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Predigten zu Prediger 7,16

"Sei nicht allzu gerecht, und erzeige dich nicht übermäßig weise: warum willst du dich verderben?"

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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"Verborgene Sünden."

David, der Gottes Gesetz erkannte und im 19. Psalm dasselbe gepriesen hat, wurde veranlasst, über die Vortrefflichkeit dieses Gesetzes nachzudenken und den Gedanken auszusprechen: "Wer kann merken, wie oft er fehlet?" und dann zu beten: "Vergib mir meine verborgenen Fehler."

Doch wie töricht sind die Menschen, wenn sie glauben, etwas im geheimen tun zu können. Diese Welt gleicht den gläsernen Bienenstöcken, in welchen die Bienen bisweilen arbeiten; wir blicken auf sie hinab und sehen die Tätigkeit der kleinen Geschöpfe. So schaut Gott, der allsehende Gott, herab auf uns. O! der Gedanke: "du, Gott, siehst mich!" wäre hinreichend, um uns alle von der Sünde zurückzuhalten.

Halt, Dieb, lass fallen, was du gestohlen hast, Gott sieht dich! Flucher! Niemand hörte deinen Fluch; aber Gott hat ihn gehört. Und du, der du ein unreines Leben führst, und doch bei den Menschen einen guten und ehrenwerten Namen hast, deine Untugenden sind alle bekannt; sie sind in das Buch Gottes eingeschrieben.

Er hält ein Tagebuch von allen deinen Taten; was willst du denken an jenem Tag, wo Gott dein geheimes Leben aus seinem Buch vorlesen wird vor Menschen und Engeln? Ich bin überzeugt, keinem von uns würde es erwünscht sein, wenn man alle unsere Geheimnisse, selbst unsere geheimen Gedanken öffentlich vorlesen würde. Wie wirst du dann, o Sünder, erschrecken, wenn deine geheimen Lüste und Übertretungen, deine geheimen Verbrechen von Gottes Mund publiziert und mit mehr als tausend Donnerstimmen in die ganze versammelte Welt hinein verkündigt werden?

O, darum gib die törichte Hoffnung des Verborgen-sein-wollens auf, denn deine Sünde wird heute eingeschrieben und wird einst auf allen Mauern des Himmels angezeigt werden.

Wenn ich ein gottloser Mensch sein muss, so will ich lieber als ein schreiender Sünder am offenen Tage sündigen und kein Heuchler sein; ich will lieber dem Teufel ganz dienen, als ihn durch Heucheln betrügen. Die verdammte Heuchelei hat die Kirche Gottes gelähmt und ihr die Nerven abgeschnitten. O! in wie manchen Orten haben wir Leute, die man bis an den Himmel erheben möchte, wenn man ihren Worten glauben wollte, aber die man in den tiefsten Abgrund werfen müsste, wenn man ihre geheimen Handlungen sehen könnte.

Ich kann einem Menschen vergeben, welcher offen lärmt und tobt, sich aber nicht für besser ausgibt; aber ein Mensch, welcher kriecht, heuchlerisch redet, betet und dann in Sünden lebt, ist mir unerträglich. Wenn er sich wendet von seinen bösen Wegen, will ich ihn lieben, aber in seiner Heuchelei ist er mir die ekelhafteste Kreatur.

Willst du entschieden dem Satan dienen, so gib nicht vor, dass du Gott dienst; und wenn du Gott dienst, so diene Ihm von ganzem Herzen. Niemand kann zwei Herren dienen; versuche es nur nicht, denn kein Leben wird elender sein als dieses.

Eine Gefahr ist, dass man keine kleine Sünde im verborgenen begehen kann, ohne nach und nach zur offenbaren Sünde verleitet zu werden. Man kann, obgleich man es meint, im Sündigen nicht Maß halten. Wenn du Eine Sünde begehst, so verhält es sich wie mit dem Schmelzen der unteren Gletscher auf den Alpen; die anderen Gletscher müssen bald nachfolgen. Die Sünde kann nicht mit Zaum und Gebiss aufgehalten werden.

Wer da sagt: "Ich will nur dann und wann einen kleinen Trunk zu mir nehmen, ich will mich nur einmal in der Woche betrinken, es wird ja niemand sehen, und ich kann ja gleich zu Bett gehen," wer so spricht, der wird sich bald in den Lokalen betrinken.

Wer da sagt: "Ich will nur Ein leichtfertiges Buch lesen, ich will es sogleich verbergen, wenn jemand hereinkommt," wer so redet, der wird bald seine Büchersammlung voll von gottlosen Büchern haben.

Ein anderer sagt: "Ich will nur dann und wann in diese und jene Gesellschaft gehen." Aber in kurzer Zeit geht er alle Tage dorthin - einen solch bezaubernden Charakter hat die Sünde. Du könntest ebensowohl den Löwen bitten, dich deine Hand in seinen Rachen legen zu lassen. So wenig du aber seine Klauen beherrschen oder in der Ordnung halten kannst, so wenig kannst du die Sünde im Zaum halten. Folge ihr einmal, und du kannst nicht sagen, wann du zugrunde gehen wirst. Es ist ein zu großes Wagnis.

Überdies wird der Mensch, der der Sünde im verborgenen nachhängt, immer verhärteter. Bei der ersten Sünde, die er sich zu Schulden kommen ließ, lagerten sich Schweißtropfen auf seiner Stirne bei der Erinnerung an das Begangene. Das zweite Mal hatte er keinen Schweiss mehr auf seiner Stirne, sondern nur eine Unruhe der Muskeln; das dritte Mal war keine Unruhe, sondern nur ein schlauer, düsterer Blick in seinem Angesicht; das nächste Mal ging die Sünde noch etwas weiter; und nach und nach wurde der arme Mensch ein frecher Lästerer seines Gottes und konnte ausrufen: "Wer bin ich, dass ich Jehova fürchten, und wer ist Er, dass ich Ihm dienen sollte?"

Und nun, teure Freunde, lasst mich euch bitten und ermahnen, die verborgenen Sünden zu verleugnen. Warum hinken wir zwischen zwei Dingen? Mancher ließe sich fast überreden, dass er ein Christ würde; er will Gott dienen, aber er will die Sünde nicht aufgeben. Aber es gibt nur zwei Wege - entweder hab deine Sünde und gehe zur Hölle, oder lass deine Sünde und gehe in den Himmel. Einen von beiden Wegen muss der Mensch wählen - entweder kurzes, vorübergehendes Glück in dieser Welt und hernach ewiges Weh und Pein, oder aber kurze Pein in Überwindung der Sünde in dieser Welt und hernach gründlichen Frieden und ewige Freude und Herrlichkeit.