Wenn die Mauer des Schweigens bricht...
Autor: Manuel Seibel
Kindesmissbrauch – nicht zur Tagesordnung übergehen: Immer wieder wird davon berichtet, dass Kinder sexuell missbraucht werden – leider auch im kirchlichen und evangelikalen Bereich. Dabei handelt es sich sowohl um alte Vorfälle, die erst noch aufgearbeitet werden müssen, als auch um aktuelle Fälle, die oft unfassbar erscheinen und tragische Folgen haben. Die Diskussionen gehen teilweise um juristische Fragestellungen – aber wer fragt nach den Opfern? Man darf nicht, nachdem das Thema nicht mehr so prominent in den Medien vertreten ist, zur Tagesordnung übergehen. Geht uns das Leid dieser Kinder nichts an? Der barmherzige Samariter (Lk 10,30-37) ist nicht auf der anderen Straßenseite weitergegangen, als er den Mann sah, der zu Boden geschlagen worden war. Das Buch „Wenn die Mauer des Schweigens bricht“ von Manuel Seibel ist für Eltern und Vertrauenspersonen eine aktuelle Hilfestellung, die „lautlosen Schreie“ eines misshandelten Kindes nicht zu überhören, sondern eine Antenne für das veränderte Verhalten unserer Kinder zu bekommen. Die seelischen Schäden durch Missbrauch im Kindesalter kann man nicht hoch genug einschätzen. Wenn das Erlebte nicht aufgearbeitet, sondern einfach verschwiegen und verdrängt wird, „bluten“ die Wunden oft auch noch im Erwachsenenalter. Wer sind die Täter? Es ist erschreckend: die Täter können sogar innerhalb der Gemeinde (Versammlung, Kirche) des Opfers sein! Es können Verwandte (Vater, Onkel, Bruder …) oder Freunde und Bekannte sein. Übertriebene Höflichkeit (Belohnungsgeschenke) und künstliche Frömmigkeit (fromme Sprüche) tarnen die böse Verführungsabsicht. Aber das Buch zeigt, dass es auch für Täter einen Weg zurück gibt. Wer seine Schuld bekennt, sofort aufhört und qualifizierte Hilfe annimmt, kann davor bewahrt bleiben, noch mehr Kindern seelische Gewalt anzutun. Für die Opfer beginnt der – oft schmerzhafte – Heilungsprozess dann, wenn „die Mauer des Schweigens“ bröckelt. Wenn sie endlich eine vertrauenswürdige Person gefunden haben, die zuhört und mithilft, kann das Erlebte aufgearbeitet werden. Heilung ist möglich – egal wie alt die Wunden sind! – denn das Öl, das der barmherzige Samariter nahm, kann auch alte Wunden aufweichen (Lk 10,34; Jes 1,6).
Die Rezension/Kritik stammt von: Andreas Hardt
Kategorie: Seelsorge, Hoffnung, Lebenshilfe