Dieser sehr gründliche Kommentar zu den letzten drei Kapiteln des Buches der Richter macht vor allem eins klar: Es handelt sich bei den dort geschilderten Ereignissen nicht nur um traurige Berichte alttestamentlichen Versagens; vielmehr haben diese Berichte eine hochaktuelle Botschaft für unsere Tage und für Fragen des gottgemäßen Behandelns von Bösem in unserer Mitte – da, wo wir uns versammeln.
Eintracht oder Zwietracht - Eine Herausforderung für das Volk Gottes
Eine sehr praktische und gegenwartsbezogene Auslegung von Richter 19-21 (von Manuel Seibel)
Zunächst wird herausgestellt, dass es sich bei den Kapiteln 17 - 21 des Buches der Richter um zwei Begebenheiten mit ihren tragischen Konsequenzen innerhalb des Volkes Gottes handelt, die zeitlich gesehen an den Anfang dieses Buches gehören; die also in direkter zeitlicher Aufeinanderfolge zu der Eroberung des verheißenen Landes geschehen sind. Durch die mehrfache Betonung der Tatsache, dass jeder tat, was Recht war in seinen Augen, legt der biblische Bericht den moralischen Zustand des Volkes Gottes schon zu so früher Zeit im verheißenen Land schonungslos offen.
In einer Vers-für-Vers-Auslegung der letzten drei Kapitel zeigt der Verfasser dann anhand dieser eigentlich eher weniger bekannten Begebenheit sehr deutlich die Aktualität dieser Geschehnisse auch für unsere Zeit. Besonders bewegend ist dabei, dass aus einer vermeintlich rein persönlichen bösen Verhaltensweise etwas erwächst und sich ausbreitet, das wie in einer Wellenbewegung immer weitere Beteiligte innerhalb des Volkes Gottes betrifft, bis zuletzt schließlich das ganze Volk Gottes zu einer eindeutigen Haltung praktisch gezwungen wird.
Wie der Verfasser in dem Überblick aufzeigt, schildert Kapitel 19 dabei das Übel, das in Israel vorgekommen ist, Kapitel 20 zeigt, wie man mit diesem Übel handelte, und Kapitel 21 zeigt die Folgen dieses Handelns.
Was diese Auslegung so lebendig macht, ist der jeweilige gründliche Bezug auf neutestamentliche Wahrheiten und damit auf höchstaktuelle Parallelen zu unserer heutigen Zeit. Die schwerwiegenden moralischen Verfehlungen damaliger Zeit finden leider heute in den ihnen zugrunde liegenden bösen Wurzeln und auch in den daraus resultierenden Sünden unter uns sehr reale Entsprechungen. Deshalb ist auch in unseren Tagen das Behandeln dieser Sünden so überaus wichtig; und der Verfasser zeigt sehr deutlich auf, wo aus fleischlichem Eifer heraus gehandelt wurde, und dass ohne tiefe Gewissensübungen des ganzen Volkes Gottes eine gottgemäße Heilung nicht erfolgen kann. Ein großer Teil der Auslegung über Kapitel 20 ist deshalb auch den göttlichen Grundsätzen bei der Ausübung von Zucht vorbehalten, wobei auch hier aus dem verkehrten Verhalten damals unter dem Volk Israel die angemessenen Anwendungen für unsere heutige Zeit gezogen werden.
Obwohl diese Auslegung sehr tiefgehend ist und die darin behandelten Themen gemäß dem Untertitel des Buches eine Herausforderung für das Volk Gottes sind, bietet der Verfasser noch einige zum Teil recht ausführliche Anmerkungen, die den Fluss der Gedanken im laufenden Text unterbrechen würden, aber als ergänzende Hinweise und vertiefende Belehrungen auch sehr lesenswert sind. Stellvertretend für andere möchte ich hier besonders auf die Anmerkungen 12 und 14 zu Kapitel 20 hinweisen, in denen wichtige Ergänzungen zum Thema Zucht gemacht werden. Ein ausführliches Bibelstellenverzeichnis am Ende dieses Buches rundet diese Auslegung ab.
Fazit: Ein im Grundton ernstes und trauriges aber auch für uns heute wichtiges Thema wird anhand dieser alttestamentlichen Begebenheiten gut verständlich und auch trotz knapp 200 Seiten leicht lesbar aufgearbeitet. Leicht lesbar soll dabei nicht bedeuten, dass es sich etwa um leichte Kost handeln würde oder mit einer gewissen Leichtigkeit mit diesem Thema umgegangen werden könnte - im Gegenteil, der Leser wird sich im Verlauf der Auslegung der tiefen Betroffenheit darüber nicht entziehen können, dass solche Formen des Bösen inmitten des Volkes Gottes offenbar werden und dann zunächst weder die Kraft noch die angemessene geistliche Gesinnung zum Behandeln dieser Sünden vorhanden ist.