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Predigten zu Lukas 22,48

"Jesus aber sprach zu ihm: Judas, überlieferst du den Sohn des Menschen mit einem Kuß?"

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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"Verrätst du des Menschen Sohn mit einem Kuss?"

Das Küssen des Hasses ist ein Gewäsche, spricht Salomo. Nimm dich in acht, wenn dir die Welt ein freundliches Gesicht macht, denn womöglich betrügt und verrät sie dich ebenso mit einem Kuss, wie deinen Meister. Wenn ein Mensch dem Christentum unversehens einen Hieb versetzen will, heuchelt er gewöhnlich große Achtung vor demselben. O, ich will auf der Hut sein vor der gleißenden Heuchelei, dieser Waffenträgerin der Feindschaft und Gottlosigkeit. Weil ich das falsche Wesen der Ungerechtigkeit erkenne, so will ich klug sein wie die Schlangen, um die Absichten des Feindes zu erraten und zu vereiteln. Der "närrische Jüngling" ward verführt vom "Weib im Hurenschmuck" mit einem Kuss, "bis sie ihm mit dem Pfeil die Leber spaltete": möchte doch meine Seele heute durch Gottes Gnade so viel Weisheit lernen, dass "die vielen Worte" und der "glatte Mund" der Welt keinen Einfluss über mich gewinnen. Heiliger Geist! gib nicht zu, dass ich armer gebrechlicher Menschensohn mit einem Kuss verraten werde. Aber wie, wenn ich mich derselben verfluchten Sünde des Judas, dieses verlornen Kindes, schuldig gemacht hätte? Ich bin getauft worden im Namen des Herrn Jesu; ich bin ein Glied seiner sichtbaren Gemeinde auf Erden; ich komme zu seinem Abendmahlstisch: alles das sind ebensoviele Küsse meines Mundes. Bin ich aufrichtig in dem allen? Wenn nicht, so bin ich ein niederträchtiger Verräter. Lebe ich ebenso sorglos in der Welt wie andre, und erfreche mich dennoch zu sagen, ich sei ein Jünger Jesu? Dann mache ich ja die Gottesfurcht zum Spott und reize die Menschen zur Lästerung des heiligen Namens, den ich trage. Gewiss, wenn ich so unredlich handle, so bin ich ein Judas, und es wäre mir besser, dass ich nie geboren wäre. Darf ich hoffen, dass ich hierin unschuldig sei? Dann, o Herr, bewahre mich. O Herr, mache Du mich aufrichtig und treu. Behüte mich vor allen Wegen der Falschheit. Lass nie zu, dass ich Dich, meinen Heiland, verrate. Ich habe Dich lieb, o Herr Jesu, und wenn ich Dich gleich oft betrübe, so möchte ich Dir doch von Herzen gern treu bleiben bis in den Tod. O Gott, bewahre mich, dass ich nicht in meinem Bekenntnis ein mächtig emporrauschender Adler sei und zuletzt doch in den Feuerpfuhl hinabstürze, weil ich meinen Herrn und Meister sollte verraten haben mit einem Kuss.


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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Eines Tages sahen die Augen Jesu den Mann aus Karioth an. Dieser Blick gewann Macht über ihn. Er hätte nicht sagen können, was denn nun eigentlich an diesen Augen ihn so zog. Sah er die Gewalt des Messias? Oder war es die Barmherzigkeit, die ihm da entgegenleuchtete? Jedenfalls verließ er alles und folgte Jesus nach. Diese Augen Jesu! Wie haben sie den Judas angesehen, wenn er ungeduldig wurde über die Niedrigkeit des Messias. Es war, als wollten sie ihm zurufen: Glaube nur! Aber eines Tages fing Judas an, sich von Jesus zu lösen. Ganz heimlich geschah das. Es begann damit, dass er von dem anvertrauten gemeinsamen Geld etwas beiseite legte. Wie haben die Augen Jesu ihn dann wohl angeschaut? Voll abgrundtiefer Traurigkeit. Judas senkte den Blick. Aber – das Geld behielt er. Und er senkte nicht mehr den Blick, sondern schaute frech in diese Augen Jesu hinein, als diese im heiligen Zorn ihn ansprühten. Das war in Bethanien. Da hatte ein Weib in großer Dankbarkeit Jesus gesalbt. Dem Judas hatte das nicht gepasste Aber da fuhren diese Augen ihn an: „Lass sie in Frieden!" Wie schwer wurde dem Judas sein Verrat! Diese Augen wussten alles. Und es war ihm, als wollten sie ihn rufen mit unendlicher Barmherzigkeit. Aber eines Tages hörten diese Augen auf, ihn zu rufen. Es war beten Abendmahl. Da wiesen sie ihn hinaus. Furchtbar!

Und zum letzten Mal schauten diese Augen ihn an in der Nacht des Verrates: Judas, verrätst du des Menschen Sohn mit einem Kuss?" Da erlebte Judas: Dieser Blick war – das Gericht. Keiner achtete mehr auf ihn, als er entsetzt floh. Grauenvolle Tage und Nächte folgten. Er wurde den Blick dieser Augen nicht mehr los. Da nahm er einen Strick und erhängte sich.

Auch auf uns ruhen Jesu Augen. Sie decken das Verborgene des Herzens auf: Aber sie sind ein Meer voll Gnade und Liebe. So rufen uns diese Augen. Amen.


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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Deutlich sehen wir das Bild aus dem Garten Gethsemane vor uns: Hier die wilde Schar der Männer, die ausgezogen sind, Jesum zu fangen, blutrot beleuchtet vom zuckenden Fackellicht. – Dort drüben, unter den alten Bäumen des Gartens, die andere Gruppe: Jesus und Seine Jünger. Aber da ist ja noch einer!?

Wo gehört denn der hin? Man sieht ihn zwischen beiden Gruppen laufen. Er kam mit den Feinden des Herrn Jesus. Also wird er wohl zu ihnen gehören. Aber sieh“ er läuft hinüber zu der anderen Gruppe. Mit freundlichem Lächeln tritt er auf Jesus zu. Er tut wie einer, der sich verspätet hat. Jetzt grüßt er den Herrn Jesus sogar mit einem Kuss.

Wir haben uns offenbar geirrt: Er gehört doch nicht zu den Feinden Jesu. Er ist doch wohl einer von Jesu Jüngern. Aber nun sieh, er taumelt zurück, als habe er einen Schlag bekommen. „Verräter" hat ihn Jesus genannt. – O dieser unglückliche Mann zwischen den Fronten! Er tut, als gehöre er Jesus an. Und heimlich hält er zu der Welt. Sie gab ihm ja 30 Silberlinge, warum sollte er es nicht mit der Welt halten! Aber er wollte es auch mit Jesus nicht verderben. Darum verriet er Ihn nicht offen, sondern mit einem Kuss. Erkennen wir uns nicht wieder im Bild des Judas? Ein Mann, der einer Entscheidung aus dem Wege gehen will!

Und nun stoßen ihn beide von sich. Jesus nennt ihn Verräter. Und als er später bei der Welt Trost sucht, da stößt auch die ihn von sich. Da nahm er sich das Leben. Hüten wir uns, dem Mann zwischen den beiden Fronten zu gleichen! Jesus hat sich ganz für uns gegeben zur Erlösung. Nun will Er uns auch ganz haben. Amen.