und der Name Gottes von vielen gepriesen wird.
20. Da sie aber das hörten, lobten sie den Herrn und sprachen zu ihm: Bruder, du siehst, wie viel tausend Juden sind, die gläubig geworden sind, und sind alle Eiferer über dem Gesetz.
Gläubig geworden: Dem Evangelium Christi. Auf diese muss man hier so weit wie möglich achten, dass sie vom Evangelium Christi nicht wieder abspenstig gemacht werden. Denn weil etliche Lästerer (wie es die verstockten Juden waren) Paulus bei den Juden, die den Glauben an Christus angenommen hatten, verunglimpft hatten, als ob er das ganze Gesetz Moses verwerfen würde und eine heidnische Art und ein rohes Leben einführen wollte, so haben die Apostel Jakobus und die Ältesten einen Plan erdacht, auf welche Weise dieser Argwohn den christlichen Brüdern, die von den Juden bekehrt worden sind, genommen werden könnte.
Eiferer: Sie hängen dem Gesetz Moses noch mit großem Eifer an und halten zu viel davon, dass sie eher das Leben lassen wollten, als das Gesetz Moses aus den Händen geben. Darum muss man ihrem Eifer etwas nachsehen und nachgeben.
21. Sie sind aber berichtet worden wider dich, dass du lehrst von Mose abfallen alle Juden, die unter den Heiden sind, und sagst, sie sollen ihre Kinder nicht beschneiden, auch nicht nach desselben Weise wandeln.
Wandeln: Das will so viel sagen: Du bist bei unseren bekehrten Juden durch etliche Verleumder angezeigt worden, als würdest du alle Juden, die unter den Heiden wohnen, überreden, dass, wenn sie an den erschienenen Messias glauben, sie das ganze Gesetz Moses fahren lassen und von sich stoßen und auch ihre Kinder nicht mehr beschneiden lassen sollen. Diese Verleumdungen haben die Gemüter vieler, ansonsten gutherziger Menschen, von dir abspenstig gemacht, darum muss man solchem Unheil beizeiten zuvorkommen. Damit wir aber umso besser verstehen, wie es mit diesen Verleumdungen beschaffen gewesen war, verhält es sich so: Paulus hatte gelehrt, das Gesetz wäre von Gott gegeben, dass man die Sünde daraus erkennen sollte. Es werde aber niemand durch das Gesetz gerecht vor Gott, sondern allein durch den Glauben an Christus, dem erschienenen Messias. Und man müsste die 10 Gebote halten, nicht wegen der Rechtfertigung, sondern dass wir die Gnade Gottes nicht verlieren. Doch dieser, unser Gehorsam ist unvollkommen. Die Beschneidung und andere mosaische Zeremonien sind nach der Erscheinung Christi ein freies Mittelding, was man tun oder lassen kann, wenn nur der Wahn nicht dazukommt, dass man glaubt, solche Zeremonien würden notwendigerweise zur Rechtfertigung vor Gott erforderlich sein oder, dass man Vergebung der Sünden und das ewige Leben dadurch verdienen würde. Unterdessen hat es Paulus den bekehrten Juden freigestellt, wenn sie solche Zeremonien zu behalten Lust hätten, diese auch zu gebrauchen; dazu hat er die Beschneidung nicht verboten, da er doch selbst Timotheus hat beschneiden lassen. Aber er hat die Beschneidung in der Weise verworfen, wenn sie mit einer solchen Vorstellung angenommen oder erfordert wird, als ob ohne diese niemand die Seligkeit erlangen könnte. Und er hatte die Haltung des Gesetzes Moses mit den Bedingungen verboten, sofern man den Verdiensten eigene Werke zumisst und den Mittler Christus hinten ansetzt. Diese gottselige, rechte Lehre hatten die halsstarrigen Juden verlästert, als sie gesagt hatten: Paulus verwerfe und verbiete, dass man das ganze Gesetz nicht mehr halten müsste. Derselbe Teufel aber, der die lästernden Juden getrieben und gereizt hatte, der verhetzt auch noch heutzutage unsere Widersacher gegen uns, dass sie unsere gottseligen Lehren von der Rechtfertigung des Glaubens und andere Artikel der christlichen Religion verlästern. Denn wenn wir sagen, der Mensch werde allein durch den Glauben gerecht, ohne das Gesetz des Werkes, aber dennoch müsse man zur Dankbarkeit gegen Gott solche guten Werke tun, und zwar solche, die sich niemand ausgedacht, sondern die von Gott geboten sind, da schreien sie, wir würden einen solchen gerecht machenden Glauben lehren, der tot sei und durchaus keine guten Werke hat. Folglich, wir verbieten gute Werke. Denn wir lehren, man müsse Gott allein in drei Personen und einem Wesen anbeten, die Heiligen aber soll man so ehren, nicht dass man sie anbetet, sondern dass man ihrem Wandel folgt, da schreien sie, wir schänden und schmähen die Heiligen Gottes und der gleichen unzähligen Dinge mehr. Aber Gott wird diesen Lästermäulern einmal den Lohn geben, mit dem Anfänger der Lästerung und Verleumdung, dem Teufel, der von Verleumder den Namen trägt. Wir wollen die Lästerer links liegen lassen und hören, was der Apostel Jakobus weiter mit Paulus von den Dingen bespricht, dass die Herzen der gläubigen Juden ihm wieder gewogen sein könnten.
22. Was ist es denn nun? Allerdinge muss die Menge zusammenkommen; denn es wird vor sie kommen, dass du gekommen bist.
Gekommen bist: Es wird innerhalb weniger Tage allen Christen, die in dieser Stadt sind, bekannt sein, dass du hier angekommen bist. Darum muss man ihnen die Möglichkeit bieten, dass sie alle bösen gegen dich gefassten Vorurteile fallen lassen. Ehe aber dies geschieht, möchten wir wünschen, dass du uns an einem Beispiel erklärst, wie du dem Gesetz Moses nicht feind bist.
Haben: Jetzt also in unserer christlichen Gemeinde in Jerusalem.
24. Wir haben vier Männer, die haben ein Gelübde auf sich; dieselben nimm zu dir und lass dich reinigen mit ihnen und wage die Kosten an sie, dass sie ihr Haupt bescheren, und alle vernehmen, dass nicht sei, wes sie wider dich berichtet sind, sondern dass du auch einhergehst und hattest das Gesetz.
Wage die Kosten: Die Meinung des Apostels Jakobus ist diese: Lieber Bruder Paulus, es sind unter uns vier Männer, die unsere Meinung haben, dass sie sich von etlichen Sachen enthalten wollen, so wie es der Nazarener erfordert und es dauert nicht mehr lange, bis ihr Gelübde zu Ende geht und sie nach der Weisung des Gesetzes {4Mos 6} ihre Haare schneiden und die Opfer zu ihrer Reinigung tun werden, damit sie auf diese Weise wieder vom Gelübde freigesprochen werden. Darum gedulde dich doch die wenigen Tage, die zur Erfüllung ihres Gelübdes noch nötig sind, und nehme selbst so eingeführte Gelübde auf dich und lass dir danach gemeinsam mit ihnen deine Haare schneiden und verrichte auch das gewöhnliche Opfer. Denn du weißt, dass diese Zeremonien frei sind, wenn sie ohne den Wahn, dass sie notwendig werden, oder etwas verdienen würden, oder auch zur Rechtfertigung helfen würden, gebraucht werden. Wenn die Juden, die zu Christus bekehrt worden sind, so etwas sehen, so wird ihnen mit der Tat bewiesen sein, dass du kein Verleugner, Feind oder Hasser des Gesetzes Moses bist, und sie werden dich freundlich behandeln, und dein Predigtamt wird bei allen Juden einen umso größeren Nutzen schaffen. Der Aufwand ist gar nicht so groß, den man darauf verwenden muss, wenn du dich mit diesen vier Männern rasieren lässt und ein Opfer bringst. Der Nutzen aber, der daraus erfolgen wird, wird viel größer sein, dass du nämlich mit der ganzen Gemeinde der Gläubigen, die aus den Juden versammelt worden sind, dich versöhnen und vereinigen wirst. Eine richtige Widerlegung der Verleumdung, sofern sie mit der Tat und nicht mit Worten geschieht, ist die beste. Und auch wenn dieser Art gottselig und gut gewesen ist, so ist es doch ganz anders ausgegangen, als man gemeint hatte. Denn daraus ist ein großer Tumult entstanden und Paulus wurde gefangen genommen, wie bald folgen wird. Deswegen haben auch ehrliche und christliche Vorhaben manchmal keinen Fortgang, weil Gott den Glauben und die Geduld der Seinen probieren will.
25. Denn den Gläubigen aus den Heiden haben wir geschrieben und beschlossen, dass sie der keines halten sollen, denn nur sich bewahren vor dem Götzenopfer, vor Blut, vor Ersticktem und vor Hurerei {Apg 20v29}.
Keines halten: Darum darfst du dich wegen ihnen und keiner Gefahr besorgen, dass sie mit diesem, deinem Beispiel, dem Gesetz Moses verbunden oder unterworfen würden. Denn man hat ihnen im Konzil in Jerusalem unlängst ein Dekret zukommen lassen, dass sie nicht verpflichtet sind, das Gesetz Moses zu halten, wenn sie sich nur von der Hurerei, von Götzenopfern, Blut und Ersticktem enthalten würden.
26. Da nahm Paulus die Männer zu sich und ließ sich des andern Tages samt ihnen reinigen und ging in den Tempel und ließ sich sehen, wie er aushielte die Tage der Reinigung, bis dass für einen jeglichen unter ihnen das Opfer geopfert ward.
Zu sich: Als die Zeit ihres Gelübdes vorüber war. Er wollte also dem Rat folgen, der ihm vom Apostel Jakobus gegeben worden war.
Reinigen: Nach den Weisungen des Gesetzes Moses.
Sich sehen: Sodass die Juden an diesem Tag ihn mehrmals im Tempel sahen, wie er am Gottesdienst teilnahm. Und zweifellos ist in dieser Sache allerlei geredet worden. Denn die verstockten Juden werden gesagt haben: Siehe, der Paulus, der bisher gelehrt hat, das Gesetz zu halten, sei nicht nötig, hält jetzt das Gesetz selbst und lässt sich nach dem Brauch der Nazarener reinigen. Das kann ja nur ein unbeständiger und wankelmütiger Mensch sein. Wenn wir noch eine kleine Weile Geduld haben, so wird er auch das Christentum wieder fahren lassen und zurück zur jüdischen Religion kommen. Es sind unter den bekehrten Heiden etliche böse Buben gewesen (wie wir ja wissen, gibt es keinen guten Acker ohne Unkraut), die werden Folgendes von sich gegeben haben: Siehe, Paulus hat gelehrt, man dürfe das Gesetz nicht halten, jetzt hält der die Zeremonien des Gesetzes selbst und stellt den Juden etwas vor, weil er bei ihnen ist. Denn man kann seine Sachen immer so hinstellen, dass sich kein Lästerer findet, der gegen ihn übel nachreden könnte. Es lehrt uns aber dieses Beispiel des Apostels Paulus, dass wir die Mitteldinge so gebrauchen sollen, dass sie zur Ehre Gottes und zur Erbauung der Kirchen dienen. Denn eben dieser Apostel Paulus hat hiervon Folgendes geschrieben: Obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich mich doch selbst jedermann zum Knecht gemacht, damit ich viele von ihnen gewinne. Den Juden bin ich ein Jude geworden, auf dass ich die Juden gewinne und bald danach: Ich bin jedermann allerlei geworden, damit ich überall etliche selig mache {1Kor 9}.
27. Als aber die sieben Tage sollten vollendet werden, sahen ihn die Juden aus Asien im Tempel und erregten das ganze Volk, legten die Hände an ihn und schrien {Apg 24v18}:
Als: Es folgt jetzt, was für eine große Unruhe über dem guten und gottseligen Ratschlag entstanden ist, als Paulus diesem nachkommen wollte.
Sieben Tage: In denen die levitische Reinigung des Paulus und seiner Mitgesellen verrichtet werden sollte.
Juden: Sie waren so halsstarrig und verstockt und waren auch auf das Fest in Jerusalem gekommen.
Erregten: Gegen Paulus, dem Apostel Christi, als ob er ein Ketzer und schlechter Mensch wäre.
An ihn: Dass sie ihn mit Gewalt angriffen, wie einen Übeltäter.
28. Ihr Männer von Israel, helft! Dies ist der Mensch, der alle Menschen an allen Enden lehrt wider dies Volk, wider das Gesetz und wider diese Stätte; auch dazu hat er die Griechen in den Tempel geführt und diese heilige Stätte gemein gemacht.
Männer: So vielen von euch die rechte, alte Religion und das väterliche Gesetz wichtig sind.
Helft: Helft uns und leistet uns Beistand, damit dieser gottlose Mensch uns nicht entkommt, sondern zur gerechten Strafe herangezogen wird und für seine Bosheit seinen gebührenden Lohn empfängt.
Diese Stätte: Nämlich den heiligsten Tempel Gottes. Und wendet die Leute von der rechten israelitischen Religion ab. Dies waren lauter Verleumdungen, wie sie auch dem Heiligen Stephanus vorgeworfen worden waren. Denn wenn die Widersacher die gottseligen Lehre nicht mit guten Gründen abwehrten und widerlegen können, so unterstehen sie sich, diese mit Verleumdungen zu beschweren und zu unterdrücken.
Griechen: Als unbeschnittene, unheilige und gottloser Menschen.
Geführt: Dass man auf keinen Fall dulden kann.
Gemein gemacht: Und auf diese Weise uneinig ist. Darum ist er es wert, dass man ihn ernstlich bestraft. Es irrten sich aber die Juden in dieser Sache was sie Paulus aus einem falschen, gegen ihn gefassten Argwohn vorwarfen.
29. Denn sie hatten mit ihm in der Stadt Trophimus, den Epheser, gesehen; denselben meinten sie, Paulus hätte ihn in den Tempel geführt.
Geführt: Das doch nicht geschehen war. Dieser Trophimus war aus der Schar der Heiden gebürtig und ein heidnischer Mensch gewesen, hatte aber den Glauben an Christus ohne die Beschneidung angenommen. Wenn nun die Juden sich in dieser Sache richtig erkundigt hätten, wie es damit zugegangen ist, so würden sie herausgefunden haben, dass Trophimus nicht in den Tempel kommt. Aber weil der Zorn eine kurze Wut ist, so lässt er den zornigen Menschen nicht so viel Platz, dass sie eine Sache zuvor fleißig und gebührend erkunden, ehe sie davon etwas Gewisses aussagen.
30. Und die ganze Stadt ward bewegt, und ward ein Zulauf des Volkes. Sie griffen aber Paulus und zogen ihn zum Tempel hinaus; und alsbald wurden die Türen zugeschlossen.
Bewegt: Sodass ein Aufruhr entstand, woran Paulus unschuldig war, sondern seine Widersacher hatten ihn erregt.
Griffen: Dass sie auch diesen heiligen Ort nicht verschonten.
Zugeschlossen: Denn die Torhüter des Tempels sorgten sich, dass in einem solchen Tumult der Tempel etwa durch einen Totschlag verunreinigt werden könnte oder auch geplündert und in Brand gesteckt werden, weil so viele fremde Menschen da waren, die sich in großer Zahl auf das Fest dahin begeben hatten.
31. Da sie ihn aber töten wollten, kam das Geschrei hinauf vor den obersten Hauptmann der Schar, wie das ganze Jerusalem sich empörte.
Töten wollten: Denn die falsche Religion ist blutgierig und grausam.
Empörte: Und alles Volk ohne Ordnung und in aufrührerischer Weise durch die Gassen hin- und herlief. Darum musste er zusehen, dass in diesem Tumult sich die Juden nicht versuchten, sich aus dem Gehorsam der Römer zu entziehen.
32. Der nahm von Stunde an die Kriegsknechte und Hauptleute zu sich und lief unter sie. Da sie aber den Hauptmann und die Kriegsknechte sahen, hörten sie auf, Paulus zu schlagen.
Unter sie: Damit er die Unruhe stillte und das Volk abwehrte. Denn der Aufruhr in einer Stadt ist wie eine schreckliche Brunst, darum soll man sie so schnell wie möglich unterdrücken.
Zuschlagen: Denn die Gottlosen fürchten Gott nicht, aber vor der weltlichen Obrigkeit scheuen sie sich. Man kann sich aber gut vorstellen, dass Paulus manchen Streich bei einem solchen Zulauf des Volkes empfangen hatte, bevor der Hauptmann kam, die ihm jedoch Gott mit ewiger Herrlichkeit wiederum reichlich erstatten wird.
33. Als aber der Hauptmann nahe herzukam, nahm er ihn an sich und hieß ihn binden mit zwei Ketten und fragte, wer er wäre, und was er getan hätte.
Binden: Weil er ihn für einen bösen Menschen und Aufwiegler ansah. Dies wäre nicht nötig gewesen, wenn er sich zuvor erkundigt hätte, wie es mit dem Tun des Paulus beschaffen war. Aber die Menschen versündigen sich oftmals an ihrem Nächsten aus Zorn und Hass.
Getan hätte: Dass die Juden gar so sehr gegen ihn erbittert waren und einen solchen Tumult angefangen hatten?
34. Einer aber rief dies, der andere das im Volk. Da er aber nichts Gewisses erfahren konnte um des Getümmels willen, hieß er ihn in das Lager führen.
Lager: Welches er in Jerusalem hatte und was wohl befestigt war, sodass die Besatzung der römischen Kriegsleute drinnen vor einem feindlichen Angriff sicher sein konnten. Dort, an diesem sicheren Ort, wollte der Hauptmann ihn verhören.
35. Und als er an die Stufen kam, mussten ihn die Kriegsknechte tragen vor Gewalt des Volks.
Stufen: Auf denen man zum Lager hinaufgehen musste.
Tragen: Damit er nicht vom Volk zerrissen wurde. Auf diese Weise möchte freilich der römische Papst nicht in seinem Stuhl getragen werden, obwohl er doch als ein Nachkomme des Apostels Petrus und Paulus sich so viel rühmt. Dass aber Paulus von den heidnischen Kriegsleuten erhalten wird, lehrt uns, dass Gott uns gelegentlich auch durch unsere Feinde errettet, damit wir nicht umkommen.
36. Denn es folgte viel Volks nach und schrie: Weg mit ihm!
37. Als aber Paulus jetzt zum Lager eingeführt ward, sprach er zu dem Hauptmann: Darf ich mit dir reden? Er aber sprach: Kannst du Griechisch?
Reden: Hier hat man die Höflichkeit und Bescheidenheit des Apostels Paulus wahrzunehmen, der sich nicht erlaubt, mit dem Hauptmann ohne Erlaubnis zu reden.
Griechisch: Denn wenn du in derselben Sprache Erfahrung hast, wie ich auch, so steht es dir frei, in dieser Sprache mit mir zu reden. Damals gebrauchten die Römer häufig die griechische Sprache, wie auch heutzutage viele 5. Mose Französisch reden können.
38. Bist du nicht der Ägypter, der vor diesen Tagen einen Aufruhr gemacht hast, und führtest in die Wüste hinaus viertausend Meuchelmörder?
Gemacht: Gegen die römische Besatzung. Es irrte sich aber der Hauptmann stark an der Person des Paulus. Was den Ägypter betrifft, von dem der Hauptmann hier spricht, so schreibt Josephus, ein jüdischer Geschichtsschreiber, dass dieser den gemeinen Haufen überredete, wenn sie mit ihm auf den Ölberg steigen würden, so wollte er dafür sorgen, dass die Mauern in Jerusalem umfielen, wie es früher auch mit den Mauern der Stadt Jericho geschehen war, sodass sie ohne Gefahr und Mühe die Stadt einnehmen und das israelitische Volk aus der Tyrannei der Römer befreien könnten. Aber die Anhänger dieses Ägypters sind vom römischen Landpfleger zum Teil erschlagen und zum Teil gefangen genommen worden. Er selbst aber, der Ägypter, ist mit etlichen anderen geflohen. Eines solchen Messias wären die Juden wert, die den rechten Messias gekreuzigt hatten. Denn die Gott nicht hören wollen, die folgen danach dem Teufel. Es meinte demnach der Hauptmann, dieser Ägypter hätte sich wiederum hervorgetraut und wolle eine neue Unruhe erwecken.
39. Paulus aber sprach: Ich bin ein jüdischer Mann von Tarsus, ein Bürger einer namhaften Stadt in Zilizien; ich bitte dich, erlaube mir, zu reden zu dem Volk.
In Zilizien: Und kein Ägypter. Denn man weiß wohl, wie weit Zilizien und Ägypten voneinander entfernt liegen, also sollen wir auch die falschen Behauptungen mit einer rechtschaffenen Begründung von uns abwenden, damit es nicht den Anschein gewinnt, als ob wir uns dazu bekennen würden.
Volk: Dass ich mich ihnen gegenüber verantwortete und entschuldige.
40. Als er aber ihm erlaubte, trat Paulus auf die Stufen und winkte dem Volk mit der Hand. Da nun eine große Stille ward, redete er zu ihnen auf Hebräisch und sprach:
Stufen: An einen hohen Ort, dass ihn jedermann sehen und hören konnte.
Hand: Dass sie still sein und seine Rede hören sollten.
Sprach: Wie im folgenden Kapitel steht. Da es aber der Hauptmann zulässt, dass sich Paulus dem Volk stellen kann, so gibt er uns damit diese Lehre an die Hand, dass man den Beklagten Platz und Raum lassen soll, um ihre Unschuld zu verteidigen. Indem auch Paulus in hebräischer Sprache, die den Juden sehr angenehm klang, seinen Landsleuten zuspricht, will er uns damit daran erinnern, dass wir unsere Verantwortung so anstellen sollen, dass unsere Rede bei denen, für die sie wichtig ist, stattfindet und zugelassen wird.
Das 22. Kapitel
- Paulus Verantwortung an das Volk, was er damit ausgerichtet hat.
- Darauf wird ein neues Verhör mit Geißelung angestrengt, welches er jedoch nicht antreten wird, weil er sich auf die Freiheit der römischen Bürger beruft.
1. Ihr Männer, liebe Brüder und Väter, hört meine Verantwortung an euch!
Väter: Paulus spricht also seine Todfeinde sehr freundlich an und tut ihnen eine große Ehre. Dies ist ein Stück der Höflichkeit, dass man auch dem Feind seinen gewohnten Titel gibt.
Verantwortung: Wie ich mich euch gegenüber entschuldige. Denn ich hoffe, meine Sache so vorzubringen, dass ihr mir danach mehr gewogener sein werdet, als dies bisher geschehen ist. Und Paulus will mit dieser seiner Beantwortung zu verstehen geben, wie er nicht ohne Gefahr zum Christentum gekommen ist, er sei auch aus keiner Leichtfertigkeit dazugekommen, dass er sowohl den Heiden als auch den Juden die christliche Religion gepredigt hat. Sondern ein göttliches Wunderwerk und eine himmlische Offenbarung haben ihn dahin gebracht, dass er unbedingt das Evangelium predigen müsse, wenn er Gott nicht widerstreben wolle. Diese Antwort hätte die Herzen der Juden auf den rechten Weg der Seligkeit richten können, wenn sie ihm in Ruhe zugehört hätten und ihn hätten ausreden lassen, jedoch haben sie ihn mit unsinnigem Geschrei daran gehindert.
2. Da sie aber hörten, dass er auf Hebräisch zu ihnen redete, wurden sie noch stiller. Und er sprach:
Noch stiller: Denn die hebräische Sprache war den Juden damals gebräuchlicher als die griechische.
3. Ich bin ein jüdischer Mann, geboren zu Tarsus in Zilizien und erzogen in dieser Stadt zu den Füßen Gamaliels, gelehrt mit allem Fleiß im väterlichen Gesetz und war ein Eiferer um Gott, gleichwie ihr alle seid heutigen Tages.
Jüdischer Mann: Und kein Heide, sondern in Israel gelebt, euer Bruder, am achten Tag beschnitten und in den Bund aufgenommen, welchen Gott mit unseren Vätern gemacht hat.
Dieser Stadt: Jerusalem. Darum halte ich diese für meine Vaterstadt, weil mich meine Eltern hierher gesandt haben, dass ich von Jugend an die Heilige Schrift lernen sollte.
