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Predigten zu Johannes 20,26
Zitate von Ludwig Hofacker anzeigen
Thomas hatte bei allem Unglauben doch eine wahrhaftige Liebe zum Herrn, er wünschte nichts sehnlicher, als seinen getöteten Meister wieder zu sehen, und wollte eben darum, weil ihm das Glück zu groß schien, nicht glauben, daß es ihm noch widerfahren könne. Diese Sehnsucht nach dem Heiland war auch ohne Zweifel der Grund, warum sich ihm der Heiland trotz seines Unglaubens nachher doch offenbarte. Wie mag er die acht Tage hindurch geseufzt haben, den Herrn zu sehen; wie mag er gebetet haben: Herr, wenn es wahr ist, daß du auferstanden bist, so zeig dich doch mir, damit ich lebe! Sehet, so muß auch in den Herzen derjenigen, die etwas Wahrhaftiges von der Gegenwart des Heilandes erfahren wollen, Sehn- sucht nach ihm, recht innige Sehnsucht wohnen. Es muß heißen:
Jesu, Jesu, komm zu mir, ach wie sehn ich mich nach dir! Wo diese Sehnsucht stattfindet, da wird sie auch gestillt; denn der Herr kann nach seiner Barmherzigkeit der Elenden Verlangen nicht ungestillt lassen. Es ist merkwürdig, daß sich der Herr nach seiner Auferstehung nur seinen Jüngern gezeigt hat und nur denen, die ihn lieb hatten, die ihn zu sehen wünschten, nicht aber seinen Feinden. Man hätte denken können, er werde diesen seinen Feinden in seiner Macht und Herrlichkeit erscheinen, um ihnen zu zeigen, wie eitel ihre Bemühungen waren, ihn hinwegzureißen aus dem Lande der Lebendigen, und um vielleicht den einen oder andern zu sich selbst zu bringen; aber er zeigte sich keinem einzigen. Geliebte, wir können seine tiefen und weisen Ursachen, die er dabei hatte, nicht ausdenken, aber gewiß war eine dieser Ursachen auch die, daß keiner seiner Feinde ein herzliches Verlangen nach ihm hatte, daß sie ihn haßten. Der Heiland kommt nur zu denjenigen, die ihn suchen und sich nach ihm sehnen. Das ist also ein Haupterfordernis, daß wir uns nach ihm von ganzem Herzen sehnen, daß unser ganzer Sinn darauf gerichtet ist, ihn zu umfangen, bei ihm und in ihm zu sein. Und wo er in einem Herzen solche Sehnsucht siehet, da kann er zwar eine Zeitlang verziehen zur Probe der Geduld und damit sich die Begierde nach ihm verstärke, aber er kommt doch zuletzt gewiß:
Er kommt, er kommt mit Willen, ist voller Lieb und Lust, all Angst und Not zu stillen, die ihm an uns bewußt.