Buch-Rezension: Eden Culture - Ökologie des Herzens für ein neues Morgen

Eden Culture

Autor:

Der katholische Theologe und Gründer des Augsburger Gebetshauses Johannes Hartl legt mit diesem Buch eine Form von positiver Apologetik vor, die ein Thema aufnimmt, das viele bewegt. Er bedauert, dass die gegenwärtige Umwelt- und Klimaschutzdiskussion fast durchweg von apokalyptischen Bildern des Untergangs der Welt bestimmt sind. Die Motivation zum Umweltschutz, ja für die gesamte Lebensgestaltung bis zur Familienplanung, soll davon bestimmt sein, den Weltuntergang mit Dürren, Überschwemmungen, Hungerkatastrophen zu verhindern. J. Hartl will eine christliche Perspektive dagegenstellen, die eine positive Motivation vermittelt. Er geht von der menschlichen Sehnsucht nach einem Paradies aus, dem Garten Eden. Von dem Zugang des Verständnisses der Welt als Schöpfung leitet er drei große „Geheimnisse“ ab, die eine positive Kultur bestimmen sollen.

Im Garten Eden findet er „Verbundenheit“, „Sinn“ und „Schönheit“ als Leitmotive. Das Buch ist allerdings keine Darlegung biblischer Lehre, sondern will in Stil und Inhalt eher eine Erzählung anbieten, die als Narrativ, als sinnstiftende Geschichte dienen kann. Hartl lässt offen, ob er die biblische Schöpfungserzählung als Historie sieht (es klingt eher nicht danach). Es geht ihm um die positiven Bilder, die eine Paradieserzählung erwecken kann. Ganz ohne Lehre kommt das Buch allerdings nicht aus. Gleich zu Beginn muss Hartl sich festlegen, dass eine konsequent materialistische Weltsicht von der Evolution her keinen Platz für ein Menschsein mit Sozialverhalten (Verbundenheit), Religiosität (Sinn) und Kreativität (Schönheit) bieten würde.

In den Kapiteln entfaltet das Buch die Geheimnisse dann in einer Mischung aus lockeren Erzählungen von Erlebnissen des Autors und populärwissenschaftlichen Erkenntnissen, z.B. aus der Bindungsforschung. Daraus ergibt sich dann im Kapitel über die Verbundenheit: „Eine Gesellschaft ist nichts anderes als ein großes Netz aus Beziehungen. Je mehr Menschen diesem Netz grundsätzlich vertrauen und bereit sind, zu kooperieren, desto stabiler ist die Gesellschaft“ (63). Hartl macht danach die „Feinde“ der Verbundenheit in Selbstoptimierung, Geschwindigkeit, Verlust der Kindheit und dem Verlust des direkten Kontaktes zu Dingen und Menschen aus. Heilung sieht der Autor auf dem Weg einer gesünderen Einstellung zum Selbst und einer stärkeren Verbindung zu Geschichte und Umwelt. Über die Sammlung von netten Erlebnisgeschichten und Erkenntnissen, die sich weithin auf der Ebene von allgemeinen Lebensweisheiten bewegen, kommt Hartl dazu, dass „Bindung, Verbundenheit und Spiritualität untrennbar“ sind (108). Allerdings verkündet der Autor nun keinen biblischen Gott, der sich in Jesus Christus offenbart hat, sondern ermutigt zur Gottessuche im eigenen Herzen, das der Brunnen sein soll, in dem Gott begraben ist (110).

Auch im „Sinn“-Kapitel, in dem es eigentlich um die Religiosität gehen soll, findet sich die gleiche Mischung aus Geschichten und Erkenntnissen, mit denen treffend einige Eigenschaften von Sinn herausgearbeitet werden. Klar bekennt sich J. Hartl dazu: „Nur ein sinnerfülltes Leben ist menschlich“ (153). Eine zehnseitige europäische Geistesgeschichte zeigt, wie philosophische Ideen die Sinnhaftigkeit bedrohen. Hartl sieht den Missbrauch von Spiritualität zur Selbstoptimierung, aber deutet auch hier – trotz höherer Bereitschaft zur christlichen Botschaft – Sinn als „Herzensressource“, die der Mensch, der sich selbst weit übersteigt, irgendwie bei sich finden soll. Das Gleiche findet sich auch im Kapitel über die Schönheit. So will der Autor zum Beispiel von der hässlichen, verzweckten, missbrauchten Sexualität zurück zur Schönheit der Sexualität, die er im Paradies sieht. Allerdings zeigt sich hier wieder ein unbiblischer Idealismus, der meint, dass eine gebotsbelastete Sittlichkeit nur einengend ist, während allein die Schönheit erfüllter Sexualität auch zu gutem Leben mit der Geschlechtlichkeit führen könnte. Das atmet das ganze Buch selbst in so hohen Sätzen: „In der Anbetung Gottes findet das Schöne wieder an seinen eigentlichen Platz“ (253). Die „Heilsgeschichte“ erscheint dann vor allem als der Platz, an dem „eine rätselhafte, aber faszinierende Schönheit“ strahlt, „die in der Person Jesus Christus ihre Mitte findet“ (254).

Symptomatisch findet sich alles im zusammenfassenden Kapitel wieder. Statt irgendwie die versprochene Kultur des Gartens Eden zu beschreiben, finden sich erneut Problemgeschichten und Analysen. Die Hoffnung richtet Johannes Hartl aber schließlich auf den Heiligen Geist. Der allerdings ist der Geist der „Eingebung“, der „Intuition“, des „Einfalls“ im kreativen Moment. „Die Theologie nennt diesen Vorgang Heilsgeschichte und die gute Kraft, die dem Leben dient, Heiliger Geist“ (268-69). Deswegen wirbt der Autor nicht für ein Zurück zum Garten Eden, sondern weiß sich zu einem „Eden 2.0“ unterwegs, dem Himmel. Bis dahin soll der Mensch nun „Eden Culture“ leben und so zur Erhaltung der verschiedenen, bedrohten menschlichen Ökosysteme beitragen.

Johannes Hartl versteht es, mit dem suchenden und fragenden Zeitgenossen ins Gespräch über Themen zu kommen, die ihn bewegen. Er kann von dort aus auch die wesentlichen Fragen des Lebens ansprechen. Insofern kann man aus dem Buch einiges für eigene Gespräche lernen. So wie das Buch nun vorliegt, bleibt es allerdings enttäuschend, weil es zwar von „Heilsgeschichte“ redet, aber diese im Grunde entstellt. Das Größte bleibt so letztlich verborgen: Gott hat die „Geheimnisse“ Verbundenheit, Sinn und Schönheit um seines Sohnes Jesus Christus willen geschaffen. Die Ökosysteme, in denen wir leben, sind um der Erlösung durch Kreuz und Auferstehung willen da. Dass Christen sie nicht gering achten, sondern „bebauen und bewahren“, hat seinen Grund darin, dass sie Gott für die Erlösung ehren und ihn so anbeten.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Thomas Jeisi
 Kategorie: Sonstiges

  Verlag: Verlag Herder
  Jahr: 2021
  ISBN: 978-3-45103308-7
  Seiten: 304
 €    Preis: 24,00 Euro

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