Religionsgeschichte Israels
Autor: Michael Tilly
Die Autoren, beide Professoren an der Universität Mainz, haben eine insgesamt recht knapp gehaltene Religionsgeschichte verfasst, die sich explizit als „historischkritisch“ versteht und thematisch den Bereich von der Religion des Neolithikums bis hin zur den orientalischen Religionen des 1. Jhdt. nach Christus erfasst. Zu Beginn kämpft das Werk erkennbar mit der schlechten Quellenlage und bleibt oft konjunktivisch. Hier darf es als Manko gelten, dass keinerlei Abbildungen enthalten sind, da die Beschreibung der archäologischen Funde notwendigerweise nur unvollkommen möglich ist. Mit sich bessernder Quellenlage (ab der Spätbronzezeit) gewinnt auch die Darstellung, wobei der Verfasser dieses Teils (Prof. Zwickel) in Fleißarbeit verschiedene Übersichten zusammengestellt hat (etwa der Keilschrift-Texte aus Ugarit oder der Kultstätten in Juda). Ab dem Beginn der hellenistischen Epoche übernimmt Prof. Tilly, der beispielsweise Hintergründe zur Entstehung der Synagogen-Frömmigkeit oder der Samaritaner bietet. Insgesamt werden so durchaus interessante Hintergründe mit Mehrwert vermittelt, etwa wenn die Heiligkeit Jahwes, die sich auch architektonisch belegen lässt (S. 87), als „ungewöhnlich“ herausgestellt wird (S.81). Ständiges Ärgernis ist jedoch die Skepsis der Autoren gegenüber den biblischen Texten. Wer die alttestamentlichen Quellen in die nachexilische Zeit datiert, der muss zwangsläufig zu dem Ergebnis kommen, man wisse „nahezu nichts“ (S. 42) über die Erzväter. Nur wer die neutestamentlichen Texte als „spätere Bildungen“ versteht, kann zu dem Schluss kommen, Jesus habe sich selbst nicht als Messias verstanden (S. 150). Diese Missachtung der biblischen Quellen ist dabei keine Nebensache, sondern betrifft das Hauptthema der Autoren, die Religionsgeschichte Israels, in ihrem Kern und treibt zum Teil absurde Blüten. So wird spekuliert, dass der Gott „Jahwe“, dessen Name ursprünglich eine Landschaftsbezeichnung gewesen sein soll, nach einer Trockenperiode als „unverbrauchter Wettergott“ einen Aufstieg erlebt haben (S.75) und von David sodann zum Gott des Königshauses gemacht worden sein soll (sic!). Auch wenn das Buch ein speziell für archäologisch Interessierte durchaus nützliches kommentiertes Quellenverzeichnis enthält, kann es aufgrund dieser entscheidenden Schwäche nicht wirklich empfohlen werden.
Die Rezension/Kritik stammt von: D.F.
Kategorie: Geschichte, Kirchengeschichte
Jahr: 2011
ISBN: 978-3-534-15927-7
Seiten: 208
€ Preis: 29,90 Euro