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Predigten zu Matthäus 9,2

"Und siehe, sie brachten einen Gelähmten zu ihm, der auf einem Bette lag; und als Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Sei guten Mutes, Kind, deine Sünden sind vergeben."

Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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Es hat schon viele gegeben, die sich lange und ängstlich bemüht haben, ein solches Trostwort in ihrem Herzen zu vernehmen, wie der Heiland eines zum Gichtbrüchigen sprach; sie haben sich abgekümmert und die Vergebung ihrer Sünden nicht glauben wollen, weil sie eigensinnig darauf bestanden haben, es müsse ihnen in ihrem Innern vom Heiland zugerufen werden: »Sei getrost, mein Sohn, meine Tochter, deine Sünden sind dir vergeben!« - oder ein anderes ähnliches Wort, und sie haben sich mit diesem Eigensinn manchen Monat, vielleicht manches Jahr unnötiger Weise verkümmert, die sie hätten können in der Freiheit der Kinder Gottes und los vom bösen Gewissen zubringen. Aber darauf sind wir nicht angewiesen. »Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muß der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.«

So sagt das Wort Gottes. Wir sollen hinaufblicken auf den am Kreuz erhöhten Jesus, und sollen so lang hinaufblicken, bis es uns gegeben wird, zu glauben, daß unsere und aller Welt Sünde dort abgetan sei. Dies ist der Weg, den uns Gott vorgeschrieben hat zu unserer Rechtfertigung vor ihm und zu dem Genuß der neutestamentlichen Gnade, wie es auch in einem alten Lied heißt: Laß uns in deiner Nägel Mal erblicken unsre Gnadenwahl. Hier liegt die Vergebung der Sünden. O wie wohl wird es einem Herzen, wenn ihm gegeben wird, seinen Versöhner im Glauben zu erblicken! Wie brünstig liebend sieht es hinauf an dem treuen Heiland, wie zerflossen setzt es sich hin an den Marterleichnam Christi, und findet in den Wunden des Sohnes Gottes, in seinem blutigen, bleichen Antlitz alle seine Sünden, aber auch die Versöhnung für alle seine Sünden, Gnade und Freiheit! Da wird der Gekreuzigte recht groß und unentbehrlich; man erfaßt ihn mit seinen Glaubenshänden immer inniger; man drückt ihn immer liebender an das Herz; man sieht immer deutlicher in seinem Tod den ganzen Reichtum seiner Erbarmungen; man schickt sich immer mehr an, in die Gemeinschaft seines Leidens und Todes einzugehen; man findet alles in ihm. Das ist die Übung des Glaubens in dieser Welt. So wird die Sünde getötet; so kommt man zur Freiheit der Kinder Gottes; so lebt man in der Versöhnung, in der täglichen Vergebung der Sünden, weil man in Christo lebt, und Christus ist die Vergebung der Sünden.

Weg, mein Herz, mit dem Gedanken, als ob du verstoßen wärst! Bleib in Gottes Wort und Schranken, da du anders reden hörst. Bist du bös und ungerecht, ei, so ist Gott fromm und schlecht. Hast du Zorn und Tod verdient: Sinke nicht, Gott ist versühnt.


