Bibel-Kommentar: Das Buch Esther
Die Königin Esther hatte aus dem jüdischen Volk ihre Herkunft, und ist durch wunderbare Schickung Gottes dem mächtigen König in Persien, Dario Histaspis, Sohn, vermählt worden. Da sie nun des Königs Gemahl ist, stellt der Teufel durch einen gottlosen Menschen, Haman genannt, der bei dem Könige in großen Gnaden und Ansehen war, den Juden mit Hinterlist nach, welche ihre Freiheit wiederum erlangt hatten, nach dem Kores oder Cyrus es ihnen frei gestellt, wiederum ins gelobte Land zu ziehen, und aber sie nichtsdestoweniger in Persien geblieben waren. Eines teils zwar, dass sie aus Undankbarkeit, das von Gott versprochene Land verachteten, Andere aber, weil sie nicht mit Fugen wieder ins gelobte Land kommen konnten. Etliche auch darum, weil sie sah, dass es vonnöten wäre, dass man Juden am persischen Hofe hätte, die vor der anderen Wohlfahrt wachten. Es ging aber Haman mit der Sache so listig und verschlagen um, das wenig gefehlt, es wären alle Juden, so im persischen Königreich damals noch wohnten, auf einen Tag umgebracht worden. Aber Gott erbarmte sich seines Volkes, und ließ durch die Königin Esther, die ihres Vettern Mardachai, eines frommen Mannes, Rat gebrauchte, die Gefahr nicht allein von den Juden abwenden, sondern auch auf des Hamans und der Feinde des Volkes Gottes Kopf gekommen.
Und soll uns dies Buch nicht weniger als die anderen biblischen Schriften lieb sein, weil es ein herrlich Beispiel setzt. Wie der Satan wider die Kirche Gottes wütet, und hingegen Gott durch seine Güte. der Feinde listige Anschläge zunichtemacht, also, dass die Feinde der Kirche Gottes endlich selber in die Gruben fallen, die sie den Frommen gegraben. Ob nun wohl etliche es davor halten, dies Buch sei von Jojakim des Hohepriesters Jesua, so mit Serubabel von Babel gen Jerusalem kommen, Sohn beschrieben worden, Andere aber vorgeben, Mardachai hab es gemacht, so ist doch an dem wenig gelegen, er sei gleich gewesen, wer er wolle. Denn das ist gewiss, dass aus Darstellen des Heiligen Geistes dies Buch der Kirche Gottes zu lesen für geschrieben worden.
Das 1. Kapitel
- Der König Ahasveros lässt seine Herrlichkeit und königliche Reichtum seinen Fürsten und Dienern viel Tage lange, mit köstlichen Mahlzeiten und stattliche Banketten, sehen, v. 1.
- Da er vom Wein erhitzt wird, heißt er die Königin Vasthi durch seine Kämmerlinge fordern, damit er den Gästen ihre Schöne und Herrlichkeit erzeige, Sie aber Wille nicht kommen, v. 9.
- Darauf sie verstoßen wird, und geht in des Königs Namen ein Gebot aus durch das ganze Königreich, dass die Weiber ihre Männer sollen in Ehren halten, v. 13.
1. Zu den Zeiten Ahasveros, der da König war von Indien bis an die Mohren, über hundertundsiebenundzwanzig Länder,
Mohren: Das ist: Von Orient bis in Okzident. Unter desselben mächtigsten Monarchen in Persien Regierung. der auch sonst in den heidnischen Schriften, Darius, Histaspis Sohn genannt wird, hat sich die folgende Geschichte von der großen Gefahr der Juden, und derselben Erlösung daraus begeben.
Länder: Welche in zwanzig Fürstentümer abgeteilt waren, wie Herodotus bezeugt: der auch sagt, dass seinen Gemahl Atossa geheißen habe, so wird Esther im folgenden anderen Kapitel Hadassa genannt, das mit Atossa fast eins ist, ob er wohl am selben Ort Wahrheit und Lügen nach seiner Art durch einander mischt, und sagt, sie sei des Cyri Tochter gewesen.
2. und da er auf seinem königlichen Stuhl saß zu Schloss Susan,
Susan: Da zur selben Zeit die königliche Hofhaltung war. Welches die Hauptstadt gewesen, in der Landschaft Susiana genannt. [Es richtet aber Gott Königreiche auf, und erhält sie auch, auf dass sie seiner Kirche Unterschlupf geben. obwohl ihrer viel unter den Königen und Fürsten gefunden werden, die solches wenig achten.)
3. im dritten Jahr seines Königreiches, machte er bei ihm ein Mahl allen seinen Fürsten und Knechten, nämlich den Gewaltigen in Persien und Medien, den Landpflegern und Obersten in seinen Ländern,
4. dass er sehen ließe den herrlichen Reichtum seines Königreichs und die köstliche Pracht seiner Majestät viel Tage lange, nämlich hundertundachtzig Tage.
Pracht: [Denn obwohl Gott allem Übermut und Hoffart feind ist, so ist ihm doch eine gebührliche Köstlichkeit zu Hofe nicht zuwider, nach dem es die Einkommen ertragen mögen, dass deshalb eine Obrigkeit die Untertanen nicht mit neuen und beschwerlichen Schatzungen aussaugen dürfe. Und macht ein ziemliches Gepränge der Obrigkeit bei den Untertanen ein Ansehen.)
Tage: Welche in die sechs Monat machen. Und sind dieselbe Zeit über, wer von der Perser und niederen Fürsten, Herren, Hauptleuten, Vögten, und Amtleuten zu des Königs Hof gekommen, ganz gnädig empfangen und stattlich ausgehalten wurden. Und ist zu vermuten, dass solches sechs Monat also ausgeteilt gewesen, dass die Gäste auf einander in ihrer Ordnung gefolgt, und alle sämtlich nach und nach wohl traktiert wurden, da unterdes allewege ihrer etliche daheim geblieben, und der Regierung abgewartet. Als wenn ein Fürst seine Hofdiener, Räte, und Amtleute auf einen Feiertag zu Gast ladet, da man etliche Tage mit Ritterspielen, Turnieren, Ringrennen, und dergleichen zubringt. Es ist aber dieser des Königs Pracht schier ganz zu groß gewesen. [Denn u in diesem Handel der Sachen ehe zu viel, als zu wenig tun.) Jedoch hat Gott solches Übermaß des Königs nach seiner großen Güte und Weisheit gewandt zur Erhaltung seiner Kirche, wie wir später hören werden.
5. Und da die Tage aus waren, machte der König ein Mahl allem Volk, das zu Schloss Susan war, beide Großen und Kleinen, sieben Tage lange im Hofe des Gartens am Hause des Königs.
Mal: Dass er ein neu Bankett anrichtete.
Susan: In der königlichen Hauptstadt, da der König damals sein Hoflager hielt.
Und kleinen: Nicht allein für die vornehmsten Herren und Räte, sondern auch für die gemeine Bürgerschaft in derselben Stadt, und vor den Gemeinde man, hat also eine freies Tafel und offenen Hof gehalten. Mit welchem Tun er der Untertanen Gemüter ihm wollen geneigt machen, wie man dergleichen Beispiel von etlichen römischen Kaisern im Svetonio und anderswo auch liest. [Aber die wahre Gottesfurcht und rechte Verwaltung des Regiments machen es am allermeisten, dass die Untertanen einer Obrigkeit hold werden.)
6. Da hingen weiße, rote und gelbe Tücher, mit leinenen und scharlachenen Seilen gefasst in silbernen Ringen auf Marmelsäulen. Die Bänke waren goldene und silbern, auf Pflaster von grünen, weißen, gelben und schwarzen Marmeln gemacht.
Da hingen: Jetzt wendet sich der Heiligen Geist wieder um zur Beschreibung des ganzen herrlichen Banketts des Königs, so nicht allein die sieben Tage lange gewährt, da er die Bürgerschaft zu Gaste hatte, sondern auch die vorige sechs Monat über, da er die Fürsten und Landherren ausgehalten.
Weiße: Denn die Orientalische Völker hatten Lust zu weißer, wie die Occiedentalischen zur Purpurfarbe.
Waren goldene: Das ist: Sie waren mit Teppichen, von Gold und Silber durch einander gewirkt, bedeckt.
Auf Pflaster: Da auch die Bänke, meines Erachtens, also zugerichtet und gesetzt gewesen, dass sie auf dem Pflaster gegessen haben, gleichwie ich höre, dass die Türken auf Teppichen, die sie auf dem Boden ausbreiten, zu essen pflegen, so lag man vorzeiten zum Essen, und saß nicht, wie man jetzt tut.
7. Und das Getränk trug man in goldenen Gefäßen, und immer anderen und anderen Gefäßen, und königlichen Wein die Menge, wie denn der König vermochte.
Immer anderen: Man setzte immer schöner und künstlicher Kredenz und Trink-Geschirr auf, welches alles zur königlichen Pracht und Zeichen seiner Herrlichkeit angesehen war. [Denn der Goldschmiede Kunst ist auch eine Gabe Gottes, darüber man sich richtig zu verwundern.)
Wein: Der nicht schlecht war, sondern der beste, dazu wurde den Gästen nicht kärglich aufgetragen, sondern reichlich und die Fülle. [Den der Wein ist von Gott dazu erschaffen, dass er bei ehrlichen Mahlzeiten des Menschen Herz erfreue soll.)
8. Und man setzte niemand, was er trinken sollte; denn der König hatte allen Vorstehern in seinem Hause befohlen, dass ein jeglicher sollte tun, wie es ihm wohlgefiele.
Wohlgefiel: Nämlich, mit dem Trinken, das keiner den anderen nötigen sollte, sondern ein jeder trinken möchte, so viel ihm geliebte. [Denn zu dem, dass es an ihm selbst eine große Sünde ist, einen anderen zu zwingen, dass er sich volltrinke, so ist es auch sehr unfreundlich gehandelt, wen wir der Sachen recht nachdenke wollen, dass man anderen Leuten beim Wohlleben vorschreiben Wille, wie viel Weins sie trinken sollen, besonders weil ihrer viel, ohne Nachteil ihres Leibes Gesundheit, nicht viel Weins leiden mögen. Wird darum dieser König Ahasveros diejenigen Fürsten und Herren am Jüngsten Tage schamrot machen, welche ihre Diener dazu antreiben, dass sie mit Trinken einander zusetzen, und darauf sich bemühen sollen, wie einer den anderen vollmachen könne, dadurch sie ihre Mitgesellen ihres Verstandes und Sinne berauben, dass sie ihre Glieder nicht recht mehr benutzen können.)
9. Und die Königin Vasthi machte auch ein Mahl für die Weiber im königlichen Hause des Königs Ahasveros.
Und: Bis daher haben wir von des Königs Ahasveros königlicher Herrlichkeit vernommen, folgt jetzt auch von seiner Gemahlin der Königin Freigiebigkeit, welche in dem Stücke nicht geringer wollen angesehen sein, als ihr Herr, der König. [Denn es schlägt der Fürsten und Herren Weibern oft der Pracht und Überfluss viel besser zu, als da man soll etwas zu Rat halten, und zu Nutzen ersparen.) Und hat ohne Zweifel die Königin der vornehmsten Hofdiener und Räte Weiber und Töchter geladen.
10. Und am siebten Tage, da der König gutes Muts war vom Wein, hieß er Mehuman, Bistha, Harbona, Bigtha, Abagtha, Sethar und Charkas, die sieben Kämmerer, die vor dem Könige Ahasveros dienten,
Vom Wein: [Denn der Wein vertreibt die Traurigkeit und erfreut des Menschen Herz.)
Kämmerer: Welche die vornehmsten Ämter verwalteten am königlichen Hofe, und dem Könige stets auf den Dienst warteten.
11. dass sie die Königin Vasthi holten vor den König mit der königlichen Krone, dass er den Völkern und Fürsten zeigte ihre Schöne; denn sie war schön.
Krone: Denn der König begehrte, dass sie sich mit dem Amtskleid sollte sehen lassen, in dem sie war gekrönt worden. Daran er doch sehr unweislich gehandelt, dass er die Königin zum Bankett fordert. Obwohl bei den Persern sonst im Brauch war, dass sie in ihrem Wohlleben auch Weibspersonen kommen ließen. Denn er der königlichen Majestät hätte sollen schonen. [Aber dergleichen Ratschläge pflegt man beim Wein auf die Bahn zu bringen. Dass man aber der Weiber schöne Gestalt anderen Leuten und Mannespersonen zeigen will, ist eben so viel, als wenn man sie zur Ungebühr oder Unzucht reizen wollte.) Obwohl nun, wie gemeldet, der König Ahasveros unweislich getan, dass er seine Gemahlin zu einem öffentlichen Bankett für so viel Manns-Personen fordert, besonders weil die Königin damals auch ein Wohlleben für die Weibsbilder angerichtet hatte, von denen es sich nicht wohl gebühren wollen, dass sie hinweg wiche, jedoch, weil es an ihr selber nicht Sünde war, zu erscheinen, und dem Könige zu gehorsamen, hätte die Königin solches zu tun nicht abschlagen sollen.
12. Aber die Königin Vasthi wollte nicht kommen nach dem Wort des Königs durch seine Kämmerer. Da wurde der König sehr zornig, und sein Grimm entbrannte in ihm.
Nicht kommen: Ohne Zweifel, dass sie bei ihr selbst gedacht, es sei nicht nötig, dass sie ihre Gäste bleiben ließe, und dem Mann gehorsam wäre, in einer Sache, die sich ohne das nicht wohl schickte. So hat sie auch vielleicht sich besorgt, dass dadurch ihr Ansehen bei den anwesenden Weibspersonen möchte geschmälert werden. [Denn eine Musterbeispiel an Schönheit des Leibes, und wahre Demut des Herzens, finden sich bei einer Weibsperson selten beisammen. Darum tun die sich selbst zu kurz, welche viel mehr auf des Leibes Schöne, als auf die Vortrefflichkeit des Gemüts sehen, wenn sie Weiber nehmen wollen.)
Entbrannt: [Einen solchen Ausgang pflegt es oft mit den Freudenfesten zu gewinnen, dass aus einem herrlichen Bankett eine große Unlust und Unruhe wird.)
13. Und der König sprach zu den Weisen, die sich auf Landes Sitten verstanden (denn des Königs Sachen mussten geschehen vor allen Verständigen auf Recht und Händel;
sprach: Nämlich, nach dem er für so viel der vornehmsten Hofdiener und Räte öffentlich von seiner Gemahlin war verachtet und zuschanden gemacht worden, daher zu besorgen, dass nicht etwa dadurch seine königliche Majestät geschmälert, und so wohl bei den Landständen als anderen Untertanen auch möchte in Verachtung kommen. Darum er darüber beratschlagen lassen, wie der Sachen zu tun wäre.
Verstanden: Dass sie um die alten Gebräuche und Geschichten wussten, und in Sachen erfahren waren.
Geschehen: Der König hatte im Brauch, dass er in wichtigen Sachen weiser Leute Rats pflegte, die um des Königreichs Persien Gesetz und Ordnungen wussten, wie man urteilen sollte.
14. die Nächsten aber bei ihm waren Charsena, Sethar, Admatha, Tharsis, Meres, Marsena und Memuchan, die sieben Fürsten der Perser und nieder, die das Angesicht des Königs sahen und saßen obenan im Königreich),
Nächsten: Die vor anderen beim Könige ihrer Weisheit und hohen Verstandes halben im Ansehen waren.
Sahen: Die sich stets um den König hielten. Denn der Perser Könige wurde von den Untertanen selten gesehen, weil sie meinten, es würde ihr Ansehen dadurch erhalten, darum die vorgemeldeten fast allein nur um den König sein durften, als die vornehmsten Fürsten des Reiches.
