Bibel-Kommentar: Der Brief des Paulus an die Galater

Die Galater sind Völker in Asien gewesen, deren Vorfahren früher am Rhein gelebt hatten und entweder Gallier oder Deutsche gewesen sind. Sie mussten jedoch wegen ihrer großen Anzahl ausziehen und neuen Wohnraum in Asien suchen. Und Paulus ist zum Schreiben dieses Briefes bewogen worden, weil, nachdem er die Galater in der rechten, christlichen Religion gewissenhaft unterrichtet und sie für Christus gewonnen hatte, nach seinem Abschied falsche Apostel sich dorthin begeben haben, die nicht nur eine unrechte Lehre führten, sondern auch die Person Paulus angriffen und ihm übel nachredeten, es auch so weit gebracht hatten, dass sie die Galater zum Teil bereits überzeugt hatten, der Mensch könne vor Gott durch den Glauben an Christus allein nicht gerecht werden, sondern es wäre zur Seligkeit auch notwendig, dass man das Gesetz Moses halten würde und sie brachten das Ansehen der anderen Apostel zugunsten ihres Irrtums falsch vor. Sie unterstanden sich auch, die Person des Apostels Paulus in Verachtung zu bringen, damit sie zugleich auch seine Lehre den Menschen umso leichter verdächtig machen konnten. Darum wollte Paulus die Galater mit diesen Brief wieder auf den rechten Weg bringen und behandelt in den beiden ersten Kapiteln sein apostolisches Ansehen, dass er nämlich von Gott selbst ohne Mittel berufen worden ist, das Evangelium zu predigen, und deshalb nicht geringer anzusehen sei, als die anderen Apostel. Danach lehrt er, dass der Mensch vor Gott gerecht wird, allein durch den Glauben an Christus und nicht durch das Werk des Gesetzes. Diese gottselige und reine Lehre bestätigt er im 3. und 4. Kapitel herrlich mit einigen Beispielen der Heiligen Schrift. Im 5. Kapitel ermahnt er die Galater, dass sie sich die christliche Freiheit nicht nehmen lassen, sie allerdings auch nicht für die Begierden des Fleisches missbrauchen sollen. Im 6. Kapitel erinnert er sie, dass sie einander mit christlicher Liebe dienen sollen.


Das 1. Kapitel

  • Am Anfang steht der Titel, der nach dem Brauch die Unterschrift, die Überschrift und den Gruß beinhaltet.
  • Danach zeigt er an, wie er ohne Mittel zum Predigtamt gekommen ist, und um die verführten Galater wieder auf den rechten Weg zu bringen, behandelt er das Ansehen seines Predigtamts gegen die Verleumder.

1. Paulus, ein Apostel (nicht von Menschen, auch nicht durch Menschen, sondern durch Jesum Christus und Gott den Vater, der ihn auferweckt hat von den Toten),

Von Menschen: Die mich dazu locken und reizen wollten, dass ich das Predigtamt ablegen sollte, wie es zuweilen die Zuhörer zu tun pflegen, die der reinen Lehre bereits überdrüssig geworden sind, dass sie sich selbst Lehrer erwählen. Solche Lehrer sind heutzutage die schwärmerischen Wiedertäufer, die keine andere Aufgabe haben, als dass sie von etlichen Leuten, denen die Ohren jucken, zum Predigtamt gereizt werden. Diese sind nicht in ordentlicherweise berufen, deshalb kann von ihnen zu Recht gesagt werden, was Gott der Herr von den falschen Aposteln klagt: Ich sandte sie nicht, dennoch liefen sie.

Durch Menschen: Dass ich durch allgemeine, ordentliche Mittel zum Predigtamt des Evangeliums berufen bin, wie die, die von den Aposteln Christi beauftragt wurden, das Evangelium zu predigen. Diese sind zwar auch reine Lehrer, aber doch von etwas geringerem Stand, als die Apostel.

Jesus Christus: Durch den ewigen Sohn Gottes bin ich nämlich ohne Mittel berufen worden {Apg 9}.

Den Vater: Durch diesen bin ich auch berufen worden, weil der Sohn Gottes eines Wesens mit dem Vater ist.

Toten: Denn Gott, der die Genugtuung seines Sohnes für das menschliche Geschlecht angenommen und ihn von den Toten auferweckt hat, der hat mich zum Apostelamt berufen. Darum ist das, was ich euch gegenwärtig gelehrt habe und was ich jetzt schreibe nicht wie die Worte eines allgemeinen Lehrers, sondern als Worte des Heiligen Geistes von euch aufzufassen und anzunehmen. Hier hat man zu beachten, dass Paulus sagt, er wäre nicht von Menschen, sondern durch Jesus Christus berufen worden. Darum muss Christus nicht nur ein Mensch, sondern auch wahrer und ewiger Gott sein. Dieser Ruhm war aber für den Apostel kein fleischlicher Ehrgeiz, sondern eine notwendige Erinnerung, damit nicht, wenn die falschen Apostel seine Person unterdrückten, zugleich auch die Wahrheit des Evangeliums Schaden leiden würde. Darum soll man diejenigen, die um der Ehre Gottes und der Wohlfahrt der Seelen willen das Ansehen ihres Berufes nicht in Verachtung kommen lassen, nicht so schnell eines Ehrgeizes oder einer Vermessenheit beschuldigen. Und wenn es die Ehre Gottes betrifft, so sollen wir beherzt sein, aber in unseren eigenen Sachen können wir um des Friedens willen von unseren Rechten etwas nachgeben.

2. und alle Brüder, die bei mir sind: Den Gemeinden in Galatien.

Bei mir sind: Und mit mir in allen Stücken der christlichen Lehre übereinstimmen. Denn obwohl die große oder die geringe Anzahl derer, die einer Lehre Beifall zollen, diese weder besser noch schlechter macht, so werden jedoch dadurch die Schwachen sehr gestärkt, wenn sie hören, dass auch viele andere fromme Menschen die reine Religion annehmen. Und Paulus hat sich Gehilfen gesucht, um die Kirchendiener zu lehren, dass sie selbst bescheiden sein sollen, und nicht einer allein alles nach seinem Willen verrichtet, noch sich allein das Lob der Aufrichtigkeit und dass er sich um die Kirche verdient gemacht habe, zumisst. Bis hierhin geht die Unterschrift dieses Briefes. Jetzt lasst uns auch auf die Überschrift schauen und hören, wem sie zugeschrieben worden ist.

In Galatien: Die in derselben Landschaft sind. Die Lehre, die in diesem Brief beinhaltet ist, geht jedoch nicht nur die Galater an, sondern alle christlichen Kirchen im Allgemeinen. Und Paulus gibt den Galatern den Namen der christlichen Gemeinde oder Kirche. Denn obwohl viele Galater durch die falschen Apostel verführt worden sind, so hat man doch hoffen können, dass es noch etliche gab, die von der reinen Lehre des Paulus nicht vollkommen abgefallen sind und denen man den Namen der Kirche nicht entziehen sollte. Und Gott erhält auch in großer Finsternis der Religion seine 7000, die die Knie vor dem Abgott Baal nicht beugen, so sündigen auch die, die unter den Galater und verführt worden sind, nicht zu sehr aus Bosheit, als vielmehr aus Irrtum und Unwissenheit, sodass man an ihrer noch nicht ganz verzagen soll. Von denen aber, die verführt sind und denen noch zu helfen ist, muss man nicht ablassen, sondern sich vielmehr darum bemühen, dass man sie wieder vom Irrtum auf den rechten Weg bringt. Und ein Irrtum allein macht noch keinen Ketzer, sondern wenn man halsstarrig darin verharrt. Die bleiben aber halsstarrig, wenn sie ein um das andere Mal ihres Irrtums überführt wurden und ihn dennoch gegen ihr Gewissen verteidigen und handhaben. Diese muss man fahren lassen {Tit 3}. Weil die Kirche in Galatien in solch groben Irrtum verführt werden konnte, so ist es sicher, dass die Kirche irren kann. Aber doch verharren die Auserwählten in keinem Irrtum, der verdammt werden muss.

3. Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater und unserm Herrn Jesu Christo,

Gnade: Dies ist der Gruß. Und Gnade bedeutet die gnädige Zuneigung Gottes uns gegenüber, womit er uns gewogen ist. Denn aus Gnade und nicht aus unseren Verdienst werden wir selig gemacht. Der Friede bietet allerlei Glückseligkeit, besonders aber die Ruhe des Gewissens. Diese Guttaten werden uns von Gott geschenkt. Und die Wünsche der Frommen sind sehr kräftig {Mt 10}. Weil eben auch dies von Jesus Christus, was vom Vater, gegeben wird, so ist offenbar, dass Christus wahrer, ewiger Gott und mit dem Vater eines Wesens ist. Daneben werden wir hier erinnert, dass wir von allen Guttaten besonders die Gnade und den Frieden Gottes wünschen und begehren sollen.

4. der sich selbst für unsere Sünden gegeben hat, dass er uns errette von dieser gegenwärtigen argen Welt nach dem Willen Gottes und unseres Vaters,

Der: Paulus macht einen Gedankensprung und fängt an, Christus zu rühmen und zu preisen.

Nach Luther: Siehe, wie er alle Worte wider die eigene Gerechtigkeit richtet.

Argen Welt: Und uns in das selige, himmlische Leben versetzte. Er nennt diese Welt arg, nicht weil alle Geschöpfe Gottes an sich selbst böse wären, so wie sie Geschöpfe Gottes sind, sondern weil das menschliche Geschlecht durch die Sünde verdorben ist. So geschieht es aus diesem Grund, dass viele grobe Sünden und schreckliche Laster in der Welt begangen werden, weswegen Gott danach unzählige Unfälle schickt, die dieses Leben elend und unglücklich machen. Christus aber hat uns so hoch geliebt, dass er sich selbst für uns hat hingeben wollen zu unserer Erlösung, damit wir aus dieser verdorbenen Welt ins Himmelreich versetzt werden. Diese wahre und ewige Glückseligkeit widerfährt denen, die Buße tun und dem Evangelium Christi glauben.

Willen Gottes: Diese Erlösung ist nämlich durch Christus geschehen und nicht durch unseren Verdienst. Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben {Joh 3}. Und so oft wir an Gott denken, sollen wir uns zugleich erinnern, dass dieser unser Vater ist. Denn so wie der Name Gottes den Sündern schrecklich vorkommt, so ist der Name unseres Vaters voller Trost.

5. welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Zu Ewigkeit: Dieser, unser gnädiger, himmlischer Vater und ewiger Gott, sei gelobt und gepriesen in alle Ewigkeit. Denn so oft wir uns an die Guttaten Gottes erinnern, sollen wir ihm von Herzen dafür danken. Ich will (spricht der Prophet) und den Namen Gottes loben mit einem Lied und will ihn hoch ehren mit Dank, das wird dem Herrn gefallen {Ps 69v31 v32}.

Amen: Es geschehe so, ja es wird sicher geschehen.

6. Mich wundert, dass ihr euch so bald abwenden lasst von dem, der euch berufen hat in die Gnade Christi, auf ein anderes Evangelium,

Mich: Jetzt kommt Paulus zur Sache, womit er die Galater wieder aus dem Irrtum herausbringen würde, in den sie von den falschen Apostel geführt worden waren. Und er spricht ihnen am Anfang freundlich zu.

Von dem: Nämlich von dem gütigen, himmlischen Vater, der euch durch das Evangelium berufen hat, dass ihr durch den Glauben der Gnade und Barmherzigkeit Gottes teilhaftig geworden seid, die uns Christus erworben hat. Von diesem gnädigen Vater lasst ihr euch zu einem anderen Evangelium abführen, als was ihr bisher von mir gelernt habt.

7. so doch kein anderes ist; ohne dass etliche sind, die euch verwirren und wollen das Evangelium Christi verkehren.

Kein anderes: Als allein das, das ich euch gepredigt habe.

Verkehren: Denn auch die falschen Apostel lehren von keinem anderen Christus als ich, aber weil sie das reine Evangelium verfälschen und verkehren, indem sie das Gesetz mit untermischen, so machen sie euch in eurem reinen und einfachen Glauben irre, dass ihr nun beginnt, zu zweifeln, ob ich oder die falschen Apostel euch den rechten Weg der Seligkeit gezeigt haben. Es lehrt uns Paulus hier mit seinem Beispiel, wie man die einfältigen, irrenden Schafe mit großer Sanftmut wieder auf den rechten Weg bringen muss. Und die Galater, die sich so leicht haben abwendig machen lassen, geben mit ihrem Beispiel zu erkennen, wie schnell der Satan durch falsche Lehrer eine Kirche vergiften und verführen kann. Darum sollen die Kirchendiener wachen und die Zuhörer Gott ernsthaft anrufen, damit sie nicht in Versuchung geführt werden. Es wenden sich aber die von Gott ab, nicht nur die, die sichere und rohe Menschen, Zauberer und abtrünnige Mamelucken sind, sondern auch die, die ihre Seligkeit nicht in dem einzigen Verdienst Christi, sondern zum Teil in ihren eigenen Werken suchen. Die falschen Lehrer aber, auch wenn sie dafür angesehen werden, als ob sie die Kirche erbauen, verwirren und zerrütten diese jedoch jämmerlich, richten sie sogar zugrunde, wo es Gott nicht besonders verhütet.

8. Aber so auch wir oder ein Engel vom Himmel euch würde ein Evangelium predigen anders, denn das wir euch gepredigt haben, der sei verflucht!

Sei verflucht: Und man soll ihm keineswegs zuhören, sondern wie den Teufel selbst fliehen. Auch wenn ich selbst jetzt etwas anders lehren würde, ja, wenn ein Engel vom Himmel euch erscheinen würde und etwas anderes auf die Bahn bringen würde, als ich euch früher gelehrt habe, so solltet ihr es nicht annehmen. Denn ein solcher Geist wäre verflucht und der ewigen Verdammnis schuldig. Man soll deswegen den Engeln kein Gehör schenken, die solche Dinge lehren, die mit den prophetischen und apostolischen Schriften nicht übereinstimmen. Und wenn ein Engel im Himmel nicht die Macht hat, etwas im Evangelium Christi zu ändern, wie viel weniger hat die Kirche die Macht, dass sie die Heilige Schrift nach ihrem Gefallen auslegen und doch keinen Grund anzeigen müsste, warum sie dieses oder jenes so anordnet. Die Zuhörer aber werden erinnert, dass sie in der reinen Lehre standhaft beharren, auch wenn es passieren sollte, dass die Lehrer selbst davon abfallen.

9. Wie wir jetzt gesagt haben, so sagen wir auch abermals: So jemand euch ein Evangelium predigt anders, denn das ihr empfangen habt, der sei verflucht!

Abermals: Und wiederholen mit Fleiß, was wir zuerst gesagt haben, denn an dieser Sache ist viel gelegen.

Jemand: Egal, wer er ist, und welches Ansehen er hat, wenn er euch eine andere Lehre vorträgt, außer der, die ihr früher von mir gelernt habt (denn ihr habt damals das Evangelium richtig verstanden), der sei verflucht und zur ewigen höllischen Pein verdammt. Wer also die reine Lehre des Evangeliums entweder verdirbt oder verkehrt, besonders wenn er auf seinem Irrtum halsstarrig beharrt, der ist verflucht und wird von Gott ewig verstoßen, sofern er nicht Buße tut. Darum soll ein Kirchendiener sich hüten, dass er keine falsche Meinung oder Lehre in der Kirche einführt. Auch ist hier zu beachten, dass Paulus die mit dem Bann schlägt, die die Rechtfertigung des Menschen nicht dem Glauben allein, sondern auch den Werken zuschreiben denn das taten vorher die falschen Propheten und das tun heute noch die Katholiken. Wenn also der Apostel Paulus auf dem Konzil in Trient gewesen wäre, so hätte er die Väter dieses Konzils dem Teufel übergeben und in den Abgrund der Hölle verflucht. Und man kann an dieser Stelle auch sehen, dass etliche weltweise Menschen viel zu zarte Ohren haben, die es nicht leiden können, dass man die falsche Lehre verdammt, wo doch Paulus hier nicht nur die falsche Lehre verwirft, sondern auch die falschen Lehrer verbannt.

10. Predige ich denn jetzt Menschen oder Gott zu Dienst? Oder gedenke ich, Menschen gefällig zu sein? Wenn ich den Menschen noch gefällig wäre, so wäre ich nicht Christi Knecht.

Zu Dienst: Denn dass ich das Evangelium rein lehre und handhabe, das tue ich wegen meines Amts, damit ich Gott meinen Glauben im evangelischen Predigtamt beweise und seine Ehre ausbreitete.

Gefällig zu sein: Wie es die falschen Apostel tun, die deswegen auf die Beschneidung dringen und das Gesetz mit dem Evangelium verwischen, damit sie nicht mit dem Bekenntnis des reinen Christentums die Herzen der Juden, die dem Gesetz des Moses noch abergläubisch anhängen, von sich abwendig machen, sondern danach trachten, ihr Ansehen bei ihnen zu behalten. Und ich könnte den Juden auch besser zu Gefallen sein, wenn ich meinen eigenen Nutzen mehr beachten würde als die Ehre Gottes und die Wohlfahrt der Kirche.

Gefällig wäre: Nämlich denen, die einen verkehrten Sinn haben, besonders aber den abergläubischen Juden, so wäre dies ein sicheres Anzeichen, dass ich kein Diener Christi wäre. Denn je reiner jemand die Lehre Christi predigt, umso weniger ist der bei denen angenehm, die einer falschen Lehre anhängen. Aber reine und gottselige Diener des Evangeliums sollen in ihrem Predigtamt weder die Feindschaft der Menschen fürchten noch ihre Kunst suchen, sondern darauf achten, dass sie Gott gefallen. Solche Männer soll die Kirche Gottes lieben und für sie sorgen. Darum (will Paulus sagen), weil ihr wisst, dass ich in meinem Apostelamt bisher nicht die Gunst der Menschen oder irgendeinen eigenen Nutzen gesucht habe, sondern um der Wahrheit willen die Feindschaft und Verfolgung vieler Menschen auf mich geladen habe, so ist es nicht recht, dass ihr euer Gemüt von mir abwendet, oder meine treuen und apostolischen Erinnerungen verachtet.

11. Ich tue euch aber kund, liebe Brüder, dass das Evangelium, das von mir gepredigt ist, nicht menschlich ist.

Nicht menschlich: Es ist keine menschliche, sondern eine himmlische und göttliche Lehre, die niemand betrügen kann.

12. Denn ich habe es von keinem Menschen empfangen noch gelernt, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi {1Kor 11v23}.

Jesu Christi: Der mir vor der Stadt Damaskus auf Erden erschienen ist und mich aus dem Judentum zur christlichen Religion berufen hat, danach auch in den dritten Himmel verzückt und mich sein Evangelium gelehrt hat. Wenn also Christus dem Paulus selbst bei Damaskus erschienen ist, so ist er freilich nach seiner Himmelfahrt nichtsdestoweniger auf Erden, obwohl er uns nicht sichtbar erscheint wie Paulus. Und Christus ist wahrer und ewiger Gott. Denn wenn er nur Mensch wäre, so hätte sich Paulus nicht recht gerühmt, dass er sein Evangelium von keinem Menschen gelernt hat.

13. Denn ihr habt ja wohl gehört meinen Wandel damals im Judentum, wie ich über die Maßen die Gemeinde Gottes verfolgte und verstörte sie {Apg 9v1}.

Gehört: Euch ist bekannt, welcher Religion ich früher angehört hatte und auch, mit welch großem Eifer ich die jüdische Religion fortpflanzen wollte und dafür gekämpft habe. Darum sollt ihr zu Recht bedenken, dass ich nicht aus Leichtfertigkeit, sondern aus Antrieb einer göttlichen Gewalt die christliche Religion angenommen habe und mich aufgemacht habe, diese zu lehren und auszubreiten.

Verstörte sie: Die Christen, dass ich sie in Grund und Boden stoßen und ausrotten wollte. Daraus ist gut abzunehmen, dass es nicht das Werk eines Menschen, sondern das Werk Gottes gewesen ist, dass ich plötzlich aus einem Verfolger ein Apostel geworden bin. Denn man soll nicht an allen Verfolgern verzagen, aber dennoch entschuldigt ein guter Vorsatz keinen Irrtum oder einen falschen Gottesdienst. Denn Paulus unterstand sich auch, in einer guten Meinung das Judentum fortzupflanzen und die Kirche Christi zu verfolgen. Und er wäre dennoch in dieser Heuchelei verloren und verdammt worden, wenn ihn Christus nicht zur Buße berufen hätte.

14. und nahm zu im Judentum über viele meinesgleichen in meinem Geschlecht und eiferte über die Maßen um das väterliche Gesetz.

Geschlecht: Nämlich des jüdischen Volkes, bei denen ich an Kunst und Weisheit im Gesetz des Moses viele andere übertraf.

Gesetz: Weil ich das Ansehen erhalten und schützen wollte, weil ich meinte, dass der Mensch, der das Gesetz nach außen hin halte, vor Gott gerecht wäre, habe ich mich mit großem Eifer bemühte, dieses bei seinem Ansehen zu erhalten und zu schützen. Denn ich bin nicht lau mit der jüdischen Religion umgegangen, wie die falschen Apostel, sondern ich drang auf die Rechtfertigung der Werke mit größerem Eifer und handhabte sie fester, als es die falschen Apostel jemals getan haben. Ich hätte mich auch nicht von meiner Meinung abwendig lassen machen, auch wenn ich den Tod hätte darüber erleiden müssen, wenn mich nicht Gott, der Herr, von meiner irrigen Meinung mit Gewalt weggezogen hätte, sondern ich wäre eher in der pharisäischen Gerechtigkeit der Werke zugrunde gegangen, bevor ich das Evangelium Christi angenommen hätte. Die aber in ihrer Religion eifrig sind und doch irren, die handhaben auch danach, wenn sie bekehrt worden sind, die rechte Religion mit einem besonderen Eifer.