Gamaliels: Dessen Zuhörer war ich eine lange Zeit gewesen, wenn er die Heilige Schrift vorlas und erklärte.
Gesetz: Dass unsere Vorfahren durch Moses Hand und Amt von Gott empfangen haben. Man soll aber die Schulen erhalten, besonders die, in denen die Heilige Schrift vorgelesen und erklärt wird, damit die Jugend, die einen guten Verstand hat, zum Predigtamt erzogen und unterwiesen wird.
Eifer: Ich wollte Gott, dem Herrn, mit einem besonderen Eifer dienen und wandte besonders großen Fleiß an, um unsere väterliche Religion zu schützen und zu erhalten, die ich für wahrhaftig hielt, sowie auch ihr euch heutzutage mit gleichem Eifer darum bemüht. Man soll aber nicht an denen verzagen, die in ihrer Religion einen Eifer haben, auch wenn sie irren. Die sich aber der Religion nicht besonders annehmen, die sind normalerweise rohe, sichere und verstockte Menschen.
4. Und habe diesen Weg verfolgt bis an den Tod. Ich band sie und überantwortete sie ins Gefängnis, beide, Mann und Weib {Apg 8v3 9v2},
Tod: Sodass ich der christlichen Religion nicht einfach nur feind war, sondern einen solchen Abscheu davor hatte, dass ich denen nach Leib und Leben trachtete, die diese Lehre betrieben. Darum bin ich aus keiner Leichtfertigkeit, noch viel weniger aus Vorwitz, zur christlichen Religion gekommen, wie man es bei solchen Schwindelhirnen findet, die allerlei Religionen ausprobieren.
Und Weib: Sie sich zur christlichen Religion bekannt hatten. Weil ich dieser so gar nicht gewogen oder zugetan war, habe ich viel Mühe auf mich genommen, die Christen zu verfolgen. Weil aber Paulus, ein grausamer Verfolger, als er Buße getan hat, Verzeihung erlangte, so sollen die bußfertigen Sünder nicht verzagen.
5. wie mir auch der Hohepriester und der ganze Haufen der Ältesten Zeugnis gibt, von welchen ich Briefe nahm an die Brüder, und reiste gen Damaskus, dass ich, die dort waren, gebunden führte gen Jerusalem, dass sie gepeinigt würden.
6. Es geschah aber, da ich hinzog und nahe an Damaskus kam, um den Mittag, umblickte mich schnell ein großes Licht vom Himmel {Apg 9v3 26v13}.
7. Und ich fiel zum Erdboden und hörte eine Stimme, die sprach zu mir: Saul, Saul, was verfolgst du mich?
8. Ich antwortete aber: Herr, wer bist du? Und er sprach zu mir: Ich bin Jesus von Nazareth, den du verfolgst.
Bin Jesus: Hier hat man zu beachten, dass die Christus selbst verfolgen, die die rechten Christen um der Religion willen verfolgen. Darum wird es ihnen nicht ungestraft dahingehen, wenn sie sich nicht bekehren. Denn Christus wird seine Kirche nicht außer Acht lassen, die Verfolgung leidet. Man sollte aber hier die Zwinglianer fragen, ob Jesus, da er sich dem Paulus geoffenbart hat, im Himmel oder auf Erden gewesen ist.
9. Die aber mit mir waren, sahen das Licht und erschraken; die Stimme aber des, der mit mir redete, hörten sie nicht.
Sie nicht: Im 9. Kapitel wird diese Geschichte so erzählt: Die Männer aber, die seine Gefährten waren, standen da und waren erstarrt, denn sie hörten seine Stimme und sahen niemanden. Dies scheint gegensätzlich zu sein, was doch nicht ist. Denn die Gefährten des Paulus haben zwar das Licht gesehen, aber keine Person. Und sie haben einen Laut gehört, aber die Worte Jesu nicht verstanden. Eine ähnliche Stelle steht auch in Johannes, als Christus spricht: Vater, verkläre deinen Namen. Darauf ist eine Stimme vom Himmel gekommen, die gesagt hat: Ich habe ihn verklärt und will ihn abermals verklären. Das Volk aber, das dabeistand und zuhörte, sagte: Und es donnert. Die anderen sprachen: Es redet ein Engel mit ihm {Joh 12}. Gleichwie nun das Volk an diesem Ort eine Stimme gehört und doch die einzelnen Worte nicht vernehmen konnten, so haben auch die Gefährten des Paulus etwas gehört, aber die Worte nicht verstanden.
10. Ich sprach aber: Herr, was soll ich tun? Der Herr aber sprach zu mir: Stehe auf und gehe gen Damaskus; da wird man dir sagen von allem, was dir zu tun verordnet ist.
Tun: Was gebietest du, was ich verrichten soll? Die das Evangelium mit Nutzen hören sollen, die müssen zuvor gedemütigt werden. Solches geschieht heutzutage durch das Amt des Gesetzes.
In Damaskus: Es wird aber Paulus nach Damaskus gesandt, um sich dort taufen zu lassen, weil Gott das Predigtamt der Menschen dazu gebraucht, die Seligkeit derjenigen zu befördern, die er zum ewigen Leben erwählt hat. Denn obwohl Paulus sein Evangelium ohne Mittel von Christus gelernt und empfangen hat, so hat er dennoch von Ananias getauft werden müssen.
11. Als ich aber vor Klarheit dieses Lichtes nicht sehen konnte, ward ich bei der Hand geleitet von denen, die mit mir waren, und kam gen Damaskus.
Nicht sehen: Weil die Klarheit dieses Lichts meine Augen geblendet hatte.
Nach Damaskus: Sollte ich aber, liebe Brüder, der göttlichen Stimme nicht gehorcht haben? Oder aber hätte ich den Namen und das Evangelium des Jesus von Nazareth zu lästern und zu verfolgen immer weiter fortfahren sollen, der mich mit göttlicher Majestät, als einen Verfolger seines Namens zu Boden gestürzt hatte? Ja, wie hätte ich solch einer Majestät und Gewalt widerstehen können? Hätte ich nicht gegen Gott selbst streben und streiten müssen, wenn ich den geoffenbarten Christus nicht erkannt, noch mit Glauben hätte annehmen wollen?
12. Es war aber ein gottesfürchtiger Mann nach dem Gesetz, Ananias, der ein gut Gerücht hatte bei allen Juden, die dort wohnten.
Nach dem Gesetz: Ein jüdischer Mann, der von den Gesetzen Gottes gut unterrichtet und zu Christus bekehrt war.
Gutes Gerücht: Wegen seines gottseligen Lebens und unsträflichen Wandels. Darum kann er ein ausreichender Zeuge all dieser Sachen sein und er sollte nicht verworfen werden.
13. Der kam zu mir und trat vor mich hin und sprach zu mir: Saul, lieber Bruder, siehe auf! Und ich sah ihn an zu derselben Stunde.
Siehe auf: Und erlangte dein Augenlicht wieder, denn ich bin vom Herrn Jesus darum zu dir gesandt worden, dass ich dich wieder sehend machen soll.
14. Er aber sprach: Der Gott unserer Väter hat dich verordnet, dass du seinen Willen erkennen solltest und sehen den Gerechten und hören, die Stimme aus seinem Munde.
Unsere Väter: Den unsere Vorfahren, die heiligen Erzväter erkannt, angebetet und geehrt haben.
Willen: Nämlich die rechte und selig machende Religion.
Gerechten: Nämlich, Jesus Christus, der allein gerecht und vollkommen ist unter allen anderen Menschen.
Seinem Munde: Christus ist freilich damals auch nach seiner Himmelfahrt bei Paulus auf Erden gewesen.
15. Denn du wirst sein Zeuge zu allen Menschen sein des, das du gesehen und gehört hast.
Gehört hast: Denn ich weiß, dass mir das Evangelium Christi von Gott geoffenbart ist, dass du vor allen Menschen bekennen und predigen wirst. Deshalb sollen wir die Schriften des Apostel Paulus als das Zeugnis eines getreuen und unfehlbare Zeugen mit starkem Glauben annehmen.
16. Und nun, was verziehst du? Stehe auf und lass dich taufen und abwaschen deine Sünden und rufe an den Namen des Herrn.
Verziehst du: Zu tun, was all denen zu tun gebührt, die selig werden wollen. Es tun deswegen diejenigen Unrecht, die ihre Kindstaufe lange aufschieben.
Abwaschen: Hier hört man, dass durch die Taufe die Sünde abgewaschen wird. Dieser Spruch stimmt mit dem Zeugnis des Apostel Paulus überein, als er sagt, dass Christus seine Kirche durch das Wasserbad im Wort gereinigt habe {Eph 5}.
Rufe an: Denn man muss Jesus Christus auch anrufen, weil er Gott und Mensch in einer Person ist, der unser Gebet erhört und helfen kann. Denn er ist allmächtig und will es tun, zumal er unser Bruder ist {Hebr 2}. Wie hätte ich denn (will Paulus sagen) so eine herrliche göttliche Offenbarung verachten und die Taufe und die christliche Religion in den Wind schlagen sollen?
17. Es geschah aber, da ich wieder gen Jerusalem kam und betete im Tempel, dass ich entzückt ward und sah ihn.
Im Tempel: Denn ich habe auch, nachdem ich den christlichen Glauben angenommen habe, den heiligen Tempel Gottes nie gescheut, sondern oft darin gebetet.
18. Da sprach er zu mir: Eile und mache dich eilend von Jerusalem hinaus: denn sie werden nicht aufnehmen dein Zeugnis von mir.
Nicht aufnehmen: Sie werden mein Evangelium von dir nicht hören wollen, darum ziehe nur schnell aus der Stadt Jerusalem und predige an anderen Orten, wo du mehr Frucht mit einem Predigtamt schaffen kannst. Denn wo die Person eines Kirchendieners an einem Ort zu sehr angefeindet wird, so ist es besser, dass er an einen anderen Ort zieht und ein anderer an seiner Stelle eingesetzt wird, als dass er ohne Frucht und ohne Nutzen lang an einem Ort bleibt und die Herzen der Zuhörer nur noch heftiger gegen ihn verbittert werden. Dadurch erleidet die Kirche mehr Schaden als Nutzen.
19. Und ich sprach: Herr, sie wissen selbst, dass ich die gefangen lies und stäupte die, so an dich glaubten, in den Schulen hin und wieder.
Wissen selbst: Darum erhoffe ich, dass meine plötzliche Veränderung umso mehr bei ihnen gelten und ausrichten wird, damit sie die Lehre des Evangeliums anzunehmen sich umso leichter überzeugen und bewegen lassen.
20. Und da das Blut des Stephanus, deines Zeugen, vergossen ward, stand ich auch daneben und hatte Wohlgefallen an seinem Tode und verwahrte denen die Kleider, die ihn töteten {Apg 7v58}.
Zeugen: Der die Lehre des Evangeliums mit seinem Blut besiegelt und bestätigt hat. Hier hat man darauf zu achten, dass die, die um der christlichen Religion willen ihr Blut vergießen, Zeugen der himmlischen Wahrheit sind. Daher werden sie auch Märtyrer genannt, was in der griechischen Sprache Zeugen heißt. Darum hat die evangelische Lehre so viele wahrhafte Zeugen, so viele Leute von Stephans Tod, als ersten Märtyrer, bis zu unserer Zeit um der rechten Religion willen ermordet worden sind.
Wohlgefallen: Es freute mich von Herzen, als ich sah, wie man ihn mit Steinen zudeckte. Darum, wenn die Juden jetzt sehen werden, wie ich zur christlichen Glauben bekehrt worden bin, so werden sie denken, dass es keine schlechten Gründe sein können, die mich dahin bewegt haben, dass ich den christlichen Glauben angenommen habe und dich für den Messias erkenne und bekenne, auch dein Evangelium öffentlich predige. Deswegen werden sie auch umso eher dazu verursacht werden, dass sie sich zu dir bekehren. So erscheint es uns oft, als würden wir es besser wissen, was der Sache dienlich ist, als Gott selbst, wir stehen jedoch weit daneben.
21. Und er sprach zu mir: Gehe hin; denn ich will dich ferne unter die Heiden senden.
Gehe hin: Mach dich von dort und aus der Stadt Jerusalem weg.
Heiden senden: Denen du ab sofort mein Evangelium verkündigen sollst, damit sie selig werden. Darum (will Paulus sagen) bin ich, ihr lieben Brüder nicht aus Vorwitz oder Menschengedanken, sondern aus einem göttlichen Ruf dazu angereizt und getrieben worden, dass ich den Heiden das Evangelium Christi verkündigt habe. Denn wenn das Evangelium Christi an einem Ort verstoßen wird, so wird es einem anderen Volk gegeben, bei dem es bessere und mehr Früchte trägt.
22. Sie hörten ihm aber zu bis auf dies Wort und hoben ihre Stimme auf und sprachen: Hinweg mit solchem von der Erde; denn es ist nicht billig, dass er leben soll!
Dieses Wort: Welches er von der Berufung der Heiden gesagt hat.
Leben soll: Der so gottlos, dabei unserer Religion so zuwider ist, dass er auch die unbeschnittenen Heiden uns gleich achtet, die wir das heilige Volk Gottes sind, und den Heiden die Erbschaft des ewigen Lebens im Himmel versprechen darf. Und von diesem Neid und der Missgunst der Heiden hat Gott der Herr durch Moses geweissagt, als er sagt: Sie haben mich gereizt an dem, was nicht Gott ist, mit ihre Abgötterei haben sie mich erzürnt und ich will sie wieder reizen an dem, dass nicht ein Volk ist, an einem närrischen Volk will ich sie erzürnen {5Mos 32}. Denn die Heuchler wollen selbst nicht in den Himmel und hindern auch andere daran, die hineinwollen.
23. Da sie aber schrien und ihre Kleider abwarfen und den Staub in die Luft warfen,
Abwarfen: Und sich daran machten, Paulus zu steinigen.
Luft warfen: Daran sieht man, wie die falsche Religion die Menschen so rasend und unsinnig macht.
24. hieß ihn der Hauptmann in das Lager führen und sagte, dass man ihn stäupen und erfragen sollte, dass er erführe um welcher Ursache willen sie also über ihn riefen.
Stäupen: Oder geißeln. Der Hauptmann war also in diesem Fall nicht viel verständiger als die Juden.
Riefen: Dass sie über ihn dazu erbittert waren und ihn auf der Stelle tot haben wollten. Gerade so, als ob er auf keinem anderen Weg und auf keine ordentliche Weise den Grund eines solch großen Hasses und Neides entweder von Paulus oder von den Juden erfahren könnte? Darum hatte der Hauptmann an dieser Stelle zu schnell verfahren und tyrannisch gehandelt. Die Obrigkeit soll sich aber hüten, dass sie nicht den strengen Weg geht, wo man auch sanfter in der Sache umgehen kann.
25. Als er ihn aber mit Riemen anband, sprach Paulus zu dem Unterhauptmann, der dabeistand: Ist es auch recht bei euch, einen römischen Menschen ohne Urteil und Recht zu geißeln?
Anband: Beginnen wollte, ihn mit Geiseln zu schlagen.
Ohne Urteil: Nach den römischen Gesetzen ist es doch mehrfach verboten, dass keiner einen römischen Bürger, der nicht ordentlich verurteilt worden ist, mit Geiseln schlägt oder umbringt. Aus welchem Recht heraus untersteht sich dann der Hauptmann, mich, als einen römischen Bürger geißeln zu lassen? Denn es steht einen Christenmenschen frei und es ist ihm zugelassen, dass er sich auf die Gesetze und Freiheiten berufen kann und auf diese Weise eine unrechte Gewalt von sich abwehrt.
26. Da das der Unterhauptmann hörte, ging er zu dem Oberhauptmann und verkündigte ihm und sprach: Was willst du machen? Dieser Mensch ist römisch.
Machen: Hab acht, dass du nicht irgendwie übel anläufst.
Mensch: Den du befohlen hast, mit Ruten zu züchtigen, damit man die Wahrheit von ihm hörte.
Ist römisch: So weißt du wohl, was die römischen Bürger für Freiheiten haben.
27. Da kam zu ihm der Oberhauptmann und sprach zu ihm: Sage mir, bist du römisch? Er aber sprach: Ja.
28. Und der Oberhauptmann antwortete: Ich habe dies Bürgerrecht mit großer Summe zuwege gebracht. Paulus aber sprach: Ich aber bin auch römisch geboren.
Großer Summe: Geldes. Du siehst aber nicht so aus, als ob du solche Freiheit von den Römern hättest erlangen können. Denn so eine Guttat widerfährt nicht jedem.
Geboren: Ich habe solche Bürgerrechte erblich von meinen Eltern empfangen, was mehr bedeutet, als wenn ich sie erkauft hätte. Normalerweise hält man auch auf die mehr, die von Geburt an edel sind, als die, die den Adel mit Geld erkauft haben.
29. Da traten alsbald von ihm ab, die ihn befragen sollten. Und der Oberhauptmann fürchtete sich, da er vernahm, dass er römisch war, und er ihn gebunden hatte.
Von ihm ab: Denn sie wussten wohl, dass es ihnen nicht ungestraft hingehen würde, wenn man erfahren sollte, dass sie gegen die Freiheit der römischen Bürger gehandelt hätten. Denn eine Obrigkeit soll ihre Untertanen gegen alle unrechte Gewalt schützen.
Fürchtete sich: Wenn die Obrigkeit jemandem unrecht Gewalt antut, so bekommt sie ein schlechtes Gewissen. Denn Gott ist ein Rächer der Tyrannei, auch wenn sie die hohe Obrigkeit innehält.
30. Des andern Tages wollte er gewiss erkunden, warum er verklagt würde von den Juden, und löste ihn von den Banden und hieß die Hohepriester und ihren ganzen Rat kommen und führte Paulus hervor und stellte ihn unter sie.
Kommen: Dass er ihre Klage anhörte und die Antwort Paulus darauf vernahm. Dies war der ordentliche Rechtsweg, den der Oberhauptmann gleich in die Hand nehmen hätte sollen in Erkenntnis der Sache. Es kommen aber die besten Gedanken oftmals erst hernach.
Das 23. Kapitel
In diesem Kapitel wird eine Geschichte erzählt, die sich über einen Zeitraum von drei Tagen zugetragen hat:
- Am ersten Tag verantwortet sich Paulus vor dem Hohepriester und empfängt dabei eine Ohrfeige. Als er aber den Beisitzern Anlass zur Uneinigkeit gibt, entgeht er und wird wieder ins Lager geführt.
- Am anderen Tag verschwören sich etliche gegen Paulus aber ihr Anschlag wird aufgedeckt und misslingt. In derselben Nacht steht der Herr bei Paulus, ermahnt und tröstet ihn.
- Am dritten Tag wird Paulus nach Cesarea zu Felix geschickt.
1. Paulus aber sah den Rat an und sprach: Ihr Männer, liebe Brüder, ich habe mit allem guten Gewissen gewandelt vor Gott bis auf diesen Tag.
Paulus: Jetzt lasst uns hören, wie Paulus seine Sache vor dem Konzil in Jerusalem verantwortet hat.
Rat an: Er gab also mit seinem unerschrockenen Vortrag zu verstehen, dass er nichts getan hat, was den Tod oder eine andere Strafe verdient hätte. Denn die von ihrem eigenen Gewissen beschuldigt werden, die pflegen die Augen niederzuschlagen, wie die neu gefangenen Diebe.
Vor Gott: Was mein Predigtamt betrifft, will Paulus sagen, weswegen ich von euch Juden so sehr gehasst werde, kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass ich nichts getan habe, was Gott, meinem Herrn, dem ich diene, zuwider wäre, und ich habe in dieser Sache ein gutes und ruhiges Gewissen. So weiß ich, dass ich in meinem Leben und Wandel keine Misshandlungen begangen habe und kein Mensch mich mit Wahrheit einer bösen Sache bezichtigen oder irgendwelche Übeltaten nachweisen könnte. Darum wundert es mich, warum die Israeliten, meine Brüder, so sehr über mich erbittert sind, dass sie mich auf schnellstem Weg tot sehen wollen. Wenn wir nun unser ganzes Leben und besonders unsere Gedanken recht erkunden und betrachten, so müssen wir erkennen, dass wir vor Gott Sünder sind und täglich die Vergebung der Sünden brauchen. Dennoch kann ein gottseliger Mensch, was seinen Beruf anbelangt, sich zu Recht und mit Wahrheit rühmen, dass er aufrichtig und gottselig gehandelt hat und er ein gutes Gewissen hat gegenüber den Lastern und Übeltaten, die ihm grundlos angedichtet und zugemessen werden.
2. Der Hohepriester aber, Ananias, befahl denen, die um ihn standen, dass sie ihn aufs Maul schlagen sollten.
Maul schlagen: Denn es verdross diesem Heuchler sehr, dass Paulus so unerschrocken vor dem ganzen Rat seine Unschuld beteuerte und dabei zugleich eine verdeckte Anklage vorbrachte, dass der Rat in Jerusalem Paulus ohne Grund zwingen würde, sich zu verantworten, weil keine Schuld an ihm wäre. Denn die Heuchler können nichts weniger leiden, als wenn man ihnen ihr Unrecht beweist und zu erkennen gibt. Und auch wenn sie sich eine Zeit lang so stellen, als wären sie sehr sanftmütig, so können sie doch ihr grausames Gemüt nicht ständig verbergen.
3. Da sprach Paulus zu ihm: Gott wird dich schlagen, du getünchte Wand! Sitzt du und richtest mich nach dem Gesetze und heißt mich schlagen wider das Gesetz?
Dich schlagen: Gott wird diesen, deinen Frevel, nicht ungerichtet lassen, du stolzer Heuchler, der du wie eine getünchte Wand aussiehst, die von außen sehr hübsch erscheint, aber von innen nichts als hässlicher Dreck ist. So glänzt du von außen, als wenn du fromm und sanftmütig wärst, aber es steckt ein blutgieriges Herz darunter verborgen. Gott aber rächt das Unrecht, das die Seinen erleiden.
Gegen das Gesetz: Noch bevor du die Sache beurteilst und kaum mehr als drei Worte von mir gehört hast. Moses hat aber der israelitischen Obrigkeit Folgendes geboten {5Mos 1}: Verhört eure Brüder und richtet recht zwischen jedermann und seinem Bruder und dem Fremden. Ihr sollt im Gericht keine Person ansehen, sondern sollt den Kleinen hören wie den Großen, und euch vor keiner Person scheuen. Denn das Gerichtsamt gehört Gott. Als Paulus Ananias, als einem Mitglied des Rates in Jerusalem an sein Amt erinnerte, hat er daran nicht gesündigt. Denn auch Christus sagte zu dem, von dem er eine Ohrfeige erhalten hatte: Habe ich schlecht geredet, so beweise es, dass es unrecht ist. Habe ich aber recht geredet, warum schlägst du mich? Und ein Christ mag sich über die ihm zugefügte Unbilligkeit wohl beklagen, dass er aber den Hohepriester eine getünchte Wand nennt, hätte er vielleicht unterlassen, wenn er gewusst hätte, dass Ananias zu dieser Zeit das Amt eines Hohepriesters verwaltete. Denn es hätte meiner Meinung nach wohl sein können, dass Paulus den Hohepriester Ananias nicht erkannt hatte, weil er sehr lange nicht in Jerusalem gewesen war und die Hohepriester oft wechselten. Es saßen also viele zeitgleich im Rat, die alle Hohepriester hießen, weil sie entweder kurz zuvor in diesem Amt gewesen waren oder bald dazukommen würden, und man kann aus diesem Sitz auch nicht immer beurteilen, wer unter den anderen der Oberste ist. Doch will ich mich in dieser Sache mit niemanden in einen Streit einlassen.
4. Die aber umher standen, sprachen: Schiltst du den Hohepriester Gottes?
Schiltst du: Darfst du den Hohepriester mit Schmähungen angreifen, ihn eine getünchte Wand nennen? Diese Fuchsschwänze schelten an Paulus, die Freiheit zu reden, aber davon, dass der Hohepriester unrecht gehandelt hat, sagen sie nichts.
5. Und Paulus sprach: Liebe Brüder, ich wusste es nicht, dass er der Hohepriester ist. Denn es steht geschrieben: Dem Obersten deines Volks sollst du nicht fluchen.
