Leben voller Freude
Autor: Matthew Henry
Mit großem Gewinn lese ich regelmäßig Matthew Henry’s Hauptwerk Exposition of the Old and New Testament (Kommentar zum Alten und Neuen Testament). Und so wartete ich gespannt auf das erste deutsche Buch von Matthew Henry: Leben voller Freude. Dieses Buch ist das Letzte von Matthew Henry und wurde 1714, seinem Todesjahr, gedruckt. Es ist also gleichsam sein Vermächtnis und wenn man so will, seine letzten Worte, die bis in unsere Zeit hineinklingen. Das Buch basiert auf 6 Predigten, die der Autor 1713 hielt und auf Wunsch seiner Zuhörer für die Veröffentlichung überarbeitete. Dieser Neuausgabe wurde zusätzlich ein Vorwort von James I. Paker beigefügt, in dem er in Kürze in das Buch und das Leben des Autors einführt und außerdem dem Leser Hinweise gibt, wie er das Beste aus dem Buch herauszuholen hat. Der Ausgangspunkt für dieses Buch ist Sprüche 3,17: „Ihre Wege sind Wege der Freude, und alle ihre Pfade sind Frieden.“ In diesem Vers beschreibt Salomo die Weisheit und Einsicht, die er seinem Sohn wünscht. Da aber die Furcht des Herrn der Anfang der Weisheit ist, ist also wahre Frömmigkeit und Gottseligkeit (Gottesfurcht) ein Weg der Freude. Henry verwendet sehr oft die Wörter „fromm“ und „Frömmigkeit“, Wörter, die aus dem täglichen Gebrauch verschwunden sind und auch unter (jüngeren) Christen nicht mehr verwendet werden. Und wenn diese Begriffe verwendet werden, dann mit einer negativen Konnotation. Wenn jedoch Matthew Henry diese Begriffe verwendet (im englischen Original: religion), dann meint er damit einen wahrhaft christlichen Lebenswandel. Das wird deutlich an den 12 „Beispielen“, die er in Kapitel 2 ausführlich erklärt. Sechs Beispiele sollten an dieser Stelle ausreichen, um zu verstehen, was er mit Frömmigkeit meint: Henry fragt im Anschluss an seine Ausführungen: „Leg nun dies alles nebeneinander und sage mir, ob die Frömmigkeit nicht erfreulich ist.“ Wenn unsere Lebensführung sich mit der Bibel deckt, wenn Denken und Handeln dem Wort Gottes entsprechen, sind Gottes Gebote nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine große Freude. Diese Freude wird von Gott beständig bewahrt (Kapitel 3), denn dazu hat er verschiedene Vorkehrungen getroffen. In Kapitel 4 vergleicht Henry die Wege der Sünde mit dem Weg der wahren Weisheit. Mit klaren Beispielen aus der Schrift und aus dem Leben macht der Autor deutlich, dass die Freude an der Sünde schmerzhaft und unbefriedigend, bitter und quälend ist. Im Gegensatz wird ein Wanderer, je länger er auf den Wegen der Weisheit geht, mit großer Freude erfüllt, die sogar den Schmerzen und Nöten den Stachel herauszieht und den Schrecken wegnimmt. Matthew Henry kommt zu dem Ergebnis: „Es gibt nichts zu gewinnen, wenn wir von Gott abweichen, und nichts zu verlieren, wenn wir ihm treu bleiben.