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Predigten zu Johannes 7,37
Zitate von Charles Haddon Spurgeon anzeigen
"Am letzten Tage des Festes, der am herrlichsten war, trat Jesus auf, rief und sprach: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke."
Unser Herr Jesus war vollkommen in der Geduld, und bis zum letzten Tage des Festes unterredete Er sich mit den Juden und drang in sie; und so dringt Er auch an diesem letzten Tag des Jahres in uns und harrt, ob Er uns könnte Gnade erweisen. Wahrhaft bewunderungswürdig ist die Langmut unsres Herrn und Heilandes, womit er etliche von uns jahraus, jahrein trägt und pflegt, trotz alles unsres Auflehnens, Erzürnens und Widerstrebens wider seinen Heiligen Geist. O Wunder über Wunder, dass wir noch immer im Lande der Gnade sind! Sein Mitleid offenbarte sich höchst nachdrücklich, denn Jesus rief, was nicht nur andeuten will, dass Er seine Stimme laut erhob, sondern dass er tief bewegt und ergriffen war. Er beschwört uns, dass wir uns sollen versöhnen lassen mit Gott. "Gott vermahnet durch uns," spricht der Apostel, "so bitten wir nun an Christi Statt." Was sind das doch für ernste, eindringliche Worte! Wie tief muss die Liebe sein, die den Herrn zu Tränen über uns arme Sünder führt, und Ihn treibt, uns zu sich zu ziehen, wie eine Mutter ihre Kindlein an ihren Busen zieht. Gewisslich folgen unsre Herzen gern einem so zärtlichen Ruf. Es ist reichlich für alle Bedürfnisse gesorgt; es ist für alles gesorgt, was einem Menschen zur Stillung seines Seelendurstes dienlich sein mag. Seinem Gewissen bringt die Versöhnung Frieden; seinem Verständnis gibt das Evangelium die reichste Belehrung; für sein Herz ist die Person Jesu der Gegenstand der edelsten Liebe; seinem ganzen Menschen gewährt die Wahrheit, die in Christo ist, die reinste Erquickung. "Kommt her! denn alles ist bereit Zum Hochzeitsmahl der Gnaden, Die Pforten sind geöffnet weit, Und allesamt geladen. Blick' auf, du tief gebeugtes Herz, Du Seele voller Angst und Schmerz, Du sollst getröstet werden!""Am letzten Tag des Festes trat Jesus auf, rief und sprach: Wen da dürstet, der komme zu Mir und trinke!"
Drei Tätigkeitsworte fallen uns auf in der herrlichen Einladung, die Jesus, an den Tempelstufen stehend, mit lauter Stimme in die festliche Menge Jerusalems hineinrief: dürsten, kommen, trinken.
Dürsten. O wie viele dürstende Menschen gibt es! Sie dürsten nach Liebe und Ehre und Glück. Etliche, von der Gnade gezogen, von ihrem Elend getrieben, dürsten nach Gott. Das ist ein gesegneter Durst, von dem Einer gesagt hat: "Schon der Durst nach Gott ist seliger als das Gesättigtwerden an den Brunnen der irdischen Lust."
Kommen. Wer dieses Dürsten kennt, dem klingt des Heilands Ruf wundersüss. Aber nun gilt's in Wahrheit sich aufmachen und kommen. Es ist nicht genug, die Quelle zu sehen, man muss sich ihr nahen. Zu Mir! ruft Jesus. Er, nur Er kann die Seele stillen.
Trinken. Und die also kommen, müssen auch trinken. Es gibt zagende Seelen, die es nicht wagen, den Kelch des Heils zu nehmen und ihn lobpreisend zu leeren. Ist es nur Zaghaftigkeit? Ist auch nicht geistliche Trägheit dabei? Oder verborgener Hochmut? Oder trinkt man im Geheimen von anderen Bächen, die doch den Durst nicht löschen können? O dürstende Seele, komm und trinke!
Hier komm ich, mein Hirte, mich dürstet nach Dir. O Jesu, bewirte Dein Schäflein allhier! Du kannst Dein Versprechen Mir Armen nicht brechen!
Zitate von Wilhelm Busch anzeigen
Jesus ist eigentlich gar nicht ein Mann der Feste. Er hat es vielmehr immer mit den Elenden zu. tun: mit den Tauben, Lahmen, Aussätzigen, Blinden, mit den Sterbenden und Traurigen. Wir finden Ihn bei den verlorenen Söhnen. Im Hause des schuldbeladenen Zachäus kehrt Er ein. Dem suchenden Nikodemus widmet Er eine Nacht. Nein, ein solcher Mann passt nicht auf Feste. Er ist ein Heiland für den Alltag, für den grauen Alltag. Er ist nicht der Mann für die hochgemuten Herzen, sondern für die zerbrochenen Herzen.
