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Predigten zu Jesaja 6,3
Zitate von Jakob Kroeker anzeigen
"Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth und alle Lande eine Fülle seiner Herrlichkeit."
Das ist nicht der Psalm der Weltgeschichte. In dieser sang alles Fleisch ein anderes Lied. Ihre Völker gingen den Weg der Selbstanbetung. Irgendein Dienst, eine Erfindung, eine geniale Leistung, sei es auf dem Gebiet der Kunst, der Wissenschaft, Industrie, des Staatswesens oder auch der allgemeinen Humanität - und in den Mittelpunkt wurde der Mensch gestellt. In ihm bewunderte die Nation, der er als Glied angehörte, sich selbst. Welche Mittel und Opfer werden heute nicht gebracht, um auf irgendeinem Gebiet den Rekord zu gewinnen. Man will gesehen, gehört, bewundert oder auch gefürchtet werden. Das ist Selbstanbetung. Anstatt in Demut und Beugung den Schöpfer zu ehren, wenn Er dem Menschen Erleuchtung, Gaben und Kräfte gibt, die zu einem Segen fürs Ganze werden könnten, bewundert man sich in der schöpferischen Kraft seines eigenen Geistes. Man stellt sich auf das eigene Können ein, rühmt das Werk seiner eigenen Hände und sonnt sich im Glanz der erzielten Erfolge und des erhaschten Ruhmes.
Das ist ja das Fleisch in seinem wahren Charakter: Je mehr Gott segnet, desto mehr erhebt es sich, je mehr Gott erschließt, desto mehr rühmt es sich. Je grösser die Fülle der Kräfte, desto bewusster die Loslösung von Gott. Anstatt jede empfangene Segnung dazu dienen zu lassen, dass der Mensch mehr und mehr in die Abhängigkeit von Gott kommt, bringt es ihn in eine irdisch gerichtete Geisteshaltung und in die Abhängigkeit von sich selbst. Anstatt zurückzutreten vor dem Wirken Gottes, tritt es hervor mit dem eigenen Wirken. Anstatt sich zu beugen, erhebt es sich, anstatt zu segnen, knechtet es. Anstatt zu wachsen im Gottesbewusstsein, wächst es im Selbstbewusstsein. Nirgends findet man so viel Selbstbewusstsein als bei einem Menschen, der sich wohl von Gott gesegnet sah, aber nicht entsprechend seiner Segnungen auch von Gott abhängig wurde.
Dies ist jedoch nicht der Ruhm der wahren Kirche und deren lebendiger Glieder. Die Saiten ihrer Seele künden ein höheres Lied. Sie werden nicht gestimmt durch das, was der Mensch tut. Sie besingt das, was Gott wirkt. Ihr Lied trägt in die Schöpfung Gottes die Herrlichkeit des Schöpfers und den Sieg des Lammes hinaus. Der Kirche bleibt Gott der Ruhm ihres Lebens, das Geheimnis ihrer Kraft, der Inhalt ihrer Sehnsucht. Das Verlangen, Seinen Lichtglanz im Angesichte Jesu Christi zu sehen, ist die Antwort ihres Glaubens auf die Offenbarung, die von Gott her in ihr Leben getragen wird.
Zitate von Adolf Schlatter anzeigen
Alles, was die Erde füllt, sagen die Himmlischen, ist Gottes Besitz, zeigt Gottes Größe und macht seinen Reichtum sichtbar, und darum, weil die Erde nichts hat, was nicht Gottes wäre und nicht seine Herrlichkeit offenbarte, preisen sie den Herrn der Heerscharen als den Heiligen. So sehen die himmlischen Augen die Welt an. Wenn die Erde von oben her betrachtet wird, macht alles, was sie beherbergt und was in ihr geschieht, Gottes Heiligkeit offenbar. Auf unserem Standpunkt gibt es dagegen Rätsel, die dunkel bleiben, sowohl in der Natur als in der Geschichte, sowohl da, wo noch kein Mensch mit seiner Arbeit die Erde verändert hat, als auch da, wo der Mensch als Herr Der Erde seine Spuren in ihr Antlitz grub. Weltenräume dehnen sich ohne Ende; was füllt sie? Sterne zerbrechen; trugen auch sie Lebendes, das mit ihrem Sturz zerbrach? Im irdischen Bereich gibt es nichts als Sterbliches und jedes Leben wird durch den Tod anderer ernährt. Darum sind die Pflanzen und Tiere überreich mit den Waffen ausgerüstet, die sie geschickt machen, das Leben der anderen zu vernichten, um ihr eigenes zu erhalten, und da, wo der Mensch an die Arbeit geht, entstehen nicht nur Gärten, sondern auch Verwüstungen. Hätte der Prophet gesagt: die Serafim verhüllten ihr Angesicht, als sie auf die Erde schauten, so brächte uns dies keine Überraschung. Nun hat er aber gesagt: weil ihr Angesicht Gott zugekehrt war, darum bedeckten sie es, und weil sie auf die Erde sahen, in der alles Gottes ist, riefen sie: Heilig, heilig, heilig ist Er, so dass die Schwellen bebten. Wir können unser menschliches Auge nicht mit dem der Himmlischen vertauschen; aber ein starker Trost und reicher Besitz ist uns mit der Gewissheit gegeben, dass die Erde von oben her betrachtet keine Verhüllung der göttlichen Herrlichkeit bewirkt, weil sie von oben her keinen Tod sehen ohne das aus ihm erwachsende Leben, keine Schuld ohne die sie richtende und sühnende Gerechtigkeit und keine gegenwärtige Not ohne die aus der Gegenwart entstehende Zukunft. Diese Kunde von der himmlischen Weltbetrachtung ist uns unentbehrlich, damit wir uns nach der Regel des Glaubens auf unserer Erde und in unserer Welt bewegen als in Gottes Eigentum.
Mir scheint es oft, ich sei, Herr, heiliger Gott, in der Fremde, weit weg von Dir. Ich stehe aber in deinem Eigentum auch in meinem irdischen Stand und an allem, was aus deiner Schöpferhand hervorgegangen ist, finden sich die Züge Deiner Majestät. Ich will es nicht vergessen, dass ich nichts in die Hand nehmen kann, was nicht Dir gehört. Hilf mir, dass ich Dein Werk nicht verderbe. Amen.