10.798 biblische Andachten und Predigten von Spurgeon, MacArthur, MacDonald, Christlieb, Eichhorn, Hofacker, Zinzendorf, Luther ...
Predigten zu Lukas 1,26
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In meiner Jugend erzählte man sich eine nette, lustige Geschichte von einem exotischen Fürsten. Der Fürst machte eine Europa-Reise. Irgendwo wurde er auch in ein Konzert geführt. Am Schluß der herrlichen Darbietungen fragte man ihn, welches Stück ihm am besten gefallen habe. Da sagte er: „Das erste!" Darauf wiederholte man ihm zu Ehren das erste Stück. Aber er schüttelte den Kopf und meinte: „Nein! das allererste!" Und da stellte es sich heraus: Er meinte das Ton-Durcheinander beim Stimmen der Instrumente.
Bei unserm Text geht es mir ähnlich wie diesem barbarischen Fürsten. In dem ersten Kapitel des Lukas-Evangeliums wird erzählt, wie die Instrumente gestimmt werden für das große "Weihnachtsspiel Gottes. Wie gewaltig sind schon diese großen Vorbereitungen! Der Himmel kommt in Bewegung. Herrliche Engel aus dem Hofstaat Gottes erscheinen den Menschenkindern. Und wie lieblich sind diese Vorbereitungen! Es liegt ein unendlicher Glanz über diesem Besuch des Engels bei Maria, der reinen Magd.
Ja, hier ist das „Stimmen der Instrumente" wundervoll. Und doch — das Spiel selbst, die große Symphonie Gottes, ist noch viel herrlicher. Die handelt nicht nur von Engeln, sondern von dem Sohne Gottes selbst. Die spricht in erschütternden Klängen von dem Jammer und der Schuld dieser verlorenen "Welt. Und in Jubelmelodien verkündet sie das Heil Gottes in Jesus Christus. Amen.
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Wir Menschen leben in horizontalen, waagerechten Schichtungen: Alte — Leute in mittleren Jahren — Jugend — Kinder. Oder so: Kapitalisten — Mittelstand — Arbeiter. Es ist traurig und langweilig, daß es so ist. Aber diese horizontalen Schichtungen bestehen nun einmal.
Geradezu beglückend und auch interessant ist es nun, wenn vertikale, senkrechte Beziehungen entstehen: Wenn etwa Jugend an Weihnachten alte Leute aufsucht, um sie zu erfreuen. Die unheimlichste, grauenvollste waagerechte Zertrennung ist diese: Dort Gott und die himmlische Welt — hier die verlorene, unheilvolle Welt ohne Gott. Wie beglückend müßte hier eine Senkrechte sein! Darum ist das Evangelium so herrlich, weil es zeugt von solch einer Senkrechten, die kein Mensch ziehen konnte. Das Evangelium ist die Botschaft von der Linie, die Gott vom Himmel zur Erde zieht.
„Und der Engel Gabriel ward gesandt nach Nazareth..." Da haben wir die Senkrechte. Die himmlische Welt stößt vor in die irdische. Allerdings ist hier nur der Anfang. Es geht so weiter: „Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab." Der Himmel zerreißt! Und es kommt der Engel Gabriel. Reden wir nicht von Gabriel! Er kommt nur als Bote, um zu sagen: Der Heiland kommt! Amen.
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Kennt ihr das Bild vom Isenheimer Altar? Da kniet Maria vor einem Lesepult. Sie ist ganz versunken in das Wort des Propheten Jesaja: „Eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären . . . " Und nun hat der Maler Matthias Grünewald das herrlich dargestellt, wie in diesen stillen Raum der gewaltige Engel Gabriel hereinbraust. Seine weiten Gewänder flattern ihm voraus, als stieße ihn die Hand des mächtigen Gottes in dies Gemach der Maria hinein.
