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Predigten zu 1. Johannes 4,17

"Hierin ist die Liebe mit uns vollendet worden, damit wir Freimütigkeit haben an dem Tage des Gerichts, dass, gleichwie er ist, auch wir sind in dieser Welt."

Autor: William MacDonald (* 07.01.1917; † 25.12.2007) US-amerikanischer Prediger der Brüdergemeinden
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"... dass, gleichwie er ist, also auch wir sind in dieser Welt."

Hier haben wir eine neutestamentliche Wahrheit vor uns, die uns durch ihre Kühnheit förmlich schockiert. Wir würden es nicht wagen, diese Worte auszusprechen, wenn wir sie nicht in der Bibel fänden. Aber sie sind wunderbarerweise wahr, und wir können uns an ihnen erfreuen und sie geniessen.

In welchem Sinne sind wir wie Christus in dieser Welt? Wir denken fast immer automatisch daran, auf welche Weise wir nicht genauso wie Er sind. Wir teilen mit Ihm nicht die Eigenschaften Seiner Gottheit, wie z.B. Allmacht, Allwissenheit und Allgegenwart. Wir sind voller Sünde und Fehler, während Er absolut vollkommen ist. Wir lieben nicht wie Er liebt, oder vergeben wie Er vergibt.

Auf welche Weise sind wir also gleichwie Er? Der Vers erklärt es selbst. "Hierin ist die Liebe mit uns vollendet worden, damit wir Freimütigkeit haben am Tage des Gerichts, dass, gleichwie Er ist, also auch wir sind in dieser Welt." Gottes Liebe hat in unserem Leben derart gewirkt, dass wir keine Angst haben werden, wenn wir vor dem Richterstuhl Christi stehen. Der Grund für unsere Zuversicht ist das, was wir mit Christus gemeinsam haben - das Gericht liegt hinter uns. Im Hinblick auf das Gericht sind wir wie Er. Er trug das Gericht für unsere Sünden am Kreuz auf Golgatha und hat die Frage der Sünde ein für allemal gelöst. Weil Er die Strafe für unsere Sünden getragen hat, werden wir sie niemals zu tragen haben. Wir können mit zuversichtlicher Gewissheit singen:

"Tod und Gericht liegen hinter mir, Gnade und Herrlichkeit vor mir, alle Wellen gingen über Jesus hinweg, dort haben sie all ihre Kraft verbraucht."

Wie das Gericht für Ihn für immer Vergangenheit ist, so ist es auch für uns Vergangenheit, und wir können sagen: "Es gibt keine Verdammnis, keine Hölle mehr für mich, die Qual und das Feuer werden meine Augen nie sehen. Für mich gibt es keine Verurteilung, für mich hat der Tod keinen Stachel: Weil der Herr, der mich liebt, mich unter Seinen Flügeln schützen wird."

Wir sind wie Er - nicht nur im Blick auf das Gericht, sondern auch im Blick auf unsere Annehmlichkeit vor Gott. Wir stehen vor Gott in dem gleichen Wohlgefallen wie der Herr Jesus, weil wir in Ihm sind. "Nahe, so nahe bei Gott, ich könnte nicht näher sein, denn in der Person Seines Sohnes, bin ich so nahe wie Er."

Schließlich sind wir wie Christus, weil wir von Gott dem Vater ebenso geliebt werden wie Er. In Seinem sogenannten hohepriesterlichen Gebet sagte der Herr Jesus: "... dass du ... sie geliebt hast, gleichwie du mich geliebt hast" (Johannes 17,23b). So ist es also für uns keine Übertreibung zu sagen:

"Geliebt, so geliebt von Gott, ich könnte nicht mehr geliebt sein. Die Liebe, mit der Er Seinen Sohn liebt, ist die gleiche, die auch ich erfahre." So ist es in herrlicher Weise wahr, dass gleichwie Christus ist, also auch wir sind in dieser Welt. Freuen wir uns!


Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"Gleichwie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt."

