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Predigten zu Psalm 141,5
Der Gerechte schlage mich freundlich, das wird mir wohl tun
David bekennt, dass er denen Dank schulde, die ihn tadeln, denn er ist sich dessen bewusst, wie heilsam dies ihm ist. Wir sollten auf einander acht haben, und auf unser gegenseitiges Wachstum in der Gnade. Es ist die Pflicht eines jeden wahren Kindes Gottes, einen Bruder auf dem Irrwege aufzuhalten, wo er in Gefahr steht, dem Namen seiner hohen Familie Unehre zu bereiten.
Hierzu bedürfen wir jedoch ganz besonderer Gnade. Wir sind so sehr geneigt, einander zu richten, indem wir uns auf unsere eigenen Vorzüge etwas einbilden, uns so sehr mit den Fehlern anderer beschäftigen, dass wir das überhören, was Gott uns zu sagen hat. Es ist schon gesagt worden, dass es Leute gebe, die der Heiligen Füße mit siedendem Wasser waschen. David sagt: „Der Gerechte schlage mich.“ Du kannst einen anderen nicht auf einen höheren Standpunkt emporheben, als den du selber inne hast: du musst zuerst den Balken aus deinem eigenen Auge ziehen, ehe du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen kannst.
Es bedarf auch besonderer Gnade, um Tadel anzunehmen. Wir sind von vornherein eher geneigt, ihn abzuweisen, und uns der wohlmeinenden Zurechtweisung zu entziehen. Es ist uns unangenehm, beobachtet zu sein und wir widersetzen uns fremder Einmischung. Wenn wir jedoch, durch Gottes Gnade, den Tadel und die Schläge annehmen und uns darunter beugen können, so werden wir erfahren, dass sie zu duftendem Balsam werden. Die frische Salbung, die du am Morgen dir erfleht hast, mag sich dir nicht in wonnigen Gefühlen mitteilen, sondern in der aufrichtigen, freundlichen Rüge eines deiner Mitjünger. So oft dir ein Tadel oder Vorwurf entgegentritt, so nimm ihn demütig und stillschweigend an, und siehe zu, ob er nicht eine Botschaft deines Vaters an dich enthält.