10.798 biblische Andachten und Predigten von Spurgeon, MacArthur, MacDonald, Christlieb, Eichhorn, Hofacker, Zinzendorf, Luther ...
Predigten zu 1. Timotheus 1,15
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Die Gewissheit der Frohen Botschaft
"Das ist gewisslich wahr, dass Jesus Christus gekommen ist in die Welt, die Sünder selig zu machen."
Jesus, der Sohn Gottes, hat die Herrlichkeit bei Gott fahren lassen und ist in diese Welt der Sünde und des Todes hereingetreten, um die Sünder zu retten. Alles Heil der Menschen liegt in ihm. Längst nicht alle wollen dem beipflichten. Viele bezweifeln, ja leugnen es. Ist es eine Sache, die im Ungewissen schwebt? Es ist gewiss und wahr, sagt der Apostel. Man kann sich unbedingt darauf verlassen. Der Glaube braucht etwas unzweifelhaft Gewisses, worauf er sich gründet. Denn er ist keine Ansicht oder Vermutung neben vielen anderen. Er ist eine gewisse Zuversicht. Eine solche ruht aber nicht auf einem schwankenden, sondern nur auf einem ganz festen Boden. Gott sei Dank, wir stehen auf einer sicheren Tatsache.
Schon die Propheten des Alten Testaments haben bezeugt, dass in Jesu Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen. Ein Jesaja hat Jesu Sühneleiden so geschildert, als wäre er im Geist unter Jesu Kreuz gestanden. Schon manchem Israeliten ist am 53. Kapitel des Jesaja das Auge geöffnet worden für den Heiland der Welt. - Jesus selbst hat es bezeugt, dass er der Retter verlorener Sünder ist, und hat es durch seine Wunder bestätigt. Wie er die Krankheiten oder die Folgen der Sünde beseitigt, so befreit er auch von dem Grundschaden, von der Quelle alles Übels, von der Sünde selbst. Denkt an den Gichtbrüchigen: Dir sind deine Sünden vergeben, so ruft er ihm zu. Seine Gegner verdenken ihm dies Wort. Denn so etwas kann sich kein Mensch anmassen. Sünden vergeben kann nur Gott. Jesus durchschaut ihre Gedanken und fragt: Was ist leichter zu sagen: "Stehe auf und wandle!" oder: "Dir sind deine Sünden vergeben"? Ohne Zweifel kann einer leichter sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, als das andere Wort. Denn der Augenschein widerlegt ihn, wenn er sich zu hoch vermessen hat. Spricht er aber wirkungskräftig das kühne Wort: "Stehe auf und wandle!", dann ist zweifellos auch das andere Wort keine gotteslästerliche Rede. Der Kranke stand auf und hob sein Bett auf. So ist er auch aus dem Grab der Sünden auferstanden als ein neuer Mensch.
Jesus ist der Befreier von Sünden. Sein Tod hat sühnende Bedeutung. - Dies ist endlich auch von Gott selbst bestätigt worden durch die Auferweckung Jesu. Sie ist das Siegel, das Gott aufgedrückt hat. Hätte Jesus sich nur ausgegeben als den Heiland der Sünder und dabei sich und uns getäuscht, dann hätte Gott ihn nicht am dritten Tag aus dem Grabe erstehen lassen. - Es ist ganz gewiss wahr, es kann sich kein berechtigter Zweifel dagegen erheben: Jesus ist der Erretter von Sünden. Warum glaubst du es nicht? Ich kann nicht glauben - so sagen manche. Ich will nicht glauben, wäre der Wahrheit gemäss gesprochen. Wir haben es mit der allergewissesten Sache von der Welt zu tun. Es ist in keinem andern Heil und ist kein anderer Name den Menschen gegeben, in dem sie sollen selig werden, als der Name Jesu.
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Das kostbare Evangelium
"Es ist ein teuer wertes Wort, dass Jesus Christus gekommen ist in die Welt, die Sünder selig zu machen."
Teuer ist das Wort, wörtlich: aller Annahme wert. Der Unglaube lehnt ab. Der Glaube nimmt das dargebotene Wort an. Wer es verschmäht, unterschreibt sein eigenes Verdammungsurteil, er schließt sich selbst aus von dem großen Heil. Wer es annimmt, empfängt etwas, was an Wert die ganze Welt weit überwiegt.
Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und ginge seiner Seele verlustig? Die Rettung der Seele geht über alles. Es gibt nichts in der Welt, was der Mensch hinlegen könnte, um seine Seele zu lösen, die dem Untergang verfallen ist, nur Jesu teures Blut ist das Lösegeld unserer Seelen. - So wenig einer, der lebendig begraben wird, sich wieder herausarbeiten kann, ebensowenig kann ein in Sünden toter Mensch sich selbst erwecken.
Kann ein Mohr sich weiß waschen? Ebensowenig vermag der Sünder die schwarzen Flecken seiner Verschuldungen wegzubringen. Er versucht es, sich rein zu waschen. Aber es ist ein vergebliches Bemühen. Das Gewissen bleibt dennoch befleckt. Er redet sich ein, er sei unschuldig, aber eine Stimme tief im Inneren sagt es anders. Vielleicht schweigt sie eine Weile und lässt sich unterdrücken. Aber dann spricht sie mit Donnergewalt. Nur Jesu Blut kann das Gewissen stillen.
Kann sich einer selbst lösen, der an einen Felsen geschmiedet ist? So ist der Sünder außerstande, sich der Kette seiner Leidenschaften zu entwinden. Und wenn er sich von allen Fesseln löste: von einer kommt er niemals los, von der Fessel der Selbstsucht und Selbstliebe. Nur Jesus kann dich vom eigenen Ich befreien, indem er dich an seine Person bindet. Deine schnöde Selbstliebe kann nur besiegt werden durch Jesus- und Gottesliebe.
Eine solche Errettung wird uns dargeboten durch das Evangelium von Jesu. Ist es nicht ein kostbares Wort? Hat Zinzendorf nicht recht, wenn er sagt: "Mir ist's nicht um tausend Welten, aber um dein Wort zu tun"? - Es bietet uns eine Errettung an vom schlimmsten Feind, vom größten Übel: der Sünde. Hinter ihr steht Satan. Jesus rettet auch von seiner finstern Gewalt, der keiner entrinnen kann, bis er sich zu diesem Retter flüchtet. Er rettet von dem ewigen Tod und zum ewigen Leben. Er bringt die gerettete Seele zurück zu Gott, dass sie nun teilhat an seiner Vaterliebe und Heimatrecht hat in seinem Haus. Er entreißt sie der Hölle und öffnet über ihr den Himmel. Und dies große Heil missachtet und verschmäht man? Ist das zu verantworten? Wie wollen wir entfliehen, wenn wir ein solches Heil missachten?
Darum lasst uns wahrnehmen das Wort vom Sünderheiland, das wir hören! Sonst gleiten wir am Ziel vorbei und unrettbar und unaufhaltsam ins ewige Verderben. Es kommt uns teuer zu stehen, wenn wir dieses teure Wort verachten. Es ist der einzige Anker unserer Rettung. Wer ihn im Glauben erfasst, der ist gerettet.
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Das Selbstzeugnis des Paulus von Sünde und Gnade (I)
"Ich bin der vornehmste unter den Sündern."
Zuvor stand Paulus in erster Reihe unter den Gerechten. Er fand sich tadellos nach dem Buchstaben des Gesetzes. Er gehörte zur strengsten Richtung der Juden, zu den Pharisäern. Wer konnte ihm etwas Böses nachsagen? Und nun steht er unter den Sündern ganz vornean. So geht's, wenn Licht von oben in die Seele fällt. "Das Herz kann von Natur ja nicht sein Elend selbst empfinden, es ist ohn' deines Geistes Licht blind, taub und tot in Sünden."
Blind war auch Paulus, als er noch ein Saulus war. Er meinte, Gott zu erkennen und zu dienen, und verfolgte dabei die Gemeinde Gottes. Er glaubte, auf dem rechten Weg zu sein, und lief den Irrweg. Denn die Summe des Gesetzes ist Liebe zu Gott und zum Nächsten. Aber gerade die Liebe fehlte ihm. Ihn erfüllte die Ehrsucht. Der selbstische und fanatische Eifer für das Judentum trieb ihn, die Christen zu verfolgen. Er sah in ihnen Abgefallene, Ketzer, die man mit Stumpf und Stiel ausrotten müsse. Mit erbarmungsloser Härte ging er gegen sie vor. Er schleppte sie aus den Häusern, riss sie weg von den Ihrigen, peinigte sie und erpresste aus manchen einen Widerruf. Andere, die standhaft blieben, überlieferte er dem Tod. Er wollte alles mit eigener Kraft erzwingen. Er hatte keine Ahnung, dass man in inneren Dingen den Herrn machen lassen muss. Gewalttätig, selbstisch, herzlos, dabei sehr eingenommen von sich - das war Saulus vor seiner Bekehrung.
