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Predigten zu Römer 5,9
Wir mögen uns einbilden, dass Gott uns allerlei durch die Finger sieht; aber Gott sieht nichts durch die Finger. O, wie viel mehr würden wir ein Herz für das Evangelium der Gnade Christi haben, hätten wir ein Herz, achtzugeben auf die Stimme des Herrn, auf sein heiliges Gesetz; wie viel mehr fühlten wir uns gebettet in seiner Erbarmung, hätten wir mehr Gefühl davon, wie sein Zorn zu fürchten ist. – Ach diese tötende Schlaffheit, wobei man sich mit einem Evangelio zu trösten weiß und dennoch die Strafe in sich trägt, dass man eine Sünde in der Hand und auf dem beladenen Gewissen hält, und dass man nicht vielmehr sich selbst mit allem, was man an dem Sichtbaren hat, drangibt. Ist denn wirklich das Gesetz der zehn Worte nicht mehr für Christen da? Ist es bloß für Juden da, dass man es nicht mehr versteht, in Demut vor Gottes Angesicht zu wandeln, zu wandeln in Furcht und Zittern vor seiner Heiligkeit, dass man es nicht mehr versteht, warum und weshalb kein Zorn mehr über uns kommt, und dass dennoch der Zorn da ist und um ein leichtes entbrennen würde! Ich sage euch: unter dem Zorn Gottes gehen wir tagtäglich einher, denn wir reizen seinen gerechten Unwillen durch unser stetes Benehmen, wobei wir die Ordnung der Dinge, wie Gott sie in seinem Christo festgestellt, immerdar in Verdacht nehmen, immerdar derselben etwas in den Weg legen und nie derselben eingedenk bleiben. Wir reizen seinen gerechten Zorn damit, dass wir unaufhörlich nicht ihn und den Nächsten lieben, sondern das liebe Ich feiern. Gott aber will nach seinem Gesetz nichts anderes, als dass wir vor diesem Zorn behalten werden.
Was Gott im G'setz geboten hat,
da man es nicht konnt halten,
erhob sich Zorn und große Not
vor Gott so mannigfalten:
vom Fleisch wollt nicht heraus der Geist,
vom G’setz erfordert allermeist;
es war mit uns verloren.
Kann es wirklich Gottes Wille sein, uns in seinem Zorn zu verschlingen, oder ist es sein Wille, dass wir vor seinem Zorn behalten werden? Das Gesetz kann nicht unbedingt unsere Verdammung wollen, es fordert nur insofern unsere Verdammung, als das nicht geleistet wird, was das Gesetz nach seinem innersten Wesen zu fordern recht hat. Das Gesetz besteht, recht besehen, in einer Reihe von Verheißungen; es heißt nach dem Hebräischen nicht: du sollst nicht, sondern: nicht wirst du, nicht wirst du begehren. Es geht also darum, ob diese Verheißungen, nach welchen wir Ehebrecher die Ehe nicht brechen, wir Diebe nicht stehlen, wir Totschläger nicht töten, wir Hasser Gottes und des Nächsten Gott und unsern Nächsten lieben, bei uns obwalten. Ein Gesetz, das in solchen Verheißungen abgefasst ist, kann es nur redlich mit uns meinen, dass wir nämlich in solchen Verheißungen glücklich seien. Demnach ist das Gesetz nur auf unsern Frieden und auf unser Glück bedacht, es kann also nicht wollen, dass wir im Zorn umkommen.
Unsere Verkehrtheit und Verdrehtheit beim Gesetze, dass wir die Erfüllung in uns selbst suchen, dass wir vor dem Gesetz stolz sind, dass wir die Sünde auf das Gesetz werfen, dass wir nicht in Demut vor Gott wandeln, es nicht anerkennen, wie wir mit unserer Gesinnung und unserm Bestreben immerdar darauf aus sind, unsere Seligkeit in eigner Hand zu halten und unter eignen Augen zu haben, – das macht es, dass das Gesetz uns mit seinem Fluch belegt, und dass wir unter dem Zorn einhergehen.
Zu dir flieh' ich;
Verstoß mich nicht,
wie ich's wohl hab' verdienet.
Ach, Gott, zürn nicht,
geh nicht ins Gericht:
dein Sohn hat mich versühnet.
Wir sind gerecht geworden in seinem Blut. Der Sohn hat sein eigenes Ich drangegeben; er hat nichts wissen wollen weder von gut noch von böse; darnach nur hat er gefragt, was des Vaters Wort und Wille war; dabei nur ist er geblieben, sein Leben hat er drangegeben, auf dass das Leben aus Gott in ihm für uns da wäre; seine Seele, sein Blut hat er lassen ausgießen zur Erde für uns, auf dass wir aus dem Wege genommen wären, wie wir Gott im Wege stehen mit unserm Ich. Unsere Strafe, d. i. unsern Tod, das Unreinste, was es in Gottes Augen gibt, hat er auf sich genommen und ist für uns in den Tod gegangen, auf dass er unser Leben wäre. So sind wir denn mit unserer Unreinigkeit weggenommen aus dem Wege, auf welchem wir Gott entgegen sind, und ist er der Weg, dass wir zu Gott kommen und Gottes Vorhaben gelinge; so sind wir mit unserer Lüge aus dem Mittel getan, und er, Christus, ist die Wahrheit, der für uns in der Wahrheit geblieben, auf dass wir geheiliget seien in Wahrheit. Ja, in seinem Blut sind wir abgewaschen und geheiligt, sind wir gerecht, dem Gesetz konform geworden, denn nicht unser Blut hat das Gesetz gewollt, sondern das Blut der Böcke und Kälber, d. i. das Blut des Sohnes Gottes war es, was es bezweckte; und wer mit diesem Blut besprengt war, der war rein, der ging gerechtfertigt nach Hause, gegen den war das Gesetz nicht.
