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Predigten zu Markus 7,34

"und, gen Himmel blickend, seufzte er und spricht zu ihm: Ephata! das ist: Werde aufgetan!"

Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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"Auch ein Vorrecht der Kinder Gottes Jesus sah auf gen Himmel."

Wiederholt lesen wir dies von Jesu. Er erwartete alles vom Vater, ließ sich alles von oben geben. So blickte er auf, als 5000 hungrige Menschen vor ihm lagerten und nur fünf Brote und zwei Fischlein unter seinen Händen waren. Er sah nicht auf den winzigen Vorrat. Er rechnete mit den Schätzen seines Vaters. Er sah auf am Grab des Lazarus. Er blickte weg von der Hoffnungslosigkeit des Todes auf die Lebensherrlichkeit seines Vaters. So sah er empor gen Himmel, als der Taubstumme vor ihm stand. Sein Blick blieb nicht haften an dem menschlichen Elend. Er hielt sich an die überschwengliche Kraft Gottes.

Wohl dem, der aufblicken kann! Kinder Gottes können und dürfen das. Ihr Auge ist geöffnet: für den Himmel, für Gott, den Allmächtigen und Gegenwärtigen. "Meine Augen sehen stets zu dem Herrn" sagt David. Er hatte diesen Glaubensblick. Hier unten sieht man viel Not, Leid, Schwierigkeiten, Hemmnisse. Wer nicht aufblicken kann, schaut missmutig, düster und traurig drein. "Die aber den Herrn ansehen, werden erquickt." Das Auge bekommt neues Leuchten und starrt nicht glanzlos auf die traurige Lage. Als Hanna, die Mutter Samuels, ihr Herz vor dem Herrn ausgeschüttet hatte, also den Blick wegwandte von den unerquicklichen, demütigenden, drückenden Umständen ihres Lebens, da "sah" sie nicht mehr so traurig. Der sorgenvolle Blick schwindet, wenn man richtig aufblicken kann zu dem, der mit allen Schwierigkeiten fertigwerden und jedem Mangel abhelfen kann.

Oft ist man in einer Lage, wo man nicht die Hände falten und ein förmliches Gebet sprechen kann. So erging es dem Nehemia, als er vor König Artaxerxes stand und dieser ihn fragte, warum er so übel aussähe. Der Gram um sein geliebtes Jerusalem frass an seinem Herzen. Denn noch lag die Stadt in Trümmern. Aber er fürchtete sich, dies dem König zu sagen, durch dessen Gunst er zum königlichen Mundschenk erhoben worden war. Er musste befürchten, dass der König dieses Hängen an Jerusalem übelnehmen werde, hatte er ihm doch eine so glänzende Stellung verliehen. Aber schließlich rückte er doch offen heraus. Darauf fragte der König: Was forderst du? Nehemia hätte gern einen längeren Urlaub zur Reise nach Jerusalem gehabt. Darf ich's sagen, werde ich nicht in Ungnade fallen? "Da betete ich zu dem Gott des Himmels" - nicht mit Worten und Gebärden. Es war ein stiller, mächtig andringender Blick nach oben, und siehe - es ging alles herrlich hinaus. Wer aufblicken kann, ist selig dran.

Blicke nur auf Jesum mitten in dem Streit! Wird der Kampf auch heißer, Hilfe ist bereit. Ist der Feind gleich mächtig, deine Kraft nur klein; Blicke nur auf Jesum, sein Sieg ist auch dein!


Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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"Das Seufzen aus priesterlichem Herzen Jesus seufzte."

Viele Seufzer ringen sich vom Herzen los: Seufzer, die zum Herzen Gottes dringen, und solche, die wirkungslos in der Luft verhallen. Jesus seufzte anders als die unheiligen Menschen. Wir wollen seufzen lernen wie er. Als ihm einst ein Taubstummer gebracht wurde und nun dieser Unglückliche vor ihm stand, seufzte er. Vor sein Geistesauge trat all das menschliche Elend. Es legte sich ihm schwer aufs Herz. Seine Krankenheilungen vollzogen sich nicht so zauberhaft leicht. Er hat die Krankheiten auf sich genommen (Mt. 8, 4). - Seufzer über das eigene Elend liegen uns allen von Natur viel näher. Wir ertappen uns sogar bei einem gewissen Wohlgefallen am Unglück anderer in dem Gedanken: "Es ist nur gut, dass mich's nicht trifft." Seufzer über fremdes Elend entstammen der selbstlosen Liebe. Unsere Selbstsucht und Eigenliebe seufzt über Lasten und Beschwerden, über allzustarke Inanspruchnahme der Kraft, über rücksichtslose und ungerechte Behandlung. Unmut und Verdrossenheit sprechen sich in solchen Seufzern aus. Sie dringen nicht zu Gott. Wir seufzen wohl gar widereinander. Wir empfinden den andern als eine Last, die wir gern los sein möchten. Durch solche Seufzer können wir uns die Verdammnis holen, wie der Apostel Jakobus sagt. Denn Lieblosigkeit und Hass schließen vom Himmel aus. - Ein andermal lesen wir, dass Jesus über die Verblendung und Verstocktheit der Juden seufzte (Mk. 8, 12). Die Bosheit, der Undank, die Verkennung, die ihn persönlich getroffen haben, pressten ihm keinen Seufzer aus. Wohl aber vergoss er Tränen über die Blindheit und den Unglauben der Leute zu Jerusalem, die sich um ihr ewiges Heil brachten. - Wir haben vor allem Grund, über uns selbst zu seufzen, nach dem prophetischen Wort: "Was murren (seufzen) die Leute im Leben? Ein jeder murre wider seine Sünde!" Wenn wir über unsere Herzenskälte, unsere Versäumnisse, unsere Ungeduld, Schwäche, Neid und Geiz seufzen, so kann uns Gnade zuteil werden. Als Begnadigte seufzen wir auch in rechter Weise über die Verdorbenheit der Menschen und über die Greuel der Sünde um uns her. Selbstgerechte reden wohl viel im pharisäischen Sinn von den "schlechten Zeiten und bösen Menschen". Das rechte Seufzen über die Sünden anderer stammt aus tiefem Weh. Gotteskinder fühlen mit Gott und für Gott, wie Kinder mit den Eltern, wenn diese gekränkt werden. Das ist ein heiliges, Gott gefälliges Seufzen. Es führt zu einem herzlichen Eintreten für die Sünder in ernster Fürbitte, auch zu einem tatkräftigen Auftreten gegen böses Unwesen. Jesus weinte nicht nur über Jerusalems Verblendung, er trieb auch gleich danach die Käufer und Verkäufer aus dem Tempel hinaus. Begnügen wir uns nicht allein mit Seufzen und schwächlichen Klagen! - Viele Übelstände können wir allerdings mit dem besten Willen nicht ändern. Hier bleibt nichts anders übrig, als Seufzer zu Gott aufzuschicken. Solche Seufzer werden sich einst in "ewige Freude und Wonne" verwandeln (Jes. 55, 10).


Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Von der Gebundenheit zur Lösung (II)

"Und er sprach zu Ihm: Hephata, das ist: Tu dich auf!"

Zuerst handelt der Herr Jesus mit dem Taubstummen, dann erst spricht er. Es war nur ein einziges Wort, aber ein Kraftwort. Die Tat geht bei Jesu dem Wort voran, und seine Worte sind Taten. Wieviel reden wir und - die Tat bleibt aus oder hinkt kümmerlich nach, und unsere Worte sind Wasserblasen. Lukas sagt von seinem Evangelium, er habe geschrieben, was Jesus anfing, beides: zu tun und zu lehren (Apg. 1, 1). Der Heiland fuhr nach seinem Scheiden von der Erde fort, und bis heute tut und lehrt er durch die Seinen. Aber die Tat ist das Entscheidende. Seine Boten sind und sollen nicht blosse Wortemacher sein. Er will durch sie handeln, und sie sollen ihn zu Worte kommen lassen. - Sein "Hephata" will der Herr in jedes Herz und Leben hineinsprechen. Zuerst müssen wir uns aber zum Bewusstsein unserer jammervollen Gebundenheit bringen lassen. Dann sind wir für das lösende Wort von oben empfänglich. Wir müssen die Schuld empfinden, die unser Gewissen bindet und uns drückt und hemmt. Wir müssen die mannigfachen Fesseln sündlicher Neigungen spüren, die uns die freie Bewegung rauben, deren wir uns nicht entledigen können. Es muss an einen Punkt kommen, wo wir nicht mehr weiterkönnen und aus der Tiefe zu ihm flehen. Dann spricht er sein Hephata. - Bei dem Taubstummen trat alsbald eine Lösung ein. "Seine Ohren taten sich auf." Auch wir sind in geistlichem Sinn taub, bis Jesus die Taubheit durchbricht. Wir sind offen für das irdische Geplauder, für die Stimmen von unten, aber nicht für die Stimme des Guten Hirten. Für Gottes Wort sind wir verschlossen, darum ist es uns langweilig. Oder wenn wir etwas vernehmen, so hören wir falsch. Wir fassen nur die Verurteilung unseres Wesens und Treibens und wenden uns unwillig weg. So wird uns das Evangelium ein Geruch des Todes zum Tod. Wir hören nicht heraus die Laute der Liebe, die zu unserer Rettung bereit ist - bis wir uns entschließen zur Umkehr, zum Gehorsam. Dann wird unser Ohr von oben geöffnet: Wir lauschen der Botschaft des Friedens. Dann lernen wir auch recht reden. Das Band der Zunge löst sich. Wir rühmen die Gnade Gottes, bekennen den Heiland, der so Großes an uns getan hat. Wenn der Sündenbann vom Gewissen weggenommen wird, dann löst sich die Zunge. Die Liebe Gottes strömt ins Herz. Und wes das Herz voll ist, davon geht der Mund über. Wir reden alsdann recht, nicht mehr so verkehrt, nicht mehr so unzufrieden, so bitter, so aufreizend, so unwahr, so schmeichlerisch oder auch so grob, sondern unsere Rede wird lieblich und mit Salz gewürzt. Wir reden, was zur Besserung und Erbauung der Menschen und zur Ehre Gottes dient.


Autor: Hermann Bezzel (*18.05.1861; † 08.06.1917) deutscher lutherischer Theologe
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Und er sah auf gen Himmel, seufzte und sprach zu ihm: Hephatha! das ist: Tue dich auf!

In dieser Stunde hat sich das Heilandswerk vordeutend erfüllt. Er sah nicht nur den Einzelnen, sondern das ganze Leid, der Menschheit ganzen Jammer. Jesu Seufzer ist nicht die hoffnungslose Klage des modernen Pessimismus, der um des Elends willen die Welt verwünscht als schlechteste aller Welten, noch die tatenlose Resignation, als ob die Sünde die zu Recht bestehende Großmacht sei, die das letzte Wort behalten müsse. Mit dem Seufzen hebt Jesu seine Augen hoffend, betend im Glauben zu dem Herrn der Hilfe. öffne dich, du edler Born der Gnade, tue dich auf und reiche in Fülle dar alle guten und vollkommenen Gaben, lass dein Antlitz in der Finsternis leuchten, dass ihre Einwohner genesen!