15. Da es aber Gott wohl gefiel, der mich von meiner Mutter Leibe hat ausgesondert und berufen durch seine Gnade,

Wohlgefiel: Dass die Zeit meiner Bekehrung nahte, die Gott bestimmt hatte.

Mutter Leibe: Bereits als ich noch im Mutterleib war, hatte mich Gott durch sein göttliches Dekret zum Apostelamt bestimmt.

Berufen: Indem er vom Himmel mit mir geredet hat {Apg 9}. Denn es ist Gottes Werk, treue Mitarbeiter in seine Ernte zu berufen und auszusenden. Diese Berufung geschieht heutzutage durch ordentliche Mittel.

Seine Gnade: Denn aus lauter Gnade und Barmherzigkeit und um kein einziges meiner Verdienste willen, hat mich der himmlische Vater durch seinen eingeborenen Sohn zur Erkenntnis dieses, seines Sohnes, und zum Apostelamt berufen. Und alle Guttaten Gottes sind die reine Gnade, weil er uns nichts schuldig ist.

16. dass er seinen Sohn offenbarte in mir, dass ich ihn durchs Evangelium verkündigen sollte unter den Heiden, also bald fuhr ich zu und besprach mich nicht darüber mit Fleisch und Blut,

In mir: Damit durch mein Predigtamt die Guttaten Christi, die er dem menschlichen Geschlecht erworben hat, den Leuten bekannt gemacht würden.

Unter den Heiden: Und also nicht nur den Juden, sondern auch den Heiden, denen ich besonders zum Lehrer verordnet war, die frohe Botschaft des Evangeliums, vom Christus dem Mittler und Heiland des menschlichen Geschlechts und Aussöhner aller Sünden, durch mich gebracht wurde. Denn Gott erbarmt sich unser, damit wir danach dem Nächsten dienen und uns nach Vermögen und Möglichkeit unseres Berufs bemühen, seine Seligkeit zu fördern. Und wir sollen wissen, dass das vornehmste Stück der himmlischen Lehre das Evangelium ist. Denn das Gesetz kann die Gewissen nicht beruhigen, sondern das Evangelium, wenn es mit Glauben angenommen wird, bringt dem Gewissen Frieden und Ruhe.

Fuhr ich zu: Und fing damit an, das Evangelium von Christus öffentlich zu predigen, sobald ich von Gott erleuchtet worden war. Denn ich war in der Erkenntnis Christi und der Wahrheit der himmlischen Lehre so gut gestärkt und begründet, dass ich keinen Menschen zum Lehrmeister brauchte.

Fleisch und Blut: Dass ich nicht um Rat fragte, wie die Lehre des Evangeliums der menschlichen Vernunft, oder denen, die fleischlich eingestellt sind, gefallen und zu sagen würde oder was andere von mir urteilen würden, dass ich so plötzlich von einer Religion auf die andere gekommen bin, ich ließ mich auch vor der Gefahr, die ich danach zu befürchten hatte, nicht abschrecken, dass sich etwa die erkannte Wahrheit verschwiegen hätte. Denn in Religionssachen soll man das Urteil der menschlichen Vernunft hinten ansetzen und dem Wort Gottes folgen, auch nicht mehr auf seinen guten Namen und sein Ansehen, als auf die Seligkeit der Seelen achten, auch nicht wegen der Gefahren die erkannte Wahrheit verschweigen, noch viel weniger aber verleugnen.

17. kam auch nicht nach Jerusalem zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern zog hin nach Arabien und kam wiederum nach Damaskus.

Vor mir: Denn obwohl sie vor mir zum Apostelamt berufen worden waren, so kannte ich doch nunmehr das Evangelium ebenso gut wie sie. Ich bin also nie ein Jünger oder Schüler der Apostel gewesen, wie es die falschen Apostel in Unwahrheit behaupten, um ein Ansehen zu schmälern, sondern ich bin von Stunde an ihr Mitgehilfe gewesen und habe das Gleiche getan wie sie. Es war auch unnötig, weil ich durch den Heiligen Geist von der Gewissheit meiner Lehre ausreichend gestärkt war, dass ich Unterhaltungen mit den Aposteln geführt hätte, ob ich die Lehre des Evangeliums richtig verstand oder nicht. Gleichwie aber Paulus, der in den dritten Himmel verzückt worden war und von Christus selbst unterwiesen, es nicht gebraucht hat, dass er sich mit anderen Aposteln über die christliche Religion besprechen musste und weitere Berichte davon empfangen musste, so sollen hingegen heutzutage die jungen, angehenden Lehrer und Prediger, die nicht ohne Mittel von Gott berufen sind sich an die Bescheidenheit erinnern und vortrefflichen und gut geübten Männern zuhören und ihnen auch, wenn sie etwas Rechtes und Gutes von ihnen hören, folgen. Denn ein Bischof soll nicht so stolz sein, dass er andere nicht mehr hören möchte {Tit 1}.

Arabien: Dort habe ich das Evangelium Christi mit großem Nutzen gepredigt.

Kam wieder: Nachdem ich den Samen des Evangeliums in Arabien glücklich ausgestreut hatte.

Nach Damaskus: Wo ich unter Lebensgefahr das Evangelium von Christus predigte und handhabte mit großem Eifer und glücklichen Ausgang. Darum sollt ihr euch keine Gedanken darüber machen, als ob ich die Lehre des Evangeliums nur oberflächlich und von einem Menschen einigermaßen gelernt und aufgenommen hätte. Denn ich wurde von Gott (durch ein Wunder) zu dieser Lehre, die ich bisher gepredigt habe hingezogen, dass ich sie annehmen und lehren musste. Es hat sich aber der Apostel nicht gesträubt, seine Aufgabe anzunehmen, sondern sich in deren Verrichtung willig und tüchtig gezeigt. Dieser Fleiß, seiner Aufgabe zu folgen, steht jedem Christen gut zu Gesicht.

18. Danach über drei Jahre kam ich nach Jerusalem, Petrus zu schauen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.

Zu schauen: Dass ich Bekanntschaft mit ihm machte und gar nicht im Sinn hatte, dass ich etwas von ihm lernen wollte.

Bei ihm: In Jerusalem. In dieser Zeit bin ich nicht müßig gegangen, bin auch kein Jünger oder Zuhörer des Petrus gewesen, wie es die falschen Apostel erdichten, sondern habe das Evangelium Christi gelehrt und mit den Juden diskutiert, was Lukas bezeugt {Apg 9}. Denn es ist für die Kirchen nützlich und heilsam, wenn fromme Lehrer untereinander Freundschaft pflegen und sich mit brüderlicher Liebe wohl gewogen sind.

19. Der andern Apostel aber sah ich keinen ohne Jakobus, des Herrn Bruder.

Herrn Bruder: Der mit dem Herrn Christus nach dem Fleisch verwandt war. Und ich habe von diesen das Evangelium nicht erst gelernt, zumal ich bereits drei Jahre vorher an anderen Orten mit großem Nutzen gepredigt hatte. Es haben sich also zu dieser Zeit zwei Apostel in Jerusalem aufgehalten und dort mitten unter so vielen Feinden des Evangeliums hat sich Christus seine Kirche erhalten, wie er noch heutzutage ebenfalls seine Kirche erhält mitten unter den Verfolgern des Evangeliums.

20. Was ich euch aber schreibe, siehe, Gott weiß, ich lüge nicht.

Lüge nicht: Sondern ich sage die Wahrheit vor Gott, den ich hierüber zum Zeugen anrufe. Demnach haben die falschen Apostel den Paulus, diesen treuen Diener Christi in eine solche Verachtung gebracht, dass er mit einem Eid sein Vorbringen bestätigen musste. So etwas können die Werkzeuge des Teufels in kurzer Zeit in der Kirche ausrichten. Es steht uns also frei, dass wir nach dem Beispiel des Paulus in einer wichtigen Sache die Wahrheit auch mit einem Eid bestätigen können.

21. Danach kam ich in die Länder Syrien und Zilizien.

Und Zilizien: In diesen Orten habe ich fortgefahren, das Evangelium zu predigen, das ich seit meiner Bekehrung stets auf die gleiche Weise gepredigt habe. Die vielfältigen und mühseligen, auch gefährlichen Reisen des Paulus erinnern uns, dass wir in der Ausübung unsere Aufgabe nicht fahrlässig sein sollen.

22. Ich war aber unbekannt von Angesicht den christlichen Gemeinden in Judäa.

Unbekannt: Da ich zum ersten Mal zu ihnen kam. Man soll aber von unbekannten Menschen nicht frevelhaft urteilen.

23. Sie hatten aber allein gehört, dass, der uns damals verfolgte, der predigt jetzt den Glauben, welchen er damals zerstörte;

24. und priesen Gott über mir.

Preisten Gott: Dass sie Gott, dem Herrn, Lob und Dank dafür sagten und ihn rühmten, durch dessen Güte und Allmacht ich aus einem Verfolger zum Apostel und aus einem grausamen Wolf nicht nur ein frommes Schaf, sondern auch ein treuer Hirte geworden war. Und ihnen ist meine Lehre nicht zuwider gewesen, weil sie hörten, dass sie mit der Lehre der anderen Apostel, meiner Gehilfen, übereinstimmte. Darum handeln die falschen Apostel unrecht, dass sie meine gesunde und reine Lehre, die ich aus der göttlichen Offenbarung gelernt habe, und die von den Aposteln für richtig erachtet wurde, auch von der reinen Kirche angenommen worden ist, bei euch verlästern und mir übel nachreden. Wir sollen Gott, dem Herrn, auch für die danken, die zu Gott bekehrt werden und an den Verfolgern oder anderen gottlosen Menschen nicht verzagen, weil Gott die Herzen aller Menschen in seiner Hand hat.


Das 2. Kapitel

  • Der Apostel Paulus spricht noch weiter von seiner Lehre, seinen Reisen, seiner Zusammenkunft mit den anderen Aposteln. Seine Handlung mit Petrus, und wie er ihn nicht zu Unrecht gescholten hat.
  • Danach kommt er zum vornehmsten Hauptpunkt dieses Briefes und bestätigt diesen.

1. Danach über vierzehn Jahre zog ich abermals hinauf nach Jerusalem mit Barnabas und nahm Titus auch mit mir.

Mit Barnabas: Der bisher, als ich das Evangelium unter den Heiden gepredigt habe, mein treuer Gehilfe war, der auch die Wunderwerke gesehen hat, die ich zur Bestätigung des Evangeliums verrichtet habe. Denn Paulus und Barnabas waren wie vertraute Brüder in Christus gewesen, die die Kirche Gottes an vielen Orten glücklich miteinander gepflanzt hatten. Wir sollen uns auch um Einigkeit bemühen, denn diese gefällt Gott gut, erbaut die Kirche und ist uns selbst nützlich.

Titus: Den Bischof oder vornehmsten Diener der Kirche Christi auf der Insel Kreta. Denn es waren etliche Juden aufgetreten, die sich zwar zu Gott bekehrt hatten, jedoch dem Gesetz Moses so sehr ergeben waren, dass sie halsstarrig bestritten, es könnte keiner allein durch den Glauben an Christus selig werden, sondern man müsste notwendigerweise das ganze Gesetz Moses halten und die Heiden, die sich zu Christus bekehrt hatten, müssten beschnitten und mit dem Joch des Gesetzes Moses belegt werden. Besonders aber wollten sie haben, dass sich Titus beschneiden ließ, ansonsten könnte ihm das Amt eines Bischofs und Hirten in der Kirche keineswegs, ihrer Meinung nach, recht anvertraut werden, weil er von heidnischen Eltern geboren war.

2. Ich zog aber hinauf aus einer Offenbarung und besprach mich mit ihnen über dem Evangelium, das ich predige unter den Heiden, besonders aber mit denen, die das Ansehen hatten, auf dass ich nicht vergeblich liefe oder gelaufen hätte.

Offenbarung: Nicht in dem Sinn, als ob ich an der Sicherheit meiner Lehre zweifelte oder nicht wüsste, wie die oben beschriebene strittige Sache zu entscheiden wäre und also erst lernen müsste, wie ich mich zu verhalten hätte, sondern weil mir Gott durch eine besondere Offenbarung kundgetan hat, dass ich nach Jerusalem ziehen sollte, nahm ich diese Reise auf mich, nicht um meinetwillen, sondern wegen anderer Menschen, von denen ich erhoffte, dass sie von ihrem Irrtum abgebracht werden könnten, indem sie sich mit den Aposteln in Güte auseinandersetzten. Wenn wir aber in unserem Beruf eine Reise auf uns nehmen, sollen wir nicht zweifeln, dass wir die heiligen Engel zum Schutz und als Hüter bei uns haben {Ps 34}. Aber die Reisen, die wegen der Religion geschehen, dass man meint, dadurch die Sünden zu büßen, die man ansonsten Wallfahrten nennt, sind abergläubisch, gottlos und gefährlich. Ebenso das Hin- und Herlaufen, indem man unterdessen seine Aufgabe vernachlässigt und mancherlei Länder durchstreift und dazu im Allgemeinen auf fremde Kosten lebt, steht keinem Christen zu.

Predige: Wie wir nämlich allein durch den Glauben ohne das Werk des Gesetzes gerecht werden.

Ansehen hatten: Nämlich mit Jakobus, Petrus und Johannes, mit denen ich besonders von dieser Sache sprach, ohne Beisein der anderen, weil sie für die Vornehmsten gehalten wurden und keinen Irrtum verschwiegen hätten, wenn sie etwas an mir gespürt hätten. Obwohl nun Paulus an der Einhelligkeit nicht zweifelte, so war es dennoch eine Vorsichtsmaßnahme, dass er von diesen Angelegenheiten besonders sich mit den Aposteln besprach. Denn die strittigen Auseinandersetzungen der Kirchenlehrer hindern den gemeinen Mann oft mehr, als sie erbauen oder bessern.

Gelaufen hätte: Dies will so viel sagen: Ich habe den Aposteln den Inhalt meines Evangeliums erklärt, dass ich gepredigt hatte, klar und deutlich, dass sie mir für meine reine Lehre ein Zeugnis geben, damit ich mich nicht vergeblich bemühen müsste, wenn die Kirche wegen der Verleumdungen der falschen Apostel fortfahren würde, mich in Verdacht zu halten. Denn die Zuhörer hätten diese nicht angenommen oder doch in ihrem Gewissen nicht sicher sein können. Darum sah ich es für gut an, dass ich hierüber die Meinung der Apostel anhörte. Denn ansonsten, wenn die Widersacher durch das Urteil der Apostel nicht in die Schranken gewiesen worden wären, so würden die, die ich bisher unter Schweiß und mit viel Mühe zu Christus bekehrt hatte, meinen, ich hätte sie verführt und sie würden wiederum von der reinen Lehre abfallen, sodass alles, was ich bisher innerhalb von 18 Jahren mit großer Mühe und Arbeit erbaut habe, meine Widersacher in wenigen Tagen wiederum einreißen und zerstören würden. Deswegensoll man mit großer Vorsicht und unablässigem Fleiß Vorsehung treffen, damit die falschen Lehrer nicht verderben und verwüsten, was wir mit großer Mühe erbaut haben. Die Zuhörer aber sollen nicht unbeständig sein oder schwanken und sich von einem jeden Wind der Lehre umhertreiben lassen {Eph 4}.

3. Aber es ward auch Titus nicht gezwungen, sich zu beschneiden, der mit mir war, ob er wohl ein Grieche war.

Grieche war: Und kein Jude, sondern vor der Bekehrung ein ungläubiger Heide gewesen ist und deswegen unbeschnitten. Aber dennoch diente er mit seinem Predigtamt in der Kirche sowohl den Juden als auch den Heiden. Dennoch war er ungezwungen und das Dekret der Apostel wies ihn nicht an, dass er sich hätte beschneiden lassen müssen. Denn obwohl den Juden niemand befahl, dass sie vom Gesetz abfallen sollten und es ihnen freistand, dass sie es ohne Aberglauben halten könnten, so waren jedoch die Apostel wiederum der Meinung, dass man niemanden zwingen sollte, das Gesetz Moses zu halten, sondern urteilten (sagt Paulus) für mich gegen meine Widersacher, dass wir allein durch den Glauben vor Gott ohne Werke des Gesetzes gerecht und selig werden.

4. Denn da etliche falsche Brüder sich mit eingedrungen und neben eingeschlichen waren, auszukundschaften unsere Freiheit, die wir haben in Christo Jesu, dass sie uns gefangen nähmen,

Eingedrungen: Sodass ich merkte, es waren etliche falsche Lehrer vorhanden, die unter dem Schein des christlichen Namens sich betrügerisch in der Gemeinde mit untergemischt hatten und auf die Beschneidung drangen. Darum widersetzte ich mich diesen tapfer und wollte keineswegs zulassen, dass Titus beschnitten würde. Denn die Kirche Christi ist niemals ohne falsche Brüder, die sie bemühen, die reine Lehre zu verfälschen.

Erkundschaften: Denn obwohl sie sich stellten, als wären sie rechte Christen, so hielten sie es doch nicht mit dem Evangelium, sondern wollten nur erkunden, wie weit sich die Freiheit unseres Gewissens, die Christus uns erlangt hatte, erstreckt und wie viel wir den Juden nachgeben würden, das Gesetz zu halten.

Gefangen nehmen: Denn sie taten es nicht darum und achteten deshalb nicht so genau auf uns, weil sie es etwa gut mit uns gemeint hätten und nach unserem Beispiel den Schwachen auch raten könnten, sondern damit sie sagen konnten, wir hätten Titus nicht aus freiem Willen und aus christlicher Liebe, sondern aus Not beschneiden müssen, damit sie uns mit solch einer List der Freiheit beraubten, die wir aus dem Verdienst Christi vom Gesetz haben und uns wiederum unter dem Gesetz gefangen nehmen.

5. wichen wir denselben nicht eine Stunde, untertan zu sein, auf dass die Wahrheit des Evangeliums bei euch bestünde.

Zu sein: Und obwohl diese falschen Brüder uns ermahnten, dass wir doch wenigstens eine Zeit lang die Beschneidung anwenden sollten und Titus jetzt beschneiden sollten, so sahen wir es doch für ratsam an, dass wir ihnen in diesem Fall nicht nachgegeben haben. Dies taten wir aber nicht aus fleischlicher Halsstarrigkeit, sondern damit unser guter Wille von ihnen nicht dahin gedeutet werden könnte, als würden wir einen Irrtum in unserer Lehre erkennen und sie danach auf die Beschneidung dringen könnten, als wäre sie zur Seligkeit nötig, und in der Form sie den Glauben abschwächen könnten, gerade so, als hätte ich bisher das Evangelium euch nicht rein und lauter gepredigt. So wie wir gelegentlich uns der christlichen Freiheit enthalten, um den Schwachen zu gefallen, so soll man wiederum, wenn die Heuchler unsere Freiheit verfolgen und uns diese nehmen möchten, sie mit dem Gebrauch der Freiheit widerlegen und wegtreiben, damit sich kein falscher Sinn in der Kirche Gottes einschleicht, als ob wir an den Dingen, die für sich selbst frei sind, den Gewissen nach gebunden wären, dass wir sie halten müssten.

6. Von denen aber, die das Ansehen hatten, welcherlei sie damals gewesen sind, da liegt mir nichts an; denn Gott achtet das Ansehen der Menschen nicht. Mich aber haben die, so das Ansehen hatten, nichts anderes gelehrt,

Ansehen hatten: Nämlich von den Aposteln, die damals anwesend waren und kein schlechtes Ansehen hatten. Hier muss man weiter dies verstehen, als würde Paulus sagen: Mir wurde kein Irrtum vorgeworfen oder bewiesen, ich habe auch keine andere Lehre von ihnen gehört oder empfangen, als die, die ich nunmehr ganze 18 Jahre lang geführt und ausgebreitet hatte. Und ich habe nichts Weiteres von ihnen gelernt, das ich vorher nicht gewusst hätte.

Welcherlei: (Nach Luther) Die falschen Apostel führten an, dass die zwölf Apostel selbst mit Christus gewandelt wären, darum würden sie mehr gelten, als Paulus. Dies widerlegt der heilige Paulus und sagt: Es liegt nicht daran, wie groß oder herrlich sie sind, es ist im Evangelium ein Prediger wie der andere {1Kor 3v8}.

Nichts an: Denn obwohl ihr Ansehen von den falschen Brüdern hoch aufgemotzt wird, weil sie früher mit Christus selbst umgegangen sind, seine Predigten gehört und seine Wunderwerke gesehen haben, auch länger im Apostelamt gewesen sind als ich und dies alles von den falschen Aposteln in arglistiger Weise so gemeint ist, damit meine Lehre in Zweifel gezogen wird, als ob meine Meinung der Lehre der anderen Apostel zuwider wäre, die den Gebrauch der Beschneidung bis hierhin nicht aus Zwang, sondern aus freiem Willen behalten haben, so will ich jedoch nicht zugeben, dass durch das Ansehen, den Vorzug oder das Beispiel der Apostel ich und meine Lehre verworfen oder verdammt werde.

Menschen nicht: Besonders in Religionssachen beachtet Gott nicht, was jemand für ein Ansehen hat, wie lang er gelehrt und gepredigt hat, mit welchen Gaben und Wunderzeichen er sein Amt führt, sondern wie rein er lehrt. Darum sollen wir die himmlische Wahrheit dem Ansehen der Person vorziehen. Dazu auch in weltlichen Sachen aufrichtig und recht, ohne Ansehen der Person, handeln und hierin unserem himmlischen Vater nachfolgen. Weil ich nun dies weiß (will Paulus sagen), dass Gott die Person nicht ansieht, so lasse ich keineswegs zu, dass, obwohl die Apostel bis hierhin die Beschneidung frei gebraucht haben, dies meine Lehre, dass ich sage, die Beschneidung sei unnötig, verdächtig macht.

