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Predigten zu Apostelgeschichte 14,8

"Und ein gewisser Mann in Lystra saß da, kraftlos an den Füßen, lahm von seiner Mutter Leibe an, der niemals gewandelt hatte."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Der Glaube des Lahmen in Lystra

Von dem Lahmen, der hier die herrliche Erfahrung der leiblichen Heilung machen durfte, heißt es: "Er glaubte" (V. 9). Weil dieser Glaube die entscheidende Voraussetzung aller Segenserfahrungen ist, so lasst uns bei demselben verweilen und seine Vorgeschichte, seine Entstehung und seinen Inhalt näher betrachten.

1. Die Vorgeschichte seines Glaubens.

Jeder Glaube hat seine Vorgeschichte. So war es auch bei diesem Lahmen. Die Vorgeschichte seines Glaubens war ein langer Trübsalsweg. Von Kindesbeinen an war er gelähmt. Er hat also seine Lähmung jahrzehntelang von frühester Jugend an bis ins Mannesalter hinein tragen müssen. Wenn andere Kinder munter ihre Spiele trieben, wenn andere Jünglinge und Männer ihrer Arbeit nachgehen und ihr Brot verdienen konnten, so musste er stillsitzen. Immer war er auf die Hilfe anderer angewiesen. Es konnte so scheinen, als ob der Schöpfer diesem Unglücklichen besonders wenig Liebe und Fürsorge entgegenbringe. Aber es war anders! Gerade dieser dunkle, schwere Weg machte ihn empfänglich für die Botschaft, die Paulus in jenen Tagen an seinem Wohnort verkündigte.

Wie ist doch manchmal ein schwerer Trübsalsweg die Vorgeschichte zu herrlicher Glaubenserfahrung (1. Mose 37, 18 - 28; Apostelgeschichte 18, 2).

2. Die Entstehung seines Glaubens.


Der Glaube des Lahmen entstand beim Hören der Predigt des Evangeliums ("der hörte Paulus reden", V. 9; "sie predigten daselbst das Evangelium", V. 7).

Gott kann allerlei Mittel gebrauchen, einen Menschen zum Glauben zu führen. Jedoch der normale, in der Schrift immer wieder genannte Weg zum Glauben ist das Hören des göttlichen Wortes.

Durch das Hören der Taten Gottes entstand in der Hure Rahab das erste Glaubenslicht (Josua 2, 9 - 11). Unter der Auslegung von Jesaja 53 erwachte im Kämmerer aus dem Mohrenland eine klare Glaubensüberzeugung (Apostelgeschichte 8, 35 - 37). Während Paulus redete, tat der Herr der Purpurkrämerin Lydia das Herz auf, dass sie gläubig wurde (Apostelgeschichte 16, 13 - 15). Während er das Wort des Herrn hörte, wurde der Kerkermeister mit seinem Hause gläubig (Apostelgeschichte 16, 32 - 34). So war es auch hier nach Paulus' Wort: "Es kommt der Glaube aus der Predigt" (Römer 10, 17).

Diese Tatsache kann uns ermuntern, das Hören des göttlichen Wortes nicht zu unterschätzen. Es gibt Menschen, die meinen, man könne auch ohne Gottes Wort zum Glauben gelangen und ein Glaubensleben führen. Das ist ein bedenklicher Standpunkt. Lasst uns die Kräfte, die Gott in sein Wort hineingelegt hat, dankbar benutzen und zum Hören seines Wortes immer wieder gern Zeit nehmen (Hebräer 10, 25).

3. Der Inhalt seines Glaubens.


Der Inhalt seines Glaubens war außerordentlich einfach und praktisch. Viele Kenntnisse und Geheimnisse des Glaubens mochten ihm noch fremd sein. Aber eines hatte er erfasst. Während Paulus den großen Helfer und Retter aus äußerer und innerer Not verkündigte, ging ihm ein Licht darüber auf, dass dieser Retter auch ihm aus seinem Elend heraushelfen könne. "Er glaubte, ihm möchte geholfen werden". Er mochte dabei besonders an die äußere leibliche Not seines lahmen Körpers denken. Jedenfalls hatte er die eine Wahrheit verstanden und in sein Herz aufgenommen, dass Jesus auch ihm helfen könne. Dies war der Inhalt seines Glaubens.

Dadurch beschämt er viele Christen, die über alle Einzelheiten der Glaubenslehre Bescheid wissen, die aber nicht die lebendige Überzeugung und das herzliche Vertrauen besitzen, dass der Heiland auch ihnen aus all ihrem Jammer helfen könne. Erst wo dieses Vertrauen durch den Heiligen Geist in ein Herz eindringt, versteht ein Mensch, was Glaube ist. Was hilft es mir, wenn ich die besten Lehren auswendig gelernt habe, und auf alle Fragen des Glaubens richtig antworten kann, aber der Glaubensinhalt jenes Lahmen nicht in meinem Herzen wohnt (2. Könige 18, 5; Matthäus 9, 28 - 30).


Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Das Wort von Paulus an den Lahmen

Dieses Wort ist ein Beispiel echter von Gott verliehener Vollmacht. Diese hat drei Kennzeichen:

1. Sie ist frei von aller Unbesonnenheit. Paulus prüfte erst sorgfältig, ob die innere Voraussetzung der Hilfe vorhanden war. Erst als er den Glauben des Lahmen erkannt hatte, sprach er das zur Heilung führende Wort aus. Menschen, die wahre Vollmacht haben, sind besonnen; sie erklären nicht leichtfertig und voreilig einen anderen für gesund.

2. Die rechte Vollmacht ist auch frei von aller Unsicherheit. "Mit lauter Stimme" sprach Paulus. Wäre er auch nur im mindesten unsicher und schwankend gewesen, so würde er mit gedämpfter Stimme zum Lahmen gesprochen haben, damit im Falle eines Misserfolges nicht alle sein Wort vernommen hätten. Nun aber war er seiner Sache so gewiss, dass er mit voller Absicht die ganze Zuhörerschar sein Wort hören ließ.

Wenn Gott Vollmacht verleiht, so nimmt er jede Unsicherheit hinweg und gibt Mut zu freudigem und getrostem Auftreten.

3. Endlich ist die wahre Vollmacht frei von aller Unklarheit. Der Apostel gebot dem, der sich noch nie auf seinen Füßen hatte bewegen können, sich zu erheben. Das war unzweideutig. Es war aber nur möglich, wenn Gott ein Heilungswunder tat. Gerade aber ein solches erwartete Paulus.

Die von oben geschenkte Vollmacht braucht nicht allerlei unklare Ausdrücke, die nachher verschiedenartigste Deutungen zulassen. Sie ist vielmehr deutlich, klar und bestimmt (Apostelgeschichte 13, 11; 5, 9). Gott gebe allen seinen Knechten zur rechten Zeit ein Vollmachtswort, das diese Kennzeichen trägt.