Oben an: Sie hatten den Vorzug in der Perser und nieder Königreich bei den wichtigsten Ratschlägen, darum sie der König auch in dieser Sachen zu benutzen begehrte. [Denn es sollen Fürsten und Herren in wichtigen Geschäften Weise und treue Räte hören, damit sie nicht ihrem Gutdünken oder Begierden nachhängen, und etwas beschließen, dessen sie später bereue.) Und waren solche sieben Fürsten im persischen Königreich, die des Königs Dekret stellten, wie bei uns im Römische Reich die sieben Churfürsten sind, ohne welcher Rat und Vernunftsdenken der Römische Kaiser in großwichtigen Sachen, des Reiches Wohlfahrt betreffend, nichts beschließt. [So ist auch in den Fürstentümern vonnöten, dass etliche der vornehmsten Landes-Stände sind, ohne deren Bewilligung die Fürsten nichts beschließen in Sachen, das ganze Fürstentümer belangend.)
15. was für ein Recht man an der Königin Vasthi tun sollte, darum dass sie nicht getan hatte nach dem Wort des Königs durch seine Kämmerer.
16. Da sprach Memuchan vor dem Könige und Fürsten: Die Königin Vasthi hat nicht allein an dem Könige übel getan, sondern auch an allen Fürsten und an allen Völkern in allen Landen des Königs Ahasveros.
Memuchan: Welcher, ob er wohl der letzte in der Zahl gesetzt worden, dennoch bei dem Könige das größte Ansehen haben wird.
Fürsten: In der stattlichen Versammlung.
Übel getan: Dass sie mit ihrem Stolz und übermütiger Verachtung sich an die hohe Obrigkeit vergriffen, und wieder die königliche Majestät gehandelt hat.
Völkern: Denen sie mit dem Beispiel ihres Ungehorsams ein bös Ärgernisse gegeben hat. Welches allen Ständen und Untertanen im ganzen Königreich zu Schaden und Nachteil gereichen wird.
17. Denn es wird solche Tat der Königin auskommen zu allen Weibern, dass sie ihre Männer verachten vor ihren Augen und werden sagen: Der König Ahasveros hieß die Königin Vasthi vor sich kommen; aber sie wollte nicht.
Tat: Wie sie sich gegen ihren Herrn dem Könige so ungehorsam und widerspenstig erzeigt und verhalten hat.
Wollte nicht: Darum will ich dir (werden die Weiber zu ihren Ehemännern sprechen) auch nicht gehorchen, weil du noch bei weitem kein König bist, denn hat doch die Königin Vasthi nichts um ihren Herrn den König gegeben, und ich sollte dir gleich aufwischen.
18. So werden nun die Fürstinnen in Persien und Medien auch so sagen zu allen Fürsten des Königs, wenn sie solche Tat der Königin hören; so wird sich Verachtens und Zorns genug heben.
Genug heben: Weil die Weiber ihre Männer ganz oft und dick verachten, und die Männer alsdann sich erzürnen werden, dass des Zankens und Scheltens zwischen den Eheleuten weder Maß noch Ende sein wird.
19. Gefällt es dem Könige, so lasse man ein königliches Gebot von ihm ausgehen und schreiben nach der Perser und nieder Gesetz, welches man nicht darf übertreten, dass Vasthi nicht mehr vor den König Ahasveros komme; und der König gebe ihr Königreich ihrer Nächsten, die besser ist denn sie;
Komme: Sondern werde mit des Königs offenem Dekret vom Königreich verstoßen, und aller ihrer Hoheit entsetzt, dass sie nicht mehr des Königs Gemahl sei.
Besser ist: Und dem Könige gehorsamer. Solche Beispiel (will er sagen) der verstoßenen Königin, so ihre königliche Majestät verloren hat, und in großer Verachtung ein elend Leben führen wird, wird die anderen Weiber dahin bewegen, dass sie ihren Ehemännern desto williger gehorsam sind.
20. und dass dieser Brief des Königs, der gemacht wird, in sein ganz Reich (welches groß ist) erschalle, dass alle Weiber ihre Männer in Ehren halten, beide unter Großen und Kleinen.
Gemacht: Denn der König wider seine Gemahlin die Königin wird stellen lassen.
Erschalle: Auf dass die Sache jedermann bekannt werde.
Und kleinen: Bei hohes und niedrigen Standespersonen, weil sie sich werden müssen besorgen, dass sie auch von ihren Männern verstoßen werden, da sie sich wieder gespenstig und ungehorsam erzeigen. So war es damals zugelassen, dass man die Weiber durfte von sich ausstoßen, wenn gleich kein Ehebruch dazwischen gekommen war. [Und muss man bisweilen ein ernstes Beispiel sehen lassen, damit andere dadurch von Sünden abgeschreckt werden.)
21. Das gefiel dem Könige und den Fürsten; und der König tat nach dem Wort Memuchans.
Gefiel: Sie bewilligten alle mit einander in den Vorschlag.
22. Da worden Briefe ausgesandt in alle Länder des Königs, in ein jegliches Land nach seiner Schrift und zu jeglichem Volk nach seiner sprach, dass ein jeglicher man der Oberherr in seinem Hause sei; und ließ reden nach der Sprache seines Volkes
Briefe: Welcher Inhalt war, wie die Königin Vasthi, von wegen ihres Ungehorsams wider den König, wäre von ihm verstoßen, und aller königlichen Würde entsetzt worden.
Hause sei: Das ist: Dies sei des Königs Wille und Meinung, dass andere Weiber in diesem Beispiel sich bespiegeln, und lernen, wie sie ihre Ehemänner sollen ehren, und ihnen folgen. Sofern sie aber solches nicht tun wollten, so stünde dem Mann frei, sie zu verstoßen, und andere zu nehmen. [Obwohl nun heutigen Tages nicht zugelassen wird, dass die Männer ihre Weiber verstoßen dürften, außerhalb dem Fall des Ehebruchs {Mt 19}. So ist doch das dem Göttlichen und allen menschlichen Rechten gemäß, dass die Weiber ihren Männern sollen gehorsam sein {1Mos 3}. Und obwohl demselben Gebot selten nachgesetzt wird, so geschieht es doch auch wiederum, dass die widerspenstigen Weiber von Gott gestraft werden, und keinen glücklichen oder ruhigen Ehestand haben: Die Ehemänner aber sollen hingegen sich auch so freundlich und bescheidentlich gegen ihren Weibern erzeigen, dass dieselben ihnen viel lieber begehren zu folgen, als sich denselben zu widersetzen.)
Das 2. Kapitel
- Da der König von wegen der verstoßenen Königin schwermütig ist, führt man ihm die schönste Jungfrauen zu, aus denen er die Esther erwählt, welche ihrer Herkunft eine Jüdin war, die ihr Vetter Mardachai an Kindes statt aufgenommen hatte, v. 1.
- Darauf wird die Esther zur Königin gekrönt, und wird die Hochzeit mit Königlichem Pracht gehalten, v. 15.
- Da zwei Kammerdiener dem Könige nach dem Leben trachten, werden sie auf des Mardachai anbringen gehängt, v. 20.
1. Nach diesen Geschichten, da der Grimm des Königs Ahasveros sich gelegt hatte, gedachte er an Vasthi, was sie getan hatte, und was über sie beschlossen wäre.
Gedacht: Da denn allem Anzeigen nach, ihn angefangen zu bereuen, dass er seine Gemahlin verstoßen hatte, weil er sich Bedenken ließ, es wäre die Strafe größer, als die Tat an ihr selber Wert sein möchte, denn sie dem Könige nur ein einziges Mal zu willfahren sich gewidert, da sie sonst vielleicht sich immer der Gebühr gegen ihn verhalten. So machte er sich auch die Gedanken, dass er selber nicht weniger Unrecht getan, in dem er die Königin zu Unzeiten fordern lassen, als sie, dass sie ihm sein Begehren abgeschlagen. Darum er mit großer Lieb gegen ihr wiederum entzündet wurde, von wegen ihrer ausbündigen Schönheit, und beschuldigte sich selbst, dass er so schnell verfahren. Weil aber die Persische Edikt nicht bald konnten widerrufenen und geändert werden, dazu er ohne Nachteil seines königlichen Ansehens sie nicht wieder zu sich nehmen durfte, musste er seine Begierden im Zaum halten.
2. Da sprachen die Knaben des Königs, die ihm dienten: Man suche dem König junge schöne Jungfrauen;
Knaben: Nämlich, seine vornehmsten Hofdiener. Denn da sie merkten, dass der König schwermütig wäre, sind sie darauf bedacht, wie sie ihm sein heimliches Anliegen möchte lindern, und ihm es aus dem Sinne schlagen, da sie denn kein besseres Mittel finden können, als dass sie dem Könige eine andere Gemahlin an der vorigen statt suchten, die ihm von wegen ihrer Schönheit und Holdseligkeit gleich so wohl, oder auch besser zuschlüge, als die andere.
3. und der König bestelle Schauer in allen Landen seines Königreichs, dass sie allerlei junge schöne Jungfrauen zusammenbringen gen Schloss Susan, ins Frauenzimmer, unter die Hand Hegais, des Königs Kämmerers, der, der Weiber wartet, und gebe ihnen ihren Schmuck;
Weiber wartet: Denn der König hatte auch neben der Königin andere mehr Weiber, obwohl nur eine den Namen und das Ansehen einer Königin behalten. [Dass aber uns jetziger Zeit solche Beispiel mit dem viel Weiber nehmen nicht nachzufolgen stehe, bezeugt die Predigt Christi vom Ehestand {Mt 19}. Und die erste Einsetzung desselben. Denn Gott hat dem Adam nicht viel, sondern nur ein Weib, die Eva, erschaffen {1Mos 2}.
Schmuck: Was dies für ein Schmuck gewesen, wird bald später weitläufiger erklärt, nämlich, dass man ihnen köstliche und wohlriechende Öle gegeben, damit sie sich gesalbt, auf dass sie eine zarte Haut bekämen. Neben dem brauchten sie Bisam, und viel andere köstliche Spezereien, auf dass mit solchen gleichsam Arzneien, der Jungfrauen Leiber sauber, rein, zart, weich, und wohlriechend würden. [Ob nun wohl solche Zubereitung und Herausstreichung der Weibspersonen, die viel Mühe und Zeit erforderte, heutigen Tages nicht fast gebräuchlich ist. So tun doch Fürsten und Herren Weiber nicht Unrecht, wenn sie sich einer angemessenen Schöne, und zierlichen sauberen Kleidung und Schmuck bemühen, nur darum, dass sie ihren Herren angenehm sein und gefallen mögen, und dieselben nicht Anlass oder Gelegenheit suchen, sich mit Fremder und ungebührlicher Liebe zu beflecken. Die Fürsten und Herren aber sollen ihrer Wollüste, so ihnen Gott gönnt und zulässt, also benutzen, damit es nicht ein Ansehen gewinne, als wäre ihnen dies zeitliche Leben lieber, als der Himmel. Wir sehen und lernen auch hier, wohin der Hofleute Ratschläge oft gerichtet werden, nämlich, wo sie merken, dass ihre Oberherren vorhin geneigt, und leicht zu überreden sind, weil sie meinen, man müsse für großen Herren entweder ganz wenig reden, oder doch nur vorbringen, was sie gerne hören.)
4. und welche Dirne dem Könige gefällt, die werde Königin an Vasthis statt. Das gefiel dem Könige und tat also.
5. Es war aber ein jüdischer man zu Schloss Susan, der hieß Mardachai, ein Sohn Jairs, des Sohnes Simeis, des Sohnes Kis, des Sohnes Jeminis {2Sam 24v15 v16 Neh 7v7},
Mardachai: Der ohne Zweifel bei den Juden ein großes Ansehen hatte.
Jemini: Aus dem Stamm Benjamin. Es werden aber in diesem Geburtsregister um Kürze willen viel Glieder ausgelassen.
6. der mit weggeführt war von Jerusalem, da Jechanja, der König Judas, weggeführt wurde, welchen Nebukadnezar, der König zu Babel, weggeführt.
Weggeführt: Das denn etliche Jahr zuvor geschehen, Ehe Jerusalem zerstört worden, darum Mardachai eines hohen Alters muss gewesen sein.
7. Und er war ein Vormund Hadassas, die ist Esther, eine Tochter seines Vetters; denn sie hatte weder Vater noch Mutter. Und sie war eine schöne und feine Dirne. Und da ihr Vater und Mutter starb, nahm sie Mardachai auf zur Tochter.
Schöne: [Welche nicht eine schlechte und geringe Gabe Gottes ist an einem frommen und züchtigen Mädchen.)
Zur Tochter: Dass er väterliche Vorsorge für sie trug. [Denn Gott ist ein Vater der Weisen, und richtet fromme Leute an, die der armen Weisen sich mit Ernst und treulich annehmen. Und sollen fromme Leute ihren blutsverwandten Weisen nicht aus der acht lassen.)
8. Da nun das Gebote und Gesetz des Königs laut wurde, und viel Dirnen zu Hause gebracht worden gen Schloss Susan unter die Hand Hegais, wurde Esther auch genommen zu des Königs Haus unter die Hand Hegais, des Hüters der Weiber.
9. Und die Dirne gefiel ihm, und sie fand Barmherzigkeit vor ihm. Und er eilte mit ihrem Schmuck, dass er ihr ihren Teil gäbe, und sieben feine Dirnen von des Königs Hause dazu. Und er tat sie mit ihren Dirnen an den besten Ort im Frauenzimmer.
Gefiel ihm: Von wegen ihrer Zucht und guten Sitten.
Für ihm: Dass er ihr besonders geneigt war, und Gutes gönnte. [Denn wen Gott liebt, dem macht er auch fromme Leute günstig und gewogen. Darum wir zuvorderst mit allem Fleiß danach trachten, auch all unser Tun und Lassen dahin richten sollen, dass wir Gott zum Freunde haben, und seine Huld und Gnade behalten, so dürfen wir uns der Menschen Feindschaft halben nichts besorgen, denn sie uns entweder auch müssen hold sein, oder werden doch von unserem Herrn Gott zurückgehalten, dass sie uns nicht schaden können.)
Ihren Teil: Was sie zu ihrem Schmuck bedurfte.
Dirnen: Die ihr auf den Dienst warteten.
Königs Hause: Aus dem königlichen Frauenzimmer.
Besten Ort: Ergab ihr das beste Gemach ein, und hatte mit allem Fleiß Acht darauf, dass Esther nicht die geringste unter den Jungfrauen angesehen würde, die man zum Könige führen sollte. Weil er hoffte, sie sollte Königin werden, wie auch bald später geschehen.
10. Und Esther sagte ihm nicht an ihr Volk und ihre Freundschaft; denn Mardachai hatte ihr geboten, sie sollte es nicht ansagen.
Ihr Volk: Das sie vom jüdischen Geschlecht wäre.
Nicht ansagen: Auf dass sie dadurch nicht in Verachtung käme, oder verhasst würde. Denn es setzte Mardachai in keine Zweifel, wenn Esther von dem Könige aufgenommen würde, und er sie lieb gewönne, da sie alsdann ihm ihr Geschlecht und hergekommen anzeigte, dass den Juden daraus viel Gutes entstehen möchte, oder doch allerhand sich zutragendes Unglück könnte abgewendet werden. Darum er sie heißen ein Zeit lang ihr Geschlecht verhehlen, in dem sie ihm auch fleißig gefolgt, und hat recht daran getan. [Denn gleichwie es ein schändliches Ding ist um die Lügen, also ist es wiederum eine besondere Vorsichtigkeit und Klugheit, wenn man Sachen verhehlt, die zu offenbaren nicht nötig sind.)
11. Und Mardachai wandelte alle Tage vor dem Hofe am Frauenzimmer, das er erführe, ob es Esther wohlginge, und was ihr geschehen würde.
