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Predigten zu Römer 12,3

"Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben worden, jedem, der unter euch ist, nicht höher von sich zu denken, als zu denken sich gebührt, sondern so zu denken, dass er besonnen sei, wie Gott einem jeden das Maß des Glaubens zugeteilt hat."

Autor: Samuel Keller (* 15.03.1856; † 14.11.1924) deutscher protestantischer Theologe und Schriftsteller

"... dass niemand hinaustrachte über das, was er beanspruchen darf ..."

Ach ja, das Hinaustrachten über die Grenze. Wie viel Herzeleid und Unrecht hat das schon eingebracht! Der eine will geistig mehr scheinen, als er ist, unternimmt und verspricht zuviel, und dann langt es nirgends, seine Blösse zu decken. Verzweifelte Anstrengung, die doch nicht zum Ziele führt, verstimmt ihn, und jetzt wird er ungerecht gegen die andern, die Erfolg und Ehre erreichten. Auf dem Boden der inneren gläubigen Erfahrung geht es ganz ähnlich. Man trachtete hinaus über das Maß, das der Herr in unserer Begabung, unserer Stellung oder Lebensführung uns mit Glauben gefüllt hatte. Nach glänzenden Beispielen besonderer Glaubenshelden wollte man auch wachsen, wachsen ...! Das gibt eine Aufgeblasenheit, eine Anstrengung, frömmer, grösser zu scheinen als man ist, wo man sich der Unwahrheit gar nicht bewusst ist, weil man ja innerlich sich nach solchem Wachstum sehnt, vielleicht sogar ungeduldig darum betet. Was ist es dagegen für eine schöne, stille, starke Sache, wenn einer seine Grenze erkannt hat und lieber im engen Kreis etwas Ganzes und Kerniges werden will, als nach hohler Grösse trachten.

Herr Jesus, du Meister meines Lebens, zeige mir doch allezeit meine Grenzen. Behüte mich, nach irgendeiner Seite über das hinauszutrachten, was du für mich vorhergesehen, als du mich geschaffen hast. Das Trachten macht krank. Mache du mich gesund, Herr Jesu! Amen.


Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, Jedermann unter euch - dass niemand weiter von sich halte, denn sich's gebührt zu halten."

Der Apostel schrieb den Brief, in dem diese Worte vorkommen, "allen, die zu Rom waren, den Liebsten Gottes und berufenen Heiligen". Er fügt noch hinzu: "Jedermann unter euch". Daraus merken wir seine besondere Absicht, auf jeden Christen einzudringen und es auszusprechen, dass ein jeder diese Warnung nötig habe und dass kein einziger sich der Versuchung zum Hochmut überhoben halten dürfe. Daneben wird die große Schädlichkeit dieser Versuchung angedeutet, da der Apostel nicht will, dass auch nur ein einziger diese Ermahnung an sich vorübergehen lasse.

Zu hoch von sich selbst zu denken, von seinen Gaben und Kräften zu hohe Vorstellungen zu hegen, also von dem Hochmutsgeist betört zu werden, das ist jenes gefährliche Übel, vor dem der Apostel hier warnt. Und um noch genauer zu sehen, was er an dieser Stelle im Auge hat, muss man den Zusammenhang zwischen diesem und den folgenden Versen (4-8) beachten, in denen er die Verschiedenheit der geistlichen Gaben und deren rechten Gebrauch in der Gemeinde entwickelt. Dabei bemerkt er, dass alle Gläubigen zusammen ein Leib sind und untereinander einer des anderen Glied ist, weil sie verschiedene Gaben haben. Der Apostel meint damit, dass wir wegen der verschiedenen Gaben uns weder absondern noch erheben oder andere verachten dürfen, sondern in der Einigkeit des Geistes und in Demut und Liebe verbleiben müssen.

Wenn wir nun die Ermahnung des Apostels auch soweit verstanden haben, so haben wir damit doch noch nicht die Sache selbst. Hier ist noch Gottes besonderes Erbarmen nötig, wenn jemand dem entgehen soll, zu hoch von sich zu denken und durch die mächtige, gefährliche Neigung zum Hochmut ganz unglücklich zu werden. Denn diese Versuchung ist in aller menschlichen Natur so aufdringlich und in ihren Erscheinungen so mannigfaltig, dass ein Christ, der dieses verstanden hat, nur rufen und beten möchte: "Gott, erbarme Dich!" Kein Mensch ist frei von dieser Neigung. Sie liegt in der Natur selbst. Wir finden sie schon bei kleinen Kindern, indem diese oft schon zeitig anfangen, gegeneinander zu prahlen und sich zu rühmen: "Ich kann dies oder jenes besser tun als du" usw. Ja, wir wissen, dass der gefallene Engel im Anfang vor allem Eigenliebe und Hochmut auf den Menschen übertrug, indem er sagte: "Ihr werdet sein wie Gott." Sodann finden wir diese Natur sich auch so den Menschen aufdrängen, dass kaum ein Christ still in seiner Unbemerktheit beharren kann, weil jeder hoch hinaus möchte. Auch da, wo man keinen natürlichen Anlass sehen kann, nämlich bei Menschen, die ganz geringe Gaben und Vorzüge haben oder die vielleicht, wie man sagt, sogar beschränkt sind, treten oft seltsame Hochmutserscheinungen hervor. Es ist darum höchst erstaunlich zu sehen, wie tief diese Neigung in der Menschennatur liegt.

