Bibel-Kommentar: Der Brief des Jakobus

Diesen Brief, der unter dem Namen des Heiligen Jakobus geschrieben ist, hat man vor 1200 Jahren und mehr nicht für eine apostolische Schrift erkannt, wie es Eusebius in seinem anderen Buch der Kirchengeschichte in Kapitel 23 bezeugt. Und das nicht zu Unrecht: Denn in allen fünf Kapiteln wird der Name Christi nur zweimal erwähnt und es wird nichts von seinen Guttaten, Leiden und Verdiensten gelehrt. Daneben bestreitet er auch, dass Abraham nicht durch den Glauben allein, sondern auch durch die Werke gerecht geworden ist, was dem Brief des Paulus an die Römer, Kapitel 4, genau widerspricht. Des Weiteren nennt er die Kirche Christi eine Synagoge, was bei den Aposteln nicht üblich war. Und es hat den Anschein, als seien etliche Sprüche dieses Briefes aus den anderen Schriften und Predigten der Apostel, noch dazu ohne Verstand, abgeschrieben. Wenn man sie nun bequem deuten und auslegen möchte, tut dies dem Gewissen nicht genug. Darum soll man ihn mit Bedacht lesen. Doch er hat auch seinen Nutzen, in dem er anzeigt, wie sich diejenigen selbst betrügen, die sich des Glaubens rühmen und daneben ein unchristliches Leben führen. Dazu finden sich auch etliche andere Lehren von guten Sitten und christlichem Wandel in diesem Brief, die man mit Nutzen lesen kann. Und man kann (meiner Meinung nach) keine bestimmte Ordnung der Kapitel in diesem Brief aufzeigen, weil der Schreiber in allen Kapiteln von verschiedenen Dingen handelt, sodass er jetzt lehrt, dann schimpft, dann tröstet und die Sachen so durcheinander mischt, dass er auf keine Ordnung geachtet hat.


Das 1. Kapitel

  • Zunächst will er, dass die Christen sich der Geduld befleißigen sollen.
  • Und er fordert, in Widerwärtigkeiten Rat und Weisheit von Gott zu erbitten
  • Er zeigt auch an, was der Ruhm der Christen sein soll.
  • Danach mahnt er an, dass man die Anfechtungen mit beherztem Mut überwinden und vertreiben soll.
  • Er preist ferner die Milde Gottes, uns reich zu machen.
  • Und er zeigt schließlich an, was die Christen vornehmlich meiden oder annehmen sollen.

1. Jakobus, ein Knecht Gottes und des Herrn Jesu Christi, den zwölf Geschlechtern, die da sind hin und her: Freude zuvor!

Jesus Christus: Dies ist die Unterschrift des Briefes. Es sieht aber so aus, als seien die Worte (und des Herrn Jesu Christi) von einem anderen, zwar in guter Absicht, aber ohne ausreichenden Sinn hinein geflickt worden, um dem Brief dadurch ein größeres Ansehen zu geben. Denn es wird in diesem ganzen Brief nichts von den Guttaten Christi erwähnt, wo es doch das vornehmste Amt der Apostel gewesen ist, dass sie im Namen Christi Buße und Vergebung der Sünden predigen sollten {Lk 24}, so wie wir uns aber die rechten apostolischen Schriften nicht nehmen lassen sollen, so sollen wir uns durch die eingeschobenen Evangelien Briefe im Namen der Apostel nicht betrügen lassen.

Freude zuvor: Dies ist die Überschrift samt dem Gruß. Und Jakobus wünscht den Juden, die über die ganze Welt zerstreut waren, eine glückliche Wohlfahrt. Daraus lässt sich schließen, dass dieser Brief nach der letzten Zerstörung Jerusalems geschrieben worden ist. Auch hört man an dieser Stelle, dass dieser Jakobus nichts von dem Christentum berichtet, sondern mit den Juden handelt, die überall verstreut waren, er übergeht auch die Heiden mit Stillschweigen, auch wenn er sie andererseits nicht ganz und gar heimlich ausgeschlossen hatte, die doch dazu mal den größeren Teil der Kirchen ausmachten. Was die Grüße betrifft, so ist oft gesagt worden, dass sie sehr kräftig sind, wenn sie von frommen Menschen herkommen und frommen Menschen gewünscht werden. Es ist aber eine abscheuliche Sache, dass die Maulchristen, die sich des christlichen Namens rühmen und einander Glück wünschen sollten, einander vielmehr mit Fluchen allerlei Übles anderen wünschen und dies noch unter dem schrecklichen Missbrauch und der Entheiligung des göttlichen Namens.

2. Meine lieben Brüder, achtet es für eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallt {Apg 5v41 Röm 5v3},

Eitel Freude: Jakobus beginnt mit einem Trost, dass man nicht kleinmütig werden soll, wenn Gott unseren Glauben und Gehorsam auf mancherlei Weise angreift, sondern man soll sich vielmehr darüber freuen, dass Gott, der himmlische Vater, unseren Glauben unter Trübsal und Anfechtungen in Übung bringt.

3. und wisst, dass euer Glaube, so er rechtschaffen ist, Geduld wirkt.

Geduld wirkt: Denn wenn unser Fleisch mit Widerwärtigkeiten gedrückt wird, so wird es von Tag zu Tag je länger je mehr gezähmt, dass es sich dem Willen Gottes demütig und mit Geduld unterwirft. Deswegen ist das Kreuz sehr heilsam und wir sollen nicht davor erschrecken. Wenn auch unser Fleisch gelegentlich rumort, wie es dem geduldigen Mann Hiob auch widerfahren ist, so sollen wir nicht meinen, dass wir von Gott verworfen sind, denn eine solche Ungeduld, die uns missfällt, wird uns um Christi willen nicht zugerechnet, getreu dem Spruch des Apostels Paulus: Wenn ich etwas tue, dass ich nicht will, tue ich dies nicht, sondern die Sünde, die in mir wohnt {Röm 7}.

4. Die Geduld aber soll fest bleiben bis ans Ende, auf dass ihr seid vollkommen und ganz und keinen Mangel habt.

Fest bleiben: Wir sollen darauf achten und uns darum bemühen, dass wir nicht nur ein oder zweimal die Anfechtungen fest bestehen oder uns in einer Anfechtung männlich erweisen und in einer anderen, widerwärtigen, schändlichen Sache unterliegen, sondern wir sollen in unserem Vorhaben standhaft bestehen, damit wir gegen allerlei Anfechtungen den Sieg erlangen. Denn der Satan greift uns nicht nur auf eine Art an und versucht, ob er uns kleinmütig und verzagt machen kann, sondern, wenn ihm das nicht gelingen will, so reizt er uns zum Übermut und zur Hoffart. Jetzt treibt er uns zu ungebührlicher Wollust, bald danach untersteht er sich, aus den Menschen, die schwer gefallen sind, Heuchler zu machen, die doppelt so arg sind, wie sie zuvor gewesen sind, als sie noch im Spitzbubenleben umhergelaufen sind. Darum sollen wir uns mit dem Wort Gottes und einem inbrünstigen Gebet ausrüsten, damit wir alle Anläufe des Teufels ausstehen können {Eph 6}. Und in einer solchen Ritterschaft, die das ganze Leben andauert, benötigen wir viel Geduld.

5. So aber jemand unter euch Weisheit mangelt, der bitte von Gott, der da gibt einfältig jedermann und rückt es niemand auf; so wird sie ihm gegeben werden.

So: Weil der Satan und die Welt uns oft so irremachen und umtreiben, sodass wir nicht wissen, was wir tun oder anfangen oder wo wir Rat finden können, so weist uns Jakobus in solchen Fällen zum Gebet, dass wir Gott um Rat und Weisheit bitten sollen.

Gegeben werden: Denn wenn wir Gott anrufen, so teilt er uns seine Gaben treu mit. Und er tut dies nicht mit neidischem oder ehrgeizigem Gemüt, sondern aus ganzem väterlichen Herzen. Wenn wir also etwas brauchen, so sollen wir uns von diesem Augenblick an zum himmlischen, frommen gütigen Vater fliehen und von ihm erbitten, was wir benötigen. Und weil er den Menschen seine Guttaten, die er ihnen erweist, nicht verdrießlich gibt, so sollen wir dies noch viel weniger gegenüber unseren Nächsten tun.

6. Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht; denn wer da zweifelt, der ist gleichwie die Meereswoge, die vom Winde getrieben und gewebt wird {Mt 7v7 Mk 11v24 Lk 11v9 Joh 14v13 16v23}.

Zweifle nicht: Weil wir nun zuallererst Vergebung der Sünden und die ewige Seligkeit von Gott erbitten sollen, Jakobus uns aber auffordert, im Glauben und ohne Zweifel zu beten, so ist es sicher, dass die Katholiken irren, die uns auffordern, zu zweifeln, ob wir bei Gott in Gnaden sind und ob wir in solcher Gnade bis an das Ende beharren werden.

Gewebt wird: Denn Gleichwie die Wellen des Meeres, wenn sie vom Wind getrieben sind, nirgends stillstehen, sondern hin und her, auf und nieder fahren, so verhält sich der Mensch, wenn er zweifelt, nicht entsprechend der göttlichen Verheißung, sondern sucht bald dies, bald ein anderes menschliches Mittel. Aber so jemand empfängt nichts von Gott, weil er nicht aus Glauben bittet, sondern auf eine ungewisse Hoffnung hin gleichermaßen versucht, ob Gott ihn erhören will oder nicht.

7. Solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde.

8. Ein Zweifler ist unbeständig in allen seinen Wegen.

Zweifler: Der für sich selbst nichts fest beschließt, sondern wankelmütig ist, der verbleibt in seinem Handeln auf keiner Sache allein, sondern fängt bald dies, bald etwas anderes an, weil er auf die menschlichen Zufälle und nicht auf Gottes Wort sieht. Jakobus spricht aber hier nicht von der Schwachheit des Glaubens, den man bei heiligen Menschen findet, wo der Glaube mit dem Zweifel ringt und endlich siegt. Denn auch der schwache Glaube empfängt von Gott, was er glaubt. Die also so beten, dass sie nicht daran glauben, dass sie erhört werden, die versuchen Gott. Damit wir also nicht im Ungewissen umherschweifen, sollen wir uns an dem Wort Gottes festhalten, davon nicht abtreiben lassen, auch wenn es eine Zeit lang so aussieht, als ob es nicht den Ausgang nehmen wollte, um den wir gebeten haben. So werden wir in unserem Beruf unsere Aufgabe ordentlich verrichten und es wird uns unsere Bitte, wenn nicht nach unserem Willen, so doch zu unserem Nutzen und Besten, gewährt werden.

Nach Luther: Der im Glauben nicht fest ist, der fängt viel und mancherlei an, bleibt doch nicht dabei {2Tim 3v7}. Er lernt immerzu und kommt doch nicht zur Erkenntnis der Wahrheit.

9. Ein Bruder aber, der niedrig ist, rühme sich seiner Höhe,

Ein: Es folgt eine andere Lehre. Denn wie oben bereits bemerkt wurde, enthält dieser Brief mancherlei Gebote und Lehren, worin keine sonderliche Ordnung gehalten worden ist.

10. und der da reich ist, rühme sich seiner Niedrigkeit; denn wie eine Blume des Grases wird er vergehen {Hi 14v2 Ps 103v15 1Petr 1v24}.

Niedrigkeit: Das bedeutet: Ein frommer Mensch, der in dieser Welt verachtet wird, soll sich dessen freuen und wissen, dass er vor Gott und den heiligen Engeln in großen Ehren gehalten wird. Gleichwie der Bettler Lazarus, der auf dieser Erde sehr verlassen war und später von den Engeln in Abrahams Schoß getragen wurde {Lk 16}. Die Reichen aber, die hier in Ehren und mächtig sind, sollen sich dessen rühmen, dass sie aus dem Wort Gottes gelernt haben, sich zu demütigen und dem Nächsten zu dienen. Denn eine solche Freundlichkeit ist die beste Zierde reicher Menschen. Es sollen deswegen die Armen und Verlassenen nicht kleinmütig werden, weil sie verachtet sind, die Reichen jedoch nicht überheblich werden wegen ihrer Güter und ihrer Ehren.