Ansehen hatten: Nämlich die Apostel, die in großem Ansehen waren und mich eines Besseren hätten belehren können oder sollen, wenn ich in irgendeiner Sache geirrt hätte.

Gelehrt: Und keinen Mangel an meiner Lehre oder meinem Bekenntnis hatte, als ob ich bisher nicht ausreichend gelehrt hätte, was zum Christentum nötig ist, wie mich die falschen Apostel und falschen Brüder verlästern.

7. sondern wiederum, da sie sahen, dass mir vertraut war das Evangelium an die Vorhaut, gleichwie Petrus das Evangelium an die Beschneidung

Vorhaut: Dass ich es den unbeschnittenen Heiden predigen sollte.

Nach Luther: Die Heiden nennt er Vorhaut, weil sie nicht beschnitten sind.

Beschneidung: Dass er den beschnittenen Juden das Evangelium verkündigen sollte. Hier muss man Folgendes verstehen: Da erkannten sie mich als ihren Gehilfen in der Lehre des Evangeliums.

8. (denn der mit Petrus kräftig ist gewesen zum Apostelamt unter die Beschneidung, der ist mit mir auch kräftig gewesen unter die Heiden),

Kräftig: Derselbe Gott, der mit seinem Geist durch Petrus gewirkt hat, dass er den Nutzen des Apostelamts unter den Juden abgewartet hat.

Die Heiden: Dass ich den Heiden mit großem Nutzen das Evangelium predigte. Denn das Paulus bisweilen auch den Juden, wiederum Petrus den Heiden das Evangelium verkündigt hat, wird in der Apostelgeschichte ausreichend bezeugt. So ist besonders Petrus den Juden und Paulus den Heiden zugeordnet worden. Sie haben aber beide kräftig für das Heil und die Seligkeit vieler gelehrt. Denn Gott hat das Predigtamt des Evangeliums nicht den Engeln, sondern den Menschen befohlen und anvertraut. Und Gott wirkt durch das Predigtamt mit seinem Geiste in den Herzen der Auserwählten, dass sie das Evangelium mit Nutzen hören. Auch hört man hier von keiner Vorrangstellung, die Petrus vor den anderen Aposteln gehabt hätte, sondern sie haben alle im gleichen Stand das Evangelium Christi ständig gepredigt.

9. und erkannten die Gnade, die mir gegeben war, Jakobus und Kephas und Johannes, die für Säulen angesehen waren, gaben sie mir und Barnabas die rechte Hand und wurden mit uns eins, dass wir unter die Heiden, sie aber unter der Beschneidung predigten;

Gegeben war: Dass ich nämlich nicht nur aus lauter Gnade und Barmherzigkeit Gottes zur christlichen Religion von Gott bekehrt wurde, sondern auch die Gabe, das Evangelium zu lehren und Wunderzeichen zu tun, von Gott empfangen hatte. Denn das sind reine Gnaden und Gaben Gottes.

Kephas: Nämlich Petrus. Denn so lautet sein Name in syrischer Sprache.

Für Säulen: Sie hatten damals das vornehmste Ansehen in den Kirchen, denn sie waren Apostel und noch dazu die vornehmsten. Man soll aber für die Leute fleißig bitten, die für Säulen in der Kirche oder im weltlichen Regiment angesehen werden, dass Gott sie mit seinem Geist regiert und ihnen ein langes Leben verleiht.

Rechte Hand: Sie verachteten mich nicht vollständig und hatten auch keinen Mangel an meinem Predigtamt, wie es die falschen Apostel mit Unwahrheit von mir ausgegeben haben, damit sie das Ansehen meiner Lehre bei euch Galater an schmälern könnten, sondern es erkannten und bekannten viel mehr diese großen Apostel mit der Tat, indem sie uns die Hände reichten, dass wir durchaus denselben Glauben mit ihnen lehrten und sie uns für liebe Brüder und treue Gehilfen hielten. Die Einigkeit der Menschen, und wenn die Herzen zusammenhalten, ist dies in allen Ständen sehr nützlich und heilsam.

Predigten: Denn die Ämter sollen sowohl in der Kirche wie auch in der weltlichen Regierung ordentlich aufgeteilt werden, dass jeder weiß, was er zu tun hat.

10. allein dass wir der Armen gedächten, welches ich auch zu tun fleißig gewesen bin.

Armen gedächten: Die im jüdischen Land waren und in den Verfolgungen um des Evangeliums willen ihrer Güter beraubt worden waren, sodass sie in großer Armut lebten, daran erinnerten sie uns vor unserem Abzug, dass wir an sie denken sollten und die bekehrten Heiden ermahnen, dass sie aus christlicher Liebe den bekehrten Juden, als christliche Mitbrüder, mit einer Steuer zu Hilfe kämen. Denn die reichen Christen sollen den Armen Hilfe leisten, und zwar nicht nur denen, die in der Nähe sind, sondern zuweilen auch denen, die fern von uns leben.

Zu tun: Wie in all seinen Briefen zu lesen ist, besonders aber 2. Korinther 8. und 9.

11. Da aber Petrus nach Antiochien kam, widerstand ich ihm unter Augen; denn es war Klage über ihn gekommen.

Unter Augen: Denn weil er dort etwas tat, was seiner Person nicht gebührte, habe ich mich von seinem Ansehen nicht beirren lassen, sodass ich, obwohl er ein vornehmer Apostel war, weil er unrecht handelte, ihn nicht nur unter vier Augen deshalb ansprach, was er denn da täte, sondern ihm das auch öffentlich vorwarf und tadelte. Denn auch heilige Leute können gelegentlich stark straucheln, damit andere an ihrem Beispiel lernen, behutsamer zu sein und wenn sie auch gefallen sind, daraus Trost schöpfen. Es handeln aber diejenigen recht und aufrichtig, die diejenigen, die unrecht handeln, unmittelbar darüber zur Rede stellen, jedoch mit gebührender Mäßigung und Bescheidenheit.

12. Denn zuvor, ehe etliche von Jakobus kamen, aß er mit den Heiden; da sie aber kamen, entzog er sich und sonderte sich, darum dass er die von der Beschneidung fürchtete.

Kamen: Nämlich etliche bekehrte Juden, die der Apostel Jakobus zu ihm, dem Apostel Petrus, geschickt hatte.

Aß er: Petrus aß auch von solchen Speisen, die im Gesetz Moses verboten war, und er tat recht daran nach der Art der christlichen Freiheit, die den Unterschied der Speise aufhebt.

Sie: Nämlich die bekehrten Juden, von denen zuvor gesprochen worden ist.

Sonderte sich: Von der Gemeinschaft der Heiden ab, dass er nicht mehr mit ihnen aß wie zuvor.

Fürchtete: Die von den Juden bekehrt waren, damit er sie nicht erzürnen würde. Denn Petrus wusste, dass die Juden, auch nachdem sie den christlichen Glauben angenommen hatten, auf die levitischen Satzungen beharrlich drangen, mehr als sich gebührte. Darum hat er daran unrecht getan, dass er ihrem Aberglauben zu viel Nachsehen schenkte.

13. Und heuchelten mit ihm die andern Juden, also dass auch Barnabas verführt wurde, mit ihnen zu heucheln.

Anderen Juden: Die auch bekehrt waren und sich zuvor an ihn gehalten hatten, die entzogen sich gleichmäßig von der Gemeinschaft der Gläubigen, die aus den Heiden kamen, als wenn sie nicht ohne Verunreinigung mit den Heiden von den Speisen essen könnten, die im Gesetz Moses verboten waren, obwohl sie doch vorher eines Besseren davon unterrichtet worden waren. Denn wenn große Menschen fallen, so ziehen sie viele andere mit sich.

Verführt wurde: Und sich gleichermaßen von der Gemeinschaft der Heiden zurückhielt, obwohl er sonst mein treuer Gehilfe im Evangelium gewesen ist. Darum haben sie alle miteinander den Juden, die neulich von Jakobus gekommen sind, zu viel eingeräumt. Paulus ist also damals allein gewesen, der die reine Religion, die wegen eines ärgerlichen Beispiels im Wandel teilweise in Gefahr stand und schwankte, zu handhaben sich nicht gescheut hat. Denn es ist nichts daran gelegen, ob viele oder wenige die reine Religion erhalten.

14. Aber da ich sah, dass sie nicht richtig wandelten nach der Wahrheit des Evangeliums, sprach ich zu Petrus vor allen öffentlich: So du, der du ein Jude bist, heidnisch lebst und nicht jüdisch, warum zwingst du denn die Heiden, jüdisch zu leben?

Nicht richtig: Dass sie mit dem Beispiel ihres Lebens und Wandels die Lehre von der evangelischen Freiheit nicht handhaben, noch bei der reinen Lehre von der Rechtfertigung aus Gnade, ohne Werke des Gesetzes, blieben, sondern so taten, als wenn es zur Seligkeit nötig wäre, dass man das Gesetz halten müsse, und als ob es in den äußerlichen Sachen gar keine christliche Freiheit gäbe. Sie machten damit die Heiden in ihrem Gewissen irre, als ob sie bisher deswegen weder recht geglaubt noch recht gelebt hätten. Da konnte ich zu solch einer gefährlichen und schädlichen Absonderung nicht schweigen sollen oder können.

Öffentlich: Dass sich ihm sein Unrecht vorwarf. Denn fromme Kirchendiener sollen ohne Ansehen der Person einzig und allein darauf bedacht sein, dass die Religion ganz und in allen Stücken unverfälscht erhalten wird. Und wir sollen die Irrenden nach den Möglichkeiten unsere Aufgabe zurechtweisen.

Jude bist: Und von dem Volk gekommen, denen vor langer Zeit das Gesetz gegeben worden war, dazu beschnitten bist. Aber dennoch, nachdem du zur völligen Erkenntnis des Evangeliums gekommen bist, nicht geglaubt hast, dass es zur Seligkeit nötig ist, dass man das Gesetz hält. Es lässt sich auch das Gewissen nicht mit den levitischen Satzungen verbinden, sondern es lässt solche Satzungen Moses außer Acht, die nur allein zum Judentum gehören.

Jüdisch zu leben: Denn indem du dich jetzt von der Gemeinschaft der Heiden entziehst, als ob sie unrein wären, gibst du den Heiden, die zum Glauben bekehrt worden sind, solche Gedanken ein, als ob sie nicht selig werden könnten, es sei denn, dass sie sich dem ganzen Gesetz unterwerfen und dadurch, dass sie dies halten, das ewige Leben verdienen. Du weißt, mein lieber Bruder Petrus, dass diese Meinung falsch ist und der evangelischen Wahrheit wie auch der christlichen Freiheit widerstrebt. Denn es ist nicht recht, dass die Kirchendiener anderen schwere Bürden auflegen, die sie selbst mit keinem Finger anzuregen im Sinn haben.

15. Wiewohl wir von Natur Juden und nicht Sünder aus den Heiden sind,

Nicht Sünder: Denn wir sind von den Juden hergekommen und haben uns durch die Beschneidung bald zur wahren Religion bekannt, wir sind auch von Jugend auf daran gewöhnt und angewiesen worden, dass wir das Gesetz halten müssen, und sind der Abgötterei und den Lastern der Heiden nie gefolgt.

16. doch, weil wir wissen, dass der Mensch durch des Gesetzes Werke nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesum Christus, so glauben wir auch an Christus Jesum, auf dass wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch des Gesetzes Werke; denn durch des Gesetzes Werke wird kein Fleisch gerecht {Röm 1v17 3v27 v28 4v5 11v6}.

Gesetzes Werk: Weder durch die levitischen Zeremonien, noch durch weltliche Satzung auch nicht durch die 10 Gebote.

An Jesus Christus: Dass wir auf ihn, als unserem Mittler und Seligmacher all unser Vertrauen und unsere Hoffnung auf unsere Seligkeit setzen und nicht auf unseren Verdienst oder die Erfüllung des Gesetzes, obgleich es sonst das Ansehen haben könnte, als hätten wir einen Vorzug vor den Heiden. Darum mein lieber Petrus, sollst du mit deiner Absonderung von den Heiden keinen Grund geben, dass sie meinen, sie könnten die Seligkeit nicht erlangen, es sei denn, dass sie das Gesetz Moses halten. Denn niemand kann aus den Werken des Gesetzes, sondern allein aus Glauben an Christus gerecht werden. So spricht Paulus an dieser Stelle nicht nur von den Zeremonien, die uns die Katholiken gerne einreden wollen, sondern von allen Werken des Gesetzes und spricht ihnen die Kraft der Rechtfertigung ab. Und man soll die rechte Lehre von der christlichen Freiheit fest handhaben zumal, wenn diese gefälscht wird, man auch in den Artikeln der Rechtfertigung anlaufen muss. Dies (will Paulus sagen) habe ich, meine lieben Galater, dem Apostel Petrus damals öffentlich vorgehalten, und er hat meine Erinnerung nicht als schlecht aufgefasst noch mir widersprochen, weil er wusste, dass die Lehre von dem allein gerecht machenden Glauben, ohne die Werke des Gesetzes mit Worten und Beispielen zu handhaben sei. Und Petrus hat meine Person nie verachtet, wie es die falschen Apostel tun, sondern er hat eben diese Lehre von der Rechtfertigung des Glaubens aus Gnade, ohne die Werke des Gesetzes, ständig mit mir geführt.

Kein Fleisch: Oder Mensch. Weil es sicher und nicht zu leugnen ist, dass kein Mensch, wie unsträflich und ehrbar er sich in seinem Leben auch verhalten haben mag, vor Gott als gerecht angesehen wird wegen irgendeines Werkes des Gesetzes, wenn sie auch noch so sehr leuchten würden. Denn wir werden nicht aus den Werken, sondern aus dem Glauben, nicht aus unserem Verdienst, sondern aus der reinen Gnade Gottes gerecht, dass wir Vergebung der Sünden und das ewige Leben erlangen. Darum können die falschen Apostel daherreden, was sie wollen, es gebührt euch Galatern, dass ihr diese reine Lehre von der Rechtfertigung aus Gnade fest beibehaltet. Wenn deswegen die römischen Päpste diese Lehre von der Rechtfertigung des Glaubens aus Gnade der Ketzerei beschuldigen, so verdammen sie nicht nur Luther, sondern auch Petrus und Paulus selbst, dessen Nachfolger zu sein sie sich rühmen, sie würden auch zweifellos diese Apostel als Ketzer verbrennen, wenn sie ihnen heutzutage in die Hände fallen würden.

17. Sollten wir aber, die da suchen durch Christus gerecht zu werden, auch noch selbst als Sünder erfunden werden, so wäre Christus ein Sündendiener. Das sei ferne!

Sollten wir: Paulus bringt einen weiteren Beweis seiner Sache vor, als wollte er sagen: Wenn wir, die wir glauben, dass wir durch den Glauben an Christus gerecht werden, in unserer Hoffnung betrogen werden und nicht durch Christus, den wir mit Glauben ergriffen haben, die Gerechtigkeit erlangen, es sei denn, dass wir dies erst dann zuwege bringen, wenn wir das Gesetz halten, so hat uns freilich Christus die Gerechtigkeit nicht gebracht, sondern uns in unseren Sünden bleiben lassen und er gibt uns die Gerechtigkeit nicht, sondern er offenbart allein die Sünde durch seinen Dienst und sein Predigtamt, wie es Mose auch getan hat. Das wollte Gott nicht. Denn dieser ungereimten Meinung widerspricht die ganze Heilige Schrift, die uns Christus als einen Erlöser von den Sünden vorstellt, der uns das ewige Leben schenkt. Man sieht deswegen hier abermals, wie diejenigen Christus gar nicht kennen, die behaupten, dass der Mensch durch die Werke gerecht werden würde. Denn sie machen aus Christus einen Gesetzgeber und aus den Christen Juden, dazu solche, die nicht im Messias, sondern in Moses die Seligkeit suchen.

Sündendiener: (Nach Luther) Wer durch Werke fromm werden will, der tut so, als würde uns Christus durch seinen Dienst, sein Amt, seine Predigten und seine Leiden zuerst zu Sündern machen, die durch das Gesetz fromm werden müssten. Das bedeutet, Christus verleugnet, gekreuzigt, verlästert und die Sünde wider erbaut, die zuvor durch die Predigt des Glaubens abgetan war.

18. Wenn ich aber das, so ich zerbrochen habe, wiederum baue, so mache ich mich selbst zu einem Übertreter.

Übertreter: Darum kann ich von meiner vorher beschriebenen, rechten Lehre nicht abweichen und auf den Sinn der falschen Apostel eingehen. Denn ich habe nach dem rechten Sinn der Schrift im Thema der Rechtfertigung die Menschen von Moses, als einem Ankläger, zu Christus, dem Gnadenthron gewiesen und auch dem Gesetz die Kraft zur Rechtfertigung abgesprochen und diese dem Glauben an Christus zugeordnet. Wenn ich also jetzt mit den falschen Aposteln das Gesetz wieder zu solcher Würde erheben wollte, die ich ihm entzogen habe, so würde ich natürlich nicht nur mein ganzes Predigtamt in Zweifel ziehen, sondern (was das größte Bubenstück wäre) die ganze christliche Religion zugrunde richten. Dies kann und soll ich nicht tun. Es ist deswegen keine Halsstarrigkeit, sondern Standhaftigkeit, die einem Kirchenlehrer von Rechts wegen gebührt, wenn er von der reinen Lehre, wozu er sich einmal bekannt hat, nicht abweicht, um anderen zu gefallen. Denn ein Bischof soll die reine Lehre handhaben.

19. Ich bin aber durch das Gesetz dem Gesetz gestorben auf dass ich Gott lebe; ich bin mit Christo gekreuzigt.

Ich: Damit stelle ich mich selbst als Beispiel eines gerechtfertigten Menschen dar.

Durch das Gesetz: Nämlich des Glaubens, das ist, die Predigt des Evangeliums, die ich mit Glauben ergriffen habe. Denn er meint mit Gesetz nach der Art der hebräischen Sprache eine jede Lehre.

Dem Gesetz: Welches Moses gegeben war.

Nach Luther: Durch den Glauben, der ein geistliches, lebendiges Gesetz ist, sind wir für die Buchstaben des Gesetzes gestorben, dass wir ihm nichts mehr schuldig sind {Röm 7v4}.

Gestorben: Jedoch dergestalt wieder davon erlöst, dass es mich ebenso wenig angeht, wie einen toten Menschen. Denn das Gesetz des Glaubens oder die Lehre des Evangeliums haben mir das Gesetz Moses erlassen, sodass mich das Gesetz Moses, weil ich an Christus glaube, nicht verdammen kann, obwohl ich es nicht vollkommen halte. Ja, das Evangelium befreit mich auch von den levitischen Satzungen. Darum, was die Rechtfertigung und den Fluch, mit dem das Gesetz droht, anbelangt, habe ich mit dem Gesetz nichts mehr zu schaffen. Denn der Mensch, der Buße getan hat und an Christus glaubt, soll dennoch im Gewissen die Anklage des Gesetzes keineswegs dulden, obwohl er sein Fleisch dem Gesetz unterwerfen soll, dass es von ihm regiert wird.

Gott lebe: Das bedeutet: Dass ich jetzt im Gewissen erquickt, lebendig vor Gott bin und den ewigen Tod oder die Verdammung nicht mehr fürchten muss, sondern in sicherer Hoffnung auf die völlige Offenbarung des rechten und ewigen Lebens warte. Und weil ich also vor Gott lebe, so bringe ich auch Werke des himmlischen und geistlichen Lebens hervor, nämlich die Früchte des Glaubens, dass ich jetzt willig und gern, nachdem ich wiedergeboren bin, tue, was zuvor das Gesetz gegen meinen Willen von mir zu erzwingen versucht hat. Denn die vom Fluch des Gesetzes erlöst sind, die haben Frieden mit Gott, leben also geistlich und zeigen und erklären auch mit guten Werken, dass sie leben.

Gekreuzigt: Darum sollt ihr euch auch nicht wundern, dass ich gesagt habe, ich sei für das Gesetz gestorben. Denn weil Christus für mich am Kreuz den Fluch ausgestanden und überwunden hat (zumal verflucht ist, wer am Holz hängt {5Mos 21}.), und da dieses für mich geschehen ist, so hat es ebenso viel gegolten, als wenn ich mit ihm am Kreuz gehangen wäre. Darum ist dieses, dass Christus den Fluch des Gesetzes überwunden hat, durch den Glauben an ihn, nun meines geworden, denn es ist mir zugeeignet und geschenkt worden. Es ist deswegen dem Gesetz bereits durch Christus genug geschehen, und welches Recht es auch immer gehabt hat, zu fluchen, das hat es gegen den Gläubigen bereits verloren, sodass wir davon jetzt weder den Fluch fürchten, noch die Rechtfertigung erwarten dürfen.

20. Ich lebe aber, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich in dem Glauben des Sohnes Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich hingegeben.

In mir: Denn obwohl ich mit Christus und in Christus am Kreuz für das Gesetz gestorben bin, so lebe ich dennoch. Wie ich aber in geistlicherweise vor Gott lebe, nachdem ich die Schrecken der Hölle überwunden habe, das habe ich allein Christus zu verdanken, der mir das Leben mit seinem schmählichen Tod am Kreuz erlangt hat. Darum lebe ich ein fremdes Leben aus fremder, aber nicht durch meine eigene Guttat. Deswegen lebt jetzt Christus in den Gläubigen, dass er sie, je länger umso mehr mit seinem Geist lebendiger macht, sie regiert und führt und in ihnen, auch durch sie, gute Werke wirkt.

