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Predigten zu Johannes 16,22

"Auch ihr nun habt jetzt zwar Traurigkeit; aber ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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"Ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen und eure Freude soll niemand von euch nehmen."

"Ich will euch wiedersehen." Beim Anblick des Auferstandenen schwand alle Traurigkeit der Jünger wie die Schatten der Nacht beim Aufgehen der Sonne. Überströmende Freude erfüllte ihre Herzen. Die Hoffnungslosen wurden "wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung" (1. Petr. 1, 3). Da sie nun den Herrn wieder hatten, fehlte es ihnen an nichts mehr. Ihre Freude war die eines Kindleins, das die Mutter verloren und sie dann wiedergefunden hat. - Für die Jünger aller Zeiten gibt es keine grössere Freude, als die Gemeinschaft mit dem Auferstandenen. Ist ihnen diese genommen, so fehlt ihnen alles. Können sie sich derselben freuen, so mangelt ihnen nichts, auch wenn sie vieles sonst entbehren müssen. - Das Beste an dieser Freude aber ist der Umstand, dass sie ewig dauert! Die Freude der Welt über ihren Scheinsieg am Karfreitag war nur kurz. Als die Hüter kamen und erzählten, was geschehen war, verwandelte sich die Freude in Bestürzung und Entsetzen. Der Schrecken wuchs dann noch mehr, als ganz Jerusalem erfüllt wurde von dem Zeugnis der Apostel: "Jesus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!" - Ja! Die Freude der Welt ist nur von kurzer Dauer. Von der Freude der Jünger Jesu aber gilt es: "Eure Freude soll niemand von euch nehmen." Keine Drohung der Behörde, kein Gefängnis, keine öffentliche Auspeitschung, keine Steinigung, kein Scheiterhaufen vermochte den Jüngern Jesu diese Freude zu rauben! (Vgl. Apg. 4, 21; 5, 10 u. 40; 7, 58). - Wir leben in einer Zeit, wo uns vieles genommen wird. Die gesicherte Freude an vielen Gütern von ehedem ist uns vielfach genommen. Gerade in solcher Zeit dürfen wir uns doppelt des Wortes freuen: "Eure Freude soll niemand von euch nehmen!" Felsenfest steht die Gewissheit: Der Auferstandene bleibt uns, und mit ihm die Freude, die uns niemand rauben kann.


Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Unentreissbare Freude

"Euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen."