Da fiel es von seinen Augen wie Schuppen: Was warst du doch für ein verblendeter Mensch! Wie hast du Gott beleidigt und unschuldig Blut vergossen! Da wurde er zum Verbrecher und Sünder vor andern. - Wie leicht gehen die meisten über ihre Sünden hinweg! Sie halten sich für ordentlich und anständig, weil sie sich nichts Besonderes zuschulden kommen lassen, und sind dabei doch so herzlos und lieblos. Sie halten sich für christlich und haben doch keine Liebe zu Gott und Christus, sondern gehen kalt ihren toten Gewohnheitsgang dahin. Sie tun sich auf ihre Unbescholtenheit viel zugut und tragen doch so viel verstecktes böses Wesen, so viel verborgenen Unrat mit sich herum. Sie messen sich nicht an dem heiligen Maßstab des vollkommenen Gotteswillens, sondern vergleichen sich mit andern und finden, dass sie nicht schlechter sind als sie, eher besser.
Wie anders wird's, wenn man von oben erleuchtet wird! Jetzt erkennt man erst die ganze Finsternis der Seele. Man erschrickt und sieht ein, dass man in einer schrecklichen Selbsttäuschung befangen war. Vorher hieß es: Sünder sind wir alle. Jetzt: "Ich bin der vornehmste unter den Sündern." Man misst sich am Maßstab der göttlichen Gebote, besonders des Hauptgebotes der Liebe. So ergibt sich eine Unsumme von Verfehlungen und Versäumnissen. Woltersdorf bekennt: "Was bin ich, wenn es mich betrifft? Ein Abgrund voller Sündengift." Wer sich im Licht des Heiligen Geistes erkennt, stimmt dem zu. Jetzt kann sich die Pforte der Barmherzigkeit öffnen.
Wenn es nun den Schein hat, als zögen wir allein unsere Straße, als gingen wir gleichsam ohne Gott einher, wenn Gott aufgehört hat, auch mit uns zu reden, wenn er auch von uns aufgefahren ist, worauf sollen wir uns denn verlassen für die Ewigkeit, welcher wir entgegengehn?
Ihr fühlt es dem Apostel ab, dass er hier das Wort hervorhebt. Er schreibt nicht: Ich habe erfahren und weiß es gewiss, dass das Gnadenwerk in mir Gottes Werk ist. Er schreibt: dass das Wort treu ist; er schreibt: dass das Wort aller Annahme wert ist. Sollen wir nun einen andern Verlass begehren? Etwa darin unsern Halt suchen, dass wir einmal blind waren und nunmehr sehen, oder etwa in neuer Versicherung und Bestärkung von oben? Das hält alles für eine Zeit, aber nicht auf die Dauer. Allein das Wort bewährt sich in Not und Tod, bewährt sich durch alles hindurch, dass wir es von ganzem Herzen sagen: Ja, das ist je gewisslich wahr; scheine es auch für eine Weile gelogen, wir werden damit nicht zuschanden, es verlässt uns nicht; darum ist es auch allein aller An- und Aufnahme wert. – Daran haben wir in unserer Verlorenheit nur fest hangen zu bleiben, das wird wohl halten, das dürfen wir getrost annehmen, das wird wohl bei uns bleiben, und da werden wir wohl erfahren, dass es nicht trügt.
Mit dieser Wahrheit sei der leidige Teufel bei euch vertrieben, der dem Menschen das Wort unter den Händen wegzaubert, auf dass er stutzig werde, den Glauben drangegeben habe, nach dem Gesetze greife, sich nach Werken umsehe und nach eigener Heiligkeit; denn da hat er den Menschen zu diesem Stolze gebracht, dass er es bei sich selbst sucht, um es darzustellen neben der Gnade her. Unser Verlass soll sein das Wort.
Dein Wort, o Herr, besteht in Ewigkeit.
Im Himmel fest, musste es auf Erd' bestehen.
Wir Väter sind durch deine Treu erfreut
und Kindeskind wird sie bewähret sehen.
Der Erdball steht vom Anbeginn der Zeit,
du gründest ihn, er bleibet feste stehen.