Lasst uns diese Worte des Apostels Johannes recht bedenken: Wie verborgen war Jesus doch in dieser Welt! Der Eingeborene des Vaters, der Glanz der Herrlichkeit Gottes und das Ebenbild Seines Wesens, Gott aus Gott - wie heimlich verbarg Er sich unter unserer Gestalt! Wie tief verborgen war Seine Herrlichkeit in "der Gestalt des sündlichen Fleisches!" Wahr ist es - gewiss sollte der Glaube hinreichende Ursache für seine Sicherheit haben; gewiss sangen die Engel in den Wolken am Morgen Seiner Geburt; gewiss tat Er Werke, die kein anderer als nur Gott allein tun konnte; gewiss erhielt Er von Gott dem Vater Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu Ihm geschah aus der großen Herrlichkeit: "Dies ist Mein lieber Sohn!"; gewiss hatte Er die Kennzeichen aller Weissagungen. Aber Er sprach: "Ich bin zum Gericht auf diese Welt gekommen, auf dass, die da nicht sehen, sehend werden, und die da sehen, blind werden." Auf dass der stolze Sinn des Unglaubens, der beständig Zeichen sehen will, mit Blindheit bestraft, und Er nach dem Willen des Vaters den Brüdern gleich werden und ihre Lasten tragen sollte, war Er auf Erden "der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit, so dass man das Angesicht vor Ihm verbarg."

Bedenke, wie verborgen, wie unbegreiflich für alle Vernunft das ist: Gottes Sohn, in einem Stall geboren, bei den Haustieren in eine Krippe gelegt, erzogen in einer Stadt, die im Lande einen solchen Ruf hatte, dass der unschuldige Nathanael fragte: "Was kann von Nazareth Gutes kommen?" Gottes Sohn auf Erden, ärmer als die Vögel unter dem Himmel, indem Er nicht einmal hatte, da Er Sein Haupt hinlegen konnte, verachtet, verspottet, verfolgt "wie eine Hirschkuh, die frühe gejagt wird", und schließlich mit Stricken gebunden, gegeißelt, verwundet, ins Angesicht gespien und von elenden Knechten auf die Backen geschlagen, unter dem höhnenden Trotz der Henker zwischen Übeltätern außerhalb der Stadt ans Holz gehängt und verhöhnt: "Bist du Gottes Sohn, so hilf Dir selbst", zuletzt rufend, dass Er von Gott verlassen sei, stirbt Er und wird begraben! - Wo sah man hier eine göttliche Majestät, wo eine Macht und Herrlichkeit des Schöpfers? Gibt es wohl auf der ganzen Erde etwas Undenkbareres, als dass dieser Gottes Sohn sei? Und doch stand Er auf zu der Zeit, die Er vorhergesagt hatte, zeigte sich vierzig Tage und vor fünfhundert Brüdern auf einmal und fuhr dann angesichts vieler auf gen Himmel! So verbarg sich doch eine göttliche Majestät unter der äußerst elenden Gestalt.

Und nun, "gleichwie Er war, so sind auch wir in dieser Welt." Wie das Haupt, so sind auch die Glieder. Wie der Bräutigam, so ist auch die Braut. Elend und jämmerlich erscheint der Bräutigam, elend und jämmerlich erscheint auch die Braut. Unter ihrem Elend aber soll sich die göttliche Herrlichkeit, unter der Armut himmlischer Reichtum, unter der Sünde und Gebrechlichkeit hohe, ewige Gerechtigkeit verbergen. Hier gilt es, sich nicht irremachen zu lassen von dem, was gesehen und gefühlt wird. Es kann kaum undenkbarer erscheinen, dass wir Gottes Kinder, "Gottes Auserwählte, Heilige und Geliebte" seien, als es dazumal unmöglich zu sein schien, dass Jesus Gottes Sohn sei. Sollten wir dann nicht zufrieden sein mit Ihm, unserem Haupt, in dieser Zeit verborgen zu sein, mit Ihm im Stand der Erniedrigung hier im Jammertal zu gehen?! - Da wir nun die eindeutigen Worte Gottes dafür haben, dass wir nur durch den Glauben an Christus Gottes Kinder und damit gerecht und angenehm vor Gott sind, sollen wir es so gewiss und fest glauben, als wären wir schon im Himmel, ja, so gewiss, wie Gott nicht lügen kann. Er hat's gesagt! Und darum ist es gewiss, wenn wir auch nicht das geringste davon in unseren Herzen fühlen.

