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Predigten zu Apostelgeschichte 2,1

"Und als der Tag der Pfingsten erfüllt wurde, waren sie alle an einem Orte beisammen."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Eine dreifache Doppelwirkung des Heiligen Geistes in der Pfingstgeschichte

Wenn wir das Wirken des Heiligen Geistes in der Pfingstgeschichte beobachten, so sehen wir eine dreifache Doppelwirkung.

1. Der Geist verwundet und heilt

Zuerst verwundete er. Die vom Geist eingegebene Predigt des Petrus ging den Hörern "wie ein Stich durchs Herz" (V. 37 in wörtlicher Übersetzung). Sie wurden wie von einem Schwert durchbohrt. Also nicht etwa süsse, angenehme, wohltuende Gefühle durchfluteten ihr Herz bei dem Zeugnis der Apostel, sondern ein Schmerz zerriss sie. Das konnte nicht anders sein. Zweimal hiess es in der Petrusrede: "Ihr habt diesen Jesus erwürgt" (V. 23) - "Ihr habt ihn gekreuzigt" (V. 36). Solche Worte mussten wie ein zweischneidiges Schwert durch das Herz der Hörer dringen. Der Heilige Geist schaffte Klarheit über ihre Sünde, ihre Verblendung, ihre Auflehnung gegen Gott. Jetzt empfanden sie, was sie in jener Stunde, da sie riefen: "Kreuzige ihn!" getan hatten. So ging eine verwundende Wirkung vom Pfingstgeist aus.

Neben dieser machte sich aber auch eine heilende Wirkung des Geistes bemerkbar. Dieselbe Pfingstpredigt, welche die Zuhörer auf ihr schreckliches Unrecht hinwies, zeigte ihnen auch den Weg zur Vergebung in Jesus (V. 38) und machte ihnen Mut, die Verheißungen anzunehmen: "Denn euer und eurer Kinder ist diese Verheißung" (V. 39). Da zeigte sich, dass der Heilige Geist nicht nur ein verwundendes Schwert war, sondern auch ein heilender Balsam.

Auch heute noch beweist der Heilige Geist im Wort diese Doppelwirkung. Wie kommt es, dass bei einem lebendigen Zeugnis von Jesus sich Wut und Hass einstellen! Das kommt von der verwundenden Wirkung des Geistes Gottes. Wie kommt es andererseits, dass durch dasselbe Zeugnis belastete Menschen zum Frieden gelangen? Das bringt die heilende Wirkung des Geistes mit sich. Wenn es nur eine verletzende Wirkung des Geistes gäbe, so könnte kein Mensch sein Werk aushalten und niemand von uns würde ein wahrer Christ werden können. Nun es aber neben der verwundenden auch eine heilende Arbeit des Pfingstgeistes gibt, dürfen wir Mut fassen und uns seiner Behandlung anvertrauen.

2. Der Geist trennt und einigt

Am Pfingsttag gab es einen großen Riss durch die Reihen der Festbesucher in Jerusalem hindurch. Von einem Teil hiess es: die nun sein Wort gern annahmen" (V. 41). Der andere Teil lehnte ab. Bis dahin waren die großen Massen der zusammengeströmten Festpilger völlig einig. Alle wollten gut kirchliche Leute sein, die das Gesetz erfüllten und der Vorschrift gemäss sich an hohen Festtagen beim Tempel einfanden. Nun aber kam die Ausgiessung des Heiligen Geistes und die gewaltige Pfingstpredigt. Jetzt merkte man auf einmal, dass zwei Lager entstanden. Der Geist Gottes trieb zu einer Entscheidung. Es galt für oder wider Jesus Stellung zu nehmen. So gab es eine Trennung.

Von dieser trennenden Wirkung des Heiligen Geistes haben viele Menschen die allergrößte Angst. Es soll nach ihrer Meinung alles im Rahmen der gewohnten religiösen Sitte schön vereinigt und verbunden bleiben. Sie scheuen das Hervorheben des Unterschiedes zwischen schmalem und breitem Weg, zwischen klugen und törichten Jungfrauen. Wir wollen gern zugeben, dass es viel falsches Trennen gibt durch eigenen Geist, worunter wir uns beugen und demütigen wollen. Aber andererseits müssen wir sagen: Es gibt eine echte trennende Wirkung des Heiligen Geistes, die kein aufmerksamer Bibelleser hinweg leugnen kann.

