Sind Evangelikale Fundamentalisten?
Autor: Eckhard Schnabel
Wer bei diesem Titel eine Auseinandersetzung mit der aktuellen Fundamentalismus-Debatte, die wir z.Zt. in deutschen Medien beobachten können, erwartet, wird enttäuscht sein. Wir haben es hier mit einer inhaltlich unveränderten Neuauflage des unter gleichem Titel im Jahr 1995 im Brockhaus Verlag Wuppertal und Zürich erschienenen Buches zu tun. Weder wird die veränderte Wahrnehmung des Begriffes Fundamentalismus seit dem 11.09.2001, noch die Selbstverständlichkeit, mit der heute islamische gewaltbereite Extremisten, konservative christliche Kreise in den USAund deutsche Kreationisten in einem Atemzug genannt werden, thematisiert. Wir haben es hier nicht mit einer aktuellen Zeitanalyse zu tun. Der Autor nimmt dazu im Vorwort zur Neuauflage Stellung: „Weil die zentralen Fragen zum Selbstverständnis der Evangelikalen die gleichen geblieben sind, wurde bei der Neuauflage auf eine Aktualisierung verzichtet.“ (S. 12). Es geht in diesem Büchlein nicht so sehr um die Frage, ob Evangelikale Fundamentalisten sind. Vielmehr nimmt der Autor diese Frage auf, um dann nach einer Klärung des Begriffes „Fundamentalismus“ im ersten Teil des Buches, im zweiten Teil die Notwendigkeit von Glaubensfundamenten und im dritten Teil die Gefährdung des „Fundamentalismus“ für den christlichen Glauben herauszuarbeiten. Man erfährt nichts, was man nicht schon mal woanders gehört oder gelesen hat, aber das Thema wird kompakt dargelegt. Hier liegt meiner Meinung nach die Stärke des Buches: Wer sich einen ersten Überblick über die Position des christlichen Fundamentalismus im Spektrum der christlichen Frömmigkeitsstile und Glaubensauffassungen verschaffen will, wird mit diesem Buch gut beraten sein. Besonders der dritte Teil: Wahrheit ohne Liebe: „Fundamentalismus“ als Gefährdung, ist für den Leser, der dem christlichen Fundamentalismus nahe steht, eine gute Reflektion auf seinen eigenen Standpunkt. Sind Evangelikale Fundamentalisten? Diese Frage wird bis zum Schluss nicht pauschal beantwortet. Der Autor, Professor für Neues Testament an der Trinity Evangelical Divinity School in Deerfield bei Chicago, der sich selbst den Werten des christlichen Fundamentalismus verpflichtet weiß, kommt zu folgendem Fazit: „Wo mit „Fundamentalismus“ jedoch Qualitäten angesprochen sind, die Christen aufgrund der biblischen Vorgaben nicht preisgeben können und wollen, halten wir trotz polemischer Pauschalkritik fröhlich an diesen fest, weil sie zum Glauben gehören. (…) Hüten wir uns davor, diese Grundelemente biblischen Glaubens in ihrer Bedeutung herunterzuspielen, nur weil ihre Betonung heute nicht populär ist und weil wir Angst haben, uns zu blamieren.“ (S. 94). Ein ausführliches Quellenverzeichnis, eine Bibliographie zum Thema Fundamentalismus (Stand 1994) und ein Namensverzeichnis bilden den ausführlichen Anhang des Büchleins.
Die Rezension/Kritik stammt von: Tobias Wagner
Kategorie: Sonstiges