Geschehen würde: Ob die Sache mit ihr wohl oder übel würde hinausgehe. Denn er sorgfältig für sie war, weil er sie nicht anders als seine Tochter liebte.
12. Wenn aber die bestimmte Zeit einer jeglichen Dirne kam, dass sie zum Könige Ahasveros kommen sollte, nachdem sie zwölf Monden im Frauenschmücken gewesen war (denn ihr Schmücken musste so viel Zeit haben, nämlich sechs Monden mit Balsam und Myrrhen und sechs Monden mit guter Spezerei, so waren denn die Weiber geschmückt),
13. alsdann ging eine Dirne zum Könige, und welche sie wollte, musste man ihr geben, die mit ihr vom Frauenzimmer zu des Königs Hause ginge.
14. Und wenn eine des Abends hineinkam, die ging des Morgens von ihm in das andere Frauenzimmer unter die Hand Saasgas, des Königs Kämmerers, der Kebsweiber Hüters. Und sie musste nicht wieder zum Könige kommen, es lüstete denn den König und ließe sie mit Namen rufen.
Lüstete: Dass er ihr insbesondere gewogen würde. Dies ist ein großer Übermut und Üppigkeit an den persischen Königen gewesen. [Und haben viel Potentaten mehr acht, wie sie in dieser Welt ihnen mögen lassen wohl sein, und nach ihren Lüsten leben, als wie sie die ewige Seligkeit erlangen könnten.)
15. Da nun die Zeit Esthers herzukam, der Tochter Abihails, des Vetters Mardachais (die er zur Tochter hatte aufgenommen), dass sie zum Könige kommen sollte, begehrte sie nichts, denn was Hegai, des Königs Kämmerer, der Weiber Hüter, sprach. Und Esther fand Gnade vor allen, die sie ansahen.
sprach: Sie ließ sich an dem Begnügen, was Hegai der Kämmerer des Königs aus gutem Willen ihr verordnete.
Fand Gnade: [Denn die Zucht und wahre Demut machen, dass die Leute einem günstig und gewogen werden.)
16. Es wurde aber Esther genommen zum Könige Ahasveros ins königliche Haus im zehnten Monden, der da heißt Tebeth, im siebten Jahr seines Königreichs.
Tebeth: Der zum Teil in unseren Dezember, zum Teil in den Januar fällt.
17. Und der König gewann Esther lieb über alle Weiber, und sie fand Gnade und Barmherzigkeit vor ihm vor allen Jungfrauen. Und er setzte die königliche Krone auf ihr Haupt und machte sie zur Königin an Vasthis statt.
Weiber: Mit denen er bisher beigelegen war.
Jungfrauen: Als wollte er sagen: Es war ihm unter allen Weibspersonen keine so lieb, als diese.
Krone auf: Er ließ sie zur Königin krönen. [Denn Gott, der sich hoch gesetzt hat, sieht auf das Niedrige, und erhöht die armen und verachteten Leute.)
18. Und der König machte ein großes Mal allen seinen Fürsten und Knechten (das war ein Mahl um Esthers willen) und ließ die Länder ruhen und gab königliche Geschenke aus.
Groß Mal: Er hielt mit der Esther Hochzeit. [Und hat zwar das hochzeitliche Gepränge seinen Nutzen, dass, nämlich, die Eheleute in schweren Zufällen einen Trost daraus nehmen, weil sie sich zu Gemüt führen, wie sie Gott ordentlicherweise zusammen gefügt habe, dass sie des Ehestandes Bürden tragen sollen.)
Ruhen: Das ist: Er ließ im selben Jahr an den Gemeinde und Bürgerlichen Beschwerden den Untertanen etwas nach, auf das er sich und der Königin die Untertanen desto williger machte, und das Königreich durch ihre Zuneigung desto mehr für ihn und seine Nachkommen gestärkt und bestätigt würde. [Zu wünschen wäre es, dass die Fürsten und Obrigkeiten nach dem Beispiel dieses Königs lernten die gemeinen Beschwerden viel mehr zu mindern, als zu mehren, zum wenigsten ein Zeit lang, bis die Untertanen in den beschwerlichen Zeiten sich etlichermaßen wiederum erholen könnten.)
Geschenke: Wie einem solchen Könige gebührte. [Denn die Freigiebigkeit steht Fürsten und Herren wohl an, welche doch auch das Ziel nicht überschreiten sollen, damit keine Verschwendung daraus werde.
19. Und da man das andere Mal Jungfrauen versammelte, saß Mardachai im Tor des Königs.
Versammelt: Denn die Könige in Persien waren mit einem oder zwei Weibern nicht vergnügt, sondern nahmen ganz viel, obwohl nur eine unter denselben die Vornehmste war, und den königlichen Namen führte.
Im Tor: Da er fleißig Acht hatte, wie es um die Königin Esther stünde, damit er ihr mit gutem Rat, da es vonnöten tat, behilflich wäre, weil er sie nicht anders liebte, als wenn sie seine leibliche Tochter gewesen. [Bei diesem Beispiel sollen die Vormünder sich ihres Amtes erinnern, auf dass sie für die Unmündigen, welche sie in ihre Pflege genommen, fleißige Sorge tragen.)
20. Und Esther hatte noch nicht angesagt ihre Freundschaft noch ihr Volk, wie ihr denn Mardachai geboten hatte. Denn Esther tat nach dem Wort Mardachais, gleich als da er ihr Vormund war.
tat: Ob sie wohl eine Königin war. [Wir sollen auch diejenigen immer in Ehren halten, welche mit der Zucht und Auferziehung uns Gutes erzeigt haben, wenn wir gleich zu höhen Ehren und Würden sind erhöht worden.)
21. Zur selbigen Zeit, da Mardachai im Tor des Königs saß, worden zwei Kämmerer des Königs, Bigthan und Theres, die der Tür hüteten, zornig und trachteten, ihre Hände an den König Ahasveros zu legen.
Saß: Dass er ins Königs Hof umging. Und wird jetzt erzählt durch was Gelegenheit Mardachai dem Könige bekannt worden, welches später den Juden sehr wohl erschossen, wie wir hören werden.
Zu legen: Sie begehrten ihn umzubringen. [Ist deswegen der Könige und Fürsten Leben vieler Gefahr unterworfen, darum sollen sie Gott um Schutz und Rettung fleißig anrufen, und in ihrem Wandel sich also verhalten, dass der heiligen Engel Schutz ihnen nicht entzogen werde.)
22. Das wurde Mardachai kund, und er sagte es an der Königin Esther, und Esther sagte es dem Könige in Mardachais Nahmen.
Sagt es: [Denn es sollen es fromme Untertanen nicht verschweigen, wenn sie hören, dass wider ihre Obrigkeit etwas vorgenommenen wird.)
Dem Könige: Der also durch zu tun seiner Gemahlin, die vor der Zeit ein armes und gefangenes Mädchen gewesen war, des Todes Gefahr damals entronnen. [Denn Gott vergelt die Guttaten reichlich, welche man armen und verlassenen Leuten erzeigt.)
23. Und da man solches forschte, wurde es gefunden. Und sie worden beide an Bäume gehängt, und wurde geschrieben in die Chronik vor dem Könige.
Forscht: Ob sich es in der Wahrheit also erhielte, dass sie dem Könige nach dem Leben getrachtet hätten. Denn der König nicht gleich auf die bloßen Zeichen der Königin gegangen, dass er bald die Beklagten hätte lassen unverhörter Sachen hinrichten. [Und soll man niemand zur Strafe ziehen, ohne vorvergangene deutliche Erkundigung.)
Gehängt: [Denn wer einem anderen, und besonders der Obrigkeit, nach dem Leben steht, der fällt selber in die Grube, die er einem anderen gegraben hat.)
Geschrieben: Denn der König gewollt, das diese Geschichte von dem gemachten Anschlag wider ihn, sich selber auch zu Nutzen im Gedächtnis bliebe, und aufgezeichnet würde, auf dass, wenn er sie dermaleinst wieder überlese, sich dabei erinnerte, dass er für dergleichen Nachbetrachtung sich desto fleißiger hütete. [Weil es den Fürsten und Herren sehr dienlich ist, dass man ihre Geschichten und Taten verzeichne, auf dass sie dadurch, was sie Gutes getan, aufgemuntert werden, dasselbe, so sie wohl angefangen, zu Ende zu bringen, was aber Unrecht und ungerades vorgegangen, zu verbessern.) Es ist aber dem Mardachai seine Treue nicht gleich belohnt worden, und hatte es das Ansehen, als sei die Guttat, so er dem Könige erwiesen, übel angelegt gewesen. [Aber was uns nicht bald vergolten wird, das erstattet Gott zu einer anderen gelegenen Zeit aufs reichlichste.)
Das 3. Kapitel
- Mardachai Wille dem mächtigen Hofschranzen Haman keine Ehre erzeigen, v. 1.
- Darüber Haman zur Rache solcher Verachtung nicht nur den Mardachai umzubringen, sondern auch das ganze jüdische Volk zu vertilgen begehrt, v. 3.
- Und bringt deshalb ein Gebot vom Könige aus, mit des Königs Siegel, v. 7.
- Da solches in der königlichen Hauptstadt angeschlagen wird, bringt es einen großen Schrecken in die Leute, da unterdes der König und Haman guter Dinge sein, v. 10.
1. Nach diesen Geschichten machte der König Ahasveros Haman groß, den Sohn Medathas, den Agagiter, und erhöhte ihn und setzte seinen Stuhl über alle Fürsten, die bei ihm waren.
Groß: Dass er denselben gottlosen Menschen zu großen Ehren erhob, und ihm große Gewalt gab.
Agagiter: Der von des Agag, der Amalekiter Königs Geschlecht war, welchen der Prophet Samuel auf Gottes Befehl erwürgt hatte {1Sam 15}.
Über alle: Er hatte den Vorzug, und saß überall oben an, so wohl in der Ratskammer oder Kanzlei, als zu Hofe bei den Mahlzeiten und königlichen Banketten. Es hatte aber Gott darum seine Drohungen nicht vergessen, dass er die Amalekiter in Grund vertilgen wollte. [Sondern wen er die Gottlosen erhöht, geschieht es darum, auf dass sie desto härter fallen.)
2. Und alle Knechte des Königs, die im Tor des Königs waren, beugten die Knie und beteten Haman an; denn der König hatte es also geboten. Aber Mardachai beugte die Knie nicht und betete nicht an.
Beteten: Sie bückten sich sehr tief vor ihm, und bewiesen ihm große Ehre.
Geboten: Und wollte, dass man ihn sollt ein Ehren halten.
Nicht an: Die Ursache, warum Mardachai dem Haman keine Ehre erzeigen wollen, wird nicht hinzugesetzt. Und findet man doch auch nirgends in der Schrift etwas davon, dass er Unrecht daran getan hat, in dem er den Haman solche äußerliche Ehre nicht antun wollte: So viel hört man aber aus dieser Geschichte, dass Haman ein ganz ein böser Mensch, und gottloser Bube gewesen, und hingegen Mardachai ganz ein frommer Mann, darum man es davor halten muss, dass Mardachai aus einem besonderen Heldenmut und Antrieb des Heiligen Geistes sich gewidert habe, eine solche Ehre zu erzeigen, dessen ganzes Geschlecht Gott der Herr selbst vor der Zeit längst verflucht hatte. [Gleichwie man aber dergleichen besondere Heldentat nicht freventlich nachtun soll, also soll man sie auch nicht unbedachtsam schelten, oder freventlich davon urteilen. Unterdes aber lehrt uns die gemeine Regel, dass man diejenigen soll in Ehren halten, welche die ordentliche Obrigkeit zu ehren befiehlt.)
3. Da sprachen des Königs Knechte, die im Tor des Königs waren, zu Mardachai: Warum übertrittst du des Königs Geboten
Gebote: Welches er hat lassen ansagen, dass man den Haman ehren soll. Steht auch, dass alle andere diesem Befehl gehorsam nachkommen.
4. Und da sie solches täglich zu ihm sagten, und er ihnen nicht gehorchte, sagten sie es Haman an, dass sie sähen, ob solche Tun Mardachais bestehen würde; denn er hatte ihnen gesagt, dass er ein Jude wäre.
Nicht gehorche: Dass er sich ihrer Erinnerung wenig achtete, weil er in seinem Gewissen dessen versichert war, dass er daran wieder Gott nicht sündigte.
Bestehen: Ob Gott den Mardachai würde schützen und handhaben, auf den er sich berufen hatte. [Es sind aber ihrer viel Unrecht daran, welche von der Wahrheit oder Falschheit einer Religion urteilen, nach dem es einen glücklichen oder unglücklichen Ausgang damit gewinnt, und fallen der einen oder anderen Religion zu, bei der sie erhoffen einen glücklichen Fortgang zu haben.)
5. Und da Haman sah, dass Mardachai ihm nicht die Knie beugte noch ihn anbetete, wurde er voll Grimms.
Voll Grimms: [Denn was gottlose Leute sind, können aus großem Stolz und Übermut nicht weniger leiden, als wenn man sie verachtet.)
6. Und verachtete es, dass er an Mardachai allein sollte die Hand legen, denn sie hatten ihm das Volk Mardachais angesagt; sondern er trachtete, das Volk Mardachais, alle Juden, so im ganzen Königreich Ahasveros waren, zu vertilgen.
Hand legen: Sich an ihm zu rächen.
Volk: Nämlich, die Juden, welches er ohne das, von wegen eines alten Grollen, den er vor seinen Voreltern ererbt, neidete und anfeindete.
Zu vertilgen: Aus Antrieb und Verhetzung des bösen Feindes. [So viel kann der Neid zuwege bringen, dass er nicht nur an eines Menschen Verderben sich vergnügen lässt, sondern ihrer viel zugleich zu vertilgen begehrt. Darum auch die Neidischen das Reich Gottes nicht erlangen.)
7. Im ersten Monden, das ist der Mond Nisan, im zwölften Jahr des Königs Ahasveros, wurde das Los geworfen vor Haman, von einem Tage auf den anderen und vom Monden bis auf den zwölften Monden, das ist der Mond Adar.
Nisan: Der vom fliehen also genannt wurde, weil im selben Monden die Israeliten aus Ägypten geflohen waren, wird sonst auch Abib geheißen, und trifft etlichermaßen mit unserem März, eins teils auch mit dem April überein.
Los: Das ist: Haman erkundigten durch das Los einen bestimmten Tag, der gut dazu wäre, dass er sein Vorhaben könnte ins Werk richten, und erforschte abergläubischerweise durch gottlose Künste alle Tage eines jeden Monats nacheinander.
Adar: Welcher zum Teil in unserem Februar, zum Teil im März gefällt. Und ist der dreizehnte Tag desselben Monden dazu ernannt worden, an dem die Juden sollten erwürgt werden. [Es ist aber eine große Bosheit, wen man durch das Los von zukünftigen Sachen etwas erkundigen will, wo nicht Gott selber das Los werfen heißt, wie etliche Mal geschehen. Viel ein größer Mutwille aber ist es, dass man etliche tausend Menschen durch solche Mittel begehrt ums Leben zu bringen, dazu unverschuldeterweise, und ohne Ursache. Welche Grausamkeit doch etliche Weltkinder sich wenig achten, wenn sie nur ihren Mut kühlen mögen.)
8. Und Haman sprach zum Könige Ahasveros: Es ist ein Volk zerstreut und teilet sich unter alle Völker in allen Landen deines Königreichs, und ihr Gesetz ist anders denn aller Völker, und tun nicht nach des Königs Gesetzen; und ist dem Könige nicht zu leiden, sie also zu lassen.
sprach: Denn nach dem er den Tag durch das Los er kündiget, hat er sein Bedenken dem Könige offenbaren wollen, und also sein Vorhaben immer ins Werk richten.
teilt sich: Darum es vielen Leuten Überdrang tut, und weil es also hin und wieder zerstreut ist, kann man es leicht und ohne große Gefahr ausrotten.