Wir werben nicht für eine Partei in der Christenheit. Aber wir rufen so laut, wie wir können: "Gesellt euch zu dem verachteten Haufen derer, die Gottes Wort annehmen und gläubig werden an Jesus!" Mitten in der großen Namenchristenheit muss es durch alle Verkündigung hindurch klingen: "Lasset euch erretten aus diesem verkehrten Geschlecht!" (V. 40). Dann gibt es Scheidung und Entscheidung. Wenn man solcher Predigtweise den Vorwurf der Förderung von Spaltung und Trennung in der Christenheit macht, so antworten wir: Der Heilige Geist trennt ja ganz klar und deutlich. Wir wollen gar nichts tun, als seinen Linien nachgehen.

Aber neben dieser trennenden sehen wir auch eine einigende Wirkung des Geistes in der Pfingstgeschichte. Derselbe Geist, der von Welt und Unglaube schied, vereinigte die, welche an Jesus glaubten, auf das festeste. Schau doch die Schar derer an, die am Pfingsttag gläubig wurden, wie "sie täglich und stets beieinander waren einmütig im Tempel und brachen das Brot hin und her in den Häusern" (V. 46)! Wo ist auf der Erde eine Verbindung so stark wie die, welche der Heilige Geist dort zustande brachte? Er goss Liebe in die Herzen, er vertrieb die Selbstsucht und den Hochmut, diese Quelle ständigen Zwiespalts. Wer sein Herz der scheidenden Wirkung des Heiligen Geistes öffnet, der wird auch seine mit allen Gläubigen verbindende Macht spüren dürfen, die über alle trennenden Unterschiede hinüber hebt.

3. Der Heilige Geist führt in die Stille und treibt zur Arbeit

Man kann die vom Geist Gottes erfüllte Pfingstgemeinde von zwei Seiten her ansehen. Wenn man gewisse Ausdrücke der Schrift ohne Rücksicht auf den Zusammenhang betrachtet (V. 42 u. 46), so könnte man den Eindruck bekommen: Diese erste Christengemeinde beschränkte sich immer nur auf ihren kleinen Kreis, wo man sich untereinander erbaute und stärkte. Um die verlorene Welt draußen kümmerte man sich nicht, sondern überließ sie ihrem Verderben. (Solcher Vorwurf wird ja bis auf den heutigen Tag manchen lebendigen Christenkreisen von andern gemacht.)

Ist dieser Vorwurf im Blick auf die erste Christengemeinde berechtigt? Niemals! Ganz gewiss füllte die innere Stärkung und Erbauung der Christen untereinander einen großen Teil ihres Lebens aus. Der Heilige Geist trieb sie in die Stille des einsamen und gemeinsamen Gebetes. Das sehen wir klar und deutlich. Wollte aber jemand behaupten, dass sie über dieser Liebe zur Stille und zur inneren Vertiefung ihre Aufgabe an der verlorenen Welt draußen vernachlässigt hätten, der würde unverständig und ungerecht urteilen. Wer tat lauter den Mund auf zum Zeugnis für Jesus als jene Pfingstzeugen, die sich so gern im Kreis der Gläubigen zum Gebet vereinigten? Wer hielt fester am Tempel, wo die ganze Volksgemeinde zusammenkam, als jene ersten Christen (Kap. 3, 1)? Wer blieb trotz aller Anfeindung durch die Oberen des Volkes fest auf dem von Gott befohlenen Platz stehen, um alles Volk zu dem Heil in Christus einzuladen? Derselbe Geist, der die Gläubigen zu stillem Gebet und zu fester Gemeinschaft untereinander zusammenschloss, trieb sie auch an die Hecken und Zäune, um die Armen, Lahmen und Blinden ihres Volkes einzuladen zum Hochzeitsmahl des Königs.

Nur wenn die Gemeinde heute in diesen beiden Linien der inneren geistlichen Sammlung und Zurüstung und des Zeugnisses und Dienstes in der Welt bleibt, dann ist sie geistlich gesund.


Autor: Watchman Nee (* 04.11.1903; † 30.05.1972) chinesischer Prediger
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"Sie waren alle an einem Ort beisammen."

