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Predigten zu Prediger 4,1
Siehe da die Tränen derer, so unrecht litten
Es ist eine sehr traurige Welt, in der wir leben, und sie kann noch trauriger werden; wir haben vielleicht die dunkelste Stunde noch nicht erlebt. O, der vielen Tränen der Bedrückten, der kleinen Kindlein, der Geängsteten, die sich flüchten vor dem Türken, dem Sklavenhändler, dem trunkenen Haustyrannen! Durch die Jahrhunderte sind Ströme von Tränen genug geflossen.
Es wird uns nicht schwer, Rechenschaft darüber abzulegen. Unser Geschlecht hat den Dienst der Sünde, des eigenen Ich erwählt. Dem HErrn, unserem Gott, für den wir geschaffen wurden, haben wir den Rücken gekehrt, und ein jeglicher wandte sich zu seinem eigenen Weg; nun ererben wir den längst ausgesprochenen Fluch der Mühe, der Tränen, der Dornen, des Todes. Wohl ist es wahr, dass viele unschuldig, gleichsam stellvertretend leiden müssen, weil wir Glieder eines großen Leibes sind; denn durch die geheimnisvolle Einrichtung des Allmächtigen ist das ganze Menschengeschlecht mit verborgenen, unauflöslichen Ketten unter einander verbunden. In Adam müssen alle sterben, alle leiden, trauern und weinen, ebenso wie in Christo alle lebendig gemacht werden sollen. Der Schmerz wird bleiben, bis jener Stärkere kommt, der dem Starken den Raub nimmt und seine Gefangenen befreit.
Wie tröstlich, zu erfahren, dass Gott unsere Leiden kennt, unsere Tränen zählt; dass Er an allen unseren Trübsalen Anteil nimmt und uns auf seinem Herzen trägt!
Ob stumm an eines Grabes Rande Ein brechend Mutterherze ringt; Ob beim Zerreißen zart'ster Bande Das Schwert bis an die Seele dringt; Ob sanft im Kreise von Geliebten Die Träne rinnt, – ob nur vor dir: Du weißt's, du Bruder der Betrübten, Der du gelitten hast, wie wir.