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Predigten zu Johannes 6,53

"Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es sei denn, dass ihr das Fleisch des Sohnes des Menschen esset und sein Blut trinket, so habt ihr kein Leben in euch selbst."

Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"Wahrlich, Ich sage euch: Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschensohnes und trinken Sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch."

So barbarisch und schwer zu verdauen diese Rede auch für die Welt sein mag, wenn Christus von dem Essen Seines Fleisches redet, so fasslich, lieb und belebend ist sie doch für diejenigen, die täglich in der Übung und im Genuss der Sache stehen. Die Gläubigen können, wenn sie ihr eigentliches Herzensleben beschreiben wollen, sich nie besser ausdrücken, als wenn sie sagen, dass Christi Fleisch ihre Speise und das Wort von der Versöhnung ihr größtes Lebensbedürfnis und ihre Lebensnahrung ist. Blicke nur die echten Gnadenkinder an. Ich kann sie nie besser als gerade an der Eigenschaft erkennen, dass der Trost des Blutes Christi ihr Lebensbedürfnis ist. Sie sind nicht immer, wie sie sein sollten und wie man sie sich wünschen möchte. Sie haben ihre mannigfachen Gebrechen zu bekämpfen. Eines aber zeichnet sie aus: Ihr Lebensbedürfnis ist Christus. Jahraus, jahrein fahren sie beständig mit immer dem gleichen Gegenstand ihrer Betrachtungen fort, lesen, hören, singen, schreiben und reden immer wieder vom Heiland, von Jesus und Seiner Gnade, von Christi Fleisch für uns gegeben, aber auch von der Sünde, die ihnen stets anklebt und sie träge und unwürdig macht, und wie man der Sünde Herr werden soll und dergl., und dann wieder vom Heiland, von Seiner Gnade und Macht. Ja, das Wort von Christus und der Versöhnungsgnade ist ihre rechte Speise.

Wenn sie eine Zeitlang das tröstliche Wort von der Gnade entbehrt haben, sei es wegen Verhinderung durch irdische Verrichtungen, sei es wegen Trägheit oder Versäumnis, dann ist ihr inwendiger Mensch so schwach und matt, wie ein leiblicher Körper es ist, wenn er hungrig ist und die Nahrung fehlt. Sie gehen kraftlos und unlustig einher, das Antlitz ist finster, das Bekenntnis ist verstummt, der Wandel unstet und wankend. Kommen sie jetzt aber zum Worte, dann geht es ihnen wie einem leiblich Hungrigen, der zu einer Mahlzeit kommt. Wenn sie eine Stunde bei einer evangelischen Predigt von Christus und Seiner Versöhnungsgnade gesessen haben, dann sieht man den Blick bald hell werden, das Herz wird wieder belebt, die Zuversicht und der Vorsatz zur Besserung erneuert, und wenn sie davongehen, können sie kaum darüber schweigen. Es ist ihnen nach dem Sprichwort ergangen: "Über einem satten Magen sitzt ein froher Kopf."

Wir sagen nicht, dass sie immer imstande sind, so zu essen, dass sie von dem Wort des Evangeliums erquickt werden, nicht einmal, dass sie immer danach hungern. Zuweilen sind sie geistlich krank und ungeschickt. Aber wenn sie jemals nach ihrem inwendigen Menschen recht belebt und gestärkt werden sollen, dann muss es durch das Wort von Christus geschehen, der für uns dahingegeben ist, und dies muss ihr beständiges Lebensbedürfnis, ihre eigentliche Seelenspeise sein.

Wer ohne das Versöhnungswort nicht leben kann, hat das sicherste Zeugnis für ein geistliches Leben und eine fortschreitende Besserung. Denn gerade die lebendige Sündenerkenntnis bewirkt das beständige Bedürfnis nach der Gnade und nach dem Wort von der Gnade. Ist es nicht ein merkwürdiges Zeichen, dass ein Mensch, der nichts so viel studiert, gelesen, gehört und betrachtet hat, wie dieses Wort der Gnade von Christus, es doch nie auslernen, es nicht behalten und sich nie desselben erinnern kann? Anderes, was ich vor dreissig, vierzig Jahren gelernt habe, kann ich behalten, nicht aber dieses mir liebste Stück, das ich am meisten, ja, täglich studiere. Zeugt das nicht davon, dass mein Glaube etwas anderes als das blosse Wissen ist, da seine Nahrung verbraucht wird wie die Speise, die ich esse? Dagegen haben andere nichts so wenig nötig wie dieses Wort von der Versöhnung, weil sie es einmal gelernt haben und jetzt wissen, weshalb sie jetzt etwas anderes hören wollen. Diese können sich nicht genug über jene schwachen und wunderlichen Christen verwundern, die nie von dem Wort von der Gnade satt werden; sie meinen darum gewöhnlich, dass dies kränkelnde Seelen sind, die nie Fortschritte machen, sondern bei dem ersten Stück, dem Gesetz und den Ermahnungen, stehenbleiben, die Heiligung aber verachten usw.