Als Gott bei der Menschwerdung zu seinem Volk kam, erwartete nur eine kleine Schar Israels Erlösung. Sie glaubten daran, dass Gott handeln werde, und durch sie und ihretwegen handelte er. Dann, als Jesus umherzog, folgten ihm große Volksmengen, aber wieder war es nur eine kleine Gruppe, die sagte: "Zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des Lebens." Und wiederum, vor seiner Himmelfahrt gebot er den Seinen, in Jerusalem die Verheißung des Vaters abzuwarten. Die Weisung hätte leicht mehr als fünfhundert Brüder erreichen können, die ihn alle nach seinem Leiden lebend gesehen hatten; trotzdem waren am Pfingsttage nur hundertzwanzig versammelt, um zu beten und mit Gott bei seinem neuen Handeln mitzuwirken. Wo waren die übrigen dreihundertachtzig? Gewiss, später kamen sie sicherlich alle hinzu. Aber jetzt ...?

Praktisch scheint es immer darauf hinauszulaufen, dass Gott stets durch einen getreuen Rest handeln muss, durch eine kleine Schar, die - damit Gottes Plan für das Ganze verwirklicht werden kann - ihm heute bis ins letzte gehorcht.


Autor: Dora Rappard (* 01.09.1842; † 10.10.1923) Schweizer Missionarin und evangelische Kirchenlieddichterin

"Als der Tag der Pfingsten erfüllet war, waren sie alle einmütig beieinander. Und wurden alle des heiligen Geistes voll."

Als Jesus einst am Laubhüttenfest in Jerusalem von den Strömen lebendigen Wassers sprach, die er denen geben wolle, die an ihn glauben, fügt der Apostel Johannes hinzu: "Das sagte er aber von dem Geist. Denn der Heilige Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verklärt (Joh. 7, 39)." Diese Worte bedürfen einer Erklärung. Im Alten Testament haben wir viele Spuren von dem Wirken des Heiligen Geistes. Er schwebte über den Wassern (1. Mose 1, 2). Er strafte die Menschen (1. Mose 6, 3). Er sprach durch die Propheten und gab ihnen die heiligen Schriften ein (2. Petr. 1, 21). Er zog seine Knechte an mit Macht (Richt. 6, 34). In diesem Sinne war er da von Ewigkeit her. - Aber als innewohnende Lebenskraft für die Menschen war er "noch nicht da". Um das durch die Sünde zerrissene Band der Gemeinschaft mit Gott wieder herzustellen, bedurfte es des allumfassenden Versöhnungswerkes Jesu.

Nun war dies Werk vollbracht. Christus war in die tiefste Tiefe hinab gestiegen und hatte in seiner Person die unterbrochene Verbindung mit dem Throne Gottes wieder angeknüpft. Der verklärte Herr konnte nun sich selbst mitteilen durch seinen Geist. - Darin liegt die große Bedeutung des Pfingsttages. Jetzt darf der Glaube rühmen: Der Heilige Geist ist da!

Ja, Du bist da, heiliger Geist, Lehrer und Tröster, Helfer und Ratgeber. Du bist da für die Ärmsten und Schwächsten. Du bist da auch für mich. Hallelujah!


Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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Es sind nun fast achtzehnhundert Jahre, seitdem dieser erste Pfingsttag gefeiert wurde, als das Feuer Gottes zuerst zu brennen anfing auf dieser kalten Erde. Aber ist denn jetzt das Feuer erloschen, brennt es nimmer fort? Ja, ja, es brennt noch fort, denn » Ich bin gekommen«, spricht der Herr, »ein Feuer anzuzünden auf Erden«, und Petrus sagt: »Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung, und allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird.« O liebe Brüder, unter denen, die ferne sind, sind wir ja auch verstanden. Ach, dieses göttlich große Wort: »Alle, die fern sind«, - reicht ja auch auf uns herab, reicht hinaus auf unsere Kinder und Nachkommen, reicht hinein in die fernsten Zeiten, die noch etwa kommen möchten, auf die letzten Tage, wo der Herr ausgießen wird seinen Geist über alles Fleisch, und alle von Gott gelehrt sein werden. Zwar würden wir allerdings uns irren, wenn wir die nämlichen Wirkungen des Geistes erwarteten, wie am ersten Pfingstfeste; es waren dies außerordentliche Wirkungen, und notwendig zum Beruf der Apostel und für die erste Zeit. Solches also wird wohl der Geist schwerlich bei uns wirken, wiewohl - wer kann ihm wehren, wer kann ihm Maß und Ziel setzen? Er tut, was er will; er rüstet aus, und was er will, und was er schenkt, ist lauter Güte Gottes, lauter Lohn der sauren Arbeit Jesu Christi. Aber bis jetzt hat er seit der apostolischen und der gleich darauf folgenden Zeit nicht mehr durch solche außerordentliche Gaben gewirkt. Ach wenn es ihm nur gefiele, - das wäre etwas viel Größeres und Köstlicheres - uns, die wir heute das Pfingstfest feiern, den Geist der Gnade und des Gebets aufs Neue mitzuteilen und uns aus unsern eigenliebigen Verschanzungen heraus in das Licht der Wahrheit hinein zu versetzen; wenn es ihm nur gefiele, die Liebe Gottes auszugießen in unser armes, leeres Herz; wenn es ihm nur gefiele, uns aus unserer Blindheit und Verstocktheit, aus unserem Unglauben heraus und in die Fülle Christi hinein zu führen; wenn es ihm nur gefiele, das steinerne Herz aus unserer Brust hinwegzunehmen und ein fleischernes Herz uns zu schenken, das Christum liebt und Christo dient! Wisset ihr, was ich euch wünsche als Frucht des Pfmgsttages? - Ein von seinem Tod und Schmerz gänzlich hingenommnes Herz.