Er vergehen: Nämlich der Reiche. Denn die Reichen müssen auch sterben und ihren Ehrenstand in der Welt zurücklassen, sie fallen also ab wie eine Blume. Und ohne Zweifel hat Jakobus mit diesen Worten auf den Spruch des Propheten Jesaja, Kapitel 40 hingewiesen, als wollte er sagen: Gleichwie die Sonne mit ihrer Hitze die Kräuter und Blumen schließlich verbrennt, sodass sie alle Schönheit und Lieblichkeit verlieren, so verschwindet auch der Glanz und die Macht der Reichen in dieser Welt, denn der Tod raubt den Menschen alle zeitlichen Güter, und so werden auch manchmal die Reichen noch zu ihren Lebzeiten um ihr Hab und Gut gebracht. Darum sollen angesehene und wohlhabende Menschen sich erinnern, dass alles Weltliche vergänglich ist, und sich in der Gottseligkeit niedrig halten, damit sie mit ihren zeitlichen Gütern auch die himmlischen nicht verlieren.

11. Die Sonne geht auf mit der Hitze, und das Gras verwelkt, und die Blume fällt ab und seine schöne Gestalt verdirbt; also wird der Reiche in seiner Habe verwelken {Hi 5v17 Spr 3v11 Hebr 12v5 Apg 3v19}.

Selig: Jetzt mahnt Jakobus, dass wir die Anfechtungen standhaft überwinden sollen.

Erduldet: Und dem Satan der Welt oder seinem verdorbenen Fleisch nicht weicht.

12. Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche Gott verheißen hat denen, die ihn liebhaben.

Bewährt ist: Ein solcher geistlicher Kriegsmann, wenn er fortfährt, für beständig erfunden wird.

Empfangen: Nämlich das ewige Leben, zu seiner Zeit.

Lieb haben: Denn die Gott, den Herren, wahrhaftig lieben, die ringen mit den Anfechtungen und bemühen sich, diese zu überwinden, damit sie nicht, wenn sie diesem Kampf ausweichen, Gott über sich erzürnen. Wenn sie aber manchmal aus der Schwachheit des Fleisches heraus zurückweichen, tun aber Buße, nehmen den Kampf wieder auf und streiten mit einem größeren Eifer gegen den Satan, die Welt und ihr eigenes Fleisch, als je zuvor. Damit wir uns aber in einem solchen Streit beherzt und männlich zeigen, soll uns ständig die unverwelkliche Krone der Ehre vor Augen stehen, die uns der Herr im anderen Leben aufsetzen wird.

13. Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde; denn Gott ist nicht ein Versucher zum Bösen; er versucht niemand;

Versucht niemand: In der Form, dass er jemanden Böses zu tun antreibt. Denn das ist das Werk des Teufels und nicht Gottes. Wenn aber gesagt wird, dass Gott jemanden versucht, zu versucht er ihn so, dass er ihn testet, dass die Frömmigkeit und Standhaftigkeit dieses Menschen offenbar wird. So hat er Abraham versucht, damit sein Gehorsam bekannt würde {1Mos 22}.

14. sondern ein jeglicher wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust gereizt und gelockt wird.

Gelockt wird: Vom Gehorsam der Gebote Gottes zur Sünde. Denn unser Fleisch ist verdorben, dies weiß der Satan sehr gut. Darum erregt er die böse Lust, die in unserem Fleisch verborgen steckt.

15. Danach, wenn die Lust empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert sie den Tod {Röm 6v23}.

Empfangen hat: Etwas, das den Geboten Gottes entgegensteht, gleichwie eine geile Frau von einem Mann den Beischlaf erhält.

Die Sünde: Nämlich, dass der Mensch seine böse Lust erfüllt und die Sünde daher entsteht.

Tod: Und die ewige Verdammnis. Weil wir die böse Lust in diesem Leben aus unserem Fleisch nicht ausrotten können, so sollen wir uns fleißig darum bemühen, dass die böse Lust nicht befruchtet wird und die Sünde gebiert, das ist, dass wir den bösen Gedanken, die aus der Lust entstehen, nicht nachhängen. Denn die so handeln, die machen es genauso, als wenn man den Feind in der Festung lässt, ihn erst später verjagen will, was schwer durchzuführen ist und selten erfolgreich ist. Darum, je früher die böse Lust unterdrückt wird, umso leichter wird sie überwunden. Wenn wir aber eine Todsünde begangen haben, so sollen wir wissen, dass wir in den ewigen Tod gefallen sind. Deshalb sollen wir Buße tun und zu dem Mittler Christus fliehen, damit wir in Gnaden aufgenommen werden.

16. Irrt nicht, liebe Brüder!

Irrt nicht: Dass ihr euch etwa in der Sicherheit wiegt, als stünde es euch frei, zu sündigen. Denn so, wie wir unseren Glauben aus der Gnade Gottes in uns stärken und festmachen sollen, so müssen wir auch der fleischlichen Versuchung mit höchstem Fleiß widerstehen.

17. Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis.

Alle: Damit wir weise und behutsam wandeln können, weist uns Jakobus zum himmlischen Vater, von dem wir allerlei Gaben und die Erleuchtung des Heiligen Geistes erbitten sollen. Denn alle guten Gaben des Heiligen Geistes, die zur Erbauung der Kirche und insbesondere auch zur Förderung der Seligkeit eines jeden Christen dienlich sind, werden von Gott vom Himmel ausgegeben, der die Herzen der Menschen erleuchtet und nicht so unbeständig ist, dass er jemandem das Licht der Wahrheit jetzt schenkt und es ihm bald danach ohne vorhergehende ausreichende und rechte Ursache wiederum entzieht. Deswegen sollen wir unseren getreuen himmlischen Vater bitten, dass er uns mit seinem Heiligen Geist leitet und regiert und sollen uns fleißig davor hüten, dass wir mit unserer Undankbarkeit Gott nicht erzürnen und er Grund hat, seine guten und heilsamen Gaben wieder von uns zu nehmen.

18. Er hat uns gezeugt nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, auf dass wir wären Erstlinge seiner Kreaturen {Joh 1v13 3v3 v5 1Petr 1v23 Apg 14v4}.

Seinem Willen: Denn obwohl uns Gott nichts schuldig gewesen ist, so hat er jedoch aus lauter Gnade durch das Predigtamt des göttlichen Wortes uns geschaffen, dass wir unter allen Völkern Gott zuerst erkennen und die Seligkeit erlangen. Jakobus sieht aber auf den Spruch der Psalmen, in den von den Israeliten gesagt wird: Er verkündigte Jakob sein Wort, Israel seine Sitte und Rechte. So tut er es mit keinem Heiden noch lässt er sie seine Rechte wissen {Ps 147}. Die freiwillige Wiedergeburt lehrt, dass wir allein aus lauter Gnade Gottes selig werden, dass Jakobus sagt, wir werden durch das Wort der Wahrheit wiedergeboren, das erinnert uns daran, dass der Mensch nicht durch die Menschenlehre weltweiser Leute zur Seligkeit erleuchtet wird. So wie aber die Israeliten im Reich Gottes früher die Ersten waren, so sind sie jetzt wegen ihrer Undankbarkeit die Letzten geworden. Dieses gerechte Urteil Gottes soll uns zur Furcht vor dem Herrn antreiben.

19. Darum, liebe Brüder, ein jeglicher Mensch sei schnell zu hören, langsam aber zu reden und langsam zum Zorn; {Spr 17v27}

Darum: Jakobus fasst viele Gebote zusammen, mit denen er lehrt, was man tun oder meiden soll.

Zu reden: Wir sollen mehr zuhören als reden und auch nicht so schnell reden, denn Gott hat uns zwei Ohren und zwei Augen, aber nur einen Mund gegeben, um zu zeigen, dass man mehr hören und sehen als reden soll. Nach dem Spruch: Höre viel und rede wenig. So ist eine schnelle und unbedachte Rede nicht allein ein Zeichen der Torheit, sondern kann auch oft viel Unglück anrichten.

Zum Zorn: Ein Christenmensch soll sich nicht so schnell wegen jeder kleinen Ursache zum Zorn bewegen und aufbringen lassen.

20. denn des Menschen Zorn tut nicht, was vor Gott recht ist.

Recht ist: Der fleischliche Zorn handelt nämlich gegen Gott und das Recht. Daher wird nicht zu Unrecht gesagt: Der Zorn ist eine kurze Wut. Und wie man durch einen Nebel eine Sache nicht recht sehen kann, wie sie genau aussieht, so urteilt ein Gemüt, das vom Zorn eingenommen ist, nicht richtig, was man tun oder lassen soll. Mit solchen Bewegungen des Gemüts reden und handeln die Menschen normalerweise so, dass sie sich danach schämen müssen und es ihnen leidtut.

21. Darum so legt ab alle Unsauberkeit und alle Bosheit und nehmt das Wort an mit Sanftmut, das in euch gepflanzt ist, welches kann eure Seelen selig machen.

Unsauberkeit: Weil ihr Christen seid, so hütet euch nicht allein vor dem fleischlichen Zorn, sondern meidet auch alle Unreinheit und Unzucht, samt aller Bosheit, wodurch der Nächste an Ehre, gutem Namen, Leib oder Gut beschädigt wird, oder sonst irgendeine Handlung begeht, die frommen Christen und redlichen Menschen übel ansteht. Denn die Christen sollen sich aller Unzucht enthalten, Bosheit und Verschlagenheit aus dem Herzen reißen und sich bemühen, in der Gottseligkeit aufrichtig zu handeln, auch mit sanftmütigem Herzen Gottes Wort hören, nicht nur wegen des Trostes, der daraus gezogen werden kann, sondern auch die ernsthaften Erinnerungen und Strafen, sie sollen Gott bitten, dass er durch seinen Heiligen Geist dafür sorgt, dass das Wort in ihren Herzen wurzelt. Sie müssen aber das Wort mit Fleiß und Andacht hören, weil das Predigtamt des Evangeliums Mittel und Werkzeug ist, wodurch wir die ewige Seligkeit erlangen. Dies hat Schwenkfeld bösartig geleugnet.

22. Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein, damit ihr euch selbst betrügt {Mt 7v21 Lk 11v28 Röm 2v13}.

Betrügt: Denn die das Wort Gottes nur hören und ihm nicht glauben oder folgen, sich aber dennoch rühmen, dass sie Christen wären, die betrügen nicht nur die anderen, sondern sich selbst, und solange sie darauf beharren, werden sie vergebens auf die ewige Seligkeit hoffen, die sie nicht erlangen werden. Es beinhaltet aber das Wort Gottes zwei Stücke in sich: das Gesetz und das Evangelium, wovon dies den Glauben, jenes aber den Gehorsam erfordert.

23. Denn so jemand ist ein Hörer des Wortes und nicht ein Täter, der ist gleich einem Mann, der sein leiblich Angesicht im Spiegel beschaut;

Leiblich Angesicht: Dass er von Natur aus hat.

24. denn nachdem er sich beschaut hat, geht er von Stunde an davon und vergisst, wie er gestaltet war.

Vergisst: Dass er nichts daran ändert, was sein Angesicht verstellt und hässlich gemacht hat. Die Bosheit aber ist uns allen angeboren und unser Leben wird mit vielen Sünden befleckt. Wenn wir deshalb Gottes Wort hören und es entweder bald wieder vergessen oder doch unser Herz und unser Leben nicht danach ausrichten und wir zwar erkennen, wie unsere Natur verdorben und mangelhaft ist, unsere Mängel und Sünden jedoch bald vergessen, in unserem Wesen verbleiben und nichts verbessern, so wird es uns nichts nutzen, dass wir Gottes Wort gehört haben. So jemand hört das Wort Gottes zum Gericht und zu größerer Verdammnis.

25. Wer aber durchschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit und darin beharrt und ist nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter, derselbe wird selig sein in seiner Tat.

Gesetz der Freiheit: Das ist: Wer die Lehre des Evangeliums betrachtet, die den Gewissen rechten Frieden und Freiheit bringt und in dieser Lehre, wenn er sie ergriffen hat, standhaft beharrt, sodass er sie nicht nur nicht in Vergessenheit geraten lässt, sondern auch alle seine Sachen dahin und danach richtet, der wird die Seligkeit erlangen, nicht, weil er ein Hörer des göttlichen Wortes gewesen ist, sondern weil er dem Wort Gottes geglaubt hat und gefolgt ist. Jakobus hat das ganze Predigtamt des göttlichen Wortes zusammengefasst und will ohne Zweifel an dieser Stelle das Evangelium durch das Gesetz der Freiheit verstanden haben, wie auch Jesaja sagt: Von Zion wird das Gesetz ausgehen und das Wort des Herrn von Jerusalem, Kapitel 24. Hier hat der Prophet freilich nicht vom Gesetz Mose, sondern vom Evangelium gesprochen, denn die Hebräer pflegten jede Lehre ein Gesetz zu nennen. So heißt auch Tun hier ebenso viel wie Glauben, das Werk ist der Glaube. Wie auch Christus gelegentlich gleiche Worte und Reden verwendet, wenn er sagt: Das ist Gottes Werk, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat {Joh 6}, und an anderer Stelle spricht Christus: Wer den Willen meines himmlischen Vaters tut, der ist mein Bruder, meine Schwester und meine Mutter {Mt 12}. Hier spricht Christus sicher auch vom Glauben, damit wir sein Evangelium annehmen sollen. Dies halte ich für die bequemste Auslegung dieser Stelle. Ansonsten, wenn das Gesetz der Freiheit das Gesetz Mose und mit dem Tun die Werke des Gesetzes verstanden werden sollten, so würde dieser Text der Lehre Paulus allerdings entgegenstehen, der da schreibt: Demjenigen, der nicht mit Werken umgeht, aber an den, der die Gottlosen gerecht macht, glaubt, dem wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet {Röm 4}. Meiner Meinung nach hat Jakobus lehren wollen, dass die sich mit keiner Seligkeit trösten lassen können, die meinen, es sei damit getan, wenn sie Gottes Wort hören, davon reden und diskutieren können, obgleich daneben das Wort Gottes in ihren Herzen nicht eingewickelt ist und keine Frömmigkeit an ihnen gespürt werden kann. Denn es ist eine Sache, sich des Evangeliums zu rühmen, eine andere Sache, dem Evangelium wahrhaftig zu glauben. Das eine findet sich nur bei wenigen, das andere kann jeder.