Da hat der Maler es deutlich sagen wollen: Von Gott kam das alles her. So steht es in unserm Text: „ . . . ward der Engel Gabriel gesandt v o n G o t t . . . " Das ist das Herrlichste am Evangelium, daß hier alles von Gott her kommt. Sonst wäre es mit diesem Evangelium auch schon längst aus und zu Ende. Es ist den Menschen ja so ärgerlich. Es ist „den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit", sagt Paulus. In unsre Sprache übersetzt, heißt das: Die Sünder ärgern sich, daß sie sich ändern sollen. Die Gelehrten finden das Evangelium abgeschmackt. Und die selbstgerechten Leute sind empört, daß das Evangelium sie „Sünder" nennt. So hat das Evangelium wenig Chancen in dieser Menschenwelt. Aber weil es nun vom lebendigen Gott her kommt, aus der Quelle allen Lebens, ist es ein Lebensstrom, der sich rettend in die Welt ergießt, den kein Mensch aufhalten kann und der immer mächtig und frisch bleibt. Amen.
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Haben wir eigentlich noch ein Ohr für diese zarten Klänge? Unsre Zeit versteht es meisterhaft, den Menschen abzustumpfen. Was dringt alles auf uns ein: Schreckensnachrichten und Aufregungen, Riesen-Reklame und beständige Unruhe. Da ist der Sinn dann abgestumpft für die zarten Klänge der biblischen Geschichte. Hören wir sie noch? Können wir stille werden über der feinen Lieblichkeit dieser Geschichte von Maria und dem Engel?
Diese Lieblichkeit geht ja durch das ganze Evangelium: Da knien die armseligen Hirten und die geheimnisvollen Weisen vor dem Kind in der Krippe. Da wandert der Heiland durch eine blühende Landschaft und predigt dem armen Volk von den Lilien auf dem Felde. — Da sitzt Er im Schatten eines Baumes und zieht die unmündigen Kindlein an Sein Herz.
Ja, noch in der furchtbaren Kreuzigungsszene bricht diese Lieblichkeit durch, als der sterbende Herr dem trauernden Johannes die Sorge für Seine Mutter an das Herz legt. Und welch köstlicher Glanz liegt über den Auferstehungsgeschichten: wie da die Magdalena weint und auf einmal der Herr Jesus vor ihr steht und sie so vertraut bei ihrem Namen ruft.
Ja, dieser liebliche Charakter des Evangeliums vollendet sich in dem herrlichen Ausblick der Offenbarung: „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen." Haben wir eigentlich noch ein Ohr für diese zarten Klänge? Amen.
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Wie schön ist dieser Gruß! Aber — wieso ist Maria holdselig? War sie besonders schön? Die Maler haben das „holdselig" so verstanden. Aber die Bibel sagt davon nichts. Oder nennt der Engel sie so, weil sie eine unberührte Jungfrau war? Nun, das ist bestimmt etwas Großes in einer Welt, in der unsere Leidenschaften alles beschmutzen. Aber wenn wir den Engelgruß darauf beziehen wollten, hätten wir die Herrlichkeit des Wortes noch nicht verstanden.
Wer war denn diese Maria? Sie war ein armes Mädchen aus einem übel beleumdeten Nest des halb heidnischen Galiläa. Sie war Nachkomme eines degenerierten Königsgeschlechtes. Und wer ihren Stammbaum liest, der weiß, daß da viel trübe Erbmasse vorhanden war. Sie spricht selbst einmal von ihrer „Niedrigkeit". Und dies Mädchen nennt der Engel Gabriel eine „Holdselige". Warum?
Es gibt nur e i n e Antwort: um Jesu willen! Um des Sohnes Gottes willen, der aus ihr geboren werden sollte. Ihre Holdseligkeit war nicht eine Eigenschaft, die sie besaß, sondern um Jesu willen war sie in den Augen Gottes lieblich und angenehm. Da habt ihr das ganze Evangelium! Der größte Sünder, der sein Elend fühlt, darf sich neben Maria setzen und im Glauben den Heiland aufnehmen. Dann sieht Gott nicht das verfehlte Leben an, sondern nur Seinen lieben Sohn. Ich denke mir: Die himmlischen Scharen haben den Schacher, der im Glauben neben Jesus am Kreuz starb, in der Ewigkeit willkommen geheißen mit dem Ruf: „Gegrüßet seist du, Holdseliger!" Davon rühmt Paulus: „Wir sind angenehm gemacht in dem Geliebten." Amen.