1) Ich bin ein Gast auf Erden und hab hier keinen Stand;
der Himmel soll mir werden, da ist mein Vaterland.
Hier reis ich bis zum Grabe; dort in der ewgen Ruh
ist Gottes Gnadengabe, die schließt all Arbeit zu.
2) Was ist mein ganzes Wesen von meiner Jugend an
als Müh und Not gewesen? Solang ich denken kann,
hab ich so manchen Morgen, so manche liebe Nacht
mit Kummer und mit Sorgen des Herzens zugebracht.
3) Mich hat auf meinen Wegen manch harter Sturm erschreckt;
Blitz, Donner, Wind und Regen hat mir manch Angst erweckt;
Verfolgung, Haß und Neiden, ob ich's gleich nicht verschuld't,
hab ich doch müssen leiden und tragen mit Geduld.
4) So ging's den lieben Alten, an deren Fuß und Pfad
wir uns noch täglich halten, wenn's fehlt am guten Rat;
sie zogen hin und wieder, ihr Kreuz war immer groß,
bis dass der Tod sie nieder legt in des Grabes Schoß.
5) Ich habe mich ergeben in gleiches Glück und Leid;
was will ich besser leben als solche großen Leut?
Es muss ja durchgedrungen, es muss gelitten sein;
wer nicht hat wohl gerungen, geht nicht zur Freud hinein.
6) So will ich zwar nun treiben mein Leben durch die Welt,
doch denk ich nicht zu bleiben in diesem fremden Zelt.
Ich wandre meine Straße, die zu der Heimat führt,
da mich ohn alle Maße mein Vater trösten wird.
7) Mein Heimat ist dort droben, da aller Engel Schar
den großen Herrscher loben, der alles ganz und gar
in seinen Händen träget und für und für erhält,
auch alles hebt und leget, wie es ihm wohlgefällt.
8) Zu dem steht mein Verlangen, da wollt ich gerne hin;
die Welt bin ich durchgangen, dass ich's fast müde bin.
Je länger ich hier walle, je wen'ger find ich Freud,
die meinem Geist gefalle; das meist ist Herzeleid.
9) Die Herberg ist zu böse, der Trübsal ist zu viel.
Ach komm, mein Gott, und löse mein Herz, wenn dein Herz will;
komm, mach ein seligs Ende an meiner Wanderschaft,
und was mich kränkt, das wende durch deinen Arm und Kraft.
10) Wo ich bisher gesessen, ist nicht mein rechtes Haus.
Wenn mein Ziel ausgemessen, so tret ich dann hinaus;
und was ich hier gebrauchet, das leg ich alles ab,
und wenn ich ausgehauchet, so scharrt man mich ins Grab.
11) Du aber, meine Freude, du meines Lebens Licht,
du ziehst mich, wenn ich scheide, hin vor dein Angesicht
ins Haus der ewgen Wonne, da ich stets freudenvoll
gleich wie die helle Sonne mit andern leuchten soll.
12) Da will ich immer wohnen - und nicht nur als ein Gast -
bei denen, die mit Kronen du ausgeschmücket hast;
da will ich herrlich singen von deinem großen Tun
und frei von schnöden Dingen in meinem Erbteil ruhn.
Kaum in einem anderen Lied wird die Welt, wird das irdische Leben in so düsteren Farben gemalt. Wer so singt, ist belastet durch so viele schlimme Erfahrungen, dass ihm nur noch die Hoffnung auf ein besseres Leben bei Gott übrig bleibt. Müsste es nicht die Aufgabe der christlichen Gemeinde sein, dazu beizutragen, dass niemand mehr dieses Lied singen muss? (Andreas Marti)
Auch nach folgender Melodie zu singen: O Haupt voll Blut und Wunden