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Predigten zu Johannes 17,20

"Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben;"

Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Die Einheit der Seinen ist das große Anliegen

"Jesu Ich bitte nicht allein für sie, sondern auch für die, so durch ihr Wort an mich glauben werden, dass sie alle eins seien."

Welch ein Anliegen war doch dem Heiland vor seinem Hinscheiden die Einheit der Seinigen! Wie muss ihn Zank und Streit betrüben! In der Einheit der Christen zeigt es sich, dass die Kraft des Herrn Jesu in ihnen wirksam ist. Eintracht ist der Gradmesser und Prüfstein des inneren Lebens. Wenn Seelen, die in einem Haushalt beisammen sind, auf die Dauer in herzlichem Einvernehmen bleiben, dann sind sie gewiss gute Christen. Stehst du in der Fülle der Gnade, dann kommst du leicht hinweg über Schwierigkeiten und Anstösse. Bist du gnadenarm, dann stösst du dich an allen Kleinigkeiten. Ist dein Friede wie ein Wasserstrom, dann kann er nicht leicht gestört werden. Ein kleines Wässerchen wird durch jeden Stein, den man hineinwirft, gehemmt, aufgerührt und getrübt. Ein Strom fließt ungetrübt und majestätisch weiter, mag man auch große Steine in seine Fluten schleudern. Ein Millionär fängt wegen ein paar Groschen keine Händel an. Wer reich in Christus ist, regt sich nicht auf über eine Benachteiligung. Die Erdengüter sind "eine Hand voller Sand" für Königskinder. Ein Paulus achtete alles für Kot im Vergleich zu dem, was er an seinem Heiland hatte. In der Zeit der ersten Liebe herrscht eine ungestörte Eintracht. Tritt eine Ebbe im inneren Leben ein, steht der Heiland nicht mehr so groß und alles überragend vor der Seele, dann drängen sich die Kleinigkeiten des Alltagslebens hervor, man stolpert über sie, sie geben Anlass zu Unzufriedenheit und Misshelligkeiten. Man macht wohl gar aus Mücken Elefanten. In der ersten Gemeinde waren im Anfang alle ein Herz und eine Seele. Etwas später erhob sich ein Murren unter den Griechen wider die Hebräer, darum, dass ihre Witwen übersehen wurden in der täglichen Handreichung. Spürst du eine zunehmende Reizbarkeit und Verstimmung, so tauche dich neu in die Gnadenflut! Vergegenwärtige dir die göttliche Barmherzigkeit! Dann schwindet die Unzufriedenheit. Du bist kein Friedensstörer mehr, sondern ein Friedensbringer. Die Eintracht der Gotteskinder ist die beste Empfehlung für den Heiland. An ihr kann die Welt, die ihm zweifelnd und ablehnend gegenübersteht, deutlich erkennen: Es ist etwas um diesen Jesus. Was sonst unmöglich ist, bringt er zustande. Durch Liebeseintracht laden die Jünger Jesu kräftig zu ihm ein. Durch Zwietracht bringen sie ihn und seine Sache in Misskredit und stossen Fernstehende ab. Welch ein Segen für die Welt ist die herzliche Liebe unter den Gläubigen! Welch eine schwere Verantwortung haben die, welche Unfrieden anrichten!


Autor: Samuel Keller (* 15.03.1856; † 14.11.1924) deutscher protestantischer Theologe und Schriftsteller

"Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, so durch ihr Wort an mich glauben werden."

Da haben wir eine Fürbitte Jesu für uns, weil wir ja auch zu denen gehören, die durch das Wort der Apostel an ihn gläubig geworden sind. Wenn ein Mensch, den wir lieben und von dessen Glaubensstellung wir überzeugt sind, uns versichert, dass er für uns betet, so kann in dunklen Stunden und schweren Versuchungen die blosse Erinnerung an solche Fürbitte uns eine gewaltige Stütze und Hilfe sein. Oder man könnte auch sagen, dass in solcher Erinnerung uns die Kraft und die Erhörung der Fürbitte spürbar wird. Sollte das nicht in noch ganz anderer Weise der Fall sein, wenn wir uns des Fürsprechers beim Vater erinnern, der uns vertritt mit unaussprechlichem Seufzen! Mir ist wiederholt in besonderen Zeiten geistlicher Not diese Steigerung lebendig geworden; zuerst fiel mir ein, wie dieser und jener meiner Freunde für mich bete, und das fing an, mich aus meiner verzagten Stimmung herauszuheben; im nächsten Augenblick dachte ich an Jesu Fürbitte, und da war das stärkende Vertrauen wieder hergestellt, und der nächste und letzte Absatz war dann das Bewusstsein seiner Nähe. Die Dankbarkeit für das neue Erfahren der alten Treue Gottes strahlte über meinem Erdentag.

Herr Jesus, ich danke dir, dass du mich nicht hast versinken lassen, wenn ich in der größten Schwachheit meines Glaubens steckte. Stärke mir durch solche Erfahrungen den Glauben und bringe mich endlich heim ins Land ohne Versuchungen. Amen.