Ach, dass sie wüssten, was diese ihre Meinung von ihnen selbst verrät! Wenn sie unter der Zucht des Geistes in wahrer Übung der Buße und des Glaubens lebten, würden sie wissen, dass im Gegenteil die Seele gerade in diesen Fällen unausgesetzt aufs neue das Wort von der Gnade und von der Versöhnung Christi benötigt, weil der Geist täglich das Herz wegen aller innewohnenden Sünden treibt und züchtigt und weil das sich auf das inwendige Verderben beziehende Gesetz so tief geht, dass der Mensch nie Ruhe und Trost in seiner eigenen Frömmigkeit erhalten kann.

Ich verstehe es nicht ganz, aber etwas Seltsames muss es doch mit denen sein, die das Stück, das sie am meisten studieren, nie auslernen können. An solchen werden die Worte Christi bestätigt, dass Sein Fleisch ihre Speise ist, und dann haben sie Seine bestimmte Versicherung, dass sie "um Seinetwillen" auch leben werden. Und wenn dich jemand wegen der Eigenschaft beunruhigt, dass Sein Fleisch und Seine Versöhnung deine beständige Seelenspeise sind, dann sollst du getrost die Worte des Herrn bedenken: "Mein Fleisch ist die rechte Speise." Von denen aber, die ein solches Herz nicht haben, sondern in diesem Lebenspunkt ausgelernt haben und jetzt ebensosehr von Lehren belebt werden, die zum mindesten nie das Brot des Lebens sein können, sagt Prätorius: "Sie sind ebensosehr von Sirach wie von Paulus erbaut." Und solche tragen ein bedenkliches Zeichen davon, dass sie ihr Lebensbedürfnis und ihre Nahrung nicht in der Versöhnung Christi haben. Wer nicht vorsätzlich "das Licht scheut", muss vor diesem bedenklichen Zeichen stillhalten. Es ist ja der Herr Christus selbst, der dies gesagt hat.


Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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Was ist dieses arme Leben ohne Christus? Was ist es, wenn man ihn nicht hat, ihn nicht liebt, an ihn nicht glaubt, wenn das Herz nicht in ihm seine Befriedigung und Nahrung sucht, wenn man also keinen Heiland hat, was ist dann dieses arme Leben? Man wird geboren; man wird geschult; man hat viele Mühe und Arbeit; man muß sich entsetzlich abmühen und zerarbeiten, bis man hinaussieht in seinem äußerlichen Fortkommen; man strebt nach Vergnügungen; man malt sich dieselben als Wunder wie vortrefflich vor, so lange man sie nicht hat, und hat man sie, so ist das arme Herz doch nicht befriedigt. Zu diesem kommt mancher Strich durch gute Rechnung, manche Plage, der man nicht ausweichen kann; man schleppt sich darunter; man murrt darunter; man begehrt und wünscht bessere Tage; inmittelst wird man alt und immer älter; die Kräfte nehmen ab, und der arme Geist soll in die Ewigkeit. Man wünscht; man sucht; man hofft; man ist überdrüssig; man wünscht wieder, sucht aufs Neue, treibt sich um, greift dies und das an, sucht Ruhe und findet sie nicht. Sehet, das ist das Leben ohne den Heiland in der Welt; es hat keinen Wert, keine Bedeutung, keinen Halt. Was ist es denn auch, wenn du ein paar hundert oder tausend Gulden zusammengespart hast, daß du deinen Kindern etwas hinterlassen kannst? Wenn sie vor dir liegen, diese paar tausend Gulden auf einem kleinen Klumpen, und der Heiland würde zu dir sagen: Das ist also der Zweck deines Lebens gewesen? Um dieses also hast du gearbeitet und gesorgt Tag und Nacht? Über diesem elenden Klumpen Silber oder Goldes hast du mich vergessen und nicht bedacht, daß ich dich erkauft habe, nicht mit Gold oder Silber, sondern mit meinem teuren Blut? Diesem Klumpen, den du mit deinen Füßen hinwegstoßen kannst, hast du geknechtet so viele Jahre her, und deiner Seele ewiges Heil vergessen, vergessen, daß es dem Menschen nichts hülfe, wenn er auch die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele - was könntest du da antworten? Wie würdest du da bestehen?

Du Jesusname, werd in mir durch Gottes Geist verkläret, weil, was verborgen liegt in dir, kein Herz von selbst erfähret! Denn die Vernunft begreift es nicht, und ohne Gottes Gnadenlicht bleibt es unaufgeschlossen. Laß mich empfinden deine Kraft und deine Süßigkeiten! Laß, was dein Name Gutes schafft, sich hell in mir ausbreiten, so wird der Sündennot gewehrt, so wird die Nacht in Licht verkehrt, so bin ich selig. Amen!