26. So aber sich jemand unter euch jemand meint, er diene Gott, und hält seine Zunge nicht im Zaum, sondern verführt sein Herz, des Gottesdienst ist eitel.

Diene Gott: Wer sich also nur mit dem Munde zur christlichen Religion bekennt und dennoch seinen Nächsten beleidigt oder zu Streit und Zwietracht Anlass gibt und von sich selbst eine falsche Vorstellung der Frömmigkeit und der Religion hat, der ist kein rechter Christ oder Diener Gottes. Mit diesen Worten verwirft Jakobus die falschen christlichen Heuchler sehr deutlich. Denn wer dem Evangelium wahrhaftig glaubt, dessen Herz wird durch den Glauben geändert. Daher richtet auch dieser Glaube, der durch die Liebe tätig ist, so viel aus, dass wir die Zungen im Zaum halten, damit sie unseren Nächsten nicht schaden oder ihn beleidigen. Und wenn ein Christenmensch aus Unvorsichtigkeit etwas herausredet, was sich nicht gebührt, so tut es ihm wegen dieser zur falschen Zeit vorgebrachten Rede leid und er bemüht sich zukünftig, diesen Mangel zu beheben.

27. Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott dem Vater ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen und sich von der Welt unbefleckt behalten.

Besuchen: Dies ist ein Zeichen der wahren Gottseligkeit und eines Gott seligen Menschen, wenn jemand aus wahrem Glauben an Christus sich armer und elender Menschen annimmt, auch Witwen und Waisen allerlei Liebe und Dienstbarkeit erweist, dazu in all seinen Handlungen der Bosheit der Welt nicht folgt, sondern ein unsträfliches und heiliges Leben führt. Es ist aber nicht die Meinung des Jakobus, dass die ganze christliche Religion nur darauf beruht, dass man anderen Menschen Freundschaft erweist und einen untadeligen Wandel führt. Denn sonst müsste man auch die Türken für Christen halten, weil man auch bei ihnen Menschen findet, die den Armen Gutes tun und einen ehrbaren Wandel führen, wie man genau solche Heuchler viele unter den Wiedertäufern und anderen Sektierern findet. Jakobus will darauf hinweisen, dass sich diejenigen umsonst der rechten und reinen Religion rühmen und viel Geschwätz davon treiben, wenn sie in ihrem Leben sich nicht im Geringsten so zeigen, wie es einem Christen zusteht. Denn was die Witwen und Waisen betrifft, so sollen wir uns um diese ständig gut kümmern. Und ein solcher Christ soll sich mit Fleiß davor hüten, dass er durch das böse Beispiel der Welt sich nicht bewegen lässt, ihrem gottlosen Wesen nachzufolgen.


Das 2. Kapitel

  • Jakobus wirft seinen Zuhörern Heuchelei vor.
  • Und er verbietet das unrechte Ansehen der Person mit der Erinnerung, warum die gottlosen Reichen den frommen Armen nicht vorgezogen werden sollen.
  • Er will auch, dass man die Gnade dem strengen Recht vorziehen soll.
  • Er verwirft daneben die Eitelkeit und die falsche Vorstellung derjenigen, die sich des Glaubens rühmen und dem Fleisch den Zaum verhängen.

1. Liebe Brüder, haltet nicht dafür, dass der Glaube an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, Ansehen der Person leide.

Haltet es nicht: Jakobus fährt noch weiter fort, die Heuchelei seiner Zuhörer zu tadeln und zu verbessern, weil sie sich vielmehr mit Worten als mit Taten zum Christentum bekannten und viele Sachen begangen haben, die keinem Christen gut zu Gesicht stehen oder lobenswert wären. Als wollte er sagen: Ihr sollt euch nicht selbst einreden, dass die christliche Religion, die wir von Jesus Christus, der mit ewiger, himmlischer Herrlichkeit gekrönt ist, erhalten haben, es mit sich bringt und dulden muss, dass in den Kirchenversammlungen die gottlosen Reichen den frommen Armen vorgezogen werden. Denn, obwohl Gott der Herr im bürgerlichen Leben einen Unterschied unter den Personen gehalten sehen will, soll man doch in den Kirchen weder den gottlosen Reichen heucheln noch den frommen Armen verachten.

2. Denn so in eure Versammlung käme ein Mann mit einem goldenen Ring und mit einem herrlichen Kleid, es käme aber auch ein Armer mit einem unsauberen Kleide,

Denn: Jakobus bringt ein Beispiel solch einer verkehrten Weise vor.

3. und ihr seht auf den, der das herrliche Kleid trägt, und sprecht zu ihm: Setze du dich her aufs beste, und sprecht zu dem Armen: Stehe du dort oder setze dich her zu meinen Füßen,

4. und bedenkt es nicht recht, sondern ihr werdet Richter und macht bösen Unterschied.

Bösen Unterschied: Weil ihr die Sache bei euch selbst nicht richtig erwägt, sondern schlecht und nach euren verkehrten Gedanken von der Sache urteilt, was nicht sein sollte. Heutzutage nehmen auch üblicherweise die Reichen die besten Plätze in den Kirchen ein, verschließen sie mit Schlössern, dass andere nicht hinein können, obwohl sie doch selbst entweder selten zur Predigt kommen, oder, wenn sie auch kommen, so geschieht dies viel mehr um der Pracht willen, dass sie sich in ihren hübschen Kleidern sehen lassen, als dass sie das Wort Gottes mit Fleiß hören möchten. Ein solcher Übermut der Reichen ist schlecht in der Kirche Gottes.

5. Hört zu, meine lieben Brüder! Hat nicht Gott die Armen auf dieser Welt, die am Glauben reich sind und Erben des Reichs, welches er verheißen hat denen, die ihn liebhaben?

Hört: Jakobus zeigt den Grund an, warum man die gottlosen Reichen nicht so hoch achten soll.

6. Ihr aber habt dem Armen Unehre getan. Sind nicht die Reichen die, die Gewalt an euch üben und ziehen euch vor Gericht?

Unehre getan: In euren geistlichen Versammlungen, indem ihr die verachtet, die Gott doch wegen ihrer großen Frömmigkeit in hohem Wert hält. Diesen Kindern Gottes zieht ihr reiche Menschen vor, auch wenn sie gottlos sind. So wie aber nicht alle Armen selig werden, so werden auch nicht alle Reichen verdammt, jedoch sind viele Reiche ihren Gütern und den Wollüsten dermaßen ergeben, dass sie sich um die rechte Religion und die ewige Seligkeit wenig kümmern, wohingegen viele Arme aus Mangel und Trübsal dieses Lebens dazu genötigt und gezwungen werden, dass sie mit Ernst nach den ewigen Gütern trachten.

Vor Gericht: Eines kleinen Grundes wegen, den sie an euch suchen und sie missbrauchen die Gewalt der Obrigkeit zu eurer Unterdrückung.

7. Verlästern sie nicht den guten Namen, davon ihr genannt seid?

Genannt seid: Als wollte er sagen, die Reichen, denen ihr in euren heiligen Versammlungen eine so große Ehre antut, sind euch gegenüber übel eingestellt, reden auch gelegentlich sehr spöttisch von der christlichen Religion und von Christus, von dem ihr euren Namen habt, dass ihr Christen seid. Aus diesen Worten ist abzuleiten, dass Jakobus von solchen Reichen redet, die die christliche Religion nicht angenommen haben und doch aus Vorwitz, aber nicht aus einer Gottseligkeit in die Kirche gehen, wie auch heutzutage noch etliche die evangelischen Predigten gehören, nicht dass sie diese billigten, sondern um Anlass zu suchen, wie sie die Lehre des Evangeliums verlästern können. Wenn also Menschen, die unserer Religion nicht angehören, zur Predigt kommen, muss man also den Mittelweg finden, damit wir sie mit unserem Ungestüm oder unserer Störrigkeit nicht noch mehr von der rechten Religion abwenden. Daneben muss man sie allerdings auch nicht zu sehr schonen, damit die Gewissheit unserer Religion nicht in Zweifel gezogen wird. Denn es kann wohl geschehen, dass einer mit einem bösen Vorsatz in die Predigt kommt, wenn er aber die Lehre des Evangeliums hört, so geht er gebessert wiederum hinaus und das Wort Gottes wurzelt in seinem Herzen bei ihm ein. Die aber in ihrer Bosheit beharren, die sollen wir wegen ihres Reichtums nicht zu sehr achten, noch ihnen viel heucheln. Denn von einem frommen Menschen, der in der Hütte des Herrn wohnen wird, steht unter anderem so im 15. Psalm: Wer die Gottlosen nichts achtet, sondern ehrt die Gottesfürchtigen.

8. So ihr das königliche Gesetz vollendet nach der Schrift: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, so tut ihr wohl {3Mos 19v18 Mt 22v39 Mk 12v30 Röm 15v9 Gal 5v14}.

Königliche Gesetz: Welches Gott dem israelitischen Regiment gegeben hat. Wenn ihr dieses erfüllt, die Liebe nicht nur gegenüber den Reichen, sondern auch den Armen gegenüber erklärt, so ist es recht.

9. So ihr aber die Person anseht, tut ihr Sünde und werdet gestraft vom Gesetz als die Übertreter.

Person ansehe: Und einen gottlosen Reichen wegen seines Reichtums höher achtet als einen Bedürftigen und Armen, der fromm ist.

Übertreter: Weil das Gesetz an vielen Stellen verbietet, dass man beim Urteilen nicht auf die Person sehen soll. Denn ein Christ soll sich über das Wesen und den äußeren Prunk dieser Welt nicht wundern und dies auch nicht hochhalten, sondern einen unsträflichen Wandel und die wahre Gottseligkeit lieb und wert achten, egal ob sich solche Tugenden bei Armen oder Reichen finden.

10. Denn so jemand das ganze Gesetz hält und sündigt an einem, der ist es ganz schuldig {Mt 5v19}.

Ganz schuldig: Wenn er überführt wird, dass er Gott keinen rechten Gehorsam leistet, den er ihm zu leisten schuldig gewesen ist. Dies fügt Jakobus deshalb hinzu, damit nicht jemand auf den Gedanken kommt, es sei nichts daran gelegen, wenn er das Gesetz, dass man die Personen nicht ansehen soll, außer Acht ließe und andere aber, woran seiner Meinung nach etwas mehr gelegen ist, mit Fleiß hochhält. Und was hier vorgebracht wird, ist nicht so zu verstehen, als ob jemand das Gesetz Gottes in diesem Leben vollkommen erfüllen könnte, sondern Jakobus wollte lehren, dass die nicht vor Gott entschuldigt sind, die sich zwar von etlichen Sünden enthalten, unterdessen aber andere begehen, als ob es Gott freigestellt hätte, dass man in seinen Geboten aussuchen könnte, was man halten will und das andere außer acht lassen dürfte.

11. Denn der da gesagt hat: Du sollst nicht ehebrechen, der hat auch gesagt: Du sollst nicht töten. So du nun nicht Ehe brichst, tötest aber, bist du ein Übertreter des Gesetzes {2Mos 20v13 v14}.

