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Predigten zu Psalm 76,1
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Den Herrn zu kennen, heißt, Ihn zu ehren. Wer Seinen Namen kennt, bewundert Seine Großartigkeit. Obwohl Juda und Israel politisch in unglücklicher Trennung lebten, stimmten doch die Gottesfürchtigen aus beiden Nationen in Bezug auf den HERRN, ihren Gott, überein. Und wahrlich, welche Spaltungen die sichtbare Gemeinde auch verunzieren mögen, so sind sich die Heiligen doch völlig darin einig, dass sie den Herrn, ihren Gott, erheben. Die Welt kennt Ihn nicht und lästert Ihn deshalb, doch die Gemeinde brennt darauf, Seinen Ruhm bis ans Ende der Erde zu tragen.
Die Gemeinde Gottes ist der Ort, wo der Herr wohnt, und Er ist für sie ihr Herr und Friedensbringer. Die Herrlichkeit der Gemeinde besteht darin, dass der Erlöser durch Seinen Heiligen Geist in ihr wohnt. Da sind die Angriffe des Feindes vergeblich; denn sie gelten nicht uns allein, sondern dem Herrn selbst. Immanuel, Gott mit uns, hat eine Heimstätte unter Seinem Volk gefunden. Wer sollte uns dann schaden können? Ohne Seine friedevolle Wohnung zu verlassen, sandte Er Sein Wort aus und fing die Pfeile Seiner Feinde, bevor sie Ihn treffen konnten. Jede Waffe, sei sie offensiv oder defensiv, schlägt der Herr entzwei. Todbringende Geschosse oder lebensrettende Rüstungen helfen gleich wenig, wenn der »Durchbrecher« Sein mächtiges Wort sendet. In den geistlichen Kriegen dieses und jedes anderen Zeitalters kann man dasselbe erleben: Keine Waffe, die gegen die Gemeinde gerichtet ist, wird etwas ausrichten, und jede Zunge, die sich gegen sie regt, wird sie im Gericht verdammen. Der HERR ist mehr zu preisen als alle Mächte, die eindringen, um Sein Volk zu unterdrücken, auch wenn sie, was Macht und Größe angeht, mit Bergen zu vergleichen sind. Was ist aller Kriegsruhm anderes als Prahlerei mit Morden? Was bedeuten alle Ehren der Eroberer anderes als Leichengestank? Aber der Herr ist herrlich in Seiner Heiligkeit, und Seine schrecklichen Taten geschahen in Gerechtigkeit, um die Schwachen zu verteidigen und die Geknechteten zu befreien. Bloße Macht kann ruhmvoll sein, aber sie ist nicht wirklich gut. Sehen wir die mächtigen Taten Gottes an, finden wir beide Eigenschaften in vollkommener Verbindung. Die Israeliten hatten immer eine besondere Furcht vor Rossen und Wagen, und darum wird das plötzliche Schweigen der gesamten Feindesmacht auf diesem Gebiet zum Thema für einen Lobgesang. Die Rosse waren zu Boden geworfen, und die Wagen standen still, als sei das ganze Heerlager eingeschlafen. So kann der Herr durch Seinen Richterspruch einen Schlaf über die Feinde der Gemeinde bringen, eine Vorahnung von dem »zweiten Tod«. Ja, Er kann das sogar tun, wenn sie auf dem Höhepunkt ihrer Macht stehen, und wenn sie meinen, dabei zu sein, das Andenken an Sein Volk auszulöschen. Die Rabschakes dieser Welt können böse Briefe schreiben; aber der Herr antwortet nicht mit Tinte und Feder, sondern mit einer Zurechtweisung, bei der jede Silbe Tod bedeutet.
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Dieser Psalm enthält manche Traurigkeit; aber wir können sicher sein, dass er gut endet, weil er mit einem Gebet beginnt, und Gebete nehmen nie ein böses Ende. Asaf wandte sich nicht an Menschen, sondern an den Herrn, und er ging nicht mit einstudierten, würdevollen und wohlgesetzten Worten zu Ihm, sondern mit einem Schrei, dem natürlichen, ungekünstelten, ungeheuchelten Ausdruck des Schmerzes. Er gebrauchte auch seine Stimme; denn obwohl hörbares Sprechen nicht unbedingt zum Gebetsleben gehört, scheint es oft die Dringlichkeit unserer Bitten zu bestärken. Manchmal fühlt sich die Seele genötigt, die Stimme zu gebrauchen, weil sie so ihrer Agonie eher Luft verschaffen kann. Es ist tröstlich, die Alarmglocke zu hören, wenn Diebe ins Haus eingedrungen sind.
Er, der die Quelle der Freude des Glaubens ist, wurde zum Schrecken für das aufgewühlte Herz des Psalmisten. Gerechtigkeit, Heiligkeit, Macht und Wahrheit Gottes haben alle ihre dunkle Seite, und tatsächlich können alle diese Eigenschaften ganz schwarz aussehen, wenn unser Auge böse ist. Selbst das Licht der göttlichen Liebe blendet uns und erfüllt uns mit der schrecklichen Vorstellung, wir hätten niemals Anteil noch Erbe daran. Der ist wirklich elend dran, dessen Erinnerung an den Ewiggepriesenen sich als Schrecken erweist; doch auch die besten Menschen kennen die Tiefen dieses Abgrunds. Großer Schmerz ist stumm. Tiefe Ströme plätschern nicht durch die Kieselsteine wie flache Bächlein, die von Regenschauern abhängig sind. Die Worte fehlen den Menschen, deren Herz verzagt ist. Asaf hat zu Gott gerufen; doch mit Menschen konnte er nicht sprechen. Welch eine Gnade ist es, das Erste tun zu dürfen, dann brauchen wir nicht zu verzweifeln, selbst wenn das Zweite gänzlich außerhalb unserer Macht steht. Der schlafund sprachlose Asaf war größten Schwierigkeiten ausgesetzt, und doch stand er fest, und das sollen auch wir tun. Zu anderen Zeiten hatte sein Geist auch für die dunkelsten Stunden ein Lied; aber jetzt konnte er sich nur an die Anspannung erinnern, sonst war alles vergessen. Wo war die Harfe, die einst so einfühlsam der Berührung seiner frohen Finger antwortete? Er hörte nicht auf, in sich hineinzuhorchen; denn er war entschlossen, den Grund seiner Schmerzen herauszufinden und sie auf ihre Ursachen zurückzuführen. Er machte ganze Sachen, indem er nicht nur mit seinem Verstand, sondern auch mit seinem innersten Herzen redete; das war ein schweres Werk für ihn. Er tändelte nicht oberflächlich, war auch kein Melancholiker, sondern ganz bei der Sache und fest entschlossen, nicht ohne Gegenwehr in Verzweiflung zu sterben, sondern bis zum letzten Augenblick seines Lebens für die Hoffnung zu kämpfen. Er durchwühlte seine Erfahrung, sein Gedächtnis, seinen Verstand, sein ganzes Wesen, ja, sein ganzes Ich, um entweder Trost zu finden oder aber den Grund zu entdecken, warum ihm dieser verwehrt wurde. Ein Mensch, der ausreichende Seelenkräfte besitzt, um in dieser Weise zu kämpfen, wird nicht durch die Hand des Feindes sterben.