Sowohl die Dankbarkeit als auch die große Not treiben den Apostel dazu, solches zu bekennen. Und weil er den einzigen Namen, in dem allein alles Heil ist, zu seinem Verlass hat, kennt er auch keine falsche Scham, während alle, die das Gesetz und seine Werke treiben, bei allem Sprechen von Armer-Sünder-sein sich doch inmitten der Brüder als Heilige behaupten wollen.
Lasst uns dieses Wort zu Herzen nehmen, denn es ist es wert, dass wir uns lediglich daran halten und uns nicht an Gesetz und Werken kehren. Der mit allen seinen Sünden, als ein erster Sünder, an diesem Worte hangen bleibt, der wird es wohl erfahren, dass solches der einzige Weg ist, um mit dem Gesetze sich in Übereinstimmung zu befinden. Ein jeder von uns wisse dieses: dass die schwerste Sünde darin besteht, und dass daraus allerlei Sünden und Gräuel hervorkommen, wenn wir nicht Sünder sein und bleiben wollen. Wer aber aus der Erfahrung seiner vorigen Wege und seines Lebens mit dem Gesetz bei dieser Wahrheit beharrt: Ich bin unter den Sündern ein erster, und deshalb allein den Namen lobt, in welchem die völlige Errettung ist, und dabei bleibt, ohne sich nach etwas anderem umzusehen, der wird, sei auch Gott von ihm aufgefahren, und habe er auch aufgehört, mit ihm zu reden, allen festen Grund der stolzen Ruhe haben in dem Bunde, der mit Isaak gemacht ist, in dem allgenugsamen Gott, in dem Namen Christus Jesus. Und wie er auch scheinbar verlassen seine Straße ziehen möge, er wird es der Welt gegenüber im heiligen Geist freudig aussprechen zum Lobe der Gnade: Ich halte die Wege des Herrn und bin nicht gottlos wider meinen Gott.
Aus Gnaden kam sein Sohn auf Erden
und übernahm der Sünden Last
Was nötigt ihn, dein Freund zu werden?
Sag's, wenn du was zu rühmen hast.
War's nicht, dass er dein Bestes wollt
und dir aus Gnaden helfen sollt?
Lieber, lerne es doch von dem Apostel, dass er aller guten Werke voll war, da er von sich bekannte, was du von ihm vernommen hast. Fange doch damit an, dich selbst wegzuwerfen mit all deinen Leidenschaften, dich selbst zu verklagen und zu verdammen vor Gott, darum dass du, wie denn deine Taten es ausweisen, das Wort, Gesetz und Gebot, dass ich nicht sage, das Evangelium gar nicht ehrst. Und wo du denn den Kampf mit deiner Leidenschaft aufnimmst, in dem du nach Gottes Gebot sein möchtest, da wirst du wohl zuletzt es auch eingestehen: Unter den Sündern bin ich der vornehmste. Das macht willig, zart, liebevoll gegen deinen Nächsten, besonders gegen die Deinen.
O, ihr alle, die ihr mich heute hört, habt ihr den Kampf aufgenommen mit euren Leidenschaften, ist euch Gottes Gesetz und Gebot mehr lieb, als euer eigner Wille, so werdet ihr es verstanden haben: das Gesetz dürfen wir nicht hinzunehmen zu dem Evangelium. Christus Jesus ist in die Welt gekommen, Sünder errettet zu haben. So wird es denn in euren Herzen Wahrheit sein durch heiligen Geist: Unter den Sündern bin ich der vornehmste; darum kann ich mich nicht bei dem Gesetz aufhalten, auch nicht nach Werken fragen, ob ich auch möchte; darum halte ich mich an dich allein, o du mein Gott und Herr und treuer Heiland; ich glaube an dich zum ewigen Leben, du wirst es machen; hilf meinem Unglauben. Ich kann nicht anders, du willst es auch nicht anders.
Ich bin in Wahrheit eins der schlechtsten Wesen,
das du dir, lieber Heiland, hast erlesen,
und was du tust, das sind Barmherzigkeiten
auf allen Seiten.
Denn das ist je gewisslich wahr und ein teuer wertes Wort, dass Christus Jesus gekommen ist in die Welt, die Sünder selig zu machen, unter welchen ich der vornehmste bin.