12. Also redet und also tut, als die da sollen durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden.

Gerichtet werden: Als wollte er sagen: Führt ein gottseliges Leben und erinnert euch, dass ihr einmal am Jüngsten Tag Gott Rechenschaft geben müsst. Doch das soll euer Trost sein, dass ihr nicht nach den strengen Gesetzen Moses gerichtet werdet, der alle Übertreter verdammt und in eine ewige Knechtschaft treibt, sondern nach dem Gesetz der Freiheit, das ist nach dem Evangelium, das uns vom ewigen Tod und von der Gewalt des Satans befreit und alle, die an Christus glauben, für gerecht erklärt. Deshalb sollen wir oft und viel an das Jüngste Gericht denken, damit wir Gott fürchten und doch daneben ein großes Vertrauen haben, dass der Richter der Lebendigen und der Toten unser Bruder, Jesus Christus sein wird, der nach dem Urteil des Evangeliums uns, die wir an ihn glauben, freisprechen wird.

13. Es wird aber ein unbarmherziges Gericht über den gehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; und die Barmherzigkeit rühmt sich wider das Gericht {Mt 6v15 18v35 25v42}.

Es: Jetzt fügt Jakobus eine kurze Ermahnung nebenbei mit ein und erinnert uns, dass auch wir gegenüber unseren Nächsten die Barmherzigkeit der Strenge vorziehen sollen. Nicht, dass man eine Übeltat, die stattgefunden hat, nicht bestrafen sollte, sondern dass man die strenge Gerechtigkeit mit der Barmherzigkeit mäßigen soll, soweit man es in seiner Aufgabe tun kann und es das Gewissen leiden mag.

Rühmt sich: Denn es ist viel lobenswerter, dass man Barmherzigkeit erweist, je nach Gelegenheit der Umstände, als dass man den strengen Gesetzen nachgeht. Und es steht von unserem Herrn Gott selbst geschrieben: Er handelt nicht mit uns nach unseren Sünden und er vergilt uns nicht nach unserer Missetat {Ps 103}. Diese Gnade und Güte Gottes sollen wir von ihm lernen und uns gegenüber dem Nächsten ebenso erweisen, wie wir möchten, dass Gott gegen uns ist {Mt 18}.

14. Was hilft es, liebe Brüder, so jemand sagt, er habe den Glauben, und hat doch die Werke nicht? Kann auch der Glaube ihn selig machen?

Was: Jakobus fährt noch weiter fort, die Eitelkeit der falschen Christen zu widerlegen, die viel vom Glauben rühmen, in ihren Werken jedoch nicht das geringste Anzeichen des Glaubens von sich geben.

Werke nicht: Dass er kein gutes Werk daneben tut.

Der Glaube: Nämlich, ein solcher Glaube, der nur auf der Zunge herumhüpft, aber nicht im Herzen ist. Denn in Jesus Christus gilt weder die Beschneidung noch die Vorhaut etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist, sagt Paulus {Gal 5}. Wo deswegen die Liebe nicht ist, da ist auch kein lebendiger Glaube. Die rechte Liebe aber lässt sich in den Werken gegenüber dem Nächsten sehen.

15. So aber ein Bruder oder eine Schwester bloß wäre und Mangel hätte der täglichen Nahrung,

So: Jakobus erklärt mit einem Gleichnis, wie ungereimt es ist, wenn man den Glauben mit Worten rühmt, unterdessen aber in den Werken nichts dergleichen leistet, was einem Christen wohl ansteht.

16. und jemand unter euch spräche zu ihnen: Gott berate euch, wärmt euch und sättigt euch! Ihr gebt ihnen aber nicht, was des Leibes Notdurft ist, was hülfe ihnen das?

Was hülfe ihnen das: Denn der Leib, der die tägliche Nahrung braucht, wird nicht mit Worten, sondern mit der Tat gespeist. Darum ist es ein wichtiger Trost und es ist nichts wert, dazu ist es keine rechtschaffene, sondern eine falsche und gefärbte Liebe, die nur mit Worten und nicht mit Taten erwiesen wird.

17. Also auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, ist er tot an ihm selber.

Er tot: Und es ist kein wahrhafter, selig machender Glaube, wenn er auch noch so groß wäre, sondern es ist nur ein großer und bloßer Wahn, es steckt nichts dahinter. Es irren sich aber die Baptisten sehr stark, die aus diesem Spruch schließen, dass der Glaube die Kraft zur Rechtfertigung von der Liebe hat und die Liebe das Wesen des Glaubens sei. Da jedoch Jakobus hier nicht von der Rechtfertigung spricht, sondern nur anzeigt, wie der Glaube in den Erwachsenen nicht rechtschaffen, sondern tot ist, sofern er nicht durch die Liebe tätig ist. Dies lehren wir auch so, denn es finden sich viele, die sich des rechten Glaubens mehr rühmen, als dass sie diesen mit Taten beweisen.

18. Aber es möchte jemand sagen: Du hast den Glauben, und ich habe die Werke; zeige mir deinen Glauben mit deinen Werken, so will ich auch meinen Glauben dir zeigen mit meinen Werken.

Sagen: Zu einem, der sich des Glaubens, der ohne Werke ist, rühmt, der doch ein toter Glaube ist und Gott nicht gefällt. So jemanden sollte einer nicht zu Recht so anreden.

Den Glauben: Wie du dich dessen rühmst und dafür angesehen sein willst.

Die Werke: Zu dem Glauben und nicht den Glauben allein.

Deinen Glauben: Wenn er rechtschaffen ist. Aber du rühmst dich des Glaubens und kannst ihn doch mit keinem Werk zeigen oder beweisen, darum ist dein Glaube nichtig und eitel.

19. Du glaubst, dass ein einiger Gott ist; du tust wohl daran; die Teufel glauben es auch und zittern {5Mos 6v4}.

Einiger Gott: Und bildest dir nicht viele Götter ein, wie es die Heiden getan haben.

Tust wohl: Dass du nur einen einzigen Gott bekennst, aber es ist damit noch nicht alles ausgerichtet.

Glauben es auch: Und wissen eigentlich auch, dass es nur einen einzigen Gott gibt. Aber sie fassen keinen Trost daraus und werden nicht dadurch gebessert, sondern erschrecken vielmehr davor, wenn sie von ihm hören. Es spricht deswegen Jakobus hier nicht von dem wahren, gerecht machenden Glauben, der nichts anderes ist als ein sicheres und unfehlbares, lebendiges Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes um des Mittlers Christi willen, aus diesem Vertrauen ergreifen wir die Guttaten Christi und eignen sie uns an, sondern er handelt von dem historischen Glauben (wie man es nennt), den auch gottlose Menschen haben und glauben, dass es wahr ist, was in der Heiligen Schrift erzählt wird, nehmen sich dessen aber nicht weiter an, weil sie es sich nicht aneignen. Solch einem nichtigen Glauben spricht Jakobus die Rechtfertigung zu Recht ab.

20. Willst du aber wissen, du eitler Mensch, dass der Glaube ohne Werke tot sei?

Eitler Mensch: Der du dich vergeblich deines Glaubens rühmst.

Tot sei: So lerne dies aus der Heiligen Schrift {1Mos 22}.

21. Ist nicht Abraham, unser Vater, durch die Werke gerecht worden, da er seinen Sohn Isaak auf dem Altar opferte?

Opferte: Denn weil er willig und bereit war, seinen einzigen Sohn Isaak zu opfern, auch bereits einen Altar dazu gebaut und aufgerichtet hatte, so hat er mit seinem Gehorsam freilich erklärt, dass er vor Gott durch den Glauben gerechtfertigt worden ist und es ist öffentlich an den Tag gekommen, dass Abraham ein recht frommer und Gott angenehmer Mann gewesen ist. Es versteht aber Jakobus das Wort Rechtfertigung hier anders als Paulus. Denn für den Apostel Paulus heißt Rechtfertigung nichts anderes, als von Sünden freigesprochen zu werden, Jakobus aber deutet es als gerecht an, was durch gute Werke geschieht, wodurch erkannt wird, dass ein Mensch gerechtfertigt ist, so wie ein guter Baum an seinen Früchten erkannt wird. Darum muss man diese Sprüche des Jakobus nicht der Lehre des Apostels Paulus von der Rechtfertigung entgegenstellen.

22. Da siehst du, dass der Glaube mitgewirkt hat an seinen Werken, und durch die Werke ist der Glaube vollkommen geworden.

Vollkommen geworden: Das ist: Durch den Glauben hat Abraham Gutes bewirkt und diese Werke des Abraham erklären, dass sein Glaube rechtschaffen und wahrhaftig gewesen ist. Denn vollkommen sein heißt nach Art der hebräischen Sprache, dass nichts falsch, gefärbt oder erdichtet ist. Denn es können keine rechten guten Werke ohne Glauben geschehen, so gibt es auch keinen rechtschaffenen Glauben ohne gute Werke.

23. Und ist die Schrift erfüllt, die da spricht: Abraham hat Gott geglaubt, und ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet, und ist ein Freund Gottes geheißen {Röm 4v1 Gal 3v6}.

Spricht: {1Mos 15}. Es will aber Jakobus so viel sagen: Als Abraham seinen Sohn opfern wollte, da ist bekannt geworden, dass es wahr gewesen ist, was die Schrift längst zuvor von ihm gesagt hat, Abraham sei vor Gott gerecht geachtet worden. Denn wenn er nicht durch den Glauben zuvor gerechtfertigt worden wäre, hätte er Gott solchen Gehorsam nicht geleistet.

24. So seht ihr nun, dass der Mensch durch die Werke gerecht wird, nicht durch den Glauben allein.

Glauben allein: Es ist nicht zu leugnen und sicher, dass in einem gottseligen Menschen, der wahrhaftig gerechtfertigt ist, nicht allein der Glaube, sondern auch die guten Werke sind, mit denen erklärt wird, dass der Mensch gerecht ist. Denn die allein vom Glauben rühmen und daneben nichts Gutes tun, die sind nicht gerecht, sondern sie sind Heuchler, wenn nicht gar überhebliche, rohe Menschen in ihrem Herzen.

25. Desgleichen die Hure Rahab, ist sie nicht durch die Werke gerecht geworden, da sie die Boten aufnahm und ließ sie einen andern Weg hinaus?

Die Boten: Der Israeliten, die Josua ausgeschickt hatte, um die Stadt Jericho auszukundschaften.

Hinaus: Sehen, um der gegenwärtigen Gefahr zu entgehen und wieder gesund zu den Ihren kommen könnten {Jos 2}. Dieser Gehorsam gegen den Gott Israels und die Wohltätigkeit gegen das Volk Gottes bezeugten, dass die Hure Rahab wahrhaftig zu dem rechten Gott bekehrt wurde und durch den Glauben damals bereits gerecht gewesen ist, denn bevor sie sie weggehen ließ, spricht Rahab unter anderem zu den Kundschaftern der Israeliten: Der Herr, euer Gott, ist ein Gott sowohl oben im Himmel als auch unten auf Erden {Jos 2}. Diese Worte geben zu verstehen, dass die Hure zu Gott bekehrt und mit einem wahren Glauben beschenkt worden ist, so viel sie zu ihrer Seligkeit brauchte. Daher hat der Apostel den Hebräern Folgendes geschrieben: Durch den Glauben wurde die Hure Rahab nicht verloren mit den Ungläubigen, weil sie die Kundschafter freundlich aufgenommen hat {Hebr 11}. Denn man soll an den Sündern nicht verzagen, solange sie leben, weil Gott der Herr, der die Herzen aller Menschen in seiner Hand hat, leicht auch die Ärgsten bekehren und wieder auf den rechten Weg bringen kann.

26. Denn gleichwie der Leib ohne Geist tot ist, also auch der Glaube ohne Werke ist tot.

Tot ist: Mit diesen Worten beschließt Jakobus seine Abhandlung, die er gegen den toten und gefärbten Glauben geführt hat. Als wollte er sagen, wie ein Körper, der nicht mehr atmet und in dem keine Wirkung der Seele mehr zu finden ist, kein lebendiger Leib, sondern ein totes Aas ist, so ist ein solcher Glaube, der nichts Gutes wird und kein Anzeichen eines geistlichen Lebens in Menschen von sich gibt, kein lebendiger oder rechtschaffener, sondern ein toter Glaube. Wenn wir deswegen für Christen angesehen und gehalten werden wollen, so sollen wir unseren Glauben an Christus mit guten Werken erklären.


Das 3. Kapitel

  • Jakobus schimpft auf den Ehrgeiz.
  • Und er sagt, man solle die Zunge im Zaum halten und bringt dafür etliche Gründe vor.
  • Er will auch, dass man gegen den Nächsten sanftmütig ist und den Zorn zurückhält.

1. Liebe Brüder, unterwinde sich nicht jedermann, Lehrer zu sein; und wisst, dass wir desto mehr Urteil empfangen werden.

Lieben: Aus den folgenden Worten scheint es, dass der Ehrgeiz bald in der ersten Kirche eingerissen ist, darum warnt Jakobus beständig davor.

