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Predigten zu Matthäus 5,23
Zitate von Adolf Schlatter anzeigen
Jesus sagt dem, der mit seinem Opfertier vor dem Altar steht: dort tritt das Unrecht in deine Erinnerung hinein, das du am Bruder tatest. Am Altar erwachen die Erinnerungen. Das ist ein wichtiger Teil des Segens, den uns unser Gottesdienst zuträgt, und auch ein wirksamer Grund, weshalb wir die Kirchen meiden und den Gottesdienst nicht nur als Freude und Erquickung erleben. Es verbinden sich mit ihm zu viel Erinnerungen an Dinge, von denen wir wünschen, dass sie endgültig vergessen seien. Sei aber nicht weichlich. Dass du an das gedenkst, was du tatest, das ist eine dir verliehene Gabe. Wird dir die Erinnerung gegeben, so ist die eine Wohltat erzeigt. Aber nun nütze die Gabe und schlage die Wohltat Gottes nicht aus. Wie nütze ich sie? Lass, sagt Jesus, deine Gabe vor dem Altar; lass dein Opfer unvollendet. Zuerst bringe dein Verhältnis zum Bruder in Ordnung und mache dem Unrecht, soweit es noch möglich ist, ein Ende. Ich kann im Stand der Ungerechtigkeit Gott nicht dienen. Wie sollte ich imstande sein, ihm eine Gabe darzubringen, wenn ich den Bruder schädige? Es ist ein sinnloses Unternehmen, Gott zu beschenken und den Menschen zu berauben, Gott zu ehren und den Menschen zu entehren, Gottesdienst zu üben und Menschen zu verderben. Nun brauche ich nicht weiter zu fragen, warum für so viele unser Predigen leer bleibt und keine Wirkung hat. Hier mochte ein jüdischer Hörer ängstlich erwogen haben, ob er nicht etwa Gott beleidige, wenn er vom Altar weglaufe und das, was er dem Bruder schulde, höher schätze als die Gott darzubringende Gabe. Du beleidigst Gott nicht, sagt ihm Jesus, und darfst wiederkommen und darfst ihm mit deiner Gabe danken, darfst ihm auch dafür danken, dass er dich an dein Unrecht erinnert und die verstattet hat, es abzutun. Das ist die Gottesdienstordnung Jesu und kein liturgischer Künstler hat Recht und Macht, sie umzustoßen.
Herr Gott, Du bist der Menschenfreund. Wir tun einander weh und schädigen uns. Du aber widerstehst jedem Unrecht und gestattest uns, dass wir zu Deinem Altar kommen dürfen, weil Du uns verzeihst. Mache mich durch Deine Stärke stark, das Unrecht zu meiden, und durch Deine Gnade gläubig, dass ich Dir meine Gaben bringe und bei Dir die Vergebung empfange. Amen.
Zitate von Hermann Bezzel anzeigen
Darum, wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und wirst allda eingedenk. dass dein Bruder etwas wider dich habe, so lass allda vor dem Altar deine Gabe und gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder und alsdann komme und opfere deine Gabe!
Wollen wir mit unserer Unversöhnlichkeit recht haben, mit unserer Selbstliebe die ewige Liebe also erzürnen, dass sie uns in der Ewigkeit nimmer kennt? Wohlan, wenn du in der Stille des Gotteshauses dessen eingedenk wirst, dass dein Bruder etwas wider dich habe, lass das Gotteshaus; denn der Herr wartet leichter als der Knecht! Lass dein Gelübde, deine Andacht – der Herr hat Geduld – gehe zuvor hin und frage nicht, wo das größere oder geringere Recht, die mindere oder ernstlichere Schuld ist, reiche deinem Bruder Hand und Herz, bitte ihn, frage nicht, ob es deiner Würde etwa entspreche, denke vielmehr, was deiner Seele dienlich ist! Und dann kehre um, um eine Menschenseele reicher und durch die Liebe, die du gabst, wieder gestärkt, und dann opfere Lob und Preis! Und neben dir steht der versöhnte Bruder, und über dir die Freude der Engel über dem Sünder, der Buße tut.