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Da uns die Ordnung unseres Gottesdienstes zur Beichte verpflichtet, so haben wir alle oft gehört: „Dir sind deine Sünden vergeben.“ Hätten wir bei uns Schriftgelehrte, wie sie vor Jesus saßen, die mit Ernst für Gottes Gebot und Ehre eiferten, so würden sie auch dazu sagen, das sei nicht Evangelium, sondern Lästerung; wenn wir unsere Sünden für vergeben erklären, so duldeten wir das Böse, und wer das Böse dulde, der erzeuge es. Sünde sei das, was nicht geschehen darf, weil es Gott gegen sich hat. Wenn wir das nach unserem Gutdünken für beseitigt erklären, so wäre auch dies schon Sünde; wenn wir aber in Gottes Namen mit Berufung auf Gott so handelten, so machten wir Gott zum Freund des Bösen und dies sei Lästerung. Diese Einrede ist ernst genug, so dass wir für sie eine klare Antwort haben müssen. Wenn ich selbst mich mit meinem Bösen versöhne, etwa weil ich nicht nur Schlechtes, sondern auch Gutes in meinem Leben finde, oder weil ich es bereue, oder weil ich nicht nur sündige, sondern daneben auch noch gläubig bin, das ist unzweifelhaft Sünde und ihre Befestigung und Vollendung. Daran darf sich kein Zweifel hängen, dass Gott vergibt, er allein, und die Frage, die ihre klare Antwort bekommen muss, ist die: Hat Gott mir vergeben? War es Gott, der damals dem Gichtbrüchigen vergab? Jesus sagt: Ja, Gott vergibt, und er nennt es nicht ein Geheimnis, das im Himmel verschlossen blieb; vielmehr hat der Menschensohn auf der Erde die Vollmacht, die Sünden zu vergeben. Daran, dass Jesus bei uns ist, Jesus zu uns spricht, Jesus uns seinen Tisch bereitet, Jesus für uns starb und für uns lebt, daran sehe ich, dass Gott mir vergeben hat. Das ist das Ende der Feindschaft, die Aufhebung der Entzweiung, die Wiederherstellung der Gemeinschaft, die den Verschuldeten suchende Liebe. Wenn ich zweifle, ob mir vergeben sei, so zweifle ich, ob Jesus zu uns gekommen sei, und wenn ich in der Beichte höre: eure Sünden sind euch vergeben, so vernehme ich die Botschaft Jesu, nichts anderes, als was mir die Weihnacht sagt, dass Christus geboren ist, und was ich am Karfreitag vernehme, dass er gestorben ist, und was ich am Ostertag höre, dass Er auferstanden ist. Was muss ich also tun, um die Vergebung zu empfangen und zu bewahren? Kommt zu mir, hat Jesus gesagt, und bleibt in mir. Das ist die Weise, wie uns Gott vergibt.

Vater, Du weißt, was wir bedürfen, ehe wir reden und bitten. Du weißt, dass wir Dein Vergeben bedürfen. Weil Du es uns gibst, suche ich es bei Dir und sage Dir Dank, dass ich es bei Dir suchen und empfangen darf. Amen.


Autor: Elias Schrenk (* 19.09.1831; † 21.10.1913) deutscher Theologe und Erweckungsprediger des Pietismus

Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.

So sprach der Herr zu dem Gichtbrüchigen, der zu ihm gekommen war. Ohne Zweifel brachte man ihn zum Heiland, dass er ihn zunächst heile; der Herr sieht aber ein tieferes Bedürfnis bei ihm als Heilung des Leibes: er hatte keinen Frieden mit Gott. Von wie vielen Kranken gilt dasselbe! Nicht Heilung des Leibes ist es, was sie zuerst bedürfen; nicht einmal Geduld ist es, in der sie Gott zunächst üben will. Er hat sie in die Stille geführt, damit sie zu sich selber kommen und das tiefste Bedürfnis; ihres Herzens erkennen sollen. Wohl den Kranken, die ihren Gott mit aufrichtigem Herzen fragen: was hast Du mir zu sagen? O, er hat uns manches zu sagen. Vielleicht hat er dir zu sagen, dass du dir keine Zeit genommen hast zum Seligwerden; nun legt er dich hin, und gibt dir Zeit. Vielleicht hast du allerlei Unordnung in deinem Herzen und Leben einreißen lassen; es muss anders mit dir werden, und darum führt er dich in die Stille. Lass dir nicht den Arzt, die Arznei, den Kurort die Hauptsache sein; lass dir den Herrn Jesum für immer die Hauptsache werden; denn nur dann machst du eine gute Kur. Was nützt dir des Leibes Gesundheit, wenn du nicht mit deinem Gott im Reinen bist? Lieber krank sein mit dem Heiland, als gesund ohne ihn. Jede Krankheit erinnert uns an unser Ende, und wenn wir dann nicht Vergebung der Sünden haben, so sind wir verloren. Seien wir daher nicht zu eilig, die Kranken gesund beten zu helfen, sondern blicken wir tiefer, damit wir ihnen Handreichung für Seele und Leib, bieten können.

Lieber Vater im Himmel! Du bist treu und suchst heim auf allerlei Weise, um uns zu Dir zu ziehen. Hilf mir, Dich zu verstehen und Deine Gemeinschaft höher zu achten, als das Leben. Amen