Lehrer zu sein: Dass er sich nicht selbst dazu drängt, in der Kirche zu lehren, wer nicht dazu taugt und dazu geachtet noch ordentlich dazu berufen worden ist. Denn man muss bedenken, dass so jemand die Kirche nicht recht unterrichtet und er deshalb am Jüngsten Tag dem Herrn Christus schwere Rechenschaft wird geben müssen. Mit diesen Worten möchte Jakobus die guten Kirchendiener nicht vom Predigtamt abschrecken, sondern nur daran erinnern, dass sie nicht von einem unnützen Wahn ihrer Kunst geblendet das Predigtamt ausüben wollen, da sie doch keine ausreichenden Gaben dazu haben und auch nicht ordentlich berufen worden sind. Ansonsten reden sich viele selbst ein, sie seien sehr geschickt, meinen, es sei eine einfache Sache, die Kirche in der rechten Religion zu unterrichten.

2. Denn wir fehlen alle häufig. Wer aber auch in keinem Wort fehlt, der ist ein vollkommener Mann und kann auch den ganzen Leib im Zaum halten.

Fehlen alle: Und es gibt niemanden, der in seinem Handeln nicht einmal etwas übersieht. Darum kann es auch wohl geschehen, dass einer das Predigtamt nicht gebührend ausübt und somit einer Sünde vor Gott schuldig wird. Dieses Wort des Jakobus muss man nicht auf die prophetischen und apostolischen Schriften beziehen, in denen die unfehlbare himmlische Lehre begriffen ist. Denn er spricht nicht von den Propheten, von Christus und den Aposteln, sondern von den Zuhörern und Nachkommen der Apostel, unter denen auch dieser Jakobus, meiner Meinung nach, einer gewesen ist, der den gegenwärtigen Brief geschrieben hat. Denn der Apostel Paulus spricht von der Gewissheit seiner Lehre viel anders, wenn er sagt: Wenn ein Engel vom Himmel euch das Evangelium anders predigen würde, als wir es euch gepredigt haben, der sei verflucht {Gal 1}.

Wer: Von der Lehre geht Jakobus nun zu anderen Sachen über und will, dass wir die Zunge regieren sollen.

Zaum halten: Denn wer seine Zunge so regieren kann, dass er nichts redet, was zu tadeln wäre, der wird zweifellos auch seinen Leib so regieren und lenken können, dass er kein Laster begeht. Jakobus nennt einen solchen Menschen vollkommen, nicht dass er vor dem strengen Gericht Gottes bestehen könnte, sondern dass er eine solche Vollkommenheit hat, wie sie in einem sterblichen Menschen, der noch mit Sünden behaftet ist, sein kann.

3. Siehe, die Pferde halten wir in Zäumen, dass sie uns gehorchen, und lenken den ganzen Leib.

Ganzen Leib: Des Pferdes, wohin wir wollen, obwohl sie groß und stark sind. Es lehrt aber dieses, wie auch die folgenden Gleichnisse, was die Zunge, als ein kleines Glied des Körpers, zu beiden Teilen ausrichten kann. Denn gleichwie ein Pferd mit einem Zaum regiert wird, dass es sich nicht selbst und den Reiter, der darauf sitzt, in Gefahr oder um Leib und Leben bringt, so kann eine weise und verständige Rede viele und große Übel verhüten. Wiederum, wie ein Steuermann im Schiff mit einem kleinen Ruder das ganze Schiff an einen Felsen treiben kann, dass es zerbricht und untergeht, so stürzen die Menschen, durch Zorn bewegt, mit ihren Zungen oftmals sich selbst und andere in die äußerste Gefahr ihres Lebens oder sogar ins Verderben.

4. Siehe, die Schiffe, ob sie wohl so groß sind und von starken Winden getrieben werden, werden sie doch gelenkt mit einem kleinen Ruder, wo der hin will, der es regiert.

5. Also ist auch die Zunge ein kleines Glied und richtet große Dinge an. Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet es an!

Siehe: Jakobus fährt noch weiter fort, anzuzeigen, was für ein großes Übel aus einer losen Zunge entstehen kann.

6. Und die Zunge ist auch ein Feuer, eine Welt voll Ungerechtigkeit. Also ist die Zunge unter unsern Gliedern und befleckt den ganzen Leib und zündet an allen unsern Wandel, wenn sie von der Hölle entzündet ist.

Ein Feuer: Darum kann sie die Herzen der Menschen entzünden, dass sie entweder zum Zorn, zur Unzucht oder zur Begehung anderer Laster angeheizt werden, bis endlich der ganze Mensch darüber zugrunde geht. Darum, wenn wir reden wollen, sollen wir die Zunge weise so regieren, damit wir nicht uns selbst oder andere Leute ins Unglück stürzen oder es schlimmer machen.

Welt voll: Denn so wie die Welt voller verschiedener Geschöpfe ist, so verhält es sich mit einer bösen Zunge, die unzählige Übel hervorbringt.

Entzündet ist: Das ist: wenn sie vom bösen Geist angetrieben wird. Denn der Mensch handelt nicht lobenswert, wenn er mit seiner Zunge anderen schadet, auch wenn er dem äußeren Anschein nach mit etlichen anderen Tugenden begabt ist, weil eine böse Zunge alles am Menschen unrein macht.

7. Denn alle Natur der Tiere und der Vögel und der Schlangen und der Meerwunder werden gezähmt und sind gezähmt von der menschlichen Natur;

Alle Natur: Es ist kaum eine Art oder Gattung unter den Tieren zu finden, egal ob sie in der Luft, auf der Erde oder auch im Wasser ist, die durch den menschlichen Verstand nicht gezähmt und überwunden werden kann.

8. aber die Zunge kann kein Mensch zähmen, das unruhige Übel voll tödlichen Giftes.

Unruhige Übel: Welche sich nicht zwingen oder halten lassen will.

Gift: Denn eine gottlose und vergiftete Zunge kann auch Leib und Seele ins Verderben stürzen. Darum soll man sie mit Fleiß regieren, dass sie niemandem schadet, sondern vielmehr vielen nützlich ist.

9. Durch sie loben wir Gott den Vater, und durch sie fluchen wir den Menschen, nach dem Bilde Gottes gemacht {1Mos 1v26}.

Den Menschen: Dass wir ihnen aus einem boshaften Herzen alles Übel wünschen. Deshalb ist die Zunge ein solches Instrument, dass die frommen Menschen zur Ehre Gottes und zur Wohlfahrt des Nächsten, die Gottlosen aber dem Schöpfer zur Schmach und dem Nächsten zum Schaden und Verderben brauchen. Aber Gott erhört die Gebete derjenigen nicht, die aus einem erbitterten und boshaften Herzen den Nächsten Übles wünschen, sondern solche gottlosen Flüche fallen den boshaften Menschen wieder auf ihren eigenen Kopf.

10. Aus einem Munde geht Loben und Fluchen. Es soll nicht, liebe Brüder, also sein.

Also sein: Und solche Sachen stehen den Christen schlecht an.

11. Quillt auch ein Brunnen aus einem Loche süß und bitter?

Und bitter: Warum lasst ihr denn aus einem Mund Gottes Lob und Preis und schändliche Flüche hervorkommen?

12. Kann auch, liebe Brüder, ein Feigenbaum oder ein Weinstock Feigen tragen? Also kann auch ein Brunnen nicht salziges und süßes Wasser geben.

Feigen tragen: Natürlich nicht, sondern ein jeder Baum oder jedes Gesetz trägt Früchte nach seiner Art. Darum, so wie es einem jeden Baum und jedem Gesträuch gebührt, dass es seine eigene Frucht trägt und wie aus einem Brunnen nicht süßes und salziges Wasser hervorquillt, so sollen auch die Christen, deren Herzen voll der Süßigkeit der rechten Liebe sein sollen, alle Bitterkeit und feindseligen Gifte meiden.

13. Wer ist weise und klug unter euch? Der erzeige mit seinem guten Wandel seine Werke in der Sanftmut und Weisheit.

Unter euch: Denn wie es mir scheint, so redet ihr euch selbst ein, dass ihr sehr klug seid.

Und Weisheit: Der er sich rühmt, dass er sie aus dem Wort Gottes gelernt hat, der soll sie in wahrer Demut gegenüber dem Nächsten beweisen. Denn der Heilige Geist nennt in der Heiligen Schrift Weisheit nicht die fleischliche List und die weltliche Geschwindigkeit, sondern wahre Gottseligkeit, die wir aus der Heiligen Schrift lernen. Solche Weisheit lehrt uns, dass wir sanftmütig und freundlich gegen alle Menschen sein sollen, soweit es unsere Aufgabe leiden kann.

14. Habt ihr aber bitteren Neid und Zank in eurem Herzen, so rühmt euch nicht und lügt nicht wider die Wahrheit.

Bitteren Neid: Der keine Erbauung, sondern nur Rache sucht.

Zank: Dass ihr euch freut, wenn ihr Streit und Zwietracht erregen könnt.

Die Wahrheit: Denn die Wahrheit der himmlischen Lehre lässt es nicht zu, dass derjenige ein rechtschaffener Christ ist, bei dem nicht das geringste Anzeichen der christlichen Liebe zu finden ist.

15. Denn das ist nicht die Weisheit, die von oben herab kommt, sondern irdisch, menschlich und teuflisch.

Und teuflisch: Das ist: Wenn jemand Lust hat zu streiten und mit seiner giftigen Zunge Uneinigkeit anrichten möchte, der hat keine geistliche Weisheit, sondern eine fleischliche, ja eine teuflische. Denn wie der Teufel ein Mörder und Totschläger ist, so erregt er auch Uneinigkeit und Streit. Darum, wer kein Kind des Teufels sein will, der soll Uneinigkeit meiden und jeden Anlass dazu wegräumen, so viel er mit gutem Gewissen und nach Gestalt seines Berufes kann. Denn manchmal muss sich ein Christ gegen seinen Willen mit den gottlosen Menschen zanken und streiten. Nichtsdestotrotz sollen wir unseren Teil und so weit wie möglich um Frieden und Einigkeit bemühen.

16. Denn wo Neid und Zank ist, da ist Unordnung und eitel böses Ding.

Unordnung: Dass ein guter Zustand in Unruhe gebracht wird und nichts Rechtes oder Ordentliches passiert.

Böses Ding: Es läuft viel Ungerades und Verkehrtes mit unter.

17. Die Weisheit aber von oben her ist aufs erste keusch, danach friedsam, gelinde, lässt sich sagen, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ohne Heuchelei.

Oben her: Die den Menschen von Gott gegeben wird und sie auf diese Weise mit dem Heiligen Geist begabt sind, die streben nach der Keuschheit, dem Frieden und der Sanftheit und lassen sich korrigieren, wenn sie an einer Stelle aus menschlicher Schwäche geirrt haben, sie werden zu Mitleid gegenüber dem Nächsten bewegt, üben sich in allen guten Werken, sind nicht schnell mit einem Urteil bei der Hand, dass sie irgendetwas Gutes auf das Schlechteste auslegen, sondern deuten alles, soweit es guten Gewissens sein kann, zum Besten, sie stellen sich nicht in heuchlerischerweise fromm, sondern sie sind es auch wirklich. Die deswegen unkeusch, zänkisch, ungerecht, widerspenstig und unbarmherzig sind, auch nichts Gutes tun wollen, sondern von anderen frevelhaft urteilen und Heuchler sind, die werden nicht vom Geist Gottes regiert, darum können sie auch keine Erben des Himmelreiches sein, es sei denn, dass sie Buße tun.

18. Die Frucht aber der Gerechtigkeit wird gesät im Frieden denen, die den Frieden halten.

Frieden halten: Das ist: Die sich um den Frieden und die Ruhe bemühen, die tun viele gute Werke, deren herrliche Früchte sie einmal genießen werden. Denn ein stilles und friedliebendes Herz fährt immer fort, Gutes zu tun und richtet viele nützliche Dinge aus zur Ehre Gottes und zur Wohlfahrt des Nächsten. Welche aber in Zank und Streit leben, die versäumen die Aufgaben ihres Berufs und machen sich nicht zum Guten, sondern zum Schlechten um den Nächsten verdient, und verbringen auch die meiste Zeit ihres Lebens unglücklich, mit Streit und unrechten Handlungen gegeneinander. Was aber der Mensch sät, das wird er ernten. Wer auf sein Fleisch sät (dass er seinem verdorbenen Fleisch folgt und fleischlich oder gottlos lebt), der wird vom Fleisch das Verderben ernten (nämlich die ewige Verdammnis). Wer aber auf den Geist sät, dass er dem Heiligen Geist gehorcht und Gutes wirkt, der wird vom Geist das ewige Leben ernten {Gal 6}.


