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Predigten zu Psalm 2,11
"Dienet der HERR mit Furcht, und freuet euch mit Zittern!"
Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Gefühlschristen
Freuet euch mit Zittern!"
Die Freude, mit der viele das Evangelium aufnehmen, ist verfrüht. Weil sie nicht durch Sündennot gegangen sind, ist ihre Freude ein Rausch, der vorübergeht. Sie hält nicht stand in den Anfechtungen, weil sie mehr in seelischen Gefühlen besteht. Man bekehrt sich nur bis zu einem gewissen Punkt. Man will noch geehrt und geliebt sein und schreckt zurück vor Verzicht und vor dem Gehorsams- und Sterbensweg. Man liefert sich dem Herrn nicht ganz aus. Man ist nur ein Jünger des Herrn in guten Tagen. Kommt Spott und Verfolgung über einen, versagt man und fällt ab. Es ist Gefühlsfreude gewesen; aber unsere natürlichen Gefühle sind wechselnd. Da geht es auf und nieder: himmelhochjauchzend - zu Tode betrübt. "Eine kleine Zeit" ist man fröhlich bei dem Licht, das in unser Erdendunkel hereindringt; dann verliert es seine Anziehungskraft, die Stimmung senkt sich wieder. Seelische Gefühle sind täuschend und gaukeln uns etwas vor. Man meint, ein durchgedrungener Christ zu sein, weil man sich so glücklich fühlt. Aber was man in der Stimmung oder im Gefühl besitzt, hat man noch lange nicht in Wirklichkeit. Man kann aus den Himmeln der Freude plötzlich herunterstürzen und mit Beschämung innewerden, dass man sich weit überschätzt hat. Ein Petrus fühlte eine Liebe zu seinem Meister, die so stark war, dass er sich bereit fand, mit ihm ins Gefängnis und in den Tod zu gehen. Aber das Gefühl täuscht; einige Stunden darauf verleugnete er ihn. - Maria X. wurde in einer Evangelisation tief ergriffen. Es ging durch göttliche Traurigkeit zu überströmender Freude. Eltern und Nachbarn bewunderten die Veränderung und den Zeugenmut. Wochen sonniger Freude folgten. Dann kam die Werbung eines Ungläubigen. Die Freude am Herrn verblasste, und aus innerem Ungehorsam gegen des Herrn Wort kam das "Ja" für den Bewerber. Die natürlich-seelischen und fleischlichen Gefühle hatten die Macht. Jahre innerer Erkaltung und Gottferne folgten. Leid auf Leid brach herein, aber Maria verstand ihren Herrn nicht. Ihre erste feurige Hingabe war nur Gefühlssache. - Traue dem Gefühl nicht! Es darf nicht das Fundament deines Christenstandes bilden, auch nicht der Maßstab sein, nach dem du deinen Christenstand beurteilen darfst. Es sind nicht die gefördertsten Christen, die immer von Freude überquellen. Es sind nicht die schlechtesten Christen, die oft noch innerlich durch viel Gericht und Traurigkeit hindurchmüssen und zuweilen noch recht unter dem Druck stehen. Freue dich mit Zittern, und wenn du zitterst und zagst, dann verzage nicht, sondern freue dich, dass du dennoch trotz Sünden und Mängeln des Herrn Jesu Eigentum bist!