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Predigten zu Psalm 91,5
Zitate von Charles Haddon Spurgeon anzeigen
"Dass du nicht erschrecken müssest vor dem Grauen der Nacht."
Was ist das für ein Grauen? Vielleicht der Feuerruf, oder das Geräusch von Dieben, oder eingebildete Erscheinungen, oder der Schrecken plötzlicher Krankheit oder schnellen Todes? Wir leben in einer Welt voller Angst und Tod, und wir dürfen uns daher in den Nachtwachen so gut auf schlimme Überraschungen gefasst machen, als unter dem Glanz der glühenden Sonne. Aber das alles sollte uns nicht anfechten, denn trotz allem drohenden Grauen haben wir die Verheißung, dass nichts zu fürchten braucht, wer an den Herrn glaubt. Und warum sollte er auch? Oder, fassen wir es persönlicher, warum sollten wir's? Gott, unser Vater, ist bei uns, und bleibt bei uns durch alle einsamen Stunden; Er ist ein allmächtiger Hüter, ein schlummerloser Wächter, ein treuer Freund. Nichts kann uns begegnen ohne seine Zulassung, denn selbst die Hölle muss seine Herrschaft anerkennen. Finsternis ist nicht finster bei Ihm. Er hat verheißen, dass Er um sein Volk will eine feurige Mauer sein, und wer kann durch eine solche Schutzwehr brechen? Weltkinder mögen sich wohl fürchten, denn über ihnen waltet ein eifriger Gott, in ihnen schläft ein unruhiges Gewissen, und unter ihnen droht eine gähnende Hölle; wir aber, die wir in Jesu ruhen, werden von alledem errettet durch seine reiche Gnade. Wenn wir einer törichten Furcht die Zügel schiessen lassen, so schänden wir unser Bekenntnis und sind schuld, dass andre an der Wahrheit des gottseligen Lebens zweifeln. Wir sollten uns fürchten zu erschrecken, damit wir nicht den Heiligen Geist durch törichten Unglauben erzürnen. Darum hinweg mit allen törichten Ahnungen und grundlosen Befürchtungen; Gott hat noch nicht vergessen, uns gnädig zu sein, noch uns von seinen lieblichen Gnadenverheißungen ausgeschlossen. Es mag wohl Nacht werden in unsrer Seele, aber wir brauchen uns nicht grauen zu lassen, denn der Gott der Liebe ist unwandelbar. Kinder des Lichts können wohl in Dunkelheit eingetaucht werden, aber sie sind deshalb nicht verworfen, nein, sie können vielmehr ihre Erwählung bekräftigen durch ihre Zuversicht auf ihren himmlischen Vater; die Heuchler aber haben keinen Frieden. "Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und deine Zuversicht wird sein unter seinen Flügeln."Zitate von Charles Haddon Spurgeon anzeigen
Wir sind solche zerbrechlichen Geschöpfe, dass wir bei Tag und Nacht in Gefahr schweben, und so sündig sind wir, dass wir jederzeit von Furcht übermannt werden können. Die vorliegende Verheißung beschützt die Lieblinge des Himmels sowohl vor den Gefahren als auch vor den Ängsten. Die Nacht ist die passende Zeit für Angst und Schrecken, wenn die Furcht wie ein Raubtier umherschleicht oder die Gespenster den Gräbern entsteigen. Unsere Ängste verwandeln die angenehmen Zeiten der Erquickung in solche des Schreckens, und obwohl die Engel um uns sind und unsere Schlafgemächer füllen, träumen wir von Dämonen und finsteren Besuchern aus der Hölle. Gesegnet ist die Gemeinschaft mit Gott, die uns unerreichbar macht für die Schrecken der Mitternacht und für die aus der Dunkelheit kommenden Ängste! Nicht furchtsam zu sein, ist an sich schon ein unaussprechlicher Segen, weil wir für jedes Leiden, das wir durch tatsächliche Verletzungen erleiden, wie von tausend Schmerzen gequält werden, die nur unserer Angst entwachsen sind. Der Schatten des Allmächtigen vertreibt alle Finsternis von den Schatten der Nacht. Sind wir erst von den göttlichen Flügeln bedeckt, kümmern wir uns nicht mehr um die geflügelten Schrecken, die auf der Erde umherfliegen mögen. In diesen Versen garantiert der Psalmist den in Gott Wohnenden, dass sie stets in Sicherheit sind. Obwohl der Glaube sich keine Verdienste anrechnet, wird der Herr ihn doch überall belohnen, wo Er ihn erblickt. Wer Gott zu seiner Zuflucht macht, wird erfahren, dass Er wirklich eine Zuflucht ist, und wer in Gott wohnt, wird erleben, dass seine Wohnung sicher ist. Wir müssen Gott unser Zuhause sein lassen, indem wir Ihn als unsere Zuversicht und unseren Ruheort wählen. Dadurch werden wir immun gegen allen Schaden; kein Übel wird uns persönlich berühren und kein Gericht unser Haus treffen. Ursprünglich ist mit der »Wohnung« hier nur ein Zelt gemeint, doch dieses zerbrechliche Dach wird sich als ausreichender Schutz vor allem möglichen Schaden erweisen. Wenn die Seele den Höchsten zu ihrer Wohnung gemacht hat, spielt es keine Rolle, ob unsere Bleibe die Hütte eines Bettlers oder ein königlicher Palast ist. Zieh bei Gott ein, und du lebst in allem Guten, und das Böse ist in weite Ferne verbannt. Nicht weil wir vollkommen sind oder bei den Menschen in hohem Ansehen stehen, dürfen wir am Tag des Unheils auf Schutz hoffen, sondern weil der ewige Gott unsere Zuflucht ist und unser Glaube gelernt hat, sich unter Seinem schützenden Flügel zu bergen. Es ist unmöglich, dass irgendein Übel jemanden treffen könnte, den der Herr liebt; die schrecklichste Katastrophe kann höchstens seine Reise abkürzen und ihn eher zu seiner Belohnung bringen. Böses ist für ihn nichts Böses, sondern nur etwas Gutes in verborgener Gestalt. Verluste machen ihn reicher, Krankheit ist seine Arznei, Zurechtweisungen sind seine Ehre, und der Tod ist ihm Gewinn. Kein Unglück im eigentlichen Wortsinn kann ihn treffen, denn alles verändert sich in Gutes. Glücklich ist jeder, dem es so ergeht. Er ist sicher, wo andere in Gefahr stehen, er lebt, wo andere sterben.