Im Fleisch: Da ich noch mit dem Fleisch umgeben bin. Dies hebt jedoch das geistliche Leben, wovon ich vorher gesprochen habe, nicht auf. Denn obwohl die Gläubigen noch im Fleisch sind, so leben sie doch nicht nach dem Fleisch und halten die Gelüste des verdorbenen Fleisches im Zaum. Es sollen deswegen die Christen, wenn sie eine Zeit lang im Fleisch leben müssen, dennoch nicht nach dem Fleisch leben.

In dem Glauben: Wie mich dieser Glaube leitet und führt, damit ich tue, was ich weiß, dass es dem Sohn Gottes gefällig und angenehm ist.

Mich: Als einen armen Sünder, der ich früher seine Gemeinde verfolgt habe.

Hingegeben: Indem er sich auch meinetwillen dem Gesetz und Tod, auch dem Zorn Gottes unterworfen hat. Darum möchte ich ihm dankbar sein. So sollst auch du, der du ein Christ bist, glauben, dass Christus dich geliebt hat und sich selbst für dich gegeben hat, auch Fleiß aufwenden, damit du gegenüber einem solch großen Wohltäter nicht undankbar erscheinst.

21. Ich werfe nicht weg die Gnade Gottes; denn so durch das Gesetz die Gerechtigkeit kommt, so ist Christus vergeblich gestorben.

Nicht weg: Sondern ich bin mit diesem Heiland Christus wohl vergnügt und suche keine andere Rechtfertigung aus dem Gesetz. Zumal mich Gott aus Gnaden mit seinem Blut erlöst hat, nicht dass ich würdig wäre, sondern weil er mich Unwürdigen geliebt hat. Darum, wenn ich mit den falschen Aposteln die Rechtfertigung aus den Verdiensten der Werke suchen würde, so würde ich das gnadenreiche Geschenk des ewigen Lebens oder die Gnade Gottes, die mir durch Christus erworben, angeboten und geschenkt wird, ausschlagen. Diese große Übeltat sei fern von mir. Denn die Gnade Gottes, die einem frei und umsonst angeboten wird, auszuschlagen und nicht annehmen zu wollen, ist eine größere Misshandlung, als alle anderen Sünden. Dies tun diejenigen, die nicht allein durch den Glauben an Christus, sondern auch mit ihren Werken vor Gott gerechtfertigt werden wollen.

Vergeblich gestorben: Denn wer sieht nicht, wenn ich mit den Werken, die nach dem Gesetz geschehen, Vergebung der Sünden und das ewige Leben verdienen könnte, dass Christus allerdings vergeblich für meine Sünden gestorben wäre und sich vergebens bemüht hätte, mit seinem Tod für mich das ewige Leben zu erlangen. Denn ich bräuchte Christus nicht, wenn ich das, was er mit seinem Leiden mir erlangen wollte, selbst mit meinen Werken erlangen könnte. Wir können deswegen entweder die Gerechtigkeit aus dem Gesetz nicht erlangen oder der Sohn Gottes hat eine unnötige Sache getan, als er am Kreuz für das menschliche Geschlecht büßen wollte. So etwas zu sagen soll keinem Christen in den Sinn kommen. Hier mögen die Katholiken in sich gehen und erkennen lernen, wie sie Christus mit seinem ganzen Verdienst und Leiden verwerfen, wenn sie sich auf ihre Werke verlassen und mit diesen Gott den Himmel abverdienen wollen, obwohl vielleicht viele von ihnen diese schreckliche Sünde nicht merken oder verstehen.


Das 3. Kapitel

  • Paulus tadelt die Galater, dass sie sich betrügen lassen und sich nur schwer wieder auf den Weg zur Besserung bringen lassen.
  • Und er behandelt die Lehre von der Rechtfertigung aus Gnade mit verschiedenen Begründungen.
  • Danach stellt er das Gesetz und das Evangelium einander gegenüber.

1. O ihr unverständigen Galater, wer hat euch bezaubert, dass ihr der Wahrheit nicht gehorcht? welchen Christus Jesus vor die Augen gemalt war, und jetzt unter euch gekreuzigt ist!

Unverständigen: Von denen ich sehe, dass der heidnische Unglaube noch an euch klebt, obwohl ihr schon früher durch das Evangelium wiedergeboren worden seid. Es pflegt aber Paulus seinen Beweisen immer nützliche Ermahnungen, gelegentlich auch tadelnde Worte mit unterzumischen, je nachdem wie es notwendig ist. So tadelte er auch hier die Galater aus einem gottseligen Eifer, dass sie nicht nur den falschen Aposteln so leicht Gehör gaben und sich von ihnen betrügen ließen, sondern dass sie auch nach der gutherzigen Ermahnung sich so schwer wieder auf den rechten Weg bringen ließen. Denn es steht einem Kirchendiener frei, dass er seine Zuhörer zwar gelegentlich ernsthaft anfahren darf, doch nicht in dem Sinn, dass er sie schmähen möchte, sondern um sie zur Besserung anzuhalten.

Bezaubert: Und die Augen eures Herzens so sehr geblendet hat, dass ihr auch jetzt noch nicht die Wahrheit glauben wollt, worauf ich euch hinweise und wieder berufe. Denn so wie gelegentlich durch die Gewalt des Teufels aus Verhängnis Gottes die Augen der Menschen so geblendet und bezaubert werden, dass sie meinen, sie sehen solche Dinge, die doch an sich selbst nichtig sind, so betört der Satan durch die falschen Lehrer die Herzen der Menschen, dass sie meinen, sie wandeln im hellsten Licht der evangelischen Wahrheit, wo sie doch in einer dichten Finsternis der Religion stecken.

Gemalt war: Durch meine Predigten, in denen ich ihn euch mit seinem ganzen Verdienst und mit der Kraft seines Leidens so aufgezeichnet und mit lebendigen Farben herausgestrichen habe, dass es mich nicht zu Unrecht heftig wundert, wie es geschehen konnte, dass ihr diese herrliche Erkenntnis Christi so schnell verloren habt.

Gekreuzigt ist: Gleichsam von Neuem durch die Lehre der falschen Apostel. Zumal die, die die Kraft des Leidens Christi halsstarrig schmälern und die Seligkeit ihren Werken zuschreiben, mit Christus ein derartiges Gespött treiben und nicht weniger schändlich mit ihm umgehen, als wenn sie ihn von Neuem wiederum ans Kreuz heften würden.

2. Das will ich allein von euch lernen: Habt ihr den Geist empfangen durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben?

Lernen: Weil ihr gelehrter geworden seid als ich, der ich doch bisher euer Lehrmeister und Apostel gewesen bin.

Geist: Nämlich den Heiligen Geist und seine wunderbare Gabe wie zum Beispiel mit verschiedenen Sprachen zu sprechen und Wunderwerke zu tun.

Vom Glauben: An Christus? Freilich haben euch die Werke des Gesetzes nicht gerecht gemacht, die euch auch nicht den Heiligen Geist mitgeteilt haben. Nun wird kein Mensch, wenn er recht bei Sinnen ist, daran zweifeln, dass die Lehre, wenn sie mit Glauben ergriffen worden ist, vor Gott gerecht macht, die den Gläubigen den Heiligen Geist bringt. Dass aber dies nicht aus dem Gesetz, sondern aus der Lehre des Evangeliums passiert, davon müsst ihr durch die Erfahrungen überzeugt sein und sie als Beweis ansehen.

3. Seid ihr so unverständig? Im Geist habt ihr angefangen, wollt ihr es denn nun im Fleisch vollenden?

Angefangen: Dass ihr Christen genannt worden seid, nachdem ihr vom Heiligen Geist wiedergeboren und mit ihm begabt worden seid.

Vollenden: Dass ihr jetzt die Lehre verwerft, aus der ihr den Heiligen Geist empfangen habt und wiederum die annehmt, die den Menschen insgesamt fleischlich bleiben lässt. So wird sich das Ende im Gegensatz zu dem guten Anfang übel reimen. Obwohl nun heutzutage die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes, Wunderzeichen zu tun, den Christen nicht mitgeteilt werden, weil sie auch unnötig sind, so bleibt jedoch nichtsdestoweniger dieser Unterschied zwischen der Lehre des Gesetzes und dem Evangelium bestehen, dass die Lehre des Gesetzes den Heiligen Geist nicht gibt, die Lehre des Evangeliums jedoch, wenn sie mit Glauben ergriffen wird, bringt den Heiligen Geist mit sich, der in unseren Herzen bezeugt, dass wir Gottes Kinder sind {Röm 8}. Und der zu Gott schreit: Abba, lieber Vater {Gal 4}. Die Katholiken aber sind unrecht daran, dass sie aus diesem Spruch des Paulus diejenigen verdammen, die die Gottlosen Klostergelübde fahren lassen und sich in einen ehrbaren Ehestand begeben, als ob sie dadurch vom Geist zum Fleisch abfallen würden. An dieser Stelle spricht Paulus jedoch nicht vom ehelichen oder dem ehelosen Stand, sondern vom Unterschied des Gesetzes und des Evangeliums.

4. Habt ihr denn so viel umsonst erlitten? Ist es anders umsonst.

Umsonst erlitten: Paulus nutzt noch ein anderes Mittel, wodurch er versucht, die Galater wieder auf den rechten Weg zu bringen, als wollte er sagen: Habt ihr nicht bisher euch eure Güter rauben, ins Elend vertreiben lassen und allerlei anderes Ungemach von Juden und Heiden wegen der reinen christlichen Religion erduldet? Dies alles wird umsonst geschehen sein, wenn ihr von dieser gottseligen Lehre wieder abfallt. Denn es nutzen dem die vorhergegangenen guten Werke, oder dass er allerlei Widerwärtigkeiten mit Geduld überstanden hat, nichts, der von der reinen Religion wieder abfällt.

Ist es anders: Denn ich erwarte noch etwas Besseres von euch und hoffe, ihr werdet es nicht dahin kommen lassen, dass ihr mir durch euren halsstarrigen Irrtum alle Hoffnungen, die ich in euch gesetzt habe, nehmt. Hier sieht man, wie Paulus erneut mit Freundlichkeit mildert, was er zuvor etwas hart vorgebracht hat, damit er die Galater nicht ganz und gar von sich abwendig machte. Deswegen sollen wir die Irrenden so strafen, dass sie gebessert und nicht zurückgetrieben werden.

5. Der euch nun den Geist reicht und tut solche Taten unter euch, tut er es durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben?

Der: Jetzt bringt Paulus seinen Beweis vor, den er kurz zuvor angesprochen hatte, mit dem er die Rechtfertigung des Glaubens aus Gnade bestätigt.

Vom Glauben: Als wollte er sagen: Gott hat euch die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes nicht durch die Predigt des Gesetzes, sondern durch das Predigtamt des Evangeliums mitgeteilt. Und ihr habt diese Gaben nicht empfangen, weil ihr euch in den Werken des Gesetzes geübt, sondern weil ihr dem Evangelium Christi geglaubt habt. Dennoch wollt ihr die Rechtfertigung vielmehr dem Gesetz, als dem Glauben an Christus zuschreiben. Ist aber dies nicht ein ungereimtes Tun?

6. Gleichwie Abraham hat Gott geglaubt, und ist ihm gerechnet zur Gerechtigkeit {1Mos 15v6 Röm 4v3 Jak 2v23}.

Gleich: Paulus bringt hierfür noch einen anderen Beweis vor.

Zur Gerechtigkeit: Wie die Schrift bezeugt {1Mos 15}. Weil demnach Abraham durch den Glauben und nicht durch die Werke gerechtfertigt worden ist, so müssen freilich alle, die wahrhaftig für geistliche Kinder Abrahams gehalten werden wollen, auf die gleiche und auf keine andere Weise gerecht werden. Denn es ist die gleiche Art der Rechtfertigung bei all denen, die selig werden sollen. Und die aus den Werken vor Gott gerechtfertigt werden wollen, die sind weder Kinder Abrahams noch Erben des Himmelreichs, weil niemand auf andere Art, als allein durch den Glauben gerechtfertigt wird.

7. So erkennt ihr ja nun, dass, die des Glaubens sind, das sind Abrahams Kinder.

8. Die Schrift aber hat es zuvor ersehen, dass Gott die Heiden durch den Glauben gerecht macht. Darum verkündigte sie dem Abraham: In dir sollen alle Heiden gesegnet werden {1Mos 18 22v18}.

Ersehen: Worin es der Heilige Geist geoffenbart hat.

Gesegnet werden: Durch den gleichen Glauben, wie du ihn hast, sollen alle Heiden zugleich mit dir den wahren Segen oder die ewige Seligkeit erlangen. Denn der wahre Segen ist, dass wir vom Fluch des Gesetzes erlöst sind, damit wir nicht verdammt werden, und dass Gott uns um Christi willen gnädig ist und zu Erben des Himmelreichs bestimmt hat.

9. Also werden nun, die des Glaubens sind, gesegnet mit dem gläubigen Abraham.

Des Glaubens sind: Die wahrhaftig an Christus glauben.

Abraham: Ihrem Erzvater. Denn Abraham ist durch den Glauben und nicht durch die Werke des Gesetzes gerecht geworden.

10. Denn die mit des Gesetzes Werken umgehen, die sind unter dem Fluch; denn es steht geschrieben: Verflucht sei jedermann, der nicht bleibt in alledem, das geschrieben steht in dem Buch des Gesetzes, dass er es tue!

Denn: Jetzt beschließt Paulus aus dem Gegenteil, dass der Glaube allein gerecht macht.

Umgehen: Und dadurch gerechtfertigt werden möchten.

Fluch: Sie erlangen den Segen oder die Seligkeit nicht, sondern sie sind dem Fluch und der ewigen Verdammnis unterworfen.

Tue: Und alle Gebote Gottes halte. Aber niemand tut alle Werke, die vom Gesetz vorgeschrieben werden vollkommen, darum unterwirft das Gesetz jedermann der Verdammnis. Und Paulus fügt den Spruch Moses, 5. Mose 27. richtig ein, auch wenn er ein oder zwei Worte zur Erklärung hinzufügt. So hört man hier, dass keiner dem Gesetz Gottes vollkommen genug tue, denn sonst würde der Beweis des Apostels Paulus nichts gelten. Auch soll man wissen, dass Gott mit dem äußeren Gehorsam, wenn man das Gesetz oberflächlich hält, nicht zufrieden ist, sondern einen solchen Gehorsam erfordert, der vollkommen ist. Weil wir so etwas aber nicht leisten können, so müssen wir unsere Zuflucht beim vollkommenen Gehorsam Christi mit Glauben suchen.

11. Dass aber durch das Gesetz niemand gerecht wird vor Gott, ist offenbar; denn der Gerechte wird seines Glaubens leben {Hab 2v4 Röm 1v17 Hebr 10v38}.

Dass aber: Es folgt noch ein Beweis.

Leben: Und dadurch die ewige Seligkeit erlangen.

12. Das Gesetz aber ist nicht des Glaubens, sondern der Mensch, der es tut, wird dadurch leben. Levitikus 18.5.

Nicht des Glaubens: Das Gesetz und der Glaube sind zwei unterschiedliche und ungleiche Dinge, die weit voneinander entfernt sind. Denn der Glaube empfängt die angebotene Gnade Gottes umsonst, ohne Ansehen eines einzigen Werkes oder Verdienstes. Das Gesetz aber verheißt niemandem die Seligkeit, es sei denn, jemand würde den Geboten Gottes vollkommen genug tun. Und aus diesem Spruch des Paulus ist offenbar, dass man Gesetze und Evangelium nicht miteinander vermischen soll. Denn das Gesetz erfordert die Werke und verdammt. Das Evangelium aber erfordert den Glauben und macht selig.

Dadurch leben: Und zeitliche und ewige Wohlfahrt genießen. Weil aber niemand das Gesetz erfüllt, so gibt es auch niemandem das Leben. Hier hat man zu merken, wie Paulus den Glauben und die Werke des Gesetzes einander gegenüberhält gegen die Verfälschungen der Katholiken, die sagen, der Glaube würde gerecht machen, der durch die Liebe oder Werke geformt worden ist.

13. Christus aber hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da er ward ein Fluch für uns (denn es steht geschrieben: Verflucht sei jedermann, der am Holz hänget!),

Erlöst: Uns ist also der Sohn Gottes zu Hilfe gekommen, damit wir nicht alle wegen unseres Ungehorsams gegen das Gesetz Gottes verdammt würden.

Für uns: Denn er hat unseren Fluch so sehr auf sich genommen, dass er diesen getilgt hat und es schier das Ansehen gehabt hatte, als wäre er von Gott selbst verflucht, was geschehen ist, als er am Kreuz gehangen war.

Holz hängt: {5Mos 21v23}: So hat Christus, als er am Holz des Kreuzes aufgehängt worden ist, unseren Fluch auf sich genommen, und nachdem er den schmählichen Tod überwunden hat, hat er die ewige Verdammnis von uns abgewendet. Denn er war nicht nur ein Mensch, sondern auch wahrer Gott, der solch eine Schmach um unseretwegen ausgestanden hat. Dieser Liebe und Demut Christi heißt uns Paulus nachzufolgen, wenn er sagt: Jeder soll so gesinnt sein, wie es Jesus Christus auch war, der sich selbst erniedrigte und gehorsam war bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz {Phil 2}.

14. auf dass der Segen Abrahams unter die Heiden käme in Christo Jesu, und wir also den verheißenen Geist empfingen durch den Glauben.

Christus Jesus: Durch dessen Guttat dieser Segen oder die ewige Seligkeit, die dem Abraham versprochen und geschenkt worden war, den Heiden, die an ihn glauben, widerfahren würde.

Geist: Nämlich den Heiligen Geist. Dieser gibt unserem Geist Zeugnis, dass wir Gottes Kinder sind {Röm 8}. Er führt und regiert uns auch und wirkt in allen gläubigen Gliedern Christi nach Gelegenheit ihres Berufes und ihres Amtes.

15. Liebe Brüder, ich will nach menschlicherweise reden: Verachtet man doch eines Menschen Testament nicht, wenn es bestätigt ist, und tut auch nichts dazu {Hebr 9v17}.

Lieben: Paulus fährt noch weiter fort, die Rechtfertigung des Glaubens, der aus Gnade geschieht, zu behandeln gegen die Verdienste der Werke.

Reden: Und ein Gleichnis aus dem allgemeinen Gebrauch nehmen, was in dieser Welt unter den Menschen vorgeht.

Dazu: Sondern er lässt es bleiben, wie es ist, und es wird dem nachgespürt, was darin inbegriffen ist. Denn die Testamente, die in ordentlicherweise gemacht worden sind, sollen unverändert bleiben und diesen soll gefolgt werden. So sollte auch das Testament Christi im heiligen Abendmahl von den Katholiken nicht verstümmelt noch von den Zwinglianern zerrissen werden.

16. Nun ist je die Verheißung Abraham und seinem Samen zugesagt. Er spricht nicht: durch die Samen, als durch viele, sondern als durch einen, durch deinen Samen, welcher ist Christus.

Verheißung: Die anstelle eines Testamentes steht. Denn die göttlichen Verheißungen haben die Kraft eines Testamentes.

Samen: Das nämlich in seinem Samen alle Heiden und Völker auf Erden gesegnet werden sollen {1Mos 22}.

Deinen Samen: Es spricht also die Schrift ausdrücklich nur von einem Samen, durch den der ewige Segen oder die Seligkeit erlangt werden. Deswegen ist in den vorangegangenen Worten, dass durch Abrahams Samen Christus alle Völker, so viel von ihnen an ihn glauben werden, die Seligkeit erlangen sollen, ihm, dem Abraham, die Seligkeit aus Gnade verheißen worden. Und eine derartige göttliche Verheißung kann wie ein Testament angesehen werden, das bestätigt und kräftig ist, dass wir uns zu Recht darauf verlassen können und sollen, damit wir unser Gewissen gegen den Fluch des Gesetzes absichern.

17. Ich sage aber davon: Das Testament, das von Gott zuvor bestätigt ist auf Christus, wird nicht aufgehoben, dass die Verheißung sollte durch das Gesetz aufhören, welches gegeben ist über vierhundertunddreißig Jahre hernach {2Mos 12v40}.

Davon: Was aus dem Vorigen folgt.

Nicht aufgehoben: Weil demnach das Gesetz, welches so viele Jahre nach der bestätigten Verheißung erst gegeben worden ist, diese nicht aufheben und vernichten kann, die Verheißung aber, oder das göttliche Testament uns die Seligkeit durch Christus ohne jede Bedingung, dass man etwa ein Gesetz erfüllen müsste, verspricht, weil es damals noch kein Gesetz gab, so ist es sicher, dass wir allein durch Christus, den gebenedeiten Samen, wenn wir ihn mit Glauben ergreifen, gerecht und selig werden. Denn wenn niemand ohne die Erfüllung des Gesetzes selig werden könnte, so würde daraus folgen, dass durch das Gesetz, das lange nach der geschehenen Verheißung gegeben worden ist, die göttliche Verheißung geschwächt würde, was unmöglich ist, weil Gott nicht lügen kann.

18. Denn so das Erbe durch das Gesetz erworben würde, so würde es nicht durch Verheißung gegeben. Gott aber hat es Abraham durch Verheißung frei geschenkt.

Gesetz: Oder Werk des Gesetzes, wie es die falschen Apostel wollen.

Es nicht: Denn es ist ein großer Unterschied zwischen der Verheißung, die den Gläubigen die Seligkeit aus Gnade anbietet und dem Gesetz, das unsere Werke erfordert. So ein großer Unterschied besteht auch zwischen der Rechtfertigung des Glaubens aus Gnade und der Rechtfertigung durch die Verdienste der Werke. Der gleiche Unterschied findet sich auch zwischen der Lehre des Paulus und den Dekreten des Konzils in Trient, die die Rechtfertigung nicht dem Glauben allein, sondern auch unseren Verdiensten zumessen.

