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Predigten zu Psalm 6,4
Ach du, Herr, wie lange!
Du säumest so lange mit deinem Kommen!“ so spricht die Liebe; sie zählt die Minuten; der Gang des Pendels an der Uhr scheint furchtbar schleppend, wenn unser Herz vor sehnsüchtiger Erwartung pocht. Minuten werden zu Stunden, wenn wir leiden und auf Erlösung harren, während die Stunden dem jugendfrischen, fröhlichen Herzen sich zu Minuten gestalten.
1. Wie lange, HErr, bis die Trübsal vorübergeht?
Wenn wir in den feurigen Ofen der Trübsal geführt werden, so sind wir geneigt, mit Gott zu unterhandeln, dass die Trübsal nur bis zu einer gewissen Stunde dauern möge; aber darauf lässt Er sich nicht ein: Er sagt uns einfach, wir sollen das Leiden von Minute zu Minute tragen lernen.
2. Wie lange, HErr, bis die Erlösung kommt?
Schon lange haben wir um Verstärkung gebeten, und seither ist der Kampf nur um so heftiger geworden. Jetzt können wir kaum mehr Stand halten. Wir haben mit Aufbietung der letzten Kraft gerudert, und wenn uns nicht bald irgend eine Erlösung naht, so wird uns die vierte Nachtwache hilflos dem Verderben entgegentreiben sehen. „Wo ist nun dein Gott?“ raunt uns der Feind zu, und wir werden versucht, zu glauben, Gott habe uns verlassen und vergessen.
3. Wie lange, HErr, bis der Tag deiner Wiederkunft anbricht?
Du hast gesagt, du werdest bald kommen – aber seither sind Jahrhunderte vergangen; und so sehr wir unsere Ohren anstrengen, so können wir noch nirgends deinen fürstlichen Schritt vernehmen.
Stille deine Klagen, du sehnendes Herz! Was aufgeschoben scheint, ist deshalb nicht aufgehoben. Vor Ihm sind tausend Jahre wie ein Tag. Er kommt auf den Flügeln des Windes; schon ist er ganz nahe, vor der Türe. Er kommt keinen Augenblick zu früh – aber auch keinen Augenblick zu spät.