Das 4. Kapitel

  • Jakobus straft mancherlei Laster in diesem Kapitel und gibt etliche Lehren, die ein Christ merken soll.

1. Woher kommt Streit und Krieg unter euch? Kommt es nicht daher, aus euren Wollüsten, die da streiten in euren Gliedern {1Petr 2v11}?

Unter euch: Dass ihr miteinander zankt und hadert, hat keinen anderen Grund, als dass jeder von euch seinen bösen Lüsten, besonders aber dem Geiz und dem Neid nachkommen will. Diese bösen Begierden haben euch eingenommen und lassen eure Glieder unruhig sein und rumoren. Darum soll man diese bösen Begierden unterdrücken, damit wir miteinander friedlich leben können. Denn wenn einer dem Geiz ergeben ist, der andere dem Zorn und der Rachgier nachhängt, so passiert es selbstverständlich, dass einer den anderen beleidigt und erzürnt.

2. Ihr seid begierig und erlangt es damit nicht; ihr hasst und neidet und gewinnt damit nichts; ihr streitet und kämpft. Ihr habt nichts, darum dass ihr nicht bittet.

Begierig: Ihr wuchert in euren Gedanken und habt nicht mehr, als wie es bei den Juden die Art ist, die kein Geld haben. Denn die Geizigen erreichen entweder nicht, wonach sie mit großem Verlangen streben, oder wenn sie es doch erreicht haben, was sie begehrten, sind sie damit dennoch nicht vergnügt. Nach dem Spruch: Wer Geld liebt, der wird des Geldes niemals satt. Und wer Reichtum liebt, wird keinen Nutzen davon haben, das ist auch eitel, im Prediger Salomon Kapitel 5.

Neidet: Dass ihr anderen Menschen ihr Glück nicht gönnt und sie deswegen anfeindet, aber dadurch trotzdem nicht reicher werdet. Denn der Neid schadet dem nicht, der beneidet wird, sondern dem, der neidisch ist, der sich selbst darüber aufregt und dem anderen keinen Schaden tun kann. Denn was einen Gott beschert hat, das wird ihm St. Peter nicht nehmen. Wie man es im Sprichwort sagt:

Nach Luther: Das ist nicht die Weise, Gut zu erwerben und reich zu werden, wenn einer den anderen hasst, neidet und man sich gegenseitig quält, streitet, geizt und täuscht.

Kämpft: Dass ihr euch feindlich darum reißt und zerrt, wie ihr eure Güter vermehren könnt.

Nicht bittet: Von Gott, was ihr begehrt, sondern vielmehr mit euren bösen Künsten und falschen Praktiken zu erlangen versucht. Was wir deswegen begehren, das sollen wir nicht durch verbotene Mittel wie Betrug, Übervorteilung, Räuberei oder dergleichen ungebührlichen Handel suchen, sondern es von Gott erbitten. Denn es steht in seiner Hand, arm oder reich zu machen {1Sam 2}.

3. Ihr bittet und kämpft nicht, darum dass ihr übel bittet, nämlich dahin, dass ihr es mit euren Wollüsten verzehrt.

Ihr bittet: Manchmal von Gott solche Dinge, die ihr begehrt.

Übel bittet: Nicht wie es sich gebührt. Denn ihr fordert zeitliche Güter und Reichtum von Gott, nicht damit ihr diese zur Ehre Gottes und zum Nutzen des Nächsten anwenden könntet, sondern um eurer Lust zu frönen. Denn etliche bemühen sich mit allem Fleiß darum, wie sie Geld und Gut anhäufen können, wenn sie es aber erlangt haben, so verschwenden und vertun sie das üppig für allerlei Wollüste des Leibes. Dies steht keinem verständigen Menschen, noch viel weniger einem Christenmenschen zu.

4. Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein {1Joh 2v15}.

Ihr Ehebrecher: Ich spreche jetzt euch lasterhafte und schändliche Maulchristen an. Denn wie Jakobus gesagt hatte, dass die falschen Christen am Schluss Gut und Reichtum begehren, damit sie danach wiederum bewegt werden zu verschwenden, so schilt er bei dieser Gelegenheit auch die Unzüchtigen, denen die Kinder dieser Welt, die sich ihrem Willen ergeben, lieber sind als Gottes Gnade und Huld.

Wisst ihr nicht: Habt ihr in der Heiligen Schrift noch nicht so viel gelernt, dass ihr verstehen könnt, wie der Feind Gottes sein muss, den gottlose Menschen lieben, weil ein solch gottloser Mensch sich seinen gottlosen und schändlichen Lüsten ergibt? Wir sollen zwar in rechtmäßigen Sachen jedermann zu gefallen sein, so viel es uns immer möglich ist, damit wir für Christus viele Menschen gewinnen, aber die Gunst dieser Welt soll man mit keiner schändlichen oder ehrlosen Anbiederung oder Schlechtigkeit kaufen. Denn dies würde unter dem Verlust unserer ewigen Seligkeit geschehen.

Feind sein: Wie viel besser aber ist es, die gottlose Welt zum Feind zu haben als den allmächtigen Gott, der unseren Leib und unsere Seele in seiner Gewalt hat {Mt 10}? Darum lasst uns die Gunst unseres himmlischen Vaters behalten und die Freundschaft der unreinen Welt nicht beachten.

5. Oder lasst ihr euch dünken, die Schrift sage umsonst: Den Geist, der in euch wohnt, gelüstet wider den Hass?

Oder: Jakobus beschließt dieses Thema, wie man Neid und Zank fliehen soll (davon hat er in erster Linie geredet) und widmet sich dem Spruch des Paulus an die {Gal 5}. Zwar nicht mit den gleichen Worten, sondern dem Sinn nach, den er auf sein Vorhaben deutet.

Wider den Hass: Die Worte Paulus lauten allgemein so: Das Fleisch gelüstet gegen den Geist und den Geist gegen das Fleisch. Diese sind gegeneinander, damit ihr nicht tut, was ihr wollt. So auch Paulus: Aber Jakobus bezieht diesen Spruch insbesondere gegen den Hass und den Neid, weil der Neid ein Werk des Fleisches ist, wie es eben Paulus im oben angezeigten Kapitel bezeugt. Weil nun Jakobus die Schriften des Paulus nicht als die eines mit Gehilfen oder mit Lehrer anzeigt, sondern ausdrücklich meldet, die Schrift würde dies sagen, so ist es offenbar, dass Jakobus selbst zwischen seinen und den Schriften des Paulus einen großen Unterschied setzt. Ich habe gemerkt, dass sein Schreiben (das für sich selbst keine Hauptschrift ist) die Bestätigung durch andere Schriften des Neuen Testaments als Hauptschriften braucht. Darum ist auch an dieser Stelle gut zu sehen, dass dieser Brief nicht vom Apostel Jakobus, sondern von einem Jünger der Apostel ist. Was nun das oben angeführte Zitat betrifft, so sollen wir uns erinnern, dass wir uns fleißig bemühen müssen, dass in den Kampf des Geistes mit dem Fleisch der Geist die Oberhand behält. Denn wenn ihr nach dem Fleisch leben werdet (sagt Paulus), so werdet ihr sterben müssen. Wo ihr aber durch den Geist die Geschäfte des Fleisches tötet, so werdet ihr leben {Röm 8}.

6. Und gibt reichlich Gnade, oft sagt die Schrift: Gott widersteht den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade {Spr 3v34 1Petr 5v5}.

Reichlich Gnade: Denn der Neid (will Jakobus sagen) wird euch zur Vermehrung und Verbesserung eurer Güter nichts nutzen, sondern Gott wird seinen Segen reichlich über euch ausgießen, wenn ihr den Neid und den Hass fahren lasst, mit euren Nächsten Frieden haltet und in Liebe umher geht. Denn Gottes Gaben werden nicht durch ein gottloses Leben, sondern durch die wahre Gottseligkeit erlangt.

Nach Luther: Mit Neiden, Geizen, Kriegen, Betrügen untereinander werdet ihr nicht erlangen, was ihr begehrt, sondern folgt dem Geist, so werdet ihr alle Gnade und alles zur Genüge haben.

7. So seid nun Gott untertänig. Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch {Eph 4v27 6v12}.

So: Jetzt fasst Jakobus viele nützliche Lehren wie ein Bündel zusammen.

Untertänig: Dass ihr seinen Geboten mit Fleiß gehorcht und mit Geduld leidet, was er euch auferlegt. Denn eine rechtschaffene Untertänigkeit gegen Gott erfordert Gehorsam und Geduld.

Widersteht: Mit dem Schwert des Wortes Gottes und mit einem gottseligen Gebet.

Von euch: Denn wenn der Satan merkt, dass er mit seinen Versuchungen nichts ausrichtet, so muss er schließlich weichen. Daneben aber müssen wir uns gegen die Versuchungen rüsten und im Kampf nicht kleinmütig werden, damit der Satan daraus nicht umso mutiger wird.

8. Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch. Reinigt die Hände, ihr Sünder, und macht eure Herzen keusch, ihr Wankelmütigen!

Zu Gott: Wir nähern uns aber dann Gott, wenn wir ihm immer mit starkem Glauben anhängen und unseren Willen und unser Handeln nach seinem Wohlgefallen mehr und mehr ausrichten. Und so nähert sich dann Gott auch uns, wenn er uns immer mehr Gnade erweist und seine Gaben reichlich über uns ausgießt.

Die Hände: Die mit Ungerechtigkeit und Laster befleckt sind.

Wankelmütigen: Die ihr von euch behauptet, ihr seid Christen, lebt aber wie die Heiden. Jakobus weist mit diesen Worten auf den Spruch des Propheten Jesaja hin, der da sagt: Wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen von euch (spricht der Herr), und auch wenn ihr viel betet, höre ich euch doch nicht, denn eure Hände sind voll Blut (und mit vielen gräulichen Lastern befleckt), wascht, reinigt euch, tut euer böses Wesen von meinen Augen, lasst ab vom Bösen, lernt Gutes tun {Jes 1}. Denn Gott erhört die unbußfertigen Sünder nicht, die bußfertigen aber nimmt er in Gnade auf nach dem Spruch des Propheten Jesaja an derselben Stelle: Wenn eure Sünde auch blutrot ist, so soll sie doch schneeweiß werden, und wenn sie wie Rost ist, so soll sie wie Wolle werden. Den Wankelmütigen aber und Heuchlern ist Gott feind, wie es die scharfe Strafpredigt Christi gegen die pharisäischen Heuchler ausreichend bezeugt {Mt 23}.

9. Seid elend und tragt Leid und weint! Euer Lachen verkehre sich in Weinen und eure Freude in Traurigkeit.

Seid elend: Dass ihr eure Leiber mit Fasten kasteit. Denn Jakobus redet nach der Gewohnheit des Gesetzes Moses von denen, die nach den Anweisungen dieses Gesetzes fasten und von denen gesagt wurde, dass sie elend und betrübt wären und ihre Leiber kasteien {4Mos 29}.

In Traurigkeit: Dass ihr eure Sünden ernsthaft bereut und es euch leidtut und ihr die fleischliche Sicherheit austreibt. Obwohl nun die Christen heutzutage an keine gewisse Fastenzeit gebunden sind, so sollen sie doch, wenn sie sich vieler Sünden als schuldig erkennen, diese mit Ernst bereuen und Gott demütig um Verzeihung bitten.

10. Demütigt euch vor Gott, so wird er euch erhöhen {1Petr 5v6}.

Demütigt: Es demütigen sich aber vor Gott diejenigen, die ihre Sünden und Schwachheiten mit Ernst erkennen und bekennen, dass sie ewige Strafe verdient hätten. Diese erhöht Gott, wenn er sie wiederum in Gnaden aufnimmt und mit Gaben des Heiligen Geistes schmückt.

11. Afterredet nicht untereinander, liebe Brüder! Wer seinem Bruder afterredet und urteilt seinen Bruder, der afterredet dem Gesetz und urteilt das Gesetz. Urteilst du aber das Gesetz, so bist du nicht ein Täter des Gesetzes, sondern ein Richter.

Afterredet: Dies ist eine andere Lehre und will so viel sagen: Ihr sollt von den Reden oder Handlungen eurer Mitchristen nicht frevelhaft urteilen, wenn ihr die Sache nicht ausreichend erkannt und alle Umstände wohl betrachtet habt. Es will aber Jakobus nicht, dass wir die Sünden oder Irrtümer der Menschen, die zum Wort Gottes im Gegensatz stehen, billigen sollen, sondern er verwirft die allgemeine Krankheit der Menschen, wenn wir von anderen oft frevelhaft urteilen und solche Dinge verdammen, die sie richtig gemacht haben, wenn sie von uns gegen die vorgeschriebenen Worte Gottes gehalten werden. Solch ein frevelhaftes Urteil verwirft auch Christus, als er sagt: Richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet, verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt {Lk 6}. Dass dies der eigentliche Sinn dieser Stelle ist, ist aus den folgenden Worten ausreichend abzunehmen.