Frei geschenkt: Nämlich den Segen und die Seligkeit aus reiner Gnade. Darum widerfährt uns dies nicht aus den Werken des Gesetzes, sondern aus der Verheißung von Christus, dem gebenedeiten Samen Abrahams, wenn er mit Glauben ergriffen wird. Auf die gleiche Weise können wir auch gegen den Aberglauben der Katholiken schließen. Weil Christus uns durch sein Leiden die Vergebung der Sünde und das ewige Leben erlangt und zuwege gebracht hat und dies all denen versprochen hat, die an ihn glauben, so werden solche Güter freilich nicht durch die Klostergelübde und durch andere päpstliche Gottesdienste erlangt, die lange nach dem ausgebreiteten Evangelium in der Welt aufgekommen sind und aus menschlichem Aberglauben erdacht wurden.

19. Was soll denn das Gesetz? Es ist dazukommen um der Sünde willen, bis der Same käme, dem die Verheißung geschehen ist, und ist gestellt von den Engeln durch die Hand des Mittlers.

Was soll: (Nach Luther) Gott hat Abraham das Erbe, also die Gerechtigkeit und das ewige Leben aus Gnade versprochen, was hilft denn dann das Gesetz? Antwort: Das Gesetz offenbart und vermehrt die Sünde, weil es viel erfordert, was wir nicht schaffen können. Und sie offenbart darum, dass wir erkennen, dass Gott aus Gnade gerecht macht. Wenn das Gesetz also allein ausreichen würde, um fromm zu machen, wozu bräuchten wir dann noch die versprochene Gnade?

Das Gesetz: Wozu nutzt es, wenn man nicht dadurch gerecht und selig wird?

Sünde willen: Dass es diese offenbar macht und sie abwehrt. Denn obwohl das Gesetz das Herz des Menschen nicht ändern kann, so ist es dennoch gleichsam ein Zaum, damit das menschliche Geschlecht einigermaßen aus Furcht vor Strafe auf den rechten Weg gehalten wird, sodass nicht schreckliche Laster begangen werden. Und weil die Menschen sich selbst gar so gut gefallen, so ist das Gesetz dazu nötig, dass es die Sünden offenbart, und zeigt und den Menschen zur Selbsterkenntnis bringt, dass er sich vor Gott demütigt.

Käme: Denn so lange sollte das ganze Gesetz, auch der Teil, der die Zeremonien betrifft, über das Volk Gottes herrschen.

Geschehen ist: Dass er kommen sollte und das Gesetz für uns erfüllen.

Engeln: Die nicht nur auf dem Berg Horeb anwesend waren, sondern die Stimme des Engels hat auch wie eine starke Posaune gewaltig und schrecklich getönt, und die 10 Gebote sind durch einen Engel ausgesprochen worden.

Mittlers: Nämlich Moses. Denn obwohl das ganze Volk die 10 Gebote selbst gehört hat, so haben sie doch die Erklärungen dessen in den folgenden Gesetzen nicht hören wollen, sondern den Moses gebeten, dass er künftig mit Gott handeln sollte, damit sie die Stimme Gottes nicht mehr hören müssten, weil sie sich darüber sorgten, sie würden sonst sterben müssen {2Mos 20}. So haben sie auch die 10 Gebote in Tafeln geschrieben aus der Hand Moses, als einem Vermittler, empfangen {2Mos 34}. Ein solcher Ernst aber, den Gott bei der Verkündigung des Gesetzes sehen ließ, lehrt, dass Gott mit Ernst fordert, sein Gesetz zu halten und dass die Flüche des Gesetzes nicht leer ausgehen. Damit wir diesen entgehen können, müssen wir mit Glauben zu Christus, dem anderen und gnädigen Mittler, fliehen.

Nach Luther: Moses, der Mittler zwischen Gott und dem Volk war. Es hätte aber keines Mittlers gebraucht, wenn das Volk das Gesetz hätte hören wollen {2Mos 20v18 5Mos 5v5}. Da sie es nun nicht hören wollten, wie soll sie das Gesetz fromm machen? Gott aber ist einzig, das heißt, er ist allein und es gibt niemanden Gleichartigen, darum ist ohne Mittler nicht mit ihm zu handeln, wie es auch Hiob sagt.

20. Ein Mittler aber ist nicht eines einigen Mittler; Gott aber ist einig.

Eines Einzigen: Sondern man benötigt einen Mittler, wo es zwei Parteien gibt, die beleidigte und diejenige, die beleidigt hat.

Ist einzig: Und weil er seinesgleichen in der Welt nicht hat, so brauchte er auch niemals einen Mittler, der zwischen Gott und Gott handelte. Darum ist Moses damals der Mittler des Volkes gewesen, welches mit Gott und seinem Gesetz nicht einig war. Wenn also gleich am 1. Tag, als das Gesetz gegeben worden war, die Israeliten mit Gott und seinem Gesetz nicht einig waren, sodass sie Gott, als er durch einen Engel mit ihnen geredet hat, nicht mehr hören wollten, wie sollte denn jemand durch das Gesetz gerecht werden, dem er feindlich gegenübersteht? Auch hat man hier zu merken, dass die Menge der Personen nicht viele Götter macht. Und dass die Menschen ohne Mittler mit Gott nicht handeln können. Die Israeliten versprachen zwar damals mit vielen Worten, dass sie dem Gesetz gehorchen wollen, aber sie taten es dennoch nicht. Deswegen wundert es mich (will Paulus sagen), dass ihr durch das Gesetz gerechtfertigt werden möchtet, da doch eure Väter das Gesetz bereits am 1. Tag nicht dulden mochten.

21. Wie? Ist denn das Gesetz wider Gottes Verheißungen? Das sei ferne! Wenn aber ein Gesetz gegeben wäre, das da könnte lebendig machen, so käme die Gerechtigkeit wahrhaftig aus dem Gesetz.

Verheißung: Denn wenn nach deiner Meinung, Paulus den Menschen die Verheißung der Seligkeit aus Gnade verspricht, das Gesetz aber diese aus den Verdiensten der Werke zusagt, so werden diese beide gegeneinander sein.

Sei ferne: Es verhält sich nicht so (will Paulus sagen), ihr lieben Galater, dass wir die Verheißungen und das Gesetz Gottes als widerwärtige Dinge gegeneinander in den Kampf schicken. Sie sind zwar sehr unterschiedlich voneinander, aber keines hebt das andere auf, sondern sie können alle beide gut nebeneinander bleiben, wenn man jedes recht gebraucht. Denn das Gesetz ist darum gegeben, dass es den Menschen zur Erkenntnis seiner Sünden bringt. Die Verheißung des Evangeliums aber geht dahin, dass sie den Menschen, die durch das Gesetz niedergeschlagen und gedemütigt sind, wieder aufgerichtet, tröstet und lebendig macht, der sonst aus Verzweiflung in den ewigen Tod gestürzt würde. Dies aber kann das Gesetz nicht leisten, dass es einen Menschen, der, nachdem er den Zorn Gottes empfunden hat, niedergeschlagen ist, wieder aufrichtet, erquickt und also lebendig macht.

Lebendig machen: Und die Herzen, die nach Empfindung des göttlichen Zorns niedergeschlagen und der Verzweiflung nahe sind, aufrichten kann, ihnen auch Vergebung der Sünden und das ewige Leben umsonst und aus Gnade anbietet und mitteilen.

Gesetze: Dass es uns sicher gerecht und selig macht.

22. Aber die Schrift hat es alles beschlossen unter die Sünde, auf dass die Verheißung käme durch den Glauben an Jesum Christus, gegeben denen, die da glauben {Röm 3v9 11v32}.

Schrift: Das bedeutet die Lehre des Gesetzes, die in Schriften verfasst und geoffenbart ist. Sie bezichtigt alle Menschen der Sünde und unterwirft die Sünder dem Fluch und der Verdammnis, wie oben berichtet. Und in dieser Sache hat kein Mensch einen Vorzug (allein Christus ausgenommen).

Käme: Denn das Gesetz zeigt und offenbart die Sünde nicht darum, dass es die elenden Menschen ins ewige Verderben stürzt, sondern dass die verheißene Seligkeit durch den Glauben an Christus allen Gläubigen gegeben wird. Darum rüstet das Gesetz die Menschen, indem es die Stolzen demütigt und die Aufgeblasenen niederschlägt und bereitet sie darauf vor, dass sie durch die Verheißung wieder aufgerichtet und selig gemacht werden. In der Form streiten das Gesetz und die Verheißung nicht gegeneinander, sondern eines erfordert die Hilfe des anderen und eines bietet dem anderen die Hand.

23. Ehe denn aber der Glaube kam, wurden wir unter dem Gesetz verwahrt und verschlossen auf den Glauben, der da sollte offenbart werden.

Kam: Bevor das Evangelium Christi in der ganzen Welt ausgebreitet war, wie es nach der Ankunft Christi im Fleisch geschehen ist.

Verschlossen: Dass wir gleichsam wie in einem Gefängnis und mit vielen Gesetzen gefesselt waren und so also gezwungen wurden, dass wir nicht haufenweise in Sünde und Laster fallen. Und so etwas geschieht eine Zeit lang mit dem Ziel, dass wir danach die angebotene Gnade, die durch den Glauben an Christus erfolgt und durch die Predigt des Evangeliums eröffnet werden soll, mit umso größerem Verlangen annehmen und die christliche Freiheit, nämlich vom ewigen Tod und von den jüdischen Zeremonien, umso lieblicher wäre.

24. Also ist das Gesetz unser Zuchtmeister gewesen auf Christus, dass wir durch den Glauben gerecht würden.

Also: Paulus bringt noch ein anderes Gleichnis vor.

Zuchtmeister: Denn so wie einem Knaben ein Zuchtmeister gegeben wird, der ihn mit Ernst unter die Zucht nimmt und zur Gebühr anhält, bis er erwachsen ist und sich selbst regieren kann, so wurden die Juden vor der Ankunft Christi unter dem Gesetz, wie unter einem Zuchtmeister erzogen, nicht dass sie für immer unter dem Gesetz bleiben sollten, sondern dass sie Christus, wenn er geoffenbart würde, mit Glauben annehmen und durch ihn die Gerechtigkeit und das ewige Leben erlangen würden. Unterdessen aber, bis Christus kommen würde (will Paulus sagen), mussten wir unter dem Gesetz leben.

25. Nun aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter dem Zuchtmeister.

Gekommen ist: Und das Evangelium von Christus geoffenbart worden, das wir mit Glauben annehmen sollen.

Nicht mehr: Die Flüche des Gesetzes schrecken uns nicht mehr, weil wir wissen, dass wir von diesen durch Christus erlöst sind, und wir leiden nicht, dass man die Zeremonien des Gesetzes von uns fordert, weil wir diese Zucht nicht mehr brauchen. So wie aber die Patriarchen oder Erzväter im Alten Testament auch unter dem Gesetz durch die Verheißung des Evangeliums selig geworden sind, so benötigen wir unter dem Evangelium das Amt des Gesetzes, das die Sünde verbietet, um damit zu dämpfen, was noch von unserem alten Adam übrig ist; und dennoch werden wir nicht aus dem Gesetz, sondern durch den Glauben, dazu aus reiner Gnade gerechtfertigt. Und wie nach der Eröffnung des Evangeliums das Gesetz abgetan ist, so folgt in jedem Menschen, der selig werden soll, das Gewissen, nachdem er vom Gesetz erschreckt und in diesem Kerker gedemütigt worden ist, auch unter dem Zuchtmeister des Gesetzes sich wohl gebrauchen ließ, das Evangelium, was ihm die Erlösung vom Fluch des Gesetzes verkündigt und den Heiligen Geist gibt, dass es aus freiem Willen und für sich selbst anfängt recht zu handeln.

26. Denn ihr seid alle Gottes Kinder durch den Glauben an Christus Jesum.

Kinder: Und in die Freiheit eingesetzt worden.

27. Denn wie viel euer getauft sind, die haben Christus angezogen {Röm 6v3}.

Christus angezogen: Der euch in der Taufe mit seinem ganzen Verdienst geschenkt ist, dieser ist vor Gott eure Gerechtigkeit und Reinheit. Sodass ihr in Christus, wenn ihr diesen mit Glauben ergriffen habt, dem Vater im Himmel wohl gefallt wie in einem köstlichen und sauberen Kleid. Darum sind die Schwärmer nicht gut bei Sinnen, die sagen, die Taufe sei nur ein Zeichen der Gnade, mache aber den Getauften nicht zum Erben des Himmelreichs. Diese glauben nicht wahrhaft, dass die Taufe ein Bad der Wiedergeburt ist, und obwohl sie die Wiedertäufer namentlich verwerfen, so schwächen und vernichten sie doch zugleich mit ihnen die Kraft der Taufe.

28. Hier ist kein Jude noch Grieche, hier ist kein Knecht noch Freier, hier ist kein Mann noch Weib; denn ihr seid allzumal einer in Christo Jesu {Kol 3v11}.

Noch Grieche: Es gibt in dieser Sache keinen Unterschied und kein Ansehen der Person bei Gott, sondern wir sind durch den Glauben Christus einverleibt, egal wie er heißen mag und welchen Standes, welchen Herkommens oder welchen Geschlechts er auch immer sein mag, der soll wissen, dass er ein Kind und Erbe Gottes ist. Denn alle Gläubigen, obwohl sie in dieser Welt sehr verschieden sind, sind vor Gott wie ein Mensch und es gibt keinen Unterschied zwischen ihnen. Sie sind alle gleich selig in Christus und durch Christus, einer so sehr, wie der andere.

29. Seid ihr aber Christi, so seid ihr ja Abrahams Samen und nach der Verheißung Erben.

Christi: Nämlich seine Brüder und geistlichen Glieder.

Samen: Rechte und geistliche Kinder des heiligen Erzvaters Abraham.

Erben: Des ewigen Lebens. Denn Gott hat den rechten Nachkommen Abrahams die ewige Seligkeit verheißen, als er gesagt hat: Ich will dein Gott sein und deines Samens nach dir {1Mos 17}. Darum, so viele von euch an Christus glauben und getauft sind, die sind durch den Glauben und nicht durch das Gesetz gerecht und selig geworden. Deshalb ist auch der am meisten verachtete Mensch in dieser Welt, sofern er nur wahrhaft an Christus glaubt, ein Sohn Abrahams und ein Erbe der ewigen Seligkeit. Die aber auf das Vertrauen ihrer Werke hin aus diesem Leben scheiden, die sind nicht unter die Kinder Abrahams zu zählen, sie werden auch nicht in Abrahams Schoß gefunden werden.


Das 4. Kapitel

  • Der Apostel fährt noch weiter fort, das Gesetz und das Evangelium gegeneinander zu halten, um die Lehre von der Rechtfertigung des Glaubens aus Gnade umso besser herausstreichen und bestätigen zu können und zugleich zu lehren, dass wir durch Christus vom Gesetz erlöst sind.

1. Ich sage aber, solange der Erbe ein Kind ist, so ist unter ihm und einem Knechte kein Unterschied, ob er wohl ein Herr ist aller Güter,

Ich: Weil Paulus kurz zuvor gelehrt hatte, wozu das Gesetz vor der Predigt des Evangeliums benötigt wurde, dass die Menschen unter dem Gesetz, wie in einem Kerker und wie unter einem Zuchtmeister eine Zeit lang aufbewahrt würden, so erklärt er jetzt eben dies mit einem anderen Gleichnis noch ausführlicher.

Aller Güter: Die ihm von seinem Vater hinterlassen sind. Denn er konnte ebenso wenig nach seinem Willen leben oder mit den ihm hinterlassenen Gütern nach seinem Gefallen umgehen, wie ein Knecht, der unter einer fremden Herrschaft steht. Denn die Minderjährigen sollen den Vormündern und Pflegern unterworfen sein.

2. sondern er ist unter den Vormündern und Pflegern bis auf die bestimmte Zeit vom Vater.

Pflegern: Die gleichsam seine Haushälter sind, ihm im Wandel unterrichten, sein Tun regieren und mit seinen Gütern oder seiner Erbschaft umgehen und Anordnungen treffen, wie sie meinen, dass es dem Vormund am nützlichsten ist. Und die Knechtschaft eines solchen Vormundes dauert eine bestimmte Zeit, nach der er frei ist und über sich selbst gebieten kann.

3. Also auch wir, da wir Kinder waren, waren wir gefangen unter den äußerlichen Satzungen.

Kinder waren: Denn so wie ein Menschenleben, so hat auch die Welt ihre unterschiedlichen Zeiten, wie das sind die Kindheit, Jugend, Mannesalter und hohes Alter.

Äußerlichen Satzungen: Nämlich unter dem Gesetz und besonders unter den mosaischen Zeremonien, wie unter Vormündern, Pflegern und Haushaltern, die es uns nicht zugelassen haben, dass wir alle Sachen ohne Unterschied unseres Gefallens hätten anstellen und gebrauchen dürfen, sondern sie schrieben uns in äußerlichen und weltlichen Sachen ein gewisses Maß, eine gewisse Zeit und Speise vor. Darum waren wir damals nicht frei, wie jetzt, sondern wurden unter das Joch des Gesetzes gezwungen, sodass wir vielmehr den Knechten als den Kindern im Haus ähnlich waren. Und man muss noch heutzutage die fleischlichen Menschen, auch wenn sie zu Gott bekehrt sind, sofern sie noch den alten Adam in sich tragen, der eine Zucht benötigt, unter einer solchen Dienstbarkeit oder Knechtschaft, zwar nicht nach den mosaischen Zeremonien, aber doch nach den 10 Geboten halten.

4. Da aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe und unter das Gesetz getan,

Die Zeit: Die vom himmlischen Vater dazu bestimmt war, dass sie unserer oben erwähnten Knechtschaft ein Ende machen sollte.

Sohn: Nämlich seinen eingeborenen, gleich ewigen Sohn, der mit ihm eines Wesens ist.

Weibe: Aber doch reinen und standhaften Jungfrauen, aus der er menschliche Natur angenommen hat und wahrhaft Mensch geworden ist. Hier haben wir in einer Person Christi zwei Naturen, nämlich die ewige Gottheit des Sohnes Gottes und seine angenommene Menschheit. Und es ist doch nur eine Person in Christus.

Getan: Da er sonst in seiner Natur dem Gesetz nicht unterworfen war. Denn wer wollte dem Schöpfer ein Gesetz auferlegen?

5. auf dass er die, so unter dem Gesetz waren, erlöste, dass wir die Kindschaft empfingen.

Gesetz waren: Und dieses nicht erfüllen konnten, darum auch vom Gesetz versucht worden sind.

Kindschaft empfingen: Durch Christi guttat, um dessen Willen der himmlische Vater den Fluch und die Verdammnis aufgehoben und uns an Kindes statt aufgenommen hat. Deswegen, indem Christus, der dem Gesetz nicht schuldig gewesen war, sich diesem unterworfen und es erfüllt hat, hat er uns eben damit vom Fluch des Gesetzes und vom Urteil der Verdammnis erlöst, sofern wir nur an ihn glauben. Und Christus ist nicht darum in die Welt gekommen, um neue und vollkommenere Gesetze aufzustellen, als Moses, wie es die Katholiken und Mohammedaner meinen, sondern um uns durch seinen Gehorsam, den er für uns geleistet hat, von der Verdammnis des Gesetzes zu erlösen. Und man hat auch an dieser Stelle den Unterschied zwischen der Person Christi und uns zu bemerken. Denn er ist von Natur der eingeborene und natürliche Sohn Gottes, wir aber sind nur aus Gnade als Kinder angenommen.

6. Weil ihr denn Kinder seid, hat Gott gesandt den Geist seines Sohnes in eure Herzen, der schreit: Abba, lieber Vater!

Kinder seid: Aus Gnade. Als wollte er sagen: Ich will euch mit der Tat selbst beweisen, dass ihr nicht mehr unter der Dienstbarkeit des Gesetzes als Knechte steht, sondern vom Joch und vom Fluch des Gesetzes befreit und so Kinder Gottes geworden seid.

Herzen: In denen er euch Zeugnis gibt, dass ihr Gottes Kinder seid {Röm 8}.

Vater: Paulus aber wollte die gleiche Sache in verschiedenen Sprachen aussprechen, um anzuzeigen, dass sowohl die bekehrten Juden wie auch die Heiden, sofern sie das Evangelium Christi annehmen, mit dem Heiligen Geist begabt werden, der in ihren Herzen Zeugnis geben wird, dass sie Kinder Gottes sind, und ermunterte sie zum Gebet, wohin sie Gott mit herzlicher Begierde einen Vater nennen. Und die Seufzer im Herzen eines frommen Menschen klingen bei Gott wie ein großes Geschrei, das er gewiss erhört. So hat auch jeder Christ das Zeugnis des Heiligen Geistes, wenn er von Gott an Kindes statt angenommen ist, dass er weiß, er ist ein Kind Gottes, den er auch als einen Vater anruft, entgegen dem Irrtum der Katholiken, die leugnen, dass alle rechtschaffenen Christen sich ihrer Seligkeit sicher sein können. Auch hat man hier zu bemerken, dass der Heilige Geist von Paulus der Geist Christi genannt wird, weil er nicht nur vom Vater, sondern auch vom Sohn ausgeht.

7. Also ist nun hier kein Knecht mehr, sondern eitel Kinder. Sind es aber Kinder, so sind es auch Erben Gottes durch Christus.

Kein Knecht mehr: Das Gesetz, wie zuvor unter all denen, die bei euch an Christus glauben.

