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Predigten zu Lukas 22,42

"und sprach: Vater, wenn du diesen Kelch von mir wegnehmen willst, - doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe!"

Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Nicht erhört und doch erhört

"Jesus sprach: Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe! Es erschien ihm aber ein Engel und stärkte Ihn."

Der Vater konnte dem Sohn diese Bitte nicht gewähren. Er muss den Kelch trinken. Es gab keinen andern Weg zu unserer Erlösung als den einzigen, vor dem es den Heiland schauderte. Und doch wurde die flehentliche Bitte Jesu erhört. Er bekam eine himmlische Erscheinung. Ein Engel stärkte ihn. Schon die Lichterscheinung war eine Stärkung. Dies war die Antwort auf sein Gebet. Die Jünger sollten mit ihm wachen. Aber sie schliefen ein. Der Heiland musste den schwersten Kampf allein durchkämpfen. Aber er war nicht allein. Der Vater ließ ihn nicht stecken. Er konnte ihn vor dem Leiden nicht verschonen, aber er gab ihm Kraft, dass er den schweren Weg vollbringen konnte. Der Druck auf die Seele war so furchtbar und die körperliche Anspannung so heftig, dass mit dem Schweiss Blut aus den Poren drang. Sein schon ganz erschöpfter Leib wurde von oben neu belebt. Der Heiland hätte den Leidensweg nicht antreten können, wenn er nicht leibliche Stärkung durch das "verborgene Manna" (Offb. 2, 17) empfangen hätte. Sodann befreite ihn der Vater von Angst und Grauen. Nicht der Tod als solcher war dem Heiland so schrecklich. Aber dieser Tod, der Verbrechertod am Kreuz, und der Gedanke, dass er in die Hände der Gottlosen übergeben werde, dass sie ihr Spiel mit ihm treiben dürfen, diese Aussicht legte sich zentnerschwer auf seine Seele, so dass er betrübt ward bis an den Tod. Doch er wurde von der Furcht befreit. Sie wich aufs Gebet ein wenig. Aber dann kehrte sie wieder. Er betete zum zweitenmal. Wieder wurde ihm leichter. Aber dann fiel die Angst ihm nochmals auf die Seele. Er flehte zum drittenmal. Dann war er ganz befreit. Er konnte getrost sprechen: "Lasst uns aufstehen und von hinnen gehen! Er ist da, der mich verrät!" Er floh nicht, er ging den Feinden entgegen wie ein Sieger.

So ist Jesus erhört worden, als er Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Tränen zu Gott opferte, der ihm vom Tode aushelfen konnte, aber nicht durfte. Er ist errettet worden von der Todesfurcht. Er musste des Todes Bitterkeit schmecken für uns. Er bekam aber die nötige Kraft von oben zu diesem schwersten Werk. Wie anbetungswürdig ist diese Erhörung Gottes! Unzählige erlöste Sünder preisen ihn nun, dass er den eingeborenen Sohn diesen Schmerzensweg gehen ließ, aber ihm auch durchhalf. Jesus selbst aber wurde auf diesem Weg vollendet und zur Rechten Gottes erhöht. Eben weil er sich bis zum Verbrechertod am Kreuz erniedrigte, wurde er erhöht über alles und erhielt eine unvergleichliche Machtstellung. So erhörte Gott nicht, um überschwenglich herrlich zu erhören.


Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"Vater, willst Du, so nimm diesen Kelch von Mir; doch nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe!"

Wenn mir einmal meine Augen geöffnet werden, so dass ich die wichtigste Herzenssache Gottes und Seinen Eifer um die Errettung der Seele recht sehen und erkennen kann, dass Er für uns ein Mensch, ein Opferlamm wird, Blut schwitzt, sich geißeln, kreuzigen und töten lässt, welch ein unaussprechlicher, großer Trost liegt dann in dem Gebet: "Nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe!" Es ist vor allen Dingen notwendig zu wissen und in Wahrheit zu glauben, ja, im tiefsten Herzensgrund davon überzeugt zu sein, dass Gott will - und in Ewigkeit nie etwas anderes will -, dass wir selig werden sollen. Heute und morgen und alle Tage wird Er nichts anderes wollen.

Wegen dieser Seiner wichtigsten Herzensabsicht kann Er dich viel bitteres Leiden treffen lassen. Nur zum ewigen Heil deiner Seele lässt Er deinen "äußeren Menschen" umkommen, lässt Er dich viel zeitliche Trübsal treffen, ja, zuweilen die bittersten Erfahrungen machen, z. B. den Verlust deiner dir liebsten Dinge, mit denen dein Herz verwachsen war. Hier reißt der Tod einen lieben Herzensfreund, vielleicht die teure Gattin oder ein Kind hinweg; dort verliert ein anderer auf einmal sein ganzes Hab und Gut. Hier rauben böse Menschen dir noch etwas Kostbareres, deinen guten Namen; dort wird ein anderer von einer unheilbaren Krankheit befallen. Welch unendlich bittere Erfahrungen hat doch das Jammertal für seine Wandersleute! Da könnte ein Mensch ganz verzweifeln, wenn er nur auf das blickt, was vor Augen ist. Kannst du aber mit Asaph "in das Heiligtum Gottes gehen" und die wahre Bedeutung dieses Lebens, den Ernst der Ewigkeit und die zärtliche Meinung des getreuen Gottes gewahr werden, dass Er nämlich an deine Seele dachte, als Er dir das zusandte, dann wirst du mit Anbetung dein Herz vor Gott beruhigen und auch deine bittersten Erfahrungen für die größte Gnade halten. Oder weißt du, wie viele Leiden zur Errettung deiner Seele vonnöten sind? Halte hier still!