“ Nach der Theorie und der theologischen Grundlage, folgt im Kapitel 5 die Veranschaulichung der Lehre der Freude. Dieses Kapitel ist für mich besonders wertvoll und ich habe es schon mehrmals gelesen. Henry greift erneut Sprüche 3,17 auf. Christen sind auf dem „Weg der Freude“ unterwegs. Sie sind Reisende zu einem herrlichen Ziel. Henry leuchtet dieses Bild eines Reisenden auf dem Weg der Freude aus, indem er zwölf Dinge nennt, die dabei hilfreich sind. Auch an dieser Stelle möchte ich nur fünf exemplarisch nennen: Dieses Kapitel hat mich oft ermutigt und meine Freude am Herrn geweckt, als sie zu schwinden begann. Allein wegen Kapitel 5 lohnt es sich, das Buch zu erwerben. Kapitel 6 verteidigt die Lehre von der Freude der Frömmigkeit. Man findet heutzutage viele Bücher und man hört viele Predigten über die Freude der Christen. Matthew Henry verteidigt in diesem Kapitel nicht die Lehre von der Freude, sondern die Lehre von der Freude der Frömmigkeit. (Der Titel „Leben voller Freude“ ist deshalb nicht vollständig und gibt nicht die volle Bandbreite wieder.) Es gibt alle möglichen Bedenken und Zweifel theoretischer und praktischer Art, dass wahre Frömmigkeit eher eine Last und ein zwanghaftes Leben ist. Doch für wahre Gläubige ist wahre Frömmigkeit stets ein Weg der Freude. „Sie leiden im Fleische, aber sie freuen sich im Geist. Sie leiden für eine Zeit, aber sie freuen sich auf immerdar, und diese ihre Freude wird niemand von ihnen nehmen" (s. Johannes 16,22). Das letzte Kapitel trägt die Überschrift „Die Anwendung der Freude“. Nicht dass es in den vorhergehenden Kapiteln keine Anwendung für das eigene Leben gab, das Buch enthält keine trockene Dogmatik, aber in dem 7. Kapitel wird der Leser ausdrücklich aufgefordert und ermahnt, überzeugt und überredet den schmalen Weg mit Christus und anderen Christen zu gehen. Der Autor hat die Absicht den Leser „zu einem Festmahl“ einzuladen, um ihm dabei alle Vorzüge und Herrlichkeiten der Frömmigkeit zu präsentieren. Dieses Kapitel widmet er insbesondere jüngeren Menschen, damit sie in den Tagen ihrer Jugend Frömmigkeit zu ihrer Wahl machen. Auch wenn der Sprachstil der Jugendlichen sich sich geändert hat, und Matthew Henrys Ausdruckweise womöglich etwas befremdend erscheint, gehe ich davon aus, dass die meisten jungen Menschen dieses Kapitel gut verstehen werden. Der englische Originaltitel von 1714 lautet: „Die Annehmlichkeiten eines religiösen [frommen] Lebens dargelegt, bewiesen und der Betrachtung aller, insbesondere der junger Menschen empfohlen.“ Auch ich wünsche diesem Buch eine weite Verbreitung unter jungen Menschen. Doch auch wenn es sie nicht erreicht, hoffe ich, dass Jugendleiter und Prediger dieses Thema den jungen Menschen nahe bringen. Denn wir alle haben es bitter nötig, in einer Zeit, in der der Evangelikalismus immer stärker verweltlicht und seine „fromme“ Lebensweise aufgibt, die Botschaft von der Freude der Frömmigkeit zu hören. Das Buch enthält ein nützliches Bibelstellenverzeichnis mit ca. 400 Bibelstellen aus allen neutestamentlichen und fast allen alttestamentlichen Büchern auf insgesamt 8 Seiten. Das Buch ist also durchtränkt mit dem Wort Gottes. Man nehme versuchsweise einige ähnliche Neuerscheinung heutiger Autoren und vergleiche ihren Umgang mit dem Wort Gottes mit dem der puritanischen Schriftsteller. Sola scriptura war ihre Losung und sollte auch die unsere sein. Ich kann dieses Buch uneingeschränkt empfehlen. An den etwas veralteten Sprachstil und an die ungewöhnlich langen Überschriften wird man sich schnell gewöhnen. Meine Empfehlung: Kauft dieses Buch, verschenkt es, und lest es immer wieder.
Die Rezension/Kritik stammt von: NIMM UND LIES
Kategorie: Nachfolge, Leben als Christ