Hohepriester ist: Dass er in dieser Zeit das Amt des Hohepriesters verwaltet. Denn ihr wisst selbst, wie oft die Personen in diesem Amt ausgewechselt werden. Darum, wenn ich ihn von Angesicht erkannt hätte, so hätte ich ihn wegen seines Amtes und seiner Würde, die er jetzt innehat, geschont.
Geschrieben: Im Gesetz Moses {2Mos 22}. Denn obwohl die Personen, die im Stande der Obrigkeit sind, manchmal große Fehler und Mängel an sich haben, und ihrer Person halber lasterhaft sind, so soll man sie dennoch nicht mit Schmähungen angreifen, noch ihnen Böses wünschen, weil sie Götter genannt werden, wegen des göttlichen Amtes, welches sie tragen, was man ansehen muss.
6. Als aber Paulus wusste, dass ein Teil Sadduzäer war und der andere Teil Pharisäer, rief er im Rat: Ihr Männer, liebe Brüder ich bin ein Pharisäer und eines Pharisäers Sohn; ich werde angeklagt um der Hoffnung und Auferstehung willen der Toten {Phil 3v5}.
Sadduzäer.: Die nicht an die Auferstehung der Toten glaubten.
Pharisäer: Die die Auferstehung der Toten bestätigten. Als Paulus nun gemerkt und gesehen hatte, was für Menschen um ihn waren, die sich keiner Gerechtigkeit annahmen, sondern zugleich Kläger und Richter sein wollten, hat er es für das Beste und Ratsamste angesehen, dass er diese beiden gegensätzlichen Sekten aufeinanderhetzte, damit, wenn ein Streit unter ihnen entstünde, das Gericht sich schnell trennen und zerstört werden würde und sie unverrichteter Dinge wieder abziehen müssten. Dies ist ihm ja auch gelungen.
Sohn: Mein Vater ist ein Pharisäer gewesen, der mich in derselben Sekte aufziehen ließ und ich bestätige die Auferstehung der Toten, ich wäre auch, dass alle gottseligen Menschen diese Hoffnung fest behalten sollen, dass Gott uns einmal von den Toten zu seligen Unsterblichkeit wiederum auferwecken wird. Dass ich nun sage, die Toten werden von Gott wiederum auferweckt werden, ist dies nicht eine der kleinsten Ursachen, weswegen ich jetzt vor euch um Leib und Leben angeklagt werde. Und in all diesen Worten sagte Paulus nichts gegen die Wahrheit. Denn er war ein Pharisäer gewesen und lehrte die Auferstehung der Toten, und er wurde auch deshalb von den Juden verfolgt, weil er sagte, Christus wäre vom Tod auferstanden. So tat er auch nicht unrecht daran, dass er unter den Feinden des Evangeliums eine Zwietracht erregte. Es ist aber schon verwunderlich, dass es mit dem jüdischen Regiment dahin gekommen ist, dass ein großer Teil der Beisitzer im Rat in Jerusalem sich öffentlich zu der Sekte der Sadduzäer bekannten, die von einem sicheren und rohen Leben einen deutlichen Unterschied hatten. Und es wäre wohl zu wünschen, dass nicht auch in den Konzilen der römischen Päpste viele Sadduzäer sitzen würden.
7. Da er aber das sagte, ward ein Aufruhr unter den Pharisäern und Sadduzäern, und die Menge zerspaltete sich.
Zerspaltete sich: Dass sie in ihrer Meinung gegen Paulus nicht mehr einig waren, weil ihm etliche zustimmten, andere ihm aber widersprachen.
8. Denn die Sadduzäer. sagen, es sei keine Auferstehung noch Engel noch Geist; die Pharisäer aber bekennen beides {Mt 22v23}.
Denn: Jetzt fügt der Evangelist den Grund für diese Spaltung dazu.
Noch Geist: Egal, ob er gut oder böse heißt, sie glaubten, dass weder Engel noch Teufel in der Welt wären. Sind dies nicht feine geistliche Leute und Diener Gottes, die sich der rechten Religion rühmen?
Beides: Nämlich die Auferstehung der Toten und dass es sowohl gute als auch böse Geister gibt.
9. Es ward aber ein großes Geschrei. Und die Schriftgelehrten, der Pharisäer Teil, standen auf, stritten und sprachen: Wir finden nichts Arges an diesem Menschen; hat aber ein Geist oder ein Engel mit ihm geredet, so können wir mit Gott nicht streiten.
Geschrei: Weil etliche Paulus verdammten, andere wiederum sich auf seine Seite stellten und jeder seine Argumente verteidigen wollte.
Stritten: Dass sie sich den Sadduzäern tapfer widersetzten.
Oder ein Engel: Das ist mit dem Vorigen identisch, es wird nur anders ausgedrückt.
Geredet: Und ihm etwas geoffenbart, was noch nicht jedermann versteht.
Streiten: Darum wollen wir ihn nicht verdammen und mit unserem Herrn Gott einen Krieg anfangen. Weil nun also die Pharisäer und Sadduzäer im Gericht miteinander uneins waren, hat man gegen Paulus kein Urteil fällen können. Obwohl nun die Pharisäer nicht aus einem rechten Eifer, sondern aus einer besonderen Zuneigung zu ihrer Partei, Paulus dieses Mal am Leben erhalten haben, so lehrt doch dieser Ausgang, dass Gott die Vorhaben und Anschläge der Feinde des Evangeliums auf wunderbare Weise verhindert und zunichtemacht, wie es der 33. Psalm sagt: Der Herr macht den Rat der Heiden zunichte und wendet die Gedanken der Völker.
10. Da aber der Aufruhr groß ward, besorgte sich der oberste Hauptmann, sie möchten Paulus zerreißen, und hieß das Kriegsvolk hinabgehen und ihn von ihnen reißen und in das Lager führen.
Groß ward: Dass die Ratsherren gegeneinander sehr erhitzt und erbittert wurden und sich aus den Worten Handgreiflichkeiten entwickeln könnten.
Zerreißen: Denn die unsinnige Art des jüdischen Volkes war ihm nicht unbekannt.
Lager führen: Sicher und ohne Schaden. Dies ist an einem heidnischen Menschen eine große Tugend gewesen, dass er auf Paulus, dessen Religion er doch nicht achtete, so eine gute Sorge hatte, dass dieser nicht ohne Urteil und ohne Recht ums Leben gebracht würde. Wie viel mehr steht es einer christlichen Obrigkeit zu, dass sie unschuldige Leute schützt und auf sie aufpasst?
11. Des andern Tages aber in der Nacht stand der Herr bei ihm und sprach: Sei getrost, Paulus; denn wie du von mir zu Jerusalem gezeugt hast, also musst du auch zu Rom zeugen.
Gezeugt hast: Dass du mich, deinen Heiland Jesus Christus, in Jerusalem, in der Hauptstadt des jüdischen Landes, unerschrocken bekannt hast.
Rom zeugen: Denn ich will dich erhalten, damit du in der gewaltigsten und in der berühmtesten Stadt der Welt, in Rom, meinen Namen bekennst und ihn diesem Volk durch dein Predigtamt verkündest, damit ich auch von ihnen gepriesen werde. Aus diesem Trost ist zu entnehmen, dass Paulus kleinmütig geworden war. Denn wenn ein Mensch sich selbst überlassen bleibt, so ist er nur Fleisch und Blut. Und Gott lässt zuweilen die vortrefflichen Menschen die Schwachheit ihres Fleisches empfinden, damit sie über ihre herrlichen Gaben nicht stolz werden und sich an ihren gewaltigen Taten und Verrichtungen nicht überheben. Andererseits aber steht er ihnen zur rechten Zeit mit Rat und Trost zur Seite, dass er sie aufrichtet und erquickt. Weil nun auch dies hier nicht zu leugnen und sicher ist, dass der Herr Jesus bei Paulus im Lager gestanden ist und dass dies nach seiner Himmelfahrt geschehen ist, so können die Zwinglianer sehen, ob es wahr ist, dass Christus vor dem Jüngsten Tag mit seiner Menschheit nicht auf Erden sein könnte.
12. Da es aber Tag ward, schlugen sich etliche Juden zusammen und verbannten sich, weder zu essen noch zu trinken, bis dass sie Paulus getötet hätten.
Da: Dem Apostel Paulus wird erneut mit List nachgestellt. Gott verhindert dies jedoch wunderbar.
Verbannten: Ist dies nicht aber ein teuflischer Unsinn gewesen, sich selbst zu verfluchen und in den Abgrund der Hölle zu verdammen, wenn man erst dann wieder Speise zu sich nimmt, sobald man einen unschuldigen Menschen ums Leben gebracht und einen Totschlag begangen hat? Gerade so, als ob das Leben des Apostel Paulus in ihrer Gewalt wäre und nicht in Gottes Hand stünde? Hier spürt man den blutdürstigen teuflischen Geist und die unsinnige Art der Heuchler, die die gottseligen Lehrer verfolgen.
13. Ihrer aber waren mehr denn vierzig, die solchen Bund machten.
14. Die traten zu den Hohepriestern und Ältesten und sprachen: Wir haben uns hart verbannt, nichts zu essen, bis wir Paulus getötet haben.
15. So tut nun kund dem Oberhauptmann und dem Rat, dass er ihn morgen zu euch führe, als wolltet ihr ihn besser verhören; wir aber sind bereit, ihn zu töten, ehe denn er vor euch kommt.
Besser verhören: Er setzt auf den Morgen einen Gerichtstag an und lässt es die Ratsherren wissen, dass sie erscheinen sollen, er begehrt auch von dem Oberhauptmann, dass er euch Paulus wieder vorstellt, damit ihr euch in seiner Sache besser erkundigen könnt.
Zu töten: In der Form werdet ihr wegen seines Todes keine Ungunst auf euch laden und dieser Mensch wird auch ohne euch aus dem Weg geräumt werden. Dies war zwar ein sehr listiger, aber auch ein sehr grausamer Rat.
16. Da aber des Paulus Schwester Sohn den Anschlag hörte, ging er hin und kam in das Lager und verkündigte es Paulus.
Hört: Dass man seinem Vetter mit List nach dem Leben trachtete.
Verkündigte es Paulus: Wie man sich gegen ihn verschworen hatte. Denn Gott pflegt auch die geheimsten blutigen Anschläge der Feinde aufzudecken, damit sie zunichtewerden. Es steht aber einem frommen Menschen zu, dass er solche grausamen Anschläge den unschuldigen Menschen offenbart, damit sie der Gefahr entgehen können.
17. Paulus aber rief zu sich einen von den Unterhauptleuten und sprach: Diesen Jüngling führe hin zu dem Oberhauptmann; denn er hat ihm etwas zu sagen.
Führe: Denn obwohl Paulus die Verheißung von Christus empfangen hatte, dass er auch in Rom von ihnen zeugen würde, so hat er es dennoch für ratsam gehalten, den Oberhauptmann an diesen gegen ihn gemachten Anschlag zu erinnern, damit die Gefahr abgewandt würde und verhütet werden konnte. Und wir sollen an diesem Beispiel lernen, dass, wenn wir die Verheißung vom göttlichen Schutz haben, dennoch der Gefahr vorsichtig und weise aus dem Weg gehen sollen.
18. Der nahm ihn an und führte ihn zum Oberhauptmann und sprach: Der gebundene Paulus rief mich zu sich und bat mich, diesen Jüngling zu dir zu führen, der dir etwas zu sagen hat.
Ihn an: Den Jüngling, den Verwandten des Paulus und dieser half also dem Paulus und diente ihm, obwohl er ein Gefangener war.
19. Da nahm ihn der Oberhauptmann bei der Hand und wich an einen besonderen Ort und fragte ihn: Was ist es, dass du mir zu sagen hast?
Hand: Hier spürt man eine sonderbare Tugend der Freundlichkeit und Sanftmut an einem Kriegsmann.
Besonderen Ort: Was ein Stück der Vorsicht war.
20. Er aber sprach: Die Juden sind eins worden, dich zu bitten, dass du morgen Paulus vor den Rat bringen lässt, als wollten sie ihn besser verhören.
21. Du aber traue ihnen nicht; denn es halten auf ihn mehr denn vierzig Männer unter ihnen, die haben sich verbannt, weder zu essen noch zu trinken, bis sie Paulus töten; und sind jetzt bereit und warten auf deine Verheißung.
Bereit: Sie haben sich dazu gerüstet und darauf vorbereitet, dass sie bei erster Gelegenheit den Totschlag begehen wollten.
Verheißung: Dass du ihnen dies bewilligst und Paulus morgen in aller Frühe vorstellst, denn sie hoffen, du wirst ihnen dies nicht abschlagen.
22. Da ließ der Oberhauptmann den Jüngling von sich und gebot ihm, dass er niemand sagte, dass er ihm solches eröffnet hätte.
Solches: Von der hinterlistigen Nachstellung der Juden. Denn der Oberhauptmann sorgte sich, dass die Juden, wenn sie merkten, wie ihr blutdürstiger Anschlag an den Tag gekommen wäre, nicht von Neuem etwas Größeres und Ärgeres sich unterstehen würden. Denn man soll geheime Sachen verbergen, wenn man die ungebührlichen Praktiken böser Menschen verhindern will.
23. Und rief zu sich zwei Unterhauptleute und sprach: Rüstet zweihundert Kriegsknechte, dass sie gen Cäsarea ziehen, und siebzig Reiter und zweihundert Schützen auf die dritte Stunde der Nacht.
Dritte Stunde: Was bei uns 9:00 Uhr am Abend ist, da es bereits finster geworden ist, besonders an den Orten, wo Tag und Nacht beinahe gleich sind.
24. Und die Tiere richtet zu, dass sie Paulus darauf setzen, und bringen ihn bewahrt zu Felix, dem Landpfleger.
Landpfleger: Der Römer, der sich in Cäseräa aufhält. Dies ist ein weiser Ratschlag des Oberhauptmanns gewesen, dass er Paulus nach Cäseräa gesandt hat. Denn dort hat in seiner Sache mit mehr Sicherheit gehandelt werden können, als in Jerusalem, wo viele Tausende Juden vorhanden waren, besonders zu dem Fest eine große Menge zusammengekommen war, die toben und wüten, wenn ein allgemeiner Aufruhr entstünde, den der Oberhauptmann vielleicht mit Hilfe und mit dem Beistand all seiner Kriegsleute nicht genug hätte abwehren können. Wie er sich auch in dem als ein weiser Mann gezeigt hat, dass er auch den Hinweis eines Jünglings von einer Zusammenrottung, die erfolgt war, nicht in den Wind schlug. Desgleichen tat er recht daran, dass er den unschuldigen Paulus mit einer staatlichen Garde wegführen ließ und weder Kosten noch Mühe daran sparte. Denn die aufgedeckte Gefahr soll man nicht verachten. So ist es besser, man geht sehr sorgfältig vor, als wenn man sich allzu sicher ist. Und eine Obrigkeit soll keine Kosten sparen, um die Person eines einzigen unschuldigen Menschen zu erretten. Denn der Mensch ist zum Ebenbild Gottes geschaffen und die Obrigkeit hat darum das Schwert von Gott empfangen, dass sie die Bösen strafen, und die Frommen schützen soll {Röm 13}.
25. Und schrieb einen Brief, der lautete also:
Brief: Nach Cäseräa an den Landpfleger Felix.
26. Claudius Lysias dem teuren Landpfleger Felix Freude zuvor!
Teuren Landpfleger: Hier hat man zu merken, was es früher für ein schlechtes und dummes Tun mit den Titeln gewesen ist, wenn man sich einander geschrieben hatte. Heutzutage erzeigt sich bei etlichen ein solcher Ehrgeiz, dass, wenn vielleicht aus einem Irrtum ein einziges Wort in der Überschrift des Briefes ausgelassen worden ist, dass die Würde oder den Ehrenstand betrifft, man ein solches Schreiben verschlossen wieder zurückgeschickt und nicht öffnen will.
27. Diesen Mann hatten die Juden gegriffen und wollten ihn getötet haben. Da kam ich mit dem Kriegsvolk dazu und riss ihn von ihnen und erfuhr, dass er ein Römer ist.
Von ihnen: Damit sie nicht noch härter mit ihm umgingen.
Römer ist: Darum halte ich es für sehr notwendig, zu verhüten, dass ihm kein größeres Leid geschieht.
28. Da ich mich aber wollte erkundigen der Ursache, warum sie ihn beschuldigten, führte ich ihn in ihren Rat.
29. Da befand ich, dass er beschuldigt ward von den Fragen ihres Gesetzes, aber keine Anklage hatte, des Todes oder der Bande wert.
Ihres Gesetzes: Dass er in Religionssachen allerdings nicht mit ihnen übereinstimmte.
Wert: Gott kann deshalb auch unserer Unschuld durch unsere Feinde Zeugnis geben.
30. Und da vor mich kam, dass etliche Juden auf ihn hielten, sandte ich ihn von der Stunde an zu dir und entbot den Klägern auch, dass sie vor dir sagten, was sie wider ihn hätten. Gehab dich wohl!
Hielten: Dass sie ihn ums Leben bringen wollten und ich mich sorgen musste, es könnte ein römischer Bürger auf unrechte Weise ermordet werden.
Zu dir: Nach Cäseräa. Hier kannst du ihn viel besser in Verwahrung halten, als ich hier in Jerusalem.
Dich wohl: In diesem Schreiben ist dies zu loben, dass es alles kurz und doch deutlich verfasst worden ist. Denn es ist nichts Notwendiges ausgelassen worden und auch kein unnötiger Überfluss darin gespürt worden. Es ist aber das die allerbeste Rede, die mit der Sache übereinstimmt, diese nicht größer macht, als sie tatsächlich ist, noch besonders wichtige Dinge als geringschätzig achtet.
31. Die Kriegsknechte, wie ihnen befohlen war, nahmen Paulus und führten ihn bei der Nacht gen Antipatris.
32. Des andern Tages aber ließen sie die Reiter mit ihm ziehen und wandten wieder um zum Lager.
Zum Lager: Nach Jerusalem. Weil man von dem Ort aus sich um keine Gefahr mehr, die von den Juden in Jerusalem ausginge, sorgen musste, dass sie etwa Paulus abfangen könnten. Und daran waren 70 Reiter zum Schutz für den restlichen Weg, den er noch zu ziehen hatte, abgestellt.
33. Da die gen Cäsarea kamen, überantworteten sie den Brief dem Landpfleger und stellten ihm Paulus auch dar.
34. Da der Landpfleger den Brief las, fragte er, aus welchem Lande er wäre. Und da er erkundet, dass er aus Zilizien wäre, sprach er:
35. Ich will dich verhören, wenn deine Verkläger auch da sind. Und hieß ihn verwahren in dem Richthause des Herodes.
Da sind: Damit ich auf die Klage und die Antwort, die ich mir angehört habe, ein rechtes Urteil fällen kann. Obwohl nun in diesem Fall keine Gefahr bestand, dass Paulus auf irgendeine Weise die Sympathie des Landpflegers hätte einnehmen können, bevor die Ankläger auftraten, weil Paulus eine gute Sache hatte, sollte ein weiser Richter jedoch, sofern immer möglich ist, die Verhandlung so führen, dass er beide Teile ohne langen Verzug hört und keine Partei in Abwesenheit des Gegners etwas vorbringen kann und sich einnehmen und überreden lassen könnte, dass es dem anderen zum Nachteil und Schaden gereicht.
Richthaus: An einem nicht sehr unbequemen Ort, denn er ließ ihn nicht in ein finsteres und hässliches Gefängnis werfen, weil es die Umstände des empfangenen Schreibens nicht hergaben, dass er etwas verschuldet hätte. Denn Gott lindert und mildert die Trübsal der Frommen, dass sie es ertragen können {1Kor 10}. Es soll sich aber auch die Obrigkeit daran erinnern, dass Gefängnisse zur Verwahrung nicht zur Strafe dienen. Es sei denn, es fallen erhebliche Ursachen vor, dass man jemanden vielmehr zur Strafe, als zur Verwahrung ins Gefängnis steckt.
Das 24. Kapitel
- Tertullus klagt Paulus im Namen der Hohepriester vor dem römischen Landpfleger an.
- Paulus verantwortet seine oder vielmehr Christi Sache.
- Er spricht danach zu Felix und seiner Frau vom Wort Gottes.
- Als Felix vom Amt kommt, hinterlässt er Paulus als Gefangenen, um den Juden zu gefallen.
1. Über fünf Tage zog hinab der Hohepriester Ananias mit den Ältesten und mit dem Redner Tertullus; die erschienen vor dem Landpfleger wider Paulus.
Ältesten: Oder Ratsherren, die damals Älteste genannt wurden.
Gegen Paulus: Hier hat man zu bemerken und zu beachten, mit welchen Listen und schnellen Praktiken man sich unterstanden hatte, den unschuldigen Paulus zu unterdrücken. Sie machten sich beizeiten auf den Weg, damit sie ihn verklagen könnten, damit der Landpfleger sich keine Gedanken machte, dass es vielleicht ein schlechter und unwichtiger Handel sei, weil auch die Ankläger sich die Sache nicht sonderlich angelegen sein ließen. Und der Hohepriester zieht selbst mit, damit er durch seine Gegenwart und mit dem Ansehen seiner Person Paulus vor einer heidnischen Obrigkeit umso mehr beschweren könnte. Es werden auch zugleich etliche Ratsherren von Jerusalem mitgenommen, ohne Zweifel vornehme und ansehnliche Männer. Dazu wird ein gewaltiger Redner in der Sache gebraucht, der mit seiner Redegewandtheit Paulus in die Schranken weisen konnte. Denn die Kinder dieser Welt sind sehr verschlagen in der Handhabung ihrer bösen Sache und sparen weder Kosten noch Mühe. Diejenigen, die auch das Evangelium Christi anfeinden und anfallen, die tun es normalerweise mit einem besonderen Prunk und staatlichem Ansehen. Aber ein gerechter Richter soll nicht auf die Person des Klägers achten, noch auf seine wohlgestellte Art zu reden, sehen. Denn die Wahrheit braucht keine Zierlichkeit, sondern ist genug verantwortet, wenn sie schlecht und recht vorgebracht wird. Bevor wir aber den Redner Tertullus hören, wollen wir kurz vernehmen, was der römische Landpfleger Felix für ein Mann gewesen ist, vor dem dieser gerichtliche Prozess gehalten worden ist. Suetonius, ein heidnischer Geschichtsschreiber meldet von ihm, dass er vom Kaiser Claudius freigelassen worden ist und in solchen Gnaden bei ihm gewesen sei, dass der Kaiser dem Felix mehr gedient habe, als Felix dem Kaiser. Darum hat ihn auch der Kaiser zum Landpfleger in Judäa gemacht. Und er ist aus der besonderen Gunst und Gnade des Kaisers Claudius zu solchen Ehren aufgestiegen, dass er drei Königinnen nacheinander zur Frau gehabt hat. Eine davon ist Drusilla gewesen, von der in diesem Kapitel gesprochen wird. Diese war eine Tochter des Königs Agrippa und es hatte Aziazus, der König der Amazoner, sie zur Frau gehabt. Aber weil sie sehr schön war und sich von Felix mit guten Worten überreden ließ, hat sie ihren Ehemann und Gemahl Aziazus verlassen und ist zum Felix gekommen. Als der Hohepriester Jonathan ihn erinnerte, dass er sich der Frömmigkeit und Güte befleißigen sollte, nahm er diese Ermahnung schlecht auf und bestellte nordische Mörder, die den Hohepriester in der Stadt Jerusalem umbringen sollten. So sah er auch sonst durch die Finger und ließ es geschehen, dass die Meute Mörder auch andere, sogar im Tempel umbrachten, wie es Josephus im 20. Buch im Kapitel 6 meldet. Desgleichen beraubte und plünderte er mithilfe seiner Kriegsleute in Cäseräa die Häuser der reichen Leute und beging viele andere tyrannischen und böse Stücke weswegen ihn die Juden schließlich vor dem Kaiser Nero, dem Nachkommen des Claudius, anklagten. Davon zu reden ist jetzt hier jedoch keine Gelegenheit. Lasst uns aber hören, wie Tertullus seine Rede zu Anfang so spitzfindig vorträgt und dem Landpfleger einen gewaltigen Fuchsschwanz streicht.