O Abgrund, welcher alle Sünden
durch Christi Tod verschlungen hat!
Das heißt die Wunden recht verbinden,
da findet kein Verdammen statt,
weil Christi Blut beständig schreit:
Barmherzigkeit, Barmherzigkeit!
"So werden wir Ja vielmehr durch Ihn bewahrt werden vor dem Zorn, nachdem wir durch Sein Blut gerecht geworden sind."
Hier haben wir die gewaltigen Worte, die gleichsam mit der Macht des Hebels auch die größten Steine von den Herzen der Gläubigen wälzen können. Der Apostel sagt: Wenn die Liebe Gottes zu uns, als wir noch Sünder waren, ohne Versöhnung, ohne Rechtfertigung so groß war, dass Er freiwillig Seinen eigenen Sohn für uns in den Tod gab, so werden wir ja vielmehr durch Ihn bewahrt werden vor dem Zorn, nachdem wir durch Sein Blut gerecht geworden sind. Das ist ja eine überaus gewaltige, klare und tröstliche Schlussfolgerung, und zudem ist es gerade der Trost, den alle Gläubigen nötig haben. Denn das ist es doch, was alle wachen Christen, die ihre Sünde erkennen, am meisten bekümmert, dass sie befürchten, dass Gott ihnen wieder zürnen und hier alles Unglück über sie ergehen lassen und sie schließlich verdammen müsse. Darum ist es um so tröstlicher, dass der Apostel gerade solchen Besorgnissen zuvorkommt und mit großer Freimütigkeit gleichsam sagt: Gott hat aus Liebe zum Menschen so viel getan! Als wir ohne Versöhner und ohne irgendwelche Gerechtigkeit waren, gab Er Seinen einigen, geliebten Sohn in einen blutigen Tod für uns dahin. Könnte Er jetzt, nachdem wir in dem BlutSeines Sohnes gerecht geworden sind, diese Gnade erschüttern und anfangen, uns unserem Verdienste und dem Gesetz nach zu richten und zu behandeln? Wozu hätte Er dann Seinen Sohn für uns in den Tod gegeben? Christus spricht: "Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass Er die Welt richte, sondern dass die Welt durch Ihn selig werde." Es war doch die Absicht und der Ratschluss Gottes, dass wir mit der Dahingabe des Sohnes durch Ihn errettet und also nicht mehr nach dem Gesetz gerichtet werden sollen, wenn wir an Ihn glauben. Es ist darum unmöglich, dass Gott jetzt in einer Weise handeln könnte, die gänzlich gegen die Liebe Seines eigenen Wesens und gegen Seinen ewigen Seligkeitsratschluss in Christus streitet. Solche Gedanken von dem Zorn Gottes, die uns von dem alten Lügner eingeflösst werden, entstehen nur in unseren Herzen. Im Herzen Gottes aber waltet eine ewige Gnade über die, welche an Seinen Sohn glauben.Damit aber ist es nicht genug, dass Gott uns, als wir keine Versöhnung hatten, so geliebt hat, dass Er Sein Leben für uns dahingab, und darum auch jetzt, nachdem wir versöhnt sind, noch weniger ohne Liebe sein kann. Der Apostel bemerkt hier, dass auch wir, die wir glauben, jetzt vor den Augen Gottes in einem ganz anderen Lichte stehen, nämlich als gerecht gemacht. Wenn Gott uns, als wir noch Sünder waren, so liebte, dass Er Seinen Sohn für uns dahingab, dann werden wir jetzt "vielmehr durch Ihn bewahrt werden vor dem Zorn, nachdem wir durch Sein Blut gerecht geworden sind." - Das darfst du glauben!