Tun nicht: Sie verachten deine Befehle, und richten viel Unruhe im Königreich an.
Zulassen: Dass sie also ohne Gesetz, nach ihrem Wohlgefallen leben.
9. Gefällt es dem Könige, so schreibe er, dass man es umbringe; so will ich zehntausend Zentner Silbers abwägen unter die Hand der Amtleute, dass man es bringe in die Kammer des Königs.
Schreibe er: Der König lasse ein öffentlich Edikt ausgeben, in dem sie und alle ihre Güter in die Acht erklärt und der Preis gemacht werde.
Zentner: Es hält aber ein Zentner in die fünfhundert Taler, darum diese Summe in die fünfzig mal hunderttausend Taler macht, die Haman sich erbeute in die königliche Schatzkammer zu liefern. Verbirgt also die Ursache mit diesen beiden Schein, dass er gern wollte Ruhe im Königreich verschaffen, und des Königs Schatz um ein namhaftes mehren, seines Herzen Bosheit und Rachgierigkeit. [Ist es deswegen nichts neues, dass das Volk Gottes beschuldigt wird, als ob es Unruhe und Uneinigkeit anrichte, daher man die großen Potentaten beredet, wenn dasselbe ausgerottet wäre, so würde es besser im Lande stehen, und hätten die Potentaten selber auch großen Nutzen davon. Es wissen auch die Hofleute ihre bösen Tücke meisterlich zu verbergen, und von dem gemeinen Wohlstand unter des viel zu schwätzen. Aber man soll der Obrigkeit Einkommen nicht mehren durch der Untertanen Schweiß und Blut.)
10. Da tat der König seinen Ring von der Hand und gab ihn Haman, dem Sohne Medathas, dem Agagiter, der Juden Feind.
Gab ihn Haman: Dass er, nämlich, ins Königs Namen wider die Juden ein Edikt stelle, und des Königs Bittschaft zur Bestätigung darauf drucken ließe. Denn es hat der König sich des Hamans Vorschlag gefallen lassen, weil er meinte, dass es zu seines Königreichs Ruhe und besserem Aufnehmen angesehen wäre. Und obwohl eben derselbe König Ahasveros oder Darius, wie er sonst auch genannt wird, den Juden vor sechs Jahren ungefähr zugelassen, und freie Gewalt gegeben hatte, dass sie möchten den Tempel zu Jerusalem ausbauen und zu Ende führen. So erscheint doch aus diesem Tun, dass die Juden innerhalb den sechs Jahren, so bei ihm eingegeben wurden, dass er sich ihrer nicht viel mehr angenommen noch geachtet hat. So bezeugt auch diese ganze Geschichte, dass der König, nach dem er im Königreich wohl erwärmt, von seinem Eifer viel nachgelassen, und den Wollüsten mehr als er hätte tun sollen, nachgehängt habe.
11. Und der König sprach zu Haman: Das Silber sei dir gegeben, dazu das Volk, dass du damit tust, was dir gefällt.
Dir gegeben: Denn ich begehre nicht, dass es in meine Schatzkammer gebracht werde, sondern will dir es schenken, zur Belohnung für deine treuen Erinnerungen.
Gefällt: Ich gebe dir völlige Gewalt über sie, dass du deines Gefallens mit ihnen umgehen magst, weil ich höre, dass sie meinem Königreich schädlich sind. [Es hat aber der König mit dieser einigen Tat viel Fehler zugleich begangen. Er glaubt eines einzigen Verleumders Anklage, und fällt ein geschwindes Urteil in einer großen wichtigen Sache, damit er einem Menschen willfahre, den er zwar für verständig und treu hielt, ohne Erwägung der Sachen, die er auch mit den anderen Räten und Landständen nicht zuvor beratschlagt: Seine Untertanen übergibt er eines Menschen Mutwillen, dass er sie seines Gefallens hinrichten und erwürgen möge: Vertraut auch sein Pitschier einem einigen bösen Buben, der viel Unglück hätte damit stiften und anrichten mögen: Das Geld, so von den Erschlagenen zu erbeuten, schenkt er alles einem Menschen allein, der solcher Freigiebigkeit ohne das nicht wert war, da er sonst vielleicht in ehrlichen und nötigen Sachen karg und genau gewesen. Vor dergleichen groben Fehler und Mängel sollen sich Fürsten und Herren hüten.)
12. Da rief man den Schreibern des Königs am dreizehnten Tage des ersten Monden; und wurde geschrieben, wie Haman befahl, an die Fürsten des Königs und zu den Landpflegern hin und her in den Ländern und zu den Hauptleuten eines jeglichen Volkes in den Ländern hin und her nach der Schrift eines jeglichen Volkes und nach ihrer sprach, im Namen des Königs Ahasveros und mit des Königs Ringe versiegelt.
Rief man: Nach dem, nämlich, Haman den Tag erkundigt, und zu der Juden Ausrottung bestimmt, auch deshalb vom Könige Erlaubnis empfangen hatte.
Ihrer Sprache: Also, dass des Königs Edikt in mancherlei Sprachen abgeschrieben und ausgesandt wurde, in dem befohlen war, dass man die Juden umbringen sollte. [Und hat ohne allen Zweifel Haman dessen sich gar sehr überhoben, dass er in solcher Sache des Königs Bewilligung herausgebracht. Denn die Gottlosen werden eine Zeit lang erhöht und ausgebreitet, wie ein Lorbeerbaum, als der 37. Psalm sagt: Aber später werden sie plötzlich zu Boden gestürzt, wie hier auch der Ausgang bezeugen wird.)
13. Und die Briefe worden gesandt durch die Läufer in alle Länder des Königs, zu vertilgen, zu erwürgen und umzubringen alle Juden, beide jung und alt, Kinder und Weiber, auf einen Tag, nämlich auf den dreizehnten Tag des zwölften Monden, das ist der Mond Adar, und ihr Gut zu rauben.
Zu rauben: Und das Geld an einen Ort zusammen zu bringen, dass es dem Haman geliefert würde, dem es geschenkt war.
14. Also war der Inhalt der Schrift, dass ein Gebot gegeben wäre in allen Ländern, allen Völkern zu eröffnen, dass sie auf denselben Tag geschickt wären.
15. Und die Läufer gingen aus eilend nach des Königs Gebote. Und zu Schloss Susan wurde angeschlagen ein Gebot. Und der König und Haman aßen und trunken; aber die Stadt Susan wurde irre.
Ein Gebot: Dass man die Juden auf bestimmten Tag umbringen sollte.
Trunken: Sie hatten unterdes ihr Vergnügen mit Essen und Trinken. [Denn wenn es den Frommen am übelsten geht, so freut sich die Welt, da hingegen die Frommen weinen. Aber lasst uns getrost sein, denn unsere Traurigkeit soll in Freude verändert werden {Joh 16 Ps 126}.]
Das 4. Kapitel
- Mardachai lässt der Juden große Gefahr der Königin Esther anzeigen, und sie ermahnen, dass sie vor den Juden beim Könige eine Fürbitte tun soll, v. 1.
- Aber die Königin besorgte sich, dass sie nicht etwa mit ihres Lebens Gefahr, und ohne fruchtbare Verrichtung, zum Könige gehen werde, v. 5.
- Wird doch durch des Mardachai Anmahnung auf gebracht, dass sie verspricht, sie wolle, wenn man vorher bete und faste, die Fürbitte tun, v. 12.
1. Da Mardachai erfuhr alles, was geschehen war, zerriss er seine Kleider und legte einen Sack an und Asche; und ging hinaus mitten in die Stadt und schrie laut und kläglich.
Geschehen: Wie, nämlich, Haman aus Neid und Rachgierigkeit solche blutiges Edikt beim König ausgebracht hätte.
Sack: Ein grobes geringes Kleid.
Asche: Die er aufs Haupt streute, in maßen die Leute damals im Brauch hatten, wenn sie gar sehr betrübt und bekümmert waren.
Kläglich: Dass er des Volkes Gottes trübseligen Zustand beweinte, und Gott um Hilfe anrief. [Denn man soll zuerst zu Gott Schutz Zuflucht haben, und danach bei den Menschen Hilfe suchen.)
2. Und kam vor das Tor des Königs. Denn es musste niemand zu des Königs Tor eingehen, der einen Sack anhätte.
Tor: Des königlichen Palastes, darin Esther war. Da er wartete, bis er durch eine taugliche Person der Königin konnte zu wissen tun, was für große Gefahr vorhanden wäre. [Denn man soll, wenn Gefahr vorhanden ist, nicht sicher sein, sondern gebührliche Mittel suchen, dadurch die vorstehende Gefahr entweder abgewandt, oder doch gemildert werde.)
Eingehen: [Denn zu Hof ist man der Traurigkeit feind, aber dem Wohlleben und Eitelkeit ergeben, da doch an dergleichen Orten arme bedrängte Leute ihre Zuflucht haben, und Schutz finden sollten.)
3. Und in allen Ländern, an welchen Ort des Königs Wort und Gebote gelangte, war ein groß Klagen unter den Juden, und viele fasteten, weinten, trugen Leid und lagen in Säcken und in der Asche.
Asche: Denn also pflegten sich die zu verhalten, welche sehr leidig waren, und Gott mit Ernst anrufen wollten. [Lässt deswegen Gott bisweilen seine Kirche in große Traurigkeit geraten, aber er errettet sie auch wiederum daraus. Er führt in die Hölle, und wieder heraus {1Sam 2}. Und soll man wieder eine tyrannische Obrigkeit nicht zur Wehr greifen, sondern vielmehr mit dem Gebet bei Gott Hilfe suchen. Denn ein geängstigter Geist ist Gott ein angenehmes Opfer, der solche Seufzen der Frommen nicht zu verachten pflegt.)
4. Da kamen die Dirnen Esthers und ihre Kämmerer und sagten‘s ihr an. Da erschrak die Königin sehr. Und sie sandte Kleider, dass Mardachai anzöge und den Sack von ihm ablegte; er aber nahm sie nicht.
Dirnen: Ihre Jungfrauen oder Hofmägde.
Kämmerer: Die ihr auf den Dienst warteten.
Anzöge: Damit er hinein in des Königs Hof gehen durfte, und ihr anzeigen könnte, was ihm Widerwärtiges wäre zu Händen gegangen.
Sie nicht: Auf dass die Königin um so viel desto mehr darauf abnehme, wie es nicht eine geringe Sache wäre, um welcher willen er Leid trüge.
5. Da rief Esther Hathach unter des Königs Kämmerern, der vor ihr stand, und befahl ihm an Mardachai, dass sie erführe, was das wäre, und warum er so tat.
6. Da ging Hathach hinaus zu Mardachai an die Gasse in der Stadt, die vor dem Tor des Königs war.
7. Und Mardachai sagte ihm alles, was ihm begegnet wäre, und die Summe des Silbers, das Haman geredet hatte in des Königs Kammer abzuwägen um der Juden willen, sie zu vertilgen.
8. Und gab ihm die Abschrift des Gebots, das zu Susan angeschlagen war, sie zu vertilgen, dass er es Esther zeigte und ihr ansagte und geböte ihr, dass sie zum Könige hineinginge und tat eine Bitte an ihn um ihr Volk.
Ihr Volk: Nämlich, für die Juden, aus welchem Volk die Königin Esther ihre Herkunft hatte. [Denn die ordentlichen und angemessenen Mittel, dadurch man einer Gefahr entgehen kann, soll man nicht ausschlagen, aber nichts durch ungebührliche Mittel sich unterstehen.)
9. Und da Hathach hineinkam und sagte Esther die Worte Mardachais,
10. sprach Esther zu Hathach und gebot ihm an Mardachai:
11. Es wissen alle Knechte des Königs und das Volk in den Landen des Königs, dass, wer zum Könige hineingeht inwendig in den Hof, er sei man oder Weib, der nicht gerufen ist, der soll stracks Gebots sterben, es sei denn, dass der König den goldenen Zepter gegen ihn reiche, damit er lebendig bleibe. Ich aber bin nun in dreißig Tagen nicht gerufen, zum Könige hineinzukommen.
Das Volk: Es weiß jedermann im ganzen Königreich, so wohl der gemeine Mann, als die Vornehmsten.
Reiche: Als ein Gnadenzeichen, da er sonst nach Gesetz der Perser sterben müsste. Denn die Perser verbargen ihre Könige, dass sie selten von dem gemeinen Volk gesehen würden, auch ganz wenig Personen einen Zutritt zu ihnen hatten, weil sie es dafür hielten, dass es diente zur Handhabung und Erhaltung des königlichen Ansehens. [Aber die Gewohnheit der Fürsten und Herren ist vielmehr zu loben, welche alle armen und bedrängten Leute vor sich lassen und sie hören. Jedoch sollen die Untertanen ihrer Obrigkeit auch schonen, damit sie nicht ohne erhebliche Ursache ihnen überlästig sind.)
Zu kommen: Darum ich ungefordert nicht zu ihm kommen darf, weil er sich so lange meiner enthalten, und wie es das Ansehen hat, mir vielleicht abhold geworden, daher ich mir den Tod verursachen möchte, und meinem Volk dennoch keine Rettung geschehe. Es hatten aber die persischen Könige viel Kebsweiber. [Und ist unser Fleisch ganz furchtsam, wenn es in seinem Beruf eine Gefahr ausstehen soll.)
12. Und da die Worte der Esther worden Mardachai angesagt,
13. hieß Mardachai Esther wieder sagen: Gedenke nicht, dass du dein Leben errettest, weil du im Hause des Königs bist, vor allen Juden;
Vor allen: Dass du dir wolltest einbilden, man würde dir nichts tun dürfen, weil du zu Hof bist.
14. denn wo du wirst zu dieser Zeit schweigen, so wird eine Hilfe und Errettung aus einem anderen Ort den Juden entstehen, und du und deines Vaters Haus werdet umkommen. Und wer weiß, ob du um dieser Zeit willen zum Königreich willkommen bist?
Schweigen: Und vermeinst also deines Lebens zu schonen, darum du nicht zum Könige gehen, noch dich zeigen wollest, dass du des jüdischen Geschlechts bist.
Umkommen: Gott wird dich mit deiner ganzen Freundschaft ausrotten, weil du der Kirche Gottes, die jetzt in so großer Gefahr steckt, nicht hast wollen zu Hilfe kommen. [Denn das ist einmal gewiss, dass Gott seine Kirche erhalten wolle, und geschieht es nicht immer auf die Weise, wie wir es für gut ansehen, so wird doch Gott nichtsdestoweniger andere Gelegenheiten finden, die Kirche zu erhalten. Und wer derselben, wenn sie in Gefahr steht, mit Hilfe nach seinem Vermögen nicht beispringen will, der soll gewiss wissen, dass er aus gerechtem Urteil Gottes nicht lange ungestraft bleiben werde.)
Umkommen bist?: Als wollte er sprechen: Meinst du nicht, dass dich Gott eben um dieser Ursache willen zur königlichen Würde erhoben hat, auf dass du in dieser trübseligen Zeit seiner Kirche aushilfst? [Denn Gott bringt uns darum zu Ehren, auf dass, wenn die frommen und unschuldigen Leute in Gefahr stecken, wir ihnen zu Hilfe kommen.)
15. Esther hieß Mardachai antworten:
16. So gehe hin und versammle alle Juden, die zu Susan vorhanden sind, und fastet für mich, dass ihr nicht esst und trinkt in drei Tagen weder Tag noch Nacht; ich und meine Dirnen wollen auch also fasten. Und also will ich zum Könige hineingehen wieder das Gebot; komme ich um, so komme ich um.