2. Da er aber herbeigerufen ward, fing an Tertullus zu verklagen und sprach: Dass wir in großem Frieden leben unter dir, und viel redliche Taten diesem Volk widerfahren durch deine Vorsichtigkeit, allerteuerster Felix,
Dass wir: Mit dieser Eröffnung will Tertullus sich den Landpfleger gewogen machen. Auch wenn er nun mit falschen Schmeicheleien den Landpfleger umwarb, um ihn so einzunehmen, und auf seine Seite zu bringen, so ist doch in diesen wenigen Worten etwas begriffen, was besonders bemerkenswert ist. Erstens, dass es das Amt der Obrigkeit ist, sich mit Fleiß darum zu bemühen, dass die Untertanen in Frieden leben können. Danach, dass man darauf achten müsse, dass alles so weit wie möglich recht zugeht und die Bürger recht miteinander umgehen. Zum Dritten, dass die Untertanen solche Guttaten, die sie von der Obrigkeit empfangen, dankbar erkennen sollen. Zum Vierten, dass die Fürsten und Herren gelegentlich gerühmt werden, nicht nachdem, wie sie in Wahrheit sind, sondern wie sie von Rechts wegen sein sollten, und aus diesen Lobsprüchen sollen sie ihre Mängel erkennen und verbessern.
3. das nehmen wir an allewege und allenthalben mit aller Dankbarkeit.
4. Auf dass ich aber dich nicht zu lange aufhalte, bitte ich dich, du wolltest uns kürzlich hören nach deiner Gelindigkeit.
Aufhalte: Denn die Untertanen sollen ihre Obrigkeit nicht mit weitschweifigen Reden oder Schriften zur Last fallen, weil sie von vielen Geschäften täglich überfallen werden.
5. Wir haben diesen Mann gefunden schädlich, und der Aufruhr erregt allen Juden auf dem ganzen Erdboden, und einen Vornehmsten der Sekte der Nazarener,
Wir: Es folgt die Anklage, worin der größte Teil unwahr ist.
Aufruhr erregt: Dieser schädliche Mensch (spricht Tertullus) lässt die Juden nicht ruhig leben in der Welt, sondern wo er hinkommt, macht er sie mit einer falschen und schädlichen Lehre irre, sodass Aufruhr entsteht, von dem er Grund und Anstifter ist. Darum kann keine Regierung ruhig bestehen, weil er lebt. Diese Anklage erinnert uns daran, dass die frommen und treuen Kirchendiener des Evangeliums in der Welt für schädlich betrachtet werden, sodass die Welt keine Ruhe haben könnte, wenn sie nicht ausgerottet würden. Daher schreibt Paulus von sich und den anderen Aposteln Christi: Wir werden für einen Fluch und ein Brandopfer geachtet in der ganzen Welt {1Kor 4}. Unter solchen Flüchen und Brandopfern aber wurden die schrecklichsten und schändlichen Leute verstanden, die so voller Laster und Bosheit steckten. Und wenn sie diese nicht aus dem Weg geräumt bekommen, so könnte Gott einem ganzen Land nicht gnädig sein. Danach sieht man hier, dass der Aufruhr, der von den Gottlosen Juden erregt worden ist, vom Redner Tertullus, als einen bösen und verlogenen Menschen, dem unschuldigen Paulus zugemessen wurde, der doch stets um Einigkeit und Frieden in jedem Bereich bemüht war.
Vornehmsten: Dies war zum Teil wahr, dass Paulus mit Lehren und Predigen denen voranschritt, die an Jesus von Nazareth glaubten. Diese Religion wurde von Tertullus fälschlich eine Sekte genannt. Es vermischt also der Satan (seinem Brauch nach) Lügen und Wahrheit miteinander, und er lügt doch niemals so unverschämt, dass er nicht einen kleinen Teil der Wahrheit mit unterstreut.
6. der auch versucht hat, den Tempel zu entweihen; welchen wir auch griffen und wollten ihn gerichtet haben nach unserm Gesetz.
Der auch: Erneut fängt Tertullus an zu lügen.
Tempel: In Jerusalem. Bis heute haben die Römer es noch immer nicht geschafft, diesen zu entheiligen. Paulus aber hat diesen Tempel nicht entweiht, sondern vielmehr dadurch geehrt, dass er die levitischen Zeremonien dort gebraucht hatte. Hier sieht man, wie die Widersacher der Wahrheit so gar kein Gewissen haben.
Unserem Gesetz: Freilich hieße das nach dem Gesetz Moses richten, wenn man einen unschuldigen Menschen in aufrührerischer Weise anfällt, schlägt und töten will in einer unverhöhrten Sache. So pflegen die Feinde der Wahrheit ihre Übeltaten herauszustreichen und zu schmücken.
7. Aber Lysias, der Hauptmann, unterkam das und führte ihn mit großer Gewalt aus unsern Händen
Gewalt: Bei diesen Worten gibt es dem Lysias einen heimlichen Stich.
8. und hieß seine Verkläger zu dir kommen, von welchem du kannst, so du es erforschen willst, dich des alles erkundigen, um was wir ihn verklagen.
Dir kommen: Du musst dich also mit dieser Sache abmühen, und hättest davon frei sein können, wenn man uns hätte machen lassen und dieser lasterhafte Mensch nach unserem Gesetz gerichtet worden wäre. Lysias hat dies verhindert.
Erkundigen: Der wird dir das Gleiche sagen, was du jetzt auch von uns hörst. Ist dies nicht aber eine große Verwegenheit und ein unverschämtes Tun, dass diese gottlosen Menschen sich auf das Zeugnis eines Abwesenden berufen dürfen, von dem sie doch genau wussten, dass, wenn er anwesend wäre, er das Gegenteil sagen würde.
9. Die Juden aber redeten auch dazu und sprachen, es verhielte sich also.
Juden: Nämlich, die Ältesten und andere Mitgefährten des Hohepriesters.
Also: Wie der Redner Tertullus die Sache vorgebracht hatte. Diese falschen Zeugen waren ebenso unverschämt, wie Tertullus selbst, der sein Maul voller Lügen hatte. Bei diesem Beispiel hat sich die Obrigkeit zu erinnern, dass sie den Anklagen unverdächtigen Zeugen nicht sofort Glauben schenken soll, sondern die Sache erst wohl erkunden. Und wir werden auch alle ermahnt, dass wir den Verleumdern kein Gehör schenken. Denn die Lästerer sind sehr unverschämt und verwegen.
10. Paulus aber, da ihm der Landpfleger winkte, zu reden, antwortete: Dieweil ich weiß, dass du in diesem Volk nun viele Jahre ein Richter bist, will ich unerschrocken mich verantworten.
Zu reden: Was zu seiner Verantwortung und seinem Schutz nützlich sein könnte. Denn man soll nicht auf unhöfliche und ungebührliche Weise ohne Erlaubnis in die Rede eines anderen einfallen.
Verantworten: Und ich freue mich, dass ich meine Sache vor dir verantworten und verteidigen soll, weil die Religion, Gesetze und Gewohnheiten dieses Volkes nicht unbekannt sind. Daher wirst du leicht erkennen können, ob die Anklage meiner Feinde der Wahrheit entspricht oder nicht. Denn weil eine neue Obrigkeit viele Sachen, Umstände und Beschaffenheiten nicht weiß, so irrt sie sich oft in ihrem Urteil. Darum soll sie umso behutsamer vorgehen.
11. Denn du kannst erkennen, dass nicht mehr denn zwölf Tage sind, dass ich bin hinauf gen Jerusalem kommen, anzubeten.
Kannst erkennen: Paulus gibt zunächst Antwort auf die Klage von dem Aufruhr, den er erregt haben soll, als wollte er sagen: Wenn du genaue Nachforschungen hältst und genügend Erkundigungen einziehen wirst, so kannst du befinden, dass von der Zeit an, als ich nach Jerusalem aufs Fest gezogen bin, um den Gottesdienst beizuwohnen, nur zwölf Tage vergangen sind. So bin ich bereits sechs Tage hier. Seit dem entstandenen Tumult sind erst zwei oder drei Tage vergangen, ehe ich dir vorgestellt worden bin. Es bleiben also nicht einmal drei Tage übrig, in denen ich in Jerusalem gewesen bin, und ich war zuvor etliche Jahre lang nicht in die Stadt gekommen. Was sollte ich denn wohl in diesen drei Tagen für eine Erschütterung in der Stadt anrichten können, die so stark geworden ist, dass ich mich hätte unterstehen dürfen, einen Aufruhr zu erregen, wo mir doch bewusst war, wie der römische Hauptmann mit einer stattlichen Besatzung die Stadt in Verwahrung hat? Darum kann wenigstens durch die Zeitumstände diese vorgeworfene Tat des Aufruhrs widerlegt werden.
12. Auch haben sie mich nicht gefunden im Tempel mit jemand reden oder einen Aufruhr machen im Volk noch in den Schulen noch in den Städten:
Reden: Dass ich mich mit Gesprächen oder Unterhaltungen mit jemanden eingelassen hätte, woraus ein Aufruhr hätte entstehen können. Paulus weist also den Vorwurf des Aufruhrs und des Tumults mit Fleiß von seiner Person ab, damit nicht das Evangelium Christi in Verruf käme und er durch solche Verleumdungen unterdrückt würde. Denn wir sollen unseren guten Namen verteidigen. Und es ist recht gesagt: Wer sein gutes Geschrei in den Wind schlägt, der ist grausam. Zumal dieses uns bei den Menschen nicht weniger nötig ist, als ein gutes Gewissen bei Gott.
13. Sie können mir auch nicht beibringen, dessen sie mich verklagen.
14. Das bekenne ich aber dir; dass ich nach diesem Wege, den sie eine Sekte heißen, diene also dem Gott meiner Väter, dass ich glaube allem, was geschrieben steht im Gesetz und in den Propheten.
Das: Jetzt schreitet Paulus zum anderen Teil der Anklage, indem ihm die Fortpflanzung der Sekte der Nazarener vorgeworfen wird, und er verantwortet sich dafür.
Sekte heißen: Mit einem feindseligen Namen, der dieser Lehre doch eigentlich nicht gebührt. Denn ich erkenne und ehre keinen anderen Gott, als den, den noch meine Vorfahren, die heiligen Erzväter, erkannt und angebetet haben. So verwerfe ich auch das Gesetz Moses und die Schriften der Propheten nicht, sondern nehme sie alle durchaus an, glaube oder lehre nichts anderes, als das, was in dem Gesetz und in den Propheten, wenn man sie recht versteht, begriffen ist. Und ich habe die sichere Hoffnung, wie sie meine Widersacher teilweise auch haben, dass Gott alle Menschen, die verstorben sind, am Jüngsten Tage wieder auferwecken wird, damit den Gerechten für ihre Gottseligkeit herrliche und ewige Belohnungen, den Ungerechten aber für ihre Bosheit gebührende Strafe zuerkannt wird. Darum bemühe ich mich darum, dass ich durch den Glauben an den Messias mit Gott versöhnt bin, ein unsträfliches Leben führe und mein Amt in der Gottseligkeit treu verrichte, damit ich vor Gott ein gutes und ruhiges Gewissen behalte und von den Menschen keiner Übeltat oder Bosheit mit Wahrheit bezichtigt werden kann. Wir sollen auch nicht zulassen, dass das Evangelium, wo es lauter und rein gepredigt wird, eine Sekte oder Ketzerei genannt wird. Und wir können mit Paulus zu Recht sagen, dass wir all das glauben, was im Gesetz und in den Propheten geschrieben ist und dass wir nichts lehren oder predigen, das nicht einen starken Grund in der Heiligen Schrift hat. Wir sollen uns aber daneben ständig des Jüngsten Gerichtes erinnern und all unser Tun so anstellen, dass wir nicht nur von den Menschen keiner Übeltat bezichtigt werden können, sondern auch, dass wir vor Gott ein ruhiges Gewissen haben und auf den Tag des Herrn mit freudigen Herzen warten.
15. Und habe die Hoffnung zu Gott, auf welche auch sie selbst warten, nämlich dass zukünftig sei die Auferstehung der Toten, beide, der Gerechten und Ungerechten.
16. In demselben aber übe ich mich, zu haben ein unverletztes Gewissen allenthalben beide, gegen Gott und die Menschen.
17. Aber nach vielen Jahren bin ich gekommen und habe ein Almosen gebracht meinem Volk und Opfer {Apg 21v26}.
Aber: Es folgt jetzt die Antwort Paulus auf die dritte Anklage von der Entweihung des Tempels.
Vielen Jahren: Ich habe mich bereits seit vielen Jahren dieser Religion, die sie die Sekte der Nazarener nennen, bekannt.
Kommen: Nach Jerusalem zum nächsten Pfingstfest.
Almosen: Welche die bekehrten Heiden den notdürftigen Juden, die die christliche Religion angenommen hatten, durch mich überbringen ließen.
Opfer: Für mich. Darum habe ich den Tempel nicht entweiht oder entheiligt, sondern ich habe ihn vielmehr mit meinem Gottesdienst geehrt. Denn nachdem die Zeit meines Gelübdes, das ich auf mich genommen hatte, zu Ende gelaufen war, brachte ich nach den Texten des Gesetzes Moses ein Opfer in dem Tempel, welches durch den ordentlichen Priester geopfert wurde zu meiner Reinigung mit gewöhnlichen Zeremonien, die im Gesetz Gottes vorgeschrieben sind, und dies ist alles in guter Stille zugegangen, sodass ich nicht die geringste Unruhe oder den geringsten Tumult im Tempel erweckt habe. Wie kann man dies heißen, den Tempel in Jerusalem verunreinigen und entweihen, wenn jemand mit gewöhnlichen Zeremonien recht und ordentlich und mit gebührender Andacht Opfer bringt und sich nach den levitischen Zeremonien, wie es üblich ist, reinigen lässt?
18. Darüber fanden sie mich, dass ich mich reinigen ließ im Tempel ohne allen Rumor und Getümmel.
19. Das waren aber etliche Juden aus Asien, welche sollten hier sein vor dir und mich verklagen, so sie etwas wider mich hätten.
Das: Weil bei diesem Opfer des Paulus der Tumult im Tempel entstanden ist, so zeigt Paulus jetzt an, wer der Anfänger gewesen ist.
Aus Asien: Die zum Fest gekommen waren. Die erregten gegen mich einen Aufruhr ohne jeden Grund und legten mit Gewalt Hand an mich, ohne mein Verschulden, schlugen mich dazu mit Fäusten und schrien, man sollte mich verhungern lassen, weil ich es nicht wert wäre, dass mich der Boden trüge.
Hier sein: Ich wollte, dass sie jetzt da stünden und ihre Klage gegen mich vorbringen, aber weil sie den Aufruhr erregt und mich unschuldigerweise gegen jedes Recht mit Fäusten geschlagen haben, scheuen sie das Licht, haben sich aus dem Staub gemacht und wollen nicht erscheinen.
20. Oder lass diese selbst sagen, ob sie etwas Unrechtes an mir fanden, dieweil ich stehe vor dem Rat,
Diese: Den Hohepriestern und seinen beisitzenden Ältesten oder Ratsherren.
Etwas Unrechtes: Sie werden aber nichts vorzubringen haben, das weiß ich, wenn sie auch noch so genau suchen. Denn die Untaten, die sie durch ihren Redner Tertullus gegen mich vorbringen ließen, die sind augenscheinlich und mit gutem Grund widerlegt worden.
21. ohne um des einigen Wortes willen, da ich unter ihnen stand und rief: Über der Auferstehung der Toten werde ich von euch heute angeklagt.
Wortes willen: Ob sie mich vielleicht deshalb anklagen wollen. Denn als ich solches gesprochen habe, fingen die Ratsherren in Jerusalem untereinander an, in der Sache uneins zu werden und einen Tumult zu veranstalten, weil etliche von ihnen an die Auferstehung glauben, andere aber nicht, aber was geht mich solcher Tumult an? Sollte ich deswegen gestraft werden, dass sie in den vornehmsten Stücken der Religion miteinander uneins sind? Ich habe aus Not zu meiner Entschuldigung gesagt, was wahr gewesen ist, nämlich, dass ich mich darum vor dem Rat zu verantworten hatte, weil ich die Auferstehung der Toten bestätigte. Ist nun in diesem Tumult, der unter ihnen entstanden ist, etwas Unrechtes vorgefallen, so sollen sie es sich selbst und nicht mir zumessen. Mit dieser Antwort des Paulus ist der Hohepriester mit seinen Ratsherren und den gekauften Redner Tertullus so schamrot gemacht worden, dass sie nichts von dem, was Paulus gesagt hatte, widerlegen konnten. Denn die Wahrheit kann wohl mit Verleumdungen gedrückt, aber nicht unterdrückt werden.
22. Da aber Felix solches hörte; zog er sie auf; denn er wusste fast wohl um diesen Weg und sprach: Wenn Lysias, der Hauptmann, herabkommt, so will ich mich eures Dinges erkundigen.
Zog er sie auf: Die Juden. Denn obwohl sie hofften, der Landpfleger würde ungeachtet der beständigen Antwort des Paulus wegen des großen Ansehens des Hohepriesters und der Ratsherren in Jerusalem das Urteil gegen Paulus fällen, so sind sie aber in ihrer Hoffnung betrogen worden.
Diesen Weg: Die christliche Religion war ihm nicht unbekannt, obwohl er sie nicht annahm. Er wusste auch, dass es damit nicht so beschaffen war, wie es die Widersachern Paulus vorgaben und konnte aus der Antwort des Paulus vernehmen, dass er zu Unrecht mit Verleumdungen beschuldigt wurde. Darum wollte er kein Urteil fällen, bevor er nicht den Hauptmann gehört hatte, denn die Juden gegen Paulus als Zeugen benannt hatten. Denn die Obrigkeit soll kein vorschnelles Urteil fällen, sondern zuvor alle Berichte einsehen, die für einen ausreichenden Beweis vorgebracht werden.
23. Er befahl aber dem Unterhauptmann, Paulus zu behalten und lassen Ruhe haben, und niemand von den Seinen wehren, ihm zu dienen oder zu ihm zu kommen.
Ruhe haben: Dass seine Haftbedingungen ihm nicht beschwerlich wären und ihm niemand ein Leid zufügen konnte.
Den seinen: Wenn je einer seiner Freunde zu ihm kommen möchte, um ihm zu dienen, sollte man ihm dies nicht verwehren.
24. Nach etlichen Tagen aber kam Felix mit seinem Weibe Drusilla, die eine Jüdin war, und forderte Paulus und hörte ihn von dem Glauben an Christus.
Weibe Drusilla: Die Felix mit schönen Worten an sich gezogen und ihrem vorherigen Ehegemahl, dem König der Amazoner, Azazo, entführt hatte.
Hört: Zweifellos ist er durch den Vorwitz seiner Frau dahin bewegt worden, die die neuen Prediger auch hören wollte. So wie die Frauen von Natur aus neugieriger als verständig sind. Denn, dass weder Felix noch Drusilla den rechten Weg zur ewigen Seligkeit mit Ernst lernen wollten, bezeugt der Beschluss dieser Predigt. Felix hat es aber zugelassen, dass Paulus gelehrt hat, wie die Rechtfertigung eines sündigen Menschen nicht aus dem Gesetz, sondern durch den Glauben an Christus geschieht, der für die Sünden des menschlichen Geschlechts genug getan hatte. Denn es finden sich viele Leute, die allerdings fleischlich gesinnt sind, dass sie die Lehre von der Rechtfertigung des Glaubens aus Gnade ohne die Werke des Gesetzes gern hören, besonders die, die nicht viele gute Werke haben, deren sie sich rühmen können. Aber als Paulus auch daneben noch von rechtschaffenen Früchten des Glaubens spricht, die auf die Rechtfertigung folgen sollen: Das nämlich die, die gerecht gemacht worden sind, auch ein gerechtes und unsträfliches Leben unter den Leuten zu führen schuldig sind und man mit anderen umgehen soll, wie man möchte, dass mit einem selbst umgegangen wird. Desgleichen, dass man keusch und züchtig sein müsste und sich von der Hurerei, wie auch von eines Fremden Weibes sich enthalten müsse. Er sagte auch, Gott hätte einen Tag bestimmt, an dem Christus den ganzen Erdboden richten würde und diesem Gericht kann niemand entgehen. Und da Felix in seinem Gewissen überzeugt war, dass er viele unrechte Sachen begangen hatte mit Träumerei, Ehebruch und dergleichen, hat ihn sein Gewissen angefangen zu drücken und er sorgte sich, wenn Paulus länger predigen würde, würde das Gewissen noch besser aufwachen und ihn noch mehr drücken. Darum hat er Paulus befohlen, mit dem Predigen aufzuhören und sich so gestellt, als würde er durch andere Geschäfte daran gehindert, dass er nicht weiter zuhören könnte. Zu einer anderen Stunde aber wollte er ihn wieder anhören, wenn er eine bessere Gelegenheit haben würde und ausführlicher Gelegenheit haben, von dieser Sache zu sprechen. Dieser Landpfleger ist viel anders gesinnt gewesen, als der Kerkermeister bei Philippus, der in seiner Angst Paulus und Silas zu Füßen gefallen ist und gesagt hat: Ihr Herren, was soll ich tun, damit ich selig werde? Kapitel 16. Und dieser hat auch die ewige Seligkeit erlangt. Aber die achten nicht auf ihre Seligkeit, die keine Predigt hören wollen, nur damit ihr Gewissen oder vielmehr die Sünde in ihrem Gewissen nicht aufwacht. Darum ist es der sicherste Weg, dass man das schläfrige Gewissen aufweckt und mit dem Wort des Evangeliums wieder stillt, als dass es in Sünden und Lastern ruht und hernach zur ungünstigsten Zeit, wenn kein Trost vorhanden ist, aufwacht und den Menschen zur Verzweiflung treibt. Jedoch hat der Landpfleger Paulus wegen dieser Predigt nicht härter angefasst, sondern ihm freundlich zugesprochen. In diesem Stück ist er besser gewesen als etliche Christen.
25. Da aber Paulus redete von der Gerechtigkeit und von der Keuschheit und von dem zukünftigen Gerichte, erschrak Felix und antwortete: Gehe hin auf diesmal; wenn ich gelegene Zeit habe, will ich dich her lassen rufen.
26. Er hoffte aber daneben, dass ihm von Paulus sollte Geld gegeben werden, dass er ihn losgäbe; darum er ihn auch oft fordern ließ und besprach sich mit ihm.
Geld gegeben: Denn wo der Geiz in den Amtsleuten verwurzelt ist, da gibt es die Gerechtigkeit für Geld zu kaufen, und es wird den Unschuldigen nicht geholfen, es sei denn, sie zahlen Geld, wie auch wiederum die Schuldigen nicht gestraft werden, wenn sie die Richter mit Geschenken verblendet haben. Denn die Geschenke machen die Weisen blind und verkehren die Sachen der Gerechten {5Mos 17}. Obwohl nun kein Zweifel besteht, dass die christliche Kirche und Gemeinde Paulus mit einer ansehnlichen Summe Geldes freigemacht hätten, wenn sie davon gewusst hätten, so hat doch der Apostel Christi seine Freilassung nicht mit Geld erkaufen wollen, damit er dem Evangelium keinen Schandfleck anhängt, so als ob er wegen eines Lasters straffällig geworden wäre und er sein Leben mit Geschenken hätte erkaufen müssen. Auch hat Paulus dem Landpfleger nicht mit Geld noch mehr verderben wollen, weil sein Herz und Gemüt bereits vorher mit zu viel Geiz eingenommen und verdorben waren. Denn es ist zwar fein und zu loben, dass man mit einer Verehrung gegen seine Obrigkeit sich dankbar zeigt, wenn sie einem in einer sehr gerechten Sache zum Recht verholfen hat, aber das einer vor einem ergangenen Urteil sich das Gemüt des Richters mit Geschenken gewogen macht, kann man nicht recht heißen.
27. Da aber zwei Jahre um waren, kam Portius Festus an Felix statt. Felix aber wollte den Juden eine Wohltat erzeigen und ließ Paulus hinter sich gefangen.
Festus: Dieser war der dritte römische Landpfleger im jüdischen Land in der Zeit, als Judäa zur römischen Provinz gemacht worden war.