Seinen Bruder: Indem er an ihm tadelt, was nicht zu tadeln ist.

Gesetz Gottes: Nach welcher Richtschnur dein Bruder oder dein Nächster sein Tun angestellt hat, auch wenn du es nicht merkst oder verstehst. Wer nun also seinen Nächsten tadelt, der tadelt Gottes Gesetz. Daher sündigen solche Menschen, die frevelhaft und schnell urteilen und verleumden, was recht getan ist, nicht so sehr gegen einen unschuldigen Menschen, als gegen das Wort Gottes und also gegen Gott selbst.

Ein Richter: Und tust Unrecht. Denn Gott legt dir sein Gesetz vor, nicht dass du es tadeln, sondern dass du es halten sollst. Wenn wir nun so fleißig wären, das Gesetz zu halten, wie wir es sollten, so würden wir uns leicht von aller bösen Nachrede enthalten.

12. Es ist ein einiger Gesetzgeber, der kann selig machen und verdammen. Wer bist du, der du einen andern urteilst {Mt 7v1}?

Es: Jakobus bringt noch einen anderen Grund vor, warum wir uns solch frevelhaften Urteils enthalten sollen.

Anderen urteilst: Die gleichen Worte verwendet auch Paulus {Röm 14}. Wenn demnach Gott der allerbeste Richter ist, so sollen wir das Gericht ihm anbefehlen und in zweifelhaften Sachen, in denen uns alle Umstände nicht ausreichend bekannt sind von einem fremden Knecht, nicht frevelhaft urteilen. Denn er steht und fällt seinem Herrn. Und die schnell von dem Nächsten urteilen, die setzen sich an die Stelle Gottes und auf seinen Thron, als ob sie Kundige des Herzens wären und alles vollkommen wüssten. Dies ist freilich eine unsinnige und gottlose Vermessenheit.

13. Wohlan, die ihr nun sagt: Heute oder morgen wollen wir gehen in die oder die Stadt und wollen ein Jahr da liegen und hantieren und gewinnen,

Wohlan: Jakobus verwirft auch die große Vermessenheit etlicher Christen, die verschiedene Sachen so zu verrichten versuchten, als ob der Ausgang in ihrer Hand und nicht in Gottes Macht allein stünde.

Sagt: Wie ihr es gewöhnlich macht, was aber nicht lobenswert ist, sondern ihr aus großer Vermessenheit euch äußern könnt, was ihr zukünftig ausrichten wollt, als ob es euch gelingen könnte.

14. die ihr nicht wisst, was morgen sein wird. Denn was ist euer Leben? Ein Dampf ist es, der eine kleine Zeit währt, danach aber verschwindet er.

Sein wird: Denn es kann sich kein Mensch sicher sein, dass er am morgigen Tag noch leben wird. Und der Mensch nimmt sich wohl etwas vor, aber Gott richtet es, wie und wohin er will und oft drängt uns die Not auch, dass wir etwas anderes tun müssen, als wir es im Sinn gehabt haben.

Dampf ist es: Man könnte es auch als noch unscheinbarer und unwichtiger bezeichnen.

Verschwindet: Es ist aber nicht die Meinung des Jakobus, dass die Seele mitsamt dem Leib untergeht, sondern er erinnert uns, dass unser Leben wie ein Dampf oder ein Rauch schnell dahinfährt und vorübergeht, damit wir unsere Gebrechlichkeit bedenken und ständig in der Furcht Gottes leben.

15. Dafür ihr sagen solltet: So der Herr will, und wir leben, wollen wir dies oder das tun {Apg 18v21 1Kor 9v14 Hebr 6v3}.

Dafür: Dass ihr zu euren Verrichtungen eine gewisse Zeit bestimmt, gerade so als ob nicht allerhand dazwischen kommen könnte, will ich, dass ihr vielmehr so sagt: Wenn es Gott haben will, so wollen wir dies oder jenes morgen oder an einem anderen Tag tun. Denn all unser Tun steht allein in Gottes Hand, ohne dessen Willen wir auch keinen einzigen Finger regen können.

16. Nun aber rühmt ihr euch in eurem Hochmut. Aller solcher Ruhm ist böse.

Eurem Hochmut: Dass ihr euch hochmütig vernehmen lasst, was ihr tun wollt, als ob ihr Götter oder Regenten dieser Welt seid.

Ist böse: Und keineswegs zu loben. So ist Gott einer solch stolzen Vermessenheit feind und macht die ruhmsüchtigen und närrischen Menschen gemeinhin zuschanden.

17. Denn wer da weiß, Gutes zu tun, und tut es nicht, dem ist es Sünde.

Ist es Sünde: Weil ihr gelernt habt und wisst, was euch gebührt, so ist es recht, dass ihr euch nach meiner vorgeschriebenen Erinnerung richtet. Denn ein Knecht, der den Willen des Herrn kennt und ihn nicht tut, wird mit vielen Schlägen bestraft werden. Und man kann diesen Spruch allgemein auch so verstehen, dass diejenigen schwer sündigen, die wissen und verstehen, was zur Ehre Gottes und zur Seligkeit oder Wohlfahrt des Nächsten dienlich ist, und es dennoch nicht tun, obgleich sie ihres Berufes wegen dies zu tun schuldig wären, entweder weil sie die Feindschaft der Welt fürchten oder ihren eigenen Nutzen dem allgemeinen Nutzen vorziehen.


Das 5. Kapitel

  • Jakobus schimpft auf die gottlosen Reichen.
  • Er ermahnt die Frommen zur Geduld und Überwindung des Bösen und untersagt die böse Gewohnheit zu schwören.
  • Er lehrt, wie man mit den Schwachen umgehen soll.
  • Er will, dass die Christen, wenn sie beleidigt worden sind, sich um Aussöhnung bemühen sollen.
  • Er rühmt das Gebet wegen seiner Wirkung an dem Beispiel des Elia.
  • Er erklärt auch die Wirkungen und Belohnungen einer wahrhaften Bekehrung.

1. Wohlan nun, ihr Reichen, weint und heult über euer Elend, das über euch kommen wird!

Wohlan: Jakobus schimpft auf die Reichen, die gottlos waren und sich doch dem äußeren Wandel nach unter die Kirche Gottes und in die gemeinsamen Versammlungen untermischten.

Reichen: Deren Herzen nicht an Gott, sondern am Mammon hingen.

Kommen wird: Wenn nicht in dieser, so wird es doch gewiss in jener Welt geschehen, wo ihr ewige Pein ohne Ende leiden müsst. Denn den gottlosen Reichen ist gesagt: Gedenke Sohn, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus aber dagegen hat Böses empfangen. Nun aber wird er getröstet und du wirst gepeinigt {Lk 16}.

2. Euer Reichtum ist verfault; eure Kleider sind mottenfressig geworden.

Verfault: Das soll heißen: Eure Güter sind vergänglich, wie ihr es auch täglich sehen könnt, indem euer Korn verdirbt und davonfliegt, eure Kleider werden von Motten verzehrt, euer Geld und der köstliche Hausrat werden entweder von Rost oder von einer Feuersbrunst vernichtet. Dies lehrt euch eure tägliche Erfahrung. Darum werden solche vergänglichen Güter am Jüngsten Tag gegen euch Zeugnis geben, dass ihr töricht und gottlos gehandelt habt, indem ihr eure Hoffnungen mehr auf den ungewissen Reichtum als auf den lebendigen Gott gesetzt habt. Und so wird das Gut, das ihr durch Schlechtigkeit gewonnen habt und dazu schändlich missbraucht habt, neben euch in der Hölle verbrennen. Denn diejenigen, die mit Ungerechtigkeit Reichtum erlangen, die werden, je größer dieser Reichtum ist, umso härter gestraft werden.

3. Euer Gold und Silber ist verrostet, und ihr Rost wird euch zum Zeugnis sein und wird euer Fleisch fressen wie ein Feuer. Ihr habt euch Schätze gesammelt an den letzten Tagen.

Letzten Tagen: Und in dieser letzten Zeit der Welt, da ihr euch auf die Ankunft eures Heilands vorbereiten solltet, habt ihr ihn außer Acht gelassen und nur danach getrachtet, wie ihr viel Reichtum sammeln könntet. Es ist an sich keine Sünde, seine häuslichen Geschäfte ordentlich zu versehen, aber die Not erfordert Folgendes: Wer die Seinen nicht versorgt, der ist schlechter als ein Heide und hat den Glauben verleugnet {1Tim 5}. Wir sollen uns jedoch ständig an die Aussage Christi erinnern, als er sagte: Ihr sollt euch keine Schätze auf der Erde sammeln, weil sie die Motten und der Rost fressen und die Diebe danach graben und es stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, da werden sie weder Motten noch Rost fressen und die Diebe werden sie dort nicht stehlen können. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz {Mt 6}.

4. Siehe, der Arbeiter Lohn, die euer Land eingeerntet haben, und von euch abgebrochen ist, der schreit; und das Rufen der Ernter ist gekommen vor die Ohren des Herrn Zebaoth.

Siehe: Jetzt kommt Paulus noch etwas deutlicher auf die Sache zu sprechen und zeigt unter anderem an, wie unrecht die Reichen damals sowohl mit ihren Tagelöhnern als auch mit anderen umgegangen sind.

Schreit: Um die göttliche Rache gegen euch.

Der Ernter: Die über unsere Ungerechtigkeit und euren Geiz seufzen und wehklagen, dass sie für ihre Arbeit keinen Lohn von euch empfangen. Denn das Seufzen derjenigen, die den Reichen treu gedient haben und keine Belohnung dafür empfangen haben, dringt nicht nur zu den Ohren, sondern auch zum Herzen Gottes. Das sollten sich die Adelspersonen und andere wohl zu Gemüte führen, die ihre Untertanen auf das Härteste und strengste zur Arbeit antreiben, obwohl sie Ihnen nichts schuldig sind, sie geben ihnen aber nicht einen Heller dafür, ja bieten ihnen nicht einmal ein Stück schwarzes Brot für ihre Arbeit an. Diese reizen die göttliche Rache gegen sich.

5. Ihr habt wohl gelebt auf Erden und eure Wollust gehabt und eure Herzen geweidet als auf einen Schlachttag.

Wohl gelebt: Mit den Gütern und Wollüsten dieser Welt.

Schlachttag: Dass ihr zu gegebener Zeit wie gemästetes Vieh geschlachtet werdet. Es sind also die ungerechten Reichen, die dem üppigen Wesen, der Unzucht und allerlei Wollüsten ergeben sind, wie gemästetes Vieh und werden eine Zeit lang mit weltlichen Wollüsten ausgefüllt sein, bis sie Gott dem Satan übergibt, dass es geschlachtet und im höllischen Feuer brennt.

Nach Luther: Wie man auf eine Hochzeit oder für ein Fest schlachtet {Lk 15v23}. Schlachtet ein gemästetes Kalb {Mt 21v4}. Meine Ochsen und mein Mastvieh sind geschlachtet.

6. Ihr habt verurteilt den Gerechten und getötet, und er hat euch nicht widerstanden.

Nicht widerstanden: Sondern eure unrechte Gewalt aushalten mussten. Solches Unrecht aber, was an unschuldigen Menschen begangen wird und das sie nicht verhindern können, rächt Gott der Herr selbst zu seiner Zeit auf das grausamste. Denn Geld und Gut kann gegen die göttliche Rache nicht helfen, Prophezeiungen 10.

7. So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis auf die Zukunft des Herrn! Siehe, ein Ackermann wartet auf die köstliche Frucht der Erde und ist geduldig darüber, bis dass er empfange den Morgenregen und Abendregen.

So: So wie Jakobus mit den vorhergehenden Worten auf die ungerechten und stolzen Reichen heftig geschimpft hat, so tröstet er jetzt wiederum die Frommen, die von den mächtigen unterdrückt werden und ermahnt sie zur Geduld.

Des Herrn: Jesus Christus. Denn dieser wird die Unordnung, die jetzt in der Welt ist, aufheben und alles wieder in Ordnung bringen. So oft wir deshalb auf unrechte Weise geplagt werden, sollen wir mit gottseligem Seufzen nach der Ankunft Christi verlangen und sie von Herzen begehren, die all unserem Jammer ein Ende machen wird.

Frucht der Erde: Als eine reiche Belohnung seiner Arbeit.

Morgenregen: Die erste Befeuchtung (Frühregen), wodurch anfangs der Samen in der Erde angefeuchtet wird, dass er daraus hervorwachsen kann.