Fastet: Auf dass ihr desto inbrünstiger für mich beten könnt, damit ich beim Leben erhalten werde, und meine Bitte beim Könige ausbringen möge, und also die Sache einen glücklichen Ausgang gewinne. Denn ich bin willens, deinem Begehren statt zu tun. Es handelt aber die Königin weislich in dem Fall, dass sie die Kirche für sich bitten lässt, auch sie fasten heißt, damit das Gebet desto ernstlicher sei, welches sie mit ihren Jungfrauen und Mägden auch tut. [Denn welche selten nüchtern sind, die pflegen nicht von Herzen zu beten. Aber wenn die Deutschen große und wichtige Sachen abzuhandeln haben, so greifen sie es oft am letzten Teil, und vom Trinken an.)
Wider das Gebot: Der Perser. Es tut aber die Königin recht und löblich, dass sie in Erwägung was für große Gefahr über ihr Volk vorhanden sei, die menschliche Satzung des persischen Königreichs viel lieber übertreten, und sich in Gefahr Leibes und Lebens wagen will, als die Kirche Gottes in Nöten stecken lassen. [Denn man soll das Gebot Gott es von der Liebe des Nächsten, um der Gefahr willen, und von wegen der Menschensatzungen nicht übertreten. Sofern aber die göttlichen und menschlichen Gesetze nicht wieder einander streiten, soll man eines jeglichen Reiches Ordnungen fleißig halten {Röm 13}.
17. Mardachai ging hin und tat alles, was ihm Esther geboten hatte.
Das 5. Kapitel
- Die Königin Esther schmückt sich aufs köstlichste, und ladet den König und Haman zum Mal, v. 1.
- Haman aber wird zornig über Mardachai, dass er ihm keine Ehre erzeigen Wille, und lässt aus Rat seines Weibes und seiner Freunde einen hohen Baum oder Galgen aufrichten, den Mardachai daran zu hängen, v. 9.
1. Und am dritten Tage zog sich Esther königlich an und trat in den Hof am Hause des Königs inwendig gegen dem Hause des Königs. Und der König saß auf seinem königlichen Stuhl im königlichen Hause, gegenüber der Tür des Hauses.
Königlichen: Denn also wollte sich es gebühren, weil sie vor den König zu treten, und ihn zu Gaste zu Lade willens war, auf dass sie mit solcher Gelegenheit vom Könige ihres Volkes Rettung erlangte und ausbrächte, darum sie sich dahin beflissen, dass sie dem Könige gefallen möchte. [Denn welche etwas großes und wichtiges bei Fürsten und Herren begehren zu erhalten, die müssen acht darauf haben, wie sie dieselben sich gnädig und geneigt machen, so viel zwar mit gutem Gewissen sein kann.)
Hof: Darin niemand gehen durfte, er wäre denn vom Könige berufen.
Am Hause: Nämlich, vor dem königlichen Palast, darin der König war. Und wagte sich die Königin in große Gefahr. Denn weil sie länger als in einem Monat nicht war zum Könige gefordert worden, hat sie müssen besorgen, dass sie nicht auch etwa mit Namen ins Blutsregister verzeichnet, und zum Tode verurteilt wäre, Aber aus wahrem Glauben ergibt sie sich in den Willen Gottes, und wagt aus rechtschaffener Liebe zu ihrem Volk Leib und Leben. [Denn wo ein rechter Glaube ist, da findet sich auch eine wahre und ungefärbte Liebe, welche ihrer eigenen Gefahr nicht achtet, nur dass sie möge dem Nächsten zu Hilfe kommen.)
Der Tür: Da er diejenigen zu ihm berief, und vor sich kommen ließ, welche er in seiner königlichen Majestät hören wollte.
2. Und da der König sah Esther, die Königin, stehen im Hofe, fand sie Gnade vor seinen Augen. Und der König reckte den goldenen Zepter in seiner Hand gegen Esther. Da trat Esther herzu und rührte die Spitze des Zepters an.
Gnade: Er hat sich gnädig und freundlich gegen ihr erzeigt, und ihr einen holdseligen Anblick gegeben. [Denn Gott hat der Könige und Fürsten Herzen in seiner Hand, dass er sie uns kann gewogen oder auch von uns abwendig machen, wenn und wie er will.)
Reckte: Mit welcher Zeremonie er die Königin Esther vor der Gefahr befreit, darin sie sich begeben, weil sie ungefordert in den innersten Hof gegangen war.
Rührt: Ohne Zweifel mit einer besonderen großen Ehrerbietung, und mit holdseligen Gebärden.
3. Da sprach der König zu ihr: Was ist dir, Esther, Königin? Und was forderst du? Auch die Hälfte des Königreichs soll dir gegeben werden.
Hälfte: Also pflegten die Könige damals zu reden, wen sie etwas reichlich und mildiglich verheißen, wie auch ein gleiches Versprechen von dem Könige Herodes gelesen wird, dass er der Herodias Tochter getan {Mk 6}. [Es wäre aber viel besser, dass man ein ziemliches verhieße, und viel hielte, als dass man stattliche Verheißungen tut, und danach nichts hält.) Dem Könige aber hat der Königin Zucht und Demut besonders wohl gefallen, darum er sich auch ihr gleichsam ganz und gar wiederum ergibt. [Und herrschen die Weiber alsdann ganz glücklich über ihre Männer, wen sie mit Zucht und Demut sich bei ihnen zutun, erlangen auch also viel mehr, als andere, die sich unterstehen, ihre Männer mit Gewalt zu regieren und zu meistern.)
4. Esther sprach: Gefällt es dem Könige, so komme der König und Haman heute zu dem Mal, das ich zugerichtet habe.
Und Haman: Dein liebster Rat. Es ladet aber die Königin den Haman auch zur Mahlzeit, auf dass sie ihn zu gelegener Zeit in seinem beisein verklagen könnte. [Sonst findet man Leute, die viel anders gesinnt sind, und wenn sie jemand vor der Obrigkeit verklagen wollen, mit Fleiß achthaben, dass sie es heimlich tun, damit der Verkläger nicht offenbar werden, noch der beklagte Platz haben könne, sich zu verantworten.) Und verhehlt die Königin anfangs weislich ihre Bitte, bis sie unter der Mahlzeit mit besserer Gelegenheit vom Könige, wenn er fröhlich geworden, erlangen könnte, was sie begehrte. Denn es sich nicht wohl schicken will, dass sie gleich anfangs zugeplatzt wäre, und gebeten hätte, der König wollte seine vorigen Gebote ändern, sondern sie dahinterkommt ihn gleichsam mit Hinterlist.
5. der König sprach: Eilt, dass Haman tue, was Esther gesagt hat! Da nun der König und Haman zu dem Mal kamen, das Esther zugerichtet hatte,
6. sprach der König zu Esther, da er Wein getrunken hatte: Was bittest du, Esther? Es soll dir gegeben werden. Und was zuerst du? Auch die Hälfte des Königreichs, es soll geschehen.
7. Da antwortete Esther und sprach: Meine Bitte und Begehr ist:
8. Habe ich Gnade gefunden vor dem Könige, und so es dem Könige gefällt, mir zu geben meine Bitte und zu tun mein Begehr, so komme der König und Haman zu dem Mal, das ich für sie zurichten Wille, so will ich morgen tun, was der König gesagt hat.
So komme: Ladet also die Königin Esther den König zum anderen Mal zu Gaste, auf dass sie mit mehr Gelegenheit erlangen könnte, was sie begehrte. Denn es wollte sich nicht schicken, dass sie bald zu Anfang beim ersten Gastmahl mit einer Anklage um Leib und Leben den König unlustig machte, sondern sie begehrte, es dem Könige wohl zu erbieten, und ihm fein beizukommen. [Denn es sind etliche gottselige Weibspersonen mit einer besonderen Geschwindigkeit und Vorsichtigkeit begabt, dass sie die Männer oft weit übertreffen.)
Tun: Dass ich dem Könige mein Anliegen entdecke, und Hilfe und Rat bei ihm suche.
9. Da ging Haman des Tages hinaus fröhlich und gutes Muts. Und da er sah Mardachai im Tor des Königs, dass er nicht aufstand, noch sich vor ihm bewegte, wurde er voll Zorns über Mardachai.
Gutes Muts: Die Herren waren fröhlich, und guter Ding.
Nicht aufstand: Es hatte aber Mardachai, wie oben gemeldet, aus einem besonderen Heldenmut und Eingeben des Heiligen Geistes, dem ganz Gottlosen und von Gott verstoßenen Menschen kein Ehre antun wollen, auch bereits zuvor, ehe er dem jüdischen Volk ihr Verderben zugerüstet. Darum er jetzt ihn viel weniger zu ehren begehrt, da er gespürt und erkannt, dass er des Volkes Gottes abgesagter Feind war. [Aber solche besondere Taten stehen keinem leicht nachzufolgen.)
Voll Zorns: Dass er eine solche Verachtung nicht wohl übersehen könne. [Denn die Zärtlinge können nicht leiden, dass sie von einem einigen Menschen verachtet werden.)
Enthielte sich: Dass er sich nichts gegen ihm merken ließ, und dergleichen tat, als sehe er es nicht. [Denn etliche Gott losen können den Schalk meisterlich verbergen.)
10. Aber er enthielt sich. Und da er heimkam, sandte er hin und ließ holen seine Freunde und sein Weib Seres.
Sein Weib: Die sich in ihrem Sinn ganz klug sein gedünkte, wie aus dem, was später folgen wird, zu lesen ist. [Wenn aber eine Weibsperson sich selber überredet, sie sei ganz Weise und verständig, die ist eine doppelte Närrin.)
11. Und erzählte ihnen die Herrlichkeit seines Reichtums und die Menge seiner Kinder und alles, wie ihn der König so groß gemacht hätte, und dass er über die Fürsten und Knechte des Königs erhoben wäre.
Seiner Kinder: Welcher halben er sich auch desto glückseliger sein meinte.
Erhoben: [Denn also pflegen unbedachtsame Leute, besonders, wenn sie voll sind, sich zu rühmen, wie reich und wohlhabend sie sind an zeitlichen Gütern, gerade als ob ihre ganze Wohlfahrt daran gelegen wäre.)
12. Auch sprach Haman: Und die Königin Esther hat niemand lassen kommen mit dem Könige zum Mal, das sie zugerichtet hat, ohne mich; und bin auch morgen zu ihr geladen mit dem Könige.
Ohne mich: Darum ihr leicht spüren könnt, dass ich bei dem Könige und der Königin in großen Gnaden und Ansehen bin, und also der Nächste nach dem Könige. [Welche aber auf großer Herren Gnade sich verlassen, und darauf trotzen, die handeln sehr unweislich, weil solche Gnade bald in große Ungnade und äußersten Hass sich verkehren kann.)
13. Aber an dem allem habe ich keine Genüge, solange ich sehe den Juden Mardachai am Königstor sitzen.
Kein Genüge: Ich lass mich an dem Vorigen allen nicht ersättigen, bis ich mich an dem gerächt habe, der mich so bisher verachtet hat. [Das kann der Neid in einem Menschen, dass er auch der Guttaten, die ihm Gott gönnt, nicht mit Frieden und Ruhe genießen kann.)
14. Da sprach zu ihm sein Weib Seres und alle seine Freunde: Man mache einen Baum fünfzig Ellen hoch und sage morgen dem Könige, dass man Mardachai daran hänge; so kommst du mit dem Könige fröhlich zum Mal. Das gefiel Haman wohl und ließ einen Baum zurichten.
Freunde: Dass sie ihm kitzelte, und zu gefallen redete, wie sie merkten, dass er es gern hörte, und dahin sein rachgieriges Gemüt geneigt war.
Daran hänge: Denn du wirst solches ohne Zweifel mit einem einigen Wort beim Könige leicht können ausbringen. [Wir sollen uns hüten, dass wir nicht nach dem Beispiel dieser Leute unsere Freunde oder Verwandten zu blutigen und unrechten Anschlägen raten, noch schüren helfen, sondern vielmehr ihnen vorhalten, was zu Frieden und Einigkeit diene, und den Menschen nützlich und heilsam ist.)
Gefiel: Nämlich, ein solcher Vorschlag von des Mardachai Strangulierung. [Ob nun wohl Haman ein sehr böser und gottloser Bube gewesen, so war er dennoch so vorsichtig und behutsam, dass, ob er wohl bei dem Könige in ganz großem Ansehen war, jedoch den Mardachai ohne Vorwissen und Bewilligung des Königs umzubringen, sich nicht unterstehen durfte. Darum er in diesem Stücke der Bosheit von vielen Maulchristen übertroffen wird, welche, wenn sie einem im Herzen mit einem unversöhnlichen Hass feind sind, der Obrigkeit Urteil nicht erwarten, sondern ein Schwert oder Kugel durch ihn jagen, deshalb sie Gott einmal schwere Rechenschaft werden geben müssen.)
Das 6. Kapitel
- Da der König aus den Chroniken vernimmt, dass er von Mardachai eine Guttat empfangen, die ihm nicht belohnt worden, befielt er dem Haman, dass er Mardachai auf des Königs Ross setzen, und durch die Stadt aufs köstlichste geziert, herum führen soll, v. 1.
- Welches dem Haman sehr wehe tut, v. 11.
- Bald darauf wird er zu der königlichen Mahlzeit berufen, v. 13.
1. In derselben Nacht konnte der König nicht schlafen und hieß die Chronik und die Historien bringen. Da die worden vor dem Könige gelesen,
In: Jetzt fangen die Juden an in ihrer größten Gefahr, wiederum einen Trost zu bekommen, und einen Vortrab von der zukünftigen Erlösung zu spüren. Denn dem Mardachai wird vom König große Ehre erzeigt, und wird also wunderlicherweise dem Tode gleichsam aus dem Rachen gerissen, wie wir hören werden.
Nicht schlafen: Weil es Gott also gewollt, dass die Guttat Mardachai, die er vor der Zeit dem Könige erzeigt, ihm wieder ins Gedächtnis käme, und Mardachai nicht auf des Hamans Anbringen und Verleumdung vor dem Könige umkäme, ehe es die Königin innen würde. [Denn Gott sorgt für der Seinen Wohlfahrt, und plagt bisweilen Könige und Fürsten um ihren willen {Ps 105}.
Chronik: darin besonders verzeichnet war, was sich bei seinen Lebzeiten, und unter seiner Regierung im Königreich Persien denkwürdiges zugetragen hatte. [Denn außerdem, dass die Historien an sich selbst lustig zu lesen sein, haben sie auch ihren besonders großen Nutzen, dass einer daraus lernen kann, wie er sich in seinem Leben recht verhalten, und vorsichtig wandeln soll.)
2. traf sich es, da geschrieben war, wie Mardachai hatte angesagt, dass die zwei Kämmerer des Königs, Bigthan und Theres, die an der Schwelle hüteten, getrachtet hätten, die Hand an den König Ahasveros zu legen.
3. Und der König sprach: Was haben wir Mardachai Ehre und Gutes davor getan? Da sprachen die Knaben des Königs, die ihm dienten: Es ist ihm nichts geschehen.
sprach: Da er solche Geschichte aus der Chronik höre verlesen.
davor: Dass er mich beim Leben damals erhalten hat. [Denn es sollen Fürsten und Herrn fleißig achthaben, dass, besonders was große Guttaten sind, sie nicht unbelohnt lassen, weil ihrer viel dadurch zur Tugend angemahnt und aufgebracht werden.)