Autor: Dora Rappard (* 01.09.1842; † 10.10.1923) Schweizer Missionarin und evangelische Kirchenlieddichterin

"Ich bitte nicht allein für sie, sondern auch für die, so durch ihr Wort an mich glauben werden, auf dass sie alle eins seien."

Einige sie! - Ein heiliger Freudenschauer durchzieht mein Herz, so oft ich dieser Bitte des großen Hohenpriesters lausche. In jener dunklen Nachtstunde blickte sein Auge in weite Fernen und sah die Vielen, die durch seiner Jünger Wort in kommenden Jahrhunderten an ihn gläubig werden sollten. Auch wir gehören dazu, du und ich. Auch uns hat er damals schon umschlossen in sein Gebet. Nach Millionen zählt diese große Gemeinde. "Hier nennt man sie eine kleine Herde; droben ist sie eine unzählbare Schar."

Zu allen den Segnungen, die Jesus den Seinen erfleht hat, kommt noch eine, die ihm sehr am Herzen liegt: dass sie alle eins seien. In den ersten Jahrzehnten der christlichen Kirche wurde diese Heilandsbitte in herrlicher Weise erfüllt. Die brüderliche Liebe der Christen trat so auffallend hervor, dass die Welt davon beeindruckt wurde. Aber heute, wie ist die Zerrissenheit so groß! Wie muss die Uneinigkeit der Glieder das hochgelobte Haupt betrüben! Wo wahres Leben ist, bricht die Einheit zwar immer wieder siegreich hervor. Des Heilands Liebe und unablässige Fürbitte hält die Kinder des Hauses doch zusammen. Jedes einzelne von uns suche in seinem Teil dieser übernationalen Liebe nachzuleben.

Erinn're Deine kleine Schar, Die sich so leicht entzweit, Dass Deine letzte Sorge war Der Glieder Einigkeit.


Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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Dieses Gebet des Heilandes ist schon an seiner ersten Gemeinde erfüllt worden. Die Schrift gibt ihr das große Zeugnis: »Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele.« Aber was sollen wir sagen, wir, die wir in dieser letzten, betrübten Zeit, in diesen geringen Tagen, in dieser Zeit des großen Zorns des Fürsten der Finsternis leben?

Die Liebe, ja die Liebe ist rar geworden auf Erden, nicht unter den Menschen dieser Welt meine ich; denn die Welt hat ohnehin kein anderes Leben als das Leben der Selbstsucht; sondern rar ist die Liebe geworden unter denen, die sich zu den Jüngern Christi zählen. Von Sekten und allerlei Gesinntheiten, wie man es nennt, ist die Gemeinde Christi zerrissen, von Parteien, die sich oft untereinander recht herzlich gram sind. Und wo ist denn unter uns jener Sinn, der sein selbst vergißt, jenes herzliche Aneinanderhangen, jene aufopfernde Liebe, die, ich will nicht sagen, das Leben füreinander läßt, sondern nur etwas Unbedeuten- des für die Brüder verleugnet! Wie viele sind unter uns, die groß genug sind, um die Schwachheit des Bruders mit Geduld zu ertragen und die Meisterschaft und Herrschaft über andere zu verleugnen? Stehen wir so, daß die Welt aus der Liebe, die wir zueinander haben, uns für Jünger Christi erkennen kann? Ich sage dies nur von uns, von denen unter uns, die an den Heiland glauben, nicht aber von den übrigen Gläubigen, die auf Erden zerstreut sind. Der Heiland hat ja noch seine Leute und seine Gemeinschaften, die in der Liebe stehen, obgleich unsere Zeit besonders ungünstig ist für die Liebe. Der Geist der Welt, der Geist der Selbstsucht dringt je mehr und mehr durch alles hindurch, steckt alles an; man hat in unsern Tagen doppelt nötig, zu wachen und zu beten. Unter uns ist die Liebe rar. Ich weiß aber wohl, wo das herkommt. Es fehlt an der gründlichen und ganzen Bekehrung des Herzens von den Götzen zu dem lebendigen Gott. Man kann den Bruder, den man siehet, nicht lieben, wenn man nicht zuvor Gott, den man nicht siehet, lieben gelernt hat. Erst aus der Liebesgemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne wird die brüderliche Liebe geboren. O wie hätten wir uns zu demütigen; wie sollten wir Buße tun, wenn wir nicht zu hart und eigengerecht dazu wären!

Ach zünde, o Jesu, die Herzen und Seelen mit deinen Liebesflammen an! Hilf, daß wir, o Liebe, dein Lieben erwählen, weil du so viel an uns getan! Ja laß uns mit treuem und tätigem Willen die Liebe an Freunden und Feinden erfüllen.


Autor: Hugh E. Alexanders (* 1884; † 1957) englischer Evangelist, der Anfang des 20. Jahrhunderts in der französischen Schweiz wirkte

In Seinem hohepriesterlichen Gebet betete der Herr Jesus für die, welche durch das Wort Seiner Jünger an Ihn glauben würden. Er konnte das tun, weil Er Sein vollkommenes Erlösungswerk am Kreuz vorhersah. In dieser Welt, die reif wird für das Gericht, leben Menschen, die durch unser Wort an Christus glauben werden. Doch laßt uns daran denken, daß früher, unter dem Gesetz, alle göttlichen Botschaften aus dem Heiligtum kamen. Wie viel mehr sollte das jetzt unter der Gnade der Fall sein! Unsere Botschaft wird in dem Maß Frucht bringen, wie wir auf Erden unserer Stellung entsprechend leben, die wir in Christus, dem Verherrlichten haben.

