Predigten zu Psalm 101,2

Ich wandle treulich in meinem Hause

Hier ist es wohl am Schwersten, treulich oder wie es eigentlich heißen sollte, vollkommen zu wandeln. Es scheint leichter zu sein unter Fremden, als im eigenen Hause. Aber das ist sicher: ein Mensch ist an anderen Orten nicht wirklich besser, als er daheim ist. Sein Wert lässt sich nicht bemessen, nach dem was nach außen von ihm gedacht und gesagt wird, wohl aber nach der Beurteilung derer, die ihn im gewöhnlichen Verkehr des eigenen Hauses leben.

Stets vollkommene Höflichkeit beweisen denen, die du bei jeder Mahlzeit triffst; völlige Selbstbeherrschung üben, wenn kleine, unbedeutende Verlegungen dich reizen, oder du von unsichtbaren Insekten gestochen wirst; darauf halten, dass die Lenden beständig gegürtet bleiben, dein Haupt gesalbt, dein Angesicht gewaschen sei, – Gottes Ideal der Liebe erreichen, – ach, hierzu bedarf es im höchsten Maße der Gnade, die Gott uns geben kann. Einmal sterben ist leicht, aber täglich mit ungeteiltem Herzen leben, das ist schwer.

Bedenke, dass dich Gott durch das häusliche Leben zu den größten Siegen erzieht und vorbereitet. Hier kannst du die Stufen der Heiligung am besten lernen. Du brauchst nicht an Konferenzen teilzunehmen, noch in die Predigten und Heiligungsversammlungen zu laufen; wenn du dich entschließen wolltest, mit lauterem Herzen zu wandeln in deinem eigenen Hause, da würdest du bald entdecken, wie weit entfernt du davon bist, vollkommen zu sein, ja wie du der geringste aller Heiligen bist. Trachte nach heiligem Leben in deinem eigenen häuslichen Kreise, dann wird Gott zu dir kommen, unter deinem Dache wohnen, und die Geschichte Bethaniens würde sich für dich und die Deinigen wiederholen.

„Freund, richt unser Herz selbst ein Dein Bethanien, dein zu sein!“