Nichts geschehen: Ohne allen Zweifel aber ist dem Mardachai damals, wie er der Kämmerer verräterisches und mörderisches Vorhaben entdeckte, eine Verehrung vom Könige bedacht gewesen. Aber weil er ein Jude war, haben die Vornehmsten am Hof aus Neid die Sache aufgeschoben, bis es vergessen wurde, und also der gute Mardachai leer ausgegangen. [Denn wenn etliche der vornehmsten Räte einem nicht gewogen sind, so wissen sie mit wunderbarlichen Ränken zu hindern, dass derselbe die Guttaten nicht empfange, welche die hohe Obrigkeit ihm begehrt zu erzeigen. Aber wir sollen darum nicht müde werden Gutes zu tun, ob gleich die Welt böse und undankbar ist. Denn Gott weiß unsere Guttaten, die wir meinen verloren sind, wieder hervorzuziehen, und ans Licht zu bringen, wen es uns am nützlichste ist.)
4. Und der König sprach: Wer ist im Hofe? (Denn Haman war in den Hof gegangen, draußen vor des Königs Hause, dass er dem Könige sagte, Mardachai zu hängen an den Baum, den er ihm zubereitet hatte.)
Hofe: Da (wie aus diesem Ort zu lesen ist) des Morgens etliche von des Königs Räten zu warten pflegten, wenn der König ihrer bedürfen würde. Und ist es dem Mardachai ganz wohl gekommen, dass der König einen Rat fordert, seine Meinung anzuhören, was man dem für eine Ehre antun müsste, der sich um den König wohl verdient hätte.
Zu hängen: Damit er aufs förderlichste aus dem Wege geräumt würde, und ihm aus den Augen käme.
5. Und des Königs Knaben sprachen zu ihm: Siehe, Haman steht im Hofe. Der König sprach: Lasst ihn hereingehen!
Haman steht: Und erwartet, ob du ihm etwas befehlen wollest.
6. Und da Haman hineinkam, sprach der König zu ihm: Was soll man dem Manne tun, den der König gerne wollte ehren? Haman aber gedachte in seinem Herzen: Wem sollte der König anders gerne wollen Ehre tun denn mir?
Wollte ehren: Mit was Zeremonien oder Gepränge meinst du wohl, dass es am besten geschehen könne, wenn der König einem mit besonderen Gnaden gewogen wäre, dass er ihm ein Ansehen bei den Untertanen machte.
7. Und Haman sprach zum Könige: Den Mann, den der König gerne wollte ehren,
8. soll man herbringen, dass man ihm königliche Kleider anziehe, die der König pflegt zu tragen, und das Ross, da der König auf reitet, und dass man die königliche Krone auf sein Haupt setze.
Anziehe: Ob nun wohl Haman richtig hätte denken sollen, man könnte solche Ehre nicht leicht einem Menschen antun, es wäre denn Sache, dass man ihn ganz wollte auf den königlichen Stuhl setzen, und allerdings zum Könige machen, jedoch, weil er bereits vorhin an Reichtum und Ehren so hochgestiegen war, dass er nicht wohl höher kommen konnte, so ist ihm noch dies, was er hier vorbringt, zugefallen, damit ihm solche Ehre angetan würde, und er nur mit dem Namen vom Könige unterschieden bliebe, sonst aber von jedermann nicht viel geringer geachtet würde, denn der König selbst. [Denn etliche Hofdiener sind also gesinnt, dass, ob sie wohl der Könige oder Fürsten Titel sich nicht allerdings anmaßen dürfen, dennoch dahin trachten, dass sie von den Untertanen für Könige und Fürsten gehalten und geehrt werden. Welche oft viel lieber den Fürsten selbst, als einen solchen Prachthansen, der den Fürsten regiert, erzürnen wolle.)
9. Und man soll solches Kleid und Ross geben in die Hand eines Fürsten des Königs, dass derselbe den man anziehe, den der König gerne ehren wollte, und führe ihn auf dem Ross in der Stadt Gassen und lasse rufen vor ihm her: So wird man tun dem Manne, den der König gerne ehren wollte.
10. der König sprach zu Haman: Eile und nimm das Kleid und Ross, wie du gesagt hast, und tue also mit Mardachai, dem Juden, der vor dem Tor des Königs sitzt; und lass nichts fehlen an allem, das du geredet hast.
Nichts fehlen: Denn Gott macht der boshaften Leute Anschläge wunderlich zunichte, dass es den Frommen zu Nutzen kommen muss, was sie zu ihrem Vorteil erdacht hatte.
11. Da nahm Haman das Kleid und Ross, und zog Mardachai an und führte ihn auf der Stadt Gassen und rief vor ihm her: So wird man tun dem Manne, den der König gerne ehren wollte.
Da nahm: Denn etliche Hofleute wissen sich artig nach ihrer Fürsten und Herren willen zu richten, dass sie auch denen die aller größte Ehre erzeigen, welchen sie doch für sich selbst, und im Herzen spinnefeind sind.
12. Und Mardachai kam wieder an das Tor des Königs. Haman aber eilte nach Hause, trug Leid mit verhülltem Kopfe
Kam wieder: Nach erlangter Ehre, die ihm widerfahren war, der er sich gar nicht überhob, sondern viel mehr Acht hatte, wie es um Esther stünde. [Und ist zwar dieser König gegen frommen Leuten mit Erzählung der Ehren viel freigebiger gewesen, als mit Schenkung der Güter oder Reichtümer, wie viel andere mehr auch also gesinnt sind.)
Eilte: Dass er sein Herzeleid aufs eheste ausschütten möchte.
Verhülltem: Wie damals die zu tun pflegen, welche Leid trugen. Und hat solches ohne Zweifel allererst im Hause verrichtet.
13. und erzählte seinem Weibe Seres und seinen Freunden allen alles, was ihm begegnet war. Da sprachen zu ihm seine Weisen und sein Weib Seres: Ist Mardachai vom Samen der Juden, vor dem du zu fallen angehoben hast, so vermagst du nichts an ihm, sondern du wirst vor ihm fallen.
Begegnet: Was für große Ehre er dem öffentlich antun müsse, welchen er in willens hatte an Galgen zu hängen.
Seine Weisen: Nämlich, seine Freunde, die er in wichtigen Sachen pflegte um Rat zu fragen.
Angehoben: Weil du ihm als einem König hast dienen müssen, und ihn für einen höheren erkennen, als du bist.
Fallen: Weil dein Feind jetzt bereits über dich gestiegen, und dazu seines Herkommens ein Jude ist, so wirst du in der Tat erfahren, dass die nächste vorvergangene Handlung ein Anfang deines Falls und Untergangs sei. Denn wir haben von diesem jüdischen Volk vernommen, dass, wer sich demselben widersetze, der tue solches oft mit seinem großen Schaden und Verderben, weil sie vorgeben, sie haben weiß nicht was für eine göttliche Verheißung von ihrer Altväter und Vorfahren einem, Abraham genannt, dass Gott seinen Nachkommen wolle Gutes tun, und denen, die ihnen mit Freundschaft gewogen sind, auch Gutes erzeigen, ihre Feinde aber hingegen stürzen und verderben. Solche und dergleichen Reden haben vielleicht des Hamans Freunde ihm vorgehalten. [Denn die Feinde der wahren Religion erwischen bisweilen etliche Partikel der Heiligen Schrift, die sie nicht allerdings in den Wind schlagen, ob sie wohl daneben in ihrem gottlosen Wesen verharren. So ist auch hier zu merken, dass solche Räte, welche die übermütigen Leute, wenn es ihnen gut geht, zur Rachgierigkeit verhetzen, eben dieselben, da ihnen etwas Widerwärtiges zu Händen stößt, zur Verzweiflung treiben.)
14. Da sie aber noch mit ihm redeten, kamen herbei des Königs Kämmerer und trieben Haman, zum Mal zu kommen, das Esther zugerichtet hatte.
Hatte: Ging also Haman unwissend zu seinem Tode, da er meinte, er schwebte in höchsten Ehren. [Denn die Gottlosen sind alsdann am allernächsten bei ihrem Untergang, wenn sie meinen, sie sind ganz hoch und wohl am Brett.)
Das 7. Kapitel
- Die Königin Esther tut über der Mahlzeit dem Könige einen demütigen Fußfall, und bittet, dass er ihr und ihrem jüdischen Volk das Leben schenken wolle, wider des Hamans Wüterei, v. 1.
- Darüber der König wider den Haman so erzürnt wird, dass er ihn an das Holz aufhängen heißt, welches er dem Mardachai aufgerichtet hatte, v. 5.
1. Und da der König mit Haman kam zum Mal, das die Königin Esther zugerichtet hatte,
2. sprach der König zu Esther des anderen Tages, da er Wein getrunken hatte: Was bittest du, Königin Esther, dass man dir es geben Und was zuerst du? Auch das halbe Königreich, es soll geschehen.
Wein getrunken: Und davon anfing fröhlich zu werden.
Soll geschehen: Denn ich kann und soll dir, als meines herzliebsten Gemahlin, nichts versagen.
3. Esther, die Königin, antwortete und sprach: Habe ich Gnade vor dir gefunden, o König, und gefällt es dem Könige, so gib mir mein Leben um meiner Bitte willen und mein Volk um meines Begehrens willen.
Gefunden: Dass du mir mit Gnaden gewogen bist, und mich liebst.
Gefällt: Dass es dich also für Gut ansieht, und vermeinst, es sei dir nützlich.
Mein Leben: Dass ich nicht unschuldig erwürgt werde.
Volk: Nämlich, die Juden, damit sie nicht ohne Ursache jämmerlich hingerichtet und ermordet werden.
4. Denn wir sind verkauft, ich und mein Volk, dass wir vertilgt, erwürgt und umgebracht werden; und wollte Gott, wir würden doch zu Knechten und Mägden verkauft, so wollte ich schweigen, so würde der Feind doch dem Könige nicht schaden.
Verkauft: Dass man aus unserem Tode Geld zusammen bringen will, durch Einziehung unserer Güter.
Schweigen: Denn ob mir wohl nicht unbewusst ist, was die Dienstbarkeit oder Leibeigenschaft für große Beschwerden auf sich hat, so wollte ich es doch mit Geduld aufnehmen.
Nicht schaden: Denn wenn wir zu leibeigenen Knechten und Mägden verkauft würden, so würde der König meiner Person nicht beraubt, die er bisher inniglich geliebt hat. Und hat man hier zu sehen, mit was große Demut und Ehrerbietung die Königin dem Könige zu Fuße fällt, da sie für sich und ihr Volk bittet. [Es erlangen aber alsdann die Weiber von den Männern, und die Untertanen von ihrer Obrigkeit, am allerersten, was sie begehren, wenn sie es mit einer wahren Demut und Ehrerbietung begehren.)
5. der König Ahasveros redete und sprach zu der Königin Esther: Wer ist der? Oder wo ist der, der solches in seinen Sinn nehmen durfte, also zu tun?
Nehmen durften: Denn der König sich über solcher großen Verwegenheit nicht genügend verwundern können. Und ob er wohl vor drei Monaten in der Juden Vertilgung bewilligt, so hatte er doch nicht gemeint, dass solche Grausamkeit auch würde bis an die Königin und ihre Blutsverwandten reichen, von welcher er nicht gewusst, dass sie eine Jüdin wäre. [Also ist es mit etlicher Fürsten und Herren ganz zu geschwinde Urteil schaffen, dass sie derselben bald später bereuten.)
6. Esther sprach: Der Feind und Widersacher ist dieser böse Haman. Haman entsetzte sich vor dem Könige und der Königin.
Feind: Der ein solches grausames Metzgen und Würgen ins Werk zu richten begehrt.
Haman: Der dafür und bei uns sitzt, darum ich ihn nicht in seinem Abwesen, sondern da gegenwärtig anklage, kann er jetzt, so mag er sich verantworten und entschuldigen. [Denn es ist einem frommen Menschen zugelassen, dass er seinen Widerpart wohl mag vor der Obrigkeit verklagen, und dieselbe um Hilfe und Rettung wider unrechte Gewalt anrufen. Und ist das die allerehrlichste Anklage, wenn man seinen Widersacher in seiner Gegenwart und ins Angesicht verklagt.)
Entsetzt: [Der Gestalt werden die Boshaftigen endlich über der Tat erwischt, dass sie müssen verstummen und zuschanden werden, und wissen nicht, wo sie sich hinkehren sollen.)
7. Und der König stand auf vom Mal und vom Wein in seinem Grimm und ging in den Garten am Hause. Und Haman stand auf und bat die Königin Esther um sein Leben; denn er sah, dass ihm ein Unglück vom Könige schon bereitet war.
Am Hause: Der am königlichen Palast war, da er wieder den Haman heftig erzürnt war, und grimmte, dass er seiner Gnaden missbraucht, und ein solches blutiges Dekret unter seinem Namen ausgeben lassen, welches man nicht wohl bestätigen, noch mit Fug abtun und verrichten konnte.
Bereitet war: Zweifelte auch nicht, der König würde ihn am Leben strafen, wo er nicht erbeten würde.
8. Und da der König wieder aus dem Garten am Hause in den Saal, da man gegessen hatte, kam, lag Haman an der Bank, da Esther auf saß. Da sprach der König: Wille er die Königin würgen bei mir im Hause? Da das Wort aus des Königs Munde ging, verhüllten sie Haman das Antlitz.
Lag: Vor großem Schrecken allerdings zaghaft und kraftlos, und bat die Königin, dass sie ihm seinen Missgriff verzeihen, und beim Könige Gnade erlangen wollte.
Würgen: Denn der König, welcher sehr über ihn erbittert war, legte solches sein Tun anders aus, als ob er aus großer Kühnheit und Verwegenheit die Königin mit Gewalt umbringen wollte, da er gewusst, dass der König nicht weit von ihr wäre. Welches doch des Hamans Meinung nicht war. [Aber es geschieht aus gerechtem Urteil Gottes, dass, welche anderer Leute aus giftigem Neid und Hass verleumden, wie Haman den Juden getan, durch gleiche Verleumdung wieder unterdrückt werden, und umkommen.)
Verhüllten: Denn man pflegte vorzeiten denen das Angesicht zu verhüllen, die zum Tode verurteilt waren.
9. Und Harbona, der Kämmerer einer vor dem Könige, sprach: Siehe, es steht ein Baum im Hause Hamans fünfzig Ellen hoch, den er Mardachai gemacht hatte, der Gutes vor den König geredet hat. Der König sprach: Lasst ihn daran hängen!
Geredet hat: Dass er dem Könige geoffenbart hat, wie man ihm nach dem Leben getrachtet, denselben um den König wohl verdienten Mann, hat er wollen unverschuldeterweise aufhängen und hinrichten.
lasst ihn: Ob nun wohl dies ein böses Beispiel gewesen, dass der König den Haman nicht ordentlicherweise vor Gericht stellen lassen, sondern ihn bald heißen hinwegnehmen, und auf der Stätte hinrichten: So hat doch Haman aus gerechtem Urteil Gottes seine angemessene und rechte Strafe empfangen. [Denn ein böser Ratschlag geht über den Ratgeber aus, und fallen die Gottlosen in die Grube, die sie einem anderen zubereitet haben, Auch nehmen die Feinde des Volkes Gottes ein solches Ende.)
10. Also hängte man Haman an den Baum, den er Mardachai gemacht hatte. Da legte sich des Königs Zorn.
Legt: Dass er durch des gottlosen Buben wohlverdiente Strafe gestillt wurde.
Das 8. Kapitel
- Mardachai wird zu großen Ehren erhoben, v. 1.
- und erlangt die Königin vom Könige, dass er das vorige Gebot abtut, und den Juden frei stellt, sich an ihren Feinden zu rächen, v. 3.
- Darüber die Juden von Herzen erfreut werden, und begeben sich etliche Heiden zu der israelitischen Religion, v. 15.
