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Predigten zu 1. Mose 32,27

"Da sprach er zu ihm: Was ist dein Name? Und er sprach: Jakob."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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"Betet ohne Unterlass!"

Elias demütiges, gläubiges, anhaltendes Flehen haben wir in 1. Könige 18, 44 betrachtet. Wir wollen uns noch ein anderes Beispiel für anhaltendes Flehen zu Herzen nehmen.

"Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn." 1. Mose 32, 27

Die Schrift selbst erklärt uns den Kampf Jakobs als Gebetskampf (Hos. 12, 4 u. 5). Es war die Stellung Jakobs in jener Nacht, nachdem schon viel Gnadenarbeit an ihm vorangegangen war, dass er seinen göttlichen "Gegner" im Gebet festhielt. Er hatte, wie die Emmausjünger beim Heiland (Lk. 24, 29), das Gefühl: Diesen darf ich nicht loslassen. Wir sprechen oft von armseligem, irdischem Besitz: "Ich lasse dich nicht!" Der Wollüstling spricht von seiner Lust, der Mammonsknecht von seinem Gold, der Ehrgeizige von seinem Ruhm: "Ich lasse dich nicht!" Aber die Himmelsbürger sprechen zum Herrn selbst: "Ich lasse dich nicht!" Sie können manches loslassen, können Wünsche auf den Altar legen, aber den Herrn lassen sie nie los. Das ist der Weg zum neuen Namen "Gottesstreiter" und zum Genesen der Seele, wenn es dabei auch "gelähmte Hüften" (V. 26) gibt und durch Zerbrechen eigener Kraft hindurchgeht.

Ja, anhaltendes Gebet ist die stärkste Großmacht auf Erden. Gott gebe uns allen ein reiches Maß davon!


Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Israel oder: Durch Nacht zum Licht (IV)

"Und er sprach: Lass mich gehen, denn die Morgenröte bricht an. Aber er antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!"

Zuerst wäre wohl Jakob den Mann gern losgewesen, der ihn in jener Nacht überfiel. Aber dann hat er sich ihm nicht entwunden. Im Gegenteil! Als es hiess: "Lass mich gehen!", willigte Jakob nicht ein. Er hielt ihn fest. Mit den Worten: "Lass mich gehen!" stellte der Herr ihn auf die Probe. Es ist ähnlich, wie Jesus auf dem Weg nach Emmaus sich stellte, als wollte er weitergehen. Es sollte sich zeigen, ob die beiden Jünger ihn festhalten wollten oder nicht. Jesus aber ließ sich gern festhalten. Ähnlich war es auch bei dem kanaanäischen Weib. Jesus wollte sich ihr entziehen, aber sie ließ ihn nicht los. Er stiess das Weib ab. Aber sie nahm ihn beim Wort, das so abstossend lautete, und so hat sie Jesus überwunden.

"Ich lasse dich nicht!" Das ist das Wort des Glaubens. Jakob fühlte den Ernst Gottes wider die Sünde. Aber er hielt die Liebe fest, die hinter dem Zorn verborgen ist. Er gab Gott recht, als er mit ihm so ernstlich Abrechnung hielt. Aber er hielt auch an seiner Gnade fest.

Wenn Gott dir in den Weg tritt, wenn er dich in eine Dornenhecke führt oder sogar deinen Weg durch eine Wand verbaut, dann will er, dass du ihm in die Arme fällst. Du möchtest ihm vielleicht gern ausweichen. Tue es nicht, halte stand unter dem peinlichen Gericht und verlasse nicht die Anklagebank! Aber lass dich auch nicht in Verzweiflung stürzen! Ergreife die Gnade hinter dem Zorn!

Dem Jakob hatte Gott vor zwanzig Jahren herrliche Verheißungen gegeben. An diese hielt er sich. Sie waren ihm ein Unterpfand der Liebe Gottes. Uns hat Gott seiner Liebe in noch gewaltigerer Weise versichert. Er hat seinen Sohn für uns am Kreuz sterben lassen. Wenn die Schrecken des Allmächtigen über uns fallen und wir uns als todeswürdige Missetäter erkennen müssen, dann dürfen wir unseren Blick aufs Kreuz richten. Gott will nicht den Tod des Sünders. Darum ließ er den eingeborenen Sohn für uns sterben. Er will uns nicht vernichten, sondern retten. Er hat Gedanken des Friedens, wenn er uns seinen Zorn über die Sünde zu spüren gibt. Der Glaube hält sich mitten im Gericht an die Gnade. Es ist nicht schwer, zu glauben, wenn man sich wohl und leicht fühlt. Wenn aber die Sündenlast zentnerschwer auf die Seele fällt, wenn man ein verlorenes Leben hinter sich und den Abgrund vor sich sieht, dann ist es eine Kunst, zu glauben. Dann fängt der Glaube erst richtig an, der Glaube, der den Herrn nicht loslässt, wie Gottfried Arnold sagt: "Unser Geist, der bindet dich im Glauben, lässt dich nicht, bis er die Erlösung findet, die dein treuer Mund verspricht." Diesem Glauben kann sich Gott nicht entziehen; denn er kann seiner Verheißung nicht untreu werden. Durch den Glauben wird Gott selbst besiegt.