Der Herr Jesus gewährt nicht nur eine oberflächliche, sondern eine tiefe Herzensfreude. Von der Weltfreude gilt: Außen schimmert's, innen wimmert's. Das innere Unbehagen wird für einige Stunden vergessen, wie der körperliche Schmerz durch eine Morphiumeinspritzung auf kurze Zeit niedergehalten wird. Jesus nimmt den tiefsten Grund allen Jammers hinweg: die Sünde. Er lässt das Herz aufatmen, nachdem der böse Alpdruck beseitigt ist. Er gibt ein fröhliches Gewissen. Denn ein schlafendes Gewissen, das den Menschen nicht unmittelbar peinigt, ist noch lange kein gutes Gewissen. Die Freude, die Jesus schenkt, kann uns niemand und nichts rauben. Es ist "seine" Freude. Joh. 17, 13 betete er: "auf dass sie in ihnen haben meine Freude vollkommen." Die größte Freude des Sohnes Gottes war, dass er der Geliebte des Vaters war und sein Wohlgefallen auf ihm ruhte. Sohnesfreude über den Reichtum der Liebe und Herrlichkeit des Vaters durchzog Jesu Herz in der dunkelsten Stunde. Diese Freude soll das Herz seiner Jünger vollkommen erfüllen. "Ich bin Gottes begnadigtes und geliebtes Kind durch Christus, meinen Heiland." Das ist die Freude, die nichts und niemand rauben oder stören kann. Sie ist unverlierbar. Nur wenn man Jesus uns nehmen könnte, würde die Freude aufhören; denn er ist der Grund dieser Freude. Von außen wird man betrübt, doch innerlich ist man vergnügt im Herrn. In den mancherlei Leiden und Trübsalen wird diese Freude nicht erstickt, sondern nur gereinigt und vertieft. Sie wird stiller und zum Singen und Spielen im Herzen, wenn die Lippen sich nicht mehr zum Gesang öffnen können. Wer Jesus bei sich hat, der hat den Himmel und darum himmlische, ewige Freude. - Paulus war im Gefängnis bereits über drei Jahre, also gehemmt in seiner Tätigkeit, für die er Feuer und Flamme war, und doch ließ er den Kopf nicht hängen. Er schreibt an die Philipper nicht einen Klagebrief, sondern im Ton der Freude. Auch der Gedanke an den bevorstehenden Tod dämpft seine Freude nicht. "Und wenn ich geopfert werde, so freue ich mich." Er ist bedacht, die etwas niedergeschlagenen Philipper in seine eigene Freude mit hineinzuziehen. - Die neubekehrten Christen im pisidischen Antiochien erlitten einen Verfolgungssturm. Paulus, ihr geistlicher Vater, wurde ihnen entrissen und zu den Stadtgrenzen hinausgestossen. Wie war es nun? Hat Trübsinn sie befallen? Nein, "die Jünger wurden voll Freude und Heiligen Geistes". Ebenso schreibt Paulus von den Christen in Mazedonien, dass ihre Freude "überschwenglich" war, nicht als sie im Sonnenschein äußeren Glücks standen, sondern als sie "durch viel Trübsal" hindurchgehen mussten. Das ist Christenfreude. Gerade im Dunkel leuchtet sie am reinsten und hellsten.


Autor: Dora Rappard (* 01.09.1842; † 10.10.1923) Schweizer Missionarin und evangelische Kirchenlieddichterin

"Ihr habt nun Traurigkeit, aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.".

An jenem letzten Abend, den der Heiland unmittelbar vor seinem Leiden mit seinen Jüngern verbrachte, hat er aus der Fülle seines liebenden Herzens ihnen ein Trostwort um das andere dargeboten. Er wusste, dass sein Scheiden ihnen Traurigkeit bereiten würde, darum gab er ihnen gleich die freudenreiche Zusicherung, dass er sie wiedersehen würde. Dabei dachte er nicht nur an die sichtbaren Begegnungen, die ihnen nach seiner Auferstehung zuteil werden sollten, sondern besonders an sein Wiederkommen in der Person des Heiligen Geistes.

Und was er seinen geliebten Jüngern sagte, gilt auch uns. Wie oft haben wir Traurigkeit äußerlicher und innerlicher Art. Trübsale werden Gottes Kindern nicht erspart. Der Herr sagt es ausdrücklich: In der Welt habt ihr Angst. Und ein apostolisches Wort bestätigt es: Wir müssen durch viel Trübsal ins Reich Gottes gehen.

Aber in unseren Traurigkeiten sind wir nicht ohne Trost. Wenn mitten in der Trübsal unser Glaubensauge Jesum erblickt, dann macht die Traurigkeit einer himmlischen Freude Platz, einer Freude, die niemand von uns nehmen kann, weil er selbst, die Quelle der Freude, in uns ist. - Bist du heute traurig? So nimm dies köstliche Heilandswort auch für dich.

Herr erhöre! Ich begehre Nichts als Deine freie Gnad'. Lass Dich finden, lass Dich finden! Der hat alles, der Dich hat.


Autor: Hermann Bezzel (*18.05.1861; † 08.06.1917) deutscher lutherischer Theologe
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Ich will euch wiedersehen.