1. An dem Tage gab der König Ahasveros der Königin Esther das Haus Hamans, des Judenfeindes. Und Mardachai kam vor den König; denn Esther sagte an, wie er ihr zugehörte.
Gab: Also, dass alles, was Haman hatte, jetzt in der Königin Gewalt war, damit ihres Gefallens umzugehen, wie sie wollte. [Denn der gottlosen Güter, die sie mit Unrecht zusammen gebracht, müssen endlich den Frommen zum guten Gedeihen.)
Vor den: Denn ihn der König vor sich fordert, und ihm gnädig zugesprochen.
gehört: Und ihr naher Blutsverwandter wäre. Und hat die Königin recht und wohl daran getan, dass, ob sie wohl zu den höchsten Ehren erhoben gewesen, dennoch bekennt, dass Mardachai ihr verwandt wäre. [Denn wir sollen unser armen Blutes Freunde uns nicht schämen, besonders aber derer, die sich um uns wohl verdient haben.)
2. Und der König tat ab seinen Fingerreif, den er von Haman hatte genommen; und gab ihn Mardachai. Und Esther setzte Mardachai über das Haus Hamans.
Fingerreif: Oder Pitscherring, also, dass Mardachai jetzt das königliche Siegel oder Secret bei sich hatte.
Setzt: Also, dass er der Königin Schaffner oder Verwalter war, über des Hamans Güter, die der König der Königin geschenkt hatte. Wird deswegen Mardachai, wieder alles erhoffen, zu großen Ehren erhoben, und folgt auf den Gottlosen und stolzen Haman in seinem Amt, ein frommer und gottseliger Mensch. [Denn Gott stößt die Gewaltigen vom Stuhl, und erhebt die Niedrigen. Und hat man hier zu verstehen gegeben, wie er für die Seinen fleißige und väterliche Sorge trage.)
3. Und Esther redete weiter vor dem König und fiel ihm zu den Füßen und flehte ihn, dass er wegtäte die Bosheit Hamans, des Agagiters, und seine Anschläge, die er wieder die Juden erdacht hatte.
Redet weiter: Denn sie damit noch nicht allerdings gesättigt gewesen, dass sie ihres Lebens gesichert, und dem Mardachai am persischen Hof ein vornehmes und hohes Amt zuwege gebracht hatte, sondern ist auch für das ganze jüdische Volk (wie richtig) sorgfältig, damit dasselbe auch beim Leben erhalten würde.
4. Und der König reckte das goldene Zepter zu Esther. Da stand Esther auf und trat vor den König
Reckte: Was solche Ausstreckung des Zepters bedeutet habe, ist oben in Kapitel 5. angezeigt worden. Und geben es hier die Umstände, dass Esther abermals unberufen zum Könige hineingegangen, auf dass sie die Widerrufung und Abschaffung des vorigen Edikts erlangte. Und ist dies, was hier erzählt wird, nicht auf einen oder zwei Tage verrichtet worden, sondern es hat die Königin der gelegenen Zeit wahr genommen, damit nicht, wenn sie auf einmal ganz zu viel forderte, mit einer abschlägigen Antwort abgewiesen würde. [Denn man soll die Fürsten und Herrn mit vielem Anhalten nicht zumal überfallen, und erlangt man zu unterschiedlichen malen viel eher, was man begehrt.)
5. und sprach: Gefällt es dem Könige, und habe ich Gnade gefunden vor ihm, und ist es gelegen dem Könige, und ich ihm gefalle, so schreibe man, dass die Briefe der Anschläge Hamans, des Sohnes Medathas, des Agagiters, widerrufen werden, die er geschrieben hat, die Juden umzubringen in allen Landen des Königs.
Gnade gefunden: Dass er mir mit Gnaden gewogen ist, und mich liebt.
Gelegen: Dass ihm meine Bitte erscheint, der Gerechtigkeit gemäß zu sein.
Gefalle: dass er mir eine Gnade erzeigen will.
6. Denn wie kann ich zusehen dem Übel, das mein Volk treffen würde? Und wie kann ich zusehen, dass mein Geschlecht umkomme?
Zu sehen: [Denn der ist nicht wert, dass er ein Mensch, will geschweigen, ein Christ heißen soll, der sich der Frommen und unschuldigen Leute Gefahr und Verderben nicht bedauern lässt, noch es zu Herzen nimmt.)
7. Da sprach der König Ahasveros zur Königin Esther und zu Mardachai, dem Juden: Siehe, ich habe Esther das Haus Hamans gegeben, und ihn hat man an einen Baum gehängt, darum dass er seine Hand hat an die Juden gelegt.
Gelegt: Oder legen wollen, dass er sich an ihnen vergriffen hat. Aus welchem ihr meine Gnade und geneigten Willen gegen das jüdische Volk genügend spüren und abnehmen könnt.
8. So schreibt nun ihr für die Juden, wie es euch gefällt, in des Königs Nahmen und versiegelt es mit des Königs Ringe. Denn die Schrift, die in des Königs Nahmen geschrieben und mit des Königs Ringe versiegelt worden, musste niemand widerrufen.
Gefällt: Und wie ihr meint, dass es zu ihrem Nutzen und besten gereichen möge.
Widerrufenen: Darum man die vorigen Edikte, durch die folgende, so auch mit des Königs Ringe versiegelt, und von ihm unterschrieben waren, zuvorderst wiederum vernichten, und kraftlos machen musste. [Sollen wir deswegen um eines grausamen Befehls willen nicht bald kleinmütig werden. Denn Gott kann ihn leicht hindern und ändern. Und ist es den Regenten viel löblicher, wenn sie unrechte Edikt widerrufen, als dass sie solchen wollten nachsetzen.) * nach Luther) Das ist: Weil die vorigen Briefe Hamans waren mit des Königs Siegel versiegelt, hätte es die Juden nichts geholfen, wo sie nicht wären von neuen durch andere Briefe widerrufenen.
9. Da worden gerufen des Königs Schreiber zu der Zeit im dritten Monden, das ist der Mond Sivan, am dreiundzwanzigsten Tage; und wurde geschrieben, wie Mardachai Gebote zu den Juden und zu den Fürsten, Landpflegern und Hauptleuten in Landen von Indien an bis an die Mohren, nämlich hundertundsiebenundzwanzig Länder, einem jeglichen Lande nach seinen Schriften, einem jeglichen Volk nach seiner sprach und den Juden nach ihrer Schrift und sprach.
Schreiber: Dass sie neue Befehl schreiben sollten, die für die Juden, und zu ihrem Vorteil gerichtet wären.
Dritten Monden: Der zum Teil in unseren Maien, zum Teil im Brachmonat fällt. Da deswegen das vorige Edikt im ersten Monat ausgegangen war, sind die Juden von der Zeit an bis im dritten Monat in Todes Gefahr gesteckt. [Denn Gott lässt bisweilen die seinen eine Zeit lang in Ängsten, auf dass die später folgende Erlösung desto liebreicher und herrlicher werde.)
Seiner sprach: Die bei einem jeden Volk gebräuchlich war, und von jedermann konnte verstanden werden.
10. Und es wurde geschrieben in des Königs Ahasveros Nahmen und mit des Königs Ringe versiegelt. Und er sandte die Briefe durch die reitenden Boten auf jungen Mäulern,
11. darin der König den Juden gab, wo sie in Städten waren, sich zu versammeln und zu stehen für ihr Leben und zu vertilgen, zu erwürgen und umzubringen alle Macht des Volkes und Landes, die sie ängstigten, samt den Kindern und Weibern, und ihr Gut zu rauben,
Ihr Leben: Dass sie sich vor ihrer Feinde unbillige Gewalt schützten, und sich rächten.
Umzubringen: Es stand aber den Juden frei, dass sie ihre Feinde umringen durften, weil sie die Verheißung im Gesetz hatten, dass sie ihre Feinde vertilgen würden, wie {1Mos 49} und anderswo mehr zu sehen. Zu dem, so gab ihnen der König als eine ordentliche Obrigkeit, das Schwert gleichsam in die Hand. [Denn welche von der Obrigkeit das Schwert ordentlicherweise empfangen, dass ihnen die Macht gegeben wird, unrechten Gewalt abzutreiben, die können das Schwert ohne Sünde gebrauchen.)
12. auf einen Tag in allen Ländern des Königs Ahasveros, nämlich am dreizehnten Tage des zwölften Monden, das ist der Mond Adar.
Einen Tag: An dem sich die Juden an ihren Feinden rächen sollten.
Adar: Der zum Teil mit unserem Februar, zum Teil mit dem März eintrifft.
13. der Inhalt aber der Schrift war, dass ein Gebot gegeben wäre in allen Landen, zu öffnen allen Völkern, dass die Juden auf den Tag geschickt sein sollten, sich zu rächen an ihren Feinden.
Völkern: Die unter des Königs Ahasveros Gebiet waren.
Zu rächen: [Es ist zwar keinem zugelassen, dass er aus eigener Rachgierigkeit dem Nächsten schade. Den Juden aber ist es freigestanden, dass sie auf empfangene Befehl und Freilassung der Obrigkeit sich denen tapfer widersetzen dürfen, die das Volk und die Kirche Gottes begehrt hatten zu vertilgen.)
14. Und die reitenden Boten auf den Mäulern ritten aus schnell und eilend nach dem Wort des Königs, und das Gebot wurde zu Schloss Susan angeschlagen.
Und eilend: Sie mussten eilends fort, man hat ihnen einen Galgen auf die Königliche Briefe gemalt.
Gebote: Von Vertilgung der Feinde des Volkes Gottes. Welches doch von denen zu verstehen ist, die dem Volke Gottes viel Überdrang angetan hatten, und sich bisher genügend verlauten lassen, wie sie wollten die Juden weidlich erwürgen helfen.
15. Mardachai aber ging aus, von dem Könige in königlichen Kleidern, gelb und weiß, und mit einer großen goldenen Krone, angetan mit einem leinenen- und Purpurmantel; und die Stadt Susan jauchzte und war fröhlich.
Königlichen: Die ihm der König hatte machen lassen.
Krone: Nicht zwar eine königliche Krone, sondern wie denen zu tragen gebührt hat, welche die Nächsten nach dem Könige waren.
Mantel: Ich halt es davor, dass der Mantel von köstlichem reinen weißen Tuch gewesen, mit Purpur gefüttert, wie man jetzt die Mäntel mit Samt füttert.
War fröhlich: Welches eines teils von den Juden zu verstehen, die in großer Anzahl darin wohnten, eines teils auch von ihren Freunden, die ihnen Gutes gönnten, und wohl gewogen waren, und sich mit ihnen freuten, dass sie aus ihrer großen Gefahr errettet waren.
16. Den Juden aber war ein Licht und Freude und Wonne und Ehre kommen.
Kommen: Anstatt der Traurigkeit, darin sie zuvor als in einer Finsternis gesteckt, hatte ihnen solches gnädige Edikt des Königs, gleichsam wie ein helles Licht unter die Augen geleuchtet, bei den Heiden.
17. Und in allen Landen und Städten, an welchen Ort des Königs Wort und Gebote gelangte, da wurde Freude und Wonne unter den Juden, Wohlleben und gute Tage, dass viele der Völker im Lande Juden worden; denn die Furcht der Juden kam über sie.
Und Wonne: Dass sie mit Freuden einen Festtag begingen, weil sie vor der Gefahr ihres Lebens befreit waren, und an ihren Feinden Rache üben durften. [Denn der Frommen Traurigkeit wird in Freude verändert. Und ob sie wohl nicht immer auf solche Weise leiblich erlöst werden, so bekommen sie doch durch den Heiligen Geist Trost von Gott, damit sie die innerliche Angst des Herzens von ihnen treiben, und sich in Gott freuen.)
Furcht: Weil die Heiden merkten, und schier mit Händen greifen mussten, dass Gott auf der Juden Seite stünde, und demselben Volk besonders gewogen wäre, in dem er sie einstmals mit einer schnellen und plötzlichen Veränderung, gleichsam dem Tode aus dem Rachen gerissen, darum sie denselben Gott auch zu ehren begehrten, der seine Diener in ihrer größten Gefahr nicht verließe. [Denn die Trübsal der Kirche gereichen endlich zur Ehre Gottes, und zur Fortpflanzung der wahren Religion.)
Das 9. Kapitel
- Die Juden erwürgen mit des Königs Erlaubnis viel ihrer Feinde, v. 1.
- Und werden des Hamans Söhne auch umgebracht, und aufgehängt, v. 10.
- Zur Gedächtnis solcher Erlösung setzen die Juden ein Freudenfest ein, das man Jährlich feiern sollte, v. 18.
1. Im zwölften Monden, das ist der Mond Adar, am dreizehnten Tage, den des Königs Wort und Gebote bestimmt hatte, dass man es tun soll, eben desselben Tages, da die Feinde der Juden hofften, sie zu überwältigen, wandte sich es, dass die Juden ihre Feinde überwältigen sollten.
Hofften: Nach dem ersten Edikt des Königs, welches Haman hatte anschlagen und eröffnen lassen.
Wandt sich es: Durch das anderer Edikt, welches die Königin Esther beim Könige ausgebracht hatte, wandte sich das Blättlein um, und ging es über die Feinde des Volkes Gottes aus, was sie wieder dasselbe im Sinn hatten.
2. Da versammelten sich die Juden in ihren Städten, in allen Landen des Königs Ahasveros, dass sie die Hand legten an die, so ihnen übel wollten. Und niemand konnte ihnen widerstehen; denn Furcht war über alle Völker kommen.
Städten: In denen, nämlich, viel Juden wohnten.
Übel wollten: Dass sie dieselben anfielen und erwürgten.
Furcht: [Denn Gott nimmt bisweilen den Feinden seines Wortes den Mut, dass sie wider die Frommen nicht bestehen können.)
3. Auch alle Obersten in Landen und Fürsten und Landpfleger und Amtleute des Königs erhoben die Juden; denn die Furcht Mardachais kam über sie.
erhoben: Sie hielten viel auf sie, und Taten ihnen alle Ehre an.
Über sie: Dass sie sich vor ihm scheuten, und sich ganz ehrerbietig gegen sie erzeigten.
4. Denn Mardachai war groß im Hause des Königs, und sein Gerücht erscholl in allen Ländern, wie er zunähme und groß würde.
War groß: Er hatte zu Hof ein großes Ansehen.
Zunehme: Dass er je länger je mächtiger und ansehnlicher wurde bei dem Könige und vor jedermann.
5. Also schlugen die Juden an allen ihren Feinden mit der Schwertschlacht und würgten und brachten um und Taten nach ihrem Willen an denen, die ihnen feind waren.
Ihrem Willen: Sie gingen mit ihnen um, wie sie nur selbst wollten. Man soll es aber nicht dafür halten, dass sie ohne Unterschied alle erwürgt haben, die nicht ihrer Religion gewesen, sondern nur die, welche ihnen alles Übel zu tun begehrten, und sich ausdrücklich vernehmen lassen, dass sie alle Juden umbringen wollten. [Denn man soll auch in der angemessenen und gerechten Rache das Maß nicht überschreiten. Und lernen wir bei der Gottlosen Untergang, dass sie in die Gruben fallen, welche sie den Frommen gegraben haben.)
6. Und zu Schloss Susan erwürgten die Juden und brachten um fünfhundert man.
7. Dazu erwürgten sie Parsandatha, Dalphon, Aspatha,
8. Poratha, Adalja, Aridatha,
9. Parmastha, Arisai, Aridai, Vajesatha,
10. die zehn Söhne Hamans, des Sohnes Medathas, des Judenfeindes; aber an seine Güter legten sie ihre Hände nicht.
