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Predigten zu Matthäus 19,6
"Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden."
So manchem Ehemann und mancher Ehefrau fehlt die wichtigste Stütze der Geduld und der Liebe, die in der Ehe nötig ist, die herrliche Gewissheit nämlich, dass "Gott, der Herr, mich mit diesem Gatten zusammengefügt" und gewollt hat, dass ich es so haben soll. Wenn ich nur fest davon überzeugt bin, dass der Herr meine Ehe als von Ihm gestiftet ansieht, dann ist dies das stärkste Mittel gegen alle Versuchungen des Teufels zum Missvergnügen oder zu anderen Abschweifungen von der Liebe, die man seinem Gatten schuldet. Wenn ich beständig sehen und festhalten kann, dass mein Gemahl mir von Gott gegeben ist, dass Er uns also zusammengefügt hat und nun auch will, dass wir uns zueinanderhalten sollen, dann gibt es keinen stärkeren Trost in allen Versuchungen innerhalb der Ehe. Das heißt, in seiner Ehe auf Gott zu sehen. Und das wird notwendig sein, denn die Versuchungen können mannigfaltig und schwer werden, wie unglaublich es auch denen erscheinen mag, die noch in der ersten, warmen Eheliebe stehen. Sind sie lebendige Christen, so dass ihre Liebe in der ewigen Lebensquelle wurzelt, können alle Wunden, die diese Liebe erhält, noch immer geheilt werden; denn der Allmächtige ist bei ihnen, Er herrscht über alle bösen Mächte. Wo die Eheleute zudem das unwiderstehliche Bedürfnis des geistlichen Lebens haben, sich täglich ihrem Gott zu nahen, muss auch immer alles vor dem Angesicht des Herrn berichtigt und gutgemacht werden. Dieses wird dem Gewissen eine zwingende Notwendigkeit, da ein Missverhältnis mit meinem Gemahl mich auch immer vom Gebetsumgang mit meinem Gott ausschließt. Wenn ich z. B. im Vaterunser beten will: "Vergib uns unsere Schuld," begegne ich ja auch den Worten "gleichwie auch wir vergeben"; dann muss ich mich zuerst mit meinem Gemahl versöhnen, sonst antwortet der Herr mir: "Gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Gatten; lass die Sonne nicht über deinem Zorn untergehen." Fürwahr - eine ernste Mahnung!So muss gewiss alles gut werden, wo die Eheleute lebendige Christen sind. Freilich geht es nicht ohne einen schweren Kampf, wenn die rechten Versuchungen kommen. Denn wir dürfen nicht vergessen, welch eine schreckliche Verfolgung des Feindes die erleiden müssen, die aus seinem Reiche ausgetreten sind und zum Himmel wandern. Während die Ungläubigen die "Häuser sind, die der Starke mit Frieden bewahrt", wendet er dagegen seine ganze Macht für die Anfechtung der Gläubigen an. Und in der Ehe hat er doppelt so viele Punkte anzugreifen wie bei einem einzelnen Menschen. Darum ist die Ehe der Christen so vielen Versuchungen ausgesetzt, dass sie bei allen Hilfsmitteln des Christentums zuweilen nahe daran sind, alles zerstört zu sehen und sich nur noch den Tod zu wünschen. Wir wollen hierbei nur auf einige allgemeine Versuchungen aufmerksam machen. In der ersten glücklichen Zeit der Eheliebe erhält man gewöhnlich ganz unbemerkt die Vorstellung, dass der Gatte ganz vortrefflich und ohne jeden Fehler sei - und dass dies die Bedingung für das Glück in der Ehe sei. Nach einiger Zeit tritt aber bei dem einen Gatten eine angeborene Unart an den Tag, die nie getilgt werden kann, und die dem anderen Teil, der vielleicht zugleich sehr unduldsam und von reizbarer Laune ist, sehr zuwider und gegen sein Empfinden ist. Nun kommt das Wort Gottes dazu und fordert, dass du den widrigen Fehler deines Gemahls nicht nur ertragen, sondern auch mit Liebe und Milde, mit herzlicher Lust und innigem Wohlwollen mit ihm umgehen sollst - und das nicht nur einen Monat oder ein Jahr, sondern dein ganzes Leben hindurch. Wenn nun dieser aufreizende Fehler durch das beständige Sichwiederholen jene Stelle in der Geduld des anderen Teiles gleichsam wundreibt - ach, welch ein schmerzlicher innerer Streit, welch ein unendlicher Herzenskampf kann daraus entstehen!
