Buch-Rezension: Evangelische Allianz in Wien - von der ersten Republik bis zur NS-Zeit (1920-1945)

Evangelische Allianz in Wien

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Der Großteil des vom Wiener Historiker Franz Graf-Stuhlhofer herausgegebenen Buches sind Protokolle und Predigten aus dieser Zeit. Beim ersten Blick auf den Titel könnte man annehmen, dass es sehr trocken ist. Doch Geschichte kann lebendig werden.

Wer nach den Wurzeln der Gemeinden, Werke und Kirchen am Beginn der österreichischen Republik fragt, kann an diesem Buch nicht vorbeigehen. Im Kaiserreich waren die nicht katholischen Christen immer unter Bedrängnis. Erst in der Ersten Republik konnten nicht-katholische Christen quasi „frei atmen“. Das spürt man auch bei der Lektüre.

Die Einleitung auf den ersten 30 Seiten verdeutlicht den geschichtlichen Hintergrund, vor dem sich die Gemeinden und Werke entwickelten. Schon im Jahr 1930 gab es in der Allianz die ersten Diskussionen über den Nationalsozialismus, obwohl Hitler in Deutschland erst 1933 an die Macht kam. Dabei diskutierte man über die Frage, wie weit man prophetische Worte in der Bibel bewusst und gezielt auf die jeweilige Gegenwart hin auslegen kann. Aber auch die Auseinandersetzung mit Freidenkern fand ihren Niederschlag.

Im Anschluss an die Referate gab es Diskussionen über den Inhalt. Teilweise waren sie sehr tief, teilweise auch vom Zeitgeist geprägt. Schon damals gab es Evangelisationsveranstaltungen; wir lesen, wer als Redner eingeladen wurde. Auch die Themen dieser Veranstaltungen sowie der Allianzgebetswoche im Jänner sind äußerst interessant (und auch, wer zu welchem Thema gesprochen hat). Das ausführliche Personenregister am Ende des Buches von nicht ganz 300 aktiven Teilnehmern der Evangelischen Allianz erschließt noch weitere Möglichkeiten.

Ich persönlich war natürlich neugierig zu sehen, welche meiner Vorgänger, die damaligen CVJM-Sekretäre, dabei waren, und was sie in der Allianz taten. Das erlaubt dann Rückschlüsse auf die Arbeit des damaligen CVJM. Ich war überrascht zu sehen, wie intensiv und wie aktiv meine Vorgänger beteiligt waren. Vielleicht wollen nun auch manche Prediger nachschauen, wie sich ihre Vorgänger präsentierten, und in welchen Bereichen.

Das Buch ist eine tolle Fundgrube! Alles in allem: wer sich für Handeln und Schicksal unserer Gemeinschaften am Beginn unserer Republik interessiert (und das sollten wir!), für den ist dieses Buch äußerst wichtig.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Dietrich Reitzner
 Kategorie: Geschichte, Kirchengeschichte

  Verlag: Verlag für Kultur und Wissenschaft
  Jahr: 2010
  ISBN: 978-3938116869
  Seiten: 220
 €    Preis: 24,00 Euro

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