Hat dein treuer Gott nun eine so zärtliche Absicht mit dir, dass Er dich ewig selig im Himmel zu machen gedenkt, solltest du dann darüber missvergnügt sein, wenn Er so bittere Mittel anwendet? Vielleicht hast du beim Gefühl deiner jämmerlichen Trägheit und Schwachheit in der Heiligung und bei der Kreuzigung des Fleisches aus der Tiefe gerufen: "Gott, ich kann weder wachen noch streiten und mein Fleisch nicht töten, wie ich soll; tue Du es, O Herr, töte Du mein Fleisch, fördere Du meine Heiligung!" Hat der Herr dir jetzt die Gnade erwiesen und deine Bitte erhört, hat Er jetzt angefangen, dein Fleisch zu töten - und hat Er kein besseres Mittel dazu gefunden als gerade dieses Leiden, - willst du dann missvergnügt sein? Bitte Gott um einen ergebenen und stillen Geist, so dass du in dem härtesten Todeskampf deines alten Menschen beten kannst: "Vater, nicht wie ich will, sondern wie Du willst." Es kommt nur darauf an, sich zu ergeben - sich in den Tod zu geben, Abschied zu nehmen von diesem Leben und von jeglichem Gedanken an irdische Seligkeit - und seine Seele der Ewigkeit zuzuwenden. Diese Bitte wird man in Gethsemane lernen. Als das Grauen vor den Martern und dem Tod dem frommen Herzen Jesu die Bitte abpresste: "Ist es möglich, so gehe dieser Kelch von Mir", fügte Er hinzu "doch nicht wie ich will, sondern wie Du willst!" Das war der Sieg! Darauf sagte Er mit erleichtertem Geist: "Soll Ich den Kelch nicht trinken, den Mir Mein Vater gegeben hat?" Wenn man sich erst in den Tod gegeben hat, dann wird das Leiden erleichtert, so schwer es auch immer sein mag.

"Aber", sprichst du, "wenn es nur mein Vater wäre, der mir mein Leiden zugesandt hat, ich sehe doch, dass der oder jener Mensch die Ursache daran ist." Antwort: Das ist die Folge davon, dass du nicht an einen alleinigen Gott glaubst. Es ist der Heide in deinem Herzen, der mehrere Götter hat; zuerst den Schöpfer, dann den Teufel, dann einen bösen Menschen usw. Glaubtest du stattdessen, was die Schrift lehrt, dass es nur einen Gott gibt, der über alle anderen Mächte im Himmel, auf Erden und in der Hölle herrscht, dass der Teufel den Hiob nicht antasten darf, ohne dazu Erlaubnis erhalten zu haben, dass die Welt "kein Haar auf unserem Haupte ohne den Willen des himmlischen Vaters krümmen" kann, dann würdest du einsehen, dass auch das, was böse Menschen dir zufügen, der Art und dem Grad nach von dem weisen Vater bestimmt ist; dann würdest du nicht auf das Fleisch schauen, sondern allein Gott in allen Dingen erblicken. Die Schrift lehrt uns, dass der Herr es ist, der uns das Leiden sendet, selbst wenn es uns von bösen Menschen zugefügt wird. Das wusste auch David, als der böse Mensch Simei ihm fluchte. "Lasset ihn fluchen", sagte er, "denn der Herr hat es ihn geheißen: Fluche David. Wer kann nun sagen: Warum tust du also?" Auch Jesus Christus wurde von bösen Menschen gemartert, dennoch aber sagte Er, dass "der Vater Ihm den Kelch gegeben" habe. Und wenn Er sagt: Ein Haar von eurem Haupte soll nicht umkommen ohne euren Vater", was kann dann ohne den Willen Gottes geschehen? Was kann unwichtiger als ein Haar sein? Erschrecklicher Unglaube, wenn wir solche Worte aus Christi eigenem Munde nicht bedenken! Er hat ja damit ausgesprochen, dass unser himmlischer Vater für unsere kleinsten Angelegenheiten Sorge trägt und dass uns ohne Seinen Willen nicht das geringste widerfahren kann. Sollten wir Ihm dann nicht mit freudiger Ergebung alles anempfehlen und sagen: "Dein Wille geschehe!"?

Gottes Kinder säen zwar Traurig und mit Tränen; Aber endlich kommt das Jahr, Wonach sie sich sehnen. Denn es kommt die Erntezeit, Da sie Garben machen; Da wird all ihr Gram und Leid Lauter Freud und Lachen.