Der Apostel sagt: "Wir sind gerecht geworden durch das Blut Christi." Erstens ist es nicht durch unsere Frömmigkeit oder unsere Werke geschehen, zweitens aber auch nicht durch eine Milde Gottes, durch die Er etwas von Seinem Recht erlassen hätte, sondern "durch Christi Blut". Hier war "Blutvergiessen" erforderlich, und zwar kein geringeres als das des Sohnes Gottes. Und wenn der Apostel zuvor (Vers 1) die Worte "gerecht geworden durch den Glauben" und hier die Worte "gerecht geworden durch Christi Blut" braucht, dann merken wir aus seinen eigenen Worten, dass nicht der Glaube an und für sich, sondern nur der von ihm umfasste Gegenstand die Versöhnung in Christi Blut, das Rechtfertigende ist. Etwas Geringeres reichte nicht aus. Möchte darum niemand dem Gedanken über das vollkommene Wesen Gottes Raum geben, dass Er einen Menschen gerecht nennen würde, der es nicht wirklich ist, d. h., dass Er ein Wort oder einen Buchstaben von Seinem Gesetz erlassen und einen Menschen gerecht machen würde, ohne dass alle Forderungen des Gesetzes für denselben richtig erfüllt wären. Nein! Seine Urteile sind ebenso heilig und unerschütterlich wie Seine Liebe. Die Worte "durch Sein Blut" erinnern uns ernstlich daran, welch ein unendlich schlimmes Übel die Sünde ist, sowie an die strenge Gerechtigkeit Gottes und an Seine Entschiedenheit darin, Sein erstes Urteil "welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben" auszuführen. Hätte Christus nicht Sein Blut vergossen, und wäre Er nicht mit demselben in das Allerheiligste eingegangen, dann hätte Er für die Sünder nicht "eine ewige Erlösung erfunden". Weil "das Leben im Blutist" und also das Blut Christi gleichbedeutend mit Seinem Tod ist, mit welchem Sein Versöhnungswerk vollbracht wurde, so wird überall in der Schrift "das Blut des Lammes"als unsere Versöhnung gepriesen.
Wohlan! Wenn also alles dem Gesetz gemäss für uns durch den großen Mittler und Hohenpriester erfüllt ist, so lasst uns fröhlich sein, Ihn preisen und Ihm die Ehre geben, indem wir aufrichtig glauben und bekennen, dass wir wirklich und dem Gesetz gemäss gerecht sind, nicht mit einer eingebildeten und erdichteten Gerechtigkeit, sondern mit einer solchen, die allen Forderungen des Gesetzes vollkommen entspricht und wie sie das Wort "gerecht" meint. "Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde."
Dein eigen Blut Hab ich Dich gekostet, mein Bürge gut. Was könntest Du mehr mir wohl geben? O, lehre mich's sehn, Den Wert zu verstehn, Und werde Du selber mein Leben.
Zitate von Adolf Schlatter anzeigen
Noch haben wir das Ziel nicht erreicht. Hoch ragt es über das empor, was uns die Gegenwart gewährt, denn das Ende der Wege Gottes ist unbeschreiblich groß. Auch die Natur zeigt uns dies; wie grenzenlos ist das, was Gott geschaffen hat! Was uns Jesus gebracht hat, zeigt uns die Herrlichkeit der göttlichen Ziele nicht weniger klar; denn in Ihm ist die vollkommene Gnade erschienen, die alles neu macht, weil sie die Auferstehung wirkt. Das hat im Maß unseres gegenwärtigen Lebens noch nicht Raum, sondern wendet unseren Blick unablässig hin zu dem, was kommt. Der Zorn wird kommen, sagt Paulus. Wenn Gott sein ganzes Wort spricht, flößt es alles Böse aus Gottes Welt hinaus. Es gibt keine Offenbarung Gottes, ohne dass sein unversöhnlicher Widerspruch gegen unsere Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit offenbar wird. Darum vollbringt, wenn Gottes Reich in Herrlichkeit kommt, sein Zorn sein allmächtiges Werk. Muss ich zagen? Wird mein Christenstand zur geängstigten Frage, ob ich wohl selig werde? Wird er durch den Blick auf das Kommende von quälender Sorge beschattet? Viel mehr, sagt Paulus, werden wir behalten werden vor dem Zorn. Indem Paulus nach der Zukunft schaut, lässt er das, was Gott getan hat, nicht verschwinden. Unverwandt ist sein Blick auf den gerichtet, der sein Blut für uns gegeben hat. Indem er für uns starb, hat er die Kette unserer Verschuldung gesprengt und sich zu unserer Gerechtigkeit gemacht. Das ist der Fels, auf den uns Paulus stellt, wenn er unseren Blick zu Gottes kommendem Tag erhebt. Aus Gnade folgt Gnade; aus der durch das Blut Jesu geschaffenen Gerechtigkeit entsteht das Leben. Hat Gott mir den heutigen Tag mit seiner Gnade gefüllt, so füllt er mir auch den morgenden. Macht er aus meinem irdischen Leben seine Gemeinschaft mit mir, so umfasst diese Gemeinschaft auch die kommende Welt. Gottes Liebe treibt die Furcht aus, auch die vor der Allgewalt des kommenden Zorns.
Dein Reich komme, Vater. Das ist die Bitte deiner Kinder. Es komme mit seiner richtenden und mit seiner verklärenden Gerechtigkeit. In Deinem Willen ist beides eins, Dein Zorn und Deine Gnade, Dein Richten und Dein Vergeben. Du lässt uns jetzt Dein Licht scheinen und hast uns seinen Aufgang dazu beschert, damit es nicht in Nacht untergehe, sondern uns ewig leuchte. Fülle mir meine Tage mit Deiner Gnade. Dann wird aus jedem von ihnen ein Schritt hinein in Deinen ewigen Tag. Amen.