«Gleichwie du mich in die Welt gesandt hast, so sende auch ich sie in die Welt.» Dieses große und neuartige Vorrecht beinhaltet eine gewaltige Verantwortung. Jesus sagte: «lch heilige mich», wörtlicher: «Ich sondere mich ab für sie, damit auch sie geheiligt seien in der Wahrheit» (Johannes 17,19). Auch wir sollten uns absondern um der anderen willen, wie es unser Herr um unsertwillen tat.

Dieses Gebet unseres Großen Hohenpriesters entsprang Seinem Erbarmen mit den Volksmengen, die wie Schafe ohne Hirten waren. Er sagte Seinen Jüngern, sie sollten den Herrn der Ernte bitten, Arbeiter in Seine Ernte zu senden. Aber die Jünger waren damals zu sehr mit sich selbst beschäftigt und deshalb noch nicht fähig, für die weite Welt zu beten, deren Not ihr Herz noch nicht ergriffen hatte.

Unser Herr schaut hier durch die Jahrhunderte der Gnadenzeit; Er sieht im voraus diejenigen, welche aus allen Rassen, Völkern und Stämmen der Erde an Ihn glauben werden. Sein Blick umfaßt alle, die geglaubt haben, die glauben und glauben werden. Das ist die Gemeinschaft der Heiligen! Welcher Ansporn und welche Ermutigung für unseren Dienst! Aus den größten Sündern kann Gott Edelsteine für Seine Krone machen. Saulus von Tarsus, dieser Lästerer und Christenverfolger, wurde durch Gottes Kraft verwandelt zum größten Botschafter Seiner Grade. Gott kann heute noch dasselbe tun. Von dieser Möglichkeit sollten wir so überzeugt sein, daß wir uns keine Ruhe lassen, bis solche Menschen durch unser Wort an Ihn glauben!


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Gott einigt uns. Wer sich von Gott löst und sich selbst zum Herrn über sein Leben macht, ist mit niemand mehr eins. Nun misst er alle Dinge nach seinem eigenen Mass, sieht nur auf seine Zwecke, arbeitet, wirbt und kämpft für sich. Da dies die anderen ebenso tun, ist der Streit da. Wir machen den Versuch, ihn dadurch zu verhüten, dass der eine den anderen unterjocht. So entsteht eine um ihn gescharte Gruppe, die ihm dienen muss. Aber Einigung ist das nicht; denn Einigung gibt es nur zwischen Freien. Die Natur kommt uns zu Hilfe, weil sie uns die anderen unentbehrlich macht. Sie zwingt uns, Frieden zu halten, weil wir uns selbst zerstören, wenn wir die anderen verderben. Aber auch dieser erzwungene Friede ist noch nicht Einigung. Gott dagegen einigt uns; denn er ist derselbe für uns alle und macht uns von uns selber frei. Weil Gott uns einigt, macht Jesus aus der Einheit der Seinen seine Bitte. Sie muss erbeten sein, weil Gott sie wirkt. Solange wir mit unseren eigensüchtigen Gedanken ausgefüllt sind, wissen wir nicht einmal, was Einheit ist. Deshalb zeigt sie uns Jesus an seiner Verbundenheit mit dem Vater. „Du Vater, in mir und ich in dir.“ Das war nicht Unterjochung, sondern Geeintheit in der Gemeinsamkeit des Willens. Der Vater steht in seiner herrlichen Einzigkeit auch über dem Sohn und der Sohn steht in seiner eigenen Lebendigkeit vor dem Vater. Dies trennt sie aber nicht, der Vater ist der im Sohn Redende und Wirkende und der Sohn ist mit allem, was er will und tut, in die gebende Gegenwart des Vaters hineingestellt. Diese Einheit ist das Vorbild für die, die nun Jesus für seine Gemeinde erbittet und für sie empfängt. Sie kann ihren Beruf nicht erfüllen, wenn sie in eine gegeneinander kämpfende Schar zerbricht. Sie soll der Menschheit zeigen, dass ihr Herr die Sendung vom Vater empfangen hat, die ihn zum Schöpfer und Herrn der in Gott geeinten Gemeinde macht. Sie ist aber keine Gemeinde, wenn sie die Einheit verliert. So gleicht sie der Welt, in der jeder gegen den anderen sich wehrt, und hat die Kraft verloren, die die Welt zum Glauben führt.

O barmherziger Gott, mache uns eins. Wir finden den Weg zueinander nicht, weil wir das Unsrige suchen. Aber Du vergibst Deiner Christenheit alle ihre Eigensucht und machst uns Deinen Namen groß, der uns von ihr befreit. Um dieses Wunder deiner allmächtigen Barmherzigkeit bitte ich Dich. Amen.