Hände nicht: Dass sie der Erschlagenen Habe und Güter nicht begehrten zu rauben und an sich zu ziehen, auf dass sie nicht dafür angesehen würden, als erwürgten sie die Leute in ihrer Unschuld aus lauterem Geiz. Man hat aber ihrer Güter ohne Zweifel conficiert, und dem Könige eingezogen. [Denn wir sollen uns vor allem bösen Schein und Argwohn hüten. Und haben wir bei der Söhne Haman Unfall zu lernen, wie Gott der bösen Eltern Sünde auch an den gottlosen Kindern strafe.)
11. Zu derselben Zeit kam die Zahl der Erwürgten gen Schloss Susan vor den König.
12. Und der König sprach zu der Königin Esther: Die Juden haben zu Schloss Susan fünfhundert man erwürgt und umgebracht und die zehn Söhne Hamans; was werden sie tun in den anderen Ländern des Königs? Was bittest du, dass man dir geben und was zuerst du mehr, dass man tue?
Sprach: Nämlich, aus großer Liebe gegen seine Gemahlin, dass er ihr mit solchen Worten freundlich und gnädig zusprach.
Dir gebe: [So ganz ist des Königs Herz in Gottes Hand, dass er es hinlenken kann, wo er will, darum sollen wir zu allererst dahin trachten, dass wir Gottes Gnade behalten mögen, alsdann wird der Menschen Gunst für sich selber folgen, oder wird doch ihr Hass uns nicht schaden können.)
13. Esther sprach: Gefällt es dem Könige, so lasse er auch morgen die Juden zu Susan tun nach dem heutigen Gebote, dass sie die zehn Söhne Hamans an den Baum hängen.
Gebote: Dass sie, nämlich, ihre übrigen geschworenen und abgesagten Feinde auch umbringen mögen.
hängen: Welches doch die Königin Esther nicht darum begehrt, dass sie eines so grausames und rachgieriges Gemütes gewesen, die durch das vorige Morden und Blutvergießen nicht hätte können gesättigt werden, sondern weil Haman das ganze Geschlecht der Juden hätte begehrt zu vertilgen, so wollte sie, dass in der Hauptstadt, und an den Kindern Haman ein ernstes Beispiel der gestraften Bosheit vorgestellt würde, damit zukünftig niemand leicht dergleichen etwas wider das jüdische Volk sich unterstehen durfte, und damit das Volk Gottes später im Königreich Persien desto sicherer bleiben könnte.
14. Und der König hieß also tun. Und das Gebot wurde zu Susan angeschlagen, und die zehn Söhne Hamans worden gehängt.
Gehängt: Ob sie wohl bereits vorhin umgebracht waren, so wurde doch den toten Körpern noch die Schmach angetan. [Denn man muss bisweilen ein ernstes Beispiel der Strafe sehen lassen, auf dass andere sich daran stoßen, und von dergleichen Übeltaten sich enthalten.)
15. Und die Juden versammelten sich zu Susan am vierzehnten Tage des Monden Adar und erwürgten zu Susan dreihundert man; aber an ihre Güter legten sie ihre Hände nicht.
16. Aber die anderen Juden in den Ländern des Königs kamen zusammen und standen für ihr Leben, dass sie Ruhe schafften vor ihren Feinden; und erwürgten ihrer Feinde fünfundsiebenzigtausend; aber an ihre Güter legten sie ihre Hände nicht.
Ihr Leben: Dass sie dasselbe schützten, und sich an ihren Feinden rächten.
Ruhe schafften: Dass sie vor ihnen zukünftig möchten gesichert sein. [Denn etliche Feinde der Kirche stecken so voll bitteren Hasses, und persönlichen Neides, dass sie keine Ruhe haben können, bis sie darüber zugrunde gehen.)
Hände nicht: Das ist: Obwohl die Juden ihre Feinde in so großer Anzahl hingerichtet hatten, so haben sie doch ihre Güter nicht zu sich gerissen, um oben erzählter Ursachen willen.
17. Das geschah am dreizehnten Tage des Monden Adar, und ruhten am vierzehnten Tage desselben Monden; den machte man zum Tage des Wohllebens und Freuden.
Und Freuden: Von diesem Fest wird später ausführlicher gesagt werden. Und ist dies von denen Juden zu verstehen, die außerhalb der Stadt Susan sich an ihren Feinden gerächt, von den anderen in der Stadt folgt gleich später.
18. Aber die Juden zu Susan waren zusammenkommen, beide am dreizehnten und vierzehnten Tage, und ruhten am fünfzehnten Tage; und den Tag machte man zum Tage des Wohllebens und Freuden.
Und vierzehnten: Dass sie also zwei Tage mit würgen zugebracht.
Des Wohllebens: Nicht der Meinung, dass sie sich am selben Tage wollten toll und vollsaufen, sondern dass sie eine ehrliche Freudenmahlzeit hielten, zum Gedächtnis der göttlichen Erlösung, die ihnen widerfahren war. [Denn gleichwie Gott dem Fressen und Saufen feind ist. Also kann er hingegen ehrliche Mahlzeiten wohl leiden, die zu gelegener Zeit gehalten werden.)
19. Darum machten die Juden, die auf den Dörfern und Flecken wohnten, den vierzehnten Tag des Monden Adar zum Tage des Wohllebens und Freuden, und sandte einer dem anderen Geschenke.
Geschenke: Besonders aber die Reichen den Armen und Dürftigen. [Denn die Freundlichkeit und Gutwilligkeit gefällt Gott wohl, wenn gute Freunde einander mit Gaben und Geschenken verehren, besonders, wenn man der Armen in Acht hat, und wahrnimmt. Welcher man in keinem Weg vergessen soll.)
20. Und Mardachai beschrieb diese Geschichte und sandte die Briefe zu allen Juden, die in allen Ländern des Königs Ahasveros waren, beide nahen und fernen,
geschieht: So bisher erzählt worden, und von der Einsetzung des Festes, das man Jährlich zu derselben Gedächtnis halten sollte.
waren: Das ist: An allen vornehmsten Orten, da die Juden wohnten.
21. dass sie annähmen und hielten den vierzehnten und fünfzehnten Tag des Monden Adar jährlich,
Vierzehnten: Nämlich, in den Flecken und Dörfern.
Fünfzehnten: Nämlich, in den beschlossene Städten.
22. nach den Tagen, darin die Juden zur Ruhe gekommen waren von ihren Feinden, und nach dem Monden, darin ihre Schmerzen in Freude und ihr Leid in gute Tage verkehrt war, dass sie dieselben halten sollten für Tage des Wohllebens und Freuden, und einer dem anderen Geschenke schicken und den Armen mitteilen.
Gekommen waren: Nach denselben Tagen setzte Mardachai auch das Fest ein, dass man es zukünftig jährlich halten sollte. Ob nun wohl im Gesetz befohlen war, dass man zu den Geboten Gottes nichts hinzu noch davon tun soll, so ist doch mit der Einsetzung dieses neuen Festes wider das Gesetz Gottes nicht gesündigt worden. Denn dasselbe nicht darum eingesetzt wurde, dass es sollte an sich selbst ein Gottesdienst sein, sondern nur allein, dass es ein Gedächtnis wäre der wunderbaren göttlichen Erlösung, die dem Volk Gottes widerfahren war. [Denn wir sollen die Gedächtnisse der göttlichen Guttaten erhalten, und auf die Nachkommen bringen.)
Mitteilen: [Denn es steht frommen Leuten zu, dass sie bei ihren Freuden und Wohlleben der Armen nicht vergessen.)
23. Und die Juden Nahmen‘s an, dass sie angefangen hatten zu tun, und das Mardachai zu ihnen schrieb:
Namens an: Nämlich, dass sie darin bewilligten, nach dem sie ihre Feinde erwürgt hatten.
Zu tun: Dass sie, nämlich, jährlich ein Fest halten, und ein Wohlleben anrichten wollten.
Schreib: [Denn man soll denen gehorchen, die uns von Gott und der Obrigkeit vorgesetzt sind.)
24. wie Haman, der Sohn Medathas, der Agagiter, aller Juden Feind, gedacht hatte, alle Juden umzubringen, und das Los werfen lassen, sie zu schrecken und umzubringen;
Wie Haman: Dies ist eine kurze und Summarische Wiederholung der vorigen bisher erzählten Geschichte.
Umzubringen: Denn er über alle Tage und Monate des Jahres das Los geworfen, zu erkundigen, welcher Tag gut und gelegen dazu sein würde, dass die Juden alle mit einander ums Leben gebracht würden, so viel ihrer in des Ahasveros Königreich lebten, wie oben Kapitel 3. gehört wurde.
25. und wie Esther zum Könige gegangen war und geredet, dass durch Briefe seine bösen Anschläge, die er wieder die Juden gedacht, auf seinen Kopf gekehrt würden; und wie man ihn und seine Söhne an den Baum gehängt hätte.
Geredet: Für ihr Volk, für welches sie eine Fürbitte getan, dass es nicht umgebracht würde.
Seinen Kopf: Dass, nämlich, im Gegenteil Haman mit seinem Anhang erwürgt würde, wie er den Juden hatte begehrt zu tun.
Gehängt: Welches doch zu unterschiedlichen Zeiten geschehen.
26. Daher sie diese Tage Purim nannten nach dem Namen des Loses, nach allen Worten dieses Briefes, und was sie selbst gesehen hatten, und was an sie gelangt war.
Tage: Die sie zu Feiertagen gemacht und eingesetzt hatten, dass man sie jährlich feiern sollte.
Des Los: Denn Pur eben so viel heißt, als ein Los.
Dieses Briefes: Dadurch vielleicht dies Büchlein verstanden wird, welches Mardachai beschrieben.
Gelangt: Das ist: Sie haben dies Fest darum also genannt, weil sie durch das Los, so Haman geworfen, in Leibes und Lebens Gefahr gekommen wären, daraus sie doch Gott gnädiglich errettet hatte.
27. Und die Juden richteten es auf und Nahmen es auf sich und auf ihren Samen und auf alle, die sich zu ihnen Taten, dass sie nicht übergehen wollten, zu halten diese zwei Tage jährlich, wie die beschrieben und bestimmt worden,
Taten: Nämlich, die Fremdlinge und Judengenossen, die sich zu ihnen hielten.
zwei Tage: Dass, nämlich, die Juden, so in den gemauerten Städten wohnten, den fünfzehnten Tag des Monden Adar feierten, die andere aber in den Flecken und Dörfern den vierzehnten Tag begingen.
Bestimmt worden: Von Mardachai, auf den sie damals ihr besonderes aufsehen hatten, als ihrer vorgesetzten Obrigkeit.
28. dass diese Tage nicht zu vergessen, sondern zu halten sind bei Kindeskindern, bei allen Geschlechtern in allen Ländern und Städten. Es sind die Tage Purim, welche nicht sollen übergangen werden unter den Juden, und ihr Gedächtnis nicht umkommen bei ihrem Samen.
Kindes Kindern: Bei allen ihren Nachkommen.
Städten: Da die Juden wohnen würden.
Nicht umgekommen: Das ist: Es soll solches Fest von den Juden und ihren Nachkommen immer gefeiert werden. Und ist einerlei Meinung mit dem vorigen, mit nur mit etwas veränderten Worten wiederholt, wie bei den Hebräern oft gebräuchlich ist.
29. Und die Königin Esther, die Tochter Abihails, und Mardachai, der Jude, schrieben mit ganzer Gewalt, zu bestätigen diesen anderen Brief von Purim.
anderen Brief: Dass also Esther und Mardachai zum anderen Mal durch ein Schreiben den Juden eingebunden und befohlen, das voriges Fest zu halten. [Denn wo man nicht darauf dringt, dass gute Satzungen gehalten werden, und man dieselben nicht bisweilen wiederholt, so werden sie leicht aus der acht gelassen, und vergessen.)
30. Und sandte die Briefe zu allen Juden in den hundertundsiebenundzwanzig Ländern des Königreichs Ahasveros mit freundlichen und treuen Worten:
Treuen Worten: Das ist: Es stand in den Briefen, wie freundlich und treulich Gott an seinem Volk gehandelt hatte.
31. dass sie bestätigten diese Tage Purim auf ihre bestimmte Zeit, wie Mardachai, der Jude, über sie bestätigt hatte, und die Königin Esther; wie sie auf ihre Seele und auf ihren Samen bestätigt hatten die Geschichte der Fasten und ihres Schreiens.
Bestätigten: Und die Gedächtnisse der göttlichen Guttat, durch die Begehung des Festes mit dankbarem Herzen behielten.
Bestätigt hatte: Dass es die Juden bewilligt hatten, für sich selbst, und für ihre Nachkommen, das vorgemeldete Fest zu halten.
Schreiens: Dass sie, nämlich, einen Tag zuvor, vor dem Fest wollten Fasten und wehklagen, zum Gedächtnis der Gefahr und Angst, darin sie gesteckt, und den folgenden Tag das Fest mit Freuden halten.
32. Und Esther befahl, die Geschichte dieser Purim zu bestätigen und in ein Buch zu schreiben.
Zu schreiben: Sie hieß diese Geschichte und Einsetzung des Festes in der Juden Geschichtsbüchern verzeichnen, damit es nicht eingestellt würde. [Weil aber heutigen Tages nicht mehr die Juden, sondern die Christen Gottes Volk sind, so hat Gott die Gedächtnisse dieser Geschichte bis auf uns erhalten, damit wir lernen, wie fleißig Gott für seiner Kirche Wohlfahrt sorge und wache.)
Das 10. Kapitel
- Des Königs Ahasveros große Macht wird kürzlich wiederholt, v. 1.
- Und angezeigt, in was großem Ansehen und Gnaden Mardachai gewesen, v. 3.
1. Und der König Ahasveros legte Zins auf das Land und auf die Inseln im Meer.
Aufs Land: Das er unter seinem Gebiet hatte. Welches er mit einer neuen Schatzung belegt. Und ist dies eine Strafe von Gott über die Perser gewesen, weil sie kurz zuvor nach der armen Juden Gut und Blut getrachtet. [Es Tun aber viel Obrigkeiten in dieser Sache dem Ahasvero gar zu bald nach.)
2. Aber alle Werke seiner Gewalt und Macht und die große Herrlichkeit Mardachais, die ihm der König gab, siehe, das ist geschrieben in der Chronik der Könige in Medien und Persien.
Werke: Was er löbliches und vortreffliches in währender seiner Regierung ausgerichtet.
Macht: Denn er gar ein mächtiger Monarch gewesen.
Gab: Dass er ihn zu hohen Ehren erhob.
3. Denn Mardachai, der Jude, war der andere nach dem Könige Ahasveros und groß unter den Juden und angenehm unter der Menge seiner Brüder, der für sein Volk Gutes suchte und redete das Beste für allen seinen Samen.
Anderer: Oder der Nächste nach dem Könige. Darum seine Geschichte unter der Könige Taten aufgezeichnet wurden.
Groß: In großem Ansehen, und berühmt.
Brüder: Er wurde von allen Juden lieb und wert gehalten.
das Beste: Das ist: Er trachtete sehr fleißig und emsig dahin, beide mit Worten und in der Tat, dass er verrichtete und verschaffte, was zu des jüdischen Volkes Wohlfahrt förderlich war, aus welche er seine Herkunft hatte. [Denn Gott erhebt darum bisweilen etliche Glieder der Kirche zu großen Ehren, und gibt ihnen vor anderen großen Gewalt, auf dass sie mit allem Fleiß dahin trachten, wie sie der Kirche nach ihrem Vermögen helfen, dieselbe schützen, und ihre Erbauung und Fortpflanzung befördern. Und ist es viel besser, dass man einen solchen Namen in der Welt hinter sich verlasse, als großen Reichtum. Denn Gott wird solche Guttaten, die der Kirche erzeigt werden, nicht allein in diesem, sondern auch im zukünftigen Leben vergelten {Mt 25}.
Ende des Buches Esther.