Autor: Hermann Friedrich Kohlbrügge (* 15.08.1803; † 05.03.1875) niederländischer reformierter Theologe

Das sei unsere Parole, wenn wir nichts vor uns haben, als einen feindlichen Esau, wenn uns das Schrecklichste droht, Verlust von Habe, Leib und Leben, dass wir uns dennoch halten an sein Wort. Und das Wort ist wahr für euch, denen es drum geht, an Gnade festzuhalten, und so in allen Geboten Gottes zu leben, es komme dagegen auf, was da aufkomme. Denn es bleibt ja dabei, dass wir unser Leben lang mit unserer verkehrten Art zu streiten haben, dass wir stets geneigt sind zur Übertretung aller Gebote Gottes. Da heißt es dann oft: O Gott, hilf mir in solcher Not! O Gott, wenn du dieses schreckliche Tier der Leidenschaft bezwingen willst, so steht es ja bei dir. Und nun, da haben wir den starken Mann: „So, du erwartest von mir den Segen? von mir, der ich doch ausgegangen bin, dich zu verderben?“ – „Ja, eben von dir, denn wenn du solche Macht hast, um zu verderben, dann hast du auch Macht, um zu erretten. Wenn du solche Macht hast, um mich zu verfluchen und alle meine Gebeine zu zermalmen, dann hast du auch Macht, um mich zu segnen und mich wieder herzustellen. Hast du solche Macht, um mich in die Hölle zu betten, dann hast du auch Macht, mich in den Himmel zu setzen.“ So hat Jakob mit Gott und Menschen gerungen und ist obgelegen. Wer ist nun der Sieger? Ja, wer den Herrn Jesum also bekämpft, der bleibt Sieger. Das ist ja ein wunderbares Spiel, das er mit seinen Kindern hält. Er zeigt ihnen seinen gewaltigen Ernst, er züchtigt sie; fallen sie ihm aber um den Hals, so werden sie satt geküsst, und wo sie weinen, werden sie getröstet.

Weil, spricht der Herr, er mein begehrt,
mich über alles liebet,
er meinen Namen kennt und ehrt
und mir sich ganz ergibet:
so soll ihm, was er unternimmt
in allem wohl gelingen,
zur Herrlichkeit, für ihn bestimmt,
will ich ihn selber bringen.


Autor: Hugh E. Alexanders (* 1884; † 1957) englischer Evangelist, der Anfang des 20. Jahrhunderts in der französischen Schweiz wirkte

Jakob stand an einem Wendepunkt seines Lebens. Neue Pflichten warteten auf ihn. Außerdem fühlte er das Gewicht der Verheißungen, die mit seinem Erstgeburtsrecht zusammenhingen. Gott arbeitete an ihm, Er wollte ihn weiterführen, ihm seine geistlichen Mängel bewußt machen, um ihn dann ganz neu segnen zu können. An der Furt Jabbok blieb Jakob allein. Es gibt Augenblicke, da müssen wir mit Gott allein bleiben können und zu verstehen suchen, was Sein Wille ist. Er hat uns etwas zugedacht. In der Vergangenheit erwies Er uns Gnade und Treue und umgab uns schützend mit Seiner Liebe. Aber für das, was vor uns liegt, brauchen wir eine Erneuerung Seines Geistes, und Er wird sie uns in der Stille und Einsamkeit gewähren.

Da rang ein Mann mit ihm. Zu Anfang wußte Jakob nicht, daß es Gott war. Auch wir begreifen oft nicht, daß Gott in einer bestimmten Situation mit uns ringt. Dieses Ringen kann verschiedene Formen annehmen. Vielleicht sind alle Umstände gegen uns, und wir kämpfen gegen sie. Aber in Wirklichkeit steht Gott hinter der Schwierigkeit und will sie benützen, um uns zu segnen, zu bereichern und vorwärtszubringen. Er rang mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. Ja, der Herr führt uns in Sein Licht. Er will uns Seine Gnade neu erfahren lassen. Es gibt also Hoffnung, denn das Licht eines neuen Tages liegt vor uns. Jakob hatte eine schwere Dienstzeit hinter sich; aus mancherlei Kämpfen war er siegreich hervorgegangen. Aber jetzt wurde es ihm klar, daß er noch mehr brauchte, und deshalb betete er: «Ich lasse dich nicht, es sei denn, du segnest mich!»

Das ist nicht das Gebet eines Mannes, der Segen nur für sich selbst sucht, um sich egoistisch an einer Gnadengabe Gottes zu erfreuen. In diesen Worten liegt kein Suchen nach religiösen Gefühlsbewegungen, die dem Fleisch gefallen und wieder vergehen. Es ist das Gebet eines Gläubigen, der sich seiner Verantwortung Gott und der verlorenen Welt gegenüber bewußt ist, und auf solche Gebete hört Gott. Wenn wir so beten, wird Seine Hilfe nicht ausbleiben.