Der Hauptgrund all dieses Verborgenen in unserem Leben ist der, dass Christi Reich ein Glaubensreich, eine enge und niedrige Pforte für die stolzen und steifen Kinder Adams sein soll. Christus soll zu allen Zeiten zum Gericht in dieser Welt sein, auf dass die, so da sehen wollen, blind werden, während diejenigen, die damit zufrieden sind, nicht zu sehen, sehend werden. Keine anderen können in dies Reich kommen und unserem Gideon folgen als nur diejenigen, die mit allen Seinen Anordnungen, welcher Art sie auch seien, zufrieden sind. Das Heer Gideons wurde nicht durch eine freie Wahl bestimmt, sondern durch die folgende demütigende Prüfung: "Welcher sich niederbeugt und Wasser leckt wie ein Hund, der soll mit Gideon ziehen; alle anderen sollen umkehren." So auch hier. Wer ein Hund sein kann, wer sich an dem genügen lassen kann, was immer er zu erfahren, zu sehen und zu empfinden bekommt - nur der kann Jesus folgen. Willst du dagegen unbedingt die Lieblichkeit Gottes sehen, fühlen und schmecken? Musst du dein Leben ganz klar und offenbar in Gott haben, so dass alles gut und richtig zugeht, dein eigenes Innere stets warm und göttlich, dein Wandel stets stark und heilig, dein Glück in der Welt gesegnet ist, sollen alle Christen ganz rein und ohne Makel sein und dürfen keine Gebrechen, keine Uneinigkeit, keine Fehler in der Erkenntnis oder im Lebenswandel bei ihnen gefunden werden, damit sie für Christen angesehen werden können? Sieh, wer ein solches Leben in Gott haben will und sich nicht daran genügen lässt, dass es verborgen, ja, zuweilen von Sünde und Elend ganz bedeckt ist, der trete jeden beliebigen Augenblick von diesem Heer zurück, der ist zu diesem Feldzug nicht tauglich. Das Volk des Gekreuzigten soll damit zufrieden sein, in der dicken, schwarzen Wolke des Glaubens zu wandeln und oft lange Zeiten hindurch von der Gnade Gottes so wenig zu sehen und zu fühlen, als ob es ganz verlassen wäre.


Autor: Elias Schrenk (* 19.09.1831; † 21.10.1913) deutscher Theologe und Erweckungsprediger des Pietismus

Damit ist die Liebe völlig bei uns, auf dass wir eine Freudigkeit haben am Tage des Gerichts; denn gleich wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt.

Der Apostel Johannes spricht immer wieder von völliger Liebe. Diese völlige Liebe ist nichts, das wir etwa erst bei ihm als etwas Neues fänden, sondern es ist die „Liebe von ganzem Herzen,“ die Gott schon im alten Bunde forderte. Wie selten ist die völlige Liebe! Wie wenige Herzen gibt es, die ganz und ungeteilt am Herrn hängen! Ist nicht alle geteilte Liebe ein Zeichen von Mangel an Licht? Könnte das Herz noch am verrosteten Eisen hängen, wenn es das reinste Gold in unendlicher Fülle sehen würde? Gewiss nicht! Oder kann denn irgend etwas auch nur eine Ecke unseres Herzens befriedigend ausfüllen, außer der Liebe Gottes? Nein! Warum gibt es denn nicht me h r völlige Liebe? Weil der Sünder auch die Liebe in das Gesetz herab zieht; die völlige Liebe erscheint ihm zunächst als Gebot. Das ist sie aber nicht, sondern sie ist vor allem Gabe Gottes, von der Johannes spricht: Darinnen steht die Liebe: nicht, dass wir Gott geliebet haben, sondern dass er uns geliebet hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden. Die Liebe Gottes, mit der er uns in Christo geliebet hat, ist eine unendliche. In diese Liebe müssen wir im Glauben eingehen, um in ihr zu leben, und in dem Grad, in dem du in ihr lebest, lernst du lieben, aus Gottes Liebe heraus lieben, so dass dein Verhältnis zum Herrn ein Verhältnis der Liebe wird. Diese Liebe gibt Freudigkeit, Freimütigkeit, unbedingtes Vertrauen zum Herrn, was das Gegenteil ist von Angst und Furcht. Man ist so verbunden mit ihm, dass keine Scheidewand zwischen uns und ihm Platz hat. Es ist nichts Verstecktes und Verborgenes da, das man seinen Augen entzieht, man ist ganz offen ihm gegenüber, und darum hat man Freudigkeit am Tage des Gerichts. Derselbe kann für die, die in völliger Liebe zum Herrn stehen, keine Überraschung, nichts Erschreckendes bringen. Das sehen sie jetzt schon: wenn etwas sich zwischen sie und den Herrn schieben will, über das sie innerlich unruhig sind, so überwiegt weitaus ihr herzliches Vertrauen zum Herrn, sie lassen sich nicht von ihm scheiden. Denn ihm gehören sie an, sie sind nicht mehr von der Welt, wie er auch nicht von der Welt war. Sie stehen durch ihn in Gemeinschaft mit dem Vater und lieben die Brüder, wie er sie liebte.

Herr, ich bitte Dich, erleuchte meine Augen so, dass Deine Liebe mir immer größer werde, und in meinem Herzen nichts mehr Platz habe, als Du allein, damit ich Freudigkeit habe am Tage des Gerichts. Amen