Das wünsche ich euch; ein von Christi Tod und Leiden durchdrungenes Herz, das nichts anderes weiß, als Jesum Christum, den Gekreuzigten, das ihn über alles liebt, das sagen kann: ich habe nur eine Passion, nur eine Leidenschaft, nur ihn, nur ihn!

O daß doch bald dein Feuer brennte, du unaussprechlich Liebender und bald die ganze Welt erkennte, daß du bist König, Gott und Herr!

Erwecke, lautre und vereine des ganzen Christenvolkes Schar, und mach in deinem Gnadenscheine dein Heil noch jedem offenbar. Du unerschöpfter Quell des Lebens, allmächtig starker Gotteshauch, dein Feuermeer ström nicht vergebens; ach zünd in unsern Herzen auch!


Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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O wie fein tut Gott alles zu seiner Zeit! Er hat alles in Zeit und Ordnung gefaßt. »Wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen?« Den Aposteln hätte die Zeit von der Himmelfahrt bis zu Pfingsten lang werden können; sie hätten denken können: Der Herr hat es doch verheißen, nicht lange nach diesen Tagen werden wir mit dem heiligen Geiste getauft werden, und nun sind schon zehn Tage vorbei; - aber so dachten sie nicht: sie überließen sich kindlich der Führung ihres zur Rechten Gottes erhöhten Herrn; sie trauten seiner Weisheit, Macht, Wahrhaftigkeit, Liebe und Erbarmung und ließen sich das Warten nicht gereuen, und so kam denn endlich zu rechter Zeit die Verheißung des Vaters. Vielleicht ist auch eine solche Seele unter uns, die auf ihren Pfingsttag, auf die Gnadenheimsuchung des Herrn wartet, die vielleicht schon lange darum geschrien, geseufzt und gebetet hat. Aber nur getrost, nur unverzagt, lieber Mensch! Siehe, ein Pfingstfest sollst du nicht eher feiern, als an dem Tage, da der Herr es für gut findet. Laß nur nicht nach, zu bitten und auszuharren und die Zeit abzuwarten. Du wirst zuletzt sehen, wie sich der Herr an seinem großen Erntefest an dir verherrlicht. Am ersten Pfingstfeste hat er bereits einen Teil seiner blutigen Aussaat eingeheimst; da hat er ein Erntefest gefeiert von dem, was er mit blutigem Schweiß und schmachvollem Kreuzestode ausgesäet hatte. Das war ein großer Erntetag; ach, daß er auch unter uns eine rechte Ernte finden möchte! Warten wird doch nie gereuen, sondern noch zuletzt erfreuen, wenn uns Gott sein Wort erfüllt, -wenn nach manchen Prüfungsstunden sich der Zeitpunkt eingefunden, der des Herzens Sehnsucht stillt.

Warten mußten alle Väter, bis der große Schlangentreter nach viertausendjährger Frist, da sie Christum nur im Schatten und in der Verheißung hatten, selbst im Fleisch erschienen ist.

Nun wohlan, ihr wahren Christen, die ihr jetzt noch in der Wüsten auf das Reich zu warten habt: Wartet ferner in der Stille und genießt aus Jesu Fülle, was mit Trost die Seelen labt.

Gottes Werk in euren Seelen reifet ohne eignes Quälen nach und nach zur schönsten Frucht, wenn ihr wartend und gelassen Gottes Strahlen aufzufassen und im Licht zu wandeln sucht.