Gefangen: Da er ihn doch hätte freilassen können und sollen, weil er seine Unschuld ausreichend erkannt hatte. Aber weil sich Felix bewusst war, wie schlecht er in der Regierung angesehen war, musste er sich sorgen, dass nicht etwa die Juden, wenn er nicht mehr im Amt wäre, ihn vor dem römischen Kaiser anklagen würden. Er erhoffte sich, es durch dieses Mittel zu verhüten, indem er Paulus in Haft ließ als einem, dem die Juden spinnefeind waren. Aber er konnte trotzdem die Anklage der Juden gegen ihn nicht vermeiden und wäre auch der Strafe nicht entgangen, wenn er nicht durch die Fürbitte seines Bruders Üalantus, der beim Kaiser Nero großer Gnade war, erhalten worden wäre, wie es Josephus in seinem 20. Buch von den alten Geschichten im Kapitel 7 bezeugt. Denn die Strafen der Übeltaten werden durch andere Misshandlungen und mit Ungerechtigkeit nicht abgewandt oder verhütet.
Das 25. Kapitel
- Festus lässt Paulus, als er von den Juden aufs Neue angeklagt worden ist, abermals vorstellen.
- Nach ausreichend vorgebrachter Entschuldigung beruft sich Paulus auf den Kaiser.
- Festus legt dem König Agrippa Paulus Sache vor.
- Und stellt ihn Paulus auch dar.
1. Da nun Festus ins Land kommen war, zog er über drei Tage hinauf von Cäsarea gen Jerusalem.
Da: Es folgt nun, was mit dem Apostel Paulus unter dem Landpfleger Festus vorgefallen und gehandelt worden ist.
Kommen war: Als ein römischer Landpfleger, vom Kaiser Nero dahin geschickt und als Nachkomme des Felix bestimmt.
Nach Jerusalem: Vielleicht dass sie ihm, als einen römischen Landpfleger des Kaisers wegen huldigen ließen.
2. Da erschienen vor ihm die Hohepriester und die Vornehmsten der Juden wider Paulus und ermahnten ihn
Wider Paulus: Den sie vor ihm verklagten.
3. und baten um Gunst wider ihn, dass er ihn fordern ließe gen Jerusalem, und stellten ihm nach, dass sie ihn unterwegs umbrächten.
Wider ihn: Den Apostel Paulus, zu seinem Nachteil und Verderben.
Gen Jerusalem: Damit er dort vor dem Rat in Jerusalem angeklagt und verhört würde.
Umbrächten: Denn die Juden machten sich gute Hoffnung, der neue Landpfleger würde ihnen, als den vornehmsten Ratspersonen in Jerusalem, ihre erste Bitte nicht abschlagen. Und Paulus schwebte damals in großer Lebensgefahr, besonders weil er in Samaria gefangen gehalten wurde und von dieser Sache nichts wusste, darum auch nicht dagegen protestieren konnte, damit er diese gefährliche Reise hätte verhindern können.
4. Da antwortete Festus, Paulus würde ja behalten zu Cäsarea; aber er würde in kurzem wieder dahin ziehen.
Ja behalten: In Haft und könnte aus wichtigen Gründen nicht nach Jerusalem geschickt werden. Es ist aber zu vermuten, Festus war von dem Bericht des Felix, indem die Juden ihm nach dem Leben trachteten, in dieser Sache voreingenommen und er wollte deshalb den Juden damals nicht willfährig sein.
5. Welche nun unter euch (sprach er: können, die lasst mit hinabziehen und den Mann verklagen, so etwas an ihm ist.
Können: Dass es ihnen gelegen ist, dahin zu kommen.
Den Mann: Denn ihr wünscht, dass ich ihn vorstellen soll.
An ihm ist: So will ich von Amts wegen euch Recht und Gerechtigkeit widerfahren lassen, dass keiner sich über eine Ungerechtigkeit beklagen kann. Hier hat man etliche Dinge zu beachten. Erstens, dass die Feinde der rechten Religion mit einem unversöhnlichen Hass und Neid gegen die frommen und rechtschaffenen Diener Christi eingenommen sind, dass er auch nicht im Lauf der Zeit abgelegt wird. Danach, dass sie mit Mord und Totschlag ihre Sache behaupten wollen, die sie ansonsten mit ausreichenden Gründen nicht beweisen und handhaben können. Zum Dritten, dass die Frommen oft unwissend in großer Gefahr schweben, die jedoch Gott wunderbar abwendet. Zum Vierten, dass die Herzen der Fürsten und Regenten in Gottes Hand sind, der sie lenkt, wohin er will, sodass sie auch bisweilen ohne ihr Wissen Gottes Ehre befördern müssen. Zum Fünften, dass die Obrigkeit ein unrechtes Begehren nicht bewilligen soll, auch wenn es hohe Personen sind, die darum anhalten oder wenn zum ersten Mal etwas begehrt wird. Denn man soll ihnen zur Antwort geben: Bittet, was recht ist.
6. Da er aber bei ihnen mehr denn zehn Tage gewesen war, zog er hinab gen Cäsarea; und des andern Tages setzte er sich auf den Richterstuhl und hieß Paulus holen.
Hinab: Und die Juden, die Paulus von Neuem anklagen wollten, sind gleich mit ihm gezogen.
Richtstuhl: Damit er in der Sache des Paulus Klage und Antwort hörte, darauf ein Urteil fällte.
7. Da derselbe aber vor ihn kam, traten umher die Juden, die von Jerusalem herabkommen waren, und brachten auf viel und schwere Klagen wider Paulus, welche sie nicht beweisen konnten,
Umher: Sodass Paulus wie ein Schaf unter den Wölfen stand.
Beweisen: Darum haben sie auch nichts erhalten. Denn es reicht nicht aus, nur anzuklagen, wer wollte denn ansonsten unschuldig bleiben? Man muss ausreichende Beweise haben, die beweisbar sind und denen nicht zu widersprechen ist, besonders in Sachen der hohen Gerichtsbarkeit, die Leib und Leben betreffen.
8. dieweil er sich verantwortete: Ich habe weder an der Juden Gesetz noch an dem Tempel noch an dem Kaiser mich versündigt.
Versündigt: Dies war die Zusammenfassung der Antwort des Paulus. Ich habe gegen das Gesetz Moses nichts Schändliches geredet oder getan. Ich habe auch den Tempel des Herrn weder entheiligt noch verunreinigt und auch nicht gegen den römischen Kaiser aufrührerisch gehandelt. Darum hoffe ich, weil meine Widersacher nichts beweisen können von alldem, dessen sie mich beschuldigen, dass du, allertreuester Landpfleger mich freisprechen und aus der Haft entlassen wirst. Denn wir sollen unsere Unschuld retten und verteidigen, damit nicht, wenn wir die vorgeworfenen Laster unbeantwortet lassen, der Ruf an uns kleben bleibt, als wären wir schuldig und es würde dem Evangelium Christi um unseretwillen übel nachgeredet.
9. Festus aber wollte den Juden eine Gunst erzeigen und antwortete Paulus und sprach: Willst du hinauf gen Jerusalem und dort über diesem dich vor mir richten lassen?
Gunst erzeigen: Er meinte also, sich bei ihnen einkaufen zu können, und erhoffte vielleicht davon, auch eine gute Verehrung davonzutragen, wo es doch recht gewesen wäre, dass er Paulus, nachdem er seine Unschuld erkannt hatte, freigesprochen hätte, den Juden aber, die einen unnötigen Prozess angefangen hatten alle Kosten und Schadensersatz zu erstatten zuerkannt und Paulus freigelassen hätte.
Über diesem: Dass ich vor dem Konzil in Jerusalem in deiner Sache tätig werde und erkennen lasse in meiner Gegenwart das endgültige Urteil darüber fälle, damit du nicht meinst, dass ich meine Macht aus den Händen gegeben oder deinen Feinden alles zulassen würde. Dies ist eine große Bosheit an dem Landpfleger gewesen und sein Herz war sehr verkehrt. Denn er wusste genau, dass man Paulus verfolgte, um ihn unterwegs umbringen zu können. Darum hat er auch es den Juden am Anfang abgeschlagen und hat es nicht zulassen wollen, dass sie ihn nach Jerusalem führten. Aber jetzt hat er seine Meinung geändert und ist schlimmer geworden als zuvor, dass er hinterlistig und auf ungebührliche Weise, gegen alles Recht, Paulus seinen Feinden übergeben will. Wenn nun Paulus danach auf dem Wege ermordet worden wäre, hätte sich der Landpfleger entschuldigen können, dies wäre ohne sein Wissen und seinen Willen geschehen. Daneben aber hätte er den Juden dennoch Genüge getan, dass er ihnen zu willen geworden wäre und sie wären ihm besonders gewogen gewesen. Die deswegen die Kunst und die Geschenke der Menschen höher achten als die Gnade Gottes und ein gutes Gewissen, denen ist es mit der Handhabung der Gerechtigkeit nicht ernst.
10. Paulus aber sprach: Ich stehe vor des Kaisers Gericht, da soll ich mich lassen richten; den Juden habe ich kein Leid getan, wie auch du aufs Beste weißt.
Kaisers Gericht: Denn die Notwendigkeit erforderte es, dass Paulus an den Kaiser, als die höchste Obrigkeit, appellieren musste, damit er nicht den Juden übergeben und auf unrechte Weise ums Leben gebracht würde.
Weißt: Es kann dir selbst nicht verborgen sein, dass ich den Juden nichts Unrechtes zugefügt habe, dessen ich strafwürdig wäre.
11. Habe ich aber jemand Leid getan und des Todes wert gehandelt, so weigere ich mich nicht zu sterben; ist aber der keines nicht, dessen sie mich verklagen, so kann mich ihnen niemand ergeben. Ich berufe mich auf den Kaiser.
Gehandelt: Was ausreichend bewiesen werden könnte.
Zu sterben: Und ich will das Todesurteil über mich mit Geduld erwarten.
Niemand ergeben: Dass sie nach Herzenslust und Wohlgefallen mit mir umgehen können und mich ohne mein Verschulden erwürgen und so ihr grausames Mütlein an mir kühlen könnten. Darum steht es nicht in deiner Macht, mein lieber Festus, dass du mich meinen Feinden in Jerusalem überstellst, die mir zweifellos nach Leib und Leben trachten.
Kaiser: Der soll mein Richter sein, weil ich ein römischer Bürger bin und deswegen das Recht habe, an den Kaiser zu appellieren. Diese Appellation gründet sich auf die Freiheit der römischen Bürger, die niemand schwächen darf. Darum möchte ich hiermit öffentlich bezeugt haben, dass ich vor den Kaiser gestellt zu werden wünsche, dort willig das Urteil annehmen, dass über mich gefällt wird. Weil nun diese Appellation ein Stück des weltlichen Rechts und des Gerichtes ist und Paulus diese gebraucht hatte, so hat er mit seinem Beispiel gelehrt, dass ein Christ mit gutem Gewissen das weltliche Gericht wohl für sich gebrauchen kann. Denn dass er an den Korinthern gescholten hat, als sie sich vor den Ungläubigen öffentlich miteinander stritten oder vor Gericht handelten, ist deshalb geschehen, weil die Christen untereinander in feindseliger Weise sich zum großen Ärgernis der Heiden vor den Ungläubigen verklagen und die Heiden daraus abnahmen, wie die Christen einander auch Gewalt und Unrecht antun, dazu ihre unrechte Sache halsstarrig verteidigen, was das Evangelium Christi in Verachtung brachte. Sonst steht es einem Christen frei, dass er das Amt der Obrigkeit anrufen kann und seine Sache vor den weltlichen Gerichten verhandelt. Aber nicht, dass er eine unrechte Sache handhabt oder auch eine gerechte mit giftigem und neidischem Herz abhandelt, noch viel weniger darf er Hass gegen seinen Widersacher im Herzen tragen.
12. Da besprach sich Festus mit dem Rat und antwortete: Auf den Kaiser hast du dich berufen, zum Kaiser sollst du ziehen.
Rat: Es sind ohne Zweifel verständige Menschen gewesen, die im römischen Gesetz ein gutes Wissen hatten.
Antwortet: Nachdem er sah, dass Paulus mit seinem Appellieren ihm jede Möglichkeit genommen hatte, den Juden willfährig zu sein.
Ziehen: Und ich will in deiner Sache kein Urteil fällen. Auf diese Weise ist Paulus damals erhalten worden. Denn Gott hilft oftmals den Unschuldigen durch ordentliche Mittel des Rechts. Darum soll man sie nicht verachten.
13. Aber nach etlichen Tagen kamen der König Agrippa und Bernice gen Cäsarea, Festus zu empfangen.
Empfangen: Als einen neuen römischen Landpfleger, den er ehrenhalber besuchte, damit sie Freundschaft schließen und in Zukunft ihre beiden Regierungen umso friedlicher wären. Diese Ehrerbietung an den König Agrippa ist lobenswert, weil er, obwohl er doch ein König war, dennoch zum Beginn und zur Bestätigung einer Freundschaft zum Landpfleger reiste. Denn die Ehrerbietung und der gute Wille erhalten den Frieden bei hohen und niederen Standespersonen. Gleich, wie wiederum der Übermut viel Unruhe zu verursachen pflegt. Und besonders sollen große Herren sich miteinander bekannt machen und auf freundliche Weise gute Nachbarschaft miteinander halten. Dieser Agrippa, ein Sohn des Herodes, der den Apostel Jakobus, den Bruder des Johannes mit dem Schwert töten ließ {Apg 12} ist ein sehr verständiger Mann gewesen und war beim römischen Kaiser Claudius in großer Gnade, sodass er ihm etliche Fürstentümer in Syrien und Städte in Idumäa geschenkt hatte. Seine Schwester Bernice, die hier erwähnt wird, hat erst den Bruder ihres Vaters zum Mann gehabt, danach, als sie eine Zeit lang im Witwenstand gewesen ist, hat man einen Argwohn gegen sie gefasst, dass sie mit ihrem Bruder Agrippa ungebührliche Sachen treiben würde. Danach hat sie Polemos, ein König in Lycia, zur Ehe genommen.
14. Und da sie viel Tage dort gewesen waren, legte Festus dem Könige den Handel von Paulus vor und sprach: Es ist ein Mann, von Felix hinterlassen gefangen,
15. um welches willen die Hohepriester und Ältesten der Juden vor mir erschienen, da ich zu Jerusalem war, und baten, ich sollte ihn richten lassen;
Richten lassen: Dass ich ihn ihnen zum Urteil und zur Strafe übergeben sollte.
16. welchen ich antwortete: Es ist der Römer Weise nicht, dass ein Mensch ergeben werde umzubringen, ehe denn der Verklagte habe seine Kläger gegenwärtig und Raum empfangen, sich der Anklage zu verantworten.
Gegenwärtig: Für einen rechten und ordentlichen Richter. Denn es wäre unrechtes Handeln, wenn jemand in Gefahr steckt oder zum Tod verurteilt würde, ehe man ihn verhört und seine Sache ordentlich geprüft hätte.
17. Da sie aber zusammen kamen, machte ich keinen Aufschub und hielt des andern Tages Gericht und hieß den Mann vorbringen.
Gericht: Damit ich in solch strittiger Sache ein Urteil fälle. Denn früher wurde kein so langwieriger Prozess des Rechtes angestellt und gehalten, wie es heutzutage der Brauch ist.
18. Von welchem, da die Verkläger auftraten, brachten sie der Ursachen keine auf, der ich mich versah.
19. Sie hatten aber etliche Fragen wider ihn von ihrem Aberglauben und von einem verstorbenen Jesus, von welchem Paulus sagte, er lebte.
Nach Luther: Wie spöttisch und verächtlich redet dieser stolze Heide von Christus und unserem Glauben.
20. Da ich aber mich der Frage nicht verstand, sprach ich, ob er wollte gen Jerusalem reisen und dort sich darüber lassen richten.
Nicht Verstand: Und nicht wusste, was ich davon halten sollte, weil es keine peinliche, noch weltliche oder bürgerliche Rechtssache war, sondern von solchen Sachen handelte, die ich nicht verstehe.
Darüber: Über diesen Streit, den ich nicht verstehe und der meines Erachtens nach nicht vor ein ordentliches Gericht gehört.
21. Da aber Paulus sich berief, dass er auf des Kaisers Erkenntnis behalten würde, hieß ich ihn behalten, bis dass ich ihn zum Kaiser sende.
Zum Kaiser: Den er als Richter wollte. Hier sieht man, auf welch heimtückische und verschlagene Weise der Landpfleger Festus die Ursache erzählt, weswegen Paulus an den Kaiser appelliert hätte, nämlich, weil ihn Festus in die Hände der Juden geraten lassen wollte. Denn die Kinder dieser Welt wissen solches artig zu verbergen, was für ihre Sache nachteilig ist. Was aber zur Erhaltung ihres Ansehens dienlich sein kann, das können sie meisterlich herausstreichen.
22. Agrippa aber sprach zu Festus: Ich möchte den Menschen auch gerne hören. Er aber sprach: Morgen sollst du ihn hören.
Gerne: Von dem ich bis hierher allerlei durch Gerüchte erfahren habe. Denn viele weltweise Leute wollen gelegentlich von den strittigen Religionssachen hören, nicht weil sie es gut damit meinen, oder dass sie sich aus Verlangen nach ihrer Seligkeit dafür interessieren, sondern aus lauter Antrieb des Vorwitzes. Darum ist es auch kein Wunder, dass sie in der Erkenntnis der rechten Religion wenig lernen.
23. Und am andern Tage, da Agrippa und Bernice kamen mit großem Gepränge und gingen in das Richthaus mit den Hauptleuten und vornehmsten Männern der Stadt, und da es Festus hieß, ward Paulus gebracht.
Gepränge: Obwohl nun ein ziemlicher Glanz an den Fürsten und anderen hohen Standespersonen zu seiner Zeit und zu seiner Gelegenheit angemessen ist und nicht getadelt werden kann, so ist doch Übermaß sowohl an der Kleidung, als auch mit vielen Dienern nichts als eine närrische Fantasie und ein nichtiges Zeichen seiner Macht.
24. Und Festus sprach: Lieber König Agrippa und alle ihr Männer, die ihr mit uns hier seid, da seht ihr den, um welchen mich die ganze Menge der Juden angegangen hat, beide, zu Jerusalem und auch hier, und schrien, er solle nicht länger leben.
25. Ich aber, da ich vernahm, dass er nichts getan hatte, was des Todes wert sei, und er auch selber sich auf den Kaiser berief, habe ich beschlossen, ihn zu senden,
Wert sei: Je mehr und je öfter die Juden deswegen Paulus angeklagt haben, umso mehr ist seine Unschuld an den Tag gekommen. Denn Gott wendet die Anschläge der Feinde um, dass es einen widerwärtigen und ganz anderen Ausgang mit der Sache nimmt, als sie sich wohl erhofft hatten.
26. von welchem ich nichts Gewisses habe, das ich dem Herrn schreibe. Darum habe ich ihn lassen hervorbringen vor euch, allermeist aber vor dich König Agrippa, auf dass ich nach geschehener Erforschung haben möge, was ich schreibe;
Herrn schreibe: Denn was die Juden gegen ihn vorbringen, das ist lauter liederliches Zeug und nicht der Mühe wert, es dem Kaiser vorzutragen.
Was ich schreibe: Denn man muss die Obrigkeit genau unterrichten, mit einer ausführlichen und ausreichenden Erklärung aller Umstände, damit diese danach recht urteilen kann. Denn das oft in der Kenntnis einer Sache geirrt wird, geschieht dadurch, dass die Fürsten und Regenten durch fremde Augen sehen müssen. So richtet man etwas, wie man es sieht.
27. denn es scheint mir ein ungeschicktes Ding sein, einen Gefangenen zu schicken und keine Ursache wider ihn anzeigen.
Das 26. Kapitel
- Paulus wiederholt vor dem König Agrippa die ganze Geschichte, wie er sein Leben vor seiner Bekehrung zugebracht hat.
- Danach zeigt er an, wie er bekehrt worden ist und wie er das Evangelium den Juden und Heiden fleißig verkündigt hat.
- Seine Rede wird von Festus und Agrippa behindert.
- Paulus wird für unschuldig erklärt.
1. Agrippa aber sprach zu Paulus: Es ist dir erlaubt, für dich zu reden. Da verantwortete sich Paulus und reckte die Hand aus:
Zu reden: Ich gestatte dir, dass du deine Sache vorträgst und diese vor uns verteidigst, so gut du kannst. Wir wollen dir mit gutem Willen in aller Ruhe zuhören. Diesem Agrippa sind diejenigen sehr ungleich, die andere in ihren Herzen verdammen, von denen sie jedoch noch kein Wort gehört haben, wie sie sich verantworten würden.
Hand aus: Nach der Gewohnheit dieser Zeit, um damit um Ruhe zu bitten.
2. Es ist mir sehr lieb, lieber König Agrippa, dass ich mich heute vor dir verantworten soll alles, dessen ich von den Juden beschuldigt werde,
3. allermeist weil du weißt alle Sitten und Fragen der Juden. Darum bitte ich dich, du wollest mich geduldig hören.
Fragen: Von der Religion. Darum werde ich bei einer solchen Obrigkeit meine Sache verantworten, die sich in allen Dingen, wovon gehandelt wird, gut auskennt und deswegen recht urteilen kann. Denn der König Agrippa war ein Jude und er verstand sich auf die jüdische Religion, darum konnte er auch von den strittigen Religionssachen besser urteilen, als ein heidnischer Mensch. Und es soll keiner eine Sache beurteilen, von der er nichts versteht.
Hören: Was meine Verantwortung ist. Der Inhalt ist, dass er von den Juden verfolgt wird wegen keiner Übeltat, weil er von Jugend auf ein unsträfliches Leben und einen guten Wandel geführt hat, sondern er wurde wegen der christlichen Religion angefeindet, die er doch nicht aus Leichtfertigkeit oder aus Mutwillen, sondern aus einer göttlichen Offenbarung angenommen hat. Diese widerstreben auch nicht den Schriften Moses und der Apostel, sondern stimmen damit überein.
4. Zwar mein Leben von Jugend auf, wie das von Anfang unter diesem Volk zu Jerusalem zugebracht ist, wissen alle Juden,
Zu Jerusalem: Wo ich zu den Füßen Gamaliels erzogen worden bin.
Alle Juden: Die mir selbst Zeugnis geben müssen, wie ich mich in meinem ganzen Leben unsträflich verhalten habe. Denn ich scheue mich nicht, mich auf ihr eigenes Zeugnis zu berufen, wenn sie nur die Wahrheit sagen wollen.
5. die mich vorhin gekannt haben, wenn sie wollten bezeugen. Denn ich bin ein Pharisäer gewesen, welche ist die strengste Sekte unseres Gottesdienstes.
Gekannt haben: Bevor ich die christliche Religion angenommen habe, weswegen sie mich jetzt so anfeinden und verfolgen.
Strengste Sekte: Es ist aber aus der Geschichte bekannt, was die Pharisäer für ein unsterbliches Leben und welch ansehnlichen Wandel vor der Welt sie geführt haben. Darum (will Paulus sagen) kann ich von meinem bisher geführten Wandel das Zeugnis aller Juden, die mich von Jugend auf gekannt haben, zulassen und es wird mir kein Mensch eine Übeltat nachweisen können. Obwohl nun das pharisäische Wesen Gott, dem Herrn, nie gefallen hat, so ist jedoch dies an Paulus zu loben, dass er sich selbst keiner Bosheit vor der Welt bewusst gewesen ist. Und es ist eine große Gabe und Gnade von Gott, besonders an einem Kirchendiener, wenn jemand ein solches Gewissen hat, dass er das wahrhafte Zeugnis aller Menschen, die in recht gekannt haben, annehmen kann.
6. Und nun stehe ich und werde angeklagt über der Hoffnung an die Verheißung, so geschehen ist von Gott zu unsern Vätern.
Hoffnung: Dass ich an den Messias glaube, der unseren Vätern durch die Propheten verheißen worden ist. Dies ist der einzige Grund, weswegen ich nicht nur einmal, sondern schon mehrmals vor den Richterstuhl geschleppt worden bin, und weil ich sicher weiß, dass dieser von den Toten wiederauferstanden ist, und er alle, die an ihn glauben, zur seligen Unsterblichkeit auferwecken wird, worauf auch alle Israeliten hoffen und warten und Gott deshalb stets mit ihren Gottesdiensten dienen. Dies ist es alles zusammen, warum ich gebunden, angeklagt und etliche Male die Todesstrafe gegen mich gefordert wurde, sonst habe ich durchaus nichts Böses begangen. Nun hätte der König Agrippa Paulus vorwerfen können, wenn du so unsträflich gelebt hast, warum sind dann die Hohepriester in Jerusalem und der ganze Rat dort auf dich so schlecht zu sprechen? Es kann freilich keine kleine Ursache für solch einen unversöhnlichen Hass geben? Um diesem Einwand zuvorzukommen, hat Paulus die rechte und eigentliche Ursache seiner Gefangenschaft anzeigen wollen.
