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Predigten zu Apostelgeschichte 12,6
Zitate von Alfred Christlieb anzeigen
Und da Herodes den Petrus wollte vorstellen, eben in der Nacht kam der Engel des Herrn.
Bei dem wunderbaren Eingreifen Gottes zur Befreiung des Petrus wollen wir mehreres beachten. Der Engel erschien nicht früher, als es unbedingt nötig war. In der allerletzten Nacht, die der geplanten Hinrichtung voraufging, kam die göttliche Hilfe. Wir wissen nicht genau, wie lange Petrus im Kerker gelegen hat. Aber das wissen wir genau: Die befreiende Hilfe kam erst im allerletzten Augenblick. Bis dahin hat Gott die gläubige Gemeinde warten lassen. Bis dahin durfte es den Anschein haben, als achte Gott nicht auf das vereinte Flehen seines Volkes, als sei alles Flehen und Harren umsonst. Wie Jesus seinen Jüngern bei dem Sturm erst in der letzten Nachtwache erschien (Mt. 14, 24 f.), so kam er auch hier erst in letzter Stunde. Für Menschenaugen und Menschengedanken kann solches Verziehen Gottes fast wie eine Grausamkeit erscheinen. Unsere Vernunft ist geneigt zu fragen: Weshalb sandte Gott, dem alles zur Verfügung steht, seinen Engel nicht früher? Weshalb ließ er die ganze Gemeinde bis zu allerletzt in Sorge und Angst um das Geschick des Petrus bangen? Aber wenn auch unserer Ungeduld der Zeitpunkt der göttlichen Hilfe als zu spät erscheint, so war er doch der richtige. Welch ein Segen barg die Zeit des anhaltenden Gebetes für die Gemeinde in sich! Wir werden erinnert an die Worte des Liedes jener baltischen Märtyrerin, das jetzt der ganzen Gemeinde Gottes vertraut ist: "Du weißt, woher der Wind so stürmisch weht, und du gebietest ihm, kommst nie zu spät!" Die Ewigkeit wird einmal offenbar machen, wieviel heiliger Gewinn, wieviel Erstarken und Ausreifen des Glaubens gerade in solchen Zeiten des Wartens auf Gottes Hilfe gewirkt ist, Zeiten, wie sie auch Abraham, der Vater der Gläubigen, bei der Opferung des Isaak durchleiden musste.