Kannst du nun nicht durch das Wort und den Geist Gottes in der Demut, in geistlicher Armut und in der Furcht gehalten werden, sondern fängst du stattdessen an, hohe Gedanken von dir zu hegen, indem du meinst, dass du vor anderen erleuchtet, weise, treu, ernst, fromm, fähig und tüchtig wärest, so sei dessen gewiss, dass du gestürzt werden, in allerlei Torheiten oder in Sünde und Schande fallen wirst. Dagegen werden weder Wachsamkeit noch Stärke helfen. Christus sagt ausdrücklich: "Die Ersten werden die Letzten sein." Und abermals spricht Er: "Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden." Petrus erklärt, wie dies zugeht: "Denn Gott widersteht den Hoffärtigen." Wenn Gott dir widersteht, so versuche nie, glücklich vorwärtszukommen. Was du auch tun wirst, du wirst gestürzt werden. Wenn du dich allen anderen gegenüber für erleuchteter und weiser hältst, dann wirst du auch vor allen in Irrtümer und Torheiten fallen. Wenn du dich für frömmer und stärker als andere hältst, dann wirst du auch in grössere Sünde und Schande fallen als andere.

Wie viele verheißungsvolle junge Menschen werden nur durch den Hochmut für das ganze Leben verdorben! Wie mancher begnadete Christ fiel in die größten Torheiten nur dadurch, dass er von der Schmeichelei und Selbstgefälligkeit eingenommen wurde. Das ist durch alle Erfahrungen im kleinen und großen so offenkundig, dass die ganze Welt zu sagen weiss: "Hochmut kommt vor dem Fall!"

Hier hilft nichts anderes, als dass du dich beizeiten warnen lässt und anfängst, den großen, allmächtigen Gott unaufhörlich anzurufen und anzuflehen, dass Er sich deiner erbarme und dich im Geist demütig und arm mache. Dieses Gebet will Er gern erhören. Kannst du durch das Wort und den Geist keinen demütigen Sinn erhalten, dann hat der Herr noch das Mittel, dass Er dir eine dich tief demütigende Erfahrung zusendet. Halte es dennoch für eine hohe Gnade, wenn du nur im Glauben verbleiben kannst; denn dann ist alles gnadenvoll dem gegenüber, im Hochmut zu enden und unter die Letzten gerechnet zu werden. - Gott, sei uns gnädig und lass lieber alles andere uns treffen, nur nicht das Gericht des Hochmuts und der Verstockung!

Wandersmann hienieden, Achte, was geschrieben: Nur als arm, als klein Wir die Gnad' erfahren. Gott, dem wunderbaren, Lob und Ehr allein! Wirst du selbstzufrieden, Bist du schon geschieden Vom Herrn Jesu Christ. Nur die ganz Elenden Suchen und anwenden, Was gegeben ist.


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Vieles mag uns locken, was wir für heilsam halten, wenn es hergestellt würde. Unsere Phantasie versteht es gut, Bilder zu malen, die uns schöner scheinen als das, was uns gegeben ist. Allein solche Wünsche zeigen uns nicht das, was wir erstreben dürfen. Mache nicht, warnt Paulus, aus deinem Glauben einen Uebermut. Wo endet die Besonnenheit und wo beginnt der Uebermut? Ich verfalle ihm dann, wenn ich über das Maß meines Glaubens hinausfahre. Ergreife ich selbst die Zügel, um die Fahrt selbst zu lenken, so verliert mein Gefährt die Richtung. Nachfolgen, nicht voranlaufen kennzeichnet den, der in Gottes Reich festgewurzelt steht. Nun regiert Gott und nicht das begehrliche und träumende Menschenherz, und nur dann, wenn ich in dieser Folgsamkeit verharre, bleibt meine Freiheit unversehrt. Solange das mir zugeteilte Maß des Glaubens mir das Maß für mein Wirken gibt, handle ich frei, weil nun mein Handeln aus meinem eigenen Glauben erwächst. Wenn ich aber einen fremden Glauben zu meiner Richtschnur nehme und mich nach dem Maß richte, das den anderen gegeben ist, gebe ich meine Freiheit preis und zwinge mich, mich zu verstellen und untreu gegen mich zu sein. Nun muß ich mich stellen, als handle ich im Glauben, während nicht mein Glaube mich bewegt, sondern der der anderen. Gehorche ich dagegen Paulus, der mein ganzes Wirken an das Maß meines Glaubens hängt, so bleibe ich von Schein und Verstellung frei. Nur die Eitelkeit könnte mich verführen, mich auf einen fremden Glauben zu stützen, weil er größer und stärker als der meine ist. Allein Glaube und Eitelkeit vertragen sich nicht. Wo der Glaube einkehrt, ist der eigene Ruhm hinausgesperrt. Somit darf ich dankbar tun, was ich kann, und die Kraft brauchen, die ich habe, und mich an meinem Werk freuen; denn es ist für Gott getan, weil es aus dem Glauben kam.

An deiner Hand zu wandern, Herr Gott, das gibt die frohe Fahrt. Seh ich auf dich, so verwirrt mich der Blick auf die anderen nicht. Was du mir ins Herz gelegt hast, das ist meine Ausrüstung zu meinem Dienst und zu meinem Kampf. Denn du gabst jedem Glauben, sei er noch so klein, deine ganze Verheißung ohne Einschränkung. Amen.