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Predigten zu 1. Mose 32,25
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Israel oder: Durch Nacht zum Licht (I)
"Und Jakob blieb allein."
An der Spitze der Geschichte des Volkes Israel steht der nächtliche Kampf des Stammvaters Jakob. Er ist für alle Zeiten vorbildlich. Es war ein Seelenkampf, der sich aber gleichzeitig in einem körperlichen Ringen ausprägte. Der äußere Kampf ist ein Spiegelbild des inneren. Jakob hat wohl sofort geahnt, dass es ein überirdisches Wesen sei, das in jener nächtlichen Stunde ihm nahte. Dass es Jehova selbst war, wurde ihm erst später klar. Der Prophet Hosea sagt uns, dass es ein Engel war, in dem Jehova sich vergegenwärtigte. Alle Gotteserscheinungen waren vermittelt durch Engel.Das Wunderbare bei diesem Kampf war, dass beide Teile den Sieg davontrugen. Jehova sowohl wie Jakob haben gesiegt. Jetzt erst bekam Jehova den Jakob ganz in die Hand. Er hat ihn gefunden, und Jakob hat seinen Gott gewonnen. Er ist endlich ganz durchgebrochen und hat den vollen Segen davongetragen. Schon je und je hat Jehova Jakob geliebt.
Aber er hatte noch viel an ihm zu tragen, was nicht in Ordnung war. Gott kann warten. Über zwanzig Jahre hat er in Langmut und Geduld soviel Fleischliches, Unlauteres an Jakob getragen. Nun kam die Stunde, wo er mit ihm zum Ziel kommen wollte.
Es war gerade die rechte Stunde. Jakob war im Gedränge. Er hatte hinter sich die Brücke zu Laban abgebrochen, und vor ihm stand Esau mit vierhundert Mann. Er konnte sozusagen nicht vorwärts noch rückwärts. Es war ihm alles abgeschnitten. Er wurde mit aller Macht zu Gott hingedrängt. Er hatte das Bedürfnis, allein zu sein. In seiner Seele war schon eine Vorahnung dessen, was nun kommen sollte. Es war Nacht. Nun war er zubereitet für eine Begegnung mit Gott. Im Geräusch des Tages überhört man so leicht die Stimme Gottes. Wer der Einsamkeit aus dem Weg geht, kommt nie zu tiefer Frömmigkeit. In der Nacht sieht das Auge auch klarer als bei Tage. Ohne stille Stunden verflacht der Mensch. So groß der Segen der Gemeinschaft ist, stille Stunden sind unentbehrlich für das innere Leben. In der nächtlichen Stunde dort an der Furt des Jabbok redete Gott ein ernstes Wort mit Jakob. Es war Nacht im buchstäblichen und im tieferen Sinn.
Jesu, sieh, ich liege hier, ruf' und schreie nur zu dir!
Ich bin unrein, blind und tot, inn'n und außen voller Not. Sieh, ich strecke mich nach dir! Jakobs Glaube zeiget mir, wie man heftig mit dir ringt, bis man dich zum Segnen zwingt.
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Israel oder: Durch Nacht zum Licht (II)
"Es rang ein Mann mit ihm, bis das Morgenrot anbrach."
Jehova gab sich dem Jakob zu spüren als ein Widersacher, denn er hatte noch vielerlei wider ihn einzuwenden. Hatte Esau manches gegen Jakob, so war das doch nichts gegen das, was Gott gegen ihn hatte. Da war der Betrug, den er dem Vater gegenüber begangen hatte. Damals hatte er sich den Erstgeburtssegen erschlichen. Da war all die Schlauheit, mit der er seinen Vorteil zu verfolgen wusste, all das ehrgeizige Wesen, das nach dem ersten Platz trachtete. - Es ist merkwürdig, wie in der Person des Stammvaters Jakob sich der Charakter des Menschen zeigt. Es war ein edler Zug in Jakob. Er strebte nach dem Höchsten. Er war ganz anders als Esau, von dem die Schrift sagt, dass er ein gottloser, d.h. ein niedrig gesinnter, weiheloser Mensch war, der für ein Linsengericht ein ideelles Gut leichtsinnig dahingab. Aber es war in Jakob auch noch eitles, unlauteres, ungebrochenes Wesen und Selbstwirken. Er trug seinen Namen nicht umsonst. Jakob heißt Fersenhalter, der Schlaue und Hinterlistige. Dabei war er kraftvoll, energisch, zäh und beharrlich.
So ist die natürliche Art des Menschen. Er möchte immer vornan sein und eine führende Rolle spielen. Mit List und Schlauheit versucht er sich Vorteile zu verschaffen und ist von Ehrgeiz und Geldgier beherrscht. Da kann nur Gott eingreifen, indem er den Menschen nach "Pniel" führt und ihn dort das Gericht der Sünde und Schuldverhaftung erfahren lässt.