7. Zu welcher hoffen die zwölf Geschlechter der Unsern zu kommen mit Gottesdienst Tag und Nacht emsiglich. Dieser Hoffnung halben werde ich, lieber König Agrippa, von den Juden beschuldigt.
8. Warum wird das für unglaublich bei euch gerichtet, dass Gott Tote auferweckt?
Auferweckt: Sollte das jetzt bei den Israeliten für eine unglaubliche Sache gehalten werden, wenn jemand sagt, dass Gott die Toten auferweckt? Gerade so, als ob er durch die Propheten noch nie jemanden erweckt hätte? Und haben die Israeliten, obwohl diese wiederum verstorben sind, darum aufgehört an die allgemeine Auferstehung der Toten zu glauben? Gibt es bei allen frommen Israeliten deshalb keinen Streit, dass wir wieder auferstehen werden, damit wir die Belohnung der Frömmigkeit im anderen Leben empfangen, und warum erscheint es denn dann den Juden so ungereimt und unleidlich, wenn ich lehre, dass Jesus Christus von den Toten auferweckt worden ist und jetzt im Himmel herrscht? Es wäre zu wünschen, dass alle diejenigen an die Auferstehung der Toten im Herzen und mit Ernst glauben, die sie mit dem Mund bekennen.
9. Zwar ich meinte auch bei mir selbst, ich müsste viel gegen den Namen Jesu von Nazareth {Apg 8v3 22v4}.
Zwar: Nach dem Paulus seine Unschuld bewiesen hatte, so erzählt er jetzt, bei welcher Gelegenheit er vom Judentum zu Christus bekehrt und aus einem Verfolger der christlichen Religion ein Hirte der Kirchen Christi geworden ist.
Meinte: Als ich noch ein Pharisäer war, war ich fest davon überzeugt, dass ich Gott einen angenehmen Dienst erweisen würde, wenn ich all meinen Fleiß darauf verwenden würde, dass die ganze christliche Religion und auch der Name Jesu von der Erde vollkommen ausgerottet und vertilgt würde. Und ich meinte, es würde mir von Amts wegen zustehen, wenn ich alle die verfolgte, die an Jesus Christus glaubten.
10. wie ich denn auch zu Jerusalem getan habe, da ich viel Heilige in das Gefängnis verschloss, darüber ich Macht von den Hohepriestern empfing; und wenn sie erwürgt wurden, half ich das Urteil sprechen.
Urteil sprechen: Ich gab meine Stimme dazu, dass man sie zu gebührenden Strafe heranziehen und aus dem Wege räumen sollte.
11. Und durch alle Schulen peinigte ich sie oft und zwang sie zu lästern und war überaus unsinnig auf sie, verfolgte sie auch bis in die fremden Städte.
Sie: Die sich zur christlichen Religion bekannten.
Zu Lästern: Nämlich Christus, aus Furcht vor Strafe, die ich ihnen androhte.
Fremde Städte: Ich begnügte mich nicht damit, dass sich nur in Jerusalem gegen die armen Menschen Wüterei betrieb. Weil also ein so großer Verfolger Christi, der nicht nur gelästert hat, sondern auch andere gezwungen hat, ihn zu lästern und der das Blut der Christen, nur weil sie an Christus geglaubt haben, vergossen hat, dennoch zu Christus bekehrt worden ist und Verzeihung erlangt hat, so soll kein Mensch, der Buße tut, verzagen.
12. Über welchem, da ich auch gen Damaskus reiste mit Macht und Befehl von den Hohepriestern {Apg 9v3},
Befehl: Dass ich Vollmachten mit mir nahm, damit ich noch gräulichere Wüterei treiben konnte gegen die Gemeinde des Herrn.
13. mitten am Tage, lieber König, sah ich auf dem Wege, dass ein Licht vom Himmel, heller denn der Sonne Glanz, mich und die mit mir reisten, umleuchtete.
14. Da wir aber alle zur Erde niederfielen, hörte ich eine Stimme reden zu mir, die sprach auf Hebräisch: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Es wird dir schwer sein, wider den Stachel zu lecken.
Niederfielen: Und vor solch großer göttlicher Majestät erschraken.
Verfolgst du mich: Diejenigen, die Christen wegen der rechten Religion verfolgen, die verfolgen Christus selber.
Zu lecken: Denn die der Wahrheit widerstreben, sind den Ochsen oder Rindern gleich, die gegen den Stachel lecken oder ausschlagen und damit doch dem Stachel keinen Schaden tun, sondern sich selbst nur umso mehr verletzen.
15. Ich aber sprach: Herr wer bist du? Er sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst; aber stehe auf und tritt auf deine Füße.
Bin Jesus: Wie wollten wir an dieser Stelle Paulus Lügen strafen, wenn Christus damals auch nach seiner Himmelfahrt bei Paulus auf Erden gewesen ist?
16. Denn dazu bin ich dir erschienen, dass ich dich ordne zum Diener und Zeugen des, das du gesehen hast, und das ich dir noch will erscheinen lassen.
Zeugen: Dass ich dich aus einem gräulichen Wolf zum treuen Hirten meiner Kirchen mache, denn du wirst ein Diener des Evangeliums sein und öffentlich von mir zeugen, dass ich von den Toten wiederum auferstanden bin, dir auch in meiner herrlichen und himmlischen Majestät erschienen bin, so wie ich dir auch weiterhin erscheinen will und ich dich mit einer besonderen Erkenntnis der himmlischen Geheimnisse erleuchten werde. Denn Gott kann leicht aus einem Wolf ein Schaf, ja einen treuen Hirten machen.
17. Und will dich erretten von dem Volk und von den Heiden, unter welche ich dich jetzt sende,
Erretten: Denn du wirst zwar in viele und mancherlei Gefahren kommen, sowohl unter den Juden als auch unter den Heiden um der Predigt meines Evangeliums willen, aber ich will dich wunderbar erhalten. Denn Gott weiß die Seinen aus der Gefahr zu erretten, bis sie den Lauf ihres Berufs vollendet haben.
18. aufzutun ihre Augen, dass sie sich bekehren von der Finsternis zu dem Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott, zu empfangen Vergebung der Sünden und das Erbe samt denen, die geheiligt werden durch den Glauben an mich.
Ihre Augen: Dass du nämlich durch die Predigt des Evangeliums den Menschen die Augen ihres Herzens und ihres Verstandes öffnest, die vom Teufel geblendet sind, damit sie aus der Finsternis der falschen Religion und Bosheit (wodurch der Mensch schließlich in die äußerste Finsternis gestürzt wird) herausgezogen werden und ans Licht der wahren Erkenntnis Gottes gelangen und dass sie von der Tyrannei des Satans errettet werden, zu Kindern Gottes werden, durch den Glauben an mich Vergebung der Sünden und die himmlische Erbschaft erlangen mit allen Auserwählten, die mit meinem Blut und Geist gereinigt sind. Hier hat man vieles zu beachten. Erstens, dass durch das Predigtamt des Evangeliums die Augen des Herzens aufgetan und die Menschen aus der Finsternis des ewigen Verderbens an das selig machende Licht gezogen werden. Zweitens, dass die, die dem Evangelium glauben, aus der Gewalt des Satans errettet werden. Drittens, dass alle Bußfertigen Vergebung der Sünden erlangen. Viertens, dass wir durch den Glauben der ewigen Erbschaft teilhaftig werden. Fünftens, dass alle Auserwählten geheiligt werden. Dies geschieht aber durch die Zurechnung des Verdienstes Christi und durch das Geschenk des Heiligen Geistes. Endlich, dass dies alles den Menschen widerfährt nicht aus dem Verdienst ihrer Werke, sondern durch den Glauben an Christus.
19. Daher, lieber König Agrippa, war ich der himmlischen Erscheinung nicht ungläubig,
Daher: Jetzt bezieht Paulus die Geschichte von seiner Bekehrung auf sein Tun, das darauf erfolgt ist.
Ungläubig: Noch dem göttlichen Beruf ungehorsam. Denn wie hätte ich ihn ohne große Sünde verachten und in den Wind schlagen können.
20. sondern verkündigte zuerst denen zu Damaskus und zu Jerusalem und in alle Gegend jüdischen Landes, auch den Heiden, dass sie Buße täten und sich bekehrten zu Gott und täten rechtschaffene Werke der Buße.
Verkündigte: So, dass ich Christus, dem Messias und dem Sohn Gottes, willig Gehorsam leistete, als er mich zum Predigtamt seines Evangeliums berief.
Heiden: Ihnen predigte ich ebenso das Evangelium Christi, obwohl sie unbeschnitten waren.
Bekehrten: Von ihren Irrtum und ihrem gottlosen Leben.
Werk: Dass sie nicht allein mit Worten Buße zu tun sich versprachen, sondern dies auch mit guten Werken, als den Früchten, zeigten. Denn wo es keine guten Früchte gibt, da ist gewiss auch an dem Baum nichts Gutes {Mt 7}.
21. Um deswillen haben mich die Juden im Tempel gegriffen und unterstanden, mich zu töten.
Deswillen: Dass ich das Wort Gottes hin und wieder den Juden und Heiden predigte und sie ermahnte, dass sie Buße tun sollten und dem Evangelium glauben, darüber sind mir die Juden so feind geworden. Dies ist eigentlich der besondere Grund ihres ganzen bitteren Hasses und Neides.
Im Tempel: Mit großem Ungestüm und darauf erfolgtem Tumult, wodurch der heilige Ort mich eigentlich vor allen unrechten Gewalten hätte schützen sollen.
Zu töten: Denn die Feinde des Evangeliums sind blutdürstig.
22. Aber durch Hilfe Gottes ist es mir gelungen und stehe bis auf diesen Tag und zeuge beiden, dem Kleinen und Großen, und sage nichts außer dem, was die Propheten gesagt haben, dass es geschehen sollte, und Mose {Lk 24v44}:
Gelungen: Dass ich am Leben geblieben bin.
Und Zeuge: Ich predige das Wort Gottes unverfälscht jedem, egal welchen Standes oder Geschlechtes er ist. Denn man soll die Wahrheit lehren ohne Ansehen der Person.
Und Moses: Ich lehre nur das, was ich aus den Schriften Moses und der Propheten beweisen kann und was Moses und die Propheten vor langer Zeit bereits verkündigt haben. Denn ein Kirchendiener soll keine andere Lehre führen, als die, die einen beständigen Grund in der Heiligen Schrift hat.
23. dass Christus sollte leiden und der Erste sein aus der Auferstehung von den Toten und verkündigen ein Licht dem Volk und den Heiden {1Kor 15v20 Apg 1v5}:
Den Heiden: Will so viel sagen: Ich habe es aus den Schriften der Propheten bewiesen, dass der Messias, der den Erzvätern versprochen worden war, leiden würde und einen schmählichen Tod sterben, dass er aber auch, und zwar als der Erste unter allen Menschen, zur ewigen Unsterblichkeit wiederauferstehen würde und seine Apostel aussenden würde durch die ganze Welt, um die fröhliche Botschaft des Evangeliums (die mit einem herrlichen und hellen Licht verglichen werden kann) dem jüdischen Volk und den Heiden zu verkünden, wie nämlich durch den Tod Christi die ewige Seligkeit erworben ist all denen, die an ihn glauben. Dies ist der vornehmste Zweck aller Propheten, dass sie Christus und sein Reich beschreiben, darum soll man ihn zuallererst in ihren Schriften suchen.
24. Da er aber solches zur Verantwortung gab, sprach Festus mit lauter Stimme: Paulus, du rasest; die große Kunst macht dich rasend.
Du rast: Denn es kam dem Festus, als einem heidnischen Menschen, sehr ungereimt vor, dass Paulus sagte, Christus wäre von den Toten auferstanden und dass Christus schmählicher Tod für die Sünden der ganzen Welt genug getan hätte, dass er auch ein Heiland der Welt sein sollte, der am Kreuz (oder wie wir sagen würden, am Galgen) gestorben ist. Denn der gekreuzigte Christus ist den Juden ein Ärgernis und für die Heiden eine Torheit gewesen, wie Paulus oft bezeugt. Und die menschliche Vernunft und Weisheit verlacht die Geheimnisse der christlichen Religion oft höhnisch. Aber sie wird von Gott wiederum auch verspottet. Auch wenn nun Festus an dieser Stelle sich irrt, wenn er meint, Paulus sei durch allzu viel Studium von Sinnen gekommen, so kann man jedoch nicht in Abrede stellen, dass ein übermäßiges Studium, das vielleicht auch noch zur falschen Zeit vorgenommen wird einen Menschen wohl bald so an seinen Sinnen verrückt und närrisch machen kann, als dass er ein Ausbund von einem gelehrten und verständigen Mann werden könnte.
25. Er aber sprach: Mein teurer Festus, ich rase nicht, sondern ich rede wahre und vernünftige Worte.
Vernünftige Worte: Es ist alles wahr und nichts ist ungereimt oder närrisch, was sich bisher geredet habe.
26. Denn der König weiß solches wohl, zu welchem ich freudig rede; denn ich achte, ihm sei der keines nicht verborgen, denn solches ist nicht im Winkel geschehen.
Freudig Rede: Weil er die Sache versteht und viel Wissen davon hat. Denn Agrippa bekannte sich zu der jüdischen Religion.
Winkel geschehen: Was ich bisher vom Leiden, Tod und der Auferstehung Christi und von der Predigt des Evangeliums in seinem Namen gesagt habe, das sind keine erdichteten oder unsinnige Worte eines Menschen, sondern alle sicher und wahrhaftig. Und diese Sachen haben sich in Jerusalem, an einem berühmten Ort größtenteils zugetragen, daher sind sie nicht unbekannt. Er bezweifelt auch nicht, dass dem König Agrippa dies alles unverborgen war. Denn er hatte das Gerücht von den Wunderwerken Jesu gehört und wusste, dass er gekreuzigt worden war, desgleichen dass die Apostel Christi mit vielen Wunderzeichen die Lehre von der Auferstehung und vom geistlichen Sieg Jesu Christi bestätigt haben. Dass Paulus hier dem Festus so leidenschaftlich antwortet, der ihm doch ungestüm in die Rede gefallen ist, will uns lehren, wie wir uns gegen die Obrigkeit mit Anstand verhalten sollen, und keine trotzigen oder harten Antworten geben, auch wenn wir mit etwas rauen Worten angefahren werden.
27. Glaubst du, König Agrippa; den Propheten? Ich weiß, dass du glaubst.
Glaubst du: Jetzt spricht Paulus den König Agrippa direkt an.
Ich weiß: Paulus wartet die Antwort von Agrippa nicht ab, sondern antwortet selber für ihn.
Glaubst: Dass es wahr ist und dass die Schriften der Propheten ihnen vom Geist Gottes eingegeben wurden. (Denn Agrippa war ein Jude) Wenn du aber den Propheten glaubst, so musst du auch notwendigerweise dem Evangelium Christi glauben, welches in den Schriften der Propheten seinen Grund hat. Denn wer den Schriften der Propheten wahrhaft glaubt, der wird auch dem Evangelium Christi Glauben schenken. Aber die Juden in unserer Zeit glauben dem Evangelium nicht, weil sie die Weissagung der Propheten nicht verstehen. Wie sollten sie ihnen dann wahrhaftig glauben?
28. Agrippa aber sprach zu Paulus: Es fehlt nicht viel, du überredest mich, dass ich ein Christ würde.
Christ würde: Ich meine, Agrippa habe dies vielmehr als eine nette Höflichkeit gemeint, als dass es ihm mit der Sache ein rechter Ernst gewesen wäre, besonders in einer so besonderen Versammlung. Denn man liest nichts davon, dass er später noch gewünscht hätte, Paulus weiter zu hören. Denn obwohl etliche weltweise Leute der rechten Religion nicht widerstreben, sie auch nicht verfolgen, so nehmen sie diese allerdings auch nicht an.
29. Paulus aber sprach: Ich wünschte vor Gott, es fehlte an viel oder an wenig, dass nicht alleine du, sondern alle, die mich heute hören, solche würden, wie ich bin, ausgenommen diese Bande.
Ich bin: Soviel, wie die Religion anbetrifft. Denn wir sollen nach der Wohlfahrt und Seligkeit anderer Menschen ein Verlangen haben.
Bande: Die ich niemanden wünschen möchte.
30. Und da er das gesagt, stand der König auf und der Landpfleger und Bernice, und die mit ihnen saßen,
Saßen: Nämlich die Vornehmsten unter anderen.
31. und entwichen beiseits, redeten miteinander und sprachen: Dieser Mensch hat nichts getan, was des Todes oder der Bande wert sei.
Beiseite: Ein wenig vom anderen Haufen abgesondert.
Wert sei: Wir finden nichts an diesem Menschen, wofür er das Gefängnis, geschweige denn den Tod verdient hätte. Deswegen sollen wir uns vor den Verleumdungen nicht fürchten, wenn wir ein gutes Gewissen haben. Denn Gott wird immer fromme Menschen erwecken, die unsere Unschuld bezeugen werden.
32. Agrippa aber sprach zu Festus: Dieser Mensch hätte können losgegeben werden, wenn er sich nicht auf den Kaiser berufen hätte.
Berufen hätte: Weil er aber an den Kaiser appelliert hat, so wird man ihn auch zum Kaiser in Italien senden müssen. Indem die Juden also Paulus in Gefangenschaft gebracht und sich bemüht haben, ihn mit Verleumdungen zu beschweren und seinem guten Namen einen Schandfleck anzuhängen, haben sie damit nichts anderes ausgerichtet, als dass seine Unschuld umso mehr an den Tag gekommen und das Evangelium von Christus umso weiter ausgebreitet worden ist.
Das 27. Kapitel
- Paulus wird mit etlichen anderen nach Rom gebracht.
- Und seine gutherzige Warnung vor dem bevorstehenden Schiffbruch wird in den Wind geschlagen; der Schiffbruch erfolgt aber alle kommen lebendig ans Land.
1. Da es aber beschlossen war, dass wir nach Welschland schiffen sollten, übergaben sie Paulus und etliche andere Gefangene dem Unterhauptmann mit Namen Julius von der kaiserlichen Schar.
Da: Bisher haben wir gehört, was Paulus für Gefahr auf dem Land überstanden hat. Jetzt folgt, was ihm zu Wasser und auf dem Meer begegnet ist.
Schar: Denn jede römische Schar hatte einen besonderen Namen, damit sie voneinander unterschieden werden konnten. Daran, dass die Gefangenen nach den Gesetzen der Römer, mit großen Kosten und viel Mühe auf eine solch weite Reise bis nach Italien verschickt worden sind, weil sie sich auf den Kaiser berufen haben, sieht man, mit welch großem Ernst die Römer ihre Gesetze gehandhabt haben. Denn wo man über gute und rechte Ordnung mit Ernst achtet, da ist eine Regierung beständig, wo man aber gute Gesetze ohne Scheu übertreten darf, da kann eine Regierung nicht lange bestehen.
2. Da wir aber in ein adamitisches Schiff traten, dass wir an Asien hin schiffen sollten, fuhren wir vom Lande; und es war mit uns Aristarchus aus Mazedonien von Thessalonich.
Adramitisches Schiff: Das aus adramitischen Insel in Lycia Ware gebracht hatte.
Aristarchus: Ein sehr frommer und gottseliger Mensch, der im 19. Kapitel um Paulus willen in dem Aufruhr in Ephesus mit Cajus in Leib und Lebensgefahr gekommen ist. Davon schreibt auch Paulus in Kolosser 4. Es grüßt euch Aristarchus, meine Mitgefangenen. Hier sieht man, wie wunderbar Gott seinen Auserwählten Süßes und Saures durcheinander mischt und ihnen ihre Traurigkeit lindert. Denn es hatte ein trauriges Ansehen, dass Paulus unter andere Gefangenen, die zweifellos böse Gesellen gewesen sind, gerechnet worden ist, gleich, wie auch Christus unter zwei Mördern gehangen hat. Wiederum aber war es ihm fast ein Trost, dass ihm Gott fromme und getreue Gefährten gegeben hat, wie den Evangelisten Lukas und Aristarchus aus Mazedonien, durch deren gottselige Gespräche er oft in seinen Trübsalen erfreut worden ist. Denn Gott ist getreu und lässt keine Versuchungen zu, die über unser Vermögen gehen {1Kor 10}.
3. Und kamen des andern Tages an zu Sidon. Und Julius hielt sich freundlich gegen Paulus, erlaubte ihm, zu seinen guten Freunden zu gehen und seiner zu pflegen:
Pflegen: Dass er sich mit seinen guten Freunden und christlichen Mitbrüdern erfreuen möchte und sich mit notdürftigen Sachen zu so einer weiten und verdrießlichen Reise gefasst machte. In diesem Beispiel wird Gottes Güte abermals gespürt, wie er die Herzen der Menschen so in seiner Hand hat, dass er uns auch diejenigen gewogen macht, die nicht von unserer Religion sind. Dass aber Paulus hier keine Gelegenheit gesucht hat, wie ihm durch die christlichen Brüder aus den Fesseln geholfen werden und er entfliehen könnte, hat den Grund, dass er den Unterhauptmann geschont hat, der in Lebensgefahr geraten wäre, wenn sich Paulus davongemacht hätte. Denn wir sollen nicht unseren Nutzen suchen mit dem Schaden anderer Leute.
4. Und von dort stießen wir ab und schifften unter Zypern hin, darum dass uns die Winde entgegen waren.
Unter Zypern: Sodass wir diese Insel in der Nähe liegen ließen.
Entgegen waren: Und wir nicht fortkommen konnten, wie wir es wollten. So ist diese ganze Schifffahrt nicht ganz so gut verlaufen, bis sie sogar schließlich Schiffbruch erlitten haben.
5. Und schifften auf dem Meer vor Zilizien und Pamphylien über und kamen gen Myra in Lyzien.
6. Und dort fand der Unterhauptmann ein Schiff von Alexandrien; das schiffte nach Welschland und lud uns darauf.
7. Da wir aber langsam schifften und in viel Tagen kaum gegen Knidus kamen (denn der Wind wehrte uns), schifften wir unter Kreta hin nach der Stadt Salmone.
Langsam schifften: Es ging langsam vonstatten mit unserer Schifffahrt, weil wir selten guten Wind hatten. Diese mühselige und unglückliche Schifffahrt gibt zu verstehen, dass die Christen in dieser Welt oftmals mit mancherlei beschwerlichen Zuständen überfallen werden, wo unterdessen die Gottlosen im Müßiggang und in Wollust ein gutes Leben haben, wie der 37. und 73. Psalm ausführlich bezeugen. Aber doch ist das Glück der Gottlosen unbeständig und wandelbar und endet mit ewiger Pein und Qual, wohingegen die Trübsal der Frommen in eine stetige und unaufhörliche Freude verändert wird.
8. Und zogen kaum vorüber, da kamen wir an eine Stätte, die da heißt Gutfurt; dabei war nahe die Stadt Lasäa.
9. Da nun viel Zeit vergangen war, und nunmehr gefährlich war zu schiffen, darum dass auch das Fasten schon vorüber war, ermahnte sie Paulus.
Vergangen war: Und wir dennoch erst eine kurze Reise hinter uns hatten.
Gefährlich war: Wegen der ungünstigen Jahreszeit.
Fasten: Der Juden. Das um das Monatsende des Septembers begann, da hätten die Schiffsleute besser gehandelt, wenn sie sich in ein Winterlager begeben hätten. Lukas berichtet auch von dem Fasten, das die Juden auf das Fest der Versöhnung abhielten. Davon steht in 3. Mose 16 geschrieben: Am 10. Tag des 7. Monats (der zum Teil mit unserem Herbstmonat zum Teil auch mit dem Wintermonat eintrifft) sollt ihr euren Leib kasteien (mit Fasten: Denn an diesem Tag geschieht eure Versöhnung, dass ihr von all euren Sünden vor dem Herrn gereinigt werdet. Es war aber den Juden das Fasten nicht in dem Sinn befohlen, dass sie mit diesem Werk ihre Sünden büßen könnten, sondern damit das Gebet umso inbrünstiger und eifriger wäre, indem sie um Vergebung der Sünden aus Gnaden Gott anriefen.