Eitel Kinder: Die vom Zwang und dem Fluch des Gesetzes erlöst und freigemacht worden sind.

Erben Gottes: Und aller himmlischer Güter, die Christus mit seinem Gehorsam und Tod für sie erlangt hat. Wir sollen aber oft daran denken, was das für eine große Majestät, Herrlichkeit und Glückseligkeit sein wird, dass wir durch Christus Kinder und Erben Gottes geworden sind, damit wir in geistlicher Freude frohlocken und die geschenkte Guttat mit dankbaren Herzen behalten.

8. Aber zu der Zeit, da ihr Gott nicht erkanntet, dientet ihr denen, die von Natur nicht Götter sind.

Nicht erkanntet: Dass ihr keine rechte Erkenntnis Gottes hattet.

Nicht Götter: Darum ist es kein Wunder gewesen, dass ihr von dieser Erbschaft damals fremd und ausgeschlossen worden seid, weil ihr abgöttische Heiden wart und nichts von dem wahren Gott wusstet. Dieses Unwissen hat euch damals noch einigermaßen entschuldigt. Dass ihr euch aber jetzt von dieser Herrlichkeit aufs Neue selbst ausschließen wollt, dieses verwundert mich sehr. Und man hört hier, dass der, der außer dem einzigen, wahren Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist, etwas anderes, als Gott ehrt und anbetet, da es doch keinen anderen Gott gibt, der dient nicht Gott, sondern folgt den Einbildungen seines Herzens.

9. Nun ihr aber Gott erkannt habt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, wie wendet ihr euch denn um wieder zu den schwachen und dürftigen Satzungen, welchen ihr von Neuem an dienen wollt?

Erkannt habt: Aus der Predigt des heiligen Evangeliums.

Erkannt seid: Und euch Gott für seine Kinder und Erben hält.

Um: Von der Freiheit der Kinder Gottes zur Dienstbarkeit des Gesetzes.

Satzungen: Moses, die viel zu schwach dazu sind, als dass sie euch vor der Verdammnis erretten können, und sie sind noch dazu zu dürftig, als dass sie euch die Schätze der himmlischen Erbschaft mitteilen könnten.

Dienen wollt: Heißt das nicht gegen sich selbst sein? Sonst wäre es ja so beschaffen, dass jeder gern aus der Dienstbarkeit frei werden möchte. Ihr aber, die ihr mit Freiheit begabt seid, wollt lieber dienen? Denn die, die unter euch Juden sind und bekehrt wurden, möchten nun von Neuem das unleidliche Joch des Gesetzes, von dem sie gerade erst erlöst worden sind, wieder auf sich nehmen. Die aber von den Heiden zum christlichen Glauben gekommen sind, die wollen sich ohne Not dem Gesetz unterwerfen. Ist dies nicht eine ungereimte Sache? Auf die gleiche, unsinnige Weise geraten die, die von der evangelischen Religion abweichen und dem Joch der Menschensatzungen samt der Tyrannei des römischen Papstes sich unterwerfen.

10. Ihr haltet Tage und Monden und Feste und Jahreszeiten.

Tage: Die als Ruhetage im Gesetz bestimmt sind.

Monden: Nämlich die jüdischen Feste der Neumonde.

Feste: Von denen vorgegeben und im Gesetz Moses vorgeschrieben ist, dass sie zu einer bestimmten Zeit des Jahres gefeiert werden müssen, oder an denen gefastet werden muss.

Jahreszeit: Nämlich das 7. Jahr, welches bei den Juden das Jahr des Erlasses oder des Jubels genannt wurde. Solche Satzungen (will Paulus sagen) haltet ihr und bindet die Gewissen daran, als wären sie zur Seligkeit notwendig, gerade so, als ob ihr nicht durch Christus vom Gesetz erlöst worden seid.

11. Ich fürchte für euch, dass ich vielleicht nicht umsonst an euch gearbeitet habe.

Gearbeitet: Und alle Mühe und Arbeit, die ich bei euch aufgewendet habe, verloren ist. Denn für was wird euch Christus nützlich sein, wenn ihr wieder zum Judentum umkehren oder euch hineinstürzen wollt? Obwohl die Zeremonien in der Kirche, die an sich selbst nicht gottlos sind, frei sind, jedoch, wenn sie auferlegt worden sind, weil sie zur Seligkeit nötig sind, so ist es um die christliche Freiheit geschehen. Und es sind diejenigen umsonst einmal zu Christus bekehrt worden, die die Seligkeit wiederum in den Werken suchen und sich nicht allein mit Christus begnügen.

12. Seid doch wie ich, denn ich bin wie ihr. Liebe Brüder, ich bitte euch, ihr habt mir kein Leid getan.

Wie ich: Paulus lässt auf seine strenge Strafpredigt wiederum eine sehr holdselige Erinnerung folgen. Als wollte er sagen: Ihr Lieben, seid doch gegen mich so eingestellt, wie ich gegen euch auf das Freundlichste eingestellt bin und es herzlich gut mit euch meine. Zu Beginn seid ihr mir gegenüber so eingestellt gewesen, und ich hoffe, dass dies auch heute noch bei vielen von euch der Fall sein wird.

Bitte euch: Dass ihr euer Gemüt von mir und meiner Lehre nicht abwenden, noch meine etwas ernsthafteren Ermahnungen übel aufnehmen wollt.

Leid getan: Sondern vielmehr allerlei Guttaten erwiesen. Ich habe keine Scheu, dies zu eurer besonderen Ehre zu sagen. Darum zürne ich nicht mit euch, noch viel weniger bin ich euch feind. Wir sollen deswegen die scharfen Ermahnungen so mildern, dass wir die Gemüter derjenigen, die wir zur Besserung anhalten möchten, nicht von uns abwenden oder doch so weit als möglich uns wiederum gewogen machen. Denn solche Ermahnungen sind nützlich und heilsam.

13. Denn ihr wisst, dass ich euch in Schwachheit nach dem Fleisch das Evangelium gepredigt habe zum ersten Mal.

Ihr wisst: Dass ich jetzt etwas von dem, was ihr getan habt, als Beispiel anführe.

Ersten Mal: Als ich zu Anfang das Evangelium bei euch gepredigt habe, war ich sehr verachtet und unwürdig und erlitt Verfolgungen von den Juden, hatte dazu kein äußeres Ansehen, ja ich war noch mit innerlichen Anfechtungen, wie Herzensangst und Traurigkeit geplagt. Dass dies der rechte Sinn an dieser Stelle ist, bezeugt das ganze 12. Kapitel des anderen Briefes an die Korinther. Und dennoch war es euch damals nicht zuwider, das Evangelium Christi von mir anzuhören und es anzunehmen. Denn man soll nicht auf das schlechte Ansehen der Person, die da lehrt, sondern auf die Lehre selbst sehen.

14. Und meine Anfechtungen, die ich leide nach dem Fleisch, habt ihr nicht verachtet noch verschmäht, sondern als einen Engel Gottes nahmt ihr mich auf, ja als Christus Jesum.

Mich auf: Mit willigem Herzen, als wenn euch ein Engel vom Himmel gesandt worden wäre, und hört meiner Lehre mit solchem Fleiß und Eifer zu, ward mir auch mit einer solch herzlichen Liebe gewogen, als wenn euch Christus selbst gepredigt hätte.

15. Wie wart ihr damals so selig! Ich bin euer Zeuge, dass, wenn es möglich gewesen wäre, ihr hättet eure Augen ausgerissen und mir gegeben.

So selig: Denn die sind wahrhaft selige Menschen, die die reinen Lehrer mit Ernst hören, ihnen glauben und folgen.

Mir gegeben: So inbrünstig habt ihr mich damals geliebt wegen der Predigt des Evangeliums. Denn der Anfang ist allgemein hitzig und eifrig, danach lässt der Eifer allmählich nach und erkaltet zuletzt. Darum soll man die Zuhörer aufmuntern, dass sie sich wieder zu ihrem ersten Eifer in der rechten Religion kehren.

16. Bin ich denn also euer Feind worden, dass ich euch die Wahrheit vorhalte?

Vorhalte: Wollt ihr denn mich, den ihr zuvor so heftig geliebt habt, jetzt deswegen für euren Feind halten, weil ich euch wieder zu der rechten, reinen Lehre anweise, wovon ihr durch die List der falschen Apostel abgewichen seid? Denn die Zuhörer sollen über die Kirchendiener nicht zürnen, wenn sie von ihnen die Wahrheit, auch wenn sie etwas rau und unangenehm ist, hören.

17. Sie eifern um euch nicht fein, sondern sie wollen euch von mir abfällig machen, dass ihr um sie sollt eifern.

Sie eifern: Die falschen Apostel haben zwar einen Eifer, womit sie sich unterstehen, euch auf ihre irrige Meinung zu bringen, dass ihr viel mehr ihre, als die Jünger Christi sein sollt. Aber dieser Eifer ist sehr böse und verkehrt. Denn sie werden euch in der Form für eure Seligkeit nichts nutzen.

Sollt eifern: Und ihnen anhängen, wie ihr zu Beginn mich und meine Lehre mit großem Eifer angenommen habt, die ihr wiederum fahren lassen sollt. Denn auch die falschen Lehrer haben einen Eifer, indem sie sich bemühen, die unrechte Lehre fortzupflanzen. Und sie sind ebenso unverdrossen, die Kirche zu zerrütteten und zu zerstören, so fleißig wie es die gottseligen Lehrer gewesen sind, diese zu erbauen und zu pflanzen.

18. Eifern ist gut, wenn es immerdar geschieht um das Gute und nicht allein, wenn ich gegenwärtig bei euch bin.

Um das Gute: Damit man es erwischt und fest behält, ansonsten taugt der ganze Eifer im Grunde nichts. Und euer erster Eifer war lobenswert, da ihr die reine Lehre, die ich euch früher vorgetragen habe, angenommen habt, wenn er nur länger angedauert hätte. Dass ihr aber jetzt mit dem gleichen Eifer der Lehre der falschen Apostel folgt, sollte nicht sein. Es ist aber nicht falsch, zu bedauern und zu beklagen, dass die Zuhörer, wenn die reine Lehre von ihnen weg ist, bald auf eine andere Lehre verfallen und diese annehmen, was leicht geschehen kann. So groß ist die List und Bosheit des Teufels. Darum sollen wir ernsthaft bitten: Führe uns nicht in Versuchung.

19. Meine lieben Kinder, welche ich abermals mit Ängsten gebäre, bis dass Christus in euch eine Gestalt gewinne.

Gebäre: Denn ihr wart zwar durch das Wort des Evangeliums wiedergeboren und mit der wahren Erkenntnis Christi begabt, aber ihr habt diese wiederum verloren. Darum werdet ihr, indem ich euch, die ihr durch die Irrtümer der falschen Apostel verdorben worden seid, wieder einigermaßen zurechtbringen möchte, werde ich um euretwillen mit einem solchen Schmerz überfallen, wie eine Frau während der Geburt. Und ich erleide diese Schmerzen zwar gerne, wenn ich damit euch wiederum zur Erkenntnis der Wahrheit bringen und die rechte Erkenntnis Christi, als sein eigentliches Ebenbild und Konterfei wieder in eure Herzen einfügen kann. Hier werden wir erinnert, mit welch großer Sorgfalt man die Irrenden wieder auf den rechten Weg zu bringen sich bemühen soll. Und wir hören, wie das Predigtamt des göttlichen Wortes das Mittel ist, wodurch die Seelen Christus gewonnen werden.

20. Ich wollte aber, dass ich jetzt bei euch wäre, und meine Stimme wandeln könnte, denn ich bin irre an euch.

Bei euch wäre: Mit meiner Person gegenwärtig, wenn es möglich sein könnte, aber meine Gefangenschaft hier in Rom hindert mich daran.

Wandeln könnte: Oder verändern, je nachdem wie es nötig ist, dass ich dies einmal milde und dann wieder ernsthaft behandle.

Bin irre: Und weiß mir keinen Rat zu schaffen, wie ich die Sache angehen könnte, damit ihr wieder zurechtgebracht und bekehrt werdet. Denn ich muss sehr besorgt sein, wenn ich etwas Ernsthaftes schreibe, dass nicht viele von euch dadurch noch mehr von mir abwendig gemacht werden. Mache ich es jedoch zu mild, so kann ich wohl bei vielen nur einen schlechten Nutzen schaffen. Diesem Übel könnte ich mit meiner Gegenwart bei euch zuvorkommen. Es ist aber eine große Guttat Gottes, wenn man die reinen Lehrer gegenwärtig hören kann, die auch dann, je nach Art der Dinge, den Kirchen, die in Gefahr stecken, zu Hilfe kommen können.

21. Sagt mir, die ihr unter dem Gesetz sein wollt: Habt ihr das Gesetz nicht gehört?

Sein wollt: Und sucht die Gerechtigkeit und Seligkeit darin, wenn ihr das Gesetz haltet.

Nicht gehört: Er meint aber hier mit dem Gesetz das 1. Buch Moses, weil dieses ein Stück von den Schriften Moses, des Gesetzgebers, ist.

22. Denn es steht geschrieben, dass Abraham zwei Söhne hatte, einen von der Magd, den andern von der Freien {1Mos 16v15}.

Geschrieben {1Mos 21}: Nach seiner milden Ermahnung beginnt Paulus aber wiederum zu diskutieren und mahnt zur Lehre von der Rechtfertigung aus Gnade mit einem feinen Gleichnis. Obwohl nun die Gleichnisse allein und für sich selbst nicht ausreichen, dass man etwas damit beweisen kann, so werden sie doch nach den vorher genannten Gründen maßvoll richtig gebraucht, weil sie eine Sache besser erklären und leichter verständlich machen und somit auch länger im Gedächtnis behalten werden. Doch man soll den verblümten Reden oder Allegorien nicht zu viel nachhängen, damit man den einfachen und eigentlichen Sinn der Schrift, nach den Buchstaben, nicht verliert.

23. Aber der von der Magd war, ist nach dem Fleisch geboren; der aber von der Freien, ist durch die Verheißung geboren.

Nach dem Fleisch: Auf allgemeine, fleischliche Weise, weil kein Wunderwerk oder eine göttliche Verheißung vorangegangen war.

Verheißung: Dass eine göttliche Verheißung zuvor von ihm geschehen war, bevor er denn empfangen worden ist. Dadurch wurde angezeigt, dass Sara, die von Natur aus unfruchtbar war, dazu wegen ihres hohen Alters für eine Schwangerschaft nicht mehr tauglich war, dennoch einen Sohn gebären würde, der ein Erbe aller Güter Abrahams werden würde.

24. Die Worte bedeuten etwas. Denn das sind die zwei Testamente, eines von dem Berge Sinai, das zur Knechtschaft gebiert, welches ist die Hagar.

Bedeuten etwas: Und man hat sich bei dieser Geschichte an etwas Besonderes zu erinnern.

Zwei Testamente: Mit zwei Testamenten und zwei Völkern sind die beiden Kinder Abrahams gemeint.

Berg Sinai: Welches das Gesetz Moses ist. Dieses Testament macht die Menschen nicht frei von der Verdammnis, bringt sie auch nicht zur Freiheit und Erbschaft der Kinder Gottes, sondern ist ein solches Testament, das ein Volk macht, was unter der Knechtschaft des Gesetzes mit Unwillen dient und doch aus dem Gesetz keine Hoffnung zur himmlischen Erbschaft hat. So wie ein Knecht die Erbschaft der Güter neben dem Sohn nicht antreten kann.

Die Hagar: Das bedeutet: Dieses Alte Testament ist durch die Magd Hagar abgebildet worden, die keine solchen Kinder gebären konnte, die die Erben der Güter Abrahams hätten sein können.

25. Denn Hagar heißt in Arabien der Berg Sinai und langt bis nach Jerusalem, das zu dieser Zeit ist, und ist dienstbar mit seinen Kindern.

In Arabien: Dort wird dieser Berg, der ansonsten Sinai genannt wird, auch mit dem Namen Hagar bezeichnet.

Zeit ist: Dieses Gebirge erstreckt sich bis ins jüdische Land, in dem Jerusalem die Hauptstadt ist.

Kindern: Sie gehört mit ihren Bürgern nicht zu den Kindern Gottes, sondern zu den Knechten, sofern sie nämlich auch bis hierhin durch das Gesetz gerechtfertigt werden wollen.

26. Aber das Jerusalem, das droben ist, das ist die Freie, die ist unser aller Mutter.

Droben ist: Das heißt: Die rechte und geistliche Kirche, die, obwohl sie noch auf Erden weilt, dennoch nicht auf weltliche Weise lebt, sondern ihren Wandel im Himmel hat {Phil 3}. Und die bereits mit himmlischen, aber nicht mit irdischen Gedanken umgeht.

Die Freie: Das bedeutet: Sie ist durch die Sara bedeutet worden, die keine Magd, sondern eine freie Frau gewesen ist.

Aller Mutter: Nämlich das himmlische Jerusalem oder die geistliche Kirche Christi. Deren Kinder sind wir alle, so viele von uns an Christus glauben und mit Glauben aber nicht mit Werken die Seligkeit annehmen. Darum sind wir keine Erben der irdischen Güter Abrahams, sondern der himmlischen Schätze, unseres günstigsten Vaters, nämlich des allmächtigen Gottes. Deshalb sollen wir unsere Herzen, denen die himmlische Erbschaft geschenkt ist, nicht in fleischliche Wollust versenken.

27. Denn es steht geschrieben: Sei fröhlich, du Unfruchtbare, die du nicht gebierst, und brich hervor und rufe, die du nicht schwanger bist! Denn die Einsame hat viel mehr Kinder, denn die den Mann hat.

Geschrieben: Von der Kirche Christi, die durch Sara abgebildet worden ist. Darum soll man sich nicht wundern, dass Sara, die von Natur aus unfruchtbar war, so viele Kinder hatte, weil dies längst zuvor von den Propheten Jesaja im Kapitel 54 verkündigt und geweissagt worden ist, dass es so geschehen wird.

Mehr Kinder: Die Kirche Christi, die vor der Welt unfruchtbar und verlassen erscheint, dazu vielen Verfolgungen unterworfen ist und unterdrückt wird, die gebiert dennoch durch das Predigtamt des Evangeliums unzählig viele geistliche Kinder, mehr noch als die jüdische Kirche, an der ihr bisher so ein großes Wohlgefallen gehabt habt und gemeint habt, sie wäre so fruchtbar. Denn obwohl sonst gesagt wird, dass es nur wenige Auserwählte geben wird, gegenüber denen, die in ihrem Unglauben verderben, so ist es jedoch dennoch eine große Anzahl, die durch den Glauben an Christus selig wird.

28. Wir aber, liebe Brüder, sind Isaak nach der Verheißung Kinder {Röm 9v8}.

Wir aber: Dass wir durch den Glauben an Christus und nicht aus dem Gesetz die Gerechtigkeit suchen. Denn damit dieses Gleichnis vollständig erklärt wird, wird jetzt angezeigt, welches die Kinder der Hagar oder der Sara sind.

Nach der Verheißung: Das heißt: So wie Isaak, der von Gott verheißen war, als seine Eltern im hohen Alter gewesen sind, ein Erbe aller väterlichen Güter war und Ismael ausgeschlossen gewesen ist, so sind auch wir, die wir rechtschaffene Christen sind und durch den Isaak abgebildet worden sind, Erben der himmlischen Güter, wohingegen die Ismaeliten, als Kinder der Magd, das bedeutet, die Juden und dergleichen Heuchler, ausgeschlossen bleiben, die viel lieber unter der Dienstbarkeit des Gesetzes bleiben möchten und vergebens die Gerechtigkeit aus den Werken des Gesetzes suchen. Und es liegt nichts daran, dass sie in dieser Welt höher angesehen sind als wir, uns auch eine Zeit lang verfolgen und plagen.

29. Aber gleichwie zu der Zeit, der nach dem Fleisch geboren war, verfolgte den, der nach dem Geist geboren war, also geht es jetzt auch.

Geboren war: Dem Abraham, ohne vorangegangene Verheißung, nämlich der Ismael.

Geist geboren: Nämlich den Isaak, dass er ihn verspottete {1Mos 21}. Dieser hatte nicht allein von Abraham seine fleischliche Abstammung, sondern war auch wahrhaftig sein geistlicher Sohn und aus Gott wiedergeboren.

Jetzt auch: Dass die Kinder Abrahams nach ihrer fleischlichen Abstammung, nämlich die Juden und ihresgleichen, die rechten und geistlichen Kinder Abrahams, nämlich die Christen, die die reine Lehre des Evangeliums annehmen, verfolgen. Darum sollen wir nicht meinen, dass wir bei Gott umso weniger in Gnaden wären, wenn wir von den Gottlosen verfolgt werden denn eben dies ist ein Zeugnis, dass die blutdürstigen Feinde des Evangeliums nicht Gottes Kinder sind, sondern vielmehr wir, die wir von ihnen geplagt werden. Weil Isaak nicht den Ismael, sondern Ismael den Isaak verfolgte.

30. Aber was spricht die Schrift? Stoß die Magd hinaus mit ihrem Sohn! Denn der Magd Sohn soll nicht erben mit dem Sohn der Freien.

Die Schrift {1Mos 21}: Was sagt sie zu den Verfolgern der Kirche, was für ein Ende sie nehmen werden? Denn obwohl die folgenden Worte von der Sara gesagt worden sind, so sind sie doch danach durch den göttlichen Ausspruch und das Urteil bestätigt worden. Und Abraham hat Ismael mit seiner Mutter Hagar von sich gestoßen, aber Isaak und Sara behalten. So werden auch die Verfolger der Kirche endlich in die äußerste Finsternis hinausgestoßen werden, wo Heulen und Zähneklappern sein wird, aber die gottseligen Bekenner des Evangeliums und Märtyrer werden die himmlische Erbschaft erlangen.

