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Predigten zu Lukas 11,1
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Das beste Gebet
Nachdem Christus falsche und vergebliche Gebete verurteilt und verworfen hat (vgl. Mt 6,5-8), fährt er fort und stellt selbst eine schöne, kurze Form vor, nach der wir beten sollen. Darin sind alle Nöte eingeschlossen, die uns zum Beten antreiben und an die wir uns täglich durch ganz kurze Worte erinnern können. Und niemand kann sich herausreden, er wisse nicht, wie oder was er beten soll. Darum ist es auch eine gute Übung für einfältige Menschen, für Kinder und die ganze Familie, morgens und abends, aber auch bei den Mahlzeiten mit kurzen Worten zu beten, um dann gleich allgemeine und besondere Nöte vor Gott zu bringen. Das Vaterunser ist – wie schon oft gesagt – das beste Gebet, das es auf Erden gibt, weil Gott der Vater es durch seinen Sohn zusammengestellt und ihm in den Mund gelegt hat. So brauchen wir nicht zu zweifeln, dass es ihm über die Maßen wohlgefällig ist. Er lässt sich gleich zu Anfang als Vater anreden, damit wir die Zuversicht haben, er wolle uns gern geben, was nötig ist. So liegt darin auch beschlossen, dass wir durch Christus seine Kinder sind und daher nach seinem Gebot in des Herrn Christi Namen kommen und in aller Zuversicht vor ihn treten dürfen.
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Beten, wie der Herr es gelehrt hat
Mit welch trefflich kurzen Worten hat der Herr Christus im Vaterunser dargelegt, was und wie wir in aller Not bitten sollen! Aber außer der Anfechtung kann kein rechtes Gebet geschehen. Darum sagt David in Psalm 50,15: »Rufe mich an in der Not.« Ohne die Not ist alles ein gedankenloses Geplapper, sodass das Gebet nicht von Herzen kommt. Man sagt ja auch: »Not lehrt beten.« Was für eine starke Mauer und welch ein mächtiger Wall ist das Gebet für die Kirche! Was für Waffen bietet es dem Christen und Gottseligen! Das weiß und erfährt niemand als nur der, welcher den Geist der Gnade und des Gebets hat. Ach, wie trefflich hat unser Meister im Vaterunser die Worte gewählt, in welchen alle Dinge, Nöte und Beschwernisse inbegriffen sind! Die ersten drei Bitten fassen und umschließen so große, treffliche, himmlische Dinge. Die vierte Bitte fasst wie in einem Büschel die ganze menschliche Obrigkeit und Verwaltung zusammen – Handel und Wandel, das weltliche und häusliche Regiment und alles, was leiblich und zeitlich ist, sofern es für dieses Leben nötig ist. Die fünfte Bitte streitet wider die Anklagen des eigenen Gewissens und gegen Sünden, die das Gewissen beschweren. Dies zeugt wahrlich von der unübertrefflichen Weisheit unseres Herrn.
"Wenn ihr betet, so sprechet: Unser Vater, der Du bist in dem Himmel!"
"Herr, lehre uns beten!" Diese Bitte der Jünger hat den Herrn veranlasst, das kurze aber inhaltsreiche Gebet zu sprechen, das zu allen Zeiten für die Gemeinde Jesu mustergültig ist und uns eine Anleitung zu erhörlichem Beten gibt.Eine erhebende Anrede geht voraus und versetzt uns in einem Augenblick in das Audienzzimmer des Königs. Es ist wichtig, sich bewusst zu werden, dass man sich in einer hohen Gegenwart befindet, ehe man anfängt, seine Bitten darzubringen. Das bewahrt vor flatterhaften Gedanken.
Unseren großen Gott dürfen wir als Vater anrufen. Dieses eine Wort offenbart uns die Herrlichkeit des Neuen Bundes. Jesus ist gekommen uns zu sagen, dass wir im Himmel einen Vater haben, der uns liebt und nichts sehnlicher verlangt, als dass seine ihm durch die Sünde entfremdeten Menschen wieder als Kinder an sein Herz gebracht werden. Wohl denen, die seinem Zuge folgen und durch den Glauben seine wahrhaftigen Kinder werden.
Bedeutsam ist auch das Wörtlein: Unser. Unser Gebet soll alle Menschen umfassen, besonders alle, die durch Jesum in die Familie Gottes aufgenommen und unsere Brüder und Schwestern geworden sind. Dieses "Unser" macht das ganze "Vaterunser" zu einem unschätzbaren Mittel der Fürbitte.
Welche Kraft, welcher Segen, welcher Reichtum, welch' inniges Wohlsein strömt aus dem einen Namen: Vater! Hab Dank, o Vater, dass Du auch mich in Deine Familie aufgenommen hast.
HErr, lehre uns beten
Eine weise, gute Bitte, durch des Heilands eigenes Beispiel angeregt! Er fing nicht damit an, dass Er ihnen befahl zu beten; sondern Er übte selbst die selige Gewohnheit des Gebetes, und dies weckte ihr Verlangen, diese heilige Kunst auch zu erlernen. Dies ist die beste Art, denen, die uns umgeben, neue und heilige Gewohnheiten einzupflanzen. Fange auch du nicht damit an, dass du deine Nächsten ermahnst, sondern lebe ihnen ein so heiliges, selbstloses, Gott geweihtes Leben vor, dass sie sich unwillkürlich zu dir hingezogen fühlen müssen und dich bitten: „Teile uns dein Geheimnis mit und sage uns, wie wir so werden und handeln können wie du.“ Ein heiliger Wandel ist die beste Kanzel.
Wir sollten den Meister täglich bitten, dass Er uns beten lehre. So oft wir zum Gebete niederknien, dürfen wir wohl unsere Bitten also einleiten: „Wir wissen nicht, wie wir beten sollen, wie es sich gebührt; aber lehre du uns beten, durch deinen heiligen Geist!“ Wahrscheinlich wird die Antwort des HErrn hierauf in allerlei Anregungen bestehen, die auf das Mustergebet hinweisen, das Er seinen Jüngern gegeben hat. Man nennt es das Gebet des HErrn; es ist aber vielmehr das Gebet der Jünger.
Wende dich im Gebet an den Vater, im Namen seines Sohnes. Sei nicht selbstsüchtig in deinen Bitten, sondern vergegenwärtige dir die Bedürfnisse anderer und schließe sie in jede Bitte ein – uns, wir, unser. Denke daran, dass du zu deinem Vater sprichst, und dass seine Ehre und Verherrlichung in den Vordergrund treten soll. Verlangst du zu allererst darnach, dass sein Name geheiligt werde, sein Reich komme, dann werden alle deine persönlichen Wünsche und Anliegen ganz natürlich auch ihre Stelle, aber eine untergeordnete finden. – Du wirst der Vergebung so oft und so regelmäßig bedürfen, wie des täglichen Brotes. Lerne deine Bitten unumwunden und bündig aussprechen.