Buch-Rezension: Bibelcode und Bibelwort - Die Suche nach verschlüsselten Botschaften in der Heiligen Schrift

Bibelcode und Bibelwort

Autor:

Das Buch "Der Bibelcode" von Michael Drosnin ist für C. P. Thiede der Anlass, sich intensiver mit der Basis jedes Bibelcodes, dem Bibeltext als solchem, zu befassen. Dabei ist ein kurzweiliges Buch entstanden, welches den interessierten Laien in gut verständlicher Weise in die Grundlagen der Textforschung und in die Grundlagen der Auslegung (nicht nur) antiker Texte einführt. Aber auch der Theologe wird immer wieder interessante Details finden, die ihm so noch nicht bekannt waren.

Thiedes Buch ist damit keine detaillierte Auseinandersetzung mit den Thesen von Drosnin - weder in sprachlicher/textlicher Hinsicht (hierzu gibt es allerdings einige allgemeine Beispiele), noch in theologischer Hinsicht (er verweist aber auf entsprechende Arbeiten). Alles in allem ist das Buch sehr empfehlenswert und für die grundsätzliche Auseinandersetzung hilfreich.

Im ersten Kapitel (mit dem bezeichnenden Titel "Wir basteln uns einen Bibelcode") stellt Thiede zunächst kurz die Thesen Drosnins dar, um sie anschließend sehr pauschal für unsinnig zu erklären. Dabei wirft er ihm - grundsätzlich zu recht - unseriöses Arbeiten und willkürliche Methodenwahl vor. Leider bedient sich der Autor dabei streckenweise einer Sprache, die stark an Polemik grenzt - und dies völlig unnötigerweise - und die damit nicht unbedingt geeignet sein dürfte, Menschen mit einer anderen Überzeugung für die eigene zu gewinnen (über Drosnins Methode: "Das ist so narrensicher, dass es schon wieder primitiv ist." [S. 21]). Auch bei dem "Basteln" des eigenen Codes vereinfacht er unzulässig. Bedauerlich finde ich ebenso, dass sich ein auf seinem Fachgebiet zweifellos hoch anerkannter Wissenschaftler zu Fragen der Statistik im Bereich der Mathematik ebenso sicher äußert. Dabei fegt er die in einer mathematischen Fachzeitschrift veröffentlichte (und vorher von Fachleuten geprüfte) Arbeit der israelischen Forscher Rips, Witztum und Rosenberg mit wenigen Sätzen vom Tisch (S. 34) - dieser Artikel war der Ausgangspunkt für Drosnins Buch -, so dass man andersherum nun dies nicht mehr als seriös bezeichnen kann.

Im zweiten Kapitel ("Bibelwort und Bibeltext: Die Grundlagen") findet sich nun eine recht breite, sehr gut dargelegte Einführung in die Textgestalt und -entwicklung des Alten Testaments. Neben den eher geläufigen Fakten zum Hebräischen Text geht Thiede aber auch ausführlich auf die Bedeutung des griechischen Textes des Alten Testamentes (der Septuaginta) ein. Bei allen Argumentationen stellt er besonders die Bedeutung der Qumranfunde heraus und diskutiert hier mit großer Sachkenntnis manches Detail.

Eine ganze Reihe von eindeutigen Codes aus der Bibel und der antiken Literatur bespricht der Autor im dritten Kapitel ("Zahlen die zählen: Codes für Eingeweihte"). Hier findet man nun die mitunter schon amüsanten Auslegungsversuche der Zahl 153 aus Joh 21,11, die 3 x 14 Generationen in Jesu Stammbaum in Mt 1, aber natürlich auch die Frage nach der Zahl 666 in Off 13,18. Im letzten Kapitel ("Der Gottesschlüssel: Verborgene Wege und Lehren") werden einige grundlegende hermeneutische Regeln besprochen, wobei auch hier wieder interessante Details zu Tage kommen (z.B. aus bzw. in Bezug auf das Buch Esther; andere Beispiele stammen aus rabbinischer wie auch aus frühchristlicher Theologie).

An verschiedenen Stellen kommt Thiede auf die grundsätzliche Frage der Inspiration der Bibel zu sprechen - und seine Äußerungen dazu sind teils heikel (wenn er z.B. ausgerechnet Philo von Alexandrien als "gläubigen Juden" und Origenes als "gläubigen Christen" als Vorbilder für christliches Inspirationsverständnis hinstellt [S. 60-61]), teils nicht eindeutig formuliert ("Die Bibel ist für alle Gläubigen zuerst Gottes Wort, aber sie enthält auch Menschenwort als antike Geschichtsschreibung ..." [S. 121]).

Abschließend kann man Thiede nur zustimmen, wenn er schreibt: "Nicht die Methoden bestimmen den Text, der Text bestimmt die Methoden." (S. 127) und dabei fordert, dass wir wieder direkt zurück zu den Quellen, zu den Büchern der Heiligen Schrift gehen müssen (S. 123), um dem Auftrag Gottes gerecht zu werden: "Forscht im Buch des HERRN nach und lest" (Jes 34,16).

 Die Rezension/Kritik stammt von: Titus Vogt
 Kategorie: Sonstiges

  Verlag: Brunnen-Verlag GmbH
  Jahr: 2001
  ISBN: 978-3765536892
  Seiten: 130
 €    Preis: 9,90 Euro

Weitere Buchbesprechungen zu Büchern von Carsten Peter Thiede

Das Jesus Fragment

Das Jesus Fragment

Was wirklich über dem Kreuz Jesu stand
Jesus: Der Glaube. Die Fakten

Jesus: Der Glaube. Die Fakten

Die Auferstehung Jesu - Fiktion oder Wirklichkeit?

Die Auferstehung Jesu - Fiktion oder Wirklichkeit?

Ein Streitgespräch