So musste auch Jakob das alte Wesen ausziehen. Er musste ein Israel werden, wenn er anders seinen hohen göttlichen Beruf erfüllen wollte. Als in jener Nacht eine feindliche Macht über ihn kam, empfand er wohl bald seine Sünde, befand er sich doch in der Gegenwart des Herrn. Da ward alles klar. Des Herrn Gegenwart ist ein so reiner und zarter Spiegel, dass sich auch nicht der kleinste Flecken in seinem Lichte verstecken kann. Die Angst, die bei diesem nächtlichen Angriff über ihn kam, wurde zur Sündenangst. Hosea sagt: "Er weinte." Er empfand tief seinen Ungehorsam und Eigenwillen. Er beugte sich. Schon zuvor hatte ihn das Gefühl überkommen: Ich bin zu gering aller Barmherzigkeit, die der Herr an mir getan hat. Nun wurde er ganz zerbrochen. Sein Leben stand vor ihm im Lichte Gottes. Seine Sünde zeugte wider ihn. Er fing an zu bitten und zu flehen.
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Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn
Da kommt Jakob und legt Gott seine Not vor, indem er ihm seine Verheißungen vorhält. Das wurde zu einem rechten, starken und feurigen Gebet. Denn es ist noch kein wirkliches Beten, wenn man im Gottesdienst etwas murmelt oder nachspricht. Not lehrt beten, oder wie die Menschen sagen: »Hunger ist der beste Koch.« Die Not trieb Jakob, weil er fürchtete, mit seinen Frauen und Kindern umzukommen. Am eigenen Leben war ihm nicht so viel gelegen; er hatte ja die Verheißungen, die wahr werden mussten. Ja, selbst wenn er erschlagen würde, so sollten Jakobs Kinder aus Steinen erweckt werden. Gott lässt ihn aber in der Angst stecken, damit die Kraft seines Wortes in Schwachheit vollbracht wird. Der Herr nimmt die Sorgen nicht von ihm, doch Jakob hält sich an Gottes Wort. Dazu gehörten nicht viele Worte oder viele Stunden, wie bei den Werkheiligen, die ihre Gebete allein nach deren Länge messen. Aber sieh, wie gewaltig er betet! Willst du auch richtig beten, so komme nicht mit vollem Bauch, sondern rufe aus der Angst und Not, die dich zum Beten treibt, oder lass es sein. Und lege dem Herrn deine Not vor und ergreife ihn, wo du ihn festhalten kannst, nämlich bei seinem Wort. Tue es wie Jakob und sage: »Mein Herr und Gott, dies und das macht mir Angst und Not, dies drückt mich zu Boden, und davor fürchte ich mich. Erlöse mich! Du hast doch gesagt: Bittet, und ihr werdet empfangen. Das sind doch Deine eigenen Worte! Darum komme ich jetzt und bete zu Dir.« Dann hast du richtig gebetet, und du wirst bestimmt erhört werden, weil Gott es zugesagt und die Not dich dazu gezwungen hat.
Er rührte das Gelenk seiner Hüfte an
Unsre rößten Siege werden im Leiden erfochten, und auf Kosten des Fleisches errungen. Jakob musste das Geheimnis lernen, dass wir nicht in fleischlicher Kraft, sondern in der Schwachheit und im Schmerz des Fleisches, mit Gott und Menschen kämpfen und obliegen können. Das ist Gottes Wille. Das Lamm, das überwunden hat, trägt noch in der Herrlichkeit die Narben von Golgatha, und erscheint, als ob es geschlachtet wäre. Wäre Laban dem Jakob an jenem Morgen begegnet. So hätte er wohl auf seine Lahmheit hingedeutet, als auf ein Zeichen des göttlichen Zorns und Missfallens; aber hätte er ihm dann ins Auge geblickt, so wäre alle Härte und Schlauheit daraus verschwunden gewesen, und eine ungewohnte Zartheit der Stimme wäre ihm entgegengetreten.
1. Die verrenkte Hüfte dämpft den Stolz
Diese hohe geistige Errungenschaft, Gott überwunden zu haben, hätte Jakob leicht zur Anmaßung und Überschätzung verleiten können. Allein Gott kam dieser Versuchung zuvor durch die leibliche Schwächung, deren Jakob sich stets bewusst bleiben musste.
2. Die verrenkte Hüfte war das Geheimnis des Sieges
Hätte des Engels Berührung dies nicht bewirkt, so hätte Jakob im Vollgefühl seiner Kraft fortgefahren zu widerstehen; niemals hätte er sich so krampfhaft an den Engel des HERRN gehalten und gerufen: „Ich lasse dich nicht!“ Erst durch diese Tat wurde er ein Israel, ein Überwinder.
3. Die verrenkte Hüfte lässt uns von dieser Welt, und macht uns die jenseitige wichtig
Jetzt nimmt Jakob erst die Haltung eines Pilgers an. Für ihn wenigstens muss von jetzt an der Schritt ein langsamer werden; aber es ist gut so, denn er lässt seinen Halt auf das Sichtbare los, um sich desto fester an das Unsichtbare anzuklammern. „Die Zeit meiner Wallfahrt,“ so bezeichnet er von nun an sein Leben.