31. So sind wir nun, liebe Brüder, nicht der Magd Kinder, sondern der Freien.

Nicht der Magd: Wenn ihr über diese Sache recht nachdenkt und euch erinnert, wer ihr seid, so wird meiner Meinung nach keiner von euch gerne für den Sohn der Magd gehalten werden, sondern von den Frauen im Haus. Und ihr werdet sagen: Ihr wollt nicht nur fleischliche, sondern auch geistliche und rechtschaffene Kinder Abrahams sein. Wir erlangen also die himmlische Herr-Erbschaft nicht in der Knechtschaft aus den Werken des Gesetzes, sondern aus dem Glauben an Christus. Deswegen: Die aus den Werken die Gerechtigkeit vor Gott suchen, die sind Ismaeliten und werden aus dem Reich Gottes verstoßen. Die aber durch den Glauben gerecht werden möchten, die sind rechte Kinder Abrahams und Erben des Himmelreichs.


Das 5. Kapitel

  • Paulus ermahnt uns, dass wir die christliche Freiheit standhaft behalten sollen.
  • Und wir sollen uns guter Werke befleißigen.

1. So besteht nun in der Freiheit, damit uns Christus befreit hat, und lasst euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen!

Besteht: Bemüht euch, dass ihr in der wahren geistlichen Freiheit standhaft ausharrt, die ihr erlangt habt, sodass ihr jetzt frei vom Fluch des Gesetzes und den mosaischen Zeremonien seid.

Joch: Des Gesetzes, das schwerer ist, als man es ertragen kann {Apg 15}, zumal es solche Dinge gebietet, die nicht geleistet werden können und denen, die es nicht leisten können, gebietet es den ewigen Tod. Darum sollt ihr, die ihr durch Christus von diesem Joch erlöst worden seid, den falschen Aposteln nicht so viel zulassen, dass sie euch wiederum an das Joch binden. So wollen wir auch das päpstliche Joch, welches wir von uns geworfen haben, nicht von Neuem wieder auf uns nehmen, auch wenn der Papst in Rom oder das Konzil von Trient oder seine Anhängerknechte, die Jesuiten, uns dies aufdrängen möchten.

2. Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wo ihr euch beschneiden lasst, so ist euch Christus kein nütze.

Kein nütze: Die durch die Beschneidung oder andere Werke des Gesetzes gerechtfertigt werden wollen, die verlassen den einzigen Heiland Christus, darum verlässt sie Christus wiederum und stößt sie von sich. Wenn aber Christus denen nichts nütze ist, die aus den Werken des Gesetzes Gottes die Gerechtigkeit suchen, wie viel weniger wird Christus denen nützlich sein, die aus den Menschensatzungen gerechtfertigt werden wollen.

3. Ich zeuge abermals einem jeden, der sich beschneiden lässt, dass er noch das ganze Gesetz schuldig ist zu tun.

Zeuge: Und ich will euch dessen ganz gewiss versichert und vergewissert haben.

Schuldig ist: Denn eben damit unterwirft er sich dem ganzen Gesetz, dass er es halten will. Und indem er die Beschneidung annimmt, nimmt er das Joch und die Last des ganzen Gesetzes auf sich, bekennt es und verbindet sich damit, dass er das ganze Gesetz halten will. Und es steht ihm nicht mehr frei, dass er etliche Teile des Gesetzes, die ihm gefallen, heraussucht, um sie zu halten, die anderen aber nicht beachtet, wie es die falschen Apostel tun. Darum nehmt es euch zu Herzen und erwägt genau was die falschen Apostel euch für eine schwere Last auferlegen, indem sie euch zumuten, ihr sollt euch beschneiden lassen. Denn was sie euch auferlegen, das tun sie selbst mit keinem Finger {Mt 23}.

Nach Luther: Denn ohne Glauben ist kein Herz rein, ohne eine Reinheit des Herzens aber ist kein Werk recht und rein.

4. Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, und seid von der Gnade gefallen.

Verloren: Und seit kein Teil mehr an ihm, noch habt ihr etwas Weiteres mit ihm zu tun.

Gnade: Und Güte Gottes, die Christus erworben hat. Dieser könnt ihr nicht mehr teilhaftig werden, weil ihr Christus verworfen habt und euch mit euren eigenen Werken helfen wolltet. Diesen Donnerschlag des Apostels, womit er alle Gerechtigkeit der Werke zu Boden schlägt, soll man gegen die Heiligen der Werke wohl in Acht nehmen.

5. Wir aber warten im Geist durch den Glauben der Gerechtigkeit, der man hoffen muss.

Hoffen muss: Und wissen, dass wir aus den Werken des Gesetzes nicht gerecht werden können, weil die Gerechtigkeit des Gesetzes fleischlich ist und nur vor den Menschen, aber nicht vor Gott Lob hat {Röm 4}. Darum begehren wir, durch den Glauben gerecht zu werden mit der wahren und geistlichen Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, dessen Offenbarung wir in Hoffnung erwarten. Denn obwohl wir bereits durch den Glauben vor Gott gerecht sind, so wird dieses an uns jedoch noch nicht sichtbar bis zum Jüngsten Tag, wenn es der ganzen Welt offenbar wird, dass wir wahrhaftig vor Gott angenehm, gerecht und heilig sind.

6. Denn in Christo Jesu gilt weder Beschneidung noch Vorhaut etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.

Etwas: Im Reich Christi nutzt es nichts, die Gerechtigkeit und Seligkeit zu erlangen, egal ob jemand beschnitten oder unbeschnitten ist.

Glaube: An Christus, der allein gerecht macht, jedoch nicht der Heuchlerische, den viele rühmen, obwohl sie im Herzen gar keinen Glauben haben, sondern der als ein guter Baum gute Früchte bringt, wenn nämlich ein Christ aus rechtschaffener Liebe der Gebote Gottes sich bemüht und dem Nächsten gern dient. Hier misst Paulus der Liebe keineswegs die Kraft zur Rechtfertigung zu, er behauptet auch nicht, dass der Glaube durch die Liebe geformt oder recht gestaltet wird, wie es die Sophisten erdichten, sondern er zeigt den Unterschied an, zwischen dem wahren christlichen Glauben und dem falschen Wahn, womit die Maulchristen sich selbst gut gefallen, wo sie doch unterdessen ein gottloses, lasterhaftes Leben führen. Diese sollen wissen, dass sie keinen rechtschaffenen Glauben haben, denn sonst würde dieser gute Früchte oder gute Werke hervorbringen.

7. Ihr lieft fein. Wer hat euch aufgehalten, der Wahrheit nicht zu gehorchen?

Lieft fein: Auf dem richtigen Weg der rechten Erkenntnis Gottes zum glücklichen Ziel des ewigen Lebens.

Aufgehalten: Und mitten auf dem Weg umgekehrt, dass ihr von der Wahrheit, wie vom rechten Weg abgewichen seid? Denn die falsche Lehre wendet die Menschen, die richtig wandeln vom Weg der Seligkeit ab, dass sie einen anderen Irrweg vergeblich laufen, sofern sie nicht umkehren und Buße tun.

8. Solch Überreden ist nicht von dem, der euch berufen hat.

Überreden: Wodurch ihr eine andere Lehre angenommen habt und die rechte habt fahren lassen, die ihr von mir empfangen hattet.

Berufen hat: Denn Gott, der euch zum ewigen Leben berufen hat, hat euch die falschen Apostel nicht geschickt, die euch zu etwas anderem überreden wollen, als ihr es von mir gehört habt, sondern der Satan hat sie ausgesandt, dass sie euren heilsamen Nutzen verhindern. Denn obwohl die falschen Lehrer von Gott viel Rühmens treiben, so sind sie jedoch Zuträger des Satans.

9. Ein wenig Sauerteig versäuert den ganzen Teig {Mt 16v6 1Kor 5v6}.

Ganzen Teig: Darum sollt ihr nicht glauben, es sei wenig daran gelegen, wenn die reine Lehre auch nur in einem Stück verfälscht wird. Denn so wie ein klein wenig Sauerteig den ganzen Teig sauer macht, so zieht ein Irrtum in der Religion nach und nach mehr zu sich, bis die ganze Lehre gefälscht wird. Deswegen sollen wir mit Wissen keinen Irrtum in der christlichen Lehre dulden oder verschweigen.

10. Ich versehe mich zu euch in dem Herrn, ihr werdet nicht anders gesinnt sein. Wer euch aber irremacht, der wird sein Urteil tragen, er sei, wer er wolle.

Gesinnt sein: Ich habe noch gute Hoffnung auf euch und vertraue der Güte Gottes, dass ihr bei keiner anderen Lehre werdet bleiben wollen, als zu der ich mich bekenne, wie ihr wisst. Denn man soll von den Irrenden nicht alle Hoffnung fallen lassen.

Irremacht: In eurem Glauben, dass er euch etwas anderes lehrt, der wird an jenem Tag des Herrn ein schweres Urteil der Verdammnis ausstehen müssen. Denn die Anhänger der Ketzerei, sofern sie nicht wahrhaft Buße tun, was jedoch wenigen widerfährt, haben keine Hoffnung zur ewigen Seligkeit.

11. Ich aber, liebe Brüder, so ich die Beschneidung noch predige, warum leide ich denn Verfolgung? So hätte das Ärgernis des Kreuzes aufgehört.

Verfolgung: Beides, von den falschen Aposteln und von den Juden, wovon ich mich einst befreien konnte und davor gesichert seid, wenn ich die Beschneidung predigen würde, wie die falschen Apostel und ich die Menschen dahin weisen würde, dass sie das ganze Gesetz Moses halten müssten.

Aufgehört: Und würde weder Verfolgung noch Kreuz der Lehrer und Gläubigen mehr sein, wodurch viele von ihnen sehr geärgert werden. Glaubt es mir, wenn ich mit gutem Gewissen lehren könnte, dass man die Beschneidung halten müsste, so wollte ich es leicht dahin richten, dass ich mich und andere vor der Verfolgung und dem Kreuz befreien würde. Aber es ist besser, alles Unglück zu erleiden, als die Lehre zu verfälschen oder zu den Verfälschungen der Apostel still zu schweigen.

12. Wollte Gott, dass sie auch ausgerottet würden, die euch verstören!

Verstören: Indem sie euren Glauben schwächen, die reine Lehre verkehren und euch irremachen. Dies ist kein fleischlicher Zorn an Paulus gewesen, sondern ein göttlicher Eifer. Denn gleich, wie die falschen Lehrer, wenn sie ein und das andere Mal ermahnt worden sind und dennoch keine Buße tun, keine Hoffnung zur Seligkeit haben und nicht mehr bekehrt werden {Tit 3}, so ist es keine Sünde, wenn man diesen aus einem göttlichen Eifer für die Kirche Gottes ihren Untergang wünscht.

13. Ihr aber, liebe Brüder, seid zur Freiheit berufen. Allein seht zu, dass ihr durch die Freiheit dem Fleisch nicht Raum gebt, sondern durch die Liebe diene einer dem andern.

Berufen: Durch das Evangelium Christi, damit ihr vom Fluch und den Bedrohungen des Gesetzes erlöst seid und ein ruhiges Gewissen haben könnt. Diese Freiheit möchten euch die falschen Apostel entziehen, darum verfluche ich sie zu Recht.

Nicht Raum gebt: Denn damit ihr es recht versteht, habe ich euch bisher von keiner fleischlichen Freiheit gelehrt, dass ihr meinen könntet, es stünde euch frei, alles zu tun, was euch gelüstet. Sondern im Gewissen seid ihr vor dem Zorn Gottes und dem Fluch des Gesetzes befreit. Diese Freiheit könnt ihr nach dem Willen Gottes mit fröhlichem und ruhigem Herzen genießen, solange ihr euch nur vorseht und davor hütet, dass ihr nicht unter dem Schein der christlichen Freiheit den verbotenen Gelüsten eures verdorbenen Fleisches nachgeht. Denn wir sollen die Rechtfertigung des Glaubens aus Gnade und die christliche Freiheit so handhaben, dass wir dennoch dem Fleisch und seinen bösen Begierden nichts einräumen und ihm nicht zu Willen sind.

Nach Luther: Das tun diejenigen, die das sagen, weil der Glaube alles tut, so wollen wir nichts Gutes tun und uns auf den Glauben verlassen.

Diene: Denn ihr seid frei in eurem Gewissen, nicht dass ihr tun könnt, was ihr wollt, sondern damit ein jeder seinem Nächsten mit den Werken der Liebe dient. Zumal, was dem Nächsten aus christlicher Liebe erwiesen wird, das wird Gott annehmen, als wäre es ihm selbst geschehen {Mt 25}.

14. Denn alle Gesetze werden in einem Wort erfüllt, in dem: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Erfüllt: Denn alles, was das ganze Gesetz von der Schuldigen Gebühr gegenüber dem Nächsten gebietet, das ist alles in einem einzigen Gebot begriffen {3Mos 19}. Es ist aber unser Nächster nicht nur unser Verwandter und Freund, sondern jeder, der unsere Hilfe und unseren Rat braucht, auch wenn er unser Feind ist {Lk 10}. Und wir sollen unseren Nächsten so lieben, dass, was wir wollen, dass es von anderen uns erzeigt wird, wir dies auch selber anderen leisten {Mt 7}.

15. So ihr euch aber untereinander beißt und fresst, so seht zu, dass ihr nicht untereinander verzehrt werdet.

Und fresst: Dass ihr aus Zorn, Hass und Rachgier einander mit Schmähworten und Streitereien anfallt wie die Hunde.

Verzehrt werdet: Denn wenn ihr, die ihr Christen seid, einander selbst lästig seid und euch gegenseitig unterdrücken wollt, besonders unter so vielen Feinden des Evangeliums, so werden zum Schluss von euch nur wenige übrig bleiben und ihr werdet einander gleichsam selbst hinrichten. Deswegen sollen sich die Christen hüten, dass sie weder in Religionssachen noch in weltlichen Dingen keinen unnötigen Streit anfangen oder unterhalten. Man soll jedoch aber auch nicht um des Friedens willen eine falsche Lehre billigen oder ihr beipflichten.

16. Ich sage aber: Wandelt im Geist, so werdet ihr die Lüste des Fleisches nicht vollbringen.

Im Geist: Denn damit ihr wisst und versteht, was ich von euch will, so möchte ich, dass ihr nach Anleitung des Heiligen Geistes euer Leben anstellt, mit dessen Hilfe und Beistand ihr den Begierden des alten Adams Widerstand leisten könnt. Es sind aber die Lüste und Begierden des Fleisches, nicht nur die unzüchtigen Bewegungen und Zuneigung des Herzens, sondern auch alles, was dem Heiligen Geist und dem Gesetz Gottes zuwider ist, wie Hoffart, Zorn, Hass, Geiz, Unglauben und dergleichen. Man hat hier auch zu bemerken, dass Paulus nicht sagt, die Galater würden keine Lüste des Fleisches mehr empfinden. Denn eine solche Reinheit und Vollkommenheit widerfährt keinem Menschen in diesem Leben. Sondern der Apostel sagt: Sie werden die Lüste des Fleisches nicht vollbringen oder ins Werk richten. Denn ein frommer Mensch kann mit der Hilfe Gottes verhüten, dass er nicht in äußere, grobe Sünden fällt, wozu in sein verdorbenes Fleisch reizt.

17. Denn das Fleisch gelüstet wider den Geist und den Geist wider das Fleisch. Dieselben sind wider einander, dass ihr nicht tut, was ihr wollt.

Wider einander: Weil wir in dieser Welt leben, regt sich ständig in uns ein Streit zwischen unserem verdorbenen Fleisch und dem Heiligen Geist, der in uns wohnt. Denn das Fleisch begehrt solche Dinge und versucht, sie zu erlangen, die dem Heiligen Geist missfallen. Hingegen aber will der Heilige Geist solche Dinge haben, die dem Fleisch beschwerlich, verdrießlich und unangenehm sind, und er möchte das Fleisch zwingen, dass es seine verbotene Lust nicht ausübt. Und obwohl im Allgemeinen in diesem Streit der Heilige Geist der Sieger ist und das Fleisch bezwingt, dass es seine Begierden nicht erfüllt, so ist doch dieser Sieg nicht vollkommen (wegen der Widerspenstigkeit des Fleisches, jedoch nicht aus Schuld des Heiligen Geistes). Daher geschieht es, dass wir, obwohl wir gerne von den bösen Gedanken und den verkehrten Bewegungen des Herzens frei sein möchten, wir doch gelegentlich solche Dinge tun, die wir schon eine kurze Zeit später nicht gedacht, geredet oder getan haben wollten. Darum ist der Gehorsam eines Christenmenschen in diesem Leben unvollkommen.

18. Regiert euch aber der Geist, so seid ihr nicht unter dem Gesetz.

Geist: Dass ihr nach der Anweisung des Heiligen Geistes lebt.

Nicht unter: Denn obwohl wir durch Anleitung und Regierung des Heiligen Geistes nach dem Gesetz Gottes ein ehrbares Leben führen und den 10 Geboten, als einer Richtschnur des göttlichen Willens, so viel wie möglich folgen, so sind wir aber dennoch darum nicht unter dem Zwang, noch viel weniger unter dem Fluch des Gesetzes, haben auch keinen Fluch und keine Verdammnis zu fürchten, solange wir im wahren Glauben und in der Gottseligkeit beharren, obwohl der Gehorsam unvollkommen ist, sofern wir nur den Heiligen Geist, als unseren Begleiter, nicht mutwillig von uns treiben und das Fleisch nicht im Zaum halten.

19. Offenbar sind aber die Werke des Fleisches, als da sind: Ehebruch, Hurerei, Unreinigkeit, Unzucht,

Werk des Fleisches: Davon will ich einige Beispiele erzählen, damit niemand sagen kann, er hätte nicht gewusst, welche Werke er meiden soll, obwohl sie alle Christen, die recht unterrichtet worden sind, vorher wissen und sie ihnen nicht unbekannt sein sollten.

Hurerei: Wenn eine ledige Person mit einer anderen ungebührliche und unehrbare Sachen treibt.

Unreinheit: Darunter werden alle verbotenen, unzüchtigen Handlungen verstanden, die außer dem Ehestand und dem natürlichen Beischlaf vollzogen werden.

Unzucht: Allerlei unordentliches Wesen in Worten, Werken und Gebärden.

20. Abgötterei, Zauberei, Feindschaft, Hader, Neid, Zorn, Zank, Zwietracht, Rotten,

Abgötterei: Es werden also die falschen Gottesdienste auch unter die Werke des Fleisches gezählt, obwohl die Götzendiener meinen, sie seien lauter geistliche Leute.

Zauberei: Wenn schandlose Menschen mit dem Zutun des Teufels nach den Gütern und der Wohlfahrt anderer Leute trachten, dass sie diesen schaden können: Hexenwerk und Werke von Unholden.

Feindschaft: Die man gegenüber dem Nächsten in sich trägt.

Hader: Dass man über eine unnötige Sache einen Streit erregt, obwohl es dessen nicht bedurft hätte.

Neid: Wenn man ungern sieht, dass einem jemand anderes vorgezogen wird.

Zorn: Der vom Fleisch herrührt und kein Maß halten kann.

Zank: Dass man dem Nächsten mit bösen Worten übers Maul fährt, ihn schmäht und lästert.

Zwietracht: Wenn man sein Herz und sein Gemüt von dem Nächsten abwendet, Friede und Einigkeit zerstört.

Rotten: Wenn jemand eine neue und gottlose Meinung in Religionssachen auf die Bahn bringt und diese halsstarrig verteidigt und Anhänger an sich zieht, oder wenn er einer falschen Meinung, die er von einem anderen empfangen hat, fest beipflichtet und er keiner gutherzigen Ermahnung mehr stattgeben will.

21. Hass, Mord, Saufen, Fressen und dergleichen; von welchen ich euch habe zuvor gesagt und sage noch zuvor, dass, die solches tun, werden das Reich Gottes nicht erben.

Hass: Dass man dem Nächsten sein gutes Glück missgönnt.

Mord: Ohne Geheiß und Befehl der Obrigkeit vorzugehen.

Saufen: Wenn jemand weitaus mehr trinkt, als er zum Löschen des Durstes und einer ehrbaren, guten Laune braucht.

Fressen: Wenn mit zu viel köstlicher Speise das Herz beschwert wird, sodass ein Mensch zum Gebet und zu anderen Geschäften seines Berufs untauglich, träge und faul wird.

Dergleichen: Die in den 10 Geboten und anderen biblischen Schriften, in denen die 10 Gebote erklärt werden, verboten sind. Ein Kirchendiener aber kann in Erklärungen dieses Textes so viele Lehrpunkte behandeln, wie hier Laster aufgezählt worden sind.

Noch zuvor: Was es für ein Ende mit solchen Menschen, die mit solchen Lastern behaftet sind, nehmen wird.

Nicht erben: Denn obwohl uns die Erbschaft des Himmels um Christi willen durch den Glauben aus Gnaden geschenkt wird, so macht sich jemand doch dieser Erbschaft unwürdig und wird enterbt, wenn er die genannten o. ä. Sünden begeht. Darum sollen wir uns bemühen, dass wir nicht in dergleichen Sünden verfallen. Sind wir aber gefallen, so sollen wir mit allem Ernst darauf bedacht sein, dass wir durch die Buße alsbald wieder aufstehen.

22. Die Frucht aber des Geistes ist: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit.

Des Geistes: Die der Heilige Geist in uns wirkt und hervorbringt als gute Werke, um die wir uns jederzeit bemühen sollen.

Liebe: Die gleichsam alle anderen Tugenden beinhaltet, von denen etliche noch aufgezählt werden.

