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Predigten zu Offenbarung 21,1

"Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer ist nicht mehr."

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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"Und das Meer ist nicht mehr."

Kaum möchten wir Freude darob empfinden, dass wir den herrlichen alten Ozean einst verlieren sollen. Der neue Himmel und die neue Erde gewinnen in unsrer Vorstellung schwerlich an Reiz und Schönheit, wenn wirklich buchstäblich kein großes, weites Meer mit seinen glitzernden Wellen und muschelbedeckten Ufern mehr vorhanden sein sollte. Ist nicht die Stelle als ein Gleichnis aufzufassen, das mit Rücksicht auf das Vorurteil gewählt ist, mit welchem das morgenländische Gemüt das Meer im Altertum zu betrachten pflegte? Es ist etwas Trübseliges in der Vorstellung von einer sichtbaren Welt ohne Meer, es wäre ein Ring von Erz ohne den Saphir, der ihm erst Wert verleiht. Es muss hier ein geistlicher Sinn verborgen sein. In der neuen Ordnung der Dinge wird keine Scheidung mehr sein: das Meer trennt Länder und scheidet Völker voneinander. Dem Apostel Johannes umgaben auf Patmos die Wasser der Tiefe gleich Kerkermauern und schlossen ihn aus von seinen Brüdern und von seinem Werke; in der zukünftigen Welt werden keine solchen Schranken mehr sein. Heere rollender Wogen liegen zwischen uns und manchem Verwandten, dessen wir heute abend liebevoll gedenken, aber in der herrlichen Welt, der wir entgegengehen, wird eine ungetrennte Gemeinschaft die ganze bluterkaufte Familie umschließen. In diesem Sinne wird das Meer nicht mehr sein. Das Meer ist das Sinnbild der Veränderung. Seine Ebbe und seine Flut, seine spiegelglatte Oberfläche und seine bergeshohen Wellen, sein sanftes Murmeln und sein brüllender Aufruhr ist nie von langer Dauer. Ein Sklave launenhafter Winde und des veränderlichen Mondes, ist seine Unbeständigkeit zum Sprichwort geworden. In diesem sterblichen Zustande besitzen wir gar vieles von alledem; die Erde hat nichts Beständiges als ihre Unbeständigkeit, aber im himmlischen Stande hat alle traurige Veränderung ein Ende, und damit alle Furcht vor einem Sturm, der unsre Hoffnungen zerstören und unsre Freuden ersäufen könnte. Das gläserne Meer strahlt in einer Herrlichkeit, die von keiner Welt getrübt wird. Kein Ungewitter wütet an den friedlichen Gestaden des Paradieses. Bald erreichen wir das selige Land, wo kein Scheiden, kein Wechsel, kein Sturm mehr ist! Dort will uns Jesus hinbringen. Sind wir in Ihm oder nicht?


Autor: Samuel Keller (* 15.03.1856; † 14.11.1924) deutscher protestantischer Theologe und Schriftsteller

"Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde."

Da möchte ich mit Jung-Stilling sprechen: "Selig sind, die da Heimweh haben, denn sie sollen nach Hause kommen." Denn was Johannes sah, ist unsere eigentliche Heimat und das Ziel unserer Sehnsucht. Nur sind wir noch nicht genug gereinigt, noch zu sehr der irdischen Luft zugeneigt. Es muss jetzt in unserem Erdenleben die Sinnlichkeit so weit vom Geist beherrscht werden, dass sie ihm an keiner Stelle eine unüberwindbare Gelegenheit zum Sündigen entgegenstellt. Dann kann erst einst der andere Vorgang in die Hand genommen werden, die neuen Erdenverhältnisse nach unsern reinen und starken Persönlichkeiten zu bilden und zu ordnen. Jetzt gilt's den sittlichen Sieg - einst in allen sichtbaren Verhältnissen auf der neuen Erde die Verteilung der Siegesbeute und die Einrichtung des Friedensreiches. Es steht den Kindern Gottes noch Großes bevor. Möchten wir endlich uns von der Kleinigkeit und Narrheit erlösen lassen, im jetzigen Schulstaube unser Glück suchen zu wollen. Wir lernen hier und werden hier nicht für dieses Leben, sondern für jenes. Darum stimmt so manches Erdenmass nicht mit den Maßstäben, die wir Ewigkeitsmenschen schon in der Brust tragen.

Herr, unser Gott, lass uns die Unstimmigkeiten hienieden als Boten der Ewigkeit ansehen. Hier Dissonanzen, dort die Harmonie, aber nicht ohne dass wir dazu erzogen werden, für jenes Ziel uns hinzugeben. Nimm uns und bilde uns nach deinem Plan. Amen.


Autor: Frederick Brotherton Meyer (* 08.04.1847; † 28.03.1929) englischer Baptistenpastor

Das Meer ist nicht mehr

Durch dieses ganze Buch hindurch hören wir das Rauschen der Wellen, die Stimme vieler Wasser. Aber jetzt steigt vor den Augen des Sehers die herrliche, selige Zeit auf, deren wir warten; der neue Himmel und die neue Erde erscheint, – und zu den größten Vorzügen jener herrlichen Welt gehört dies Wort: das Meer wird nicht mehr sein. Das Meer ist eines der bezeichnendsten Merkmale dieser Welt, nicht der jenseitigen.

1. Es wird kein schmerzliches Rätsel mehr geben

Das Meer hat immer etwas geheimnisvolles mit seinen tief liegenden Höhlungen, seinem scheinbar unbegrenzten Horizont; und wo Geheimnis ist, da herrscht auch bange Furcht. Wir leben an geheimnisvollem Strande, wir schweben über Geheimnisse hin, von denen uns nur schwache Bretter trennen. Aber dort werden wir alles erkennen, gleich wie wir erkannt sind; unsere Fragen werden beantwortet, unsere Rätsel gelöst werden.

2. Es wird keine Auflehnung mehr sein

Das Meer ist das Sinnbild ungezähmter Gewalt. Vom Sturm gepeitscht, treibt es die großen Schiffe vor sich her und frisst sich hinein ins Land. Die Menschenkinder rufen: „Lasset uns zerreißen seine Bande und von uns werfen seine Seile; aber Gott lachet ihrer: Er bläst sie an und zerstreuet sie.“ Also wird eines Tages jegliche stolze Auflehnung gegen seinen Willen überwunden werden.

3. Es wird keine Ruhelosigkeit mehr sein

Das Leben gleicht einer Reise über das Meer, – einmal liegt vor uns eine ruhige Fläche, dann folgen Tage des Sturmes; jetzt ist der Lauf langsam, eintönig – dann kommt die schauerliche Spannung der Todesgefahr, des drohenden Unterganges. Getrennt von Christo ist das Leben gleich dem bewegten Meere, das nicht ruhen kann, dessen Wellen Kot und Schlamm aufwerfen; aber drüben wartet unser ewiger Friede, ungetrübte Ruhe.