Ermahnte sie: Die Schiffsleute, besonders aber den Unterhauptmann. Weil in diesem Land der Winter damals nahte, als das Meer anfing, ungestüm zu werden und mehr, dazu noch größere Gewitter als sonst zu beobachten waren.
10. und sprach zu ihnen: Liebe Männer, ich sehe, dass die Schifffahrt will mit Beleidigung und großem Schaden ergehen, nicht allein der Last und des Schiffes, sondern auch unseres Lebens.
Unseres Lebens: Denn die Jahreszeit und die Beschaffenheit der Gewitter bringen es mit sich, dass wir in einem Hafen liegen und überwintern müssen, als dass wir das Schiff samt der Ware und unserem Leben in Gefahr bringen. Paulus spricht aber aus Erfahrung, weil er wohl wusste, wie es mit dergleichen zur Unzeit vorgenommenen Schiffsfahrten auszugehen pflegte. Denn so schreibt er an die Korinther: Ich habe dreimal Schiffbruch erlitten, Nacht und Tag habe ich zugebracht in der Tiefe des Meeres. Ich bin in Gefahr gewesen auf dem Wasser, in Gefahr auf dem Meer {2Kor 11}. Darum seht eher von dieser Schifffahrt ab. Denn obwohl Paulus die göttliche Verheißung hatte, dass er in Rom das Evangelium von Christus predigen sollte, so hat er doch mit diesem Beispiel gelehrt, dass man Gott nicht versuchen soll. Er wird aber von uns versucht, wenn wir uns in unnötige Gefahr begeben.
11. Aber der Unterhauptmann glaubte dem Schiffsherrn und dem Schiffsmann mehr denn dem, was Paulus sagte.
Schiffsherrn: Dem das Schiff eigentlich gehörte. Und er dachte, die Schiffsleute würden es besser wissen, wie es mit der Schifffahrt beschaffen wäre, als Paulus, weil es ihr Handwerk war, womit sie täglich umgingen. Aber der Unterhauptmann hat sich in dieser Sache weit geirrt, wie der Ausgang bald danach bezeugen wird. Und man muss bei Ratschlägen nicht ständig auf das Ansehen achten, sondern die Gründe betrachten, die vorgebracht werden, und diese gelten lassen. So findet bisweilen auch ein Blinder ein Hufeisen und verdirbt viel Witz die Tasche eines armen Mannes.
12. Und da die Anfurt ungelegen war zu überwintern, bestanden der größte Teil auf dem Rat, von dort zu fahren, ob sie könnten kommen nach Phönix um dort zu überwintern, welches ist eine Anfurt an Kreta, gegen den Wind Südwest und Nordwest.
An Kreta: Wenn sie an diesem Ort geblieben wären, hätten sie eine gute Gelegenheit gehabt, um dort zu überwintern.
13. Da aber der Südwind wehte, und sie meinten, sie hätten nun ihr Vornehmen, erhoben sie sich gen Assos und fuhren an Kreta hin.
Südwind wehte: Der ihnen zu ihrer Reise dienlich war.
Ihr Vornehmen: Dass es ihnen mit Ihrer Reise glücklich vonstattengehen würde.
Erhoben sie sich: Dass sie wieder vom Land abstießen, den Rat des Paulus verwarfen, aber dem Schiffsherrn folgten, der weiterfahren wollte.
14. Nicht lange aber danach erhob sich wider ihr Vornehmen, eine Windsbraut, die man nennt Nordost.
Nordost: Dies ist ein sehr ungestümer Wind und den Schiffen sehr gefährlich, sodass er nicht nur die Segel zerreißt und den Mastbaum bricht, sondern auch ganze Schiffe bisweilen so lange herumtreibt, bis sie endlich zu Trümmern gehen. Böse Vorhaben lassen sich oft gut an, als ob sie glücklich vonstattengehen würden, aber schließlich wendet es sich und das Unglück schlägt in Massen herein, dass man es nicht genug abwehren kann.
15. Und da das Schiff ergriffen ward und konnte sich nicht wider den Wind richten, gaben wir es dahin und schwebten also.
Wind richten: Weil dieser für uns ständig ungünstig wehte.
Schwebten also: Ins Ungewisse, sodass wir nicht wussten, wo wir hinkommen würden.
16. Wir kamen aber an eine Insel, die heißt Klauda; da konnten wir kaum einen Kahn ergreifen.
Kaum: Weil uns die Gewalt des Windes daran sehr hinderlich war.
17. Den hoben wir auf und brauchten der Hilfe und banden ihn unten an das Schiff; denn wir fürchteten, es möchte in die Syrte fallen, und ließen das Gefäß hinunter und fuhren also.
Syrte: (Nach Luther) Das sind Wirbelstürme an den sandigen Orten vor Afrika.
Gefäße: Nämlich den Kahn. Der Sinn ist Folgender: Dass sie den Kahn, der sonst hinter dem Schiff festgemacht war mit Seilen und anderen Instrumenten, die sie zur Hand gehabt haben, vorne an das Schiff angebunden und über Kreuz auf beiden Seiten des Schiffes hinabgelassen hatten, damit das Schiff so einigermaßen stabil gehalten würde und nicht zertrümmert würde. Sie mussten sich sorgen, dass es nicht etwa vom Wind mit Gewalt in die Syrten getrieben würde. Dies sind sandige Wirbelstürme und für die Schiffsleute sehr schädliche Stellen im Meer bei Afrika. Denn man muss sehen, wie man die Irrtümer, die in Entscheidungen gefasst sind, so viel wie möglich verbessert, wenn die Entscheidungen an sich selbst nicht mehr geändert werden können.
18. Und da wir groß Unwetter erlitten hatten, da taten sie des nächsten Tages einen Auswurf.
Erlitten hatten: Sodass wir in großer Lebensgefahr waren.
Auswurf: Dass sie einen Teil der Last aus dem Schiff ins Meer warfen, damit das Schiff leichter würde und die Gefahr eines Anstoßes auf einer Sandbank keine so großen Sorgen bereiten müsste.
19. Und am dritten Tage warfen wir mit unsern Händen aus die Bereitschaft im Schiffe.
Dritten Tag: Als das Gewitter nicht nachließ und die Gefahr daher nur umso größer wurde.
Bereitschaft: Allerlei Ware und Ausrüstungen. Das hieß freilich, einen Verlust erleiden. Dennoch ist es besser, dass man auf die Güter verzichtet, als das Leben dazu zu verlieren. Wiederum ist es auch viel ratsamer, um der rechten Religion willen Gut und Blut zu wagen, als die ewige Seligkeit zu verscherzen.
20. Da aber in vielen Tagen weder Sonne noch Gestirn erschien, und nicht ein kleines Unwetter wider uns war, war alle Hoffnung unseres Lebens dahin.
Dahin: Denn wir konnten dem Wind nicht mehr widerstehen und wussten auch nicht, wo wir waren. Wo aber aller Menschen Hilfe zu Ende ist, da geht Gottes Hilfe an.
21. Und da man lange nicht gegessen hatte, trat Paulus mitten unter sie und sprach: Liebe Männer, man sollte mir gehorchen und nicht von Kreta aufgebrochen haben und uns dieses Leides und Schadens überhoben haben.
Nicht gegessen: Weil in dieser Traurigkeit und dem Schrecken keiner von uns ans Essen gedacht hat.
Gehorcht: Weil ich etliche Tage vor unserer Schifffahrt bereits sagte, dass es so passieren würde.
Kreta: Auf dieser Insel hätten wir sicher und wohlbehütet überwintern können.
Überhebt: So hätten wir diesem Unglück und dem Verlust der Ware wohl entgehen können.
22. Und nun ermahne ich euch, dass ihr unverzagt seid; denn keines Leben aus uns wird umkommen ohne das Schiff.
Unverzagt seid: Die Sachen können stehen, wie sie wollen, so sollt ihr dennoch in dieser größten Gefahr und äußersten Not, wie es scheint, an eurem Leben nicht verzagen.
Keines Leben: Ihr werdet alle am Leben erhalten bleiben und ans Land kommen.
Ohne das Schiff: Das im Stich gelassen wird und draufgehen wird. Hier hat man zu beachten, dass Paulus mit wenigen Worten und in großer Bescheidenheit darauf hinweist, dass man seinen nützlichen Rat verachtet hatte. Der übrige Teil seiner Rede ist durchaus voll von herrlichem Trost, indem er auch anzeigt, durch welche Mittel sie aus der Gefahr errettet werden können. Denn weise und verständige Menschen geben beizeiten einen guten Rat und wenn man diesen verwirft, lassen sie es geschehen. Wenn es auch danach den Ausgang nimmt, dass widerwärtige Ratschläge von anderen sich als dumm und gefährlich erweisen, so machen sie davon nicht viele Worte oder reden den Ratgebern übel nach, sondern sind darauf bedacht, wie der Irrtum so weit wie möglich noch verbessert werden kann, damit nicht noch ein größeres Unglück geschieht.
23. Denn diese Nacht ist bei mir gestanden der Engel Gottes, dessen ich bin, und dem ich diene,
Dessen ich bin: Denn wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn {Röm 14}.
24. und sprach: Fürchte dich nicht, Paulus; du musst vor den Kaiser gestellt werden; und siehe, Gott hat dir geschenkt alle, die mit dir schiffen.
Gestellt werden: Wie es dir Gott zuvor verheißen hat, darum wirst du in diesem Schiffbruch nicht umkommen.
Mit dir schiffen: Dass sie mit dir erhalten werden sollen, weil du so emsig für sie gebeten hast. Dass Paulus von einem Engel Trost empfängt, soll uns daran erinnern, dass auch vortreffliche Menschen einen Trost aus dem Wort Gottes nötig haben, wenn sie in Gefahr und Anfechtung stecken, weil der furchtsame alte Adam noch an ihnen geklebt. Weil aber heutzutage uns keine Engelserscheinungen mehr widerfahren, so sollen wir anstelle der Engel fromme Leute hören. Ferner lernen wir hier, dass um eines oder zweier frommer Menschen willen oft viele Böse leiblich erhalten werden. Zudem erinnert uns das Beispiel Paulus, dass wir nicht allein für die Frommen, sondern auch für die Bösen bitten sollen, weil aus bösen Menschen fromme werden können.
25. Darum, liebe Männer, seid unverzagt; denn ich glaube Gott, es wird also geschehen, wie mir gesagt ist.
Seid unverzagt: Nach diesem Beispiel des Paulus sollen wir auch die Kleinmütigen trösten, wie er uns dieses zu tun heißt {1Thes 5}. Und wir sollen uns mit Glauben auf die göttliche Verheißung verlassen, denn der Ausgang wird gewiss so erfolgen, wie wir hoffen.
26. Wir müssen aber anfahren an eine Insel.
Insel: Denn so hatte es mir Gott geoffenbart. Deswegen müssen wir, wo er uns eine Insel zeigen wird, das Schiff dahin lenken und das Glück, auf dem hohen Meer zu fahren, nicht weiter versuchen. Denn wir müssen die Mittel unserer Wohlfahrt, die Gott uns zeigt, ergreifen und in die Hand nehmen, damit wir Gott nicht versuchen.
27. Da aber die vierzehnte Nacht kam, und wir in Adria fuhren um die Mitternacht, wähnten die Schiffsleute, sie kämen etwa an ein Land.
Vierzehnte Nacht: Von der Zeit an, als das Unwetter entstanden ist und sie auf dem Meer in großer Gefahr schwebten.
Wähnten: Als vielleicht der Mond ein wenig durch die Wolken geschienen hat, sodass sie etwas um sich herum sehen konnten.
Land: Und sie sind in ihrer Meinung nicht betrogen worden.
28. Und sie senkten den Bleiwurf ein und fanden zwanzig Klafter tief. Und über ein wenig von dort senkten sie abermals und fanden fünfzehn Klafter.
Bleiwurf ein: Ins Meer, sowie die Schiffsleute dergleichen bleierne Instrumente haben, womit sie die Tiefe des Meeres messen können.
Von dort: Um etwas näher an das Land, das sie gesehen hatten, zu gelangen.
29. Da fürchteten sie sich, sie würden an harte Orte anstoßen, und warfen hinten vom Schiffe vier Anker und wünschten, dass es Tag würde.
Anstoßen: Denn je geringer die Tiefe des Meeres ist, umso gefährlicher ist es für ein Schiff.
Anker: Die das Schiff festhielten, damit es nicht weiter fortschwimmen konnte.
Tag würde: Damit sie sehen konnten, wo sie hinkommen würden und wie sie ihre Sache bewerkstelligen könnten.
30. Da aber die Schiffsleute die Flucht suchten aus dem Schiffe und den Kahn niederließen in das Meer und gaben vor, sie wollten die Anker vorne aus dem Schiffe lassen,
Flucht suchten: Weil sie bemerken, dass das Schiff in kurzer Zeit in Stücke zerbrechen würde.
Schiffe lassen: Und ins Meer werfen, damit das Schiff umso fester stünde.
31. sprach Paulus zu dem Unterhauptmann und zu den Kriegsknechten: Wenn diese nicht im Schiff bleiben, so könnt ihr nicht beim Leben bleiben.
Leben bleiben: Bei diesem bevorstehenden Schiffbruch. Denn wer soll uns, die wir von der Schifffahrt nichts verstehen, in solcher großen Gefahr zeigen, wie wir das Schiff ans Land bringen sollen?
32. Da hieben die Kriegsknechte die Stricke ab von dem Kahn und ließen ihn fallen.
Fallen: Ins Meer, damit also den Schiffsleuten alle Hoffnung der Ausflucht genommen würde, sie im Schiff bleiben mussten und umso mehr Fleiß daransetzen sollten, das Schiff zu erhalten, solange es möglich war. Es ist aber dies eine große Bosheit an den Schiffsleuten gewesen, dass sie durch ihre Unvorsichtigkeit die anderen auch mit in Lebensgefahr gebracht haben und sie danach zu verlassen und, soviel an ihnen lag, deren Wohlfahrt und Leben nicht wünschten. Solche Art Treue findet man bei den Weltkindern. Dass aber Paulus sagt, die im Schiff könnten nicht am Leben erhalten werden, wenn die Schiffsleute nicht bei ihnen blieben, ist keineswegs so zu verstehen, als wäre es unserm Herrn Gott unmöglich gewesen, sie zu retten, oder, als ob er an der Verheißung, die er von den Engeln empfangen hatte, gezweifelt hätte, sondern weil man die ordentlichen Mittel zur Wohlfahrt nicht versäumen soll, damit man Gott nicht versucht.
33. Und da es anfing, licht zu werden, ermahnte sie Paulus alle, dass sie Speise nähmen, und sprach: Es ist heute der vierzehnte Tag, dass ihr wartet und ungegessen geblieben seid und habt nichts zu euch genommen.
Speise nehmen: Damit sie wieder zu Kräften kamen und schwimmen konnten.
Geblieben seid: Wegen der ständigen großen Angst vor dem vor Augen schwebenden Tod. Auch wenn man sonst der Meinung ist, dass keiner mehr als 7 oder 9 Tage ohne Nahrung leben kann, so ist es doch zu glauben, dass die große Angst alle Empfindlichkeit des Hungers von ihnen genommen hat, weil eine heftige Bewegung in einem Menschen die andere, die nicht so heftig ist, vertreibt. Und man kann aus dieser Stelle auch ableiten, was für einen großen Jammer Paulus, seine treuesten Gefährten, Lukas und Aristarchus aus Mazedonien ausgestanden haben. Denn Gott versucht die Seinen oft hart, aber er errettet und erhält sie auch.
34. Darum ermahne ich euch, Speise zu nehmen, euch zu laben; denn es wird euer keinem ein Haar von dem Haupt entfallen.
Zu laben: Damit ihr nicht aus körperlicher Schwäche von den Wellen des Meeres überwältigt werdet. Hier sieht man erneut, dass, obwohl die Erlösung sicher ist, man dennoch die ordentlichen Mittel nicht verachten oder versäumen soll.
Entfallen: Sondern ihr werdet alle, ohne einen Schaden am Leib zu erleiden davonkommen, darum seid guten Mutes.
35. Und da er das gesagt, nahm er das Brot, dankte Gott vor ihnen allen und brach es und fing an zu essen.
Dankte Gott: Für die gegenwärtige Speise. Denn man soll nicht ohne Gebet und ohne Danksagung zum Tisch oder davon weggehen.
36. Da wurden sie alle guten Muts und nahmen auch Speise.
Guten Mutes: Dass sie durch die Rede des Apostel Paulus aufgemuntert und an seinem Beispiel gestärkt wurden. So konnte ihnen Paulus allen Mut zusprechen, wie kleinmütig sie auch gewesen sind. Es ist deswegen eine besondere gute Tat, wenn man einen frommen Menschen bei sich hat, der in der Gefahr beherzt ist. Es hat aber das Wort Gottes in diesem gefährlichen Zustand Paulus Mut gemacht, weil er diesem fest geglaubt hat. So sollen auch wir uns in Widerwärtigkeiten auf die göttliche Verheißung verlassen.
37. Unser waren aber alle zusammen im Schiff zweihundert und sechsundsiebenzig Seelen.
Seelen: Oder Menschen, die Gott der Herr allesamt in diesem Schiffbruch erhalten hat, sodass nicht ein Einziger umgekommen ist. So groß ist Gottes Gnade, Allmacht und Güte.
38. Und da sie satt wurden, erleichterten sie das Schiff und warfen das Getreide in das Meer.
In das Meer: Damit das Schiff dadurch leichter würde und weil das Wasser nicht tief war, es nicht so hart auf den Grund stieße und sie so näher ans Ufer kommen konnten. So ist es besser, dass man die Güter, als den Leib verliert, wie es auch oben beschrieben ist.
39. Da es aber Tag ward, kannten sie das Land nicht. Einer Anfurt aber wurden sie gewahr, die hatte ein Ufer; dahin wollten sie das Schiff treiben, wo es möglich wäre.
Tag wurde: Dass man alles besser sehen konnte.
Land nicht: Sie wussten nicht, wie das Land hieß, das sie sahen, sondern sie waren an einem unbekannten Ort.
40. Und da sie die Anker aufgehoben, ließen sie sich dem Meer und lösten die Ruderbande auf und richteten den Segelbaum nach dem Winde und trachteten nach dem Ufer.
Ruderbande auf: Damit das Schiff frei und ungehindert vom Wind weggetrieben werden konnte.
41. Und da wir fuhren an einen Ort, der auf beiden Seiten Meer hatte, stieß sich das Schiff an, und das Vorderteil blieb fest stehen unbeweglich; aber das Hinterteil zerbrach von der Gewalt der Wellen.
Beiden Seiten: Anscheinend eine Sandbank, die auf beiden Seiten vom Wasser umgeben war.
Wellen: Die mit großem Ungestüm gegen das Schiff stießen und es zerbrachen, sodass sie Schiffbruch erlitten.
42. Die Kriegsknechte aber hatten einen Rat, die Gefangenen zu töten, dass nicht jemand, so heraus schwimmt und entflöhe.
Zu töten: So ist Paulus mit seinen Gefährten wiederum in größerer Gefahr gewesen, als jemals zuvor. Denn der Teufel sucht allerhand Mittel und Wege, wie er solche trefflichen Apostel wegräumen könnte. Und hier spürt man die Undankbarkeit der Welt, wie sie den frommen Leuten ihre großen Guttaten zu vergelten pflegt. Denn diejenigen, die um Paulus willen von Gott am Leben erhalten wurden und die Paulus getröstet hatte, sie auch an Leib und Gemüt erquickt hat, ihnen dazu einen Weg gezeigt hat, wie sie dem Tod entgehen könnten, die wollten Paulus und seine Gefährten töten. Wir sollen aber wegen der Undankbarkeit der Menschen nicht aufhören, uns um jedermann verdient zu machen. Denn Gott wird es belohnen.
43. Aber der Unterhauptmann wollte Paulus erhalten und wehrte ihrem Vornehmen und hieß, die da schwimmen könnten, sich zuerst in das Meer lassen und entrinnen an das Land,
Paulus: Dem er mehr gewogen war und von dem er viel hielt.
Vorhaben: Dass es nicht ausgeführt wurde. Daran, dass der Hauptmann den grausamen Anschlag seiner Kriegsleute abgewehrt hat, lernen wir, dass Gott über die Seinen wacht, damit sie nicht durch die List des Teufels unterdrückt werden. Dass auch Paulus am Leben erhalten wurde und einer großen Gefahr auf dem Wasser entgangen ist, bezeugt, dass die göttlichen Verheißungen erfüllt werden und weder durch Unwetter noch Sturm, die der Teufel erregt, verhindert werden können. Auch wenn nun nicht alle Christen mit Schiffen auf dem Meer unterwegs sind, so sind sie doch vieler Gefahren und mancherlei Trübsal unterworfen. So wie aber Paulus, Lukas und Aristarchus beim Schiffbruch erhalten worden sind, so wird uns auch Gott in der größten Gefahr so lange erhalten, bis wir unsere Aufgaben vollendet haben.
44. die andern aber, etliche auf den Brettern, etliche auf dem, was vom Schiffe war. Und also geschah es, dass sie alle erhalten zu Lande kamen.
Das 28. Kapitel
- Die Einwohner von Melite erzeigen sich gegen den Schiffbrüchigen freundlich.
- Paulus wird von einer giftigen Schlange in die Hand gebissen, erleidet aber keinen Schaden
- Danach tun sie auf dieser Insel herrliche Wunderwerke.
- Als sie von Melite abstoßen, kommen sie schließlich auf dem Landweg nach Rom.
- Paulus erklärt den Juden, die in Rom waren, seine Sache und seine Lehre und predigt dort zwei Jahre lang das Evangelium.
1. Und da wir auskamen, erfuhren wir, dass die Insel Melite hieß.
Und: Bis hierher haben wir gehört, wie Paulus Schiffbruch erlitten hat. Jetzt lasst uns aber auch vernehmen, wie freundlich er mit seinen Gefährten auf der Insel Melite oder Malta aufgenommen worden ist.
2. Die Leute aber erzeigten uns nicht geringe Freundschaft, zündeten ein Feuer an und nahmen uns alle auf um des Regens, der über uns gekommen war, und um der Kälte willen.
Freundschaft: Womit wir bei diesen unbekannten Leuten in der Fremde nicht gerechnet hatten.
Kälte willen: Die zu dieser Jahreszeit den Leuten hart zusetzte, besonders denen, die aus dem Wasser schwimmend gekommen waren. Die Freundlichkeit dieser Menschen ist lobenswert und jedermann sollte versuchen, es ihnen nachzutun, dass wir elenden Menschen, auch wenn sie fremd und unbekannt sind, nicht noch mehr betrügen, sondern ihnen vielmehr nach unserem Vermögen behilflich sind und ihre Trübsal lindern. Und man empfängt normalerweise von denen die größte und meiste Wohltat, denen wir es am wenigsten zutrauen. Denn wer hätte gedacht, dass diese unbekannten Leute gegenüber den Fremden so hilfsbereit wären?
3. Da aber Paulus einen Haufen Reiser zusammenraffte und legte es aufs Feuer, kam eine Otter von der Hitze und fuhr Paulus an seine Hand.
Da: Jetzt wird ein herrliches Wunderwerk erzählt, das sich mit dem Apostel Paulus zugetragen hat.
Hand: Daran hatte sie sich gehängt und versucht, ihn mit einem giftigen Biss zu töten. So heftig tobt und wütet der Satan gegen die treuen Diener Gottes, aus lauter Hass und Neid, dass er auf mancherlei Weise versucht, sie umzubringen und allerhand seltsame Werkzeuge dazu gebraucht.
4. Da aber die Leute sahen das Tier an seiner Hand hängen, sprachen sie untereinander: Dieser Mensch muss ein Mörder sein, welchen die Rache nicht leben lässt, ob er gleich dem Meer entgangen ist.