Aber nun finden wir Ihn hier doch auf einem Fest. Hoch ging es her in Jerusalem. Und einige Tage lang beobachtet Jesus still die lärmenden Festgäste. Aber am siebenten Tag, als das Fest seinen Höhepunkt erreicht, tritt Er vor die Öffentlichkeit. Aber auch hier, mitten im Festlärm, bleibt Er derselbe, der Er immer ist, der Heiland der Armen. Der Herzenskündiger hat gesehen, dass keine Festfreude imstande ist, den Beladenen ihre Lasten abzunehmen. Er sieht hinter den Festkleidern die beladenen und friedelosen Herzen, die schuldigen Gewissen. „Sie trinken und sind doch nicht satt." Da hält es Ihn nicht mehr. „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!"
Es heißt ein paar Verse weiter: „Viele vom Volk hörten ihn.“ Das ist eine wunderbare Sache, dass die Leute mitten im Festjubel Jesu Stimme hörten. Es zeigt, wie recht Jesus hatte: Nicht Feste machen unser Leben fröhlich. Das kann nur Er: Jesus. Amen.
Zitate von Adolf Schlatter anzeigen
Wenn der Dürstende trinkt, empfängt er, was er selbst bedarf. Ihm wird das eigene Verlangen gestillt, das Erfüllung finden muss, wenn sein Leben nicht verwelken und zerfallen soll. Aber das, was er in sich hineintrank, tritt wieder aus ihm hervor, und nun als Strom in überreicher Wirkung, die alle Erwartung übersteigt. Durch dieses Wort durchleuchtet Jesus das Geheimnis, das an seinem Wirken haftet, aber auch in der Arbeit der Kirche und aller ihrer Glieder wiederkehrt. Zu wem spricht Jesus und für wen tut Jesus sein Werk? Zu mir, dem einzelnen, spricht er; mir, dem einzelnen, gilt seine Gnade. Denn mein Verhältnis zu Gott ist mein eigenstes Anliegen und kann nur in meinem eigenen Innern Grund und Festigkeit erhalten. Mein Glaube kann nicht eine Nachahmung zu dem sein, was ein anderer ist und tut; er ist mein eigentliches Verhalten, das in mir selbst begründet ist und mir durch meine Geschichte und Erfahrung vermittelt wird. Meine Pflicht kann ich ebensowenig von einem anderen entlehnen; sie entspringt in mir, in meinem Vermögen, aus meiner Lage, weshalb ich nur das tun kann, was mir mein eigenes Gewissen sagt. Mein Durst ist mein Durst; ich selbst muss trinken und das belebende Wasser zu eigenem Besitz empfangen. Zersplittert sich nun nicht das Werk der Christenheit in die unendliche Vielheit der Einzelleben? Versinkt es nicht in die Verborgenheit der unsichtbaren Innerlichkeit? Allein da, was mir Jesus tut, endigt nicht in mir und hat nicht schon damit sein Ziel erreicht, dass der Dürstende trinkt. Denn das, was er empfangen hat, flutet aus ihm heraus, und der, der getrunken hat, wird zum Quellort des belebenden Stroms. Tausendfach strahlen aus jedem Leben die Wirkungen aus in unberechenbare Weiten. Bleibt ein Leben von engen Grenzen umschlossen, immer werden viele mit ihm in Berührung gebracht, und das, was von Jesus stammt, hat immer und für alle die wirksame Macht. Das von ihm Empfangene geht vom ersten Empfänger hinüber zu den anderen. Sein Wort strömt von Mund zu Mund und sein Friede senkt sich aus einem Herzen in das andere. Glaube zündet Glaube an und Liebe zeugt Liebe. Käme der Strom nicht aus uns heraus, so hätten wir nicht wirklich getrunken. Denn das lebendige Wasser lässt sich nicht in den einschließen, der es trank. Würden wir eine Massenwirkung versuchen, die auf die einzelnen verzichtete, so hätten wir uns vom Ziele Jesu abgewandt. Denn dergleichen erreicht den innersten Vorgang im Menschen nicht. So entsteht nicht Leben. Jesus schafft Leben, und darum ist der Ort, an dem er wirksam wird, in jedem seine verborgene Innerlichkeit. Wo aber Leben ist, da bringt es Unendliches hervor.
Ich erfasse, Herr Jesus Christ, Dein teures Wort, dass Du nicht nur an mich denkst, wenn Du mir Dein Wort gibst, und nicht nur für mich sorgst, wenn Du mein Leben gnädig regierst, sondern mit dem, was Du mir gibst, vielen hilfst und den Strom entspringen lässest, der manchen dürren Boden befruchtet und manches welkende Leben erneuert. Dazu hilf Deiner ganzen Schar, die sich von Deiner Hand führen lässt. Amen.