Aber das ist noch eine menschliche Versuchung. Viel schwerere Anfechtungen können eintreten, so z. B. wenn der Teufel gleichzeitig dem einen der Ehegatten eine andere Person vorspiegelt, die viel liebenswürdiger zu sein scheint, und zu der er dann eine solche Liebe im Herzen anzündet, die geeignet ist, die Liebe zum eigenen Gatten auszulöschen. Neben der Art der alten Natur, dessen überdrüssig zu werden, was man hat, und etwas anderes zu begehren, ist der Teufel nun beschäftigt, lauter Öl auf das fremde Feuer zu giessen, während er über die Liebe zum Gatten beständig eiskaltes Wasser schüttet und hier alles schwarz malt - wahrlich eine recht teuflische Anfechtung. - Einem anderen flösst er zu der Liebe des Gemahls großen Argwohn ein, was teils durch eine gegebene Veranlassung, teils aber auch ohne eine solche geschieht. Denn dem Teufel ist letzteres ebenso leicht, zumal in den Versuchungszeiten die Augen so geblendet werden, dass man darauf schwören könnte, recht gesehen zu haben.
Bedenke, wenn das vorfällt bei Eheleuten von zarter, christlicher Gesinnung, bei denen auch das geringste Übel vom Wort und vom Geist bestraft wird, und wenn der Teufel seine feurigen Pfeile hinzulegt - welch eine höllische Anfechtung, welch eine unbeschreibliche Herzensnot entsteht dann da! Das wusste jener alte Lehrer, der sagte: "Der Christ, der viel Stärke und Mut besitzt und nicht weiss, was Herzensnot, Anfechtung und Schwäche besagen will, der begebe sich nur in den Ehestand, so wird er es wohl lernen."
Gott will's machen, dass die Sachen Gehen, wie es heilsam ist; Lass die Wellen immer schwellen, Wenn du nur bei Jesu bist. Wenn die Stunden sich gefunden, Bricht die Hilf mit Macht herein; Und dein Grämen zu beschämen, Wird es unversehens sein.
Zitate von Adolf Schlatter anzeigen
„Ich nehme mir eine Frau“, sagt der Mann, der sich zur Heirat entschließt, und Jesus sagt ihm: Gott hat dich und deine Frau zusammengebunden, dass ihr wie zwei Rinder, die den Pflug ziehen, nebeneinander wandert und gemeinsam eure Arbeit tut, die von Gott euch aufgetragene. Nun geht aber, lieber Herr, gegen das, was du sagst, wieder ein Aufruhr in mir an. So nah bringst du Gott an das, was wir Menschen tun, daran und weißt doch, wie es beim Abschluss der Ehen zugeht. Damals wurden oft schon Kinder im frühen Alter miteinander verlobt, und oft war die Stiftung der Ehe ein Geschäft zwischen den Eltern der jungen Leute, ohne dass sie gefragt wurden, und oft führte das männliche Verlangen den jungen Mann zum Mädchen, das seinerseits auf einen Mann sehnlich wartete. Natur war hier wirksam und leider nicht nur Natur, sondern auch Sünde, so hässlich und so sichtbar wie auch sonst im Menschenleben, und dennoch sagst du: Gott hat die beiden zusammengebunden. Ihr kennt Gott nicht, antwortet Jesus, ich aber kenne ihn. Ihr seht nur auf den Menschen und passt nur auf das auf, was ihr wünscht und gewinnt. Ihr seid aber nicht allein. Ihr bewegt euch, weil ihr bewegt werdet, entschließt euch, weil ihr geführt seid, und handelt, weil Gott euch handeln macht, und auch euer Sündigen ist von Gottes Herrschaft umfasst. Wie nun? Soll ich fortfahren und sagen: Wenn der Mann seine Frau entlässt, dann hat Gott sie getrennt? So schließt keiner, der es wirklich glaubt: Gott hat uns zusammengefügt. Wenn wir ernsthaft zueinander sagen: mich hat Gott zu dir und dich hat Gott zu mir gebracht, dann gibt es zwischen uns keine Trennung mehr. Gott führt die Menschen nicht dazu zusammen, damit sie auseinander laufen. Fordert aber wirklich eine zwingende Notwendigkeit, dass das, was geeint war, sich wieder scheide, dann gehen beide, wenn sie Jesus kennen und ihm gehorchen, in Frieden voneinander in der Gewissheit: unsere Gemeinschaft ward aufgehoben durch Gott.
Vater, Du führst uns zu Dir und führst uns auch zueinander und machst dadurch unsere Gemeinschaft miteinander heilig. Mein Auge sieht Dein Walten nicht, aber ich höre Dein Evangelium und will es Dir glauben: jedes Band, das uns miteinander eint, ist Dein Werk. Amen.