Leben lässt: Denn er wäre ohne Zweifel von dem giftigen Tiere umgebracht worden, obwohl er dem Meer und dem Schiffbruch entgangen ist. Es urteilt aber die menschliche Vernunft unrecht und falsch, dass all diejenigen lasterhaft sein sollen, die entweder in großer Gefahr oder in einen beschwerlichen Unfall geraten sind. In diesem Irrtum waren auch die Freunde des geduldigen Hiob gefangen. In dem aber taten die Leute recht, dass sie glaubten, die Totschläge müssten von Gott gestraft werden, auch wenn die Obrigkeit ihrem Amt in dieser Sache nicht nachkommen würde.
5. Er aber schlenkerte das Tier ins Feuer, und ihm widerfuhr nichts Übles.
Nichts Übles: An dieser Stelle ist die Verheißung Christi erfüllt worden, als er sagt: In meinem Namen werden sie Teufel austreiben, mit neuen Zungen reden, Schlangen vertreiben und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nicht schaden {Mk 16}. Denn Gott ist in seiner Verheißung beständig und wahrhaftig.
6. Sie aber warteten, wann er schwellen würde oder tot niederfallen. Da sie aber lange warteten und sahen, dass ihm nichts Ungeheures widerfuhr, verwandten sie sich und sprachen, er wäre ein Gott.
Niederfallen: Plötzlich. Denn in den warmen Ländern pflegen die Ottern mit ihrem Gift schnell zu töten, weil es sich schnell ausbreitet.
Verwandten sie sich: Dass sie auf der anderen Seite zu weit gingen. Denn die Allgemeinheit weiß kein Maß zu halten und kein Mittel zu treffen. Und sie erhebt einen entweder bis in den Himmel, oder aber verstößt ihn bis zur Hölle hinunter. Im gleichen Irrtum stecken auch die, die die Heiligen wegen ihrer Wunderwerke, die an ihnen oder von ihnen geschehen sind, zu Göttern machen, dass sie ihnen solche Ehre erzeigen, die allein Gott zusteht, indem sie diese anrufen und mit Gottesdiensten ehren.
7. An denselben Örtern aber hatte der Oberste in der Insel mit Namen Publius ein Vorwerk; der nahm uns auf und beherbergte uns drei Tage freundlich.
Uns auf: Bis wir wieder zu Kräften kamen und uns erholten. Dies war eine große Mildtätigkeit von dem Publius gewesen, dass er so hohe Kosten aufgewandt hatte, um so viele Leute zu unterhalten und zu erfrischen. Aber die Reichen werden mit diesem Beispiel erinnert, dass sie sich nach ihrem Vermögen freigiebig zeigen sollen. Denn das fordert Paulus von ihnen, als er sagt: Den Reichen ist in dieser Welt geboten, dass sie nicht stolz sind, noch auf den ungewissen Reichtum hoffen, sondern auf den lebendigen Gott, der uns reichlich zu genießen gibt, dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gerne geben, behilflich sind, Schätze sammeln und sich damit einen guten Grund errichten und das ewige Leben ergreifen {1Tim 6}.
8. Es geschah aber, dass der Vater des Publius am Fieber und an der Ruhr lag. Zu dem ging Paulus hinein und betete und legte die Hand auf ihn und machte ihn gesund.
Es: Jetzt lasst uns hören, die Gott dem Publius seine Guttaten reichlich vergolten hat.
Lag: Er war also mit zwei gefährlichen und schmerzhaften Krankheiten zugleich geplagt.
Betet: Zu Gott, dass er dem Kranken seine Gesundheit wiedergeben möge.
Gesund: Dass also Publius seinen lieben Vater frisch und gesund wiederbekommen hat. Denn Gott vergilt die Guttaten, die seinen lieben Kindern und treuen Dienern erzeigt werden, reichlich mit leiblichen Gaben, und wenn sie aus Glauben geschehen erstattet er sie auch mit ewigen Belohnungen {Mt 10 15}.
9. Da das geschah, kamen auch die andern auf der Insel herzu, die Krankheiten hatten, und ließen sich gesund machen.
Geschah: Und das Geschrei von dieser Sache auf der Insel erschollen war.
Gesund machen: Deswegen empfängt die Gastfreundschaft gewisse Belohnungen von Gott.
10. Und sie taten uns große Ehre, und da wir auszogen, luden sie auf, was uns Not war.
Große Ehre: Dass sie uns nicht nur als fromme Menschen liebten, sondern auch als Diener und Apostel Gottes ehrten.
Not war: Denn sie hatten nicht nur ihre leibliche Gesundheit wiedererlangt, sondern es sind von ihnen auch viele zu Christus bekehrt worden, weil Paulus (wie bald folgen wird) drei ganze Monate dortgeblieben ist. In dieser Zeit hat er ohne Zweifel das Evangelium Christi gepredigt. Darum haben die Malteser mit den Werken der Liebe, die sie den Abreisenden gezeigt haben, ihren Glauben an Christus bezeugt. Heutzutage hören viele Leute das Evangelium eine gute lange Zeit und werden doch nicht zu Gott bekehrt und nur wenige beweisen ihren Glauben mit den Werken der Liebe. Darum werden diese Malteser am Jüngsten Tag solche ungeschliffenen und undankbaren Menschen verdammen.
11. Nach drei Monden aber schifften wir aus in einem Schiffe von Alexandrien, welches bei der Insel gewintert hatte und hatte ein Panier der Zwillinge.
Aus: Von Malta nach Rom zu. Zu dieser Zeit konnte man wieder auf dem Meer fahren.
Zwilling: Castor und Pollux genannt, von denen die Heiden geglaubt haben, dass sie die Söhne des Gottes Jupiter wären und auch Götter und haben von ihnen geglaubt, dass sie die erretten könnten, die auf dem Wasser in Not geraten wären. Darum haben diese Menschen von Alexandria, denen das Schiff gehörte ihnen zu Ehren ihr Schiff gleichsam geweiht und geheiligt und sicherlich sind davon Bildnisse darauf gemalt oder geschnitzt gewesen. Heutzutage wundern sich die Christen über die vielfältige Abgötterei der Heiden. Doch tun es ihnen diejenigen nach, die die Heiligen anrufen und ihre Bilder verehren. Denn sie entgehen der Abgötterei nicht damit, dass sie die Namen der Götter geändert haben und anstatt dessen nun den Heiligen Nikolaus für Apollo den Heiligen Rochus verehren, aus dem Martin einen Heiligen Moritz oder St. Georg, aus Juno die Maria, aus Paladine die heilige Katharina, aus Linus die heilige Maria Magdalena machen und wer könnte all diesen gottlosen Aberglauben der Humanisten aufzählen? Wir hören aber hier, dass Paulus, Lukas und Aristarchus in dem Schiff sind, das den abgegangen geheiligt und geweiht worden ist, und dennoch haben sie daran nicht gesündigt und die Götzen nicht zerbrochen. Dabei sollen die Christen Bescheidenheit lernen, dass sie nicht, wenn es ihnen von Amts wegen nicht zusteht, sich unterstehen, abgedichtete Bilder zu zerbrechen. Es werden auch die Wiedertäufer und ihresgleichen mit diesem Beispiel widerlegt, die keine Predigt in den Kirchen hören wollen, in denen früher abgöttische Messen gehalten worden sind. Denn ohne Zweifel hat Paulus in diesem Schiff auf der Reise seinen Gesellen etliche Male gepredigt, weil er keine Gelegenheit vorübergehen lassen wollte, wenn er für Christus Etliche gewinnen könnte {1Kor 9}.
Nach Luther: Die nun ein Gestirn am Himmel heißen, wurden bei den Heiden für Götter gehalten, die den Schiffsleuten gnädig wären und Castor und Pollux heißen.
12. Und da wir gen Syrakus kamen, blieben wir drei Tage da.
13. Und da wir umschifften, kamen wir nach Rhegion; und nach einem Tage, da der Südwind sich erhob, kamen wir des andern Tages nach Puteolj.
14. Da fanden wir Brüder und wurden von ihnen gebeten, dass wir sieben Tage dablieben. Und also kamen wir gen Rom.
Dablieben: Paulus war aber ein Gefangener des Unterhauptmanns und hatte dennoch so viele Freiheiten, dass er bleiben konnte, wo und wie lange er wollte, so als wenn er selbst frei und der Unterhauptmann sein Gefangener gewesen wäre. Denn Gott macht den Seinen bisweilen ein solches Ansehen, dass sie, auch wenn sie in der Gewalt eines anderen sind, dennoch so gehalten werden, als wenn sie andere in ihrer Gewalt hätten darum sollen wir in Widerwärtigkeiten gute Hoffnung haben. Denn Gott weiß unsere Trübsal in wunderbarerweise mit einer Ergötzlichkeit zu lindern.
15. Und von dort, da die Brüder von uns hörten, gingen sie aus uns entgegen bis gen Appifor und Tretabern. Da die Paulus sah, dankte er Gott und gewann eine Zuversicht.
Entgegen: Sie wünschten uns zu unserer Ankunft Glück.
Er Gott: Für die gutherzige Zuneigung dieser Christen gegen sie.
Zuversicht: Gott würde durch sein Predigtamt in Rom eine große Gemeinde oder Kirche sammeln und er hoffte, er würde da von Gott erhalten werden, bis er viele für Christus gewonnen hätte. Paulus hat also mehr und Größeres gefunden, als er hoffen durfte. Denn er hätte sich auch gern mit dem begnügen lassen, wenn er gewusst hätte, dass er mit seinen treuen Gefährten frisch und gesund in Rom ankommen würde. Siehe, so findet er liebe Brüder und Mitchristen, die ihm entgegengehen und mit großer Freude empfangen. Denn Gott gibt uns mehr und Größeres, als wir erhoffen oder begehren dürfen {Eph 3}.
16. Da wir aber gen Rom kamen, über antwortete der Unterhauptmann die Gefangenen dem obersten Hauptmann. Aber Paulus ward erlaubt zu bleiben, wo er wollte, mit einem Kriegsknecht, der ihn hütete.
Obersten Hauptmann: Neben anderen Aufgaben war es auch dessen Amt, dass die Gefangenen richtig verwahrt wurden.
Ihn hütete: Deswegen ist Paulus in kein hässliches Gefängnis gelegt worden, er hat auch nicht unter anderen Gefangenen bleiben müssen, von denen ihm viele mit Verdruss begegnet wären, sondern der oberste Hauptmann (obwohl er ein heidnischer Mensch gewesen ist) hat ihm vergönnt, eine eigene Unterkunft zu beziehen, wie wir am Ende dieses Kapitels sehen werden, um dort mit seinem Kriegsknecht, der ihn bewachen sollte, zu wohnen. Dies ist es, was Salomon schreibt: Wenn jemandes Weg dem Herrn gefällt, so macht es auch seine Feinde zufrieden, das heißt, er sorgt dafür, dass sie ihm Gutes gönnen und erzeigen müssen {Spr 16}.
17. Es geschah aber nach drei Tagen, dass Paulus zusammenrief die Vornehmsten der Juden. Da dieselben zusammen kamen, sprach er zu ihnen: Ihr Männer liebe Brüder, ich habe nichts getan wider unser Volk noch wider väterliche Sitten und bin doch gefangen aus Jerusalem übergeben in der Römer Hände,
Drei Tagen: Als sich der Apostel Christi von der langen und weiten Reise wieder etwas erholt hatte.
Rief: In seine Unterkunft, die er zu dieser Zeit bewohnte.
Der Juden: Dass er sich ihnen zuwandte und, wenn sie irgendeinen bösen Argwohn auf ihn geworfen hätten, er ihnen dies ausredete, damit sie danach seine Lehre und Predigt zuzuhören nicht als lästig empfanden und er viel Nutzen bei ihnen schaffen könnte.
Römer Hände: Das will so viel sagen: Obwohl ich weder das jüdische Volk noch das Gesetz Moses, welches den Vätern gegeben worden war, verunglimpft oder verhöhnt habe, so bin ich trotzdem von denen in Jerusalem gefangen in die Gewalt der römischen Obrigkeit übergeben worden.
18. welche, da sie mich verhört hatten, wollten sie mich losgeben, dieweil keine Ursache des Todes an mir war.
19. Da aber die Juden dagegen redeten, wurde ich genötigt, mich auf den Kaiser zu berufen; nicht, als hätte ich mein Volk um etwas zu verklagen.
Dagegen redeten: Dass ich nicht freigelassen werden sollte.
Zu berufen: Denn es ist einem frommen Menschen gestattet, dass er zu seinem Schutz das Recht gebrauchen kann und bei diesem Schutz sucht.
Zu verklagen: Ich habe nicht deshalb an den Kaiser appelliert, dass ich meine Landsleute vor ihm anklagen wollte, dieses sei fern von mir, sondern nur aus dem Grund, um meine Unschuld zu verteidigen. Denn wir sollen unsere Unschuld so handhaben, dass wir andere nicht anklagen, wenn wir es nicht mit unserem Gewissen vereinbaren können. Aber viele meinen, sie können ihre Sache nicht ausreichend darstellen, wenn sie nicht auch zugleich ihre Widersacher angehen und mit gräulichen Vorwürfen beschweren.
20. Um der Ursache willen habe ich euch gebeten, dass ich euch sehen und ansprechen möchte; denn um der Hoffnung willen Israels bin ich mit dieser Kette umgeben.
Ansprechen möchte: Und mich freundlich mit euch über Religionssachen unterhalte.
Hoffnung willen: Und nicht wegen irgendeiner Übeltat, sondern wegen des versprochenen Messias, den ich bisher bekannt habe, in den auch alle rechtschaffenen Israeliten ihre Hoffnung setzen, werde ich gefangen gehalten. In dieser Sache nun wollte ich mich gerne mit euch besprechen. Denn Christus ist die einzige Hoffnung und der rechte Trost aller Auserwählten Gottes. Die ihn aber vor der Welt bekennen, die müssen auf allerlei zeitliche Unfälle gefasst sein.
21. Sie aber sprachen zu ihm: Wir haben weder Schrift empfangen aus Judäa deinethalben, noch kein Bruder ist kommen, der von dir etwas Arges verkündigt oder gesagt habe.
Schrift: In dieser warst du vor uns angeklagt und einer Übeltat bezichtigt worden.
22. Doch wollen wir von dir hören, was du hältst. Denn von dieser Sekte ist uns kund, dass ihr wird an allen Enden widersprochen.
Hältst: Was deine Meinung in der Religion ist.
Sekten: Zu welcher du dich, unserer Meinung nach bekennst.
Widersprochen: Darum möchten wir wissen, was es damit auf sich hat. Dies ist eben genau das, was der alte Simeon von Christus, unserem Heiland, zuvor geweissagt hatte, als er sagte: Siehe, dieser ist gesetzt zum Fall und Auferstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird {Lk 2}. Darum sollen wir uns nicht ärgern, wenn die Weisen und Gewaltigen in dieser Welt (wie es früher die Heiden waren) und die Heuchler, die wegen ihrer vermeintlichen Heiligkeit aufgeblasen sind (wie es früher die Juden waren), dem Evangelium Christi widersprechen. Denn die Lehre des Evangeliums streitet gegen die menschliche Vernunft und gegen die heuchlerische angemaßte Heiligkeit.
23. Und da sie ihm einen Tag bestimmten, kamen viele zu ihm in die Herberge, welchen er auslegte und bezeugte das Reich Gottes und predigte ihnen von Jesus aus dem Gesetze Moses und aus den Propheten vom frühen Morgen an bis an den Abend.
Tag: An dem sie hören wollten, was er von der christlichen Religion vorbringen würde.
Reich Gottes: Er predigte ihnen das Evangelium Christi mit großem Ernst und Ansehen und sagte, wie ihnen das Reich Gottes jetzt angeboten würde, dass sie die ewige Seligkeit, sofern sie sie nur selber wollten, erlangen könnten durch den Mittler Jesus Christus, der im Gesetz und durch die Propheten verheißen worden war. Er erzählte ihnen zugleich von Geschlecht, Vaterland, Geburtsstadt, Flucht in Ägypten, Predigtamt, Wunderwerk, Leiden, Kreuz, Tod, Höllenfahrt, Auferstehung, Himmelfahrt, Sendung des Heiligen Geistes des Herrn Christus und zeigte ihnen an, dass dies alles mit den Verheißungen und Weissagung sowie Abbildungen des Alten Testamentes übereinstimmte. Denn dies ist der vornehmste Zweck des ganzen Evangeliums, dass wir Jesus Christus, unseren Heiland, aus der Schrift recht erkennen lernen, und daran liegt alles. Wer Christus recht erkennt, der hat sein Lernen gut angelegt, wer Christus nicht kennt, der weiß und versteht nichts in geistlichen Sachen.
24. Und etliche fielen zu dem, was er sagte; etliche aber glaubten nicht.
Glaubten nicht: Denn der Samen des Wortes Gottes fällt bei etlichen auf den Weg, bei anderen auf einen Felsen, bei wieder anderen teils unter die Dornen. Doch er gerät auch auf irgendein gutes Land, dass er 30-fache, 60-fache und 100-fache Frucht trägt {Mk 4}.
25. Da sie aber untereinander nicht einig waren, gingen sie weg, als Paulus ein Wort redete, das wohl der Heilige Geist gesagt hat durch den Propheten Jesaja zu unsern Vätern
Sie: Die Zuhörer des Apostels Paulus, von denen etliche seine Lehre annahmen, andere aber diese verwarfen und ihr übel nachredeten.
Weg: Dass sie einesteils ihre Herzen von dem Apostel Christi abgewandt hatten.
Wort redet: Dass er nicht ohne wichtige Ursache, weil er sah, was er für Zuhörer vor sich hatte, die Weissagung des Propheten Jesaja im Kapitel 6 heranzog, von der Verblendung und Verstockung der Juden. Der Apostel hat es aber dabei bewenden lassen, dass er die rechte und eigentliche Meinung des Propheten vorbrachte, und obwohl der diese nicht wortwörtlich zitiert hat, hat diese Weissagung folgenden Sinn: Weil die Juden keine Lust zur Wahrheit haben, dass sie selig werden könnten, so wird Gott seine Hand von ihnen abziehen und sie fahren lassen. Dann wird es von Tag zu Tag ärger mit ihnen werden, dass sie je länger umso mehr geblendet und verstockt ihre Ohren mutwillig von der gesunden Lehre abwenden und verstocken und ihre Augen mit Fleiß zuhalten, damit sie das Licht der Wahrheit nichts sehen. Darum werden sie nicht zu Christus bekehrt, dass sie die Seligkeit erlangten, sondern fallen durch ihre eigene Schuld ins Verderben. Denn Gott blendet die Sehenden nicht und macht die Hörenden nicht taub, verhärtet die Weichen auch nicht, noch dass er die Verständigen betört, sondern, die die Lügen mehr lieben als die Wahrheit, lässt er fahren, dass sie, nachdem sie das Evangelium gehört haben, aus eigenem Mutwillen ärger werden und aus Gottes gerechten Urteil ins ewige Verderben geraten {2Thes 2}.
26. und gesprochen: Gehe hin zu diesem Volk und sprich: Mit den Ohren werdet ihr es hören und nicht verstehen, und mit den Augen werdet ihr es sehen und nicht erkennen {Esra 6v9 Mt 13v14 Mk 4v12 Lk 8v10 Joh 12v40 Röm 11v8}.
27. Denn das Herz dieses Volks ist verstockt, und sie hören schwerlich mit Ohren und schlummern mit ihren Augen, auf dass sie nicht einmal sehen mit den Augen und hören mit den Ohren und verständig werden im Herzen und sich bekehren, dass ich ihnen hülfe.
28. So sei es euch kundgetan, dass den Heiden gesandt ist dies Heil Gottes; und sie werden es hören.
Kundgetan: Dass sich diese Weissagung auch auf euch reimt, die ihr halsstarrig bleibt und das Evangelium Christi verwerft, dazu noch übel darüber redet.
Heil Gottes: Nämlich Christus, der Heiland, den ihr von euch stoßt. Er ist den unbeschnittenen Heiden gesandt.
Hören: Das Evangelium von Christus, dem Heiland der Welt, und werden an ihn glauben, auch das ewige Leben erlangen, das ihr, als es euch angeboten wurde, gleichsam mit Füßen von euch stoßt.
29. Und da er solches redete, gingen die Juden hin und hatten viel Fragens unter sich selbst.
Redet: Nicht in dem Sinn, dass er die Juden vom Evangelium umso mehr abschrecken wollte, sondern um einen Eifer in ihnen zu erwecken und sie zur Erkenntnis Christi zu reizen {Röm 11}.
Viel Fragens: Weil etliche Paulus beipflichten, andere ihn aber als einen falschen Lehrer scheuten.
30. Paulus aber blieb zwei Jahre in seinem eignen Gedinge und nahm auf alle, die zu ihm kamen,
Gedinge: In seiner Behausung, die er mit einem gewissen Gedinge bestanden hatte und bewohnte.
Zu ihm kamen: Um ihn predigen zu hören und in der christlichen Religion gut unterrichtet zu werden.
31. predigte das Reich Gottes und lehrte von dem Herrn Jesus mit aller Freudigkeit unverboten.
Reich Gottes: Oder das Evangelium Christi, das uns den Weg zum Reich Gottes zeigt.
Herrn Jesus: Was von dem Messias, Gott und Menschen, unserem Heiland, zu lehren und zu sagen war.
Unverboten: Dass weder der Kaiser noch die Juden reinreden konnten. Hier sieht man die wunderbaren Werke Gottes in der Fortpflanzung des Evangeliums. Die Juden in Jerusalem wollten nicht zulassen, dass Paulus das Evangelium im jüdischen Land predigte und hatten ihn deswegen in Haft gebracht und ihn den Heiden zur Bestrafung überantwortet. Und sie müssen es jetzt geschehen lassen, dass er das Evangelium Christi in Rom lehrt als auf einem allgemeinen Schauplatz der Erde. Was deswegen die Feinde des Evangeliums sich ausdenken, womit sie die reine Lehre unterdrücken wollen, das richtet Gott zur glücklichen Fortpflanzung der himmlischen Wahrheit. Es ist aber daneben auch bekannt, dass Paulus nach den zwei Jahren beim Kaiser Nero hart angeklagt worden ist, sodass er in großer Lebensgefahr schwebte, jedoch damals vom Kaiser für frei erkannt wurde. Denn so schreibt er an Timotheus: In meiner ersten Verantwortung stand mir niemand bei, sondern alle verließen mich, es sei ihnen jedoch nicht zugerechnet. Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich, dass durch mich die Predigt des Evangeliums bestätigt wurde und alle Heiden es hörten und ich von dem Rachen des Löwen befreit bin {2Tim 4}.
Nach verschiedenen Geschichten glaubt man, dass Paulus noch 10 Jahre lang das Evangelium am gleichen Ort an den Abenden gelehrt und gepredigt hat. Schließlich aber ist er wieder in Rom in Gefangenschaft geraten und unter dem Kaiser Nero enthauptet worden. Dieses, sein Ende, hat er zuvor gesehen, wie er davon auch dem Timotheus schreibt mit diesen Worten: Ich werde schon geopfert und die Zeit meines Abschneidens ist gekommen {2Tim 4}. Wir sollen uns aber an der himmlischen Lehre des Paulus festhalten, welche er im dritten Himmel gelernt, im Orient und dem Okzident gepredigt und mit seinem Blut bestätigt hat. In diesem ganzen Buch von der Apostelgeschichte lernen wir, dass Christus nach der Sendung des Heiligen Geistes sein Evangelium in der ganzen Welt ausgebreitet hat, nicht mit Soldaten und Waffen, sondern mit der Predigt des Evangeliums dessen zusammengefasster Inhalt ist, dass wir nicht durch das Werk des Gesetzes, sondern allein durch den Glauben an Christus gerecht und selig werden, und dieser Glaube danach durch die Liebe tätig ist. Und wir werden daneben erinnert, dass die Bekenner des Evangeliums vielen Gefahren unterworfen sind. So möchte der Satan die Fortpflanzung des Evangeliums mit höchstem Fleiß verhindern, jedoch ist es vergebens. Denn Gott erhält die Seinen wunderbar und verleiht einen guten Ausgang, sodass die Lehre Christi überwindet und die Oberhand behält zur Seligkeit vieler Menschen und zur Ehre Gottes. Diesem einigen Gott in drei Personen sei Lob und Ehre in alle Ewigkeit, Amen.