Abendregen: Der die Frucht wachsen lässt und sie reif macht.

8. Seid ihr auch geduldig und stärkt eure Herzen; denn die Zukunft des Herrn ist nahe.

Stärkt eure Herzen: Gegen die Trübsal, dass ihr nicht wegen der Undankbarkeit und Bosheit der Welt von der Frömmigkeit abfallt.

Ist nahe: Wo euch Gott der Herr von allem Übel erlösen wird. Obwohl seither nun etliche 100 Jahre vorübergegangen sind, so sollen wir doch täglich für die Ankunft des Herrn Christi bereit sein. Denn wir wissen nicht, zu welcher Stunde er kommen wird. Und auch wenn wir nicht alle so lange leben, bis Gott der Herr mit seiner herrlichen Ankunft alles verbessert, so werden wir doch durch diesen unseren Herrn, Jesus Christus, erlöst, wenn wir durch einen glücklichen Abgang aus diesem Leben zur seligen Unsterblichkeit geführt werden.

9. Seufzt nicht widereinander, liebe Brüder, auf dass ihr nicht verdammt werdet! Siehe, der Richter ist vor der Tür!

Verdammt werdet: Wegen eurer Gier nach Rache, indem ihr darüber jammert und Gott um Rache anfleht gegen die, die euch beleidigt haben. Denn man soll für die Verfolger und Feinde bitten {Mt 5}. Und wenn wir den Menschen ihre Fehler nicht vergeben, so will uns unser himmlischer Vater unsere Fehler auch nicht vergeben {Mt 6}.

Vor der Tür: Darum ist es nicht nötig, dass ihr Rache wollt. Denn der Herr selbst wird zu seiner Zeit an den unbußfertigen und verstockten Feinden Rache üben, schneller und heftiger, als ihr es euch vorstellen könnt. Einmal ist es sicher, dass er dem nach seinen Werken geben wird, wenn er wiederkommen wird, die Lebendigen und die Toten zu richten. Es steht uns aber nicht zu, dass wir nach Rache trachten, sondern mit stillem und ruhigem Herzen Gott anbefehlen als dem gerechten Richter nach dem Spruch: Die Rache ist mein, ich will vergelten, spricht der Herr {5Mos 32 Röm 12}. Sondern wir sollen uns auch davor hüten, dass wir den Nächsten nicht beleidigen und sollen uns des Spruches erinnern: Der Richter steht vor der Tür.

10. Nehmt, meine lieben Brüder, zum Exempel des Leidens und der Geduld die Propheten, die zu euch geredet haben in dem Namen des Herrn.

Nehmt: Jakobus fährt noch weiter fort, durch Beispiele die Christen zur Geduld zu ermahnen, als wollte er sagen: Die Beispiele der heiligen Propheten sollen euch eine Mahnung zur Geduld sein. Denn obwohl sie Gesandte Gottes und deshalb aller Ehren wert gewesen sind, so haben sie doch in dieser Welt schwere Trübsal erlitten und die Verfolgungen mit einer wunderbaren Geduld überstanden. Dies loben wir jetzt an ihnen. Deshalb müssen wir durch viel Trübsal in die himmlische Herrlichkeit und Seligkeit eingehen {Apg 14}.

11. Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben. Die Geduld Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen; denn der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer.

Gehört: In der Schrift wird von einem erzählt und er wird gerühmt, der, nachdem er all dessen beraubt worden ist, was ihm auf dieser Erde lieb war, gesagt hat: Der Herr hat‘s gegeben, der Herr hat‘s genommen, der Name des Herrn sei gelobt {Hi 1}.Solch einem Beispiel sollt ihr folgen. Denn die Tugenden der heiligen Menschen werden uns in der Heiligen Schrift vorgehalten, nicht damit wir uns darüber verwundern, sondern dass wir es ihnen nachtun sollen.

Gesehen: Denn ihr wisst, mit welch großer Geduld Christus bis an sein Ende am Kreuz die Trübsal überwunden hat. Aber nachdem er sein Leiden überstanden hatte, ist er in die himmlische Herrlichkeit eingegangen und hat sich zur Rechten Gottes gesetzt und regiert jetzt in unendlicher Macht im Himmel und auf Erden. Darum sollt ihr der Geduld Christi folgen und auf die himmlischen Herrlichkeiten warten. Denn Gott wird euch unter dem Kreuz nicht verderben lassen.

Erbarmer: Darum würde er es nicht zulassen, dass wir über unsere Möglichkeiten versucht werden, sondern ein Ende schaffen, das wir ertragen können {1Kor 10}.

12. Vor allen Dingen aber, meine Brüder, schwört nicht, weder bei dem Himmel noch bei der Erde noch mit keinem andern Eide. Es sei aber euer Wort: Ja, das ja ist; und: Nein, das nein ist, auf dass ihr nicht in Heuchelei fallt.

Vor: Jakobus erinnert an das Gebot, dass man nicht leichtfertig schwören soll, was auch Christus verbietet {Mt 5 23}.

Der Erde: Denn die Menschen pflegen aus einer Leichtfertigkeit heraus bei allerlei Wesen zu schwören und glauben, sie würden nicht falsch schwören und sie würden sich nicht am Namen Gottes versündigen, weil sie nicht bei Gott, sondern bei irgendwelchen Kreaturen schwören. Aber solche Leichtfertigkeit steht einem Christenmenschen schlecht an, denn er soll sich erinnern, dass Christus sagt, dass man von jedem unnützen Wort Rechenschaft geben muss.

Anderen Eid: Dass man ihn unnütz und ohne Not verwendet. Denn wenn es weder die Ehre Gottes noch die Wohlfahrt des Nächsten erfordert, so soll man nicht schwören.

Ja ist: Dass ihr euch auch wirklich so verhaltet, dass das, was ihr sagt und bestätigt, oder aber, wenn ihr etwas leugnet, dies auch mit eurer Meinung übereinstimmt, damit ihr nichts anderes redet, als ihr es auch meint und zu Heuchlern werdet, die viele wunderbare Dinge von sich geben, die ihnen doch gar nicht aus dem Herzen kommen. Denn ein Christ soll aufrichtig handeln, so das Wort und Werk zusammenpassen.

13. Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand gutes Muts, der singe Psalmen.

Der bete: Denn wir sollen in allen unseren Nöten mit einem gottseligen Gebet wie zu einer sicheren Burg fliehen. Das Gegenteil aber tun die, die in Widerwärtigkeiten gräuliche Flüche und Gotteslästerungen ausstoßen.

Singe: Und preise Gott mit christlichen Lobgesängen. Denn wir sollen Gott nicht vergessen, wenn es uns gut geht, dennoch sollen fromme Menschen es in ihrer Freude nicht so weit treiben, dass sie lasterhafte Sachen treiben möchten.

14. Ist jemand krank, der rufe zu sich die Ältesten von der Gemeinde und lasse sie über sich beten und salben mit Öl in dem Namen des Herrn {Mk 6v13}.

Ältesten: Die der Kirche in der Lehre und im Regiment vorstehen.

Beten: Dass Gott der Herr dem Kranken seine Sünde verzeihe und ihm seine vorige Gesundheit wiedergebe.

Des Herrn: Dass sie den Namen Gottes für ihn anrufen.

15. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten; und so er hat Sünden getan, werden sie ihm vergeben sein.

Vergeben sein: Denn Gott erhört die Gebete der Frommen, wenn der Kranke selbst Gott, den Herrn, um Vergebung seiner Sünden bittet. Es war jedoch in der ersten Kirche der Brauch, dass die Christen, die vor anderen mit besonderen Gaben des Heiligen Geistes geschmückt waren und die Gabe hatten, gesund zu machen, zu den Kranken gingen, sie mit Öl salbten, beteten und sie auf diese Weise wiederum gesund machten. Dieser Brauch hat in den Aposteln seinen Anfang genommen. Denn so schreibt Markus von ihnen: Und sie gingen aus und predigten, man sollte Buße tun, und trieben viele Teufel aus und salbten viele Kranke mit Öl und machten sie gesund {Mk 6}. Dieser Brauch der Salbung ist in der Kirche zu Recht geblieben, solange die Wunderzeichen gewährt haben. Als aber diese aufgehört hatten, sollte auch die Salbung aufhören. Darum drängen die Katholiken heutzutage vergebens so heftig auf die Letzte Ölung, als wenn es ein nötiges Werk wäre, und handeln unsinnig, dass sie diejenigen salben, von denen sie sicher annehmen, dass sie bald sterben werden, wo doch jenes Salben zur Gesundung gebraucht wurde. Noch viel schlimmer ist es, dass sie aus einem gottlosen Wahn heraus annehmen, durch dieses Salben würden ihnen die Sünden getilgt, da doch Jakobus dem Gebet der gottseligen und nicht dem Öl dies zumisst, dass er Vergebung der Sünden erlangen würde, die durch das Blut Christi erworben ist.

16. Bekenne einer dem andern seine Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet. Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist {Ps 145v18}.

Bekenne: Denn die, die von Herzen bekennen, dass sie Sünder sind, und über ihre begangenen Sünden Reue und Leid haben, auch ihr Vertrauen auf den Mittler Christus setzen, die erlangen Vergebung der Sünden und ihnen werden ihre Trübsale auch gemildert. Jakobus fordert aber hier nicht, dass wir alle und jede Sünde erzählen sollen. Denn solche Henkersqualen des Gewissens sind von Gott nicht geboten. Und der Zöllner im Tempel erzählt nicht alle seine Betrügereien und Räubereien, als er sagte, Gott sei mir Sünder gnädig, ging aber dennoch gerechtfertigt nach Hause {Lk 18}.

Vermag viel: Dies ist der Grund, warum die Christen füreinander beten sollten. Jakobus nennt aber jene gerecht, die an Christus glauben und die Gerechtigkeit des Glaubens mit gerechten Werken erklären. Deren Gebete sind bei Gott kräftig. Dies beweist Jakobus am Beispiel des Elias.

17. Elia war ein Mensch gleichwie wir, und er betete ein Gebet, dass es nicht regnen sollte; und es regnete nicht auf Erden drei Jahre und sechs Monde.

Wie wir: Dass er genau wie wir allerlei menschlichen Schwächen unterworfen war.

Nicht regnen sollte: Weil der Prophet mit göttlichem Eifer gegen die abgöttischen Israeliten entflammt war {1Kön 17}. Wenn aber vortrefflicher Leute Zorn, der vom Heiligen Geist in ihrem Herzen erweckt wird, Feuer fängt, so zieht er den Sündern die göttlichen Strafen über den Hals.

18. Und er betete abermals, und der Himmel gab den Regen, und die Erde brachte ihre Frucht.

Betete abermals: Dieser Prophet Elias rief Gott den Herrn an, dass er es wiederum auf der Erde regnen lassen sollte, weil er Mitleid mit dem elenden Volk hatte, worunter auch noch viele Auserwählte waren.

Gab den Regen: Denn das Gebet, das aus Glauben geschieht, ist sehr kräftig. Es würden auch viele allgemeine Landplagen deutlich gemildert werden und sogar aufhören, wenn wir nicht nur zur menschlichen Hilfe, sondern vielmehr zum inbrünstigen Gebet laufen würden.

19. Liebe Brüder, so jemand unter euch irren würde von der Wahrheit, und jemand bekehrte ihn,

So jemand: Es folgt ein anderes Gebot, wie man die Irrenden wieder auf den rechten Weg bringen soll.

20. der soll wissen, dass, wer den Sünder bekehrt hat von dem Irrtum seines Weges, der hat einer Seele vom Tode geholfen und wird bedecken die Menge der Sünden.

Menge der Sünden: Das bedeutet: Wer geirrt hat und in seinen Sünden verdorben wäre, aber durch die Hilfe und das Zutun eines gottseligen Menschen bekehrt worden ist, dem werden seine vielfältigen Sünden durch Gottes Erbarmen verziehen werden und er wird der ewigen Verdammnis entrinnen. Es ist also nichts Neues, dass etliche verführt werden und vom rechten Weg der Wahrheit abweichen, wie es auch den Galatern geschehen ist. Aber man muss darum an ihnen nicht verzagen, als könnten sie nicht wiederum bekehrt werden. Wenn jedoch jemand einen solch Irrenden wiederum auf den rechten Weg bringt, der hat ein größeres Werk getan, als wenn er einen Toten wieder auferweckt hätte, weil er einen armen Menschen aus dem Rachen der Hölle gerissen hat. Deshalb sollen wir uns bemühen, dass wir diejenigen, die entweder in Religionssachen irren oder von dem Weg der Gebote Gottes in grobe Sünden und Laster abweichen, wieder auf den guten Weg helfen, damit sie ewige Seligkeit erlangen, Amen.