Freude: Des Herzens. Wenn ein frommer Mensch, der sich seiner Seligkeit und der Gnade Gottes sicher ist, von Herzen darüber freut und die Geschäfte seines Berufs mit Freude ausrichtet. Die Aufzählungen diese Tugenden und die Erklärungen jedes einzelnen Lehrpunktes können durch einen Prediger vorgenommen werden.

Friede: Und Ruhe des Gewissens vor Gott, auch dass man mit den Menschen friedlich zu leben sich bemüht.

Geduld: Dass wir uns nicht so schnell zu Zorn oder Unwillen reizen und aufbringen lassen.

Freundlichkeit: Oder Holdseligkeit und Leutseligkeit im Wandel, dass man nicht störrisch oder mürrisch ist.

Gütigkeit: Wenn wir dem Nächsten, wenn er uns braucht, gerne Gutes erweisen.

Glaube: Dass wir ein aufrichtiges Gemüt führen und gerne halten, was wir zugesagt haben.

Sanftmut: Wenn wir auch die Mängel des Nächsten übersehen und alle Bitterkeit meiden.

Keuschheit: Wenn man sich um einen züchtigen Wandel und ein nüchternes Leben bemüht.

23. Wider solche ist das Gesetz nicht.

Gesetz nicht: Diejenigen haben sich vor dem Gesetz nicht zu fürchten. Es kann ihnen auch das Gesetz mit keinem Zwang oder Fluch einen Verdruss antun, noch Schrecken einjagen, sofern sie sich um solche Tugenden, die einem Christen wohl anstehen, bemühen. Und doch werden Rechte, gottselige Christen diese Tröstungen nicht missbrauchen.

24. Welche aber Christo angehören, die kreuzigen ihr Fleisch samt den Lüsten und Begierden.

Angehören: Und seine rechtschaffenen Glieder sind.

Kreuzigen: Was rechte Christen sind, die hüten sich so viel wie möglich, dass sie ihrem Fleisch nicht zulassen, seine angeborenen bösen Gelüste auszuüben, sondern wie ein gekreuzigter Mensch dies nicht verrichten kann, weil er mit Händen und Füßen ans Kreuz geheftet ist. So nehmen die Frommen ihre angeborenen Begierden, die in ihrem Fleisch stecken, gefangen, damit sie kein Übel anrichten. Wer deshalb dem Fleisch mit Wissen und Willen folgt und alle Gottesfurcht vernachlässigt, der soll wissen, dass er Christus nicht angehört und auch nicht mit ihm regieren wird.

25. So wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln.

Im Geist leben: Dass wir mit dem Evangelium Christi lebendig gemacht und vom Tod der Sünde geistlich auferweckt worden sind.

Wandeln: Und ein geistliches Leben führen. Lasst uns dem Heiligen Geist folgen, wie der uns anweist und nicht unser verdorbenes Fleisch. Denn diejenigen rühmen sich vergebens, dass sie durch das Evangelium lebendig gemacht worden sind, die sich nicht vom Heiligen Geist regieren lassen. Und die wandeln nicht im Geist, die sich in Klöstern verstecken, sondern diejenigen, die ihr Leben nach der Richtschnur der Gebote Gottes ausrichten.

26. Lasst uns nicht eitler Ehre geizig sein, untereinander zu entrüsten und zu hassen!

Zu hassen: Dass einer dem anderen seine Ehre oder sein Glück missgönnt. Denn wer ehrgeizig ist und nur danach strebt, dass er sich von den Leuten loben hörte, der kann üblicherweise niemanden über oder neben sich leiden, wodurch Zank und Zwietracht entstehen, wodurch die weltliche Regierung und die Kirche jämmerlich verwirrt und zerrissen werden.


Das 6. Kapitel

  • Paulus fährt noch weiter fort mit der Ermahnung zu guten Werken.
  • Danach zieht er ein Fazit des gesamten Briefes und wiederholt die besonderen Punkte, erinnert auch die Galater daran, dass sie die falschen Apostel, als Verführer, fahren lassen und beständig bei der apostolischen Lehre bleiben sollen.

1. Liebe Brüder, so ein Mensch etwa von einem Fehler übereilt würde, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, die ihr geistlich seid. Und siehe auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest!

Brüder: Hier hat man auch zu beachten, dass die verführten Galater, die jedoch in dem Irrtum noch nicht verhärtet und verstockt gewesen sind, von dem Apostel Paulus oftmals Brüder genannt werden. Denn der Irrtum macht keinen Ketzer, sondern erst, wenn man darin halsstarrig bleibt und beharrt.

Übereilt: Wenn ein Christ unter euch vom bösen Feind hintergangen wurde, in einen Irrtum geraten ist oder in eine öffentliche Sünde gefallen wäre, so sollt ihr darum nicht an ihm verzagen oder ihn für einen Feind ansehen.

Geistlich seid: Und noch im Gehorsam der Gebote Gottes steht, euer Leben auch nach der Anleitung des Heiligen Geistes verrichtet, geht mit einem solchen gefallenen Menschen freundlich, mild und sanftmütig um, damit ihr ihn wieder auf den rechten Weg bringt. Denn die durch einen Irrtum betrogen wurden oder aus Schwäche in Sünde gefallen sind, aber ihren Irrtum oder ihre Sünde nicht halsstarrig verteidigen, die brauchen keine ernsthafte Strafpredigt, sondern einen Trost. So werden auch gelegentlich heilige Menschen vom Teufel überlistet, sodass sie schrecklich fallen.

Dich selbst: Bedenke, dass du von der gleichen Art und von sündigem Fleisch bist wie jeder andere, und es kann wohl geschehen, dass du in eine gleiche oder noch größere Sünde gestürzt wirst. Darum, wie du es im gleichen Fall haben wolltest, dass man mit dir umgehen würde, so soll es dir auch gebühren, dass du auch so mit deinem Nächsten umgehst. Deswegen sollen die Irrtümer, Fehler und Mängel eines anderen jeden selbst an seine eigene Schwachheit erinnern, damit wir behutsam und in Demut wandeln.

2. Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

Anderen Last: Wir sollen die Schwäche der Brüder übersehen und ihnen ihre groben Sitten im Umgang zugutehalten, besonders wenn wir sie nicht ändern können. Und obwohl uns solche Mängel verdrießen, so sollen wir dennoch deswegen die christliche Liebe gegen solche Menschen nicht fahren lassen. Denn die Mängel eines Freundes soll man wissen, ihn aber darum nicht hassen.

Erfüllen: Ihr werdet dann tun, was Christus befohlen hat, als er sagte: Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, Johannes 13. Denn obwohl solch eine Liebe niemals vollkommen sein wird, so will doch Christus nach seiner unermesslichen Liebe uns gegenüber es so annehmen, als hätten wir dieses Gesetz erfüllt, wenn er sieht, dass wir uns ernsthaft darum bemühen, was er uns befohlen hat.

3. So aber sich jemand lässt dünken, er sei etwas, so er doch nichts ist, der betrügt sich selbst.

Nichts ist: Dass er weder solche Gaben noch Tugenden an sich hat, die er sich selbst zumisst.

Betrügt sich selbst: Denn andere Leute urteilen anders und besser von ihm. Darum soll keiner aus einer vergeblichen Vorstellung seiner Gaben oder seines unsträflichen Wandels wegen aufgeblasen sein und sich selbst damit wohl gefallen, dass er seinen Nächsten mit großem Übermut, als sei er es nicht wert, dass er freundlich mit ihm umgehen könnte, verachten sollte. Denn die sich so verhalten, werden ihrer nichtigen Vorstellung endlich vor Gott und den Menschen zuschanden. Und im Allgemeinen sind gerade diese vermessenen Menschen, die die Gefallenen übermütig und unfreundlich verspotten, die größten Heuchler, die viel mehr strafwürdig sind, als jene.

4. Ein jeglicher aber prüfe selbst sein Werk, und alsdann wird er an sich selber Ruhm haben und nicht an einem anderen.

Prüfe: Wenn einer unter euch richtig handeln möchte, so soll er seinen Wandel für sich selbst erkunden und ihn nicht dem Leben und Tun anderer Menschen gegenüberstellen, so wird er von sich selbst recht urteilen können.

Einem anderen: Wenn jemand seinen eigenen Wandel für sich selbst ansieht und nicht mit anderen vergleicht und sich dann für unsträflich befindet, so wird er einen rechten Ruhm und ein Zeugnis eines guten Gewissens vor sich selbst haben und auch keinen Ruhm daraus zu erlangen wünschen, dass sein Nächster eben solch einen Wandel führt, wie er selbst. Denn man sieht viele Menschen, die sich für fromm ausgeben, weil sie sehen, dass sie andere um sich haben, die nicht so fromm sind wie sie. Darum, damit sie ihr Lob behalten, achten sie genau auf die Mängel des Nächsten und stellen diesen auch den anderen Leuten vor Augen. Aber ein solcher Vorwitz steht keinem Christen zu.

Nach Luther: Falsche Lehrer suchen nicht danach, wie sie fromm werden, sondern dass sie nur viel Ruhm bei anderen haben und ihre Sache besteht allein auf dem Beifall Fremder, denn sie sind ehrgeizig und nicht rechtschaffen.

5. Denn ein jeglicher wird seine Last tragen {1Kor 3v8}.

Last tragen: Am Jüngsten Tag, wenn er Gott Rechenschaft geben muss, wie er sein Leben zugebracht hat. Es soll deswegen jeder für sich selbst stehen und auf seine Person am meisten schauen, damit er recht glaubt und unsträflich lebt und ohne ordentlichen Beruf sich nicht unterstehen, über die Gewissen anderer Leute zu urteilen oder ihr Leben zu tadeln.

6. Der aber unterrichtet wird mit dem Wort, der teile mit allerlei Gutes dem, der ihn unterrichtet.

Allerlei Gutes: Dass er sich wieder dankbar gegen ihn erzeigt. Denn es ist eine viel größere Guttat, wenn man in der Religion recht unterrichtet wird, als dass sie mit zeitlichen Gaben vergolten werden. Deswegen sollen sich die Zuhörer den Kirchendienern gegenüber dankbar erweisen. Die Kirchendiener aber sollen treu, fleißig und fromm sein.

7. Irrt euch nicht; Gott lässt sich nicht spotten! Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.

Irrt euch nicht: Und betrügt euch selbst nicht, indem ihr den Kirchendienern die schuldige Gebühr und Wohltätigkeit versagt.

Nicht spotten: Und lässt eine solche Undankbarkeit nicht ungestraft. Denn die den getreuen Kirchendienern ihren Unterhalt entziehen mit der Behauptung, sie hätten mehr als genug, sie sind geizig und man könnte sie nicht zufriedenstellen, wo sie doch nichts anderes begehren, als was sie zur ehrlichen und notwendigen Unterhaltung benötigen, die verspotten Gott selbst. Und Gott pflegt solche Bosheit mit Hunger und Durst nach seinem Wort zu strafen.

Ernten: So wie jeder Gutes oder Böses getan hat, so wird er es einmal in jenem Leben finden und einnehmen.

8. Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten.

Fleisch sät: Dass er den Lüsten seines Fleisches nachhängt, die Kirchendiener verachtet und aus Geiz dem Predigtamt nicht helfen will oder sich auf andere Sachen legt, die nichts taugen. Der Apostel Paulus kommt, nach seiner Art, des Öfteren von einem besonderen Lehrpunkt zu einer allgemeinen Erinnerung.

Verderben ernten: Das wird seine Belohnung sein, die er für seine fleischlichen Werke erntet, nämlich das ewige Verderben und die Verdammnis. Hier wird aber nicht vom Ehestand geredet, wie es die Katholiken mit großem und grobem Unverstand dahin deuten wollen. Denn sonst müssten alle Eheleute verdammt sein.

Geist sät: Wer handelt, wie ihm der Heilige Geist die Anleitung gibt, der befördert das Predigtamt des göttlichen Wortes mit seiner Freigebigkeit aus wahrem Glauben und erklärt diesen, seinen rechtschaffenen Glauben, auch mit anderen guten Werken.

Ewig leben: Er wird für seine guten Werke ewige Belohnung empfangen. Denn obwohl wir allein durch den Glauben gerecht und selig werden und nicht durch die Werke {Röm 3 Eph 2}, so vergilt doch Gott die guten Werke, die aus Glauben geschehen sind, mit ewigen Belohnungen.

9. Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören {2Thes 3v13}.

Lasst: Jetzt schreitet der Apostel Paulus zu einer allgemeinen Ermahnung, dass wir uns um alles Gute bemühen sollen.

Nicht müde: Denn sonst tut es einem frommen Menschen sehr weh, wenn er sieht, dass seine Guttaten übel angelegt sind. Aber man soll beständig damit fortfahren, Gutes zu tun.

Seiner Zeit: In jenem Leben werden wir die ewige Belohnung unsere Arbeit empfangen, die wir in diesem Leben verrichtet haben. So oft uns deswegen unsere Arbeit und Mühe anfängt zu reuen, sollen wir die Augen auf die künftige Ernte wenden.

10. Als wir denn nun Zeit haben, so lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.

Zeit haben: Denn wir wissen nicht, wie lange wir leben werden, darum sollen wir keine Gelegenheit versäumen, uns um den Nächsten wohl verdient zu machen.

Glaubensgenossen: Die mit uns in der rechten Religion sind, auch der Natur nach uns am nächsten zugehören. Denn wer seine Hausgenossen nicht versorgt, der ist schlimmer als ein Heide {1Tim 5}.

11. Seht, mit wie vielen Worten hab ich euch geschrieben mit eigener Hand!

Eigener Hand: Daraus sollt ihr sehen, wie sehr ich euch liebe, weil ich euch so ausführlich und sorgfältig, dazu eigenhändig schreibe. Darum bitte ich euch, ihr mögt euch kümmern, dass diese, meine christliche Fürsorge für euch nicht ohne Frucht abgeht, sondern wendet euch wieder dem rechten Weg zu und lasst die falschen Apostel fahren.

12. Die sich wollen angenehm machen nach dem Fleisch, die zwingen euch zu beschneiden, allein dass sie nicht mit dem Kreuz Christi verfolgt werden.

Nach dem Fleisch: Dass sie den Juden, Hohepriestern und Pharisäern in fleischlicher Weise gefallen mögen.

Zu beschneiden: Als ob die Beschneidung zur Seligkeit nötig wäre und man das ganze Gesetz Moses halten müsste. Als wollten zur Zeit des Interims Menschen, die sich fälschlicherweise evangelisch nannten, mit Wiedereinführung der Gottlosen päpstlichen Zeremonien den Katholiken einen Gefallen erweisen.

Verfolgt werden: Und um des Evangeliums willen, wenn sie es rein Predigten, nicht in Gefahr kommen. Darum legen sie die Last des Gesetzes Moses, den Juden zu gefallen, euch von Neuem wieder auf. Fromme Kirchendiener aber sollen die Trübsal um der reinen Lehre willen des Evangeliums jederzeit zu leiden bereit sein.

13. Denn auch sie selbst, die sich beschneiden lassen, halten das Gesetz nicht, sondern sie wollen, dass ihr euch beschneiden lasst, auf dass sie sich von eurem Fleisch rühmen mögen.

Beschneiden lassen: Damit sie nicht den Hass und die Feindschaft der Hohepriester und der anderen Juden auf sich ziehen.

Gesetz nicht: Sondern, so oft es sie gelüstet, nehmen sie sich selbst die Freiheit, das Gesetz Moses nicht zu beachten. Darum handeln sie an euch übel.

Rühmen mögen: Wie sie euch dahin gebracht haben, dass ihr das Gesetz Moses haltet, von dem sie wissen, dass es bei den Juden ein großes Ansehen hat. Denn damit die Heuchler sich bei den Menschen ein Ansehen machen, so legen sie anderen Menschen unerträgliche Bürden auf, wo sie jedoch selbst nicht einen Finger dafür rühren {Mt 23}.

14. Es sei aber ferne von mir rühmen denn allein von dem Kreuz unseres Herrn Jesu Christi, durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.

Fern von mir: Ich begehre, keinen solch nichtigen Ruhm für irgendetwas zu erjagen.

Kreuz: Vor dem sie fliehen und von der großen Menge ihrer Jünger viel rühmen, denen sie eine friedliche und sichere Religion zuwege gebracht hätten, die keinerlei Verfolgung verursachen würde. Ich aber freue mich und rühme mich dessen, dass ich um des Evangeliums Christi willen Verfolgung erleide. Denn die Verfolgungen, die wir um der Bekenntnisse der reinen Religion willen erdulden sind uns keine Schande, sondern vielmehr eine Ehre.

Der Welt: Ich habe aus dem Evangelium Christi so viel gelernt, dass ich allen Ruhm und alle Weisheit der Welt, die sie in göttlichen Sachen zu haben glaubte und was dergleichen ist, verwerfe und Abscheu davor habe wie vor einen verfluchten Menschen, der am Galgen des Kreuzes hängt. Darum hasst, scheut und verflucht mich die Welt wiederum wie ein schädliches Gift. Denn weil fromme Kirchendiener die Gottlosen und verrückten Meinungen der Weisen dieser Welt in Religionssachen nicht unverdammt lassen, so werden sie als Zerstörer des allgemeinen Friedens mit Schmachworten angegriffen, ins Elend getrieben und oft ums Leben gebracht. So ist auch für jeden Christen die Welt gekreuzigt, wenn er vor den weltlichen Gelüsten flieht. Und es kreuzigt ihn wiederum die Welt, dass sie ihn hasst, verflucht und verfolgt.

15. Denn in Christo Jesu gilt weder Beschneidung noch Vorhaut etwas, sondern eine neue Kreatur.

Etwas: Darum habt ihr umso wenig Grund, euch darüber zu wundern, dass ich die Lehre der falschen Apostel von der Notwendigkeit der Beschneidung so verwerfe. In der Religion Christi ist nichts daran gelegen, ob einer beschnitten oder unbeschnitten ist, wenn er nur aus Wasser und Geist, das heißt, durch die heilige Taufe wiedergeboren ist, also dass er nunmehr, als eine neue Kreatur, durch den Glauben zum Ebenbild Gottes geformt und erneuert worden ist, auch Vergebung der Sünden und den Heiligen Geist erlangt, durch dessen Regierung er ein neues und unsträflichen es Leben führt.

16. Und wie viel nach dieser Regel einhergehen, über die sei Friede und Barmherzigkeit und über den Israel Gottes!

Regel: (Nach Luther) Diese Regel ist keine Menschenlehre, sondern das Evangelium und der Glaube in Christus.

Und Barmherzigkeit: Ich wünsche ihnen von Gott alles Gute und seine göttliche Gnade.

Israel Gottes: Nämlich über die, die rechtschaffenen Israeliten und Kinder Gottes sind. Ich spreche aber nicht von den falschen Aposteln, die auch unter die Israeliten gezählt werden wollen, wo sie doch wegen ihrer verkehrten Lehre dem Volk Gottes gar nicht angehören. Denn die falschen Lehrer messen sich selbst ständig den Namen der wahren Kirche Gottes fälschlicherweise zu. Aber die wahrhaften Glieder der Kirche sind nicht die, die sich ihrer Verdienste rühmen, sondern die allein auf den Mittler Christus die Hoffnung ihrer Seligkeit setzen und aus wahrem Glauben an Gott selig leben. Es ist auch allein in der Kirche Heil, die den prophetischen und apostolischen Schriften glauben.

17. künftig mache mir niemand weiter Mühe; denn ich trage die Malzeichen des Herrn Jesu an meinem Leibe.

Weiter Mühe: Dass er mich eines Irrtums in der Lehre beschuldigt. Und am Schluss wird Paulus noch unwillig über die falschen Apostel.

Malzeichen: Nämlich die Striemen und Wundmale von den Schlägen, die ich um des Namens Christi willen etliche Male empfangen habe, werden mir Zeugnis geben müssen, dass ich ein getreuer Diener des Evangeliums gewesen bin, der die Wahrheit auch dem Leben vorgezogen hat. Die Katholiken deuten diese Worte sehr ungereimt und närrisch auf die erdichtet Wundmale ihres Heiligen Franziskus, eines Mönchs, den sie damit besonders schmücken und herausstreichen möchten. Paulus spricht aber hier von den Malen der Schläge, die ihm von anderen Menschen beigebracht worden sind. Es können und sollen aber sich auch diese Menschen nicht auf Paulus berufen, die entweder um der Verlästerung der reinen Lehre willen oder wegen anderer Laster gestraft werden. Denn nicht die Strafe macht einen Märtyrer, sondern die Ursache. Wer aber um Christi willen geschlagen und geplagt wird, der trägt die Malzeichen Christi an seinem Leib und wird die ewige Belohnung dafür empfangen.

Nach Luther: Diese Malzeichen sind nicht die Narben am Leib Christi, sondern allerlei Leiden, die wir am Leib um Christi willen tragen.

18. Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit eurem Geist, liebe Brüder! Amen.

Eurem Geist: Ich bitte und wünsche, dass Christus eure Herzen und Gemüter mit seinem Geist erleuchtet und regiert, damit dieser Brief reiche Frucht bei euch bringt und großen Nutzen schafft.

Amen: Ich wünsche, dass dies geschieht, und habe das Vertrauen, dass es geschehen wird. Denn die Wünsche der Frommen sind kräftig.

Von Rom: Denn obwohl Paulus in Rom gefangen war, unterließ er doch unterdessen es nicht, für die Kirche zu sorgen. Darum soll ein treuer Kirchendiener auch in einem Unglücksfall von seiner fleißigen Fürsorge in seinem Predigtamt nicht nachlassen und von Christus, dem obersten Hirten, die Krone der ewigen Herrlichkeit erwarten. Auch soll jeder Christ in seiner Trübsal seinen Beruf nicht vernachlässigen. Dies wird Gott vergelten. Ihm sei Lob, Ehre und Preis in alle Ewigkeit, Amen.