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Predigten zu Psalm 22,14
"Wie Wasser bin ich hingeschüttet, und alle meine Gebeine haben sich zertrennt; wie Wachs ist geworden mein Herz, es ist zerschmolzen inmitten meiner Eingeweide."
Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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"Mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs."
Unser hochgelobter Herr litt unter einer furchtbaren Zerknirschung und Zerschmelzung seiner Seele. "Wer ein fröhliches Herz hat, der weiss sich in seinem Leiden zu halten; wenn aber der Mut liegt, wer kann es ertragen?" Eine tiefe Niedergeschlagenheit des Geistes ist das schwerste aller Leiden; alles andre ist nichts dagegen. Wohl mochte der leidende Heiland zu seinem Gott schreien: "Sei nicht ferne von mir; denn Angst ist nahe; denn es ist hier kein Helfer." Mehr als zu jeder andern Zeit hat ja ein Mensch seinen Gott nötig, wenn ihm das Herz im Leibe zerschmilzt vor Schwermut. Lieber Bruder, komm jetzt mit mir zum Kreuz, und bete demütig den König der Herrlichkeit an, der einmal viel tiefer eingetaucht war in geistige Nöten und innerliche Ängsten, als irgend einer unter uns; und achte, wie Er so ganz dazu angetan ist, ein treuer Hoherpriester zu werden, der da Mitleiden haben könnte mit unsrer Schwachheit. Möchten doch vor allem jene unter uns, deren Traurigkeit in der Entziehung des Gefühls von der Liebe des Vaters ihren Grund hat, in einen vertraulichen und innigen Umgang mit dem Herrn Jesu treten. Gebet nicht Raum der Verzweiflung, denn unser Meister ist uns durch alle Dunkelheiten hindurch vorausgegangen. Unsre Seelen mögen wohl manchmal von Ungeduld und Furcht gequält werden und fast verschmachten vor Sehnsucht, ob sie das Licht vom Angesicht des Herrn erblicken möchten; aber dann wollen wir uns aufrichten an der lieblichen Gewissheit, dass unser großer Hohepriester Mitleid mit uns hat. Unsre Angsttröpflein müssen verschwinden vor dem Meere seiner Leiden; aber wieviel höher sollte eben darum unsre Liebe steigen! Brich herein, du starke und tiefe Jesusliebe, wie das Meer heraufwallet zur Flutzeit, überströme alle meine Kräfte, ersäufe alle meine Sünden, schwemme hinweg alle meine Sorgen, hebe empor meine erdengefesselte Seele, und trage sie hinauf zu meines Herrn Füßen, und lass mich dort zurück als eine arme zerbrochene Schnecke, die seine Liebe aus dem Meeresgrund herausgespült hat, - die unwert und unwürdig, Ihm nur zuflüstern möchte, dass sein lauschendes Ohr in ihr den schwachen Widerhall vernehmen könne von den mächtigen Wogen seiner Liebe, die mich zu seinen Füßen hingelegt hat, mir zur ewigen Wonne und Seligkeit.