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Predigten zu Apostelgeschichte 24,2

"Als er aber gerufen worden war, begann Tertullus die Anklage und sprach:"

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Die Rede des Tertullus.

Viele möchten gerne die Kunst lernen, andere Menschen auf ihre Seite zu bringen. Da gibt es eine göttliche und eine ungöttliche Weise, dies zu erreichen.

Die göttliche Weise sehen wir beim König Asa in seiner guten Zeit. Da hiess es von ihm: "Eine Menge auch aus Israel fiel ihm zu, weil sie sahen, dass der Herr mit ihm war" (2. Chronika 15, 8. 9). Nicht fragwürdige Lockmittel waren es, mittels deren er seinen Anhang gewann. Er wirkte durch seinen festen, entschiedenen Wandel vor Gott, zu dem der Herr sich bekannte.

Bei David sehen wir Ähnliches. Er flehte zum Herrn: "Ach, dass sich müssten zu mir halten, die dich fürchten und deine Zeugnisse kennen" (Psalm 119, 79).

Es gibt aber auch eine ungöttliche Art, Anhang zu gewinnen. Wir finden sie bei den "hohen Aposteln", die sich bei den Galatern angenehm machen und die Brüder für die Beschneidung gewinnen wollten. Das abschreckendste Beispiel stellt uns der Heuchler Absalom vor Augen, der seinem Vater David "die Herzen Israels stahl".

Auch bei Tertullus beobachten wir eine verkehrte Art, Einfluss zu gewinnen. Ihm, wie auch den Juden, die er vertrat, kam alles darauf an, den römischen Landpfleger Felix auf ihre Seite zu ziehen und ihn gegen Paulus einzunehmen. Drei Kunstgriffe waren es besonders, durch die Tertullus den Landpfleger zu gewinnen suchte.

I.

Schmeichelei!

"Dass wir in großem Frieden leben unter dir, und viel Wohltaten diesem Volk widerfahren durch deine Vorsichtigkeit, allerteuerster Felix ..."

Dass diese Worte nicht mit der Wahrheit übereinstimmten, zeigt schon ein Blick auf den Schrecken des Felix bei Pauli Worten über Gerechtigkeit und Keuschheit in unserem Kapitel (Vers 25). Einen solchen ungerechten Wollüstling und eigennützigen Aussauger des Volkes mit den Worten von Tertullus anzureden, war niedrige Schmeichelei. Aber was kümmerte das den Tertullus! Wenn er nur seinen Zweck erreichte und den Landpfleger auf seine Seite zog.

Freunde, sind wir nicht oft in Gefahr, dieses schändliche Mittel der Schmeichelei auch anzuwenden? Wie oft werden höheren Personen, die sich in wichtiger Stellung befinden, einige angenehme, erhebende Anerkennungsworte gezollt, um sie für irgendeinen Zweck zu gewinnen.

Weg mit dieser Schlangenart. Wir haben dem König der Wahrheit unser Leben geweiht. Weg mit allen Schmeichelworten. Wir wollen im Licht wandeln.

II.

Das zweite Mittel zur Gewinnung des Landpflegers war die Verleumdung und boshafte Herabsetzung des Paulus. Tertullus fährt fort: "Wir haben diesen Mann gefunden schädlich (wörtlich: pestbringend), und der Aufruhr erregt alle Juden auf dem ganzen Erdboden, und einen Vornehmsten der Sekte der Nazarener". Dieselbe Zunge, welche vorher süss schmeichelte, kann jetzt boshaft verleumden.

Ach, dass unser Herz so mit Liebe erfüllt würde, dass man niemals ein liebloses Urteil aus unserem Munde vernähme! Ach, dass wir niemals einen anderen herabzusetzen suchten, nie wie Diotrephes mit bösen Worten über Johannes plauderten, nie mit Afterreden unsere Zunge befleckten, wie Petrus auch "die erwählten Fremdlinge hin und her" noch warnen muss (1. Petrus 2, 1).

III.

Das dritte Mittel ist die Verdrehung der Tatsachen. Tertullus fährt fort: "Paulus hat auch versucht, den Tempel zu entweihen; welchen wir auch griffen..." Die Bibel erzählt uns, wie Paulus sich im Tempel aufrichtig unter das Gesetz beugte, wie auch die Meinung, er habe Griechen in das Innere des Tempels gebracht, eine leere Vermutung seiner Feinde war. Aber Tertullus schildert die ganze Sache nicht mit der Absicht, dem Felix ein lauteres, sachliches Bild von dem Sachverhalt zu geben, sondern um jeden Preis den römischen Beamten gegen Paulus einzunehmen. Ob seine Worte wahr sind oder nicht, ist ihm Nebensache. Er hat ja Zeugen neben sich, die ihm unbedenklich zustimmen.

Freunde, lasst uns nicht zu hart über diese Juden urteilen. Sie waren in innerer Erregung gegen Paulus. Sie glaubten, die alte, bewährte Weise der Väter gegen diese Neuerer schützen zu müssen. Daher reißt sie ihr blinder Eifer zur Verdrehung der Wahrheit fort.

Lasst uns bei der Schilderung von Begebenheiten, die uns im innersten Herzen bewegen, scharf aufpassen, dass wir nie über die Grenze der Wahrheit hinausgehen. Gott bekennt sich nie zur Lüge!

Lasst uns Pauli Art annehmen, der, ohne zu schmeicheln, die Wahrheit schlicht darstellt. Diese Art wird den bleibenden Sieg behalten.