Wie lange geht es doch bei manchen Menschen, bis sie unsern Herrn Jesum Christum als ihren Heiland fassen können! Und doch ist nichts gewisser, im Himmel und auf Erden, als dass er der Sünder Heiland ist. Worin haben wir die Hauptschwierigkeit der Menschen zu suchen, die sie an der Annahme der Erlösung hindert? Vielfach in der Selbstgerechtigkeit. Es ist eben dem ungläubigen Menschen ein ganz fremder Gedanke, dass er ganz ohne Verdienst, ohne irgend ein eigen Werk selig werden soll. Es klingt ihm unglaublich, dass er nur seine Sünden vor Gott zu bringen habe und dass Christus aus keinem andern Grund sein Heiland sein soll, als weil er ein Sünder sei. Und doch ist es Gott Lob! so.
Das ist der Ruhm des heiligen Geistes, dass kein Tag vergeht, an dem er nicht Menschen zu dem Glauben bringt: Christus Jesus macht sie selig. Dieses teuer werte Wort, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, wird da am schnellsten und willigsten angenommen, wo es aus dem Munde eines Menschen kommt, dessen Erscheinung und Leben ein laut redendes, lebendiges Zeugnis; von der Wahrheit dieses Wortes ist. Je fester und klarer die Heilsgewissheit eines Menschen ist, desto überzeugender und unwiderstehlicher kann er von Jesu Sünderliebe reden. Je ferner ein begnadigter Sünder früher seinem Gott war, desto mehr Eindruck wird sein Zeugnis; von seiner Errettung machen. Leider vergisst man oft, dass die lebendige Erfahrung der Sünderliebe Jesu weitaus das beredteste Zeugnis ist.
Warum hat Pauli Predigt so mächtig gewirkt? Weil ihm jedermann ansah, dass er ein lebendiger Beweis seiner Predigt von der freien Gnade Gottes in Christo sei. Der Abstand zwischen dem einstigen schnaubenden Lästerer und Verfolger und dem nachherigen von der Liebe Christi erfüllten Manne war handgreiflich. Das zieht die Sünder an, wenn der vornehmste Sünder ihnen aus seliger Erfahrung freie Gnade verkündigt, so dass das Herz zum Herzen redet. O, dass solches Zeugnis allgemein wäre!
Herr Jesu! Hilf mir, so von Dir zu zeugen, dass alle, die mich hören, den Eindruck bekommen, dass meine Botschaft auch für sie ein teuer, wertes Wort sei. Amen
Die Sünder, unter welchen ich der vornehmste bin
Wenn ein Elefant über eine schwankende Brücke gehen kann, dann können Pferde und Maultiere es auch wagen. Paulus scheint sich dessen besonders zu freuen, dass das Evangelium gleich im Anfang seines Laufs durch die Welt, gerade ihn erfasst und bekehrt habe und schließt daraus, wenn er gerettet wurde, so könnten alle anderen auch gerettet werden. Für wie viele Menschen, die im Lauf der Zeiten zur Erkenntnis ihrer Sünden kamen, ist es doch ein tiefer Trost gewesen, dass der vornehmste Sünder schon seit achtzehnhundert Jahren im Himmel ist. An ihm hatte Jesus alle Geduld bewiesen, zum Vorbild denen, die an Ihn glauben sollten.
Ohne Zweifel vergaß Paulus niemals seine Ausbrüche des Hasses und der Verfolgung gegen die jungen Christengemeinden. Aber wahrscheinlich weist er hier auf das stets sich vertiefende Bewusstsein seiner Unwürdigkeit und Sündhaftigkeit, das allezeit sein Wachstum in der Erkenntnis und in der Liebe Gottes begleitete. Diese Erfahrung kann also begründet werden: das wahre Kind Gottes, obschon der Vergebung gewiss, betrachtet seine vergangenen Sünden im Lichte jener Reinheit, die es immer deutlicher erkennt, und dadurch treten die dunkeln Schatten des Bösen mehr in den Vordergrund, die ihm bei seiner geringeren Erkenntnis Gottes, noch nicht geoffenbart waren. Ein solcher Mensch fühlt, dass er ein größerer Sünder ist, als andere; denn er vermutet, dass Gott nicht so viel Geduld und Barmherzigkeit an sie gewandt habe, wie er deren bedürftig gewesen sei; und je größer die Liebe Gottes ihm erscheint, desto verabscheuungswürdiger sind seine Übertretungen. Zudem tritt die Versuchung in immer schärferer Gestalt an ihn heran, und er weiß, dass in ihm die entsprechenden bösen Neigungen schlummern, wie in jedem Menschen, obgleich er sie verabscheut und ihnen widersteht. Daher erkennt er, wie viel er der Gnade Gottes zu verdanken hat.