Er sagt nicht: ihr sollt mich wiedersehen; denn das ist ja selbstverständlich, dass er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten, und dass er alle vor seinem Thron versammeln wird. Nein, so spricht der Herr nicht: ihr sollt mich wiedersehen, sondern in einer unbegreiflichen Herablassung wendet er sich in der Nacht, da er verraten ward, in der Abschiedsnacht an diese elf unscheinbaren, unwerten und unbedeutenden Jünger, an diese Leute niederen Standes und engen Gesichtskreises, an diese zusammengewürfelte Schar, zwischen denen keine engere Verbindung zu sein schien, und spricht: „Ich will euch wiedersehen“ Ich – euch! Der König, der ins Verborgene sieht, kennt die Tränen der einsamen Reue und die Angst über verlorene Stunden und das bittere Weh über den zerbrochenen Nachen, der über die See hätte fahren und Jesum hereinnehmen sollen. Er weiß, welchen schweren Kampf mancher Jünger, manche Seele kämpft; und überwältigt, innerlich vernötigt von den Tränen der Buße, spricht er: Ich – euch.


Autor: Hermann Bezzel (*18.05.1861; † 08.06.1917) deutscher lutherischer Theologe
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Ich will euch wiedersehen.

Ich will euch sehen, nicht ich muss euch sehen. Wenn er das zu einer Seele sagt: Ich muss dich sehen, so liegt in diesem „Muss“ ein schweres, großes Weh. Es ist ihm Pflicht, die er gern von sich wegweist, Aufgabe, die er gern unerfüllt lassen möchte. Nein, so spricht er nicht, sondern zu all denen, die in seinem Frieden – ob auch unvollendeten Lebens und unerfüllten Tagewerks – scheiden, zu denen spricht er: Ich wi l l euch wiedersehen von ganzem Herzen und von ganzer Seele. Der selige Tobias Beet in Tübingen hat einmal an einen Vater geschrieben, der einen hoffnungsvollen Sohn beweinte: „Denke nicht immer an das, was dir genommen ist, und rede nicht immer davon, was dir Gott auferlegt, sondern schaue weiter von dem Tag des Abschieds auf die lichten Sonntage der Ewigkeit, da du deinen Sohn endlich einmal so finden wirst, wie du ihn dir wünschest.“ Das möchten wir auch den vielen Trauernden schreiben: Denkt nicht so viel an den Abschied, redet nicht so viel, wie schwer es sei, ohne Gruß und Dank voneinander zu gehen, sondern haltet euch an die selige, gnadenreiche Botschaft: „Ich will euch wiedersehen!“


Autor: Hermann Bezzel (*18.05.1861; † 08.06.1917) deutscher lutherischer Theologe
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Euer Herz soll sich streuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.

Es wäre ja geradezu Wahnwitz, wenn Taufgnade und Nachtmahlsgabe draußen im Feindesland vermoderten und verwesten. Es wäre ja Hohn des Todes gegen den Osterfürsten, wenn es nicht über den Gräbern der Gefallenen draußen auf der Walstatt hieße: Euer Herz soll sich freuen! Denn nicht zum Schmerz sind wir getauft und nicht zur Traurigkeit werden wir absolviert und nicht zur Trübsal mit dem Nachtmahl gespeist, sondern dass unsere Freude vollkommen werdet. Es heißt nicht, eure Augen, euer Mund, euer auswendiger Mensch soll sich freuen, sondern tief drinnen, da die Traurigkeit so leicht und so behaglich wohnt, soll die Freude urständen und sich erheben. Euer Herz soll sich freuen! Tief ins Herz scheint die Ostersonne, in die entlegensten Winkel sendet sie die Strahlen, in das ärmste Tal kommt der Frühlingsgruß. An den einsamen Fels fällt ein Sonnenblick, in die fernste, entlegenste Wüste kommt es wie der Tau des grünen Landes: Euer Herz soll sich freuen! Und weil die Freude mitten unter Tränen blüht und mait, so soll niemand sie von uns nehmen.