Buch-Rezension: Chronik der letzten Propheten des Alten Testaments

Chronik der letzten Propheten des Alten Testaments

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Der Titel vereint in sich ein Geschichtsbuch der letzten 500 Jahre vor Christus mit einer chronologischen Einordnung der prophetischen und geschichtlichen Bibeltexte dieser Zeit. Bibelleser erhalten eine lebendige Geschichte der letzten 150 Jahre des Volkes Israel nach seiner Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft und den folgenden „Jahren des Schweigens“. Der Verfasser belegt mit außerbiblischen Quellen, wie sich die Prophezeiungen Daniels eindrücklich bestätigen.

Vanheiden erwähnt nicht nur Vorgänge, die das religiöse Geschehen in und um Israel betreffen, sondern auch Ereignisse der Weltgeschichte, die erkennen lassen, dass Philosophie, Technik, Politik und Kriege dazu dienen müssen, die Ankunft des Messias vorzubereiten. Eingefügte Landkarten lassen die geographischen Verhältnisse leichter verstehen.

Die „letzten Propheten“ umfassen die Bücher Haggai, Sacharja und Maleachi sowie die aus der gleichen Periode stammenden Geschichtsbücher Esra, Nehemia und Ester. Dazu kommen Teile aus den Psalmen, Jesaja, Hesekiel, Daniel und den Makkabäern. Die verwendeten Bibeltexte entstammen der Neuen evangelistischen Übersetzung (NeÜ) des Verfassers und liegen hier zum ersten Mal gedruckt vor. Gerade die Verwendung dieser Übersetzung lässt erkennen, wie wichtig eine zeitgemäße Sprache im Zusammenklang mit nichtbiblischen Inhalten ist.

Viele Bibelleser überfliegen die Geschichtsbücher des AT mit ihren vielen Namen und Aufzählungen oder lassen sie bei ihrer Bibellektüre ganz aus. Angaben in unterschiedlichen Büchern scheinen nicht überein zu stimmen. Hier hilft das vorliegende Buch, so dass man selbst Namenslisten mit Gewinn liest und durch hilfreiche Anmerkungen erfährt, wie manche scheinbare Ungereimtheit auf einfache Weise zu erklären ist. Aus den Prophetenbüchern Jesaja, Hesekiel und Daniel werden die geschichtsrelevanten Weissagungen angeführt und es ist atemberaubend zu lesen, wie genau die Ankündigungen politischer Ereignisse und die Ankunft des Messias viele Jahrhunderte davor nachrechenbar beschrieben wird.

Das mir am bedeutsamsten erscheinende Detail bei der Übersetzung des AT ist die Wiedergabe des in Exodus 2,14 offenbarten Gottesnamens Jahwe. Die meisten Übersetzungen geben das für Juden unaussprechliche Tetragramm JHWH mit HERR wieder, entsprechend der jüdischen Sitte, hier adonaj zu lesen. Der normale Bibelleser weiß dies höchstens aus einer Fußnote, erkennt aber bei den mehr als 5.500 Vorkommen von HERR nicht, dass hier ein Name genannt ist, der angerufen werden will. Beim Aussprechen von Jahwe wird man immer wieder an die Bedeutung des Namens als „Ich bin der ich bin“ oder wie es Martin Buber erklärt, als der „Ich bin da“, erinnert. Ja dieser Name geht sogar in den Namen Jesu ein als „Jahwe ist Rettung“. Damit wird über diesen Namen der Zusammenhang von Altem und Neuen Testament als eine Einheit hergestellt und deutlich.

Die NeÜ zeigt sich wie im NT auch hier als eine Übersetzung mit „Melodie“, die aus einem Guss entstanden ist. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass Grundtextnähe und -verständnis eine Harmonie bilden. Viele Bibelstellen, die in anderer Übersetzung unverständlich oder blass erscheinen, leuchten plötzlich auf. Man erkennt, ja, so muss das gemeint sein (z.B. Sach 9,17).

In der NeÜ wird der Unterschied einer wörtlichen und einer den Inhalt korrekt wiedergebenden Übersetzung erst deutlich. Es ist sehr viel einfacher, die hebräischen Worte – auch wenn ihr Bedeutungsumfang oft viel größer ist – Wort für Wort wiederzugeben, als den Sinn eines Bibelabschnitts zu erfassen und in einer verständlichen deutschen Wendung auszudrücken.

Bei Vanheiden leuchtet die Bibel geradezu auf und bisher dunkle Stellen erhalten Licht. Die melodische Sprache erinnert an Luthers Übersetzung. Doch hier ist die Sprache ballastfrei in bestem heutigen Deutsch, das Herz und Verstand erfreut. Es wird keine eigene Auslegung geboten, sondern die Weite des Grundtexts erschlossen. So wird Bibellesen zur Freude und nicht zur Pflicht.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Wulf Bingel
 Kategorie: Kommentare, Auslegung, Lexika

  Verlag: jOTA Publikationen GmbH
  Jahr: 2005
  ISBN: 3-935707-28-2
  Seiten: 245
 €    Preis: 14,95 Euro

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